Leben mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung - Daniel Fox - E-Book

Leben mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung E-Book

Daniel Fox

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Beschreibung

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung kann für Betroffene eine Schockdiagnose sein, weiß man doch bisher nicht sehr viel darüber. Aber laut dem renommierten Psychologen Daniel Fox gibt es sehr gute Ansätze, mit deren Hilfe man mit dieser Krankheit gut leben kann. In seinem bahnbrechenden Workbook hilft er Betroffenen auf mitfühlende Weise, sich selbst zu verstehen und auf den Weg zur Heilung zu machen. Strukturiert und empathisch leitet Fox Betroffene dazu an, sich ihrer Diagnose zu stellen und die wichtigen ersten Schritte für ein dauerhaftes Wohlbefinden zu unternehmen. Ein Arbeitsbuch, das Mut macht.

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Seitenzahl: 301

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DANIEL FOX

LEBEN MIT EINER BORDERLINE-PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG

DANIEL FOX

LEBEN MIT EINER BORDERLINE-PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG

Schritt für Schritt Gefühle regulieren, Beziehungen stärken, negative Muster überwinden

Das Skillstraining für Betroffene

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Wichtiger Hinweis

Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und der Autor haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

1. Auflage 2022

© 2022 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2019 bei New Harbinger Publications, Inc. unter dem Titel The Borderline Personality Disorder Workbook: An Integrative Program to Understand and Manage Your BPD

© 2019 by Daniel J. Fox. All rights reserved.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Marion Zerbst

Redaktion: Petra Holzmann

Umschlaggestaltung: Karina Braun

Umschlagabbildung: shutterstock/white snow

Satz: Röser MEDIA GmbH & Co. KG, Karlsruhe

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-7474-0351-8

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-727-4

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-728-1

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Dieses Buch widme ich meinen drei Herzblättern: meiner Frau Lydia und meinen zwei Kindern Alexandra und Sebastian

INHALT

EINFÜHRUNG

TEIL 1 Die erfolgreiche Behandlung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung

KAPITEL 1 Was Sie über diese psychische Störung wissen sollten

KAPITEL 2 Wie entsteht eine Borderline-Persönlichkeitsstörung?

KAPITEL 3 Bindungsprobleme bei Borderline-Patienten

KAPITEL 4 Zu welchem Borderline-Typ gehören Sie?

KAPITEL 5 Symptome einer Borderline-Persönlichkeitsstörung

TEIL 2 Erste Schritte zur Überwindung Ihrer Persönlichkeitsstörung

KAPITEL 6 An welchem Punkt des Veränderungsprozesses stehen Sie gerade?

KAPITEL 7 Welche negativen Überzeugungen, Verhaltensweisen und Vorteile halten Sie in Ihrer Persönlichkeitsstörung gefangen?

KAPITEL 8 Acht verschiedene Auslöser-Kategorien

KAPITEL 9 Werden Sie sich über Ihre positiven und negativen Beziehungen klar

TEIL 3 Negative Denk- und Verhaltensmuster einer Borderline-Persönlichkeitsstörung analysieren und verändern

KAPITEL 10 Befreien Sie sich von den Fesseln Ihrer emotionalen Knöpfe!

KAPITEL 11 Risikosituationen in den Griff bekommen

KAPITEL 12 Dysfunktionale Überzeugungen hinterfragen und verändern

KAPITEL 13 Beruhigungstechniken zur Verbesserung Ihrer Selbstkontrolle

KAPITEL 14 Beziehungskonflikte lösen und die Liebe in Ihren Beziehungen stärken

TEIL 4 Ihre Welt umgestalten und ein neuer Mensch werden

KAPITEL 15 Der Ursache des Problems auf den Grund gehen

KAPITEL 16 Kognitive Verzerrungen, die Ihre Persönlichkeitsstörung aufrechterhalten

KAPITEL 17 Gegen destruktive Ängste, Wünsche und Überzeugungen ankämpfen

KAPITEL 18 Abwehrmechanismen versus gesunde Reaktionen und Bewältigungsstrategien

KAPITEL 19 Den inneren Hassliebe-Konflikt überwinden

KAPITEL 20 Sich von Ihrem alten Ich verabschieden und ein neuer Mensch werden

TEIL 5 Rückschritte vermeiden und die innere Kraft bewahren

KAPITEL 21 Ihre Erfolge aufrechterhalten

KAPITEL 22 Ein Leben ohne Borderline-Persönlichkeitsstörung

EPILOG Ein Brief von Dr. Fox

Literatur

Danksagung

Über den Autor

EINFÜHRUNG

EINE NEUE SICHTWEISE DER BORDERLINE-PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG (BPS)

Früher galt die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) als unbehandelbar. Viele Patienten, die alle Kriterien für das Vorliegen dieser Störung erfüllen, und auch Betroffene, die nur bestimmte Merkmale einer BPS aufweisen, neigen auch heute noch zu dieser Ansicht. Aber das stimmt nicht! Eine BPS lässt sich behandeln! Mit der richtigen Therapie, dem Aufbau wichtiger Bewältigungsstrategien, der Verbesserung Ihrer eigenen Einsichtsfähigkeit und vielen anderen Faktoren, die wir in diesem Arbeitsbuch besprechen werden, können Sie die negativen Auswirkungen der BPS auf Ihr Leben eindämmen und diese Persönlichkeitsstörung mit der Zeit sogar völlig überwinden.

Manche Betroffene haben wahrscheinlich gar keinen Mut mehr, auf eine Veränderung zu hoffen. Vielleicht erscheint ihnen die Hoffnung auf Besserung einer Erkrankung, unter der sie nun schon so lange leiden, einfach zu riskant. Ich habe einen großen Teil meiner beruflichen Laufbahn der Aufgabe gewidmet, Psychiater und Psychotherapeuten, aber auch Klienten und deren Freunde, Familienmitglieder und Bezugspersonen darüber aufzuklären, dass sich eine BPS wirklich gut behandeln lässt.

Bitte versuchen Sie, sich und Ihre Persönlichkeitsstörung bei der Lektüre dieses Buches mit neuen Augen zu sehen! Fassen Sie den Mut, die BPS als behandelbare psychische Störung zu betrachten – als etwas, das Sie überwinden können. Sie brauchen dazu nur gute Bewältigungsstrategien und die richtige Therapie.

WIE KANN IHNEN DIESES ARBEITSBUCH HELFEN?

Es gibt keine »Heilung« für eine Persönlichkeitsstörung. Denn Heilung würde bedeuten, die Krankheit loszuwerden. – Aber wir können Ihre Persönlichkeit (oder Persönlichkeitsstörung) nun mal nicht einfach über Bord werfen. Aber halt! Klappen Sie dieses Arbeitsbuch deshalb nicht gleich zu! Es gibt verschiedene Definitionen für die erfolgreiche Behandlung einer Persönlichkeitsstörung. Und man kann eben doch etwas tun: Wir können Ihre Symptome und deren negative Auswirkungen auf Sie selbst und die Menschen und Situationen in Ihrem Leben besser in den Griff bekommen. Dabei wird Ihnen dieses Arbeitsbuch helfen: Es gibt Ihnen die Fähigkeiten und Werkzeuge an die Hand, die Sie brauchen,

um konstruktiver handeln und auf Ihr Umfeld reagieren zu können,

um zu lernen, welche Ursachen hinter Ihren negativen Überzeugungen, Denk- und Verhaltensmustern stecken,

und dafür zu sorgen, dass Ihre Borderline-Symptome sich nicht mehr so negativ auf Ihr Leben auswirken.

ES GIBT KEINE SOFORTLÖSUNG!

In diesem Arbeitsbuch werden Sie viele wertvolle Fähigkeiten, Strategien, Aktivitäten und Übungen kennenlernen und erlernen, um die störenden Auswirkungen Ihrer Persönlichkeitsstörung und der damit einhergehenden negativen Überzeugungen, Denk- und Verhaltensmuster besser in den Griff zu bekommen. Doch diese Strategien müssen immer wieder neu eingeübt und regelmäßig praktiziert werden. Ich sage meinen Klienten oft, dass das Erlernen von Strategien zur Bewältigung einer BPS oder anderer psychischer Probleme so ähnlich ist, wie wenn man Inlineskaten lernt: Am Anfang kommt einem das Ganze vielleicht ziemlich komisch vor und man stolpert dabei immer wieder; doch je öfter und länger man übt, umso besser gelingt es einem.

Vielleicht wird der Platz in diesem Arbeitsbuch nicht immer ausreichen, um alle Fragen ausführlich genug zu beantworten und alle Sätze zu vervollständigen. Aber bitte lassen Sie sich dadurch nicht vom Schreiben und Nachdenken abhalten! Verwenden Sie einfach so viele zusätzliche Blätter Papier, wie Sie brauchen. Viele der hier vorgestellten Übungen und Arbeitsblätter können Sie unter http://www.newharbinger.com/42730 herunterladen, sie sind allerdings in englischer Sprache verfasst. Sie können aber auch alle Übungen und Arbeitsblätter vor Ihrer ersten Bearbeitung kopieren und so die Übungen häufiger durchführen.

Neue Fähigkeiten und Bewältigungsstrategien zu erlernen, kostet Zeit und erfordert viel Übung. Schließlich sollen Sie diese Strategien – und die damit einhergehenden gesunden Überzeugungen, Denk- und Verhaltensmuster – in Ihr Alltagsleben einbauen. Das erfordert eine Menge Arbeit und Engagement, wird aber dazu führen, dass die BPS Ihr Leben in Zukunft nicht mehr so stark beeinträchtigt; und das wiederum wird Ihr Selbstvertrauen stärken und sich rundum positiv auf Ihr Leben auswirken.

WIE IST DIESES ARBEITSBUCH AUFGEBAUT?

Dieses Arbeitsbuch ist in fünf Abschnitte unterteilt. Diese fünf Teile entsprechen meiner therapeutischen Vorgehensweise bei der Behandlung von Menschen, die mit Borderline-Symptomen unterschiedlichen Schweregrads in meine Praxis kommen.

In Teil 1 erfahren Sie, was eine Borderline-Persönlichkeitsstörung ist, wie häufig sie vorkommt, wie sie entsteht und in welchen Symptomen sie sich äußert. Dabei werden wir auch auf Ihre Beziehungen zu anderen Menschen und auf die verschiedenen Formen einer BPS eingehen.

In Teil 2 erfahren Sie, ob Sie innerlich bereit und motiviert dazu sind, Ihre Persönlichkeitsstörung zu überwinden, und an welchem Punkt dieses Veränderungsprozesses Sie gerade stehen. Sie werden auch etwas über häufige Auslöser erfahren, die zur Entstehung von maladaptiven (ungesunden) Überzeugungen und Verhaltensweisen beitragen. Außerdem werde ich Ihnen die Fähigkeiten vermitteln, die Sie brauchen, um zu erkennen, ob Ihre zwischenmenschlichen Beziehungen positiv oder negativ für Sie sind.

In Teil 3 lernen Sie, wie Sie am besten mit Ihren Reaktionen umgehen sollten, wenn Sie getriggert werden. Außerdem erkläre ich Ihnen, wie man Risikosituationen erkennt und Methoden zur adaptiven Bewältigung solcher Situationen einübt. Sie werden die Fähigkeiten erwerben, die Sie brauchen, um Ihre dysfunktionalen Überzeugungen infrage zu stellen und zu verändern, Sie werden Selbstberuhigungstechniken erlernen, um Ihr Verhalten besser in den Griff zu bekommen, und Ihre Konfliktlösungs- und Liebesfähigkeit stärken.

In Teil 4 gehen wir auf die Strategien ein, mit deren Hilfe Sie eine gesündere Sichtweise Ihrer selbst und der Menschen und Situationen entwickeln können, die Sie zu gesunden, adaptiven Reaktionsmustern motivieren. In diesem Teil des Buches werden Sie viele wichtige Ziele erreichen:

Sie kommen Ihren inneren Motivationen und Wahrnehmungsverzerrungen auf die Spur.

Sie lernen, Ihre destruktiven Wünsche, Gefühle und Überzeugungen zu hinterfragen.

Und Sie machen sich die inneren Abwehrmechanismen bewusst, die Ihre Borderline-Symptome aufrechterhalten und Sie daran hindern, sich weiterzuentwickeln.

Sie werden mit Ihrer inneren Hassliebe-Beziehung konfrontiert und dazu aufgefordert, Ihr »altes Ich« hinter sich zu lassen und sich neue, gesunde Reaktionsmuster anzueignen.

In Teil 5 erfahren Sie, welchen Stressfaktoren Sie ausgesetzt sind, und erlernen die besten Bewältigungsstrategien für den Umgang damit. Dadurch können Sie Ihre neu entwickelte Selbstakzeptanz weiter stärken und die Erkenntnisse, Strategien und Fähigkeiten, die Sie durch die Arbeit mit diesem Buch erworben haben – zum Beispiel Ihre neue Sichtweise der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft –, vertiefen.

Zu diesem Buch gibt es umfangreiches Online-Material, das Ihnen bei der Stärkung Ihrer neu erworbenen Fähigkeiten helfen soll. Dort finden Sie zu allen fünf Teilen meines Arbeitsbuchs Online-Zusammenfassungen, die die Erkenntnisse und Strategien aus den betreffenden Kapiteln resümieren. Bitte nutzen Sie dieses Material, denn es trägt zur Festigung des inneren Wachstums bei, das Sie mithilfe dieses Buches erreicht haben! Dieses Material zu meinem Buch können Sie unter http://www.newharbinger.com/42730 herunterladen.

WIE ARBEITET MAN MIT DIESEM BUCH?

Dieses Arbeitsbuch wendet sich an Menschen mit BPS oder bestimmten Zügen einer solchen Persönlichkeitsstörung, die vielleicht nicht alle Kriterien für die Diagnose »BPS« erfüllen, aber mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. Egal zu welcher Kategorie Sie gehören – dieses Buch eignet sich für alle Menschen, die etwas gegen ihre Probleme im Zusammenhang mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung tun möchten. Sie können das Buch für sich allein durcharbeiten oder als Ergänzung zu einer Therapie nutzen. Es ist immer gut, eine Unterstützungsperson zu haben, bei der Sie sich aussprechen können, zum Beispiel einen Psychotherapeuten. Wenn Sie bisher noch nicht mit einem Therapeuten zusammenarbeiten, empfehle ich Ihnen dringend, diese Möglichkeit ins Auge zu fassen.

In diesem Arbeitsbuch werde ich immer wieder auf Betty und Tony zu sprechen kommen, und wir werden uns gemeinsam anschauen, welche Erfahrungen diese beiden Borderline-Patienten beim Erlernen und Anwenden der in diesem Arbeitsbuch beschriebenen Strategien machen. Diese beiden frei erfundenen Personen und ihre Geschichten beruhen auf meinen Erlebnissen und Erfahrungen mit Klienten, die früher einmal bei mir in Behandlung waren. Sie sollen bestimmte Fähigkeiten und Bewältigungsstrategien veranschaulichen und Konzepte leichter verständlich machen.

Das Gute an solchen Büchern wie diesem ist, dass Sie sie genau in dem für Sie richtigen Tempo durcharbeiten können. Sie können die darin besprochenen Themen und Probleme nach eigenem Ermessen in Angriff nehmen, sobald Sie sich innerlich bereit dazu fühlen. Das Material in diesem Arbeitsbuch soll Ihnen zunächst Ihre Motivationen, dann Ihr Verhalten und schließlich die inneren Antriebe und Bedürfnisse vor Augen halten, die Ihre Persönlichkeitsstörung aufrechterhalten. Und nicht zuletzt will ich Ihnen damit Wege aufzeigen, wie Sie sich die erlernten Strategien und Fähigkeiten bewahren und die Fortschritte, die Sie durch die Arbeit mit diesem Buch gemacht haben, beibehalten können. Arbeiten Sie das Buch der Reihe nach von vorn bis hinten durch – so weit, wie Sie glauben, es verkraften zu können. Sie können zum Beispiel ein paar Fähigkeiten und Strategien erlernen, das Arbeitsbuch dann für eine Weile weglegen und es erst dann wieder zur Hand nehmen, wenn Sie sich für den nächsten Schritt bereit fühlen.

WANN UND WO SOLL MAN SICH HILFE SUCHEN?

Falls Sie sich bei der Arbeit mit diesem Buch getriggert oder überfordert fühlen, können Sie versuchen, diese Situationen mithilfe der Strategien zu meistern, die Sie bis dahin erlernt und eingeübt haben; oder Sie können Hilfe bei einer Person Ihres Vertrauens (beispielsweise einem Psychotherapeuten) suchen.

Bei der Arbeit mit diesem Buch sollten Sie bedenken, dass die Auseinandersetzung mit Ihrer Persönlichkeitsstörung viele Probleme ans Tageslicht bringen kann, die Sie nicht allein bewältigen können. Falls Sie mit dem Gedanken spielen, sich oder andere Menschen zu schädigen oder zu verletzen, legen Sie das Buch bitte weg! Wenden Sie sich an Ihren Psychotherapeuten, rufen Sie eine Suizid-Hotline (in Deutschland zum Beispiel die Telefonnummern 116 123, 0800 1110111 oder 0800 1110222) an oder gehen Sie in die nächste Notaufnahme. Ihre Sicherheit steht an erster Stelle.

Bei der BPS handelt es sich um eine gravierende Persönlichkeitsstörung, und durch die Arbeit mit diesem Buch können sehr belastende Gedanken, Gefühle und Erinnerungen in Ihnen aufsteigen.

Es ist wichtig zu erkennen, wann man Hilfe braucht. Dazu habe ich die HELP-Schritte entwickelt:

H: Wenn Sie intensive Gefühle, Gedanken oder Erinnerungen haben,

E:entfernen Sie sich aus der betreffenden Situation oder überlegen Sie sich einen anderen Weg zum Umgang damit, statt negativ zu reagieren.

L:Lassen Sie sich von jemandem helfen oder helfen Sie sich selbst und entspannen Sie sich.

P: Suchen Sie Hilfe bei einer vertrauenswürdigen, positiven Bezugsperson oder einem Psychotherapeuten, falls die Intensität Ihrer Emotionen, Gedanken oder Erinnerungen nicht nachlässt und Sie den Drang verspüren, sich oder anderen Menschen Schaden zuzufügen.

Immer wenn Ihre Gefühle, Gedanken und Erinnerungen Sie zu überwältigen drohen, denken Sie an diese HELP-Schritte!

TEIL 1

Die erfolgreiche Behandlung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung

KAPITEL 1

Was Sie über diese psychische Störung wissen sollten

Viele Menschen haben falsche Vorstellungen davon, was eine Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist und wie sie sich auf das Leben von Menschen auswirkt – nicht nur auf das der Betroffenen selbst, sondern auch ihrer Angehörigen, Freunde, Partner und anderer Kontaktpersonen. Vielleicht haben Sie Ihre Diagnose von einem Psychiater oder Psychotherapeuten erhalten; oder Sie hatten das Gefühl, dass in Ihrem Leben irgendetwas nicht stimmt, haben sich über diese Persönlichkeitsstörung informiert und festgestellt, dass einige der Symptome tatsächlich darauf zuzutreffen scheinen, wie Sie sich selbst und die Menschen und Situationen in Ihrem Leben sehen.

In diesem Kapitel werden wir mit Irrtümern und falschen Vorstellungen in Bezug auf die BPS aufräumen und herausfinden, welche diagnostischen Kriterien auf Sie zutreffen. Eine klare Vorstellung von Ihrer BPS zu bekommen, ist der Beginn eines Selbsterfahrungsprozesses, durch den Sie diese Persönlichkeitsstörung überwinden können.

Wie Sie bereits wissen, zeigt sich die BPS bei jedem Betroffenen etwas anders. Zunächst einmal möchte ich Ihnen Betty vorstellen. Betty litt viele Jahre lang an einer BPS, konnte diese Störung jedoch schließlich überwinden, indem sie sie besser verstehen lernte und die richtigen Strategien und Fähigkeiten entwickelte, um ihre BPS-Symptome und ihr Leben in den Griff zu bekommen. Wir werden in diesem Arbeitsbuch noch öfter auf sie zu sprechen kommen.

Betty

Der 22-jährigen Betty war es schon immer schwergefallen, Freunde zu finden und freundschaftliche Beziehungen auch langfristig aufrechtzuerhalten. Mehrere Beziehungen zu Freunden, Lebensgefährten, Angehörigen und Arbeitskollegen waren aufgrund heftiger, teilweise sogar körperlicher Auseinandersetzungen in die Brüche gegangen. Viele Menschen fanden Bettys starkes Bedürfnis, sie zu beherrschen und ihnen vorzuschreiben, was sie zu tun hatten, frustrierend; sie störten sich an ihrer fordernden Art und ihren oft sehr heftigen, dramatischen Reaktionen. In vieler Hinsicht war Betty wie ein Chamäleon: Sie änderte ihre Ansichten und Wertvorstellungen oft sehr schnell, um sich auf unterschiedliche Menschen einzustellen – zum Beispiel auf Personen, die sich für Politik interessierten, zur Gothic-Subkultur gehörten oder auf sexuelle Abenteuer aus waren. Sie passte sich an die verschiedenen Menschen in ihrem Umfeld an, um sich verstanden zu fühlen und nicht abgelehnt zu werden.

Wenn ihre Freunde etwas anderes unternehmen wollten als sie, wurde Betty oft wütend und ließ sie links liegen. Andererseits waren ihre Freunde gern mit ihr zusammen, weil sie normalerweise bei jeder Party die Stimmungskanone war und nie vor einer Herausforderung zurückschreckte. Doch manchmal reagierte Betty längere Zeit nicht auf die SMS oder E-Mails ihrer Freunde und blieb tagelang ohne erkennbaren Grund zu Hause. Sie sagte immer: »Selbst in einem Raum voller Menschen fühle ich mich furchtbar allein.« Wenn sie nicht mit ihren Freunden zusammen war, weinte Betty oft und suchte im Internet nach einem neuen Date.

Als Betty Steven kennenlernte, verliebte sie sich Hals über Kopf in ihn und wollte unbedingt jeden Tag mit ihm Kontakt haben. Als er nicht sofort auf ihre SMS reagierte, in denen sie ihn auf ein Geschenk hinwies, das sie ihm vor die Haustür gelegt hatte, beendete sie die Beziehung und begann, ihn als »den Teufel« zu bezeichnen. Das war eine schwierige Trennung für Betty; und obwohl sie diejenige war, die den Schlussstrich gezogen hatte, fühlte sie sich abgelehnt, einsam, verloren, verwirrt und zwischen widersprüchlichen Gefühlen hin- und hergerissen. Sie wusste nicht mehr, wer sie war und was sie für Steven empfand.

Doch auch außerhalb ihres Beziehungslebens hatte Betty Probleme. Wenn sie unter starkem Stress stand, fühlte sie sich häufig von ihrem Körper und der Welt um sich herum losgelöst. Oder um es in ihren eigenen Worten auszudrücken: Oft kam sie sich wie eine Marionette vor, deren Fäden von jemand anderem gezogen wurden. Sie fuhr sehr unvorsichtig und war schon zweimal mit zu viel Alkohol am Steuer erwischt worden. Außerdem beging sie Ladendiebstahl, wenn ihr das Leben »zu langweilig« wurde. Betty war schon seit ihrem zwölften Lebensjahr bei verschiedenen Psychologen und Psychiatern in Behandlung, und man hatte bei ihr eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung, eine Impulskontrollstörung und eine schwere Depression diagnostiziert. Einige dieser psychischen Störungen ließen sich mit Medikamenten gut behandeln – aber nicht alle. Ihre Probleme blieben bestehen, und die Medikamente wechselten ständig, je nachdem, was in ihrem Leben gerade ablief.

Nachdem Betty mit Steven Schluss gemacht hatte, ritzte sie sich in die Arme, und ihre Kollegen sahen die verheilenden Schnittwunden. Das war ihr peinlich, und sie beschloss, sich wieder in Behandlung zu begeben. Diesmal zeigte sich im Verlauf ihrer Therapie, dass sie die Kriterien für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung erfüllte. Diese Diagnose erschien ihr plausibel, und so konnte sie mithilfe eines erfahrenen Therapeuten endlich mit ihrem Heilungsprozess beginnen.

Viele der Behandlungsmethoden und Bewältigungsstrategien, die Sie in diesem Arbeitsbuch kennenlernen werden, haben Betty geholfen, die destruktiven Denk- und Verhaltensmuster ihrer Persönlichkeitsstörung zu überwinden, die ihr so lange im Weg gestanden hatten. Diese Strategien haben bei ihr gut gewirkt – und sie können auch Ihnen helfen.

Vielleicht kommen Ihnen Bettys Erfahrungen mit der BPS bekannt vor, aber Sie glauben trotzdem nicht daran, diese Persönlichkeitsstörung besiegen zu können. Doch: Bevor Betty das gelang, musste sie sich zunächst einmal darüber klar werden, was eine Borderline-Persönlichkeitsstörung ist und dass sie nicht die Einzige war, die darunter litt. Das Gleiche gilt auch für Sie: Also lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, was es mit der BPS auf sich hat und wie häufig sie vorkommt!

BORDERLINE – WAS IST DAS EIGENTLICH?

Die BPS ist eine von zehn Persönlichkeitsstörungen, die in der 5. Ausgabe des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5; APA 2013) aufgeführt sind. Das DSM-5 ist das Standardwerk, an dem sich Therapeuten aller Fachrichtungen bei der Diagnostik von psychischen Störungen aller Art orientieren. Im weitesten Sinn wird eine Persönlichkeitsstörung durch die Unfähigkeit definiert, das eigene Denken und Verhalten und die eigenen Reaktionsmuster an bestimmte Situationen oder Gefühle (oder beides) anzupassen. Um es mit den Worten des DSM-5 auszudrücken: Bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung handelt es sich um ein durchgängiges Muster der Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten, einhergehend mit starker Impulsivität, das im frühen Erwachsenenalter beginnt und in den verschiedensten Kontexten auftritt (APA 2013, 663). Viele Menschen, die die Kriterien für eine solche Störung erfüllen, können die Anfänge dieser Symptome und Denk- und Verhaltensmuster bis in ihre Kindheit und Jugend zurückverfolgen. Allerdings ist die Diagnose einer BPS bei Kindern und Jugendlichen häufig nicht angebracht, da diese erst noch innerlich wachsen, sich weiterentwickeln und lernen, mit bestimmten Lebensumständen umzugehen und darauf zu reagieren. Damit bei einer Person unter 18 Jahren eine Persönlichkeitsstörung wie beispielsweise eine BPS diagnostiziert werden kann, müssen die Symptome seit mindestens einem Jahr bestehen (APA 2013).

Das DSM-5 führt neun verschiedene Kriterien für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung auf. Die Diagnose »BPS« kann gestellt werden, wenn die betroffene Person mindestens fünf davon erfüllt. Vielleicht wurde bei Ihnen von einem Psychiater oder Psychotherapeuten eine Diagnostik durchgeführt, und hoffentlich hat der Behandler die einzelnen Kriterien dabei genau mit Ihnen durchgesprochen, um herauszufinden, welche auf Sie zutreffen. Die unten stehende Übung kann Ihnen ein besseres Verständnis für Ihre Persönlichkeitsstörung vermitteln und Ihnen helfen herauszufinden, welche Kriterien bei Ihnen vorliegen. Zur Veranschaulichung führe ich bei jedem Kriterium ein Beispiel aus Bettys Geschichte an.

UNTER WELCHEN BORDERLINE-SYMPTOMEN LEIDEN SIE?

Bitte kreuzen Sie alle Beschreibungen an, die zu Ihrer Sicht der Welt, Ihrem Verhalten und Ihren Reaktionen passen.

Verzweifelte Versuche, wirkliches oder eingebildetes Verlassenwerden zu vermeiden (APA 2013, 663)

Betty hatte den Eindruck, dass ihr Freund sie verlassen wollte, weil er nicht schnell genug auf ihr Geschenk reagierte. Deshalb machte sie mit ihm Schluss – und fühlte sich hinterher erst recht verlassen. Sie hatte bereits in der Vorgeschichte unangemessenes Verhalten gezeigt, das mit diesem Gefühl des Verlassenwerdens zusammenhing.

Ein Muster instabiler und intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen »Idealisierung« und »Abwertung« gekennzeichnet ist (APA 2013, 663)

Als Betty Steven kennenlernte, verliebte sie sich Hals über Kopf in ihn und wollte unbedingt jeden Tag mit ihm Kontakt haben; doch als er nicht schnell genug auf ihre SMS wegen eines Geschenks reagierte, das sie ihm vor die Haustür gelegt hatte, beendete sie die Beziehung und begann, ihn als »den Teufel« zu bezeichnen. Zu ähnlichen Zwischenfällen war es auch schon bei ihren drei vorherigen Freunden gekommen.

Störung der Identität: Ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung (APA 2013, 663)

Es fiel Betty schwer, Freunde zu finden und Freundschaften auch langfristig aufrechtzuerhalten, da die Menschentypen, mit denen sie gern zusammen war, bei ihr häufig wechselten und sich dadurch auch ihre Ansichten und Wertvorstellungen änderten.

Impulsivität in mindestens zwei potenziell selbstschädigenden Bereichen (zum Beispiel Geldausgaben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, Essanfälle) (APA 2013, 663)

Wenn Betty gerade keine Beziehung hatte, suchte sie zwanghaft im Internet nach neuen Bekanntschaften. Sie fuhr sehr unvorsichtig und war schon zweimal mit zu viel Alkohol am Steuer erwischt worden. Außerdem beging sie Ladendiebstahl, wenn ihr das Leben »zu langweilig« wurde.

Wiederholtes suizidales Verhalten, suizidale Gesten bzw. Drohungen oder selbstverletzendes Verhalten (APA 2013, 663)

Betty hatte auch früher schon selbstverletzendes Verhalten gezeigt: Sie ritzte sich in Arme oder Beine, wenn sie unter Stress stand oder sich einsam fühlte. Auch nach ihrer Trennung von Steven ritzte sie sich in die Arme.

Affektive Instabilität aufgrund einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung; zum Beispiel hochgradige episodische Dysphorie (gedrückte Stimmungslage), Reizbarkeit oder Angstzustände, die normalerweise ein paar Stunden und nur selten länger als ein paar Tage andauern (APA 2013, 663)

Wenn sie nicht mit ihren Freunden zusammen war, rollte sich Betty oft auf ihrem Bett zusammen und weinte oder suchte nach Möglichkeiten, sich zu beruhigen und mit anderen Menschen verbunden zu fühlen, zum Beispiel durch das Schreiben von SMS oder indem sie auf Dating-Webseiten nach dem nächsten geeigneten Partner für eine Liebesaffäre suchte.

Chronisches Gefühl der Leere (APA 2013, 663)

Betty fühlte sich oft einsam, auch wenn sie gerade eine Affäre hatte oder mit anderen Menschen zusammen war. Sie sagte immer: »Selbst in einem Raum voller Menschen fühle ich mich furchtbar allein.«

Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, Gefühle des Zorns unter Kontrolle zu halten (zum Beispiel häufige Temperamentsausbrüche, ständige Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen) (APA 2013, 663)

Betty hatte schon mehrere heftige, teilweise sogar körperliche Auseinandersetzungen mit Freunden, Bekannten, Familienmitgliedern und Arbeitskollegen gehabt.

Vorübergehende, in Verbindung mit Stress auftretende paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome (APA 2013, 663). (Unter paranoiden Vorstellungen versteht man die Angst, dass andere Menschen Komplotte gegen einen schmieden könnten; Dissoziation ist eine geistig-psychische Loslösung von körperlichen oder emotionalen Erlebnissen oder beidem.)

Wenn Betty unter starkem Stress stand, fühlte sie sich häufig von ihrem Körper und der Welt um sich herum losgelöst. Oder um es in ihren eigenen Worten auszudrücken: Oft kam sie sich wie eine Marionette vor, deren Fäden von jemand anderem gezogen wurden.

Bitte tragen Sie die Anzahl der Kreuze, die Sie gemacht haben, in dieses Kästchen ein:

Haben Sie mindestens fünf der obigen Kriterien angekreuzt? (Bitte umkringeln Sie die zutreffende Antwort.)

JA

NEIN

Haben Sie nach der obigen Übung das Gefühl, dass die Symptome einer BPS dazu passen, wie Sie Ihre Welt sehen, mit anderen Personen interagieren und auf die Menschen und Situationen in Ihrem Leben reagieren? (Bitte umkringeln Sie die zutreffende Antwort.)

JA

NEIN

Auch wenn Sie höchstens vier Kriterien angekreuzt, aber trotzdem einige typische Züge einer BPS bei sich erkannt haben, kann dieses Arbeitsbuch für Sie von großem Nutzen sein. Denn damit können Sie lernen, die schädlichen Auswirkungen dieser Persönlichkeitszüge auf Ihr Leben abzumildern.

BEI DER BORDERLINE-PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNG HANDELT ES SICH UM EIN SPEKTRUM

Bei der vorigen Übung ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass manche Ihrer Verhaltensweisen, Gedanken und Gefühle nicht so intensiv sind wie die von Betty – oder vielleicht sind sie sogar noch intensiver. Das ist völlig normal, denn eine BPS äußert sich bei jedem Menschen anders. Die Kriterien treten in unterschiedlichen Intensitäten oder Schweregraden auf, ebenso wie die Auswirkungen auf das eigene Leben. Betty zeigt in einigen dieser Kriterien schwerwiegende Symptome oder extreme Verhaltensweisen, die ihr vielleicht großen seelischen Schmerz verursachen und womöglich sogar eine Gefahr für sie darstellen. Auf Sie trifft das möglicherweise nicht zu. Anhand solcher Unterschiede im Krankheitsbild können Therapeuten feststellen, in welchem Bereich des Borderline-Spektrums (das von »leicht« bis »extrem stark ausgeprägt« reicht) ihr Patient liegt.

Wenn sich Betty am extremen Ende des Borderline-Spektrums befindet, in welchen Bereich fallen Sie dann? Kreuzen Sie in der nun folgenden Übung bitte bei jedem BPS-Kriterium an, in welchem Bereich des Spektrums Sie Ihrer Meinung nach liegen. Lassen Sie sich Zeit für diese Übung und antworten Sie einfach so, wie Sie es für richtig halten. Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten, sondern nur das, was Sie denken – und Ihre eigene Einschätzung reicht völlig aus.

Verzweifelte Versuche, wirkliches oder eingebildetes Verlassenwerden zu vermeiden

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Ein Muster instabiler und intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen »Idealisierung« und »Abwertung« gekennzeichnet ist

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Störung der Identität: Ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Impulsivität in mindestens zwei potenziell selbstschädigenden Bereichen (zum Beispiel Geldausgaben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, Essanfälle)

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Wiederholtes suizidales Verhalten, suizidale Gesten bzw. Drohungen oder selbstverletzendes Verhalten

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Affektive Instabilität aufgrund einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung; zum Beispiel hochgradige episodische Dysphorie (gedrückte Stimmungslage), Reizbarkeit oder Angstzustände, die normalerweise ein paar Stunden und nur selten länger als ein paar Tage andauern

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Chronisches Gefühl innerer Leere

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, Gefühle des Zorns unter Kontrolle zu halten (zum Beispiel häufige Temperamentsausbrüche, ständige Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen)

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Vorübergehende, in Verbindung mit Stress auftretende paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Schauen Sie sich Ihre Antworten nun noch einmal an. Wo würden Sie sich selbst auf dem Borderline-Spektrum einordnen?

Leicht

Mittelschwer

Schwer

Extrem

Nun, da Sie sich darüber klar geworden sind, unter welchen Symptomen Sie am meisten leiden – welche Symptome Ihre Sichtweise von sich selbst, Ihrer Welt und Ihren Mitmenschen am stärksten beeinflussen –, wollen wir herausfinden, was Sie zu Ihren Antworten bewogen hat, und es in die unten stehenden Leerzeilen eintragen.

Warum haben Sie sich gerade so (leicht, mittelschwer, schwer oder extrem) eingestuft? (Sie können bei Ihrer Antwort verschiedene Kriterien berücksichtigen; zum Beispiel bestimmte Symptome, die Sie als besonders gravierend empfinden, aber auch die Anzahl der Symptome, denen Sie einen bestimmten Schweregrad zugeordnet haben, usw.)

In welchem Bereich oder welchen Bereichen Ihres Lebens (zum Beispiel in Ihren Beziehungen zu Familie und Freunden, bei der Arbeit, in Ihrem Selbstbild usw.) bereiten Ihnen diese Symptome am meisten Probleme?

Wenn Sie sich Ihre Antworten auf die obigen Fragen und Ihre Einstufung anschauen, was haben Sie dann über Ihre Persönlichkeitsstörung gelernt?

Wenn Sie mehr über Ihre Persönlichkeitsstörung erfahren und sie besser kennenlernen, können Sie sie leichter überwinden; aber manchmal werden Sie sich dabei auch sehr einsam fühlen. Vielleicht haben Sie das Gefühl, der einzige Mensch zu sein, der diese Gefühle, Gedanken, Erinnerungen und Reaktionen hat; aber es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass das nicht stimmt! Viele Menschen leiden an einer BPS.

WIE HÄUFIG IST DIE BPS?

Viele Borderline-Patienten fühlen sich einsam – so viele, dass das (ein chronisches Gefühl der Leere) sogar ein Kriterium für diese Störung ist. Aber Sie stehen damit nicht allein da!

Bei 18 Millionen – oder fast 6 Prozent – aller Erwachsenen in den USA wurde eine BPS diagnostiziert (Grant et al. 2008). Früher wurde diese Persönlichkeitsstörung bei Frauen häufiger festgestellt als bei Männern, und zwar im Verhältnis drei zu eins; doch heute erfüllen fast gleich viele Menschen beider Geschlechter (53 Prozent Frauen, 47 Prozent Männer; vgl. Grant et al. 2008) die Kriterien für eine BPS.

In anderen Regionen der Welt liegt die Prävalenz der Borderline-Persönlichkeitsstörung zwischen 1,4 und 5,9 Prozent der Allgemeinbevölkerung (Samuels et al. 2002; Coid et al. 2006; Lenzenweger et al. 2007; Grant et al. 2008; Trull et al. 2010). Wie Sie aus diesen Statistiken ersehen können, haben viele Menschen mit einer BPS zu kämpfen.

DIE WEICHEN FÜR DEN ERFOLG STELLEN

Bitte fassen Sie auf den unten stehenden Leerzeilen zusammen, was Sie in diesem Kapitel gelernt haben, um später darauf aufbauen zu können.

Das Hilfreichste, was ich aus diesem Kapitel gelernt habe, ist:

Beim Lesen dieses Kapitels habe ich gedacht:

Dadurch ist mir klar geworden, dass

Dieses Arbeitsbuch habe ich für und über Männer und Frauen wie Betty und Sie geschrieben, die Probleme im Zusammenhang mit einer BPS haben – egal ob es sich dabei nur um einzelne Persönlichkeitszüge oder um das Vollbild dieser Erkrankung handelt. In diesem Arbeitsbuch verwende ich den Begriff Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) im Zusammenhang mit den Gedanken, Gefühlen, Reaktionen, Wünschen und Überzeugungen von Menschen, die in irgendeinem Bereich des Borderline-Spektrums liegen. Es ist jedoch nicht meine Absicht, Menschen aufgrund dieses Begriffs oder dieser Diagnose zu definieren oder in eine bestimmte Schublade zu stecken. Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass eine Diagnose nicht zur Selbstdefinition, sondern zur Behandlung einer Erkrankung dient. Ich hoffe, dass Sie diese Entdeckungsreise in die Welt der BPS als Heilungs- und Weiterentwicklungsprozess sehen, bei dem Sie Möglichkeiten finden werden, Ihre Persönlichkeitsstörung besser in den Griff zu bekommen und letztendlich zu überwinden.

Nun, da Sie mehr darüber wissen, was Borderline eigentlich ist, wollen wir uns mit den möglichen Ursachen dieser Störung beschäftigen.

KAPITEL 2

Wie entsteht eine Borderline-Persönlichkeitsstörung?

Dieses Kapitel klärt über die verschiedenen Ursachen einer BPS auf. Dazu gehören genetische Faktoren, Unterschiede in der Gehirnfunktion, psychische und soziale Einflüsse und frühkindliche Erfahrungen. Die Übung in diesem Kapitel wird Ihnen helfen, Ihre eigene Geschichte und die Geschichten anderer Menschen in Ihrem Leben, die vielleicht ebenfalls unter Borderline-Symptomen leiden, besser zu verstehen.

DIE URSACHEN EINER BPS

Wenn Borderline-Patienten in sich hineinschauen, überkommt sie oft ein Gefühl des Selbsthasses und der Verwirrung, und sie sehen sich mit einem unentwirrbaren Chaos aus Konflikten und Selbstvorwürfen konfrontiert. Vielleicht empfinden Sie sich als psychisch kaputt oder glauben, unter einem Fluch zu stehen. Oder Sie halten diese Persönlichkeitsstörung für ein unausweichliches Ergebnis Ihrer Erlebnisse und des Menschen, der Sie nun einmal sind. Doch leider halten gerade diese Überzeugungen und Emotionen Ihre BPS aufrecht, sodass Sie sich einsam fühlen, sich schämen und den Eindruck haben, unentrinnbar in dieser psychischen Erkrankung gefangen zu sein.

Die BPS ist die in der Psychologie am gründlichsten erforschte und am häufigsten behandelte Persönlichkeitsstörung (Dingfelder 2004); doch ihre Ursachen sind weder einfach, noch stehen sie hundertprozentig fest. Es gibt nicht nur eine einzige Erklärung dafür, warum Sie unter Symptomen einer BPS leiden und entsprechende Probleme haben; aber vielleicht hilft es Ihnen weiter, sich ein bisschen mit den Aspekten – Genetik, psychische und soziale Einflüsse und Gehirnfunktion – zu beschäftigen, die sich am stärksten auf die Entstehung einer BPS auswirken (Benjamin 1996).

GENETIK

Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge sind 37 bis 69 Prozent aller Borderline-Erkrankungen auf Vererbung zurückzuführen (Ahmad et al. 2014; Distel et al. 2008; Gunderson et al. 2011). Menschen mit einem Verwandten ersten Grades (Elternteil, Geschwister oder Kind), der an einer BPS leidet, haben ein fünfmal höheres Risiko, selbst früher oder später eine solche Diagnose gestellt zu bekommen (APA 2013; Gunderson 1994), als Personen ohne Borderline-Persönlichkeitsstörung in der Verwandtschaft. Die BPS-Symptome – Impulsivität, Ängstlichkeit, Probleme mit der Stimmungskontrolle und mit zwischenmenschlichen Beziehungen (Reichborn-Kjennerud et al. 2013; Zanarini et al. 2004) – kommen oft familiär gehäuft vor. Wenn Ihre Mutter beispielsweise zu impulsivem Verhalten neigte, könnten Sie dieses Problem also auch haben.

Kurz und gut: Wenn ein naher Verwandter von Ihnen an einer BPS leidet, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Sie ebenfalls Borderline-Symptome aufweisen oder dass bei Ihnen irgendwann eine solche Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden könnte. Aber denken Sie daran: Wir sind nicht nur das Ergebnis unserer genetischen Veranlagung!

PSYCHISCHE UND SOZIALE EINFLÜSSE

Viele Menschen, bei denen eine BPS diagnostiziert wird, haben in ihrer Kindheit traumatische Ereignisse wie beispielsweise Misshandlung, Missbrauch oder Verlassenwerden erlebt (Ball und Links 2009; MacIntosh et al. 2015). Genauer gesagt: 36,5 bis 67 Prozent aller Menschen mit diagnostizierter BPS waren in der Kindheit sexuellem Missbrauch ausgesetzt (Elzy 2011; McGowan et al. 2012). Aber auch viele andere Faktoren wurden mit dem Auftreten einer BPS in Verbindung gebracht (Dahl 1985; Fonagy et al. 2000; Judd und McGlashan 2003; Linehan 1993):

Vernachlässigung oder sonstige negative Lebensumstände

Betreuungspersonen mit Alkohol- oder Drogenproblemen

Viele verschiedene oder unzuverlässige Betreuungspersonen

Ein chaotisches Familienleben

Gestörte Bindungen

Erwachsene im näheren Umfeld des Betroffenen, die ihm eine schlechte Emotionskontrolle vorgelebt haben

Doch nicht jeder Mensch, der traumatische Ereignisse erlebt hat, entwickelt eine Borderline-Persönlichkeitsstörung, und nicht jeder, der darunter leidet, hatte solche Erlebnisse. Außerdem besteht eine Korrelation zwischen der Schwere der Misshandlung oder des Missbrauchs, dem Alter, in dem das begonnen hat, der Häufigkeit solcher Ereignisse, der Art der Misshandlung (zum Beispiel sexuell, emotional, körperlich oder psychisch) und dem späteren Auftreten einer BPS (Chanen und Kaess 2012; Yen et al. 2002; Zanarini et al. 2002).

Ihre frühkindliche Erlebniswelt wurde von psychischen und sozialen Einflüssen geprägt. Wie oft es zu solchen negativen Ereignissen gekommen ist, wie schwerwiegend sie waren und in welchem Alter sie passierten, kann Einfluss auf die Entstehung einer BPS haben. Obwohl bei vielen Menschen, bei denen später eine BPS aufgetreten ist, ein ähnliches Muster oder eine ähnliche Abfolge frühkindlicher Erfahrungen zu beobachten war, gibt es nicht nur einen Weg, der zu einer BPS-Diagnose führt. Trotzdem kann es Ihnen helfen, Ihre BPS besser zu verstehen, wenn Sie sich bestimmte typische Erlebnisse bewusst machen, die Sie in Ihrer Kindheit beeinflusst haben.

In ihrem Buch Interpersonal Diagnosis and Treatment of Personality Disorders aus dem Jahr 1996 (dt.: Die interpersonelle Diagnose und Behandlung von Persönlichkeitsstörungen, 2001) beschreibt Lorna Smith Benjamin eine Abfolge frühkindlicher Erfahrungen, die zur Entwicklung einer BPS beitragen können (siehe Abbildung 1). Doch selbst wenn Sie eine, zwei oder sogar alle dieser frühkindlichen Lebenserfahrungen gemacht haben, bedeutet das noch lange nicht, dass bei Ihnen unbedingt eine solche Persönlichkeitsstörung auftreten muss; allerdings ist es wahrscheinlicher, dass Sie ähnliche Überzeugungen und Denk- und Verhaltensmuster aufweisen wie Borderline-Patienten.

Abbildung 1

Die Art, wie Sie über sich selbst und die Menschen und Situationen in Ihrem Leben gedacht und darauf reagiert haben, hat die Entwicklung und heutige Funktionsweise Ihres Gehirns beeinflusst. Wir wollen uns daher nun mit der Gehirnfunktion – der letzten möglichen Ursache einer BPS – beschäftigen und in der darauffolgenden Übung dann den Ursachen Ihrer BPS auf die Spur kommen.

GEHIRNFUNKTION

Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge haben alle Borderline-Patienten eine ähnliche Gehirnfunktion. Bei Patienten mit diagnostizierter BPS weisen Hirnregionen, die Einfluss auf die Fähigkeit haben,

Impulse und Aggressionen zu kontrollieren,

den Ausdruck von Gefühlen bei anderen Menschen richtig zu erkennen,

sich zu beruhigen, nachdem man sich aufgeregt hat oder wütend geworden ist,

oder Probleme zu durchdenken, wenn man aufgeregt oder wütend ist,

oft eine verstärkte Aktivität auf (Goodman et al. 2014; Lenzenweger et al. 2007; Sala et al. 2011; Soloff et al. 2008).