Leben & Träume der Pimientos de Padrón - Katherine Anne Lee - E-Book

Leben & Träume der Pimientos de Padrón E-Book

Katherine Anne Lee

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Beschreibung

Diese Geschichte erzählt von Pimientos de Padron. Lassen Sie sich an einen fernen Ort entführen, an dem alles möglich ist. Träume können geträumt und Märchen wahr werden. Machen Sie die Bekanntschaft von sechs einzigartigen Pfefferschoten. Begleiten Sie ihre Reise aus dem Tal der Hoffnungen und Träume in eine dynamische Großstadt, die ihnen die Türen zur Welt öffnet. Und was ist mit Ihren Träumen? Auf welche Reisen nehmen sie Sie mit? Leben Sie Ihre Träume? Zitate der Pimientos de Padron: 'Es hat alles auch sein Gutes.' Apollo schenkt ihnen ein breites Lächeln. 'Natürlich sind wir wundervoll. Ich meine, schau uns an!', tönt Kim mit vornehmer Stimme. 'Ja, aber wie werden wir diese Träume wahr machen? Wir sind Pfefferschoten!', fährt Clark fort. 'Menschen essen. Menschen sind dauernd hungrig, und sie lieben uns Pfefferschoten. Wir sind etwas, wovon sie nicht genug kriegen können, und sie essen uns in riesigen Mengen, ohne es wirklich zu merken. Glaube mir, meine Seele hat mir alles darüber erzählt', erklärt Winston. 'Wäre ich nicht von Natur aus grün, wäre ich es spätestens jetzt', grummelt Flavio. 'Sorge dafür, dass du bei deinem Traum bleibst. Wiederhole ihn innerlich jeden einzelnen Moment deines Lebens, und dein innerster Wunsch wird wahr. Du wirst es sehen. Du allein formst deine Zukunft mit deinem eigenen starken Willen', rät Marple.

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Inhalt

Entführung an einen fernen Ort

Die Geburt unserer Seele

Unsere Wurzeln vertiefen

Das Wesen unserer Seele

Ein Gefühl von Urvertrauen

Die Richtung unserer Träume

Der erwählte Ort der Bestimmung

Unsere Sicht auf das Schicksal

Unser Erscheinen in der Welt

Verletzliche Träume

Schmetterlinge unseres Daseins

Unser Karma in einem Regenbogen aus Licht

Ankommen und Erinnern

Unser gemeinschaftlicher Geist

Das Jetzt entdecken

Transformation

Epilog

Entführung an einen fernen Ort

Dies ist eine Geschichte, die Sie an einen fernen Ort entführt. Ich möchte Ihnen Gelegenheit geben, diesem Planeten für eine Weile zu entfliehen und Ihre Gedanken schweifen zu lassen, einzutauchen in eine unwirkliche Welt, in der so viel mehr möglich ist und Unschuld tatsächlich existiert. Atmen Sie tief ein. Lassen Sie vor Ihrem inneren Auge ein Bild davon entstehen. Spüren Sie die Süße des Seins.

Doch ist eine solche Welt wirklich so unwirklich?

Haben wir unsere Unschuld verkauft?

Verbergen wir absichtlich unsere sanften Gefühle?

Stellen wir uns einen Augenblick lang einen normalen Tag in einem normalen Leben vor. Beginnt auch Ihr Tag schon, noch ehe die ersten Sonnenstrahlen die Mauern Ihres Hauses streifen?

Sind Sie – wie wir alle – gezwungen, zeitig aufzustehen?

Versuchen auch Sie, die mit stetem Ticken voranschreitende Zeit nicht aus den Augen zu verlieren, während warmes Wasser die Albträume Ihres ruhelosen Schlafs fortschwemmt? Hasten Sie zum Bus oder zur U-Bahn und gehen vertrauten Gesichtern aus dem Weg, um nicht über Ihr Leben sprechen zu müssen?

Tagein, tagaus arbeiten wir bei trübem Licht, um anschließend nach Hause zu eilen, während wir auf dem Weg etwas zum Abendessen besorgen und die Sachen aus der Reinigung holen. Schließlich, wieder zu Hause, übermannt uns auf der Couch der Schlaf, nachdem wir das Essen hinuntergeschlungen haben. Wir fühlen uns gestört, gleichzeitig auch seltsam gefesselt von den flackernden Bilder des Fernsehers. Wenn dann die Kirchenuhr überraschend oft schlägt, torkeln wir weintrunken ins Bett. Der Ablauf wiederholt sich, und die Albträume bleiben.

An diesem Punkt im Leben ist es womöglich an der Zeit, sich eine einfache Frage zu stellen. Was ist der Grund für mein Leben?

Was will ich sein?

Was ist mein Ziel, und wie möchte ich in Erinnerung bleiben?

Es gibt darauf keine allgemeingültige Antwort, und dieses Buch ist keine Anleitung. Es gibt keinen Schritt eins, zwei oder drei. Jedes Dasein hat seinen eigenen Grund, und das Gleiche gilt für den Weg, der zu seiner Entdeckung führt.

Mögen die Hauptfiguren dieser Geschichte Ihnen als Stellvertreter dienen und unzählige Funken der Inspiration entzünden. Ich hoffe, Sie haben einfach Spaß an der unterhaltsamen Geschichte und können Ihren Gedanken erlauben, unbemerkt Gestalt anzunehmen. Packen Sie also Ihre imaginären Koffer. Sie brauchen nicht viel. Wir reisen in eine sonnige Ecke dieser Erde mit fruchtbarem Land, das fast allem und jedem ermöglicht zu wachsen. Das Land, in das wir reisen, nährt die Hoffnungen und Träume vieler, auch die der Pimientos de Padrón.

Zugegeben, wir sind gerade erst aufgebrochen, aber möglicherweise fragen Sie sich schon die ganze Zeit, was Pimientos de Padrón eigentlich sind. Nun … Vor einigen Jahren hätte ich mich dasselbe gefragt. In einer spanischen Tapasbar machte ich die Bekanntschaft der kleinen Kerlchen, auf Mallorca, um genau zu sein.

Es handelt sich um daumengroße grüne Pfefferschoten, die mehrere Minuten in gutem Olivenöl gebraten werden. Sobald sie weich und etwas dunkler sind – ich denke, man könnte von einem dunklen Olivgrün sprechen –, werden sie auf einem Teller angerichtet und mit Fleur de Sel oder einem ähnlichen Gourmetsalz gewürzt. Es ist ein landestypisches Gericht, das man mitten auf den Tisch stellt, sodass sich jeder von diesen kleinen grünen Happen nehmen kann.

Ich möchte noch ergänzen, dass man sie nicht mit Messer und Gabel ist. Man nimmt sie einfach am Stiel und beißt in ihre kleinen, köstlichen Körper hinein.

Ich war ihnen sofort verfallen, und die Tatsache, dass ich Salz liebe, erhöhte die Attraktivität meiner neu entdeckten Droge.

Wir bereisten die ganze Insel, und bald bemerkte ich, dass ich unsere Restaurants danach auswählte, ob sie dieses Gericht anboten oder nicht. Meine Sucht erhielt weitere Nahrung, als wir am Ende des Urlaubs noch einige Tage in Madrid verbrachten. Sie werden es nicht glauben – in dieser Stadt gibt es an jeder Ecke eine Tapasbar. Das hat es mir leichtgemacht, mein Verlangen zu stillen.

Wieder zu Hause, entdeckte mein neu auf Pimientos de Padrón trainierter Blick, dass die kleinen Spezialitätenhändler in der Altstadt, nur zwei Minuten von meiner Wohnung entfernt, diese Pfefferschoten im Sortiment haben. Nun erraten Sie sicher mit Leichtigkeit, was ich jeden Samstag mache. Genau! Ich habe gelernt, sie zuzubereiten.

„Eines Tages wirst du selbst zum Pimiento de Padrón“, warnte mich mein Mann. Dieser Satz war der Beginn der Geschichte „Leben & Träume der Pimientos de Padrón“.

Er veranlasste mich, darüber nachzudenken, was ich im Leben erreichen möchte.

Was ist das höhere Ziel des Menschen?

Was willst du sein?

Was willst du werden?

Wie siehst du dich, und wie würden die Menschen deiner Umgebung dich beschreiben?

Um diesen Gedanken auf etwas einfachere Weise weiterzuspinnen, fragte ich mich: „Was wollen diese grünen Pfefferschoten im Leben?“, und diese kleine, fantastische Geschichte ist die Antwort, die mir dazu eingefallen ist.

Eine kleine Warnung, bevor wir zur eigentlichen Geschichte zurückkehren. Auf jedem Teller Pimientos de Padrón finden Sie immer eine scharfe Pfefferschote, und damit meine ich richtig scharf. Welche es ist, wissen Sie erst, wenn Sie hineingebissen haben. Sie ist wie Rotkäppchens Wolf im Gewand der Großmutter. Man merkt erst, was man bekommt, wenn es schon zu spät ist.

Lassen Sie sich nun entspannt vom Wind davontragen in das Land der Hoffnungen und Träume der Pimientos de Padrón.

1

Die Geburt unserer Seele

Hier beginnt unsere Reise in ein fruchtbares Land. Wie ein Blatt, das den Winter überstanden hat und undankbarer Weise von seinem Baum abgeworfen wurde, segeln Sie durch die Luft. Blicken Sie nach unten. Was sehen Sie in diesem fernen Land?

Sie blicken auf viele Hektar hügeliges, reiches Land hinab. Der Winter ist gerade zu Ende gegangen, und eine silbrige Schicht Morgentau bedeckt die Hügel. Nun, Winter ist eigentlich nicht das passende Wort in dieser Ecke der Welt – die Temperatur sinkt im Grunde niemals unter null. Dennoch gibt es dort vier Jahreszeiten, und diese trägt offiziell die Bezeichnung Winter.

Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Erde berühren, nimmt der Boden eine dunkle, schokoladenbraune Farbe an. Noch wächst nichts, und während Sie durch die klare, kalte Luft gleiten, können Sie hören, wie in der Ferne ein Motor angelassen wird.

Es ist sieben Uhr morgens und Bauer Gonzales hat seinen Arbeitstag begonnen. Eine Viertelstunde später fährt sein roter Traktor die Hügel hinauf und hinab und gräbt die fruchtbare Erde um, um sie für die Aussaat in der kommenden Woche vorzubereiten.

Am späten Nachmittag, nach einem kurzen Imbiss unter einer alten Eiche, stellt Bauer Gonzales seinen letzten Acker fertig. Alle Äcker sind nun symmetrisch in eine Richtung gekämmt. Von oben sieht es aus wie ein Postkartenmotiv, den Lavendelfeldern gleich, die man in Südfrankreich sieht, nur von dunklerer Farbe.

Als der Tag zur Neige geht, färbt die Abendsonne die Szenerie in ein orangebraunes Bild, die alte Eiche ist der einzige grüne Fleck darin. Darüber kommen die Sterne am dunkelblauen Himmel hervor und funkeln in Erwartung kommender Ereignisse.

Mit dem vollständigen Herabsinken der Nacht legt sich Stille über das Land, und die Bauernhöfe löschen einer nach dem anderen das Licht.

In der Scheune ist aufgeregtes Rascheln von Samen zu hören, aus ihnen wird das Land in naher Zukunft Pflanzen hervorbringen. Sie sind die Seelen des Landes, die Seelen der Pimientos de Padrón. Seit Generationen pflanzt man sie. Sie wachsen und bringen Pflanzen und ihre Pfefferschoten hervor. Ihre beständige Wiedergeburt hat ihnen ermöglicht zu erfahren, wie sich das Leben entwickelt, Jahrzehnt um Jahrzehnt. Das Wissen, das sie speichern, ist einzigartig, und es gibt keinen Bereich des Lebens, über den man sie nichts gelehrt hat.

*****

Die schweren Säcke voller Samen, die nur ein starker Mann hochzuheben vermag, stehen aneinandergelehnt in mehreren Reihen. Im Inneren der Jutesäcke reiben die Samen des Lebens mit rhythmischer Melodie aneinander. Sie singen von vergangenen Leben und ihren Hoffnungen für die Zukunft, von saftig grünen Blättern und betörenden Blüten, die ihren Knospen entspringen werden. Es ist ihre Bestimmung, als wunderschöne, Wind und Wetter trotzende Pflanzen die zukünftigen Pimientos de Padrón hervorzubringen. Sie werden ihre Lebensaufgabe perfekt erfüllen, damit ihre Pfefferschoten auch ganz bestimmt zu prallem Gemüse mit schimmernder Haut heranwachsen. Ihre Adern schenken Leben und geben Nahrung und benötigtes Wissen weiter. Das ist ihre Bestimmung, ihr Daseinsgrund.

Das Innere der Säcke, die das Leben enthalten, ist wie eine Höhle voller Gläubiger, die den Mond oder gar Planeten anbeten, indem sie zum einfachen Rhythmus einer Trommel tanzen. Sie alle bewegen sich in dieselbe Richtung, strecken die Arme in die Luft und preisen das Leben. Ihre stampfenden Füße wirbeln mit jedem Schlag roten Staub auf.

Die Hitze nimmt zu, und ihre dampfenden Körper reflektieren das schwache Licht, das in die Höhle dringt. In der Luft liegt ein salziger Geschmack, der Geruch von Holz und aufgewirbeltem Staub mischt sich darunter. Sich auf und ab bewegend und umherwirbelnd bringen sie sich gegenseitig in Wallung.

Seelen finden Seelen und tanzen gemeinsam zum Rhythmus der Musik. Jede Bewegung erzählt eine Geschichte vom Leben und seinem Sinn.

Das Trommeln wird intensiver, ein Schwall weichen Sandes wirbelt durch die Luft und streichelt die Seelenkörper. Der Rhythmus beschleunigt sich. Hitze steigt auf und die Spannung steigert sich ins Unerträgliche, als die Samen einander in ekstatischer Bewegung berühren.

Zuerst entschlüpfen den Lippen einiger nur einzelne Freudenrufe, doch bald streckt die ganze Menge ihre Arme in den Himmel und kreischt vor Erregung.

In Vorfreude sehnen sie sich nach dem Moment, in dem sie auf einem der Äcker freigesetzt werden und der feuchte Boden ihre Körper umschließt. Das wird der Augenblick sein, in dem ihre Hülle dem wachsenden Druck in ihrem Inneren nachgeben kann. Sie werden aufbrechen, und das Leben wird herausströmen. Ihre Seelen werden frei sein, und es wird keinen Blick zurück mehr geben. Bald wird sich ihr Schicksalsweg vor ihnen öffnen.

Die nächsten Trommelschläge lassen die Menge zur Ruhe kommen und befördern sie in einen sanfteren Trancezustand. Die Bewegungen verlangsamen sich und ihr Atem beruhigt sich, während sie in vollkommener Harmonie gegeneinander schwingen und Kraft für den nächsten Höhepunkt sammeln.

Ihre Lieder und Gebete bleiben nicht ungehört. Sie sind nicht allein in der Scheune des Bauern. Kaum ist draußen alles ruhig, verlassen die Mäuse ihr sicheres Zuhause.

Seit Jahren leben sie in den Speichern des Bauernhofes. Generation um Generation ist in den Schuppen aufgewachsen und hat sich an der reichen Nahrung ergötzt. Ihre Nester sind behaglich und warm, und manche sind tief in den Boden hinein gegraben. Gänge verbinden sie und sorgen für ein gesundes gemeinschaftliches Miteinander.

Doch nicht alle sind glücklich darüber, dass sie da sind. Die Maßnahmen, die ergriffen wurden, um ihre Population zu verringern, mögen erfolgreich gewesen sein, doch ihre großen Ohren und schwarzen Augen leisten ihnen gute Dienste. Auch haben sie gewitzte Strategien entwickelt, um die Katzen des Bauern auszutricksen.

Gemeinsam einigen sie sich auf einen Plan, bevor sie ihr geschütztes Zuhause verlassen. Sie teilen sich in Gruppen auf, bestimmen einen der ihren zum Späher und verlassen ihre Löcher. Als Erstes gehen die Wachen in Position. Sobald sie sicher sind, dass die Luft rein ist, geben sie den wartenden Gruppen Signale. Eine nach der anderen kommen die Mäuse hervor, huschen über den Scheunenboden und finden sich dann wieder zu Gruppen zusammen. Heute Nacht sind es drei Trupps. Der erste wird von der linken Seite angreifen. Der zweite von der rechten Seite, und der dritte – nun, den dritten Trupp bilden die Grenadiere, also die unerschrockensten Mäuse, die sich geradewegs auf die begehrten Leckereien stürzen.

Die linke und die rechte Gruppe huschen die Scheunenwände entlang. Hin und wieder verlangsamt ihr Anführer, blickt nach links, nach rechts und zurück zu den Wachen. Alles läuft nach Plan – schnell hasten sie weiter.

Die Grenadiere schleichen in drei kleinen Untergruppen quer durch den Raum. Die Befehlshaber geben ihren Trupps mit dem Schwanz Signale. Schritt für Schritt huschen sie über den Lehmboden. Alle zehn Schritte ducken sich die furchtlosen Mäuse und legen ihre Köpfe auf dem kühlen Untergrund ab, während ihr Befehlshaber die Lage prüft. In der Scheune ist alles ruhig. Nur das leise Tapsen ihrer auf Zehenspitzen an den Wänden entlang laufenden Freunde und Verwandten ist zu hören. Ein staubiger Duft nach Holz liegt in der Luft, und durch einen Riss in der Wand fällt etwas Mondlicht auf den Boden der Scheune. Außer ihnen rührt sich nichts.

Sobald sie wissen, dass die Luft rein ist, laufen sie weiter, bis sie an ihr Ziel gelangt sind. Sie versammeln sich um einen Jutesack mit Samen und teilen sich erneut auf, als der Befehlshaber seine Soldaten anweist, einfache Einstiege zu finden. Die Mäuse krabbeln die Jutesäcke hinauf, laufen auf und ab. Ihre leichten Schritte stimmen ein in den Rhythmus der Samen, massieren die Füllung des Jutesacks, doch eine Öffnung ist nicht zu entdecken.

Der Duft der Samen ist verlockend, und nicht alle Mäuse können ihm widerstehen. Ein junger Grenadier wird davon überwältigt. Der himmlische Duft erfüllt sein Näschen, und der zum Bersten gefüllte Sack unter seinen Füßen ist einfach zu viel für ihn. Er kann sich nicht mehr beherrschen, wirft sich auf den Rücken und reibt sich am Jutesack. Der Duft wird intensiver, er schließt seine Augen und lässt seinen Gedanken freien Lauf. In seiner Fantasie liegt er auf einem Bett aus Körnern, und die schönsten Mäusedamen himmeln ihn an. Er streckt seine Glieder, verliert das Gleichgewicht, und bevor er weiß, wie ihm geschieht, saust er den Sack hinunter. Schreckerfüllt sieht er den Boden und seinen Befehlshaber auf sich zu rasen, doch er kann nichts tun, um seinen Sturz aufzuhalten. Mit einem dumpfen Plumps landet er auf dem Lehmboden. Alles wird schwarz und kleine Sternchen trüben seinen Blick.

Nach einer Millisekunde des Schreckens wissen die Grenadiere, dass sie schnell handeln müssen. Sofort heben zwei Kollegen ihn auf und tragen ihn in ihre Behausung zurück. Das Letzte, was er vor seinem unrühmlichen Abgang sieht, ist der stechende Blick seines Befehlshabers. Er hat die Gruppe in Gefahr gebracht.

Währenddessen versammelt sich eine Gruppe Mäuse am Fuße eines der Jutesäcke. Auf Befehl stürzen sie sich auf das Gewebe und beißen und knabbern abwechselnd daran herum. Ihre harte Arbeit wird bald belohnt: Zahllose Körner ergießen sich auf den kühlen Lehmboden des Schuppens. Hunderte von Seelen liegen über den Boden verstreut. Schnell füllen die Mäuse ihre Mäulchen und rennen zwischen den Säcken und ihrer Behausung hin und her. Dies ist der gefährlichste Teil der Operation. Die Aufregung ist groß, und der starke Duft der Samen raubt ihnen fast die Sinne. Wie Pfeile schießen die Blicke der Wachen durch die Scheune und – dort! Da sind sie, die blitzenden Augen ihres größten Feindes, des Bauernhofkatze. Sofort schlägt der Befehlshaber Alarm, und die Mäuse bringen sich in Sicherheit. Diejenigen, die zu weit von ihrem Zufluchtsort entfernt sind, haben keine andere Wahl, als sich zwischen den Jutesäcken zu verstecken und auf eine Gelegenheit zu warten, quer über den Boden rennen zu können. Aber die Katze des Bauern ist schnell und kennt keine Gnade. Heute Abend werden es nicht alle nach Hause schaffen.

Eine weiße Maus überschätzt sich. Mit einem Schwung befördert die Katzenpfote sie wie einen Squashball in die Ecke. Nun beginnt die Katze ihr Spiel, und die benommene Maus ist ihr Spielzeug.

Dass für eine von ihnen der Albtraum wahr wurde, ist die Rettung für die anderen. Die anderen Mäuse nutzen die Lage und rennen zurück in ihre Löcher. So manche Maus feiert diese Nacht ein Festmahl, und die Speisekammern sind für viele Tage gefüllt.

Auch wenn Hunderte von Samen verstreut wurden und Seelen für immer verloren gehen, sind doch noch Tausende übrig, deren Schicksal sich auf einem der Felder erfüllen wird. Nicht jeder Seele ist es bestimmt, geboren zu werden. Manche bleiben für immer Seelen und steigen nie zu echtem Leben auf unserer Erde auf. Der Sinn ihres Daseins ist von anderer Art und nicht immer offensichtlich. Nur die sehr vom Glück Begünstigten schreiten auf ihrem Weg voran und erblühen auf unserem Planeten.

Der Mond zieht über den Nachthimmel, während sich in der Scheune eine Maus dafür opfert, dass andere ihre Bäuche füllen und in ihren Nestern friedlich schlafen können, im Land der Hoffnungen und Träume der Pimientos de Padrón.

2

Unsere Wurzeln vertiefen

Am nächsten Tag geht die Sonne früh auf. Ihre Wärme nimmt mit jedem Tag zu, den der Sommer näher rückt. Die Mäuse liegen gemütlich in ihrem sicheren Zuhause. Ihre vollen Bäuche heben und senken sich sanft mit jedem Atemzug, während sie sich in ihren warmen Nestern aneinanderkuscheln. Eine friedliche Atmosphäre umgibt sie. Ihre Existenz ist für viele Tage gesichert.

Draußen, vor dem Bauernhaus, sitzt die Katze stolz auf der Schwelle und präsentiert den Fang der vergangenen Nacht. Mit der toten weißen Maus vor ihren Pfoten wartet die Katze auf Lob. Sie weiß, dass man ihr den Kopf tätscheln und für jeden Fang eine besondere Belohnung geben wird. Blinzelnd und mit geradem Rücken wartet sie geduldig darauf, dass die Frau des Hauses erwacht. Die Katze weiß, dass sie die Morgenzeitung holen wird, die aus dem roten Briefkasten herausschaut.

*****

Bauer Gonzales ist wie üblich früh auf. Nach einer schnellen Tasse Kaffee inspiziert er die Scheune. Über den Boden verstreute Samen sind kein ungewöhnlicher Anblick. Dennoch schüttelt er jedes Mal den Kopf. Schnell kehrt er die verschütteten Samen mit einem Besen zusammen und gibt sie in einen neuen Jutesack. Sein starker Bruder unterstützt ihn heute und hilft ihm, seine Maschinen für die Aussaat bereit zu machen.

Gemeinsam heben sie die schweren Säcke auf ihre Schultern, tragen sie ins Freie und leeren sie in einen großen Trichter hinten auf dem roten Traktor. Als die erste Ladung fertig ist, setzen sich die beiden auf die Veranda und stillen ihren Hunger mit Schinken, Brot und einer weiteren Tasse Kaffee. Ein langer Tag auf den Feldern steht ihnen bevor.

Im Inneren des Trichters herrscht bei den Samen angespannte Erwartung. Sie wissen, dass sie die ersten Seelen sind, die der Welt präsentiert werden. Sie werden als Erste echten Boden berühren, das Wasser der Erde aufsaugen und in den Himmel wachsen. Doch die Ersten zu sein, birgt auch größere Gefahr. Früh im Jahr können Naturgewalten, später auch Krankheiten, verhindern, dass sie ihre Bestimmung erfüllen. Ihr Daseinszweck besteht darin, zu großen, schönen Pflanzen heranzuwachsen, die das Zuhause der Pimientos de Padrón werden. Bang liegen sie übereinander und halten den Atem an.

Schließlich wird der Motor des Traktors angeworfen und der Trichter beginnt zu vibrieren. Die Samen reiben aneinander und stimmen einen alten Gesang an, der ihren Abschied preist. Dies ist ihr letztes gemeinsames Stück Weg.

*****

Mit ratterndem Trichter rollt der Traktor den steinigen Weg zu den fruchtbaren Hügeln hinauf. Die Hitze und der aufwirbelnde Staub im Inneren des Behälters werden unerträglich. Einige Samen verlieren fast das Bewusstsein, als sich plötzlich die Bodenklappe eine Sekunde lang öffnet und etwas Luft hereinlässt. Ein automatischer Pflanzgreifer erfasst einen von ihnen, dann schließt sich die Klappe sofort wieder. Alles geschieht so schnell, dass die obenauf liegenden Samen es kaum bemerken.

Der Prozess wiederholt sich in kurzen Abständen. Einer nach dem anderen wird gepackt und in die Außenwelt gebracht. Die Samen hüpfen rhythmisch auf und ab und kommen dem Trichterboden Zentimeter um Zentimeter näher. Kaum sind sie draußen, umklammert der automatische Greifer einen Samen und vergräbt ihn in der braunen Erde. All das geschieht innerhalb weniger Sekunden, und bevor der Samen weiß, wie ihm geschieht, ist er von brauner Erde umhüllt.

An seinen Bestimmungsort gebettet, sitzt der Samen in der Erde und wartet. Der Boden bebt unter dem Gewicht der rüttelnden Landmaschine. Der Samen sitzt da und lauscht, während sich das Geräusch des Traktors langsam in der Ferne verliert.

Die Erde rundherum ist warm und feucht, die ideale Voraussetzung für ein schnelles Wachstum. Der Samen lächelt in sich hinein und wartet.

Eine Seele wurde gepflanzt.

Einige Stunden später ist alles ruhig. Der Traktor hat das Feld verlassen und ist auf den Bauernhof zurückgekehrt. Der Ackerboden rund um den Samen kühlt allmählich ab und die Dunkelheit, die ihn umgibt, verwandelt sich in tiefes Schwarz. Der Samen schließt die Augen und schläft friedlich. Er wird für die nächsten Wochen alle Energie benötigen, die er nur bekommen kann.

*****

Am nächsten Tag wird der Samen durch ein klopfendes Geräusch über seinem Kopf geweckt. Wasser fällt vom Himmel. Der Boden rund um den Samen saugt sich voll wie ein Schwamm und quillt auf. Als die Erde satt ist und nichts mehr aufnehmen kann, plätschern kleine Rinnsale am Samen vorbei. Jauchzend und kichernd rollt sich die runde, lebentragende Hülse von einer Seite auf die andere und genießt das erfrischende Gefühl.

Über dem Boden erledigt die Beregnungsanlage ihre Arbeit. Sie sorgt dafür, dass der Boden sich setzt, indem sie die Felder bewässert. Das Wasser dringt tiefer und tiefer in den Boden ein, sodass die Schalen der Samen aufweichen.

Sonnenstrahlen berühren den Boden und wärmen die Erde, feuchter Duft erfüllt die Luft. Eine hauchzarte Nebelschicht steigt vom Boden auf und hüllt die Hügel in ein Geheimnis.

Tief unter der Erdoberfläche brodelt der Boden. Das Leben drängt gegen die weiche Samenhülle. Der steigende Druck setzt dem Samen zu, sein Körper windet sich vor Qual. Er presst die Augen zusammen, stöhnt gegen den reißenden Schmerz an und versucht sich vorzustellen, wie seine Arme sich durch das Erdreich graben.

Im nächsten Moment bricht die Hülle auf. Laut ächzend und stöhnend erlaubt der Samen seinem Inneren, sich auszudehnen. Der Druck nimmt ab, der Samen nimmt mehrere tiefe Atemzüge und fällt in das weiche Polster der Erde zurück. Die Türen haben sich geöffnet und seine Arme können wachsen. Zufrieden macht es sich der Samen bequem und ruht sich aus.

Als Erstes bahnt sich jedoch ein längliches, weißliches Köpfchen einen Weg durch die Öffnung in der Samenhülle. Ein wenig unsicher blickt es nach rechts und links, dann nach oben und unten: Alles klar anscheinend. Außer dem Puls seiner Seele ist kein Laut zu hören. Die Erde unter ihm ist kompakt und fest, keine Richtung, in die es wachsen könnte. Das weißliche Köpfchen weiß das. Über ihm ist die Erde lockerer und lässt sich leicht beiseiteschieben. Da geht es lang. Das Köpfchen nimmt all seinen Mut zusammen und lässt seinen kleinen Körper aus der Hülle gleiten, während es selbst sich zwischen den nachgiebigen Erdkrumen nach oben schiebt. Ein zufriedener Ausdruck erscheint auf seinem Gesicht. Der kleine Kopf genießt es, die weiche, dampfende Erde zu spüren, die seinen gerade entstandenen Körper umgibt. Die Erdkrumen stützen seine schmale Silhouette. Er streckt sich noch etwas mehr und steckt seine Nase in das Stückchen Erde, das über ihm