Lehrer/innenbildung im Fluss -  - E-Book

Lehrer/innenbildung im Fluss E-Book

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Beschreibung

Intention dieser Ausgabe der Zeitschrift für Hochschulentwicklung ist es, die vielfältigen und im Fluss befindlichen Entwicklungen der Lehrer/innenbildung im deutschsprachigen Raum einzufangen und ihnen im Rahmen eines Querschnitts aus Forschungs- und Entwicklungsperspektive Raum zu geben: von Verfahren zur Eignungsfeststellung am Studienbeginn über Professionalisierungsbemühungen bis hin zu strukturellen Veränderungen und interinstitutionellen Kooperationen. Die versammelten Beiträge spiegeln kaleidoskopartig die intensive und vielfältige Arbeit im Bereich der Lehrer/innenbildung im deutschsprachigen Raum wider.

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Inhalt

Vorwort

Editorial: Lehrer/innenbildung im Fluss

Bernhard Gritsch, Bardo Herzig & Christian Reintjes

Curriculumentwicklungen und Organisationsstrukturen im Lehramtsstudium

Hubert Weiglhofer

Lehramtsstudium „Sekundarstufe Allgemeinbildung“ im Verbund – ein Pilotprojekt

Bernhard Gritsch & Martin Ebner

Inklusion und Umgang mit Heterogenität im Lehramtsstudium für berufliche Schulen

Andrea Zoyke

Zwischen Wissenschafts- und Berufspraxis. Berufspraktische Studien als dritter Raum der Professionalisierung von Lehrpersonen

Tobias Leonhard, Urban Fraefel, Sebastian Jünger, Julia Kosinar, Christian Reintjes & Beat Richiger

Das Paderborner Portfolio Praxiselemente AIMs – Reflexionsprozesse begleiten

Agnes Filipiak, Ilsegret Niestradt-Bietau & Tanja Rotärmel

Praxissemester in Paderborn gestartet – Umsetzung in den Bildungswissenschaften

Claudia Gehle, Stephan Rechel & Christoph Wiethoff

„Das Ohr an den Schüler*innen“ – eine Spielart des Forschenden Lernens

Katja Kansteiner, Sabine Lang, Julia Münzinger & Jörg Stratmann

Pädagogische Kasuistik – Forschendes Lernen im Lehramtsstudium

Rüdiger Rhein

Learning by doing – Studierende erproben Handlungsforschung zur Sozialen Integration

Silke Trumpa & Karin Terfloth

Praktikumsbegleitende Weblogs: Ein geeignetes Mittel im Umgang mit Stress?

Nives Egger, Alexandra Totter & Dominik Petko

Das mehrstufige Online-Self-Assessment für Lehramtsstudien an der Universität Wien

Barbara Neunteufl & Alina Bugelnig

Habitussensibilisierung durch Videoanalysen von Lehramtsstudierenden

Isabel Steinhardt

Erwerb von berufsrelevanten Kompetenzen in Mentoring-Tandems: eine Win-win-Situation für Lehramtsstudierende und Schüler/innen

Michaela Rückl & Barbara Mackinger

Vorwort

Als wissenschaftliches Publikationsorgan des Vereins Forum neue Medien in der Lehre Austria kommt der Zeitschrift für Hochschulentwicklung besondere Bedeutung zu. Zum einen, weil sie aktuelle Themen der Hochschulentwicklung in den Bereichen Studien und Lehre aufgreift und somit als deutschsprachige, vor allem aber auch österreichische Plattform zum Austausch für Wissenschafter/innen, Praktiker/innen, Hochschulentwickler/innen und Hochschuldidaktiker/innen dient. Zum anderen, weil die ZFHE als Open-Access-Zeitschrift konzipiert und daher für alle Interessierten als elektronische Publikation frei und kostenlos verfügbar ist.

Die Jahresbesuchszahl ist 2014 auf 31.443 Besucher/innen gestiegen, was einem Anstieg von ca. 22 % entspricht. Die Besuche pro Monat zeigen Spitzenwerte von mehr als 3.500 Besucherinnen und Besuchern pro Monat; dies entspricht durchschnittlich mehr als 100 Besucher/innen pro Tag, die Inhalte der Zeitschrift konsumieren. Gleichzeitig hat sich die Zeitschrift mittlerweile einen fixen Platz unter den hundert besten deutschsprachigen Wissenschaftspublikationen laut Google Scholar Metrics gesichert.

Dieser Erfolg ist einerseits dem international besetzten Editorial Board sowie den wechselnden Herausgeberinnen und Herausgebern zu verdanken, die mit viel Engagement dafür sorgen, dass jährlich mindestens vier Ausgaben erscheinen. Andererseits gewährleistet das österreichische Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durch seine kontinuierliche Förderung das langfristige Bestehen der Zeitschrift. Im Wissen, dass es die Zeitschrift ohne diese finanzielle Unterstützung nicht gäbe, möchten wir uns dafür besonders herzlich bedanken.

Intention dieses Themenhefts der ZFHE ist es, die vielfältigen und im Fluss befindlichen Entwicklungen der Lehrer/innenbildung im deutschsprachigen Raum einzufangen und ihnen im Rahmen eines Querschnitts aus Forschungs- und Entwicklungsperspektive Raum zu geben: von Verfahren zur Eignungsfeststellung am Studienbeginn über Professionalisierungsbemühungen bis hin zu strukturellen Veränderungen und interinstitutionellen Kooperationen. Die versammelten Beiträge spiegeln kaleidoskopartig die intensive und vielfältige Arbeit im Bereich der Lehrer/innenbildung im deutschsprachigen Raum wider.

Seit der Ausgabe 9/3 ist die ZFHE auch in gedruckter Form erhältlich und beispielsweise über Amazon beziehbar. Als Verein Forum neue Medien in der Lehre Austria freuen wir uns, das Thema „Hochschulentwicklung“ durch diese gelungene Ergänzung zur elektronischen Publikation noch breiter in der wissenschaftlichen Community verankern zu können.

In diesem Sinn wünschen wir Ihnen viel Freude bei der Lektüre der vorliegenden Ausgabe!

Martin Ebner und Hans-Peter Steinbacher

Präsidenten des Vereins Forum neue Medien in der Lehre Austria

Bernhard GRITSCH (Graz), Bardo HERZIG (Paderborn) & Christian REINTJES (Windisch) 1

Editorial: Lehrer/innenbildung im Fluss

1 Gedankensplitter zum Themenheft

Die Bildungslandschaft ist heute – einem Perpetuum mobile vergleichbar – permanent in Bewegung. Größere gesellschaftliche Veränderungen, die sich in weiter zurückliegender Vergangenheit zumindest noch in Dekaden vollzogen haben und dann verzögert mit Reformmaßnahmen in den Bildungsbereich durchsickerten, verändern heute dessen Strukturen und Erscheinungsbild in immer kürzeren und dynamischen Wellen. Dazu kommen aktuelle politische Entwicklungen wie jüngste Flüchtlingsströme, die das System Schule vor enorme Herausforderungen stellen, strategische und operative Planungen sowie Strukturdebatten zumindest zeitweise etwas verdrängen und akute Symptombekämpfung in den Vordergrund rücken. Mittel- bis langfristig nehmen jedoch all diese komplexen Veränderungen Einfluss auf die Gestaltung von Lehrer/innenbildung. Intention dieses Themenhefts war es, diese wohlüberlegten, vielfältigen und im Fluss befindlichen Entwicklungen im deutschsprachigen Raum einzufangen und ihnen im Rahmen eines Querschnitts aus Forschungs- und Entwicklungsperspektive Raum zu geben: von Verfahren zur Eignungsfeststellung am Studienbeginn über Professionalisierungsbemühungen bis hin zu strukturellen Veränderungen und interinstitutionellen Kooperationen.

2 Aufruf für Einreichungen zum Themenschwerpunkt

Der Call for Papers für diese Ausgabe wurde im April 2015 veröffentlicht mit der Möglichkeit zur Einreichung von Beiträgen bis August 2015. Daran schloss sich ein umfangreiches Review-Verfahren mit Überarbeitungen der Beiträge seitens der Autorinnen und Autoren, Lektorat und endgültigen Freigaben im Jänner 2016. Im Folgenden rufen wir nochmals den Call for Papers in Erinnerung.

Zum Themenschwerpunkt

Eine qualitativ hochwertige (Aus-)Bildung als Vorbereitung auf das professionelle Agieren in pädagogischen Berufen wird als ein wesentlicher Baustein, wenn nicht sogar als Schlüssel gelungener Bildungspolitik und Bildungspraxis angesehen. Dies gilt insbesondere auch für die Lehrer/innenbildung, die sich den beständig wandelnden gesellschaftlichen Herausforderungen und Rahmenbedingungen sowie den brennenden aktuellen Bildungsfragen aktiv stellen muss. Vielfältige Reformbemühungen und kontinuierliche Umgestaltungsprozesse in den letzten Jahren dokumentieren eine Lehrer/innenbildung im Fluss.

Vor dem Hintergrund des intensiv geführten Professionalisierungsdiskurses im pädagogischen Bereich, der sich gleichsam leitmotivisch über alle Disziplinen hinweg wiederfindet, haben sich in den deutschsprachigen Ländern Europas, aber nicht nur hier, Weiterentwicklungen im Bereich der Lehramtsstudien in jüngerer Zeit sichtbar verdichtet. Sie sind zum einen in organisatorischer Hinsicht durch den Bologna-Prozess mit der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge sowie institutionenübergreifenden Kooperationsbemühungen verschiedener Anbieter im postsekundären Bereich, zum anderen inhaltlich u. a. durch Fragen der curricularen Gestaltung, des begleiteten Berufseinstiegs (Mentoring mit Rückbindung an die universitären und hochschulischen Ausbildungsinstitutionen) sowie der Fort- und Weiterbildung geprägt.

Feiner ausdifferenziert lassen sich im weitesten Sinn politische, strukturelle, inhaltliche und forschungsbezogene Themen- und Handlungsfelder ausmachen:

In politischer Hinsicht sind Fragen der nationalen und europäischen (internationalen) Mobilität von Studierenden, die gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen, die Polyvalenz von Abschlüssen, Möglichkeiten des Quereinstiegs oder die Kooperation zwischen Universitäten, Kunstuniversitäten, Fachhochschulen, Musikhochschulen und Pädagogischen Hochschulen (z. B. im Rahmen von Maßnahmen zur Sicherung des Lehrkräftenachwuchses in Mangelfächern oder zur Abfederung demographisch bedingter Pensionierungswellen) bedeutsam.

In struktureller Hinsicht stehen die Gewichtung fachwissenschaftlicher, künstlerischer (für den künstlerischen Bereich), fachdidaktischer und bildungswissenschaftlicher Anteile in der Ausbildung, die Gestaltung von Praxisphasen, die Verzahnung der einzelnen Ausbildungsphasen und die Internationalisierung von Lehrer/innenbildung im Fokus.

In inhaltlicher Hinsicht wird die aktuelle Diskussion um die Lehrer/innenbildung u. a. durch Themen wie Inklusion, Heterogenität (z. B. Interkulturalität, Interreligiosität), Deutsch als Zweitsprache, Global Citizen Educationship, Gender, Diagnose und Förderung oder Medienbildung bestimmt. Diese Fragen stehen zum Teil auch im Zusammenhang mit möglichen Organisationsmodellen von Lehrer/innenbildung, z. B. im Sinne einer Basisqualifizierung aller Lehramtsstudierenden oder im Sinne von Spezialisierungen in einzelnen Fächern.

In forschungsbezogener Hinsicht stellt sich u. a. die Frage, wie – auf der Basis von z. B. Standards in den Bildungswissenschaften oder in den Fachdidaktiken – der Kompetenzerwerb von Studierenden gemessen oder evaluiert und damit eine entsprechende Qualitätssicherung unterstützt werden kann. Gleiches gilt für Praxisphasen in der Lehrer/innenbildung, die unter dem Anspruch einer Theorie-Praxis-Relationierung stehen und neben dem Ziel einer Einführung in berufstypische Aufgaben von Lehrerinnen und Lehrern auch dem Leitbild des forschenden Lernens verpflichtet sind. In eher grundsätzlicher Weise ist mit der Forschung im Rahmen von Lehrer/innenbildung auch die Frage nach methodischen Zugängen und angemessenen Forschungsverfahren verbunden: So sind etwa Ansätze der Designforschung oder der Praxisforschung und der gestaltungsorientierten Bildungsforschung im derzeitigen Diskurs (wieder) zu finden.

Folgende Fragestellungen sind von besonderem Interesse f. r diese Ausgabe der ZFHE:

Welche konkreten Kooperationsmodelle zwischen verschiedenen Anbietern von Lehrer/innenbildung haben sich im postsekundären Bereich herauskristallisiert und etabliert? Wie gestaltet sich die inhaltliche, personelle und administrative institutionenübergreifende Zusammenarbeit und wie lässt sich ihr Impact für eine qualitative Verbesserung der Ausbildung festmachen?

Auf welche Art und Weise werden die verschiedenen Ausbildungsphasen und der Berufseinstieg miteinander vernetzt?

Welche konkreten Modelle wurden und werden – dem Wunsch der Bildungspolitik nach einer Öffnung der Schule folgend, oder auch dem aktuellen Bedarf geschuldet – für Quer- und Seiteneinsteiger/innen entwickelt? (Welche Ergebnisse liefern Fallstudien oder begleitende Evaluationsstudien?)

Wie hat sich in jüngeren curricularen Reformprozessen die Gewichtung der tragenden Säulen von Lehrer/innenbildung (Fachwissenschaft, künstlerischer Ausbildung, Fachdidaktik, Bildungswissenschaft und schul- bzw. berufspraktische Studien) verändert? Inwiefern sind diese miteinander verzahnt und tragen zur Ausbildung eines professionellen Habitus bei?

Welche sind geeignete Praxisformate und zu welchen Zeitpunkten der Ausbildung haben sie sich bewährt? Wie werden diese begleitet? Welche Formen der Leistungsmessung bzw. -bewertung sind Bestandteile der Praxisformate?

Durch welche grundsätzlichen curricularen Maßnahmen oder auch veränderten hochschulischen Lehr- und Lernumgebungen können die o. a. Querschnittsthemen, zuweilen auch als Kernelemente der pädagogischen Profession bezeichnet, in angemessener Weise in Ausbildungsstrukturen integriert werden? Lassen sich Standards oder kerncurriculare Elemente – wenn ja, wie – bestimmen? Welche Auswirkungen haben diese Themen auf andere professionsrelevante Bereiche?

Welche Forschungszugänge und methodischen Ansätze sind geeignet, Effekte der Lehrer/innenbildung zu erfassen und wie lassen sich diese nutzbar machen für die Qualitätssicherung? Was bedeutet dies insbesondere für die Begleitung und Auswertung von Reformprozessen? (Welche Erfahrungen bestehen, was hat sich bewährt?)

Welche Zugänge sind geeignet für die Erfassung forschungsbezogener Kompetenzen von Studierenden?

Der Call räumt unter Berücksichtigung der aktuellen Situation sowohl der Forschungs- als auch der Entwicklungsperspektive gleichermaßen Platz ein. Er richtet sich an Universitäts- und Hochschulangehörige, die sich mit Curriculumentwicklung und -forschung, Lehrer/innenbildungsforschung und fachdidaktischer Forschung befassen, sowie an weitere Expertinnen und Experten, die Lehrer/innenbildung politisch, strukturell und inhaltlich verantwortlich mitgestalten.

Einreichungen sind z. B. als konzeptionelle Artikel, Fallstudien, Evaluationsstudien, Wirksamkeitsanalysen, komparative Studien oder auch Entwicklungsberichte willkommen.

3 Beiträge des Themenhefts

Für die Ausgabe dieses Themenhefts konnten sechs wissenschaftliche Beiträge und sieben Werkstattberichte ausgewählt werden, die sich thematisch wie folgt gliedern:

Curriculum- und Organisationsentwickung

Die Entwicklung eines gemeinsamen curricularen Rahmens für Lehramtsstudiengänge im Bereich Sekundarstufe Allgemeinbildung für einen österreichischen Verbund von Hochschulen steht im Mittelpunkt der beiden Werkstattberichte Curriculumentwicklungen und Organisationsstrukturen im Lehramtsstudium von Hubert Weiglhofer sowie Lehramtsstudium „Sekundarstufe Allgemeinbildung“ im Verbund – ein Pilotprojekt von Bernhard Gritsch & Martin Ebner.

Ausgehend von den Maßgaben eines konsekutiven Studiums (Bachelor, Master) mit fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen, bildungswissenschaftlichen und praxisbezogenen Anteilen sowie einer Modularisierung und einem sukzessiven Kompetenzaufbau, werden im Werkstattbericht von Hubert Weiglhofer die inhaltlich-curriculare Konzeption und die organisatorischen Stützstrukturen beschrieben. Dabei geht es u. a. auch darum, vielerorts bekannten Problemlagen in der Lehrer/innenausbildung wie einem fehlenden Zusammenhang zwischen Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften oder zwischen fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen und schulpraktischen Perspektiven zu begegnen. Neben curricularen Maßnahmen hierzu werden Strukturen und Aufgaben einer Professional School beschrieben, die diese Zielerreichung unterstützen sollen.

Bernhard Gritsch & Martin Ebner leisten in ihrem Beitrag eine informative Deskription der Curriculumentwicklung im tertiären Bildungswesen im südöstlichen Raum Österreichs. Neben einer Skizzierung bedeutsamer organisatorischer und thematischer Meilensteine bei der Zusammenführung unterschiedlicher postsekundärer Systeme in eine Verbundlösung reflektiert der Beitrag den Einfluss bildungspolitischer Rahmenbedingungen sowie den Implementierungsprozess und -stand.

Andrea Zoyke befasst sich in ihrem wissenschaftlichen Beitrag Inklusion und Umgang mit Heterogenität im Lehramtsstudium für berufliche Schulen im Kern mit der Frage, welche konzeptionellen und organisatorischen Erfordernisse sich infolge der Implementation von Inklusion im Schulsystem für die Lehrer/innenbildung für berufliche Schulen stellen. Von einer Bestandsaufnahme zur curricularen Verankerung inklusionsbezogener Studienelemente ausgehend verdeutlicht der Beitrag, dass insbesondere im Fachstudium und in den Praxisphasen ein Mangel an inklusionsbezogenen Ausbildungsinhalten besteht. Von dort aus wird das noch zu erreichende SOLL einer inklusionsorientierten Ausbildung in der Stärkung genau dieser Studienbereiche markiert.

Gestaltung und Begleitung von Praxisphasen

Praxisphasen und berufspraktische Studien stellen seit langem einen wichtigen Bestandteil der Lehrer/innenbildung dar und werden häufig mit dem Anspruch verbunden, Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. Eine solche Auffassung, so die Argumentation von Tobias Leonhard, Urban Fraefel, Sebastian Jünger, Julia Kosinar, Christian Reintjes & Beat Richiger in ihrem wissenschaftlichen Beitrag Zwischen Wissenschafts- und Berufspraxis. Berufspraktische Studien als dritter Raum der Professionalisierung von Lehrpersonen, verkenne die Eigenlogiken und jeweiligen regulativen Ideen von Wissenschaftssystem und Berufsfeld, die als unterschiedliche soziale Praxen einmal auf Geltung bzw. Wahrheit und einmal auf Angemessenheit ausgerichtet sind. Dies bedeutet auch, dass die Berufspraxis nicht aus der Wissenschaftspraxis ableitbar ist, sondern dass berufspraktische Studien einen „dritten Raum“ benötigen, in dem Expertinnen/Experten beider Praxen gemeinsam mit Studierenden an Lösungen für die Praxis und am Verständnis für deren Bedingungen und Hintergründe arbeiten. Einen solchen Ort sehen die Autoren in Partnerschulen und skizzieren, wie diese Form der berufspraktischen Studien als eigenständiger Studienbereich der Lehrer/innenbildung konzipiert werden kann.

Agnes Filipak, Ilsegret Niestradt-Bietau & Tanja Rotärmel schildern in ihrem Werkstattbericht Das Paderborner Portfolio Praxiselemente AIMs – Reflexionsprozesse begleiten, wie das Praxisphasenportfolio in Paderborn eingesetzt wird.

Derzeit sind alle nordrhein-westfälischen Universitäten damit befasst, die Praxisphasen in der Lehrer/innenbildung sinnvoll mit einem phasenübergreifenden Portfolio zu begleiten, das systematische Reflexion ermöglicht. Nach einer Skizzierung des standortspezifischen Gesamtkonzepts skizziert der Beitrag exemplarisch die Konzeption und Umsetzung der hochschuldidaktischen Begleitung studentischer Reflexionsprozesse im Orientierungspraktikum.

Claudia Gehle, Stephan Rechel & Christoph Wiethoff thematisieren in ihrem Werkstattbericht Praxissemester in Paderborn gestartet – Umsetzung in den Bildungswissenschaften die Implementierung eines Praxissemesters im Masterstudium an der Universität Paderborn mit dem Fokus Bildungswissenschaften. Die Vernetzung von Wissenschaft, Forschung und Praxis und die Entwicklung eines generell forschenden Habitus bei den Studierenden wird insofern angestrebt, als durch ein Vorbereitungsseminar zunächst in die schulpraktische Tätigkeit eingeführt wird und diese dann mittels eines Seminars, eines Forschungsseminars sowie weiterer fakultativer Angebote zur Professionalisierung seitens der Universität begleitet wird. Der Beitrag berichtet über erste Erfahrungen der Umsetzung, reflektiert diese kritisch und diskutiert mögliche Optimierungen.

Forschendes Lernen und Handlungsforschung

Katja Kansteiner, Sabine Lang, Julia Münzinger & Jörg Stratmann stellen in ihrem wissenschaftlichen Beitrag „Das Ohr an den Schüler*innen“ – eine Spielart des Forschenden Lernens ein von ministerieller Seite gefördertes Seminarkonzept an der Pädagogischen Hochschule Weingarten vor, das Forschendes Lernen im Sinne der Praxisforschung in der Studieneingangsphase der Lehramtsausbildung in den Blick nimmt: Der geblockte Aufbau dieses Seminars mit Rekapitulation erster Praxiserfahrungen auf Basis konkreter Fälle/Situationen – Interpretation derselben durch Rückgriff auf Theorie – ergänzende kleinere empirische Erhebungen – Diskussion der Ergebnisse und Ausloten konkreter Denk- und Handlungsoptionen spiegelt die notwendige und enge Verzahnung von Wissenschaft, Forschung und Praxis in der Lehrer/innenbildung wider und reiht sich damit in aktuelle Professionalisierungsbemühungen ein. Die auf Basis empirischer Daten gewonnenen Evaluationsergebnisse dieses Konzepts werden präsentiert sowie weitere Forschungsperspektiven hinsichtlich der Übertragbarkeit des Konzepts unter Berücksichtigung der Heterogenität von Studierenden und Lehrenden und ihrer jeweiligen Rollen und Kompetenzen eröffnet.

Rüdiger Rhein fokussiert in seinem wissenschaftlichen Beitrag Pädagogische Kasuistik – Forschendes Lernen im Lehramtsstudium auf die systematische und zentrale Frage des Verhältnisses der Disziplin Erziehungswissenschaft zur Profession von Lehrpersonen und führt in diesem Zusammenhang pädagogische Kasuistik als Ansatz Forschenden Lernens ein. Ausgehend von der Frage, welchen Beitrag erziehungswissenschaftliche Rekonstruktion für professionelle Reflexion leisten kann, zeigt der Beitrag das Potenzial pädagogischer Kasuistik für die Lehrer/innenbildung bzw. die komplexen Anforderungen des Lehrberufs auf, indem Einsichten in die (krisenanfällige) Strukturlogik pädagogischen Handelns ermöglicht werden.

Im Kontext inklusiver Bildung und eines entsprechend gestalteten Unterrichts stellt sich auch die Frage, ob und wie Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf in gemischten Klassen sozial integriert sind. Zur Bearbeitung dieser Forschungsfrage nutzen Silke Trumpa & Karin Terfloth ein in ihrem wissenschaftlichen Beitrag Learning by doing – Studierende erproben Handlungsforschung zur Sozialen Integration spezifisches hochschuldidaktisches Lehr-Lernsetting, in dem Studierende leitfadengestützte Interviews mit Kindern an Kooperationsschulen durchführen und auswerten. Durch diese Form der Handlungsforschung gelingt es einerseits, längsschnittlich Daten aufzunehmen und für die Optimierung der pädagogischen Arbeit zu nutzen, andererseits aber auch Studierende für die Soziale Integration im gemeinsamen Unterricht zu sensibilisieren und Handlungsforschung als eine Methode der professionellen Weiterentwicklung zu erleben. Aus den Daten einer Erhebung in drei Klassen zu insgesamt zwölf Messzeitpunkten schlussfolgern die Autorinnen, dass eine entwicklungsbezogene Beeinträchtigung keine hinreichende Erklärung für soziale Ablehnung in heterogenen Lerngruppen darstellt, und dass der Umgang miteinander zum Thema und zur gemeinsamen Aufgabe gemacht werden müsse. Auch für das hochschuldidaktische Setting ergeben sich Gestaltungsempfehlungen.

Hochschuldidaktische Innovationen

Nives Egger, Alexandra Totter & Dominik Petko gehen in ihrem wissenschaftlichen Beitrag Praktikumsbegleitende Weblogs: Ein geeignetes Mittel im Umgang mit Stress? der Frage nach, inwiefern reflexives Schreiben unter Nutzung neuer Medien in Form von „Weblogs“ zur Stressverarbeitung und -reduzierung in Praktikumsphasen, im Konkreten bei zukünftigen Lehrenden im Kindergarten und im Primarschulbereich beitragen kann. In ihrer empirischen Untersuchung fokussieren sie insbesondere das Zusammenspiel zwischen Persönlichkeitsfaktoren, Reflexionsfähigkeit, Stresserleben und Copingstrategien während des Praktikums und setzen dies in Beziehung zur Sichtweise der Studierenden, ob Bloggen ein hilfreicher Ansatz zur Stressreduktion ist. Im Beitrag wird dazu die Auswertung von Daten aus Online-Fragebögen präsentiert, die mittels spezifischer Skalen zu bestimmten Messzeitpunkten erhoben wurden.

In Österreich sind Eignungsverfahren seit einigen Jahren fixer Bestandteil der Zulassung zu Lehramtsstudien an Pädagogischen Hochschulen im Primar- und Sekundarbereich I. Seit dem Studienjahr 2014/2015 sind diese auch für Universitäten gesetzlich vorgeschrieben. Der Diskurs in der Wissenschaft um die Eignung für den Lehrberuf währt schon mehrere Jahre, ebenso wie das Bemühen um die Entwicklung von geeigneten Instrumenten zu deren Feststellung. Barbara Neunteufl & Alina Bugelnig berichten in ihrem Werkstattbeitrag Das mehrstufige Online-Self-Assessment für Lehramtsstudien an der Universität Wien über ein dort entwickeltes Verfahren als Informations- und Selbsteinschätzungstool, das im Zuge der Eignungsüberprüfung vor Beginn des Studiums verpflichtend ist, während des Studiums, jeweils nach dem ersten und zweiten Studienjahr dann fakultativ durchlaufen werden kann, um die Studienwahl nochmals zu reflektieren. Das verpflichtende Online-Self-Assessment vor Studienbeginn inkludiert als innovativen Ansatz auch Fragebögen zu fachspezifischen Interessen und Kompetenzen in Bezug auf die Unterrichtsfächer. Der Beitrag präsentiert erste Daten zum Verfahren an sich sowie zu dessen Akzeptanz bei den Studierenden.

Die Reflexionsfähigkeit des eignen Handelns als wissenschaftlich-reflexiver Habitus stellt einen wichtigen Aspekt professionellen Agierens von Lehrpersonen dar. Dazu zählt auch die Sensibilität für Habitusunterschiede zwischen Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern, die Auswirkungen auf das Interaktionsverhalten haben können. Isabel Steinhardt geht in ihrem Werkstattbericht Habitussensibilisierung durch Videoanalysen von Lehramtsstudierenden der Frage nach, ob anhand von Videoanalysen unterrichtlicher Situationen eine Identifikation von Habitusunterschieden möglich ist und inwiefern dadurch eine Habitussensibilisierung von Lehramtsstudierenden bewirkt werden kann. Dazu berichtet die Verfasserin über ein Seminarkonzept, in dem nach einer Einführung in das Konzept der Habitussensibilität Indikatoren für die Habitusanalyse erarbeitet und dann in einer Videointeraktionsanalyse angewendet wurden. An ausgewählten Ergebnissen einer solchen Analyse wird das Potenzial diskutiert, Studierende für die Bedeutung von Habitusunterschieden und deren Auswirkungen auf das Unterrichtsgeschehen zu sensibilisieren.

Die Unterstützung von Studierenden beim Erwerb berufsrelevanter Kompetenzen ist das Ziel eines fachdidaktischen Lehrveranstaltungskonzepts mit integriertem Mentoring, das Michaela Rückl & Barbara Mackinger in ihrem Werkstattbericht Erwerb von berufsrelevanten Kompetenzen in Mentoring-Tandems: eine Win-win-Situation für Lehramtsstudierende und Schüler/innen beschreiben. Der Ansatz beruht auf der Zusammenarbeit von Lehramtsstudierenden als Mentorinnen und Mentoren mit Schülerinnen und Schülern als Mentees in Tandems. Die angestrebten Lernziele der Studierenden entwickeln die Autorinnen entlang des Europäischen Portfolios für Sprachlehrende in Ausbildung und am Europäischen Qualifikationsrahmen. Neben der Einführung in methodisch-didaktische Grundlagen sieht das durch Gruppensupervisionen begleitete Veranstaltungskonzept auch die theoriegeleitete Entwicklung von Lehr- und Lernmaterialien für die Mentees vor. Darüber hinaus soll ein besonderer Mehrwert des Konzeptes für die Studierenden und die Mentees in der Beziehungsqualität, der Motivationsfähigkeit, der Vertrauenswürdigkeit und in der Unterstützung beim Aufbau von Lernstrategien erzielt werden. Anhand von Evaluationsdaten aus zwei Durchläufen, die über Online-Feedbackbögen für Studierende und Mentees sowie über sogenannte Logbücher der Studierenden erhoben wurden, wird das Potenzial des Ansatzes im Hinblick auf die genannten Zielsetzungen eingeschätzt und diskutiert.

Wir möchten an dieser Stelle den zahlreichen Gutachterinnen und Gutachtern danken, die sich aufgrund der großen Resonanz des Calls als Reviewer zur Verfügung gestellt und mit ihrem kritischen Blick die Qualität der eingereichten Beiträge geschärft haben. Darüber hinaus gilt unser besonderer Dank der Redaktion der ZFHE für ihre stets wohlwollende und unterstützende Zusammenarbeit.

Wir hoffen, Ihnen, sehr geehrte Leserinnen und Leser, mit diesem Themenheft eine informative Lektüre bieten zu können, die kaleidoskopartig die intensive und vielfältige Arbeit im Bereich der Lehrer/innenbildung im deutschsprachigen Raum widerspiegelt.

Herausgeber

Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Bernhard GRITSCH || Kunstuniversität Graz, Institut für Musikpädagogik || Leonhardstraße 82, A-8010 Graz

www.impg.at

[email protected]

Univ.-Prof. Dr. Bardo HERZIG || Universität Paderborn, Institut für Erziehungswissenschaft || Warburger Str. 100, D-33098 Paderborn

www.upb.de

[email protected]

Prof. Dr. Christian REINTJES || Pädagogische Hochschule FHNW, Institut Sekundarstufe I und II || Campus Brugg-Windisch, Bahnhofstr. 6, CH-5210 Windisch

[email protected]

1 E-Mail: [email protected], [email protected], [email protected]

Hubert WEIGLHOFER2 (Salzburg)

Curriculumentwicklungen und Organisationsstrukturen im Lehramtsstudium

Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag gibt einen Einblick in die Entwicklungsarbeit zur Erstellung eines kompetenzorientierten Curriculums im Bereich der Lehramtsstudien und stellt die Organisationsstruktur der School of Education an der Universität Salzburg dar. Ausgehend von Rahmenkompetenzstrukturen in den vier Säulen der Lehramtsausbildung werden Kompetenzentwicklungslinien entlang der Bachelor- und Masterphase dargestellt und die Entwicklung hin zu einem Cluster-Verbund wird skizziert.

Schlüsselwörter

Lehramt, Curriculumentwicklung, Organisationsstruktur

Competence-based development of curricula and teacher training organisation

Abstract

This paper offers an insight into the process of creating a competence-based curriculum for secondary school teacher studies and describes the structure of the School of Education at Salzburg University. After providing a framework of competences for the four main components of teacher studies, the paper outlines the development of competences in the bachelor and master study phases, as well as the steps needed to move towards a cluster system.

Keywords

Secondary school teacher studies, development of curricula, organizational structure

1 Einleitung und organisatorische Rahmenstruktur

Im Frühsommer 2012 beauftragte der Senat der Universität Salzburg die zuständige Curricularkommission mit der Erstellung eines gestuften Studienganges für die 17 an der Universität Salzburg angebotenen Lehramtsfächer. Damit war die Universität Salzburg die erste Universität in Österreich, die gestufte Studiengänge für das Lehramt der Sekundarstufen einführte.

In einem ersten Schritt wurden von der Curricularkommission folgende Rahmenbedingungen festgelegt:

Gestufter Studiengang (Bachelor, Master)

Freie Kombinierbarkeit zweier Unterrichtsfächer

Grundständiges Vier-Säulen-Modell (Fachwissenschaften, Fachdidaktiken, Bildungswissenschaften, Schulpraxis)

Kompetenzorientierung und Modularisierung der Curricula.

3

In einem nächsten Schritt erfolgte die zeitliche und quantitative Festlegung der Studienstruktur:

8 Semester Bachelorstudium (240 ECTS)

4 Semester Masterstudium (Pflichtpraxis integriert

4

(120 ECTS)

Der Bestimmung der Verteilung der ECTS-Anrechnungspunkte innerhalb der vier Säulen des Lehramtsstudiums ging ein intensiver Diskussionsprozess voraus, der bestehende Traditionen, Strukturen und heterogene Vorstellungen von den Zielsetzungen des Berufsbildes von Lehrkräften widerspiegelte. In Anlehnung an die Grundsatzpapiere (siehe Fußnote 3) kam es zu einer ECTS-Aufteilung wie folgt:

Bachelorstudium (240 ECTS):

2 x Fachwissenschaft und Fachdidaktik100 + 100 ECTSBildungswissenschaften und Schulpraxis25 + 15 ECTS

Masterstudium (120 ECTS)

2 x Fachwissenschaft und Fachdidaktik20 + 20 ECTSBildungswissenschaften20 ECTSPflichtpraxis30 ECTSMasterarbeit und Masterprüfung30 ECTS

Das Verhältnis Fachwissenschaft zu Fachdidaktik wurde mit drei Viertel zu einem Viertel sowohl in der Bachelor- als auch Masterphase als Richtwert festgelegt (je Lehramtsstudienfach 75 ECTS Fachwissenschaft und 25 ECTS Fachdidaktik im Bachelorstudium und 15 ECTS Fachwissenschaft und 5 ECTS Fachdidaktik in der Masterphase).5

Dieses Curriculum trat mit 1. Oktober 2013 an der Universität Salzburg in Kraft (siehe UNIVERSITÄT SALZBURG, Mitteilungsblatt Nr. 61, 2013).

Im Jahr 2014 kam es durch die durch den QUALITÄTSSICHERUNGSRAT (2014) angeregten Kooperationsverbünde zwischen Universitäten und Pädagogischen Hochschulen zu einer Absichtserklärung (Letter of Intent), die Lehramtsausbildung im Bereich Sekundarstufe Allgemeinbildung im sogenannten Cluster Mitte gemeinsam durchzuführen.6 Dazu wurden eine gemeinschaftlich zusammengesetzte Steuergruppe, eine Curricularkommission Cluster Mitte, Arbeitsgruppen für die Unterrichtsfächer, die Bildungswissenschaften/Schulpraxis, Spezialisierungen und Arbeitsgruppen für die Bereiche Recht, Studienverwaltung, IT-Infrastruktur und Aufnahmeverfahren gebildet.

2 Inhaltlich-curriculare Entwicklungsarbeit

Das mit dem Studienjahr 2013/14 an der Universität Salzburg gestartete Curriculum wurde zeitgleich dem Qualitätssicherungsrat vorgelegt. Dessen Stellungnahme wurde in den Weiterentwicklungsprozess des Curriculums innerhalb des Clusters Mitte einbezogen. Wesentliche Aspekte dabei waren klare Ausweisung der Fachdidaktikanteile in den einzelnen Unterrichtsfächern, Entwicklung von Spezialisierungsangeboten anstelle eines zweiten Unterrichtsfaches7, Vereinheitlichung der modularen Kompetenzbeschreibungen und Sichtbarmachung der Kompetenzentwicklung vom BA- zum MA-Studium. Darüber hinaus wird verstärktes Augenmerk auf Inklusion, Feedback-, Förderkompetenz und Sprachkompetenz als Querschnittsmaterie über die Unterrichtsfächer hinweg gelegt.

2.1 Rahmenkompetenzen als Basiselement für die Curriculumentwicklung

Ausgehend vom Konstrukt einer wissenschaftlich basierten Handlungskompetenz (GERHOLZ & SLOANE, 2011), in dem auf die konkrete Bearbeitung und Bewältigung von situativen Anforderungen stärker als in den bisherigen Curricula Bedacht genommen und auch der Kompetenzentwicklungsaspekt der Studierenden in den Blick genommen wird, erfolgte bereits im Lehramtscurriculum 2013 der Universität Salzburg die Formulierung eines Rahmenkompetenzfeldes über die vier Säulen Fachwissenschaft, Fachdidaktik, Bildungswissenschaften und Schulpraxis hinweg. Dabei wurde das Augenmerk auf die Entwicklung sowohl deklarativer als auch prozeduraler Fertigkeiten und auf den Aufbau von Routinen und professionellen Haltungen gelegt.

Für die konkrete Formulierung dieses Rahmenkompetenzfeldes wurde auf die Standards für die Lehrerbildung (TERHART, 2002) zurückgegriffen.8 Darin werden in sehr allgemeiner Form je zehn Standards für die Unterrichtsfächer, die Fachdidaktiken, die Erziehungswissenschaften und fünf Standards für die schulpraktischen Studien vorgestellt. Die im Auftrag der deutschen Kultusministerkonferenz (KMK) erstellte Expertise beeinflusste nachdrücklich die in weiterer Folge erstmals länderübergreifend für Deutschland formulierten konkreten Anforderungen im Bereich der Bildungswissenschaften (KMK, 2004), die Standards in den Fachdidaktiken (GESELLSCHAFT FÜR FACHDIDAKTIK, 2005) und die inhaltlichen Anforderungen für die Fachwissenschaften (KMK, 2008).

Ebenso fanden im gegenständlichen Curriculum die allgemeinen Bildungsziele, Aufgabenbereiche und didaktischen Grundsätze des Unterrichts, welche in den österreichischen Lehrplänen festgehalten sind, Berücksichtigung. Aufgrund der Einführung der standardisierten, kompetenzorientierten Reifeprüfung im Schuljahr 2014/15 in Österreich (BGBl. II, Nr. 174/2012) erfuhren die Anforderungen, die an diese abschließenden Prüfungen gestellt werden, eine Präzisierung, die wiederum in den Formulierungen der Rahmenkompetenzfelder berücksichtigt wurde.

Über die Rahmenkompetenzformulierungen der vier Säulen des Lehramtes hinaus wurden Vernetzungs- bzw. Querschnittskompetenzen formuliert (siehe Abb. 1), die in weiterer Folge im Bereich der Module bzw. Lehrveranstaltungen als Verbindungselemente fungieren. So sind im Curriculum zwingend Verbindungen zwischen der Schulpraxis und begleitenden Lehrveranstaltungen aus den Bildungswissenschaften und den Fachdidaktiken vorgesehen. Ebenso verbindet der Lehrveranstaltungstypus „Interdisziplinäres Projekt“ fachwissenschaftliche, fachdidaktische und schulpraktische Zielsetzungen. In der Weiterentwicklung des Curriculums

innerhalb der Clusterstruktur wurden darüber hinaus die Themen Diversität und Inklusion, sprachliche Bildung und Medienpädagogik als fachübergreifende Themen integriert. Dabei müssen diese Querschnittsthemen sowohl auf Modul- als auch auf Lehrveranstaltungsebene ausgewiesen werden.

Abb. 1 zeigt beispielhaft Aufbau und Verteilung dieser Rahmenkompetenzen. Die vollständige Auflistung der Rahmenkompetenzen ist im Curriculum für das Bachelorstudium Lehramt der Universität Salzburg unter https://online.uni-salzburg.at/plus_online/wbMitteilungsblaetter.display?pNr=241797 (S. 4-6) zu finden. Die Kompetenzformulierungen beinhalten jeweils eine Inhaltsdimension und eine Handlungsdimension. Letztere, ausgedrückt durch entsprechende Verben, ermöglicht einerseits eine Präzisierung der Fertigkeiten, die von Absolventinnen und Absolventen beherrscht werden sollen, andererseits die Erfassung einer Entwicklungsstruktur (siehe Abschnitt 2.2).

Beispiele RahmenkompetenzenFachwissenschaftenFachdidaktikenBildungswissenschaftenSchulpraxisStudierende können nach Abschluss des Bachelorstudiums…fachspezifische Inhalte und Erkenntnisse erschließen, kommunizieren, dokumentierenzentrale fachdidaktische Inhalte, Theorien, Entwicklungsperspektiven und Anwendungsbereiche reflektieren, modifizieren und darstellendie eigene Schulbiographie reflektieren und ihre (Weiter-) entwicklung zur Lehrperson bewusst gestaltenUnterricht anhand ausgewählter Kriterien beurteilen und gestaltenVernetzungskompetenzen- die Entwicklung der (rezeptiven wie produktiven) sprachlichen Fähigkeiten von Schülerinnen/Schülern in ihrem jeweiligen Fach erfassen, beurteilen und gezielt fördern

Abb. 1: Rahmenkompetenzen Bachelorcurriculum Lehramt

2.2 Von der Rahmenstruktur zu Kompetenzentwicklungslinien

Nach dem achtsemestrigen Bachelorstudium schließt sich in der Ausbildung für die Sekundarstufe eine 120 ECTS-Anrechnungspunkte umfassende Masterphase an. Dies schließt eine Pflichtpraxis ein, die 30 ECTS-Anrechnungspunkte umfasst.9

Bisher liegen nur wenige Kompetenzniveaumodelle vor, die den Ausprägungsgrad einer Kompetenz beschreiben. Der Europäische Referenzrahmen für Sprachen oder das fachbezogene Wissen angehender Mathematiklehrer/innen (BLÖMEKE et al., 2012) können als Beispiele herangezogen werden. Kompetenzentwicklungsmodelle, die die Abfolge bzw. Entwicklung bestimmter Kompetenzen darstellen, existieren bisher in der Lehrerbildungsforschung kaum, sondern es wird auf Kompetenzniveaumodelle zurückgegriffen bzw. es fließen Erkenntnisse aus der Expertise- und Berufsbiographieforschung ein. Kompetenzentwicklungsverläufe sind vielfach nicht hierarchisch strukturiert, individuell heterogen ausgeprägt und kontextabhängig, somit ergeben sich für eine Konzepterstellung bzw. deren empirische Überprüfung große Herausforderungen.

In der Konzeption des gegenständlichen Lehramtscurriculums wird die Bachelor-, Masterphase und Pflichtpraxis/Induktion als Kontinuum betrachtet. Die Rahmenkompetenzbeschreibungen für das Masterstudium bauen auf denen des Bachelorstudiums auf und die die Pflichtpraxis begleitenden Lehrveranstaltungen dienen der wissenschaftlichen Begleitung und Reflexion der Praxis im Berufsfeld. Kompetenzentwicklungslinien betreffen dabei alle vier Säulen des Lehramtsstudiums. Die folgende Abbildung 2 zeigt exemplarisch Kompetenzentwicklungslinien im Bereich der vier Säulen des Lehramtsstudiums auf und bezieht die darauf aufbauende Berufsperspektive mit ein (vgl. auch das Entwicklungsstufenmodell der Lehrerbildung im Bereich der Berufs- und Wirtschaftspädagogik von SCHULZ & TRAMM, 2006). Entwicklungslinien gehen dabei von der Aufnahme und kognitiven Strukturierung von Inhalten und Anwendungsfeldern über die theoriegeleitete Vertiefung und forschungsorientierte Anwendung bis zum Aufbau von Standards und Routinen. Die inhaltliche Zuordnung erfolgt schwerpunktmäßig in jeweils einem oder mehreren der drei in Abbildung 2 angeführten Bereiche.

PhaseHandlungsdimensionInhaltsdimensionBildungswissenschaften SchulpraxisFachdidaktikFachwissenschaftBA 1. Jahr und 2. Jahrwahrnehmen, kognitiv strukturieren, ordnen, verstehen, erproben, reflektieren-Entwicklung der Berufsbiographie -zentrale Konzepte und Anwendungsfelder fachwissenschaftlicher, fachdidaktischer und bildungswissenschaftlicher Inhalte, Anwendungsfelder und Verfahren -Repertoire von Lehr-LernformenBA 3. Jahr und 4. Jahrkognitiv strukturieren, Standards aufbauen; exemplarisch vertiefen, theoriegeleitet rekonstruieren-Planung und Durchführung von Fach-Unterricht -Vernetzung von grundlegenden Theorien sowie Forschungszugängen von Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaft - adaptive Unterrichtsgestaltung (Heterogenität, Inklusion) -Unterrichtsmedien und -technologien -Vernetzung von biographischer Entwicklung und Unterrichtsgestaltung -Diagnostik von Leistungsständen und LernprozessenMA +Pflichtpraxis 1. Jahr und 2. Jahrexemplarisch vertiefen, systematisch elaborieren, theoriegeleitet rekonstruieren, an Forschung mitwirkenforschend lernen, flexibilisieren, differenzieren, Standards festigen-Planung und Durchführung differenzierender und individualisierender Unterrichtsformen -Entwicklung und Durchführung von Fördermaßnahmen -Entwicklung fächerverbindender und überfachlicher Unterrichtsformen -Rekonstruktion von Wegen des Lernprozesses von Fachinhalten -professionsorientierte Bearbeitung fachwissenschaftlicher bzw. fachdidaktischer Frage- und Problemstellungen -Vernetzung Theorie-Praxis im Bereich von Schulentwicklungsmaßnahmen -grundlegende Theorien und Forschungszusammenhänge der selbstgesteuerten professionellen EntwicklungErste Berufsjahre Fort- und Weiterbildungexemplarisch vertiefen, theoriegeleitet rekonstruieren, Standards ausbauen und festigen-Ausbau von Standards im Fachunterricht -Entwicklung schultypenspezifischer Zugänge zum Unterrichtsfach -berufsbiographische Zugänge unter fachspezifischen Gesichtspunkten -Verbreiterung theoretischer Grundlagen und methodischer Konzepte wesentlicher Berufsfelder -Gestaltung von Schulentwicklungsmaßnahmen

Abb. 2: Kompetenzentwicklungslinien von der universitären Ausbildung bis zu den ersten Berufsjahren, geordnet nach Handlungs- und Inhaltsdimension

Aus den allgemeinen Rahmenkompetenzformulierungen leitet sich die weitere Strukturierung des Curriculums ab. Unter Berücksichtigung dieser zentralen handlungsdimensionalen und entwicklungsstufenbezogenen Termini (ordnen, verstehen, strukturieren, vertiefen, analysieren, evaluieren, weiterentwickeln etc.) erfolgt die Formulierung der Learning Outcomes in den Modulen der einzelnen Unterrichtsfächer. Die hier ausgewiesenen Kriterien der Kompetenzformulierungen in den Curricula können aufgrund der mehrdimensionalen Komplexität erwartungsweise nicht in jeder einzelnen Beschreibung explizit berücksichtigt werden. In Summe aber spiegeln die Kompetenzbeschreibungen der einzelnen Fachcurricula die Kriterien des Kompetenzmodells insgesamt wider.

3 Organisatorische Stützstrukturen

Im Jahr 2012 wurde an der Universität Salzburg eine School of Education eingerichtet.10