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Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Didaktik - Germanistik, Note: 1,0, Bergische Universität Wuppertal, Veranstaltung: Schriftspracherwerb, Sprache: Deutsch, Abstract: Warum ist die Leseförderung und die damit vorausgehenden Beobachtungen von Leselernprozessen wichtig? Erich Kästner hat schon 1957 in seiner Autobiographie Als ich ein kleiner Junge war festgestellt, dass „wenn ein Kind lesen gelernt hat und gerne liest, entdeckt und erobert es eine zweite Welt, das Reich der Buchstaben.“ Schülern das „Land des Lesens“ zu eröffnen, ist das Hauptanliegen des Deutschunterrichts, denn nicht nur für die Phantasie ist das Lesen können wichtig, sondern auch für den alltäglichen Gebrauch. In dieser Hausarbeit soll zum einen gezeigt werden, was es für den Schulanfänger bedeutet mit Schriftsprache konfrontiert zu werden und welche Voraussetzungen mitgebracht werden müssen, um diese zu erwerben, und zum anderen, welche Schwierigkeiten während des Lesenlernens auftreten können und welchen Einfluss familiäre und schulische Faktoren auf die Lesekompetenz haben. Des Weiteren werden Formen des Beobachtens von Leseprozessen vorgestellt und besonders auf die Bedeutung von „Verlesungen“ eingegangen. Wie soll nun konkret das Lesenlernen auf der Grundlage der Beobachtungen gefördert werden? Wie kann man die Motivation zum lesen lernen fördern? Antworten auf diese Fragen und praktische Möglichkeiten der Förderung werden im letzten Teil der Hausarbeit vorgestellt.
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Bergische Universität Wuppertal
Wintersemester 2005/2006
Hauptseminar: Schriftspracherwerb
Lesen beobachten und fördern
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Warum ist die Leseförderung und die damit vorausgehenden Beobachtungen von Leselernprozessen wichtig? Erich Kästner hat schon 1957 in seiner AutobiographieAls ich ein kleiner Junge warfestgestellt, dass „wenn ein Kind lesen gelernt hat und gerne liest, entdeckt und erobert es eine zweite Welt, das Reich der Buchstaben.“1
Schülern das „Land des Lesens“2zu eröffnen, ist das Hauptanliegen des Deutschunterrichts, denn nicht nur für die Phantasie ist das Lesen können wichtig, sondern auch für den alltäglichen Gebrauch. Dies wird besonderes in den Aussagen von funktionalen Analphabeten deutlich:
„Konnte keiner begreifen, dass ich das nicht konnte. Ich musste Waren
zusammenstellen nach Lieferschein. Tausende von Marken war das
wert. […] Ich habe immer die Buchstaben verglichen auf die Artikel. Und
nachher war das Wortbild schon so eingeprägt, dass es automatisch
ging.“
(Anton, 45 Jahre)3
Bei funktionalen Analphabeten handelt es sich um Menschen, denen zwar die Buchstaben bekannt sind und die auch ein wenig schreiben und lesen können, aber letztlich die Schrift im Alltag nicht gebrauchen können. Diese Form des Analphabetismus steht im Gegensatz zum totalen Analphabetismus. Bei dieser Ausprägung haben die Betroffenen nie schreiben und lesen gelernt. Wie leicht sich funktionale Analphabeten im Anfangsunterricht „tarnen“ können, wird aus dem folgenden Zitat ersichtlich:
„In der ersten, zweiten, dritten Klasse war ich sehr gut in der Klasse.
Mein großer Fehler war - meine Schwester ist ein Jahr älter und die
ihre Fibeln habe ich immer mitgelesen und dachte, ich konnte lesen, aber
1Erich Kästner:Als ich ein kleiner Junge war.Atrium. Zürich 1957. S. N.N.
2Almut Aden: „Editorial“. In:Praxis Deutsch. Zeitschrift für den Deutschunterricht.Velber.
November 2005. 194. S.1
3Iris Füssenich: „Welche Rolle spielt lesen im Alltag? Aussagen von funktionalen
Analphabetinnen und Analphabeten.“ In: Claudia Crämer/ Iris Füchenich/ Gabrielle
Schumann
(Hrsg.):Lesekompetenz erwerben und fördern.Westermann. Braunschweig 2003. S. 4
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das war nur ein Auswendiglernen und die Lehrer sind da irgendwie nicht
hinter gestiegen. […] Ja und so habe ich mich irgendwie so
durchgemogelt so durch die Schulzeit, bis sie es rausgekriegt haben.
Und dann bin ich in die Sonderschule gekommen. Und das Problem, das ist
erst richtig bewusst geworden, wie die Arbeitszeit anfing.“
(Peter, 39 Jahre)4
Der Umfang der Lesekompetenz beeinflusst also nicht nur die Erweiterung des Erfahrungshorizontes und bereichert die Phantasie, sondern nimmt entscheidenden Einfluss auf die berufliche Laufbahn und somit auch auf die weitere Sozialisation des Kindes.
In dieser Hausarbeit soll zum einen gezeigt werden, was es für den Schulanfänger bedeutet mit Schriftsprache konfrontiert zu werden und welche Voraussetzungen mitgebracht werden müssen, um diese zu erwerben, und zum anderen, welche Schwierigkeiten während des Lesenlernens auftreten können und welchen Einfluss familiäre und schulische Faktoren auf die Lesekompetenz haben. Des Weiteren werden Formen des Beobachtens von Leseprozessen vorgestellt und besonders auf die Bedeutung von „Verlesungen“ eingegangen.
Wie soll nun konkret das Lesenlernen auf der Grundlage der Beobachtungen gefördert werden? Wie kann man die Motivation zum lesen lernen fördern? Antworten auf diese Fragen und praktische Möglichkeiten der Förderung werden im letzten Teil der Hausarbeit vorgestellt.