Liebe an der Schmerzgrenze - Tim Bussen - E-Book

Liebe an der Schmerzgrenze E-Book

Tim Bussen

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Beschreibung

So verschieden die Menschen sind, so unterschiedlich leben sie BDSM. Um dieser großen Spannweite gerecht zu werden, war es den beiden Autoren Stephanie Maria und Tim Bussen wichtig, die Menschen selbst zu Wort kommen zu lassen. In 15 ausführlichen Gesprächen erzählen sie davon, wie sie ihre Neigung entdeckt haben, wie sie damit leben, welche Träume sie sich erfüllt haben und welche Sehnsüchte noch in ihnen schlummern. Da ist zum Beispiel Aya, eine schöne, kluge und eloquente Frau, die im Alltag sehr selbstbewusst ist und sich einen starken Partner wünscht, der damit umgehen kann und sie im Bett trotzdem dominiert. Oder Pluto, der 24/7-Beziehungen mit devoten Frauen bevorzugt, in denen er die Verantwortung für das gesamte Leben der Partnerin übernimmt. Die dominante Mia trennt Sex und SM komplett und wünscht sich einen Mann, der ihr grenzenlos vertraut, so dass sie alles mit ihm machen kann, was sie will. Und Alexander nimmt gerne die Pose des unumschränkten Herrschers ein, um dann wenige Momente später einzuräumen, dass er doch vollständig von der Gunst seiner "Sklavin" abhängig ist.

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Stephanie Maria & Tim Bussen

Liebe an der Schmerzgrenze

Die Leichtigkeit des Leidens – 16 Gespräche über den Reiz des Sadomasochismus

EXPLIZIT

INHALT

Vorwort

Die Vorurteile und Klischees über BDSM sind so zahlreich wie seine Spielarten. BDSMer sind krank, verroht, brutal, rücksichtslos, unterwürfig, pervers. Ihre Beziehungen basieren auf Macht und Gewalt; Liebe und Zärtlichkeit haben in ihrem Leben keinen Platz. Oder sie wollen irgendein Kindheitstrauma kompensieren und lassen sich heimlich in einem Dominastudio ihre sehnlichsten Wünsche erfüllen. Und natürlich sind es immer die hochbezahlten Manager, die solche Dienste in Anspruch nehmen, damit sie endlich mal Verantwortung abgeben können. Das, zugegeben überspitzt formuliert, sind gängige Klischees, die wir immer wieder hörten, wenn die Sprache auf SM kam. Selbst in der Szene sind Vorurteile oder angebliche Regeln, was »echter« SM ist und was nicht, weit verbreitet. Aber sind die Menschen, die diese etwas andere Art von Liebe und Erotik leben, wirklich so?

Natürlich nicht! Sieht man genauer hin, dann wird sehr schnell klar, dass all diese Klischees viel zu eng gefasst sind. Wie überall im Leben gibt es auch hier nicht nur Schwarz und Weiß, sondern eben auch die Zwischentöne, die Graustufen. Tausende Menschen, die auf Tausenden verschiedenen Wegen ihre sexuelle Identität suchen, bedeuten auch Tausende einzigartige Geschichten. Und diese Suche ist, so unserer Eindruck, nie zu Ende. Eigentlich alle Menschen, die wir für dieses Buch interviewt haben, begreifen ihre Sexualität als eine Reise, die für sie immer noch Neues und Lustvolles zum Entdecken bereit hält. Besonders das war es, was uns so fasziniert hat und schließlich die Idee zu diesem Buch in uns reifen ließ – wie verschieden die Menschen aus dieser Szene und ihre Vorstellungen von BDSM doch sind.

Auch wenn wir im Freundeskreis von der Arbeit an diesem Buch sprachen, erzählten uns immer wieder Menschen von ihren eigenen sexuellen Fantasien und Wünschen. Vor allem den Frauen fiel es meist überhaupt nicht schwer, offen über ihre Bedürfnisse zu sprechen. Viele würden ihre Sexualität zwar nicht zwangsläufig mit BDSM in Zusammenhang bringen, aber ihre Fantasien gehen doch sehr oft in eine devote oder auch dominante Richtung.

Das zeigt einmal mehr, dass die Grenzen fließend sind. Denn wer kann schon sagen, wo die »normale« sexuelle Spielerei endet und wo Sadomasochismus anfängt, beziehungsweise wo er aufhört? Haben wir nicht alle schon mal von einem Rollenspiel in welcher Form auch immer geträumt? Wer hat seinen Partner nicht schon mal mit einem Schal ans Bett gefesselt? Seiner Frau die Augen verbunden, ihr im Rausch der Lust einen Klaps auf den Po gegeben oder einen Satz gesagt wie: »Mach mit mir, was du willst!«? Ist das schon pervers? Wo ist die Grenze? Und was sagen überhaupt sexuelle Wünsche und Neigungen über einen Menschen aus? Genug anscheinend, dass sich immer noch viele Menschen verstecken müssen, zum Beispiel weil sie Konsequenzen im Job fürchten, wie etwa die Wissenschaftlerin, mit der wir sprachen, die Angst davor hat, man könnte ihre Neigung im Fall eines beruflichen Konfliktes gegen sie verwenden.

Diesen und anderen Fragen wollten wir in unserem Buch nachgehen. Weil uns größtmögliche Authentizität dabei sehr wichtig war, haben wir uns entschlossen, diejenigen, die es wirklich betrifft, hier selbst zu Wort kommen zu lassen. Um bei unserer Suche möglichst viele Menschen zu erreichen, entschlossen wir uns, eine Online-Anzeige in einem Szene-Portal aufzugeben. Wir waren überrascht, wie viele Menschen bereit waren, uns ihre ganz persönliche Geschichte zu erzählen. In nur wenigen Monaten hatten wir bereits so viele Interviews geführt, dass es uns mitunter sehr schwer fiel zu entscheiden, welche Gespräche schließlich Aufnahme in unser Buch finden sollten.

Um in einer privaten Atmosphäre ungestört miteinander reden zu können, luden wir die meisten unserer Gesprächspartner zu uns nach Hause ein. Bei mehr oder weniger allen Interviews war anfangs eine gewisse Unsicherheit zu spüren, was vor allem daher rührte, dass diese Gespräche eben auch eine ernsthafte Auseinandersetzung unserer Interviewpartner mit sich selbst waren, Momente, in denen viele zum ersten Mal Dinge aussprachen, die sie bis dahin mehr oder weniger einfach gelebt hatten, ohne groß darüber nachzudenken.

Uns sind größtenteils sehr intelligente, reflektierte Menschen begegnet, die kein Problem mit ihrer speziellen Neigung haben. Da ist zum Beispiel Mia, die ganz klar unterscheidet zwischen BDSM und Sex, denn für sie gehören diese beiden Dinge nicht zusammen. Pluto möchte, dass ihn seine Partnerin auch in allen Dingen des täglichen Lebens zuerst fragt, bevor sie etwas tut. Corinna finanziert sich ihr Studium als Callgirl, doch das Ausleben ihrer devoten Neigung möchte sie für sich als etwas Privates bewahren, unabhängig von ihrem Job. Alexander gibt gerne den unumschränkten Herrscher, um wenige Augenblicke später zuzugeben, dass er doch ganz und gar davon abhängig ist, wie weit ihm seine »Sklavin« dies zugesteht. Und da ist Aya, die mit dem Vorurteil, sexuell devoten Frauen mangele es generell an Selbstbewusstsein, ein für alle Mal aufräumt, denn sie ist sich ihrer selbst und ihrer Bedürfnisse bewusst und fordert deren Erfüllung auch von ihrem Partner ein. Diese und viele andere Menschen – Frauen, Männer, Paare – kommen hier zu Wort.

Wir wollen mit unserem Buch niemanden missionieren. Und wir möchten nicht das Bild vermitteln, BDSM sei der einzige Weg, eine erfüllte Sexualität zu leben. Aber wir möchten um Verständnis werben, denn für einige ist eben genau dieser Weg ihr Weg. Und wenn uns manches mitunter bizarr oder pervers erscheint, so darf man doch nicht vergessen, dass es immer noch um einvernehmlich miteinander handelnde Menschen geht, die erst mal unsere Toleranz verdienen. Im Laufe der Zeit haben wir festgestellt, dass sich durch die intensiven Gespräche auch unsere eigene, nicht ganz naive Sicht auf diese Dinge verändert hat. Letztendlich stellte sich heraus, dass die Geschichten der Frauen und Männer, die bereit waren, sich uns gegenüber zu öffnen, so waren wie sie selbst: interessant, aufregend, normal, vielleicht pervers, manchmal auch einfach nur niedlich. Aber ganz bestimmt nicht krank.

Stephanie Maria und Tim Bussen

»Ich liebe es, mich benutzt, unterdrückt und genommen zu fühlen«

Aya, 29, Doktorandin

Bei einem Abendessen mit Freunden erzählten wir von unserem Buchprojekt. Aya war sofort Feuer und Flamme und wollte uns gern von ihren Erfahrungen erzählen. Ein paar Wochen später treffen wir uns in ihrer Altbauwohnung im Prenzlauer Berg. Frisch von ihrem Partner getrennt, ist das Redebedürfnis groß, ebenso wie ein gewisses Defizit an Schlaf, was ihre Schönheit aber kein bisschen schmälert. Nach einem Teller selbstgemachter Hühnersuppe und dem ersten Glas Wein fängt Aya lebhaft an zu erzählen, während ihr kleiner Sohn immer wieder zwischen unseren Beinen herumkrabbelt, da er nicht wirklich davon überzeugt ist, schon schlafen zu müssen.

Kannst du sagen, wann du das erste Mal gemerkt hast, dass deine Neigungen sich von denen anderer unterscheiden?

Ich kann ganz klar sagen, dass es sehr früh begonnen hat. Die erste Erfahrung, an die ich mich erinnern kann, ist so etwa auf mein viertes Lebensjahr zu datieren. Da gab es eine Situation auf dem Spielplatz. Ich saß im Sandkasten und wollte unbedingt, dass ein anderes Kind mir meine Unterhose mit Sand füllt. Das sah ziemlich blöd aus, ein bisschen so, als würde ich eine Windel tragen – was ich in dem Alter natürlich nicht mehr gemacht habe. Aber dieses Gefühl, dass etwas mich einschränkte und am Laufen hinderte, gefiel mir. In diesem Moment habe ich Lust an der Erniedrigung empfunden, daran erinnere ich mich ganz deutlich. Vielleicht würde ich mich heute nicht so detailliert an diese Gefühle erinnern, wenn meine Mutter mich danach nicht so ausgeschimpft hätte. Es war mir unangenehm, dass sie derart heftig auf ein wenig Sand in der Unterhose reagierte, denn sie war sonst nicht so streng. Ihr Verhalten gab mir das Gefühl, etwas wirklich Beschämendes getan zu haben. Dadurch wurde meine Lust an der Erniedrigung natürlich auch zu einem unausgesprochenen Verbot oder Tabu, und somit vielleicht für mich noch interessanter. Ich erinnere mich ansonsten noch daran, dass ich im Alter von acht oder neun Jahren begann, mich selbst zu befriedigen. Nur rein erniedrigende Fantasien erregten mich. Dabei dachte ich immer an Hänsel und Gretel. Vor allem die Vorstellung des Eingesperrt-Seins hat mich erregt. Ich habe mir aber auch vorgestellt, wie ich auf allen vieren knien und einen geraden Rücken machen muss, von dem dann gegessen wird. Ja, das war meine erste bewusst antörnende Fantasie. Mit elf Jahren hatte ich dann das erste Mal auch so etwas wie Vergewaltigungsfantasien. Ich stellte mir immer vor, wie ich in der Bahnhofsunterführung von gesichtslosen Jungs oder Männern überwältigt und benutzt werde.

Hatte dein erstes reales sexuelles Erlebnis auch etwas mit Dominanz zu tun?

Überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Ich habe zwar schon früh davon geträumt, bereits mit 13 waren meine Fantasien ganz eindeutig. Aber beim ersten Mal war dann alles anders. Ich war damals 15 und er 19. Er war schon etwas erfahrener, das dachte ich zumindest. Als es so weit war, hat er dann einfach zu mir gesagt: »Du musst nach oben, du musst es machen.« Das hatte aber nichts Dominantes, sondern eher etwas Devotes. Er wollte, dass ich alles in die Hand nehme. Aber unerfahren, wie ich war, wusste ich überhaupt nicht, was ich machen sollte. Außerdem hatte ich von einer Art überwältigender Entjungferung durch einen starken, wilden Mann geträumt. Davon hatte dieses erste Mal so gar nichts und es hat mir überhaupt nichts gegeben. Wir hatten dann auch noch öfter Sex, ich war einfach so verliebt in ihn, aber es blieb immer eher unbefriedigend für mich. Viele Jahre später hatten wir noch mal eine Affäre miteinander. Ich war gespannt und voller Hoffnung, dass der Sex durch meine und seine reichere Erfahrung sicher viel besser sein würde, doch es hatte sich rein gar nichts geändert. Im Gegenteil, seine devote Neigung hatte sich über die Jahre hinweg wohl auch manifestiert. Zweimal devot führt leider nicht zu spannendem Sex.

Wann hattest du das erste Mal wirklich erfüllenden Sex?

Als ich 17 war. Mein nächster Freund, mit dem ich ungefähr anderthalb Jahre zusammen war, hat dann schon so richtig mit Bondage angefangen. Die Fesseln waren manchmal so stark, dass ich danach schöne Striemen hatte. Er hat mich sogar mal angepinkelt. Generell war er eindeutig dominant und wusste ziemlich genau, was er wollte; dabei war er auch erst 19. Kurz nachdem wir uns getrennt hatten, hat er mich noch mal zu sich bestellt. Als ich zu ihm ging, war ich davon überzeugt, dass er nur wieder über unsere Beziehung reden wollte. Aber er sagte: »Nein, ich will nicht reden. Du bist nur aus einem einzigen Grund hier.« Das törnte mich wahnsinnig an, vielleicht auch deshalb, weil er mich in diesem Augenblick mit seiner dominanten Art einfach überrascht hat. Er hat mich überwältigt. Das war, glaube ich, der beste Sex, den ich bis zu diesem Zeitpunkt erlebt hatte. Es war wirklich ein sehr intensives Erlebnis. Ich habe das Gefühl genossen, dass es ihm hauptsächlich darum ging, mich noch einmal für alle seine Fantasien zu benutzen, um mich dann ziehen zu lassen.

War er immer der klar dominante Pol in der Beziehung?

Nein, in der Beziehungsführung gab es auch Momente, in denen er devot war. Das hat mir aber auch gefallen – und das ist auch immer noch so. Ich möchte keinen Mann haben, der mich tagein, tagaus dominiert. So bin ich nicht. 24/7, das bin ich nicht. Ich muss auch selbstbestimmte Momente in einer Beziehung haben, sonst fühle ich mich schlecht. Und im Alltag muss ich ganz klar mitbestimmen können. Auf Dauer würde ich mich in meiner Persönlichkeitsentfaltung einfach eingeschränkt fühlen, wenn ich permanent unterdrückt würde. Ich kann schon zulassen, dass mein Partner Entscheidungen allein trifft, auch über meinen Kopf hinweg. Aber nicht bei existenziellen Dingen. Dann möchte ich gehört werden und mich definitiv auch mal durchsetzen können. Ich glaube, im Alltag bin ich sogar ziemlich dominant. Deshalb brauche ich einen Mann an meiner Seite, der sehr stark und sehr klar sein kann. Er darf sich nie von meiner Selbstsicherheit dominiert fühlen. Er muss immer noch stärker sein und sehen, wann ich ihn brauche. Er sollte klar wissen, was er will, und er muss wissen, was ich will. Es ist eine feingliedrige, grenzwertige Angelegenheit: Einerseits fordere ich von meinem Partner Raum, um meine geistige Dominanz ausleben zu können. Andererseits wünsche ich mir aber auch von ihm, dass er – ein wenig – die Grenzen dieses Raumes bestimmt. Und das sollen bewegliche, nicht starre Grenzen sein. Mir ist es sehr wichtig, dass man sich gegenseitig respektiert. Perfekt wäre es natürlich, wenn er macht, was er will, und das gleichzeitig das ist, was ich will. Jedenfalls möchte ich im alltäglichen Leben eine gleichgewichtige, starke Beziehung führen. Nur im Bett möchte ich die Devote sein.

Möchtest du nur devot sein, oder genießt du auch Schmerzen?

Ich würde mich nicht so sehr als masochistische Frau bezeichnen. Schmerz ist für mich nicht immer gleich geil. Nur im Zusammenhang mit dem gedanklichen Spiel der Unterdrückung kann körperliches Leid für mich ein spannendes Erlebnis sein. Ich habe zwar auch die Erfahrung gemacht, reinen Schmerz genießen zu können. Aber das passiert sehr selten, und es muss immer sehr vorsichtig angegangen werden. Eigentlich ist Schmerz für mich nur als Mittel zur Erniedrigung von Bedeutung, als Strafe zum Beispiel kann er spannend sein. Aber plötzlich von einem starken Schmerz überfraut zu werden, das hat mich schon immer abgetörnt. Er muss langsam gesteigert und ganz bewusst eingesetzt werden, damit ich ihn genießen kann. Am besten ist es, wenn der dominante Partner ganz nah an meinem Körper ist und dabei immer wieder mit mir spricht.

Denkst du, dass man in einer BDSM-Beziehung mehr miteinander kommuniziert als in einer normalen Beziehung?

Man kommuniziert vielleicht nicht mehr, aber auf keinen Fall weniger. Ich halte es für eine Grundvoraussetzung, besonders in einer BDSM-Beziehung, dass man über seine Lust und seine Gefühle spricht und dass man immer wachsam ist. Für mich jedenfalls kann es anders nicht funktionieren. Ich möchte immer gehört und gesehen werden. Bei BDSM kann es schließlich schnell passieren, dass eine Grenze überschritten wird. Dem sollte man bestenfalls vorbeugen, denn es kann irreparable Schäden hinterlassen. Man sollte zu jedem Zeitpunkt offen sein, und zwar beide Partner, der dominante und der devote. Nur so, mit ganz viel bewusster Sensibilität und offener Kommunikation, können Grenzen dann auch langsam verschoben werden. Dafür muss man sehr klarsichtig und feinfühlig sein.

Grenzen zu erweitern, immer wieder neu auszuloten, das ist etwas, was mich auch im Alltag reizt und antreibt. Für mich hat das etwas mit Freiheit und Selbstbestimmung, mit Mut und Risiko zu tun. In diesen Momenten lebe ich intensiv, das gefällt mir, nach Intensität strebe ich. Aber es geht mir auch nicht um permanente Grenzverschiebung. Man muss auch irgendwo ankommen können und sich über das einig sein, was man gut findet und was einem immer wieder ein befriedigendes Gefühl gibt.

Hast du Tabus?

Das abschließend zu beantworten ist schwierig, weil ich noch nicht genug Erfahrungen gemacht habe. Ich kann zwar sagen, dass ich in meinem Sexualleben keine Exkremente haben will, genauso wenig wie ich Lust auf eine gebrochene Nase habe. Aber es ist schwer, die Grenzen klar festzustecken. Blaue Flecken mag ich zum Beispiel, sie sind so eine Art Zeichen dafür, dass ich benutzt wurde. Sie sind wie ein Mal, das zeigt, dass ich ihm meinen Schmerz geschenkt habe und dass ich es ausgehalten habe.

Auf der geistigen Ebene kann ich klarer sagen, was mir nicht gefällt: Ich finde es nicht gut, in der Öffentlichkeit erniedrigt zu werden. Da kommt einfach wieder mein dominanter, selbstbewusster Charakter ins Spiel. Wenn man aber in der Öffentlichkeit eine intime Nische findet, reizt mich das Spiel mit dem Risiko schon. Zum Beispiel im Theater in der letzten Reihe zu sitzen und zum Blowjob gezwungen zu werden ist etwas, das ich durchaus sehr genießen kann.

Fällt es dir schwer, deine persönliche Neigung mit dem Bild einer modernen Frau in Einklang zu bringen?

Nein, damit habe ich überhaupt kein Problem, diesbezüglich bin ich komplett mit mir im Reinen. Ich finde es sogar eher natürlich, dass Frauen devot sind. Das Urbild einer Frau ist für mich eine sehr weibliche, vollbusige, in der Küche stehende, kochende Frau, die sich im Bett einfach nur ficken lässt. Dieses Bild finde ich wirklich einfach nur wunderschön. Dabei fällt mir wieder auf, dass ich manchmal einen leichten Penisneid habe. Vielleicht, ja wahrscheinlich, ist es gerade diese Doppelidentifikation, die meine devote Lust einfach rund, unwidersprüchlich und angenehm für mich macht. Auf der einen Seite das Urbild der Frau, die ich gern wäre, und auf der anderen Seite der archaische Mann mit dem Schwanz, den ich gern hätte. Ich strebe innerlich nach diesem komplementären Duo, kann mich mit beiden Seiten identifizieren: mit dem dominanten penetrierenden Mann und mit der devoten penetrierten Frau. Da steht mir also weder ein Männerhass im Weg noch der Penisneid. Immerhin ist dieser Neid lediglich ein Indiz dafür, dass ich die Identifikation mit Männern lebe. Ich habe nur dann ein Problem mit meiner devoten Lust, wenn ich auf Männer treffe, die damit nicht umgehen können. Oder wenn Menschen mich fragen, ob ich denn keinen »normalen Sex« mehr haben könne. Dann muss ich ehrlich sagen: Nein, ganz »normaler Sex« – was immer das genau ist – reicht mir nicht. Ich mache mir mindestens irgendeine BDSM-Fantasie dazu. Wenn ich Sex habe, der nichts mit BDSM zu tun hat, ist mein Innenleben komplett von dem getrennt, was ich in diesem Moment körperlich erlebe. Manchmal tue ich auch einfach so, als ob mir der Sex ein bisschen wehtäte. Wenn ich dann »aua« und »au« sage, merke ich, dass die Männer das oft auch geil finden. Aber auf Dauer kann ich mir nicht vorstellen, mit einem Mann zusammen zu sein, der nicht dominant ist. Es kommt immer irgendwann der Moment, in dem ich das unbedingt brauche und von meinem Partner mehr oder weniger erwarte. Das explizit einzufordern ist natürlich immer schwierig, wenn man devot ist. Realisiere ich dann irgendwann, dass sich der Mann nicht mehr in einen Dom verwandeln wird, renne ich meist angsterfüllt in das Ende der Beziehung. Oder ich finde mich auf einmal in irgendwelchen Internetforen wieder und denke: Oh Gott, jetzt sitzt du schon wieder hier und suchst einen dominanten Typen. Obwohl ich noch nie wirklich jemanden über das Internet gefunden habe. Das waren nur Treffen, um mal wieder mit einem dominanten Mann Sex zu haben.

Hast du das auch während einer Beziehung getan?

Nein, in den Zeiten hatte ich nie eine andere Beziehung. Untreue liegt mir nicht. Manchmal stelle ich mir auch die Frage, ob ich vielleicht einfach lernen sollte, diese beiden Bedürfnisse voneinander zu trennen: Liebe und Leid. Faktisch könnte das aber dann nur so aussehen, dass ich in einer »normalen« Beziehung lebe und nebenbei meine sexuellen Bedürfnisse woanders befriedige. Das ist für mich allerdings nicht nur ein moralisches Problem, sondern auch ein philosophisches: So stelle ich mir mein Leben und meine Beziehung nicht vor. Ich strebe nach Integrität, nach intensiver Ehrlichkeit und Offenheit. Nur das macht mich glücklich. Nach meinem ersten dominanten Freund hatte ich auch lange keinen Mann mehr, der so war, wie ich es mir gewünscht hätte. Mein nächster Freund hat mir gesagt, er könne das nicht, denn wenn er dominant werde, bekomme er Angst vor sich selbst. Anscheinend kann sein Verhalten extrem krass werden. Vielleicht hatte das damit zu tun, dass er als Soldat im Kosovo traumatische Dinge erlebt hatte und deshalb unter großen Schuldgefühlen litt. Er konnte (sie sagt das mit größtem Nachdruck) mir gegenüber nicht dominant auftreten, ohne vor sich selbst Angst zu bekommen. Deshalb haben wir das nie auch nur annähernd gemacht. Mir kam es so vor, als wenn es zu weit gehen könnte, wenn er erst mal damit anfangen würde. So weit, dass er sein Verhalten nicht mehr vor sich selbst rechtfertigen könnte.

Wie bringst du Männern deine Neigungen nahe, wenn du sie kennenlernst?

Es kommt ganz drauf an. Aber ich sage meist schon frei heraus, dass ich eher devot bin. Dass ich es total gern mag, wenn er mit mir mehr oder weniger das macht, was er will. Wenn ich mich benutzt fühle, wenn ich mich unterdrückt fühle, wenn ich mich einfach richtig genommen fühle. Das sage ich meistens für die Anfänger. Die anderen Details erzähle ich erst, wenn sie weiter nachfragen. Aber nicht zu viel, denn ich möchte ja niemanden einschüchtern. Ich will dem Mann auch kein Drehbuch liefern, denn letztendlich soll er ja mit mir machen, was er will. Eigentlich ist das ja auch nicht so schwer zu kapieren, und, wie ich meine, auch nicht schwer umzusetzen. Ich denke eben immer, dass alle Männer tief im Innern diese dominante Lust hegen, die mein archaisches Männerbild ausmacht. In der Hoffnung, diese Seite beim Mann anzusprechen und freizulegen, erzähle ich wohl auch immer von meiner Lust und meinen Neigungen.

Sind deine Beziehungen daran gescheitert, dass die Männer nicht dominant genug waren?

Das kann ich nicht sagen. Und ehrlich gesagt ist genau diese Frage für mich gerade essenziell. Vielleicht sind die Beziehungen daran gescheitert, dass die Männer nicht nur im Bett zu wenig dominant waren, sondern auch im Alltag. Ich weiß nicht, ob sie letztendlich zu schwach waren. Einige haben mir ganz klar gesagt, dass sie sich mir unterlegen gefühlt haben. So etwas zu hören ist für eine Devote natürlich völlig abtörnend. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich zum Beispiel an einen Abend, an dem ich mich auf einer Sklavenversteigerung in einem Club habe anbieten lassen. Ein schöner Abend. Zuerst hat mich ein Pärchen ersteigert, ein typisch verirrtes Pärchen ohne BDSM-Erfahrung, aber mit Lust auf Neues. Nett waren die ja schon, aber sie wussten überhaupt nicht, was sie mit mir anstellen sollten. Glücklicherweise haben sie sich dann dazu entschlossen, mich an einen anderen Mann weiterzugeben. Der hat mir gefallen: Er war groß, attraktiv und sehr dominant. Wir sind dann zusammen nach Hause gegangen. Am nächsten Morgen hat er mir gleich nach dem Aufwachen erst mal zehn Ohrfeigen gegeben. Das fand ich super. Ich liebe Ohrfeigen, sie sind sexy. Die große Ernüchterung kam, als wir abends zusammen essen gingen. Er sagte mir, dass er sich mir in vielerlei Hinsicht überhaupt nicht gewachsen fühle. Dann war es natürlich vorbei. Ich fand ihn einfach nicht mehr anziehend. Vor allem hat es mich aber auch unheimlich schockiert, weil ich es überhaupt nicht so empfunden habe. Allerdings ist das öfter so und später merke ich, dass doch eine Diskrepanz zwischen uns war. Ich brauche einen Mann, der grundsätzlich ein sehr ausgeprägtes Selbstbewusstsein hat und dem es deshalb egal ist, ob ich attraktiver oder offener bin als er oder nicht.

Wie sieht denn der Mann aus, der dir gewachsen ist?

Er soll mir intellektuell ebenbürtig sein, wenn nicht gar überlegen. Wichtiger ist aber noch, dass er klar weiß, was er will. Und ich muss ihn bewundern können für das, was er macht. Männer, die keine beruflichen Ziele verfolgen, langweilen mich. Ich denke, der Mann für eine lange Beziehung sollte auch nicht so verwurzelt sein, weil ich jemand bin, der gern ab und zu den Ort oder gar das Land wechselt. Passivität oder Faulheit kann ich überhaupt nicht leiden! Er sollte frei und unabhängig sein, aber auch kinderlieb und familienorientiert. So einen Mann zu finden ist nicht einfach.

Hast du schon mal ernsthaft versucht, einen Mann über das Internet kennenzulernen?

Ja, aber damit habe ich auch keine besonders positiven Erfahrungen gemacht. Einmal hatte ich Kontakt zu einem Typen, der etwas weiter weg wohnte, den ich aber unbedingt kennenlernen wollte. Wir haben uns dann auf halber Strecke getroffen. Ich bin zu ihm ins Auto gestiegen und wir sind erst mal essen gegangen. Dann hat er mich gefragt, ob ich mit zu ihm kommen wolle, und ich habe Ja gesagt. Wir sind gefahren und gefahren. Die Dörfer wurden immer kleiner und die Abstände dazwischen immer größer. Und irgendwann fuhren wir in einen Wald! In dem Moment hatte ich so große Angst, dass es mich überhaupt nicht mehr gekickt hat. Ich bin zwar nicht panisch geworden, aber ich schwankte gedanklich immer zwischen »ach, ich vertrau jetzt einfach darauf, dass der nicht irre ist« und »vielleicht war’s das und wenn ich dabei draufgehe, ist es wenigstens kein langweiliger Tod«. Ich hatte schon richtig Angst, mich mit dem Typen vertan zu haben. Und dann sind wir an seinem Hexenhäuschen mitten im Wald angekommen. Dass er mir vorher nicht gesagt hatte, dass er so weit außerhalb wohnte, war bestimmt ein bewusst eingesetztes Mittel seinerseits. Ich glaube, er hat mich während der Fahrt beobachtet und wollte mit meiner Angst spielen. Aber ab dem Moment unserer Ankunft war er total nett, zeigte mir das ganze Haus und meinen Schlafplatz, spielte mir etwas auf dem Klavier vor, und meine Angst ebbte ab. Wir haben uns dann aufs Sofa gesetzt und uns unterhalten. Generell hat er mir aber aufgrund meiner relativen BDSM-Unerfahrenheit und meiner selbstbewussten Offenheit nicht sehr viel zugetraut. Zum Beispiel wollte ich gern gefesselt einschlafen. Aber er meinte, dass das nicht das Richtige für mich sei, wenn ich es nicht gewohnt sei. Ich habe mich bemüht, ihm klarzumachen, dass ich das aber jetzt bräuchte. Schließlich hat er mich doch gefesselt und war ganz überrascht, dass ich sofort eingeschlafen bin. Immer wenn ich etwas Devotes gemacht habe, das er mir aufgetragen hatte, sagte er: »Ah, du hast also doch Potenzial.« Ich denke, ich war ihm zu selbstbewusst und geistig zu dominant. Dass eine im Alltag so starke Frau auch richtig devot sein kann, war für ihn nicht vorstellbar. Er hat mir immer erzählt, was seine Partnerin alles machen müsse. Dass mich das teilweise sehr angemacht hat, hat er gar nicht registriert. Einiges davon hätte ich wirklich gern durchgespielt.

Warst du enttäuscht?

Ja, irgendwie scheine ich immer zu stark für die Männer zu sein, die ich treffe. Ich habe in einem Internetprofil auch mal sehr detailliert beschrieben, wie ich meine Fantasien gern ausleben würde und wie devot und serviceorientiert ich bin. Daraufhin habe ich mehrere Antworten von Leuten bekommen, die davon ausgingen, dass ich ein Mann sei. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass eine Frau so offen ist und genau auf so etwas Lust hat. Aber leider hat keiner so darauf geantwortet, wie ich es mir erhofft hatte. Deswegen ist diese Fantasie auch noch unausgelebt.

Wie sieht deine Fantasie denn aus?

Ich möchte jemandem komplett dienen. Ich möchte alles machen, was man im Haushalt machen muss. Gleichzeitig Zimmermädchen, Haushälterin, Bedienung und Hure sein. Das alles möchte ich sein. Diese Kombination aus Urfrau und Sklavin. Und dabei möchte ich auch mal schlecht behandelt werden. Aber die sexuelle Komponente darf dabei nicht vernachlässigt werden: Ich brauche viel Sex.

Hast du noch andere unausgelebte Fantasien?

Ich hatte schon immer die Fantasie, mich mal zu prostituieren. Ganz schick, bei einer großen Escortagentur. Deshalb habe ich mich auch immer wieder bei Escortagenturen vorgestellt. Ich habe auch Angebote bekommen, die ich dann aber immer abgelehnt habe. Und nach jeder Absage wollte ich mit der Agentur auch nichts mehr zu tun haben, weil ich merkte, dass ich gar nicht bereit war dafür. Es gab teilweise sehr seltsame Angebote, zum Beispiel von Männern, die mich dressieren wollten. Sie wollten, dass ich ihre Sklavin bin, und boten mir an, auf ihre Kosten fertig zu studieren und zu promovieren. Dafür sollte ich bei ihnen wohnen und komplett ihnen gehören. Eine andere Agentur bot mir an, mit einem Typen für eine Woche nach New York zu fliegen. Das war nicht unbedingt das, was ich mir als Einstiegsjob vorgestellt hatte.

Es ist also noch nicht dazu gekommen?

Doch, denn ich kam in Kontakt mit einer mir sehr sympathischen Agentur, die mir absolute Anonymität garantierte – für mich ein essenzieller Punkt. Nach einiger Zeit riefen sie mich an und sagten, sie hätten einen Kunden für mich. Er sei ein sehr netter, gepflegter, attraktiver, gebildeter, reicher Stammkunde aus Zürich, der zuvor über lange Zeit hinweg monatlich immer das gleiche Mädchen gebucht hatte, das die Agentur inzwischen aber verlassen hätte. Unser erstes Treffen sollte in Genf stattfinden. Zu der Zeit las ich ganz begeistert »Elf Minuten« von Paolo Coelho, das ja auch in Genf spielt. Ich sah das als Wink des Schicksals und bin in die Schweiz geflogen, um ihn zu treffen. Ich war den ganzen Tag so geil, weil ich dachte: Wow, da will mich einer für so viel Geld. Ich war total aufgeregt, geil und bereit – aber er wollte einfach nur reden. Sexuell war das für mich natürlich eine Enttäuschung. Dafür haben wir uns aber in dieser Nacht abseits des Bettes näher kennen- und schätzen gelernt. Er hätte mich auch weiterhin einmal im Monat getroffen und dafür bezahlt, aber das konnte ich dann moralisch nicht mit meinen Vorstellungen vereinbaren, vor allem da es keinen sexuellen Hintergrund hatte. Die Geilheit war weg, und einfach nur Geld für meine Anwesenheit zu nehmen fand ich komisch. Mittlerweile sind wir aber gute Freunde, was ich sehr schön finde. Leider ist er in sexueller Hinsicht auch eher devot.

Und nach diesem ersten Versuch hast du das nicht mehr weiterverfolgt?

Nein, denn ich bin dann für mein Studium wieder nach London gegangen und wollte mich auch dort ein wenig in der Szene umsehen. Ich bin oft in einen Club gegangen, in dem ich mich sehr wohlfühlte und auch schnell Leute kennenlernte, darunter auch ein Pärchen, mit dem es sehr nett war. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Frau eifersüchtig wurde. Es gab dort auch einen ziemlich ekligen, dicken Stammkunden. Der war wirklich total unattraktiv. Aber als er eines Abends zu mir kam und sagte: »Mach mal die Beine breit«, hat mich das irgendwie total angemacht. Ich glaube, ich fand es besonders geil, weil er mit seiner Art aufzutreten schon implizierte, dass ich es machen würde. Das Erniedrigende daran fand ich geil, und dass ich das Gefühl hatte, er könnte meine Gedanken lesen. Darauf stehe ich total: das Gefühl, dass ich noch ich bin, aber er mich trotzdem im Griff hat. Und dieser fette, eklige Mann ist noch immer eine Fantasie von mir.

Ich bin auch einige Male mit ihm essen gegangen, wobei ich mich dabei immer selbst gefragt habe, was ich da eigentlich mache. Wenn er mir seine Hand auf den Oberschenkel gelegt hat, war ich davon so angeekelt – aber danach habe ich es mir in Gedanken daran selbst gemacht. Wir sind auch mal Fetischkleider für mich einkaufen gegangen. Einerseits war es mir total unangenehm, mit ihm im Laden gesehen zu werden, aber andererseits hat mich gerade das angetörnt.

Die Prostitutionsfantasie habe ich auch noch immer. Aber seitdem ich ein Kind habe, habe ich in der Hinsicht noch mehr moralische Bedenken. Manchmal sollten Fantasien auch einfach Fantasien bleiben. Und wenn ich irgendwann mal in einer Beziehung lebe, in der ich in meiner ganzen Devotheit gesehen und geliebt werde, dann gibt es wahrscheinlich auch nichts mehr, was mich so drängt. Der richtige Mann, der mir dann endlich das gibt, was mir fehlt, wäre dann wohl ein echter Erlöser für mich.

»Devot bedeutet für mich: Du sagst etwas und ich folge«

Nina, 46, Unternehmerin, und Alexander, 39, Controller

Alexander hatte sich mit dem Hinweis, seine Beziehung sei etwas kompliziert, bei uns gemeldet. Auf der einen Seite lebt er noch mit seiner Ehefrau und den Kindern zusammen. Und auf der anderen Seite führt er schon seit Jahren eine Beziehung mit Nina, mit der ihn die Lust an BDSM zusammengeführt hat. Nina ihrerseits hat noch eine sehr enge Beziehung zu ihrem Exfreund, mit dem zusammen sie ein kleines Unternehmen führt. Es ist nicht ganz unkompliziert. Sie haben nicht oft Zeit füreinander, aber sie möchten uns gern für unser Buch von ihrer Beziehung und ihrer Art, BDSM zu leben, erzählen.

Wann habt ihr eure ersten Erfahrungen mit SM gemacht?

Nina: Bei mir muss es etwa 1999 gewesen sein, als ich bei einem Bekannten in Hamburg war. Er war schon in der Szene unterwegs und hat uns damals mit zu einer Privatparty genommen. Die Fantasie war bei mir vorher schon da gewesen, aber die ersten Erfahrungen habe ich dort gemacht. Das war mit einem Mann, der mich gefragt hat, ob mir gefällt, was ich sehe, und ob ich das auch mal haben möchte – er hat es mir förmlich angesehen. Es war ein sehr intensives Erlebnis, das mich nicht mehr losgelassen hat. Ich habe danach ganz offen mit meinem Partner darüber gesprochen, aber er konnte damit nicht viel anfangen, es war einfach nicht seins. Mir zuliebe hat er es auch mal versucht, aber das war nicht wirklich schön, da steckte keine Leidenschaft dahinter. Mein Bedürfnis hat er zwar schon ernst genommen und auch als Leidenschaft gesehen, nur konnte er es eben nicht bedienen. Er hat dann auch ganz offen gesagt, dass er eben nichts damit anfangen kann und dass ihm das nichts gibt. Die ganze Sache hat dann wieder eine ganze Weile geruht, bis ich, wahrscheinlich an einem einsamen Abend, gedacht habe: So, jetzt musst du mal was tun. Beim Surfen im Internet bin ich dann durch Zufall auf die Internetseite »Lustschmerz« gekommen und habe mich dort angemeldet.

Wie viel Zeit lag zwischen dieser Party und der Registrierung auf der Webseite?

Nina: Das hat einige Zeit gedauert, sieben Jahre, glaube ich. Mein Freund und ich sind zwar viel auf Partys gegangen, auch in den KitCatClub oder in Swingerclubs, aber SM war auch schon immer bei mir im Kopf. Ich habe es nur nicht ausgelebt. Und als ich endlich mein Profil im Internet freigeschaltet habe, da hat Alexander mich gleich am ersten Abend aufgegabelt.

Alexander: Ja, ich hab sie aufgegabelt, ich hab schon gelauert. (Er lacht)

Nina: Ich hatte kurz zuvor eine sehr intensive Beziehung mit einem jüngeren Mann, die dann auch in die SM-Schiene ging. Wir hatten uns im Chat kennengelernt und uns sehr bald getroffen. Im ersten Moment dachte ich: Das könnte mein Sohn sein. Ich bin dann erst mal in Urlaub gefahren, aber er ließ nicht locker, und ja, dann ging es relativ schnell. Wir haben uns zwei, drei Monate sehr intensiv getroffen, jede Woche mindestens einmal. In Sachen SM war er ein totaler Anfänger. Ich hatte zwar auch keine Erfahrung, aber bei mir war alles schon im Kopf. Ich wollte das unbedingt, und so habe ich ihn quasi angelernt.

Aber die ganze Zeit hattest du noch den anderen Partner?

Nina: Ja, seit 17 Jahren kenne ich meinen Lebenspartner. Seit er vor acht Jahren ausgezogen ist, geht es bei uns rauf und runter und wir führen so eine On-off-Beziehung, was nicht ganz einfach ist. Aber Sex haben wir gar nicht mehr.

Ihr wohnt nicht zusammen, ihr habt keinen Sex miteinander – warum nennst ihn dann noch deinen Lebenspartner?

Nina: Wir arbeiten zusammen. Wir haben eine gemeinsame Firma, die eben mit uns beiden steht und fällt. Das ist nicht ganz einfach, denn da hängen ja auch Mitarbeiter dran. Wir fahren auch noch zusammen in Urlaub. Ob das in Zukunft weiterhin so ist, weiß ich noch nicht. Man kann es kaum in Worte fassen, was es eigentlich noch ist. Wir können nicht miteinander, aber wir können auch nicht ohne einander.

Alexander: Es ist eine Verbindung zwischen euch da, das merkt man auch als Dritter.

Nina: Wir haben auch viele gemeinsame Freunde, die von uns erwarten, dass wir gemeinsam zu ihnen kommen, zu sozialen Anlässen wie Feiern etwa. In so einem Fall muss ich dann mein Treffen mit Alexander absagen.

Alexander: Dasselbe gilt, wenn meine Kinder krank sind, dann sage ich auch ab. Das gehört eben dazu, das ist der Deal. Oder der »Preis«, wie wir sagen.

Wie war es bei dir, Alexander, wie bist du zum SM gekommen?

Alexander: Das liegt schon sehr lange zurück. In allen meinen Beziehungen war SM ein Element, auch schon in den ganz frühen. Das erste Mal, dass ich eine Regung bei einer SM-Handlung verspürt habe, war, als ich Playmobilfiguren gefesselt habe – dabei war ich richtig erregt. Das war vor 1979, ich war also jünger als neun. Und meine erste richtige Freundin habe ich mal mit einem Bademantelgürtel gefesselt, da muss ich etwa 16 gewesen sein. Das zieht sich seitdem als festes Element durch alle Beziehungen. Es ist mal ausgeprägter und mal weniger ausgeprägt, aber es ist immer präsent. Manchmal waren es richtige Spielbeziehungen, mit allem Drum und Dran. Aber manchmal war es einfach auch nur so, dass es zum Sex dazugehörte, SM-Handlungen zu erleben, ohne sie zu inszenieren. Ich hatte eigentlich noch nie eine reine Kuschelbeziehung. Auch meine Ehe war zu Anfang zumindest eine SM-Beziehung. Mit Haken an der Decke und allem, was dazugehört. Aber die SM-Komponente ist irgendwann immer kleiner geworden, und seit die beiden Kinder da sind, ist sie gar nicht mehr existent. Das hat sich in mehreren Stufen vollzogen: Zuerst hatten wir noch ab und zu Sex, daraus ist irgendwann unsere erste Tochter entstanden. Dann kam eine lange Phase ohne Sex. Und dann hatten wir verabredeten Sex, zum Kinderkriegen. Jetzt haben wir gar keine gemeinsame Sexualität mehr. Wir haben getrennte Betten, was bedeutet, dass ich seit drei Jahren, seit meine erste Tochter auf der Welt ist, auf einer Campingmatte im Flur schlafe, denn in unserer kleinen Wohnung gibt es keine zwei Schlafzimmer.

Und trotzdem habt ihr noch ein zweites Kind bekommen?

Alexander: Unsere zweite Tochter ist eine Woche, bevor ich Nina kennengelernt habe, entstanden. Das war so eine Art Übersprunghandlung bei mir. Ich definiere das für mich so: Man lebt in zwei Welten – man hat eine Verantwortung für die Menschen um einen herum, aber man hat auch sich selbst gegenüber eine Verantwortung. Und ich habe gemerkt, dass ich dieser Verantwortung mir selbst gegenüber nicht gerecht werde. Ich habe mir klargemacht, dass es nicht nur das einzige Leben meiner Frau und meiner Kinder ist, sondern es ist auch mein einziges Leben. Das hat mich darin bestärkt, mich aus dem Konzept Familie sexuell zu lösen. Ich habe begriffen, dass mir selbst etwas fehlt. So dringend, dass ich eine Zeit lang jede Nacht Angst vorm Einschlafen hatte. Es hat mir so sehr gefehlt, dass die erste außereheliche Beziehung, eine flüchtige Beziehung mit einer alleinstehenden Frau, für mich so etwas wie ein Befreiungsschlag war. Wir haben uns ein paarmal getroffen, aber sie war auf der Suche nach einem Lebenspartner.

Es wäre für dich aber nicht infrage gekommen, deine Frau zu verlassen?

Alexander: Nein. Ich weiß nicht warum, aber es ist für mich sehr schwer vorstellbar, sie zu verlassen. Wir befinden uns schon in einer komischen Situation. Wenn man das vor Dritten reflektiert, gerät man in Rechtfertigungsnöte; wenn man es aber lebt, dann fühlt es sich natürlich an. Mich verbindet eben immer noch sehr viel mit meiner Frau, man könnte es auch Liebe nennen. Auf der anderen Seite löst Nina auch gewaltige Gefühle in mir aus. Da frage ich mich immer: Kann man nicht polygam leben? Ich bin innerlich zerrissen.

Sprichst du eigentlich mit deiner Frau noch über Sex? Thematisiert ihr eure Sexualität noch in irgendeiner Form?

Alexander: Nein, überhaupt nicht, es ist eher wie in einer WG, wir benennen das auch ab und zu: Wir sind eine WG, eine Interessengemeinschaft. Über Sex reden wir eigentlich gar nicht mehr. Das war ein schleichender Prozess, das kam nicht von heute auf morgen. Ich hab das auch gar nicht so gespürt, es wurde einfach von selbst weniger und weniger und weniger. Und irgendwann war es nicht mehr existent. Wir haben auch nicht darüber geredet, man hatte ja das andere, das Drumherum. Die Partnerschaft war ja da, bloß der Sex war plötzlich weg. Am Anfang habe ich gar nicht wahrgenommen, dass mir etwas fehlt, erst mit der Zeit. Und irgendwann wurde es zum Verlangen. Ich habe angefangen, etwas zu vermissen, und sie nicht. So ist es dann auseinandergegangen.

Wie ist das für dich, Nina? Möchtest du, dass Alexander seine Frau verlässt?

Nina: Nein, für mich war das insofern schon perfekt, dass wir beide in festen Beziehungen leben, die relativ unlösbar sind. Ich in meiner Situation, er in seiner Situation. So können wir einander nicht gefährlich werden. Wenn einer in seiner Ehe ist und der andere allein, dann versucht man irgendwann doch, ihn da herauszulösen, wenn man ihn unbedingt haben möchte. Und das mit allen Mitteln, die man zur Verfügung hat. Das geht meist nicht gut, spätestens wenn der andere den Schritt gemacht hat, ist er unglücklich, denn er wollte es ja nicht wirklich. Zwischen Alexander und mir ist das perfekt, wir haben unsere schönen Stunden miteinander. Wir haben diesen Alltag nicht, der jede Beziehung irgendwie beschwert. Aber je länger man zusammen ist, desto intensiver nimmt man natürlich auch am Leben des anderen teil. Doch es gibt immer noch eine klare Grenze, eine gewisse Distanz zwischen uns, auch örtlich. Wir treffen uns in unserer gemeinsamen kleinen Wohnung, die genau in der Mitte zwischen unseren Wohnungen liegt. Und später geht jeder nach Hause und dann ist es auch gut.

Alexander: Zu Anfang war das wirklich wie eine Befreiung für uns. Wir hatten unser Traumland, unsere abgeschlossene kleine Welt. Die Probleme blieben draußen. Wenn die Tür zufiel, waren wir auf unserer Insel. Und das ist nach wie vor so. Wenn ich bei Nina bin, schalte ich alles erst einmal ab. Und erst wenn wir uns dann ausgespielt haben, uns gegenseitig ausgepowert haben, kommt der Alltag so ein bisschen wieder.

Eure gemeinsame Wohnung ist also für euch eine Art Insel, ein Ort, um vom Alltag losgelöst zu sein? Eigentlich könntet ihr ja auch zu Nina gehen.

Nina: Als wir uns kennengelernt haben, lebte mein Sohn noch bei mir und damit war meine Wohnung tabu. Inzwischen ist er zwar ausgezogen, ich hätte aber trotzdem immer noch ein unbehagliches Gefühl dabei. Alexander hat seine Familie, ich habe hier mein Leben, und die Wohnung ist unser gemeinsames Ding, die ist neutrales Terrain für uns beide, da dringt niemand in das Leben des anderen ein. Wenn in den normalen Alltag, den man in seiner Wohnung lebt, plötzlich jemand eindringt – und so wäre es, wenn Alexander zu mir käme –, fühlen wir uns beide nicht wohl. Weil es nicht seins ist.

Alexander: Es ist ein anderes Revier.

Wie oft trefft ihr euch?

Alexander: Das hängt ganz davon ab, wie sehr wir im Job eingespannt sind.

Nina: Wir bemühen uns, dass wir uns einmal die Woche treffen. Manchmal klappt es nicht so, dann liegen schon mal zwei oder drei Wochen dazwischen. Das hängt auch davon ab, was der andere gerade mit seinem Partner macht: Urlaub, Kinder, was eben so passiert.

Wie lebt ihr SM denn aus? Ist das für euch etwas rein Sexuelles oder möchtet ihr das Machtgefälle auch im Alltag leben?

Alexander: Das wäre noch mal eine Weiterentwicklung, die ich interessant finde …

Nina: Das muss man sehen. Jetzt treffen wir uns einmal die Woche, und da ist natürlich noch dieser Reiz da. Man lebt eine Woche enthaltsam, und dann freut man sich aufeinander. Ob ich das tagtäglich in dieser Intensität auch wirklich haben möchte, weiß ich nicht. Es ist ja auch körperlich anstrengend. Und überhaupt – devot. Devot bedeutet für mich: Du sagst etwas, und ich folge. Das kann ich mir im Alltag nicht wirklich vorstellen, dazu bin ich viel zu vorlaut. Und im richtigen Leben auch viel zu dominant. Der rein sexuelle Aspekt steht für mich wirklich im Vordergrund. Ich habe im Leben eine große Verantwortung, muss viele Entscheidungen treffen, muss Leuten sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. Mit Alexander kann ich mich eben wirklich fallen lassen. Obwohl es sich im Laufe der Zeit auch ein wenig geändert hat zwischen uns. Früher gab es Anweisungen per Telefon oder SMS, bevor wir uns getroffen haben. Inzwischen bin ich da ein wenig aufmüpfig geworden.

Alexander: Ja, das schleift sich so langsam ein. Der Sex ändert sich auch qualitativ. Damit meine ich nicht, dass er schlechter oder besser wird, er verändert sich einfach. Dieses sehr intensive Spiel, das schon Tage vor unserem Treffen beginnt, ist jetzt durch den Stress, den wir beide beruflich haben, etwas in den Hintergrund getreten.

Nina: Wir bereiten die Treffen nicht mehr drei Tage lang vor, sondern es läuft eher nach dem Motto: Okay, Schatz, morgen, alles klar, wann bist du da? Früher, wenn ich auch nur eine Minute zu spät im Hotel erschienen bin, dann war so richtig die Hölle los – jetzt sind wir eben irgendwann da.

Ihr habt euch vorher also im Hotel getroffen, was war da anders?

Alexander: Das war ein ganz schöner Aufwand. Ich hatte immer eine Footballtasche mit Spreizstangen, Peitschen etc. dabei, eben mit allem, was man so braucht. Und da ich kein Auto fahre, musste ich die irgendwie anders zum Hotel bringen. Ich habe meistens am Nachmittag den Check-in gemacht und bin dann noch mal ins Büro gegangen. Am Abend war dann das Zimmer schon bereit, der Sekt runtergekühlt und so weiter. Anfangs hatte das zusätzlich noch solche Kicks wie: Du trägt diese Schuhe und diesen Mantel und mehr nicht. Durch den Spion in der Zimmertür habe ich dann geprüft, ob es tatsächlich genau diese Schuhe und dieser Mantel waren. So was kann man im Hotel natürlich machen; wenn die Tür nebenan aufgeht, sieht man diese Leute nie wieder. Seitdem wir unsere Wohnung haben, hat das eine andere Qualität, denn da sind wir in dieser sozialen Gemeinschaft Haus mit drin und müssen ein bisschen Rücksicht auf die Nachbarn nehmen. Wir sind aber auch nicht besonders laut, und ich scheuche Nina auch nicht mehr nackt durchs Haus oder lasse sie noch im Fahrstuhl oder im Treppenhaus den Slip ausziehen. Im Hotel haben wir so etwas manchmal getan. Vielleicht sollten wir mal wieder ins Hotel gehen …

Nina: Ich kam immer direkt aus dem Büro und musste mir irgendwas einfallen lassen, wie ich es hinkriege, im Hotel so aufzutauchen, wie Alexander es mir befohlen hatte. Der Flur bis zum Hotelzimmer war relativ lang, und da oder schon unten in der Tiefgarage habe ich mich schließlich noch so zurechtgemacht, wie er das mochte.

Alexander: Für alle Fälle hatte ich eine ganze Latte von Drohungen parat, aber sie hat es immer geschafft. Seit wir unsere Wohnung gemietet haben, ist diese Spielerei eingeschlafen, und ein bisschen vermissen wir sie schon.

Nina: Die Sache ist nach und nach verloren gegangen. Ich habe irgendwann gesagt: »Ich will das, ich brauche gewisse Anweisungen.« Dieses dominante Verhalten, das du früher an den Tag gelegt hast, hast du mit Rücksicht auf mich zurückgenommen und ich habe irgendwann gemerkt, dass mir doch etwas gefehlt hat und ich mir gedacht habe: Gib mir endlich mal wieder eine Anweisung, damit ich weiß, wo es langgeht. Die Zeit, der berufliche und der familiäre Stress, das hat alles seine Spuren hinterlassen, Dinge haben sich abgeschliffen. Wir haben dann für uns beide gemerkt, dass wir wieder etwas mehr Kick brauchen.

Nina, du hast erzählt, dass SM bei dir jahrelang nur im Kopf stattgefunden hat. Lebst du denn jetzt alles aus oder hast du nach wie vor viele unerfüllte Fantasien?

Nina: Im Laufe der drei Jahre, die ich jetzt mit Alexander zusammen bin, ist eine gewisse Ruhe eingekehrt. Das erste Jahr war schon sehr intensiv. Zu Anfang waren die Spannung, die Erwartung sehr groß. Er musste sich immer etwas Neues einfallen lassen, um den Spannungsbogen zu halten. Und für mich war es immer wieder was Neues, eine Erweiterung meiner eigenen Grenzen. Wir haben ganz sanft angefangen, wurden dann aber immer intensiver und immer härter. Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem es für uns keine Steigerung mehr gab. Durch die Wohnung hat sich eine gewisse Routine eingestellt und wir sind auf dem erreichten Level geblieben. Ein sehr intensives Level, immer mal mit anderen Varianten, aber es gab irgendwann keine Steigerung mehr. Man wird vernünftig und denkt, dass noch extremer eigentlich gar nicht geht. Man stößt ja auch an körperliche Grenzen. Ich habe gemerkt, dass es reicht, dass es gut so ist, wie es jetzt ist. Und bestimmte Schwellen werde ich einfach nicht überschreiten.

Was genau sucht ihr? Ist es Schmerz, ist es Unterwerfung, was ist es?