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Was hat sie sich nur dabei gedacht? Ja, er hatte ihr das Herz gebrochen und sie hatte das Gefühl, ihr ganzes Leben wäre vorbei, aber sie hätte sich nicht gleich für ein Auslandssemester bewerben müssen. Noch dazu in einem Land, dessen Sprache sie gar nicht beherrschte. Sie hätte auch nach England gehen könne, wo sie wenigstens in der Lage gewesen wäre ein normales Gespräch zu führen. Nun saß sie allein im Flieger Richtung Kanaren, um dort ein ganzes Semester zu studieren. Ein Kurs an der Volkshochschule sollte ihr das erste Wissen in spanischer Sprache vermitteln, aber sie hatte nicht das Gefühl, dass es wirklich etwas gebracht hatte. Außerdem hatte sie keine Ahnung von Fachwörtern, wie sollte sie da studieren können?
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Seitenzahl: 168
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Obwohl von realen Handlungen und Personen inspiriert, sind alle Personen und Handlungen sind frei erfunden.
Ich danke allen, die mich zu diesem Buch inspiriert und beim Schreiben unterstützt haben, aber natürlich auch jenen, die nun in das Abenteuer eintauchen wollen.
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Epilog
Was hat sie sich nur dabei gedacht? Ja, er hatte ihr das Herz gebrochen und sie hatte das Gefühl, ihr ganzes Leben wäre vorbei, aber sie hätte sich nicht gleich für ein Auslandssemester bewerben müssen. Noch dazu in einem Land, dessen Sprache sie gar nicht beherrschte. Sie hätte auch nach England gehen könne, wo sie wenigstens in der Lage gewesen wäre ein normales Gespräch zu führen. Nun saß sie allein im Flieger Richtung Kanaren, um dort ein ganzes Semester zu studieren. Ein Kurs an der Volkshochschule sollte ihr das erste Wissen in spanischer Sprache vermitteln, aber sie hatte nicht das Gefühl, dass es wirklich etwas gebracht hatte. Außerdem hatte sie keine Ahnung von Fachwörtern, wie sollte sie da studieren können?
Der erste Impuls war einfach wegzulaufen als er ihr das Herz gebrochen hatte, doch nun, da sie im Flieger saß wusste sie, dass es keine Lösung war, denn ihr Herz würde nicht heilen, nur, weil sie sich auf einem anderen Kontinent als er aufhalten würde. Sie fühlte sich allein, obwohl der Flieger voll besetzt war. Noch immer verstand sie nicht, was schiefgelaufen war. Während sie dachte, dass ihr Leben perfekt war und alles gut lief, sah er es ganz anders.
Sie hielt sich selbst nicht für perfekt, aber ihr Leben war es gewesen. Dachte sie zumindest. Sie hielt sich nicht für besonders hübsch, doch deswegen hatte er sich nicht von ihr getrennt. Sie war 1,65 m groß, blond und hatte blaue Augen. Die Idealmaße, von dem angeblich jeder Mann träumte hatte sie nicht. Aus Spaß hatte sie einmal mit einer Freundin nachgemessen. Während ihre Freundin bei allen Maßen unter den Werten lag, lag sie bei Hüfte und Brüsten darüber und ihre Taille war zu schmal. Da sich die Maße durch Diäten und Sport nicht änderten, ließ sie es bleiben und nahm es als gegeben hin.
Nein, er hatte sie ohnehin nicht wegen ihres Aussehens verlassen, sondern weil sie ihm zu schlau war. Sie war wie vom Donner gerührt, als er ihr eröffnete, dass er mit ihr nicht mehr zusammen sein wollte, weil sie studierte und er nicht mehr wie mit einem normalen Menschen reden könne. Er hätte eine andere Frau kennengelernt, die wisse, wie das Leben funktioniere. Sie lebe schon seit zwei Jahren vom Amt und er hätte seinen Job im Supermarkt jetzt auch gekündigt und ziehe nach seinem Anspruch auf Arbeitslosengeld bei ihr ein.
Sie war einfach sprachlos gewesen und war es auch noch bei der Erinnerung daran. Nach seinen Worten war er einfach gegangen. Sie hatten nicht zusammengewohnt und er hatte seine Sachen einfach in ihrer Wohnung gelassen. Er hatte sie einfach so zurückgelassen. Es hatte gedauert, bis ihr Hirn die Informationen verarbeitet hatte, die er ihr vorgeworfen hatte wie ein Zoowärter einem Löwen ein Stück Fleisch.
Wie in Trance war sie aufgestanden und dem Rat ihres Professors vom Vortag gefolgt und sich für ein Semester auf den Kanaren angemeldet. Sie hatte sich spontan entschieden, weil das nächste Semester ein Wintersemester war und sich eine warme Gegend daher anbot. Hätte sie auch nur einen Moment logisch gedacht, hätte sie sich sicher nicht so entschieden, doch wie hätte sie das erklären sollen? Es gab kein Zurück mehr.
Es dauerte weitere drei Tage bis sie wirklich verstanden hatte, was seine Worte bedeuten und sie verbrachte zwei Wochen weinend im Bett und nun saß sie, Marie, deren Leben sonst einen Plan hatte, hier im Flieger in ein neues Leben zumindest in ein neues Leben auf Zeit und ohne Plan.
Zwei Monate lebt sie nun schon hier im Paradies, wie es ihre Familie beschreibt. Hin und wieder mag es so sein, doch, wenn man hier lebt, erkennt man auch die Schattenseiten der schönen Sonneninsel. Die erste Kakerlake war so lang wie ihr Zeigefinger und sie wäre am liebsten aus dem Zimmer gelaufen, doch sie saß gerade auf der Toilette und die Kakerlake saß im Türrahmen und versperrte somit den einzigen Ausgang. Immerhin, so versuchte sie es selbst mit Humor zu nehmen, konnte sie sich vor Angst nicht in die Hose machen, denn die war ja heruntergelassen, da sie gerade auf der Toilette saß.
Als die Kakerlake sie anscheinend genügend beobachtet hatte und ihren Weg durch die Decke auf das Dach fortgesetzt hatte, konnte sie das Bad verlassen und das Internet zu Kakerlaken befragen. Hätte sie diesen Fehler mal lieber nicht gemacht. Eigentlich hatte sie es nur getan, weil sie von einem ihrer italienischen Kommilitonen gehört hatte, dass man auf keinen Fall auf eine Kakerlake treten dürfe. Sie war sich nicht sicher, ob ihr spanisch einfach noch zu schlecht war oder er sich einfach irrte. Warum sollte man auf so ein Tier nicht darauf treten dürfen, um es zu töten? Er konnte keine Erklärung liefern und so sah sie es schlicht als falsch an, doch das Internet lieferte nicht nur die Antwort auf die Frage, sondern noch mehr Informationen.
Kakerlaken tragen ihr Eierpaket auf dem Rücken und wenn man auf die Kakerlake tritt, bleibt es am Schuh kleben. Wenn man dann weiter seiner Wege geht, verteilt man die Eier weiter. Die Eier gehen aber nicht kaputt, so dass die neuen Kakerlaken überall verteilt werden. Schlimmer jedoch waren die Informationen, dass Kakerlaken ihre vielen Beine so schnell bewegen, dass ein Mensch es im Schlaf nicht spürt, wenn sie über einen laufen und Kakerlaken auch keine Angst davor haben, über einen Menschen zu laufen. Die nächsten Nächte wurden daraufhin keine ruhigen Nächte. Förderlich für einen gesunden Schlaf war auch nicht die Information, dass man eine Kakerlake in der Wohnung erst dann sieht, wenn alle dunklen Ort hinter den Möbeln voll belegt mit Kakerlaken sind.
Nun aber hatte sie sich auch damit abgefunden, auch wenn sie es noch immer schüttelte, wenn eines dieser Tiere sich in ihrer Wohnung blicken ließ. Es war nun einmal wie es ist. Jedes Paradies hat seine Schattenseiten. Ebenso die Lebensmittel, die für die Touristen vom Festland eingeflogen wurden, jedoch nicht für die Einheimischen und somit von ganz anderer Qualität waren. Dies würden viele der Touristen jedoch nie wissen und es würde sie auch nicht interessieren, wohnten sie doch meistens nur im Süden der Insel.
Doch so langsam fügte sie sich ein ins Leben unter den Palmen. Das Studium nahm sie genau so wenig ernst wie ihre Professoren, die sie nunmehr am Strand und nicht mehr an der Uni traf. Für ihren Studiengang konnte sie keine credit points Sammeln und für ihr Programm musste sie lediglich den Sprachkurs besuchen. Nachdem sie die letzten zwei Monate immer umsonst zur Uni mit dem Bus gefahren war, in dem es wegen der geöffneten Fenster unheimlich zog und ihr schon den einen oder anderen Schnupfen beschert hatte, hatte sie es nun satt.
Heute beschließt sie, den ersten Tag zu schwänzen. Ihr Mitbewohner hat Urlaub und geht mit seinem Chef, der nur zwei Jahre älter ist als sie Beide an den Strand und hat gefragt, ob sie mitkommt. Noch nie hat sie auch nur eine Unterrichtsstunde geschwänzt und ein komisches Gefühl in ihrem Bauch macht sich breit, doch sie kämpft dagegen an. Ihr Kopf sagt ihr, dass es richtig ist. Sie ist alt genug, diese Entscheidung zu treffen und wie oft möchte sie noch Geld für den Bus bezahlen, nur um dann an der Uni zu erfahren, dass die Vorlesungen erneut ausfallen, weil der Professor angeblich erkrankt sei, nur um ihn dann am Strand zu treffen?
Nein, sagt sie zu sich selbst, heute ist der erste Tag vom Rest ihres Lebens. Schließlich war sie doch hergekommen um ein neues Leben zu beginnen und das sollte doch nicht nur darin bestehen, dass „er“ nicht mehr in ihrem Leben sein würde, oder?
Zusammen mit Mateo, der trotz seines Namens ebenfalls Deutscher ist, macht sie sich nach einem späten Frühstück auf den kurzen Weg zum Strand. Die Wohnung hatte sie während ihres dreiwöchigen Einführungskurses über Mundpropaganda gefunden. Mateo arbeitet für eine deutsche Firma ein Jahr lang hier, um seinen Lebenslauf aufzupolieren, wie er es nannte. Sein spanisch war auch nach einem dreiviertel Jahr noch nicht vorhanden, doch das schien ihn nicht im Geringsten zu stören.
Die Wohnung bestand aus einem großen Wohnzimmer, einem langen Flur, einem kleinen Bad mit Dusche, einer großzügigen Küche, einem Balkon und vier Zimmern, die jeweils einzeln vermietet wurden. Hinzu kam, dass auch das Dach mit einem kleinen Verschlag verbaut war, welcher vermietet wurde und dessen Mieter Bad und Küche der Wohnung mitbenutzte.
Derzeit besteht die kleine WG aus Mateo, Angela, Miguel, José und ihr selbst. Angela ist gerade erst am Morgen eingezogen und so konnte sie am Abend zuvor in das größere Zimmer neben dem Wohnzimmer einziehen mit dem Fenster zum Innenhof. Sie hat Angela noch nicht getroffen, aber Mateo sagt, sie sei nett. Das Problem ist, dass Mateo das über jeden Menschen sagt.
Miguel ist aus Argentinien und ein bisschen verplant. Er spricht spanisch und ein paar Broken englisch, so dass die meiste Kommunikation über sie läuft und oft zu komischen Missverständnissen zwischen Mateo und Miguel kommt. Aber sie verstehen sich sonst gut. Miguel ist kaum zuhause. Meistens ist er mit Freunden unterwegs, die keiner von ihnen bisher gesehen hat oder surft am Strand, wo er bereits in der ersten Woche drei seiner Zimmerschlüssel und Wohnungsschlüssel verloren hat, so dass er nunmehr beides nicht mehr mitnimmt, sondern immer hofft, dass ihn abends einer der Mitbewohner ins Haus lässt.
José ist der Sohn einer Deutschen und eines Mallorquiners, so dass er zweisprachig aufgewachsen ist. Er liebt es, auf dem Dach zu wohnen, denn er kann er unter freiem Himmel schlafen und die Sterne sehen. Was genau er den Tag über so treibt, hat sie noch nicht herausgefunden, aber noch war sie ja auch mit dem Versuch, ein ernsthaftes Studium zu betreiben, beschäftigt. Das wird sich nun ja ändern und José ist schließlich einer der süßesten jungen Männer, der ihr seid ihrer Ankunft begegnet ist.
Am Strand wartet Karl bereits auf sie und Mateo. Er sieht gut aus in seiner Badeshorts, die locker auf seinen Hüften sitzt. Ihr war bisher gar nicht aufgefallen, dass er so durchtrainiert ist. Wieso war ihr bisher überhaupt nicht aufgefallen, wie gut er aussah. Seine dunkle Sonnenbrille verbirgt seine Augen, doch sie erkennt an seinen Mundwinkeln, dass er versucht ein Lächeln zu unterdrücken, um einen coolen Gesichtsausdruck zu bewahren.
Sie muss sich beherrschen, um nur innerlich den Kopf zu schütteln. Warum müssen Männer vor anderen Männern immer nur so cool sein?
Genau so cool schlagen die Männer ein und nun kann sie ein Kopfschütteln nicht mehr unterdrücken.
Sie folgt den Männern die kleine Rampe hinunter zum Strand, wo sie anscheinend zielsicher ein Plätzchen ansteuern, als wäre es irgendwie markiert. Sie schaut sich um, doch sie kann nichts erkennen, was diesen Ort von allen anderen unterscheidet. Achselzuckend breitet sie ihr Handtuch neben dem der beiden Männer aus.
Während die beiden Männer sorglos die Shirts über die Köpfe ziehen, wird sie nun verlegen. Sie trägt zwar nur knappe Shorts und ein Tank-Top, doch wenn sie das jetzt auszieht, steht sie hier nur im Bikini, der wirklich sehr knapp ist. Vielleicht hätte sie sich doch einen Badeanzug kaufen sollen, überlegt sie. Die Überlegung ist nun zu spät, schimpft sie mit sich selbst.
Karl dreht sich zu ihr um und scheint ihr Zögern zu merken. Er zieht eine Augenbraue unter seiner schwarzen Sonnenbrille so hoch, dass sie über dem Rand der Sonnenbrille hervorragt. Sie tut betont lässig, als würde sie auf das Meer sehen und die Wellen beobachten.
„Wer cremt mich denn jetzt ein?“ fragt sie, bevor sie weiter darüber nachdenken kann. Die Männer werfen sich einen grinsenden Blick zu und stellen sich einander gegenüber. Sie traut ihren Augen kaum, als sie sieht, dass sie nun tatsächlich Stein-Papier, Schwere spielen.
Sie nutzt die Chance, aus ihren Shorts und dem Top zu schlüpfen und sich auf den Bauch zu legen. Sie holt aus ihrer Tasche die Sonnencreme und wartet, bis die Jungs fertig sind. Sie ist sich nicht sicher, wer nun gewonnen hat, aber eingecremt wird sie nun Karl.
Ohne Vorwarnung spritzt er ihr die kalte Sonnencreme auf den Rücken, verreibt sie dann jedoch so schnell mit seinen starken Händen, die sich unglaublich gut auf ihrer Haut anfühlen, dass sie eigentlich nicht möchte, dass es aufhört.
„Vorne auch,“ fragt er mit einem derart süffisanten Unterton, dass sie ihm am Liebsten eine Hand voll Sand in sein Gesicht geschleudert hätte.
„Nein danke, dass schaffe ich schon allein,“ gibt sie nur zurück, ohne den Kopf zu heben. „Aber du brauchst definitiv eine Abkühlung.“
„Da hast du Recht,“ sagt er und drückt sich kurz an sie. Sie ist sich nicht sicher, was das gerade war. Das war doch keine Erektion, oder? Unmöglich, denkt sie. Er hat ihr nur den Rücken eingecremt und sein Angestellter oder Untergebener saß die ganze Zeit daneben. Nein, das war irgendwas Anderes. Er wollte sie nur ärgern. Sie dreht den Kopf um zu sehen, wie die beiden Männer zum Wasser gehen. Neben ihr auf seinem Handtuch liegt seine Sonnenbrille. Er dreht noch einmal den Kopf und zwinkert ihr zu.
Als die beiden Männer weit genug weg sind, setzt sie sich hin und cremt sich zu Ende ein. Sie versucht sich darauf zu konzentrieren und nicht auf Karl. Es war ein Witz. Mateo hatte schon gesagt, dass Karl so ein Typ von Mann ist. Ein Mann, der gerne mit Frauen schäkert und herumalbert, aber nichts für eine Frau ist.
Sie stützt sich auf ihre Arme und lässt sich die Sonne auf den Bauch scheinen, während die Männer im Meer schwimmen. Immer wieder sieht sie, wie sie auftauchen und dann wieder verschwinden. Es ist relativ wenig los am Strand, was ungewöhnlich ist, aber auch angenehm, denn sie hasst es, wenn die Menschen alle dicht an dicht liegen. Wie können Menschen freiwillig an einem Strand Urlaub machen wollen, von dem sie schon vorher wissen, dass sie morgens um sechs aufstehen müssen, damit sie überhaupt noch einen Platz am Strand bekommen, der dann nur so groß ist, wie ihr Handtuch? Nein, das wäre nichts für sie.
Als sie sicher ist, dass die Sonnencreme eingezogen ist und die vorgeschriebene Wartezeit sicher auch schon fast abgelaufen ist, beschließt sie, dass es nun auch Zeit ist, endlich ins Meer zu gehen. Die Sonne glitzert auf den Wellen und sie liebt das Meer so lange sie denken kann. Die Männer sind weit genug draußen, so dass sie sicher langsam hineingehen kann, ohne dass sie gleich hineingeworfen werden würde. Doch diese Rechnung hatte sie ohne die Männer gemacht.
Sobald die beiden sie entdeckt haben, machen sie sich auf den Weg zum Strand. Sie hat gerade mit den Füßen das Wasser erreicht, da packt Karl sie bereits und mit zappelnden Füßen trägt er sie hinaus. Die erste größere Welle kommt und er wirft sie, so gut er kann hinein.
Ihre Protestschreie gehen im Getöse der brechenden Welle mit ihr unter. Sie schluckt Wasser, weil sie entgegen dem Instinkt versucht hat zu protestieren. Sie hätte den Mund schließen und die Luft anhalten sollen. Das Wasser fühlt sich eiskalt an, aber auch erfrischend und herrlich, dennoch schimpft sie wie ein Rohrspatz beim Auftauchen, was Karl sichtlich erfreut.
Er schwimmt auf sie zu und hält er die Hände wie bei einer Räuberleiter hin. Sie steigt hinein und hält sich an seinen Schultern fest. Bei der nächsten Welle zählt er bis drei, bevor er mit ihr in die Luft springt. Sie streckt im richtigen Moment die Beine und er reißt die Arme in die Höhe. Sie fliegt in einem hohen Bogen in die Welle. Es dauert einen Moment, bis sie prustend und lachend wieder auftaucht. Das Spiel wiederholen sie noch einige Male, bis es Mateo langweilig wird.
Lachend und scherzend verlassen sie das Wasser. Sie hat keine Ahnung, wann sie sich das letzte Mal so glücklich und so frei gefühlt hat. Erschöpft fällt sie auf ihr Handtuch. Der Blick auf die Uhr lässt sie sofort wieder hochspringen.
„Ich muss los,“ verwirrt schauen Karl und Mateo sie an. „Spanischkurs,“ antwortet sie. Auch wenn sie beschlossen hat, die Uni sausen zu lassen, wollte sie den Kurs weiterhin belegen. Immerhin wollte sie die Menschen hier verstehen und wenigstens etwas aus dem Auslandssemester lernen.
Sie schlingt sich ihr Handtuch um, wirft ihre Shorts und ihr Top in die Tasche und möchte sich gerade auf den Weg machen, als auch die beiden Männer erklären, gehen zu wollen.
„Aber ihr müsst doch nicht,“ sagt sie und hat schon ein schlechtes Gewissen.
„Wir haben vorhin besprochen, dass wir uns nachher im Muelle treffen,“ sagt Karl. „Und Mateo hat versprochen, du kommst mit.“
„Hat er das?“ fragt sie zurück.
„So sieht es aus,“ sagt Karl, beugt sich vor, umarmt sie und gibt ihr ein Küsschen auf die Wange. „Also bis heute Abend.“
Nach dem Kurs steht sie mit einigen der anderen Studenten an der Bushaltestelle und erwähnt, dass sie heute Abend in die Disco gehen soll.
„Das ist ja eine tolle Idee,“ sagt Minna. Minna ist eine deutsche Studentin, die sie seit dem ersten Tag kennt und mag. Bisher hatte Marie nicht wirklich Zeit mit den andere Studenten viel zu unternehmen und kannte nur die Namen von jenen, die in ihren Kursen waren und mit denen sie dieselben Busse nutzte.
„Ich weiß nicht so recht,“ versucht Marie abzuwiegeln.
„Doch das ist doch super. Ich komme mit,“ stellt Minna fest. „Was ist mit euch?“ fragt Minna in die Runde der Studenten um sie herum.
„Warum nicht,“ erklingt es von den anderen nach und nach. Es klingt nicht wirklich begeistert, sondern eher so nebensächlich, dass Marie nicht das Gefühl hat, dass wirklich jemand Lust dazu hat, heute in die Disco zu gehen.
„Was ist denn morgen mit Vorlesung?“ fragt Marie vorsichtig nach, denn es ist immerhin Mittwoch.
Das Gelächter, dass daraufhin losbricht, zeigt ihr, dass sie augenscheinlich wirklich die einzige Studentin hier zu sein scheint, die mit der ernsthaften Absicht hergeflogen ist, hier zu studieren.
„Also, was ziehst du an?“ fragt Minna als das Gelächter etwas verebbt.
„Keine Ahnung,“ antwortet Marie. „Bis eben wollte ich ja gar nicht mit. Ich denke, ich habe nicht einmal etwas zum Anziehen für einen Besuch einer Disco.“
„Okay, dann halten wir jetzt gleich noch mal eben in der Stadt und kaufen etwas.“
„Wie bitte?“ fragt sie überrascht und wirft einen Blick auf die Uhr.
„Ja oder wir gehen direkt zu Fuß zurück. Die kleinen China-Läden haben ja noch ewig auf, da finden wir sicher noch was Schönes. Na komm,“ sagt Minna und zieht sie auch schon mit. „Bis später,“ sagt Minna und winkt den anderen. Eigentlich würde sie gerne protestieren, aber sie hat wirklich nichts, was man in einer Disco anziehen könnte, denn für so einen Fall hat sie in Deutschland nicht gepackt und ihr fällt jetzt keine Ausrede mehr ein, warum sie heute Abend nicht mitgehen könnte.
Vielleicht könnte sie noch Migräne vorschieben, überlegt sie, verwirft den Gedanken aber, denn sie hatte doch beschlossen, dass sich ihr Leben ändern sollte und wie sollte dies der Fall sein, wenn sie immer wieder vor allem zurückschreckt?