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Wo warf Goethe sein Taschenmesser in die Lahn? Und wo steht das hessische Neuschwanstein? Kannten Sie die Wiege der modernen Fotografie? Ahnten Sie, wo das Backpulver erfunden wurde? Andrea Reidt nimmt Sie mit auf eine Entdeckungsreise durch das Lahntal von der sickernden Quelle bis zur Mündung in den Rhein, zeigt ihre Lieblingsplätze in lauschiger Landschaft, quirligen Städten, erzählt von Tüftlern und Fantasten. Kommen Sie mit nach Bad Laasphe, Biedenkopf, Marburg, Gießen, Wetzlar, Weilburg, Limburg, Diez, Nassau, Bad Ems und Lahnstein.
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Seitenzahl: 127
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Lieblingsplätze Lahntal
Andrea Reidt
In memoriam
Hermann Reidt (1916–1993)
und Ursula Reidt, geborene Stönner (1934–2019)
Autor und Verlag haben alle Informationen geprüft. Gleichwohl wissen wir, dass sich Gegebenheiten im Verlauf der Zeit ändern, daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Sollten Sie Feedback haben, bitte schreiben Sie uns! Über Ihre Rückmeldung zum Buch freuen sich Autor und Verlag: [email protected]
Sofern nicht im Folgenden gelistet, stammen alle Bilder von Andrea Reidt:
Bildarchiv Foto Marburg/VG Bild-Kunst, Bonn 2020 10; Katharina Zürcher Schartenhof Eckelshausen 24; Bildarchiv Foto Marburg/mit freundl. Genehm. von Brigitte Ubbelohde-Doering und der Otto-Ubbelohde-Stiftung 30; Minox 90; Leica Camera AG 100; Walter Klein, Düsseldorf/Städtische Sammlungen Wetzlar 106; Museum Nassau-Oranien/Museums- und Geschichtsverein für Diez und Umgebung e. V. 158; A. Gössel/Corpus Vitrearum Deutschland/LWL-Museum für Kunst und Kultur (Westfälisches Landesmuseum) Münster 172; Andrea Reidt/mit freundl. Genehm. der Staatsbad Bad Ems GmbH 174
Alle Seitenangaben im Buch beziehen sich auf die Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe.
Link zur Karte: https://www.gmeiner-verlag.de/images/stories/karten_lahntal.jpg
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2., überarbeitete Neuauflage 2021
© 2016 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75/20 95-0
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat/Redaktion: Ricarda Dück
Herstellung: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Bildbearbeitung/Umschlaggestaltung: Benjamin Arnold
unter Verwendung der Illustrationen von © SimpLine – stock.adobe.com; © Sylwia Nowik – stock.adobe.com; © lapencia – stock.adobe.com; © yurkaimmortal – stock.adobe.com; © ratkom – stock.adobe.com; © SG- design – stock.adobe.com; © OpenClipart-Vectors – pixabay.com; © Benjamin Arnold; © Katrin Lahmer
Kartendesign: © Maps4News.com/HERE
Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten
Printed in Germany
ISBN 978-3-8392-6374-7
Impressum
GOETHE, GRIMM UND GRIPS
Vorwort: Entlang der Lahn
Oberes Lahntal
1 LAHNTOPF AM LAHNHOF BEIM LAHNKOPF
Netphen: Lahnquelle bei Lahnhof im Rothaargebirge
2 WO SIEDLER DEN WALD RODETEN
Bad Laasphe: Stadt im Wittgensteiner Land
3 HINTERLAND IST HOCHWASSERLAND
Biedenkopf: Perfstausee im Lahn-Dill-Bergland
4 FESTE FEIERN BEIM GRENZWANDERN
Biedenkopf: Stadt im Hinterland
5 WO DIE PUPPEN TANZEN
Biedenkop:fSchartenhof Eckelshausen
6 VON KIRCHLEIN ZU KIRCHLEIN
Biedenkopf: Auf dem Lahntalradweg ab Wallau
7 Sauberhafte Lahn, sumpfige Talauen
Lahntal: Die Lahn bei Kernbach
8 FRAU IN WEISS, SOMMERGELBE FELDER
Lahntal: Otto-Ubbelohde-Haus in Goßfelden
9 VON RABENFRAUCHEN
Ebsdorfergrund: Dörfer und Backhäuser im Marburger Land
Marburg an der Lahn
10 ANWÄLTIN DER ARMEN
Marburg: Elisabeth-Relief am Historischen Rathaus
11 Hysterie um Heilige
Marburg: Elisabethkirche
12 Der Mann mit den drei Hoden
Marburg: Sophie-Skulptur am Marktplatz
13 BURG MIT THRONSAAL
Marburg: Landgrafenschloss
14 »Die kleine, krumme Stadt«
Marburg: Christian-Skulptur an der Wasserscheide
15 Wo Haus an Haus sich lehnt
Marburg: Fachwerk am oberen Markt
16 MARBURG IST EIN DORF
Marburg: Südviertel und Weidenhausen
17 Außer Scherben nichts gewesen
Marburg: Alte Universität
18 WOLF, WACKERSTEINE, WUNDERHORN
Marburg: Grimm-dich-Pfad und Haus der Romantik
19 Der »Retter der Kinder«
Marburg:Mausoleum von Emil von Behring
20 GRÜNE LUNGE FÜR CAMPUS FIRMANEI
Marburg: Alter und Neuer Botanischer Garten
21 KULTURMEILE IM BIEGENVIERTEL
Marburg: Museum für Kunst und Kulturgeschichte
Gießen und Gießener Land
22 WO EINST DIE KELTEN SIEDELTEN
Wettenberg: Gleiberg, Dünsberg, Vetzberg
23 »UND DER PHLOX STEHT HOCH«
Rabenau: Auf Rilkes Spuren im Lumdatal
24 Tudorgotik an der Lahn
Lollar: Schloss und Hofgut Friedelhausen
25 WO MÜHLBÄCHE RAUSCHEN
Lollar: Schmelz-Mühle im Salzbödetal
26 »dieser Sommer kommt nie zurück«
Staufenberg: Burg und altes Dorf
27 Oberhessen lebt in den Museen weiter
Gießen: Oberhessisches Museum
28 Rebellen unter sich
Gießen: Georg-Büchner-Büste am Kanzleiberg
29 DER BÜRGER MUSENTEMPEL
Gießen: Stadttheater
30 Der das Backpulver erfand
Gießen: Liebig-Museum
31 GRÜNE CITY
Gießen: Alter Friedhof und Botanischer Garten
32Per Dampfbahn durchs Lahntal
Gießen: Die Lahntalbahn Richtung Koblenz
33 Wassersport in Hessens Mitte
Heuchelheim: Badeseen im Gießener Land
34 Die Spionagekamera Minox
Heuchelheim: Kameramuseum
35 GERMANISCHES ROM IM LAHNTAL
Lahnau: Römisches Forum Waldgirmes
Wetzlar und Solms – Braunfelser Land
36 DURCH DIE LAHNAUEN SPAZIEREN
Wetzlar: Lahnpark Naturraum Lahnauen
37 FACHWERK UND INDUSTRIE VEREINT
Wetzlar: Stadt- und Industriemuseum
38 Kultkamera Leica
Wetzlar: Leica-Erlebniswelt im Leitz-Park
39 Wo der Pikenier wacht
Wetzlar: Dom und Domplatz
40 Wie der Wohlstand zurückkam
Wetzlar: Reichskammergericht
41 das sparsame Fräulein Doktor
Wetzlar: Palais Papius
42 Das Leiden des jungen Goethe
Wetzlar: Lottehaus
43 wahre Lotte, echter Jerusalem
Wetzlar: Jerusalemhaus
44 Wo der »Arbeiterkaiser« lebte
Wetzlar: Wohnhaus August Bebels in der Brodschirm
45 Den Drachen bezwingen
Solms: Kloster Altenberg und Grube Fortuna in Oberbiel
46 Hessens Neuschwanstein
Braunfels: Schloss Braunfels
Von Weilburg bis Limburg
47 Stille Tage am Fluss
Weilburg: Auf der Lahn nach Limburg
48 Barocke Kleinresidenz
Weilburg: Schlossanlage Weilburg
49 TERRASSEN ÜBER TERRASSEN
Weilburg: Schlossgarten und Schaugarten
50 Verblüht, verlassen, vergessen
Weilburg: Alter und Jüdischer Friedhof
51 Wo Auerochsen grasen
Weilburg: Wildpark Tiergarten Weilburg bei Hirschhausen
52 Indien suchen, Amerika entdecken
Kubach: Kristallhöhle
53 Lahnmarmor im Empire State Building
Villmar: Naturdenkmal Unica-Bruch
54 Die Drei-Burgen-Stadt
Runkel: Burg Runkel und Burg Schadeck
55 Wenn der Schleusenwärter schleust
Runkel: Mit dem Motorboot ab Steeden zum Rhein
56 Pilgerreise zu Jakobus
Limburg: Auf dem Pilgerweg Lahn-Camino
57 Freibrief für Reichtum
Limburg: Alte Lahnbrücke und Brückentorturm
58 Laut, Quirlig, beliebt
Limburg: Rundgang durch die Altstadt
59 VON SÄCKERN UND EDELSÄCKERN
Limburg: Fachwerkhäuser in der Altstadt
60 Der Mantel des Schweigens
Limburg: Domberg mit Bischofsresidenz und Diözesanmuseum
61 Die Kathedrale des Konrad Kurzbold
Limburg: Georgsdom
Im Nassauer Land
62 Oranje auf Frisos Spuren
Diez: Grafenschloss und Stiftskirche
63 Ein Château des Dames
Diez: Barockschloss Oranienstein
64 Zeiten von Krieg, Pest und Raub
Diez: Alte Grafschaft Nassauer Land bei Diez
65 Goethes Taschenmesser
Balduinstein: Lahnhöhenweg nach Obernhof
66 Lahnwein von lieblich bis trocken
Obernhof: Weinlagen Goetheberg und Giebelhöll
67 Läuterung eines Raubritters
Obernhof: Kloster Arnstein
68 WALRAM, OTTO UND JOHANNS SÖHNE
Nassau: Nassauer Rathaus und Burg Nassau
69 Der Nassauer Staatserneuerer
Frücht: Grabkapelle und Freiherr-vom-Stein-Pfad
70 Apostel Petrus kopfüber
Dausenau: Sankt Kastorkirche
71 »Und unten immer der Fluss«
Bad Ems: Kursaalgebäude und einstiges Fürstliches Badehaus
72 Nobel ging die Welt zu Wasser
Bad Ems: Russische Kirche und Kaiserarchitektur
73 Kurender König kommt als Kaiser zurück
Bad Ems: Emser Therme
74 Wehre, Zölle, Treidelpfade
Bad Ems: Lahnschifffahrt zum Rhein
75 Eine Römische Grenzmauer
Pohl: Freilichtmuseum Limeskastell
76 Kein »Glückauf« mehr!
Lahnstein: Bergbaurundgänge rund um die alte Grube Friedrichssegen
77 Wo die Lahn in den Rhein strömt
Lahnstein: Burg Lahneck
Quellenverzeichnis
Der Expressive Realist Franz Frank (1897 – 1986) malte dieses Ölbild 1950; es stellt die alte Lahnbrücke in Goßfelden dar.
Das Lahntal zählt zu den schönsten Nebentälern des Rheins. Und das nicht nur wegen seiner Naturschönheiten, den dichten und doch lichten Laub- und Nadelwäldern, den naturbelassenen Auen, den Pfaden und Höhenwegen, den sonnenverwöhnten Weinbergen (ja!), dem sanft mäandernden Fluss, den rauschenden Staustufen. Beschauliche Dörfer, quirlige Fachwerkstädte säumen die Ufer. Wie viele Adelssitze es im Lahntal gibt! An Ufern und Hängen, auf Felsnasen thronen mehr als 300 Ruinen und prächtig erhaltene Wehrbauten, Ringwälle, Wacht- und Hexentürme, Stadtmauern, mittelalterliche und historistische Ritterburgen, Renaissance- und Barockschlösser, sogar ein englisches Tudorschloss. Die Marburger Elisabethkirche als erstes gotisches Gotteshaus östlich des Rheins, der majestätische Limburger Dom, der unvollendete Wetzlarer Dom, stolze Kloster-, gepflegte Dorfkirchen – sie alle tragen zum architektonischen Reichtum des Lahntals bei.
Das Lahntal befindet sich in direkter Nachbarschaft zu den Welterbe-Stätten Oberes Mittelrheintal und Nationalpark Kellerwald-Edersee. Die Lahn schlängelt sich vom 612 Meter hohen Ederkopf im Rothaargebirge auf 245 Kilometern in zahllosen Schleifen talabwärts, bei einem Gefälle von 567 Metern. Unterhalb der Burg Lahneck zwischen Nieder- und Oberlahnstein schließlich mündet sie in den Rhein. Der lückenlos von der Quelle zum Rhein verlaufende Lahntalradweg zählt zu den beliebtesten Flussradstrecken Deutschlands. Der Lahnwanderweg, im südlichen Verlauf identisch mit dem mal durch Taunus, mal durch Westerwald verlaufenden Lahnhöhenweg, lockt von Jahr zu Jahr mehr Wanderer und sogar Pilger an.
Stille und Entschleunigung finden Paddler bei gemäßigter Strömung auf dem Wasser. Kanuten, Radler und Camper vergöttern den verträumten, schönsten Flussabschnitt von Weilburg nach Runkel und Limburg. Sportbootfahrer kommen ab Steeden auf Touren. Alle profitieren sie davon, dass die Berufsschifffahrt auf der Lahn 1981 eingestellt wurde. Manche Wehre sind mittelalterliche Steinkonstruktionen, wurden vor 1.000 Jahren als Mühlenwehre gebaut und erfüllen immer noch ihre Funktion. Wo sonst gibt es noch so viele handbetriebene Schleusen, ein Dutzend davon mit Service durch Schleusenwärter? Und in Weilburg durchquert man den einzigen Schifffahrtstunnel Deutschlands. Das Schienennetz der Bahn verläuft parallel zum Fluss; es ist leicht, in Etappen zu wandern, zu rollen, zu gleiten.
Einst mussten Fuhrleute ihre Wagen durch so manche Flussfurt manövrieren. Inzwischen gibt es genug Brücken aus Holz, Stein, Stahl, Beton; wie viele weiß niemand genau. Es dürften mindestens 150 Übergänge sein: Schwimmende Ponton-Sommerbrücke in Wetzlar, eleganter Stahlseil-Steg in Gießen, wuchtige Balken-Eisenbahnbrücke in Lahnstein, 80-Millionen-Euro-Autobahnbrücke bei Limburg in spektakulärer Höhe. Nicht zu vergessen die ältesten Lahnbrücken: Wetzlar, Limburg, Weidenhausen in Marburg.
Wir befinden uns in einer geschichtsträchtigen Region, in der Kelten, Römer, Alemannen, Franken siedelten. Die Wurzeln des niederländischen Königshauses und der luxemburgischen Großherzöge reichen ins Lahntal. Die Nassauer Adelsfamilien, die Mainzer Erzbischöfe, die Landgrafen von Thüringen und Hessen rivalisierten um Territorien und vermehrten ihren Besitz durch geschickte Heiratspolitik. Im 19. und 20. Jahrhundert entdeckten Künstler, Literaten und Heimatforscher das Lahntal, verewigten es in Landschaftsgemälden, Poesie und Märchen über freche Froschkönige, traurige Mädchen in Rapunzeltürmen, gierige Wölfe und Liebesleid. In Wirklichkeit lebten im Lahntal allerhand Fantasten und Visionäre mit verrückten und sensationellen Ideen. Und wenn sie nicht alle schon gestorben wären, so lebten sie noch heute.
Ich glaub, ich träume. Bin ich wieder im Allgäu, in dieser herrlichen hügeligen Voralpenlandschaft? Das Rothaargebirge. Die Wanderroute Rothaarsteig verbindet Brilon im Sauerland mit Dillenburg im südlichen Lahn-Dill-Bergland. Auf dem Rothaarkamm verläuft die Wasserscheide zwischen Rhein und Weser; die Haincher Höhe bei Netphen wiederum scheidet Lahn und Sieg. Denn die Quellen der Lahn, Sieg und Eder sickern hier im Abstand von wenigen Kilometern ans Tageslicht und streben voneinander fort.
Die Lahn »entspringt« eigentlich nicht, sondern bildet im Untergrund des kleinen Naturschutzgebiets Auerhahnwald Rinnsale, die sich zu einem runden Tümpel hochschaffen, dem Lahntopf in Lahnhof auf 607 Metern Höhe, Start oder Station mehrerer Wanderwege. Spaziert man im Hochsommer um den von einer giftgrünen Algenschicht bedeckten Quellteich, aus dem Aststücke ragen, rührt sich da kein Wässerchen; er wirkt wie ein Land-Art-Werk von Kurt Fleckenstein. Etwas weiter verbindet eine Viehbrücke zwei Kuhweiden, damit das Bächlein unter ihr geschont wird – unsere Lahn, da ist sie, nackt und armselig.
So wie äußere Anregungen den Charakter eines Menschen sein Leben lang beeinflussen, formt der Einfluss anderer Gewässer die Lahn. Ilse heißt eine ihrer ersten Freundinnen, in Heiligenborn steigt sie aus dem Boden, schon in Feudingen vereint sie sich mit ihr. Die Lahn nimmt während ihrer Reise durch sechs Landkreise in drei Bundesländern 104 Bäche und Flüsse in sich auf, bevor sie sich nach 245 Kilometern selbst als fünftgrößter Nebenstrom in den Rhein ergießt. Ihr längster Nebenfluss, die knapp 60 Kilometer lange Ohm, gesellt sich ihr bei Cölbe zu, gefolgt von Dill, Aar und Weil. Das kürzeste namentlich bekannte Wasser, das sich der Lahn anschließt, ist der 1,2 Kilometer messende Untere Ansbach im Kreis Limburg-Weilburg.
Sehr gut ausgeschildert sind der Lahntalradweg und der Lahnwanderweg mit Start in Lahnhof und Ende in Lahnstein am Rhein.
1
Lahnquelle
Startpunkt Wanderung: Forsthaus Lahnquelle
Lahnhof 1
57250 Netphen
Organisierte Touren ab der Lahnquelle:
Velociped Fahrradreisen
Alte Kasseler Straße 43
35039 Marburg
06421 886890
www.velociped.de
Bad Laasphe im südlichen Wittgensteiner Land überwand die Hürden zur Zertifizierung als Kneipp Premium-Class, von diesen Bädern gibt es in Deutschland nur wenige. Spaziert man durch die hervorragend erhaltene Altstadt, wird einem klar, wie bedeutsam Stadtmarketing ist. Wie in anderen Kleinstädten auch stehen zahlreiche Geschäftsflächen leer und so mancher Laden leistet sich mangels Kundschaft eine Mittagspause von zwei Stunden. Die Stadtoberen kaschierten diese Not vorbildlich mit Tugend und statteten gähnende Schaufenster mit Tafeln und Objekten zu Sehenswürdigkeiten aus. 19 Bronzetafeln an historisch bemerkenswerten Gebäuden geben Erläuterungen.
Die Kirche von 1230 ist der älteste erhaltene Bau Bad Laasphes, der behelmte Turm 500 Jahre jünger; er wirkt, als habe ein Riese ihm einen Hut übergestülpt. Laasphes Sohn Johannes Bonemilch kam zu einem Nachruhm, den er vermutlich als Makel ansehen würde: Als Weihbischof des hessischen und thüringischen Erzbistums Mainz weihte er 1507 Martin Luther im Erfurter Dom zum Priester. Bonemilch starb 1510, noch vor Luthers reformatorischer Wandlung.
Bad Laasphe hat 16.000 Einwohner in 24 Ortschaften, in der Kernstadt leben 6.000 Menschen. Im waldumschlossenen Weiler Heiligenborn im Rothaargebirge unweit der Lahnquelle, im Winter gelegentlich eingeschneit, stehen noch fünf Häuser, darunter die ehemalige Schule, und es gibt einen alten Friedhof. Bis Ende der 1960er-Jahre wanderten die Kinder des Dorfes Sohl gut drei Kilometer nach Heiligenborn zum Unterricht. Sohl hat heute 35 Einwohner. Heiligenborn ist eines der um 1700 von den Grafen Wittgenstein gegründeten »Kanondörfer«, deren Siedler roden sollten und zum Ausgleich nur geringe Steuer (den Kanon) zahlten. Heiligenborn passiert man auf dem Lahnwanderweg, es gehört zum Bad Laaspher Stadtteil Banfe.
Sehenswert: Industriemuseum Amalienhütte, Heimatmuseum Oberes Lahntal, Pilzkundemuseum, Radiomuseum und (alte) Druckerei Ernst Schmidt.
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Altstadt Bad Laasphe Rund um den Kirchplatz
57334 Bad Laasphe
TKS Tourismus, Kur und Stadtentwicklung Bad Laasphe
Wilhelmsplatz 3
57334 Bad Laasphe
02752 898
www.tourismus-badlaasphe.de
Die Grenze zwischen Marburger Land und Hessischem Hinterland verläuft irgendwo zwischen Elmshausen und Kernbach an der Lahn. Der 498 Meter hohe Rimberg in Caldern »gehört« der Großgemeinde Lahntal. Was Erhebungen angeht, punktet Biedenkopf mit einem 674 Meter hohen Hausberg, Sackpfeife genannt. Der hat eine Sommerrodelbahn, und im Winter tummeln sich auf ihm Skiläufer, Rodler, Snowboarder und Eisläufer. Man muss sich also nicht wundern, dass Biedenkopf Mitglied im Oberhessischen Gebirgsverein ist, was einen Allgäuer Älpler seltsam anmuten wird. Andere verwundert wohl die namentliche Zuordnung zu Oberhessen. Die komplizierte hessische Geschichte lässt grüßen: Dieses Oberhessen meint eine Region des alten Kurhessen-Kassel, während die frühere Hessen-Darmstädtische Provinz Oberhessen den Vogelsberg bezeichnete. Das Hinterland gehörte weder zu dem einen noch zu dem anderen Oberhessen.
Eder und Lahn, Perf und Salzböde durchfließen das Hinterland. Im idyllisch gelegenen Perfstausee zwischen Breidenstein und Breidenbach ist das Baden leider dauerhaft wegen Keimverunreinigung verboten. Die Talsperre reguliert den Zufluss der Perf in die Lahn und schützt die Umgebung seit 1993 vor einst verheerenden Hochwasserschäden. Der nur zwei bis vier Meter tiefe 18-Hektar-See fasst im Normalfall 600.000 Kubikmeter, kann aber bis zu 2,15 Millionen Kubikmeter aufnehmen. Das Naturschutzgebiet am hinteren Seeteil ist ein ungestörter Lebensraum für Wasservögel; ein Spazierweg führt rundherum.
Am Perfstausee sind wir mitten im nordöstlichen Teil des Naturparks Lahn-Dill-Bergland, einer wundervollen Mittelgebirgslandschaft mit ausgedehnten Tälern, Hügelkuppen und Senken. Dass dem Hinterland keine große Durchgangsstraße von Nord nach Süd zugedacht wurde, erweist sich als Segen für Bewohner und Besucher dieses heimeligen Fleckchens Erde.
Das denkmalgeschützte Rittergut Elmshausen (1586) im gleichnamigen Ortsteil von Dautphetal ist ein artgerechter Pferdebetrieb mit 16 Schulpferden und Pensionsstall für 35 Pferde und Ponys (www.rittergut-elmshausen.de).
3
Perfstausee
Gaststätte Seeblick
Am Perfstausee
35216 Biedenkopf
Region Lahn-Dill-Bergland e.V. (Tourismusbüro)
Herborner Straße 1
35080 Bad Endbach
02776 80115
www.lahn-dill-bergland.de
Sind die Hinterländer, deren Identität sich in Eigennamen wie der Tageszeitung Hinterländer Anzeiger ausdrückt, nicht eigentlich Hinterwäldler? Tatsächlich überziehen Laub- und Nadelwälder die Hälfte des Altkreises Biedenkopf. Die Liebe zum heimatlichen Wald bestimmt allerhand Bräuche und Rituale, etwa das alle sieben Jahre gefeierte Kultfest Grenzgang, zu dem Biedenkopfer aus aller Welt in die Fachwerkstadt am Schlossberg strömen. Auf den Brott, das Kartoffelbraten im Wald zwischen kokelndem Buchenholz, müssen Freunde und Vereine nicht sieben Jahre warten, das feuchtfröhliche Ereignis findet jedes Jahr im Frühherbst statt.
Biedenkopfs Schriftstellersohn Stephan Thome setzte dem Grenzgang in seinem gleichnamigen Roman ein literarisches Denkmal, seinen Heimatort taufte er darin in »Bergenstadt« um. Andreas Steinhöfel lässt seinen Kinderbuchbestseller Paul Vier und die Schröders in »Bergwald« spielen, einer Kleinstadt, die auch Biedenkopf nachempfunden ist. Mittlerweile ist Steinhöfel nach Jahren in Metropolen ins Hinterland zurückgekehrt; er hatte Heimweh. Ubbo Enninga, auch ein Künstlersohn Biedenkopfs, blieb weg, schuf aber Skulpturen für den Stadtpark und die Lahn.