LIVING AYURVEDA - Claire Ragozzino - E-Book

LIVING AYURVEDA E-Book

Claire Ragozzino

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Beschreibung

Die Weisheit des Ayurveda für das moderne Leben

Nahrung hat viele Facetten – es sind unsere Speisen, die wir zu uns nehmen, es ist die Art und Weise, wie wir atmen, uns bewegen und unseren Tagesablauf gestalten. Living Ayurveda verwebt all das, was uns das Jahr hindurch nährt und zeigt uns, wie wir die alte indische Heilslehre in unser modernes Leben integrieren können.

Dieser Leitfaden zur Selbstfürsorge öffnet unsere Sinne für die Fülle der Jahreszeiten und lässt uns die Kraft von Frühling, Sommer, Herbst und Winter wiederentdecken. Einfache Rezepte, Rituale und Körperübungen helfen uns, unsere innere Weisheit zu kultivieren, um Körper, Geist und Seele auf bewusste und neue Weise zu nähren.

Entdecken Sie mit diesem Buch:

  • über 80 köstliche vegetarische Rezepte, die den Körper ins Gleichgewicht bringen und die Verdauung stärken,
  • Yogaübungen und Atemtechniken passend zur Energie einer jeden Jahreszeit,
  • Rituale zur Stärkung der Körperzyklen basierend auf den Mondphasen.
Kurz: Ein kunstvoll gestaltetes Lifestylehandbuch von der Yogamatte bis in die Küche!

Claire Ragozzino ist Ayurveda-Beraterin und zertifizierte Yogalehrerin. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in ganzheitlicher Ernährung und Kochen auf natürlicher Basis. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Integration von ayurvedischer Lebensweise, Yoga und ganzheitlicher Ernährung in den modernen Lebensalltag.

„Ayurveda ist ein System altersloser Weisheit und zeitloser Heilung von Körper, Geist und Bewusstsein jeder Person. In diesem Buch bietet uns die Autorin klar und verständlich eine äußerst praktische Anwendung der ayurvedischen Weisheiten über saisonale Praktiken, Ernährung und Lebensart.“ –  Dr. Vasant Lad, Arzt für ayurvedische Medizin und Autor von Das Kochbuch des Ayurveda sowie zahlreicher Lehrbücher

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Seitenzahl: 325

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Claire Ragozzino

LIVING AYURVEDA

Mit Rezepten, Ritualen und Yoga Kraft aus dem Rhythmus der Jahreszeiten schöpfen

 

Dieses Buch ist den neugierigen Forschern in uns allen gewidmet. Mögen wir unsere wahre Natur erkennen ...

INHALT

Einführung

TEIL 1: DIE GRUNDLAGEN DES AYURVEDA

Die Sprache des Ayurveda interpretieren

Die Macht der Gedanken: Die Maha Gunas

Die Brücke zwischen unserer Innen- und Außenwelt schlagen

Körper und Geist in Balance bringen

Zeichen der Unausgeglichenheit

Das innere Feuer nähren

Jahreszeitliche Zyklen-, Mond- und Tageskreisläufe

Saisonale Kreisläufe

Mondzyklen

Tageskreisläufe

Die Uhr der ayurvedischen Lebensweise

Die Verbindung zwischen Ayurveda und Yoga

Was sind Asana und Pranayama?

Aus ayurvedischer Sicht mit Yoga arbeiten

TEIL 2: JAHRESVORBEREITUNG

So benutzt man dieses Buch

Die Übungen

Die Rituale

Die Rezepte

Anleitung für die tägliche Praxis

Dinacharya: Ihre Alltagsroutine

Weisheiten aus der Küche

Wesentliche Ausstattung

Ihre Vorratshaltung

Planung der Mahlzeiten

So stellt man ein ausgewogenes Gericht zusammen

So kreiert man ein ausgewogenes Gericht

Grundrezepte für jede Jahreszeit

TEIL 3: EINE LEBENDIGE PRAXIS

Frühling

Im Frühjahr ausgeglichen bleiben

Tipps, um im Frühling Ihr inneres Feuer zu pflegen

Frühlings-Asana: Energieanregend

Pranayama für den Frühling: Kapalabhati

Mondritual für den Frühling: Neumond

Saisonales Ritual für den Frühling: Tagundnachtgleiche-Reinigung

Frühlingsrezepte

Sommer

Im Sommer ausgeglichen bleiben

Tipps, um im Sommer Ihr inneres Feuer zu pflegen

Sommer-Asana: Beruhigend

Sommer-Pranayama: Sitali

Mondritual für den Sommer: Zunehmender Mond

Saisonales Sommer-Ritual: Sonnwendfeier

Sommerrezepte

Herbst

Im Herbst ausgeglichen bleiben

Tipps, um Ihr inneres Feuer im Herbst zu pflegen

Herbst-Asana: Erdung

Herbst-Pranayama: Nadi Shodhana

Mondritual für den Herbst: Vollmond

Saisonales Ritual im Herbst: Tagundnachtgleiche-Reinigung

Herbstrezepte

Winter

Im Winter ausgeglichen bleiben

Tipps, um Ihr inneres Feuer in Winter zu pflegen

Winter-Asana: Nährend

Winter-Pranayama: Bhramari

Mondritual für den Winter: Abnehmender Mond

Saisonales Winter-Ritual: Schweige-Retreat zur Sonnenwende

Winterrezepte

Ausklang

Ein erfülltes Jahr mit Anmut erleben

Danksagung

Quellenangaben

Bezugsquellen

Stichwortverzeichnis

Über die Autorin

EINFÜHRUNG

 

Ayurveda entdeckte ich zum ersten Mal, als ich in einer Heilungskrise steckte. Ich kämpfte mit einer chronischen Verdauungsstörung, der die Ärzte nicht auf den Grund kamen. Auf der Suche nach Antworten probierte ich jede Diät, Reinigungskur, Nahrungsergänzung und jedes Superfood unter der Sonne aus. Ich ging zu allen möglichen Spezialisten und Heilern. Ich las und recherchierte alles, was ich finden konnte, und verbrachte meine Tage damit, die Seiten jedes ganzheitlichen Gesundheitsbuches zu durchforsten, das ich in die Finger bekam. Jedes Quäntchen Wissen fühlte sich an wie ein Brotkrumenpfad, der mich näher zu dem führte, was ich suchte. Dann stieß ich auf den Leitfaden von Dr. Vasant Lad, Selbstheilung mit Ayurveda, und da sprang ein Funke auf mich über. Das Konzept, Körper, Geist und Seele als ein intelligentes Ganzes zu betrachten, fühlte sich goldrichtig an. In einem Meer von Informationen über trendige Diäten und Gesundheitstipps sprach mich diese Weisheit als zeitlos und wahr an wie nichts je zuvor.

Ich gebe zu, anfangs waren mir die Sanskrit-Wörter und die Konzepte fremd. Je mehr ich dazulernte, desto komplizierter fühlte sich alles an. Als ich anfing, Ayurveda vom Kopf her zu studieren, wurden die Listen, was ich für meinen Körpertyp essen sollte und was nicht, noch verwirrender. Ich bat einen ayurvedischen Arzt um Hilfe und der beste Rat, den ich erhielt, bestand darin, mit dem Studium aufzuhören und mir ein Jahr Zeit zu nehmen, um diese Weisheit für mich selbst zu entdecken, in meinem eigenen Tempo. Genau das habe ich getan und es hat mein Leben verändert.

In diesem Jahr erkundete ich zuerst das Essen und begann, mehr Achtsamkeit dafür zu entwickeln, wie ich esse, nicht nur was ich esse. Diese einfache Umstellung allein hatte einen großen Einfluss auf meine Verdauung. Dann wandte ich mich dem Yoga zu, um zu erfahren, warum verschiedene Sequenzen zu verschiedenen Jahreszeiten und Lebenszyklen mir besser taten. Ich gewöhnte mir eine regelmäßige Routine an, die ich davor nicht hatte, und gab mir selbst Raum, ein neugieriger Beobachter zu sein, wie sich diese Veränderungen in meinem täglichen Lebensstil auf meinen Körper auswirkten und meinen Geist beeinflussten. Ich stellte fest, dass man Nahrung auf vielerlei Weise aufnimmt ‒ die Lebensmittel, die wir essen, die Gesellschaft, die wir pflegen, die Art, wie wir unseren Körper bewegen und wie wir atmen, und wie wir jeden Tag Raum für mehr Präsenz in unserem Leben schaffen. Echte Nahrung und echte Selbstfürsorge bestehen darin, sich Zeit für Rituale zu nehmen, die Ebbe und Flut der Lebenszyklen ehren. Ich lernte, nach diesen Zyklen und Rhythmen zu leben, und durch diese neue Lebensweise entstand eine tiefere Weisheit in mir ‒ und meine Probleme mit dem Essen verschwanden.

Im Prinzip habe ich dadurch eine andere, sinnvollere Beziehung zur Zeit entwickelt. In der reizüberfluteten Kultur, in der wir heute leben, besteht immer ein Gefühl der Dringlichkeit und eine allgegenwärtige Vorstellung von Geschäftigkeit. Wir füllen unsere Zeit mit langen Listen von Aufgaben und arbeiten bis spät in die Nacht, um sie zu erledigen, nur um am nächsten Morgen aufzustehen und alles erneut zu tun. Dieses unhaltbare Tempo des modernen Lebens kann uns noch mehr von uns selbst und von der Natur trennen, und genau hier entstehen Krankheiten. Wenn unsere Aufmerksamkeit ständig in tausend Richtungen gedrängt und gezogen wird, wie können wir dann erwarten, uns selbst zu kennen oder unsere Rolle in der natürlichen Welt zu verstehen?

Ich glaube, es ist wichtiger denn je, diese Werkzeuge zu nutzen, um uns wieder bewusst mit der Wirklichkeit zu verbinden. Ayurveda ist keine Modewelle oder ein Trend; es ist eine bewährte Heilmethode, die für alle Kulturen, Orte und Lebensabschnitte gilt. Wenn wir unser Tempo drosseln und lernen zuzuhören, können wir überall um uns herum Antworten finden, wie man kraftvoll, gesund und handlungsfähiger sein kann.

So können Sie vorgehen: Geben Sie sich Raum und Zeit, um diese Erkenntnisse für sich selbst auszuprobieren. Wie manifestieren sich die 5 Elemente in Ihrem Körper? Wie verändert das bewusste Kochen im Wandel der Jahreszeiten Ihre Beziehung zum Essen? Wie fühlt es sich an, nach den natürlichen Rhythmen zu leben, die Ihr Leben begleiten? Es gibt hier kein richtig oder falsch, sondern einfach eine Praxis der Selbstbeobachtung ohne Wertung.

Dieses Buch ‒ teils Kochbuch, teils Lifestyle-Ratgeber ‒ ist als Anleitung zur täglichen Selbsterforschung gedacht. Es führt Sie durchs Jahr und zeigt Ihnen, wie Sie Nahrung, Atem, Bewegung, Meditation und Rituale nutzen können, um sich mit den Jahreszeiten zu verbinden. Im ersten Teil lernen Sie die Sprache des Ayurveda kennen ‒ vom Verständnis der Elemente bis zur Betrachtung der täglichen und saisonalen Zyklen der Natur ‒ und wie es Ihr Leben beeinflusst. Im zweiten Teil bereiten Sie sich auf Ihr persönliches Jahr vor, füllen Ihre Vorratskammer mit Grundnahrungsmitteln und schaffen in Ihrem Heim einen heiligen Ort. Im dritten Teil tauchen Sie noch tiefer in die Jahreszeiten ein, um verschiedene Rezepte, Rituale und Yogapraktiken zu erkunden, die Ihr Wohlbefinden das Jahr hindurch fördern, ausgleichen und nähren.

Ich hoffe, dieses Buch weckt Ihre Neugierde darauf, wie Sie anders leben können. Verwandeln Sie Ihre Küche und Yogamatte in ein Labor des Selbststudiums. Lernen Sie sich selbst genau kennen, seien Sie offen für neue Entdeckungen und beobachten Sie, wohin dieser Weg Sie führt.

TEIL 1

DIE GRUNDLAGEN DES AYURVEDA

DIE SPRACHE DES AYURVEDA INTERPRETIEREN

Was ist Ayurveda und wie kann man anfangen, sich den Sinn seiner Weisheit zu erschließen? Ich stelle mir Ayurveda gerne als eine Sprache vor, die uns hilft, die natürliche Welt und unsere Beziehung zu ihr zu beschreiben. Als ich in Paris lebte und versuchte, Französisch zu lernen, fiel es mir anfangs sehr schwer, die Sprache zu verstehen und zu übersetzen. Dann begann ich, in einem nahe gelegenen Studio Yogaunterricht zu nehmen. Da ich bereits wusste, wie die verschiedenen Körperteile und die Atemübungen in den Yoga-Abläufen heißen, wurde das Französisch intuitiver, da ich es auf meine eigene Körpererfahrung anwenden konnte. Mit der Zeit erweiterte sich mein Verständnis und bald konnte ich fließender sprechen. Diese Herangehensweise empfehle ich auch bei Ayurveda – die Informationen langsam aufnehmen, nicht zu verkopft werden oder sich an den Sanskrit-Wörtern festbeißen, sondern lieber schauen, wie Sie die Qualitäten der Elemente und der Doshas in Ihrem eigenen Körper und Geist identifizieren können. Mit der Zeit werden diese Konzepte für Sie zur zweiten Natur und Sie lernen, dieser kultivierten Intuition durch Ihre eigene direkte Erfahrung zu vertrauen.

Ayurveda ist das aus Indien stammende Medizinsystem, das die Gesundheit aus einem allumfassenden Blickwinkel betrachtet und Körper, Seele und Geist in Beziehung zur Natur sieht. Ayurveda bedeutet „das Wissen über das Leben und die Langlebigkeit“. Eine weitere Übersetzung, die mir gut gefällt, ist „die Kunst des Lebens“. So poetisch das auch klingen mag, die Wurzeln des Ayurveda sind Jahrtausende alt und tief in mündlichen und schriftlichen Überlieferungen praktizierter medizinischer Wissenschaft verankert und umfassen acht Spezialgebiete: Allgemeinmedizin, Pädiatrie, Psychiatrie, Krankheiten in Kopf, Hals und Gesicht, Chirurgie, Toxikologie, Geriatrie/Verjüngung und Fruchtbarkeit/Reproduktionswissenschaft. Diese acht Zweige arbeiten zusammen, um unsere Gesundheit zu verschiedenen Notzeiten zu unterstützen, wobei sowohl Präventiv- als auch Heilmethoden zum Einsatz kommen, um das Wohlbefinden in allen Lebensphasen zu fördern. In Indien findet man heutzutage niedergelassene traditionelle ayurvedische Ärzte (Vaidyas) und ayurvedische Krankenhäuser, die Hand in Hand mit der westlichen Medizin arbeiten, um eine ganzheitliche Versorgung zu ermöglichen. Auf der ganzen Welt wächst das Wissen über Ayurveda in großem Maße. Es ist ein System, das die persönliche Gesundheit und das Wohlbefinden durch tägliche Selbstfürsorge stärkt.

Das Wort für „Gesundheit“ im Ayurveda ist Svastha. Kennen Sie Menschen, die Freude ausstrahlen und buchstäblich leuchten? Sie haben eine spritzige Lebendigkeit an sich, die spürbar und anziehend ist. Das ist verkörpertes Svastha – Menschen, die zuversichtlich in sich selbst ruhen. Unsere Gesundheit ist nicht nur die Abwesenheit von Krankheit, sondern ein dynamischer Zustand der Harmonie zwischen unserem physischen Körper, unserem Geist, unseren Sinnen und unserer Seele. Das Ayurveda lehrt uns, wie wir für diese vier Aspekte sorgen, indem wir genau darauf achten, wie sich unsere Umgebung auf unseren Gesundheitszustand auswirkt und wie man das richtige Denken, die richtige Ernährung und die richtige Lebensweise so einsetzt, dass man im inneren Gleichgewicht ist. Dieses Buch möchte Ihnen Wissen und Werkzeuge an die Hand geben, damit Sie mithilfe von Nahrung, Atem, Bewegung und Meditation und im Einklang mit den Rhythmen der Natur intensiver in sich selbst ruhen.

DIE FÜNF ELEMENTE

Die grundlegende Betrachtungsweise des Ayurveda liegt in der Verbindung zwischen dem Makro- und dem Mikrokosmos, vom Universellen zum Individuellen, das heißt das, was außerhalb existiert, ist auch in uns vorhanden. Die fünf großen Elemente (Pancha Mahabhuta), aus denen die Welt um uns herum besteht, machen auch unsere innere Welt aus. Diese Elemente – Raum, Luft, Feuer, Wasser, Erde – bilden die Bausteine des Lebens und spiegeln die Grundprinzipien in der Physik von Raum, Energie, Transformation, Flüssigkeit und Materie wider. Jedes Element ist mit einer feinstofflichen Energie verbunden, einem Tanmatra, das zu unseren Sinnen gehört – Klang, Berührung, Sehen, Geschmack und Geruch. Erkunden wir näher, wie diese Elemente unseren physischen Körper bilden.

Äther/Raum (Akasha)

Äther oder Raum, Akasha, ist das erste und feinstofflichste aller Elemente. Äther ist der Raum, in dem alles existiert. Er ist universell, unbeweglich und formlos. Seine Qualitäten sind klar, leicht, feinstofflich, weich und grenzenlos. Dieses Element steht mit den Aktionen der Expansion und Vibration in Verbindung. Das Tanmatra von Raum ist Klang (Shabda) und das Ohr ist das Sinnesorgan, das Klang wahrnimmt.

Luft (Vayu)

Das Luftelement, Vayu, ist die Energie der Bewegung. Es löst Bewegung aus und lenkt ihre Richtung. Seine Qualitäten sind beweglich, trocken, leicht, kalt, rau und feinstofflich. Das Tanmatra der Luft ist Berührung (Sparsha) und das Sinnesorgan ist die Haut, die dabei hilft, Bewegung wahrzunehmen. Im Körper wird die Luft durch die Bewegung von Muskeln, Lunge, Herz und Impulsen des Nervensystems zum Ausdruck gebracht. Das Luftelement ist für die Atmung, Nahrungsaufnahme und Ausscheidung sowie den Fluss der Gedanken verantwortlich. Prana ist das Grundprinzip des Luftelements, der vitalen Lebenskraft, die vor allem über den Atem aufgenommen wird und ohne die kein Leben existieren kann.

Feuer (Agni)

Das Feuerelement, Agni, ist die Energie der Umwandlung. Die Qualitäten des Feuers sind heiß, scharf, leicht, trocken und feinstofflich. Das Tanmatra des Feuers ist der Sehsinn (Rupa) und die Augen sind das Sinnesorgan, das für die Sicht zuständig ist. Das Feuerelement lenkt alle Stoffwechselprozesse, hilft bei der Nahrungsverdauung, Verarbeitung von Gedanken und Wahrnehmung von Licht. Tejas ist die feinstoffliche Essenz des Feuers, die brennende Flamme reiner Intelligenz, die alle Wahrnehmungen zu Wissen verarbeitet.

Wasser (Apas)

Verlassen wir das Feinstoffliche und gehen zum Grobstofflichen über. Das nächste Element ist Wasser, auch als Apas bekannt. Seine Hauptaufgaben sind die Bindung und das Festhalten. Seine Qualitäten sind kühl, flüssig, träge, weich, ölig und schleimig. Das Tanmatra von Wasser ist der Geschmack (Rasa). Die Zunge ist das Sinnesorgan, das eine bedeutende Rolle bei unserer Erfahrung des Essens und unserem Gefühl der Befriedigung spielt. Wasser lebt im Körper als Plasma, Speichel, Schleim, Rückenmarksflüssigkeit, Urin und Schweiß. Ojas ist die feinstoffliche Essenz von Wasser, die den Körpergeweben Vitalität und Immunität verleiht.

Erde (Prithvi)

Das Erdelement, Prithvi, ist am dichtesten von allen. Es erzeugt Form und Struktur. Es ist schwer, träge, dicht, hart und grobstofflich. Das Tanmatra der Erde ist der Geruch (Gandha) und sein Sinnesorgan ist die Nase. Das Erdelement bildet alle festen Strukturen und Gewebe im Körper, dazu gehören Knochen, Knorpel, Nägel, Zähne, Haare und Haut.

DIE 20 QUALITÄTEN

Die Qualitäten, die jedes Element beschrieben haben, lassen sich auch verwenden, um alles im manifestierten Universum zu schildern. Diese 20 Qualitäten oder 10 Gegensatzpaare, die man als Gunas bezeichnet, sind vor allem in unserer persönlichen Praxis wertvoll, denn sie liefern uns eine Sprache, mit der wir unsere Erfahrung der äußeren Welt erkennen können und wie sie sich auf unsere innere Welt auswirkt. Diese Qualitäten lassen sich auch in zwei Kategorien unterteilen: aufbauende (Brahmana) und erleichternde (Langhana). Vata und Pitta besitzen beide die Qualität der Leichtigkeit und Kapha trägt im Gegensatz dazu Schwere in sich. Dieses Konzept ähnelt dem Yin-Yang-Prinzip in der chinesischen Medizin.

Wenn man diese Qualitäten kennt, kann das dazu beitragen, wieder Balance ins eigene Leben zu bringen. Isst man in einem heißen Sommer zum Beispiel häufig scharfe und erhitzende Speisen, kann man diese Hitze auch innerlich spüren. Da Gleiches durch Gleiches verstärkt wird, kann man eine Aktivität oder Nahrung wählen, welche die entgegengesetzte Qualität der aktuell vorhandenen besitzt, wodurch unser Körper dabei unterstützt wird, wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

Aufbauend

Erleichternd

Schwer

Leicht

Langsam

Scharf

Kalt

Heiß

Ölig

Trocken

Glatt

Rau

Dicht

Flüssig

Weich

Hart

Stabil

Beweglich

Grobstofflich

Feinstofflich

Wolkig

Klar

Das ganze Universum ist die Erweiterung des eigenen Bewusstseins.

— CHARAKA SAMHITA, SHARIRASTHANA 5,20

DIE DOSHAS

Das Ayurveda ordnet diesen fünf Elementen außerdem drei Energien oder Kräften zu, die man Doshas ‒ Vata, Pitta, Kapha ‒ nennt. Man kann sie überall beobachten, in den Jahreszeiten, den Tageszeiten, unserem eigenen Körpertyp und den Funktionen im Körper. Jedes Dosha ist ein Zusammenspiel von zwei Elementen. Man kann die 20 Qualitäten einsetzen, um die Doshas zu beschreiben:

Der erste Schritt, die Doshas und ihre Qualitäten zu verstehen und wie sie funktionieren, besteht darin, sie im eigenen Körper ausfindig zu machen.

Vata (Luft + Raum)

Vata ist die Energie der Bewegung. Vata ist das mobilste der drei Doshas und stößt die Bewegung von Pitta und Kapha an, die beide unbeweglich sind. Daher ist es auch das instabilste Dosha. Gerät es aus dem Gleichgewicht, kann Vata die anderen Doshas stören. Vata lenkt unser Nervensystem, den Intellekt, das Gehör, die Ausscheidung und alle Bewegungen in den Systemen unseres Körpers. Es befindet sich im Dickdarm, der Beckenhöhle, dem unteren Rücken, den Oberschenkeln, den Knochen, den Ohren, der Haut und dem Nervensystem.

Pitta (Feuer + Wasser)

Pitta ist die Energie der Umwandlung. Das Prinzip des Feuers steuert den Stoffwechsel und alle biochemischen Veränderungen in unserem Körper, dazu gehören Verdauung und Temperaturregulierung. Es hilft uns, alles zu verarbeiten, was wir aufnehmen und verwenden, Essen ebenso wie Sinneseindrücke. Es prägt unsere Intelligenz und unser Unterscheidungsvermögen. Pitta ist in Dünndarm, Leber, Milz, Gallenblase, Blut, Schweiß, Augen und den endokrinen Drüsen vorhanden.

Kapha (Wasser + Erde)

Kapha ist die Energie der Stabilität, Struktur und Befeuchtung. Kapha reguliert das Struktursystem und die Wasserkanäle unseres Körpers. Es fördert den Aufbaustoffwechsel, den Ablauf des Körperaufbaus und die Bildung oder Reparatur neuer Zellen. Kapha befindet sich im Magen, den Schleimhäuten, in Plasma und Lymphen, dem Zytoplasma in den Zellen, in der weißen Substanz im Gehirn, in der Synovialflüssigkeit in den Gelenken, im subkutanen Fett, in Mund, Nase und allen Körpersekreten.

IHRE EINMALIGE KONSTITUTION

Während alle drei Doshas ‒ Vata (V), Pitta (P) und Kapha (K) ‒ daran arbeiten, die unterschiedlichen Systeme in unserem Körper zu steuern, variieren die jeweiligen Anteile von Mensch zu Mensch. So wie jeder einen einzigartigen Fingerabdruck hat, besitzt jeder von uns auch eine einmalige Konstitution, die man Prakriti nennt. Prakriti ist die Geburtskonstitution, die dafür sorgt, wie man mit seiner Umgebung interagiert. Mehrere Faktoren beeinflussen, wie die Konstitution zum Zeitpunkt der Geburt aussieht ‒ dazu gehören die Genetik der Eltern und Dosha-Unausgewogenheiten zum Zeitpunkt der Empfängnis sowie welche Art von Ernährung die Mutter befolgte, welche Geburtserfahrung man hatte und was für eine frühkindliche Prägung. Es gibt bei den Konstitutionstypen sieben Hauptkombinationen: V, P, K, VP, PK, VK und VPK. In einigen Fällen, wenn auch selten, sind alle drei Doshas in gleicher Qualität und Menge vorhanden. Die meisten von uns haben ein oder zwei Doshas, wobei eines dominant und das andere sekundär ist. Werfen Sie einen Blick auf die primären Typen und wie sie sich im Körper und in der Persönlichkeit manifestieren:

Vata-Typen

Vata-Typen haben eher einen schlanken, schmalen Körperbau und sind entweder sehr groß und schlaksig oder sehr klein und zierlich. Ihre Gelenke sind ausgeprägt, das Haar ist dunkler und die Nägel sind trocken oder brüchig. Sie haben einen dunklen oder blassen Teint und ihre Haut kann trocken, rau und kalt sein. Ihre Augen sind dunkel und manchmal klein oder eingesunken. Sie haben häufig kalte Hände und Füße. Sie besitzen oft einen schwachen oder wechselhaften Appetit und ihre Ausscheidung kann spärlich, unregelmäßig und tendenziell trocken oder verstopft sein. Für sie ist es oft eine Herausforderung, das Gewicht zu halten. Vata-Typen lernen schnell und haben ein tolles Kurzzeitgedächtnis, doch es kann ihnen Mühe bereiten, Informationen für längere Zeit im Gedächtnis zu bewahren. Sie sind sehr kreativ, visionär und geistig rege, können aber leicht ermüden oder haben Schwierigkeiten, eine Aufgabe zu beenden, bevor sie eine neue beginnen. Es kann Vata-Typen schwerfallen, sich an eine Routine oder ein tägliches Ritual zu halten. Doch gerade sie profitieren am meisten von der Stabilität einer regelmäßigen Gewohnheit.

Pitta-Typen

Pitta-Typen haben einen mittleren und muskulösen Körperbau und sind weder übermäßig dünn noch übergewichtig. Ihnen wird schnell warm und ihre Haut ist rot oder gerötet. Der Teint ist oftmals kupferfarben oder gelb, hell und sommersprossig. Ihre Augen sind grün, grau oder kupferbraun und haben einen hellen oder scharfen Ausdruck. Ihre Haare können fein, hellbraun, blond oder rot sein, ihre Nägel sind weicher. Sie haben einen unersättlichen Appetit und wenn sie gesund sind, ist ihre Verdauung stark. Ihr Stuhlgang ist regelmäßig und neigt dazu, lose oder flüssig zu sein. Sie nehmen rasch zu oder ab. Pitta-Typen sind sehr intelligent, scharfsinnige Denker und Redner und lernen schnell. Ihr natürliches Charisma, ihr Antrieb und ihre Disziplin machen sie zu großartigen Führungskräften. Aber ihr übertriebener Ehrgeiz kann zu gewohnheitsmäßiger Überarbeitung und allgemeiner Übertreibung bis hin zum Burn-out führen. Für einen Pitta-Menschen ist es am besten, wenn er seine Intensität im Zaum hält, damit sein bereits starkes inneres Feuer sich nicht verschlimmert.

Sehen ist Nahrung für die Augen. Klang ist Nahrung für die Ohren. Berührung ist Nahrung für die Haut. Geschmack ist Nahrung für die Zunge.

— DR. VASANT LAD

Kapha-Typen

Kapha-Typen haben einen mittleren bis ausladenden Körperbau mit schweren Knochen und breiten Hüften. Sie besitzen einen wohlproportionierten und robusten Körper, oft mit tief liegenden Gelenken, die gut geschmiert sind. Haut und Haare sind dick, weich und ölig und die Nägel kräftig. Sie haben große Augen und volle Lippen. Sie haben einen regelmäßigen Appetit, neigen aber zu langsamer Verdauung und Ausscheidung. Sie nehmen rasch zu, aber nur schwer ab. Kapha-Menschen haben eine konstante Energie, gute Ausdauer und ein langsames und ruhiges Gemüt. Sie brauchen länger, um Neues zu lernen und sich an Veränderungen anzupassen, aber wenn das geschieht, ist ihr Langzeitgedächtnis stark und ihr Engagement unerschütterlich. Sie sind von Natur aus liebevoll, fürsorglich, großzügig und freundlich. Gewohnheiten und Routinen werden leicht gebildet und beibehalten, aber das kann zu Starrheit und Anhaftung führen, wenn man nicht aufpasst.

IHR AKTUELLER ZUSTAND

Wenn Sie über diese Haupttypen lesen, sehen Sie sich vielleicht eher von einem und weniger von einem anderen repräsentiert. Oder Sie fühlen sich eher von den körperlichen Eigenschaften des einen und den geistigen des anderen angesprochen. Es kann Spaß machen, bei einem Online-Quiz die Doshas zu erforschen, aber der beste Weg, Ihre Prakriti zu bestimmen, ist, mit einem ausgebildeten Arzt zu arbeiten, der sie für Sie feststellen kann. Im Abschnitt „Bezugsquellen“ habe ich einige Zentren, Schulen und Online-Referenzen aufgeführt. Wenn man seine Prakriti versteht, weiß man besser darüber Bescheid, welche Tendenzen der eigene Körper und Geist hat. Hat man sich zum Beispiel mehr mit den oben beschriebenen Vata-Qualitäten identifiziert, kann einen ein windiger, kalter Tag mehr beeinträchtigen als jemanden mit mehr Pitta oder Kapha in der Konstitution. Die Prakriti ist auch der Grund dafür, dass mein Freund und ich gemeinsam am Esstisch dieselbe Mahlzeit einnehmen, aber völlig andere Erfahrungen damit haben, wie wir das Essen verdauen und wie sich die Speisen auf unsere Innenwelt auswirken. Wenn wir unsere eigene Prakriti kennen, hilft uns das, unsere Neigungen zu verstehen ‒ warum wir bestimmte Lebensmittel und Aktivitäten anderen vorziehen und wie sich die natürlichen saisonalen Einflüsse in besonderer Weise auf unseren Körper und Geist auswirken. Wir lernen uns dadurch besser kennen und verstehen, was wir tun müssen, um in Balance zu bleiben.

Doch bevor Sie sich zu sehr damit beschäftigen, ihren Typen zu identifizieren („Ich bin Vata“, „Ich bin Pitta“, „Ich bin Kapha“ usw.), treten Sie einen Schritt zurück und erinnern Sie sich daran, dass Sie aus allen Elementen zusammengesetzt sind, die in einer harmonischen, ineinandergreifenden Einheit in Ihnen wirken. Die Prakriti ist wichtig, aber sie ist nicht alles.

Ich weiß noch, wie ich zuerst Dutzende von Ayurveda-Lehrbüchern las und mir von den ganzen Informationen der Kopf schwirrte. Ich versuchte, alles zu verstehen und klebte an den Tabellen für Vata-Typen. Ich versuchte, alles wortwörtlich zu befolgen, was ich essen oder tun sollte, und alles zu meiden, was „schlecht“ für mich war. Das half aber nur so lange, bis die Jahreszeit wechselte und sich damit meine Bedürfnisse veränderten. Im Sommer wurde mir heiß und die ganzen schweren, öligen gekochten Speisen, die im Herbst und Winter so gut gepasst hatten, gaben mir das Gefühl festzustecken. Wenn wir uns an eine statische Vorstellung davon klammern, wer wir zu sein glauben oder welche Ernährung wir brauchen, verpassen wir die Schönheit hinter der Weisheit des Ayurveda ‒ die Weisheit des Bewusstseins. Wenn wir lernen, wie unser Körpertyp von den Jahreszeiten, Tageszeiten und unterschiedlichen Lebenszyklen beeinflusst wird, besitzen wir den Schlüssel, um diese innere Balance zu bewahren, die unsere Gesundheit prägt. Und damit kommt die Vikriti ins Spiel.

Unsere Vikriti ist unser aktueller Zustand oder die derzeitige Verfassung, der grundlegende Ausdruck der Beziehung unseres Körpers zu unserer gegenwärtigen Umgebung. Die Vikriti fordert uns auf, aufmerksam zu sein und präsent zu bleiben. Wenn wir im Hochsommer merken, dass wir uns heiß, unruhig und unausgeglichen fühlen, können wir beobachten, dass Pitta hoch ist. Oder wenn uns kalt und die Haut trocken ist und unsere Gelenke knacken, ist Vata hoch. Wenn wir uns träge und lethargisch fühlen oder eine laufende Nase haben, ist Kapha hoch. Diese einfachen Beobachtungen, wie wir uns im Moment fühlen, helfen uns, Unausgewogenheiten zu erkennen und zeigen uns, welche Maßnahmen wir ergreifen sollten, um uns wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Man braucht kein Dosha-Quiz, um zu wissen, dass man sich heiß oder kalt, schwer oder leicht fühlt. Dies ist vielleicht das wichtigste Hilfsmittel für die eigene Anwendung und der Grund dafür, warum ich die gesamte Struktur dieses Buches darauf ausgerichtet habe, eine Beziehung zu sich selbst herzustellen, die im gegenwärtigen Moment stattfindet, um mit den Jahreszeiten und Lebenskreisläufen verbunden zu bleiben.

Selbsterforschung

Um herauszufinden, was Sie jeden Tag brauchen, brauchen Sie nur in sich zu gehen und zu beobachten, was gerade in Ihrem Körper und Geist stattfindet. Selbsterforschung ist ein wirksames Mittel, sich selbst auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene kennenzulernen. Stellen Sie sich morgens nach dem Aufwachen diese beiden einfachen Fragen:

1.Was ist heute da? Beobachten Sie, wie Sie sich in Ihrem Körper fühlen. Nehmen Sie wahr, welcher Natur Ihre Gedanken und Emotionen sind.

2.Was ist erforderlich? Wie können Sie sich heute etwas Gutes tun, um ins Gleichgewicht zu kommen?

Die Macht der Gedanken: Die Maha Gunas

Bedenken Sie, dass unsere Gesundheit nicht nur bedeutet, den physischen Körper zu pflegen, sie erfordert auch, dass wir unseren Geist verstehen. Während die 20 Qualitäten (Gunas) in erster Linie dazu dienen, die Merkmale des physischen Körpers und die materielle Welt um uns herum zu beschreiben, können die Maha Gunas die unterschiedlichen Ausdrucksformen unseres Geistes darstellen. Die drei Maha Gunas ‒ Sattva, Rajas und Tamas ‒ helfen uns zu erkennen, wann wir uns in einem Zustand klaren und ausgeglichenen Denkens befinden, wann wir überaktiv oder aufgeregt oder wann wir wenig aktiv oder zurückgezogen sind.

Sattva bedeutet „Licht“ und ist ein Zustand der Klarheit, Erleuchtung, Harmonie und Zufriedenheit. Es ist das Gefühl, dass alles im Lot ist und ein Empfinden tiefer innerer Leichtigkeit herrscht. Es ist dieses ruhige, klare Gefühl, das wir nach einer angenehmen Yogastunde empfinden oder nachdem wir draußen in der Natur waren. Der Geist befindet sich in einem ruhigen Bewusstseinszustand, in dem die Doshas stabil und ausgeglichen sind. Diesen harmonischen Zustand, unsere Wesensnatur, versuchen wir im Laufe unseres Lebens immer wieder aufrechtzuerhalten.

Rajas ist die Energie der Aktion. Sie ist anregend und sorgt für Bewegung, oft bis zum Exzess. Es ist auch die Energie, die Veränderung, Innovation, Inspiration und Leidenschaft antreibt. Da Rajas durch Aktion Bewegung erzeugt, kann es für mangelndes Gleichgewicht und Unausgeglichenheit sorgen. Bei zu viel Rajas bekommen wir ein Burn-out, aber mit zu wenig stagnieren wir oder fühlen uns festgefahren. Wenn Rajas dazu führt, dass Verlangen unseren Geist dominiert, sind die Triebfedern unserer Handlungen oft Unzufriedenheit und Angst.

Tamas ist Trägheit. Es ist die Energie der Ruhe. Es bezieht sich auf Stagnation, Ignoranz, Schwere und Anhaftung. Tamas hat eine dämpfende oder verlangsamende Qualität, die häufig durch einen Mangel an angemessenem Rajas entsteht. Wenn Tamas unser Denken dominiert, mangelt es uns an Klarheit und wir verharren in Unentschlossenheit und Untätigkeit. Tamas kann dazu beitragen, dass wir ruhiger oder gelassener werden, wenn wir überreizt sind, doch zu viel Tamas kann zu Depression, Unlust, Selbstgefälligkeit und Faulheit führen.

So wie die fünf Elemente Ihren Körper und Ihre Umwelt gestalten, sind alle drei Gunas notwendige Schöpfungsprinzipien. Eines ist nicht unbedingt besser als das andere. Man braucht Rajas, um von Tamas zu Sattva zu gelangen, und man benötigt Tamas, um Rajas zu beruhigen und zu Sattva zurückzukehren. Mit anderen Worten sind manchmal feurige Aktivitäten gefragt, um in Gang zu kommen und Vermeidungsstrategien aufzugeben. An anderen Tagen muss man sich einfach hinlegen, ausruhen und still sein, um Überreizung abzubauen. Aber im Allgemeinen zielen unsere Bemühungen darauf ab, uns in Richtung Sattva zu bewegen. Wir wollen bewusst beobachten, wie wir uns im gegenwärtigen Moment fühlen, um zu erkennen, wann wir zu aktiv sind oder zu sehr stagnieren und wie unsere aktuelle Gemütsverfassung unser Wohlbefinden beeinflusst. Wir können diese Bewusstheit auf unsere Yogapraxis, unsere Beziehungen und unsere Arbeit anwenden, auf die Auswahl unserer Nahrungsmittel und auf alle Entscheidungen, mit denen wir jeden Tag konfrontiert sind.

Selbsterforschung

Können Sie erkennen, wie diese Zustände Ihr Denken und Handeln steuern? Neigen Sie in Ihren Alltagsgewohnheiten zum einen oder anderen? Erinnern Sie sich an eine Zeit, in der Sie Sattva erlebt haben – wie hat sich das in Körper und Geist angefühlt?

Die Brücke zwischen unserer Innen- und Außenwelt schlagen

Wir haben nun die Elemente und Doshas behandelt, aus denen der physische Körper besteht. Wir haben auch über den Geist gesprochen, aber was ist mit unseren Sinnen? Unsere Sinne sind das Tor zwischen der Außenwelt und unserer Innenwelt. Sie kennen die alte Frage: „Wenn im Wald ein Baum umfällt und niemand ist da, der es hört – macht das dann ein Geräusch?“ Diese Überlegung weist auf unsere Verbindung zwischen Verstand, Körper und Sinnen hin. Unser Verstand nimmt eine Erfahrung über die Sinne wahr, unser Körper reagiert darauf. Sinnesreize und unsere Wahrnehmung formen buchstäblich unsere ganze Welt.

Wenn die Natur also in ihrer eigenen Sprache zu uns spricht, geschieht das nicht mit Worten, sondern durch Sinneserfahrungen. Die fünf Sinnesorgane ‒ Augen, Ohren, Nase, Zunge und Haut ‒ sind Brücken zwischen der Außenwelt und unserer Innenwelt. Wir kommunizieren über unsere Sinne und die Organe des Handelns (Indriyas) und erfassen die Welt um uns herum mit unserem Verstand (Manas). Wie gesagt, jedes Organ und jede Aktion ist mit einem der fünf Elemente verknüpft: Im Raum bringt die Schwingung den Klang zu den Ohren, in der Luft macht die Bewegung eine Berührung auf der Haut spürbar, Feuer erzeugt Licht in den Augen, über die Feuchtigkeit von Wasser gelangt Geschmack auf die Zunge und die Erde bringt Geruch zur Nase. Basierend auf diesen Empfindungen und die darin gespeicherte Erinnerung an frühere Erfahrungen erzeugt der Geist ständig Gedanken und Gefühle, die unser Handeln beeinflussen.

Warum ist es so wichtig, die Sinne zu verstehen? Wissen ist Macht, sagt man. Dieser Kreislauf aus Wahrnehmen und Reagieren formt die gesamte Wahrnehmung unserer Realität. Meist agieren wir mit nur wenig Bewusstsein dafür, dass dieser Prozess überhaupt stattfindet! Wenn ich mit Klienten arbeite, geht es bei unseren allerersten Übungen darum, ein Bewusstsein für ihre Sinne zu entwickeln, weil so die Automatisierung des Handelns ‒ also die Gewohnheit ‒ unterbrochen wird. Wir entwickeln Gewohnheiten aus Erfahrungen und manchmal helfen uns diese Gewohnheiten (wie zum Beispiel entstehend aus der Erfahrung, die Hand nicht auf einen heißen Herd zu legen, um sich nicht zu verbrennen), doch oft entstehen dadurch auch ungesunde Muster. Versuchen wir also, ungesundes Essverhalten, zu viel Fernsehen oder schmerzhafte emotionale Kreisläufe zu durchbrechen, ist es entscheidend zu erkennen, wie Sinnesreize uns beeinflussen. Mein Lehrer sagt dazu: „Wie entflieht man dem Gefängnis? Indem man erkennt, dass man sich darin befindet.“

Häufig sehen wir unsere Muster gar nicht. Wenn wir über unsere Sinne und den willentlichen Rückzug von ihnen meditieren, verlassen wir das gewohnte Denken und gelangen zu einer echten Erfahrung des aktuellen Augenblicks. Unser Bewusstsein und die Verbindung zu allen fünf Sinnen bringt den brillanten Dialog zwischen Körper, Geist und Natur zustande. Entwickeln wir dieses Bewusstsein durch eine tägliche Praxis, erlangen wir die Fähigkeit, unsere momentanen Bedürfnisse zu erkennen und zu stillen. Wenn wir neue Dinge ausprobieren, brechen wir mit unseren Gewohnheiten ‒ und brechen so aus dem Gefängnis aus.

Lernt man, jeden einzelnen Moment im Einklang mit den zyklischen Rhythmen des Universums zu leben, schafft man eine solide Grundlage für ein erfülltes und gesundes Leben.

–BRI MAYA TIWARI

Selbsterforschung

Asatmendriyartha Samyoga ist der Begriff, der den Missbrauch unserer Sinnesorgane beschreibt. Ein Beispiel wäre, durch die sozialen Medien zu scrollen und dann nicht einschlafen zu können. Oder regelmäßiges Rauchen und Essen von sehr salzigen und scharfen Nahrungsmitteln als Folge von abgestumpften Geschmacksknospen. Wir können viele unbewusste Gewohnheiten haben, durch die wir uns anders verhalten, wenn unsere Sinne überreizt sind. Notieren Sie ein paar Dinge, mit denen Sie Ihre Sinne missbraucht haben. Welche Folgen hat dies?

DIE ROLLE DES GESCHMACKS

Nahrung spielt eine entscheidende Rolle für unsere Gesundheit. Der Geschmackssinn leistet viel mehr, als unser Gehirn über die Zufriedenheit zu informieren. Unsere Zunge hat die Fähigkeit zu erkennen, wie unterschiedliche Kost unseren Körper sowie unseren Gemütszustand beeinflusst. Das Ayurveda unterscheidet sechs Hauptgeschmäcker (Rasas) im Essen ‒ süß, salzig, sauer, scharf, bitter und adstringierend ‒ und jeder ist mit den fünf Elementen verknüpft. Diese Geschmäcker können durch ein Mundgefühl wahrgenommen werden. Wie ein erfahrener Sommelier, der einen Schluck Wein im Mund hält und die Feinheiten der Süße von Beeren oder der Adstringenz von Tanninen im Jahrgang bemerkt, kann eine geschulte Zunge erkennen, ob ein Nahrungsmittel uns zu Balance verhilft oder nicht. Wenn man weiß, dass süße Lebensmittel das Erdelement enthalten, versteht man, dass sie eine erdende und nährende Wirkung haben, die Vata reduziert ‒ denken Sie an gebratenes Wurzelgemüse im Winter. Da süße, saftige Wassermelonen auch das Wasserelement enthalten, haben sie eine kühlende und lindernde Wirkung, die Pitta verringert ‒ daher passt sie gut in den Hochsommer. Wenn Sie die sechs Geschmäcker anwenden, wird die Planung des Essens ein intuitiver Prozess und kann dazu dienen, Ihren Körper im Laufe der Jahreszeiten in Balance zu halten. Diese Tabelle beschreibt jeden Geschmack, seine dazugehörigen Elemente und entsprechenden Nahrungsmittel und ob er ein bestimmtes Dosha erhöht (↑) oder vermindert (↓).

NAHRUNG UND BEWUSSTSEIN

So wie die sechs Geschmäcker auf die Doshas einwirken, können sie auch den Verstand beeinflussen. Das Essen und wie es verdaut wird, hat eine direkte Wirkung auf unser Bewusstsein. Saure, salzige und scharfe Nahrungsmittel enthalten das Feuerelement, somit kann zu viel Hitze einen rajasischen Verstand hervorrufen. Zu diesen Lebensmitteln gehören Zwiebeln, Knoblauch, frittierte und fermentierte Speisen, scharfe Soßen, Essige und Alkohol. Eine Ernährung, die zu viele dieser Lebensmittel enthält, kann die Hitze steigern und zu Ärger, Aufregung, einer scharfen Zunge, einem überaktiven Geist, der Unfähigkeit, still zu sitzen oder allein zu sein und häufigem Aufwachen während der Nacht mit rasenden Gedanken oder heftigen Träumen führen.

Süßer Geschmack hat einen mildernden Effekt und kann einen überaktiven Geist beruhigen. Doch es kommt auf die Qualität der Süße an. Industriell verarbeiteter Zucker, Eiscreme und andere gefrorene Desserts, homogenisierte Milchprodukte, Fleisch, Öle und Weizen besitzen alle einen süßen Geschmack, wirken jedoch klebrig und schwer im Körper, was die Tamas erhöht. Diese „schweren“ Lebensmittel können uns bei übermäßigem Konsum verlangsamen und das Denken träge machen. Aber wenn der süße Geschmack achtsam eingesetzt wird, kann er eine sattvische Wirkung haben, die den Körper mit Nährstoffen versorgt und zufrieden macht. Süße Gemüse, frisches Obst, hochwertige Bio-Milch- und Vollkornprodukte können dazu beitragen, einen Zustand des Gleichgewichts zwischen den rajasischen und tamasischen Lebensmittelwirkungen herzustellen.

DIE SECHS GESCHMÄCKER

GESCHMACK

ELEMENTE

WIRKUNGEN

EINFLUSS

LEBENSMITTEL

Süß

Erde + Wasser

Baut Gewebe auf, beruhigt die Nerven, lindert Hunger

↓ Vata ↓ Pitta ↑ Kapha

Frisches und Trockenobst, süßes Gemüse (Gurken, Wurzelgemüse, Flaschenkürbisse), Vollkorn, natürliche Süßungsmittel (Honig, Ahornsirup, Palmzucker, Kokoszucker), Datteln, frische Milch und Ghee

Sauer

Feuer + Erde

Befeuchtet Gewebe, regt Verdauung und Ausscheidung an

↓ Vata ↑ Pitta ↑ Kapha

Unreifes Obst, Tamarinde, Zitronen, Limetten, fermentierte und eingemachte Lebensmittel (Joghurt, Kimchi, eingelegtes Gemüse, Sojasoße, Tamari, Essige [Ume, rot, weiß], Balsamico, Apfelessig)

Salzig

Feuer + Wasser

Erhöht den Geschmack, Respiration, Wassereinlagerungen: befeuchtet den Darm

↓ Vata ↑ Pitta ↑ Kapha

Mineralsalze, Meeresgemüse (Kombu, Nori, Arame, Wakame), wasserhaltiges Gemüse (Sellerie, Tomaten, Zucchini, Gurken)

Scharf

Feuer + Luft

Steigert die Hitze: regt Verdauung und Stoffwechsel an

↑ Vata ↑ Pitta ↓ Kapha

Chili und Pepperoni, schwarzer Pfeffer, Zwiebel, Knoblauch, Ingwer, Senf, Meerrettich, rohe Rettiche und Kohlrüben, Asant, Nelken

Bitter

Luft + Äther

Entgiftet die Gewebe und lockert sie auf

↑ Vata ↓ Pitta ↓ Kapha

Aloe vera, Löwenzahn, Blattgemüse, Bittergurke, Klettwurzel, Aubergine, Topinambur, Sesamsamen und -öl, Bitterschokolade, Kaffee, Bockshorn

Adstringierend

Luft + Erde

Absorbiert Wasser, trocknet Gewebe aus und strafft sie

↑ Vata ↓ Pitta ↓ Kapha

Hülsenfrüchte, rohes Kreuzblütler-Gemüse (Kohl, Brokkoli, Blumenkohl), Obst (Granatäpfel, unreife Bananen, Cranberries), Basilikum, Lorbeerblatt, Kümmel, Koriander, Dill, Fenchel, Majoran, Muskatnuss, Oregano, Petersilie, Mohnsamen, Rosmarin, Safran, Kurkuma, Vanille, Tannine in Kaffee, Schwarztee und Wein

Selbsterforschung

Werfen Sie einen Blick in Ihren Kühlschrank. Welche Lebensmittel essen Sie lieber? Wenn Sie Heißhunger verspüren, wollen Sie dann Süßigkeiten? Lieben Sie salzige und knusprige Speisen? Krönen Sie jede Mahlzeit mit einem großzügigen Spritzer Sriracha-Chilisoße? Unser mentaler Zustand steuert in der Regel unsere Essensentscheidungen. Wenn Sie sich also unbeherrscht und aufgeregt fühlen, stellen Sie die Chilisoße weg, lassen Sie den Kaffee stehen und beobachten Sie, wie sich Ihr Gemüt dadurch beruhigt. Wenn Sie Abend für Abend zu Schokolade und Backwaren greifen, sollten Sie sich fragen, wo Sie, durch sinnvolle Kontakte mit Freunden und lieben Menschen, mehr emotionale „Süße“ in ihr Leben bringen können. Unser Verlangen nach Süßem entsteht oft durch ein Bedürfnis nach liebevoller Berührung, freundlichen Handlungen und Beziehungen. Was will Ihr Heißhunger Ihnen mitteilen?

Kein Nahrungsmittel ist an sich schlecht. Es ist alles eine Erfahrung von Geist und Körper. Aber wenn man weiß, welche Art von Erfahrung der Verzehr unterschiedlicher Substanzen hervorruft, kann man bewusstere Entscheidungen treffen, wie man sich ernährt. Wir benötigen alle sechs Geschmäcker beim Kochen, um die fünf Elemente zu nähren und die Doshas auszugleichen. In der richtigen Menge lassen sich die sechs Geschmäcker medizinisch einsetzen. In den nach Jahreszeiten gegliederten Abschnitten dieses Buches finden Sie Anleitungen, welche Geschmäcker und Speisen man zur jeweiligen Jahreszeit bevorzugen und welche man vermindern sollte. Im nächsten Kapitel steigen wir auch noch tiefer in die unterschiedlichen Geschmäcker ein und besprechen, wie man mit ihnen arbeitet: Ich nenne dieses Konzept gerne „das ausgewogene Gericht“.

DIE SEELE INTEGRIEREN

Es kann schwer sein, sich im Leben zurechtzufinden, wenn man seine Rolle im Universum nicht versteht. Ohne eine klare Vision oder einen Weg, der uns führt, kann es passieren, dass wir uns an Identitäten und Illusionen klammern, wer wir zu sein glauben. Das verursacht Leiden und entfernt uns von Svastha. Wahre Befreiung und innerer Frieden entspringen dem Wissen, dass wir jenseits unserer physischen Form grenzenlos, das Göttliche selbst sind. Diese Konzepte mögen schwer zu begreifen sein, wenn sie eben nur das sind ‒ theoretische Konzepte oder Worte in einem Buch. Das Ziel von Yoga und Meditation besteht darin, dieses Verständnis durch unsere eigene direkte Erfahrung zu verankern und wirklich zu begreifen.

Ayurveda kennt sechs Hauptphilosophien, die den Ursprung und die Beschaffenheit der materiellen Welt und unsere Beziehung zu ihr beschreiben. Diese Philosophien stellen jeweils eine Sichtweise der Realität dar, die das Selbst als einen Teil des Göttlichen betrachtet. Es gibt viele spirituelle Herangehensweisen, die darauf abzielen, Sie zu dieser Art der geistigen Befreiung zu führen. Im übertragenen Sinne gibt es viele Transportmittel, aber nur einen Pfad. Die Suche nach einem erfahrenen spirituellen Lehrer kann Ihnen dabei helfen herauszufinden, mit welchem Transportmittel Sie auf dem Weg unterwegs sind. Zu diesem Thema allein könnte man ein ganzes Buch oder gar Bände von Büchern schreiben! Unabhängig von Ihrem religiösen Hintergrund ist es ein guter Anfang, einfach ein paar Minuten am Tag in schweigender Stille zu verbringen. Der dabei entstehende geistige Freiraum kann Sie zur eigenen Kontemplation und Verbindung mit dem kosmischen Bewusstsein einladen, die im Ayurveda beschrieben wird.

KÖRPER UND GEIST IN BALANCE BRINGEN