Lockdown! ... Und dann? - Helmut Dewitt - E-Book

Lockdown! ... Und dann? E-Book

Helmut Dewitt

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Beschreibung

"Lockdown! ... Und dann? " ist ein Erfahrungsbericht über die innere Entwicklung eines Menschen im Verlauf der Corona-Pandemie. Parallel zu einem chronologischen Überblick wichtiger Fakten der Krise werden Gedanken, Bewertungen und Erlebnisse des fiktiven Ich-Erzählers zeitnah dargestellt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den Geschehnissen in Nordrhein-Westfalen.

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Seitenzahl: 164

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Für meine Familie und alle, die Gleiches erlebt haben! Somit für fast alle Menschen auf unserem Planeten! Für die, die es überlebt haben, und für die, welche wegen Corona nicht mehr bei uns sind!

Die in der Erzählung vorkommenden Personen sind frei erfunden, die Geschehnisse im Verlauf der Corona-Pandemie leider nicht.

Sollte jemand in dem Glauben sein, sich wiederzuerkennen, so sind solche Parallelen vom Autor nicht beabsichtigt, aber auf Grund der Geschehnisse unvermeidbar. Die Pandemie hat uns und unser Verhalten so verändert, dass neben der weiterhin bestehenden Individualität eine Aufspaltung in nur wenige Kategorien des Denkens und Verhaltens offenkundig wurde.

Vorwort:

Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass Schreiben für mich bedeutet, Erlebnisse auf satirische Art auszuschmücken oder solche zu erfinden und mit einem Augenzwinkern darzustellen. Auf diese Weise war ich auch mit dem Verfassen meines zweiten satirischen Romans beschäftigt, als mein bzw. unser Alltag sich auf drastische Weise veränderte. Aus einer zunächst nicht weiter Besorgnis erregenden neuen Krankheit namens Covid-19 im weit entfernten China wurde innerhalb nur weniger Wochen eine Pandemie.

Und ich musste feststellen, dass es mir auf einmal nicht mehr gelang, mit Freude an meinem Romanprojekt weiterzuarbeiten. Ich hatte eine Schreibblockade! Diese hielt sich über Monate, mein Platz am Schreibtisch blieb zwar, meine Arbeit war jedoch von ganz anderen Dingen geprägt, nicht mehr von dem Verfassen eines satirischen Romans. Informationen zur aktuellen Situation abrufen, Mails im Zusammenhang mit abgesagten Urlaubsaktivitäten verfassen, Schreiben bezüglich abgesagter ehrenamtlicher Tätigkeiten, Kündigungsschreiben zu bestehenden Abonnements, Telefonate und vieles andere! Dazu kamen auf Grund des Lockdowns vermehrte Aktivitäten an der freien Luft: Gartenarbeit, Wanderungen. Alles war auf einmal anders geworden.

Dann kam mir eines Tages die Idee, meine derzeitige Situation, welche derjenigen so vieler anderer ähnelte, schriftlich festzuhalten. Meine Schreibblockade war überwunden. Aber wie anders sahen die nun verfassten Texte aus! Es handelte sich um die Chronologie der durch die Pandemie verursachten Ereignisse und Beschreibungen meiner persönlichen Aktivitäten, Stimmungen und Bewertungen. Natürlich war dies alles zunächst nur für mich gedacht. Dann aber wurde mir klar, dass ich diese Erfahrungen und Meinungen mit einem Großteil der Bevölkerung teilte, und die Idee für eine neue Veröffentlichung war geboren.

Ich begann, meine persönlichen Erlebnisse und Gefühle mit den von Bekannten und Freunden gehörten Ansichten zu erweitern, zu vermischen und diese in einer chronologischen Form anzuordnen. Dazu gehörten natürlich auch die Informationen über die Entwicklung der Pandemie von ihrem Ursprung bis zum aktuellen Zeitpunkt. Nicht um eine wissenschaftliche Aufarbeitung und Genauigkeit ging es mir, sondern um die Darstellung von Geschehnissen, welche unser Leben veränderten. Es sollte deutlich werden, wie eine solche Epidemie, Pandemie Schritt für Schritt das Denken von Menschen beeinflussen kann.

So lesen Sie auf den folgenden Seiten keine spannende oder lustige Erzählung, sondern einen Bericht über die Entwicklung der Krankheit und der parallel dazu verlaufenden Bewusstseinsveränderung in einem Menschen. Im Focus stehen dabei die weltweiten Geschehnisse, einen Schwerpunkt bilden diejenigen in Nordrhein-Westfalen, meinem Wohnort. Es sind nicht nur meine Erlebnisse und Gedanken, es sind die Erlebnisse und Gedanken vieler. So ist auch der Ich-Erzähler eine fiktive Person.

Ich hoffe, dass auch eine solche Art der Veröffentlichung Ihre Zustimmung finden wird. Manches ist sicherlich überzeichnet, erfunden ist es nicht!

Ich wünsche Ihnen trotz des ernsten Themas kurzweilige Stunden beim Lesen. Vielleicht erkennen Sie sich ja in manchen Passagen wieder. Bleiben Sie gesund!

Helmut Dewitt

Was man über mich, den Ich-Erzähler, wissen sollte, um meine Gefühle, Ansichten und Bewertungen nachzuvollziehen:

Name:

Johann Maria Meurer

Alter:

62 Jahre

Größe:

1,80 Meter

Gewicht:

normal

Haarfarbe:

grau, ehemals schwarz

Wohnort:

Dorf bei Euskirchen

Familienstand:

seit 36 Jahren in erster Ehe verheiratet

Ehefrau:

Franziska

Kinder:

zwei Töchter – Claudia (35, Lehrerin) und Alina (23, Krankenschwester), zwei Söhne – Erik (33, Handwerker) und Stefan (29, Polizist)

Beruf:

Gymnasiallehrer für Mathematik und Physik, seit acht Monaten pensioniert

Hobbys:

Sport (als Zuschauer), besonders Fußball; Lesen; Reisen; gutes Essen

Freunde:

großer Freundeskreis, häufige Kontakte

Sonstiges:

verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten

Inhalt:

Anfang Januar 2020

Ende Januar 2020

02. Februar 2020

24. Februar 2020

29. Februar 2020

08. März 2020

13. März 2020

16. März 2020

22. März 2020

24. März 2020

31. März 2020

14. April 2020

21. April 2020

28. April 2020

Ende Mai 2020

Mitte Juni 2020

Ende September 2020

Ende Oktober 2020

1

Anfang Januar 2020

Meine Jahresplanung steht fest: Endlich ein ganzes Jahr ohne Schule! Zwar habe ich schon die Monate nach meiner Pensionierung im Sommer des letzten Jahres genossen, aber mich damals zunächst einmal einfach treiben lassen. Keine kaum interessierten Schülerinnen und Schüler mehr zu einem Mindestmaß an fachlichem Wissen führen, keine Klassenarbeiten mehr korrigieren, keine lästigen Konferenzen mehr durchhalten! Einfach ausgedrückt: keine Schule mehr! So sind die ersten Monate meines Ruhestands diesem Begriff entsprechend in tatsächlicher Ruhe vergangen, ohne nennenswerte Aktivitäten, einfach nur abschalten, ausruhen. Doch das Jahr 2020 soll ganz anders aussehen: Reise auf Reise soll unseren Horizont erweitern, sind wir doch bisher in den Sommerferien meist an die holländische Nordseeküste gefahren und haben dort einige Wochen auf dem Campingplatz verbracht, früher mit den Kindern, seit Jahren dann in trauter Zweisamkeit. Jetzt aber wollen wir die Welt erobern, zunächst zumindest einmal Europa, im nächsten Jahr sollen dann die Fernreisen folgen. Für März ist eine dreiwöchige Reise nach Nordgriechenland geplant, im Mai soll es dann von Portugal aus auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela gehen, im Herbst dann nach Sizilien. Alle Reisen sind sozusagen „in trockenen Tüchern“. Die Flüge für den März sind bei Ryanair gebucht, ebenso diejenigen von Köln nach Porto. Dazu haben wir auch in Eigenregie das Hotel in der Nähe von Thessaloniki und auch schon dreizehn verschiedene Hotels in Portugal und Spanien gebucht, alles kostenlos stornierbar natürlich. Man ist ja vorsichtig, aber was soll schon passieren. Auch der Gepäcktransport auf dem Jakobsweg und die Rückfahrt mit dem Bus von Santiago nach Porto sind geordert und per Kreditkarte bezahlt. Lediglich für die Planung der Reise nach Sizilien haben wir uns noch etwas Zeit gelassen. Davon haben wir nun wirklich genügend zur Verfügung. Alles ist also perfekt durchorganisiert, das Jahr kann seinen geplanten Verlauf nehmen.

2

Ende Januar 2020*

In den letzten Tagen erreichen uns vermehrt Meldungen in den Medien, dass ein zunächst im Dezember, eventuell sogar schon November 2019 in der chinesischen Millionenstadt Wuhan aufgetretenes, bisher unbekanntes Virus die Atemwegserkrankung Covid-19 auslöst und sich nun in China ausbreitet.

Sicher, das ist nicht schön für die Menschen dort, aber was soll das mit uns zu tun haben? China ist schließlich weit weg, und wir haben schon so einige Epidemien aus Asien und Afrika kennen gelernt, ohne dass sie ernsthafte Konsequenzen für uns mit sich brachten. Ich denke da an Bezeichnungen wie SARS und Ebola, welche nie wirklich bis Deutschland gelangten, aber auch die Panikmache im Zusammenhang mit der Vogelgrippe. Viel schlimmer haben sich da die jährlich auftretenden Grippewellen hierzulande bemerkbar gemacht. Klar, es hat auch 1918 bis 1920 die oft zitierte „Spanische Grippe“ mit mehr als 500 Millionen Infizierten und bis zu 50 Millionen Toten gegeben, aber das waren andere Zeiten. Die medizinische Versorgung war damals noch lange nicht auf dem Stand von heute, ebenso wenig waren es die hygienischen Verhältnisse. Das ist doch im Jahr 2020 völlig anders. Nein, Sorgen brauchen wir uns wirklich nicht zu machen! Und dann der Name: „Corona-Virus“! Hört sich doch sogar irgendwie edel an. „Corona“: ist lateinisch und steht für Krone oder Kranz. Außerdem gibt es Corona-Viren schon seit den sechziger Jahren, wie ich bei Doktor Google erfahren habe. Die hat man damals so genannt, weil sie ein kranzförmiges Aussehen haben.

Also machen wir mal halblang und regen uns nicht weiter auf. In ein paar Tagen werden die Meldungen über das neuartige Virus wieder von den Titelseiten der Zeitungen verschwunden und in den Nachrichten im Fernsehen wieder nach hinten gerückt sein, wenn sie nicht auch dort schon wieder völlig verschwunden sind.

Ich will mich jetzt jedenfalls nicht weiter damit beschäftigen. Da habe ich anderes zu tun, zum Beispiel einen Plan für die drei Wochen in Nordgriechenland zu machen. Schließlich wollen wir vorbereitet dorthin reisen. Und dazu gehört, dass wir wissen, welche Sehenswürdigkeiten wir uns in Thessaloniki und in der weiteren Umgebung ansehen wollen. Sicherlich werden wir auch bis zu den Meteora-Klöstern und nach Chalkidiki fahren, einen Mietwagen habe ich bereits gebucht. Den Parkplatz am Flughafen Weeze natürlich auch.

Ich bin schon ganz aufgeregt, drei Wochen Frühlingssonne in Griechenland, während meine Ex-Kollegen sich mit Klausuren für die Osterferien eindecken. Bloß kein Mitleid oder schlechtes Gewissen, schließlich bin ich auch jahrelang durch diese Mühle gegangen.

* Die in diesem Kapitel und im folgenden Text aufgeführten Fakten zur Corona-Pandemie sind verschiedenen Printmedien, den Nachrichten und Sondersendungen im Rundfunk und im deutschen Fernsehen sowie dem Liveticker des Westdeutschen Rundfunks, welchem ich zu besonderem Dank verpflichtet bin, entnommen. Die Zitate entstammen ebenfalls diesem Liveticker des WDR.

https://www1.wdr.de/nachrichten/the-men/coronavirus/ticker-corona-virus-nrw-140.html

3

2. Februar 2020

Habe gerade die Nachrichten gesehen. In den letzten Tagen hat es immer mehr Meldungen über das Corona-Virus gegeben. Frankreich hat fünfundsechzig Staatsbürger in einem Flugzeug mit fast einhundert anderen Personen aus China ausgeflogen, zwanzig von ihnen sind mit Covid-19 infiziert.

Nein, ich bin nicht beunruhigt! Auf keinen Fall! Aber man muss sich doch auf dem Laufenden halten.

Nachdem am 29. Januar die Zahl der an Covid-19 Gestorbenen in China die Einhundert überschritten hat, British Airways die Flüge nach China ausgesetzt hat, die in Wuhan verbliebenen Deutschen ausgeflogen werden wollen und in Bayern erste Infizierte vermerkt wurden, scheint die Krankheit ja doch näher zu kommen. Aber ich halte es da mit dem bayerischen Ministerpräsident Markus Söder, der keinen Grund zur Panik sieht, man müsse natürlich die Sorgen der Menschen ernst nehmen und Sorgfalt im Umgang mit dem Virus walten lassen. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält Deutschland für gut auf die Situation vorbereitet.

Wie wenig panisches Verhalten sinnvoll ist, hat sich gezeigt, als 6000 Passagiere und 1000 Besatzungsmitglieder ein Kreuzfahrtschiff nicht verlassen durften, da eine Passagierin Symptome wie Fieber und Atemnot hatte. Einen Tag später durften alle vom Schiff gehen, da der Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus sich nicht bestätigt hatte. Wo sollen wir bloß hinkommen, wenn jede Erkältungserscheinung jetzt ein solches Vorgehen bewirkt? Das darf doch nicht wahr sein! Sogar die Börsenkurse sind inzwischen durch die Berichterstattung belastet. Jetzt folgt wie bei einer Kettenreaktion eine Maßnahme nach der anderen: Die Weltgesundheitsorganisation WHO ruft wegen des Corona-Virus den internationalen Gesundheitsnotstand aus, viele Länder holen ihre Landsleute aus China zurück und verlegen sie in Quarantäne-Einrichtungen. Italien ruft daraufhin den Notstand aus, Australien verhängt ein Einreiseverbot aus China und … und … und …

Das kann doch alles nicht wahr sein! Sicher steigt die Zahl der Infizierten und Verstorbenen in China immer weiter an, doch nicht auf einem Level, das tatsächlich so beunruhigend ist und ein solches Vorgehen rechtfertigt. Das ist in meinen Augen einfach nur Panikmache! An jeder Grippe sterben mehr Menschen! Gut, dass inzwischen in verschiedenen Ländern an dem Virus und einem entsprechenden Medikament geforscht wird, damit wir wieder mit Vernunft reagieren und aus diesem Alptraum erwachen.

4

24. Februar 2020

Es ist Karnevalssonntag, ein traditioneller Termin für ein Treffen mit Freunden, um gemeinsam essen zu gehen. Ich freue mich schon darauf, alle wiederzusehen und Spaß zu haben. Zwar gibt es immer neue Nachrichten über das Corona-Virus, doch die betreffen uns hier in Nordrhein-Westfalen nicht wirklich. In China sind inzwischen mehr als 1000 Menschen gestorben. Das ist eine erschreckende Zahl, aber wie immer hält sich die Empathie bei uns in Grenzen, wenn das Geschehen tausende von Kilometern entfernt ist.

Die Sorgen vor großen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise – mit diesem Begriff hat man die Situation jetzt belegt – scheinen allerdings zuzunehmen. Der Dax ist um fast vier Prozent gefallen und steht nur noch knapp über 13 000 Punkten. Gut, dass wir im Depot eine breite Mischung von Wertpapieren haben, dabei auch solche von Ländern, in welchen es keine Infizierten gibt. Also ist alles paletti und wir können Karneval feiern. Das wäre ja noch schöner, wenn wir darauf verzichten würden, nur weil in anderen Ländern ein Virus kreist! Hier gibt es ja immerhin noch Karnevalsumzüge und auch Sitzungen. In Venedig hat man dagegen die Karnevalsfeiern abgesagt, weil es in Italien erste Todesfälle durch das Virus gegeben hat.

Und man überlegt doch tatsächlich ernsthaft, ob man die Olympischen Spiele in Japan verlegen oder gar absagen soll. Unglaublich!

So, jetzt reicht es mit den negativen Gedanken! Karnevalskostüm an und los zum verabredeten Lokal.

Eine Stunde später sitzen wir mit sechs anderen Pärchen beieinander, plaudern und genießen griechische Köstlichkeiten. Plötzlich flüstert einer: „Schaut euch mal vorsichtig um! Am Nachbartisch! Vorsicht, Corona!“ Und tatsächlich, dort hat eine Gruppe von Asiaten Platz genommen. Gut, dass sie das Gelächter an unserem Tisch nicht auf sich beziehen. „Vor dem nächsten Treffen können wir ja in einem Chinarestaurant nachfragen, ob es noch freie Tische gibt!“, töne ich, worauf erneut Gelächter ausbricht.

Zwei Stunden später stehen wir vor der Türe des Restaurants, versichern uns noch gegenseitig, wie schön es wieder einmal gewesen ist, und fallen uns alle um den Hals. Küsschen links, Küsschen rechts! Kommt gut nach Hause! Bis bald mal wieder!

An das Corona-Virus denkt im Moment niemand mehr. Und das liegt nicht an den zwei, drei Bieren oder Gläsern des griechischen Weins sowie dem obligatorischen Ouzo zum Abschluss des Essens. Nein, das Virus ist weit weg, und dort wird es auch bleiben!

Auf der Rückfahrt bekräftige ich im Gespräch mit meiner Ehefrau noch einmal, wie schön es doch gewesen ist und wie wichtig es ist, seine Freundinnen und Freunde zu sehen, soziale Kontakte zu pflegen. Morgen und übermorgen werden wir uns die Umzüge in unserer Umgebung ansehen und „Kamelle“ für die Enkelkinder sammeln.

5

29. Februar 2020

Corona rückt näher!

Inzwischen ist bekannt geworden, dass es in Nordrhein-Westfalen eine erste bestätigte Infektion gibt. Es handelt sich um einen Mann aus dem Kreis Heinsberg mit Vorerkrankung, dessen Zustand ernst ist. Wenig später wird ergänzt, dass auch seine Ehefrau infiziert ist, aber kaum Symptome zeigt.

Das hat dann doch erste Auswirkungen auf unser Verhalten. Als wir uns in einem benachbarten Ort den dortigen Karnevalsumzug anschauen, gehen wir automatisch auf Distanz zu den neben uns Stehenden. Eine Freundin, welche einen Bekannten stürmisch umarmt und auf beiden Wangen abküsst, wage ich zu fragen: „Hast du gar keine Angst, dich anzustecken?“ Prompt antwortet sie daraufhin: „Nee, bei dem kann ich das machen. Der reist eh nicht und schon gar nicht nach Asien!“

Okay, ich glaube ja auch nicht, dass wir wirklich gefährdet sind, aber vielleicht sollte man doch ein wenig vorsichtiger sein. Kann ja nicht schaden.

Als dann am Tag darauf in den Medien gemeldet wird, dass beide infizierte Personen aus Heinsberg mit dreihundert weiteren Personen während einer Karnevalssitzung in einem Saal in Gangelt waren und alle dreihundert Personen sich nun in häuslicher Quarantäne befinden, wird es mir das erste Mal richtig mulmig. Schließlich waren meine Ehefrau und ich mit Freunden vor kurzem auf einer Karnevalssitzung in Köln, bei der mit Sicherheit mehr als dreihundert Personen anwesend waren. Wie lange ist nochmal die Zeit, in der sich zeigen muss, ob man infiziert ist? Vierzehn Tage? Puh, dann ist das ja nochmal gut gegangen. Ich glaube, ein wenig vorsichtiger werde ich in der nächsten Zeit doch sein, auch wenn das Bayerische Gesundheitsministerium eine Aussage des „RKI“ zitiert: „Gegenwärtig gibt es jedoch keinen Anhalt für eine anhaltende Viruszirkulation in Deutschland, so dass die Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland laut RKI aktuell gering einzuschätzen ist.“

„RKI“? Schnell gegoogelt: Ach ja, Robert-Koch-Institut. Hätte ich wissen können.

Einer anderen Aussage nach hält das RKI das neuartige Virus jedoch für tödlicher als die bisherigen Grippeviren. Jetzt wird es langsam unübersichtlich, wenn man die Einschätzungen vergleicht! Noch vor ein paar Tagen hatte der Bayerische Hausärzteverband vor Panik im Zusammenhang mit der Berichterstattung über das neue Virus in den Medien gewarnt. Das aktuelle Hauptthema bleibe die derzeitige Influenzawelle. Jetzt sieht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dagegen Deutschland am Beginn einer Coronavirus-Epidemie. Japan schließt die Schulen, und die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht gar von der Gefahr einer Pandemie. Der amerikanische Präsident Donald Trump betont dagegen, dass das Risiko für Amerikaner weiterhin „sehr gering“ sei: „Was auch immer passiert, wir sind vollständig vorbereitet.“

Was soll ich glauben? Irgendwie bin ich jetzt völlig verwirrt. Da hilft mir der Ratschlag, dass gründliches Händewaschen vor dem Virus schütze, auch nicht viel weiter. Immerhin wird genauestens beschrieben, wie man seine Hände richtig säubert. Na also! So stehe ich ab jetzt dann noch häufiger vor dem Waschbecken als vorher. Kann ja nicht schaden!

Auch ansonsten kommt es zu Veränderungen im Alltag. Selbst die Kirchen verkünden neue Maßnahmen: Die Weihwasserbecken im Kölner Dom bleiben leer, auf den Aufruf zum Händereichen als Friedenszeichen will man in der nächsten Zeit verzichten! Dagegen zeigen Bilder aus Griechenland, dass die Kommunioneinnahme für alle Gläubigen mit demselben, nicht gesäuberten Löffel erfolgt. Auf Proteste aus der Bevölkerung hin erklären Vertreter der orthodoxen Kirche, dass die Kommunion und Gott die Gläubigen vor dem Virus schütze und daher keine Gefahr bei der Benutzung desselben Löffels bestehe. Na ja, Glaube kann ja bekanntlich auch Berge versetzen!

Eine weitere Folge der nicht nur mich, sondern viele Menschen verwirrenden Nachrichten ist, dass innerhalb kürzester Zeit die Nachfrage nach haltbaren Lebensmitteln und Hygieneprodukten sprunghaft ansteigt und die Supermärkte nicht mehr mit der Nachlieferung mitkommen. Manches Gespräch unter Nachbarn hört sich wie folgt an: „Ich habe gehört, dass du Klopapier suchst. Unter uns, bei Lidl soll um 10:30 Uhr eine neue Lieferung eintreffen. Bleibt unter uns, okay?“ Alles in verschwörerischem Ton, nahezu geflüstert! Schließlich sollen die anderen Nachbarn es ja nicht mitbekommen, sonst ist alles wieder weg. „Klar, ich verrate nichts. Und danke! Wenn ich was erfahre, sag ich es dir natürlich. Man muss in diesen Zeiten ja zusammenhalten.“

Eine neue Nachricht in den Medien verunsichert mich: In Italien gibt es schon mehr als 1000 Infizierte, und die Zahlen steigen immer schneller an! Meine Zweifel nehmen derweil immer größere Ausmaße an. Witze mache ich jedenfalls jetzt nicht mehr über die Angst vor einer Ansteckung. Dabei bin ich mir immer noch nicht sicher, ob das Coronavirus für uns hier in Deutschland eine größere Gefahr darstellt als das jährlich sich ausbreitende Grippevirus. Zudem wird ja schon intensiv nach einem Impfstoff geforscht. Wird wohl alles nicht so schlimm werden. Hoffentlich! Aber wenn doch? Wie soll ich mich bloß verhalten?

6

8. März 2020

Nun ist der erste Mensch in Deutschland an Covid-19 gestorben!

In Italien vermerkt man weiterhin einen erschreckenden Anstieg der am Corona-Virus Infizierten!

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Gesundheitsexperte Karl Wilhelm Lauterbach (SPD) sind sich einig darin, Großveranstaltungen vorerst abzusagen. Die Deutsche-Fußball-Liga meldet dagegen daraufhin, es stehe „außer Frage, dass die Saison wie vorgesehen bis Mitte Mai zu Ende gespielt werden muss.“ Schließlich müssten die Auf- und Absteiger sowie Teilnehmer an den internationalen Wettbewerben ermittelt werden. Das passt nun gar nicht zueinander!

Meine Frau und ich sind inzwischen total verunsichert!

Eine Woche vorher sind wir noch in der Hoffnung, es werde schon alles nicht so schlimm werden, mit guter Laune zu einer Wanderung aufgebrochen. Schließlich lag die Zahl der Infizierten in ganz Deutschland bei 157 Personen, welche meist nur milde Symptome zeigten. Unterwegs machten wir uns sogar noch über eine Sendung im WDR lustig, in welcher von zwei verschiedenen Typen von Menschen im Umgang mit dem Virus gesprochen wurde.

„Na“, fragte ich meine Frau, „zu welcher Gruppe gehörst du denn? Zu der, welche wie bisher weiterlebt, oder zu der anderen, welche durch Hamsterkäufe und den Kauf von Mundschutzmasken geprägt ist?“