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Prosper Mérimée

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Beschreibung

Dieses eBook: "Lokis" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Die Handlung des Romans dreht sich um einen jungen Mann, der im Verdacht steht, halb Mensch, halb Bär, seit er geboren wurde, nachdem seine Mutter zerfleischt wurde (und, wie von den Bauern glaubten, vergewaltigt) von einem Bären. Prosper Mérimée (1803-1870) war ein französischer Dramatiker, Historiker, Archäologe und Autor von Kurzgeschichten. Anschließend absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaften, begann sich aber auch als Autor zu betätigen. Früh auch fand Mérimée Zutritt zu Pariser Künstler- und Literatenkreisen. Zu seinen bekanntesten Prosawerken zählen Mateo Falcone, Tamango (beide 1829), Die Bartholomäusnacht (1829), Die etruskische Vase (1830), Die Venus von Ille (1837), Colomba (1840) und Carmen (1845).

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Prosper Mérimée

Lokis

Ein Gruselklassiker (Nach einer litauischen Legende)

Übersetzer: Paul Hansmann

e-artnow, 2014
ISBN 978-80-268-2596-8

Inhaltsverzeichnis

I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.

»Theodor,« sagte Herr Professor Wittembach, »wollen Sie mir bitte das in Pergament gebundene Heft aus dem zweiten Fache über dem Schreibtische geben; nein, das nicht, sondern den Kleinoktavband. Darin hab’ ich alle meine Tagebuchnotizen von eintausendachthundertsechsundsechzig, wenigstens die den Grafen Szemioth betreffenden, gesammelt.«

Der Professor setzte seine Brille auf und las inmitten tiefsten Schweigens folgendes:

LOKIS

mit dem lithauischen Sprichworte als Motto:

Abu du tokiu.

I.

Inhaltsverzeichnis

Als in London die erste Bibelübertragung in lithauischer Sprache erschien, veröffentlichte ich in der Königsbergischen Zeitschrift für Literatur und Wissenschaften einen Aufsatz, in welchem ich, den Bemühungen des gelehrten Vermittlers und den gottesgefälligen Absichten der Bibelgesellschaft volle Gerechtigkeit zubilligend, auf einige kleine Versehen glaubte hinweisen zu müssen; und außerdem machte ich darauf aufmerksam, daß diese Übersetzung nur einem verschwindend kleinen Teile der Bevölkerung dienlich sein könne. Tatsächlich ist der angewendete Dialekt nur schwer verständlich für die Bewohner der Gegenden, wo man die schamaitische, gewöhnlich shmudisch genannte Sprache, redet, will sagen in der Woiwodschaft Samogitien. Es ist das eine Sprache, die dem Sanskrit etwa noch näherkommt als dem Hochlithauischen. Trotz der wütenden Kritiken seitens eines gewissen, an der Universität Dorpat wohlbekannten Professors, die sie mir eintrug, klärte sie die ehrenwerten Mitglieder des Verwaltungsrates der Bibelgesellschaft auf, und sie säumte nicht, mir das schmeichelhafte Angebot zu machen, die Herausgabe des Matthaeusevangeliums in Samogitisch zu überwachen. Damals war ich zu sehr mit meinen Studien über die transuralischen Sprachen beschäftigt, um eine weitläufigere Aufgabe, welche die vier Evangelien umfassen sollte, zu übernehmen. Meine Hochzeit mit Fräulein Gertrude Weber also verschiebend, begab ich mich mit der Absicht nach Kowno (Kaunas), alle gedruckten oder handschriftlichen Sprachdenkmäler der shmudischen Sprache, die ich mir verschaffen konnte, zu sammeln, ohne natürlich die Volkslieder, die Dainos, die Erzählungen und Legenden, die Pasakos dabei zu vergessen, die mir Belege für ein schamaitisches Wörterbuch, eine Arbeit, die der Übersetzung notwendigerweise vorausgehen mußte, liefern konnten.

Man hatte mir einen Brief für den jungen Grafen Michael Szemioth mitgegeben, dessen Vater, wie man mir versicherte, den berühmten Katechismus Samogiticus des Paters Lawicki besessen hatte, der so selten ist, daß sein Vorhandensein besonders von dem eben erwähnten Dorpater Professor bestritten wird. In seiner Bibliothek befand sich, mir gegebenen Auskünften gemäß, eine alte Sammlung Dainos, sowie Dichtungen in der alten Preußensprache. Ich hatte an den Grafen Szemioth geschrieben, um ihm meinen Besuchszweck mitzuteilen, und erhielt die liebenswürdigste Einladung, all die für meine Nachforschungen erforderliche Zeit in seinem Schlosse Medintiltas zu verbringen. Er schloß seinen Brief mit der in liebenswürdigster Weise abgegebenen Erklärung: da er sich schmeichle, fast so gut wie seine Bauern shmudisch zu sprechen, würde es ihm Freude machen, seine Bemühungen mit meinen für eine Aufgabe zu vereinen, die er groß und interessant nannte. Wie einige der reichsten Grundbesitzer Lithauens bekannte er sich zur evangelischen Religion, deren Geistlicher zu sein ich die Ehre habe. Vorher mitgeteilt hatte man mir, der Graf sei nicht frei von einer gewissen Sonderbarkeit des Charakters, übrigens sehr gastfrei, ein Freund von Litteratur und Wissenschaft, und besonders wohlwollend denen gegenüber, die sie pflegten. Ich reiste also nach Medintiltas.

Auf der Freitreppe des Schlosses wurde ich von des Grafen Intendanten empfangen, der mich sofort in die für meine Aufnahme bereitgestellten Räume führte.