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Es gab nur eine Regel: Verliebe dich nicht in die Praktikantin.
Grant Wood, Selfmade-Millionär und CEO des Hathaway Auktionshauses, ist wenig begeistert, als er gezwungen wird, die Tochter des Firmeninhabers als Praktikantin einzustellen. Für ihn ist Ada Hathaway die typische verwöhnte Erbin, die ihr Vermögen nie selbst verdienen musste.
Doch mit der Zeit entdeckt Grant, dass Ada weit mehr ist, als er dachte. Sie bringt frische Ideen ein und lässt sich von seiner kühlen Fassade nicht abschrecken.
Bald knistert es zwischen ihnen, doch Grant weiß, dass er sich auf keinen Fall auf sie einlassen darf – nicht nur, weil sie die Tochter seines Chefs ist, sondern auch, weil er sie nicht so lieben kann, wie sie es verdient ...
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Seitenzahl: 318
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Es gab nur eine Regel: Verliebe dich nicht in die Praktikantin.
Grant Wood, Selfmade-Millionär und CEO des Hathaway Auktionshauses, ist wenig begeistert, als er gezwungen wird, die Tochter des Firmeninhabers als Praktikantin einzustellen. Für ihn ist Ada Hathaway die typische verwöhnte Erbin, die ihr Vermögen nie selbst verdienen musste.
Doch mit der Zeit entdeckt Grant, dass Ada weit mehr ist, als er dachte. Sie bringt frische Ideen ein und lässt sich von seiner kühlen Fassade nicht abschrecken.
Bald knistert es zwischen ihnen, doch Grant weiß, dass er sich auf keinen Fall auf sie einlassen darf – nicht nur, weil sie die Tochter seines Chefs ist, sondern auch, weil er sie nicht so lieben kann, wie sie es verdient ...
Olivia Hayle ist eine hoffnungslose Romantikerin mit einer großen Vorliebe für Milliardäre. Da sie leider noch keinen in der der Realität getroffen hat, erschafft sie sie kurzerhand selbst – auf dem Papier. Ob sexy, charmant, cool oder verletzlich – bislang hat sie noch keinen (fiktiven) Milliardär getroffen, den sie nicht mochte.
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Olivia Hayle
Look But Don't Touch
Aus dem Amerikanischen von Silvia Gleißner
Cover
Titel
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Titelinformationen
Grußwort
Informationen zum Buch
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Kapitel Eins — Ada
Kapitel Zwei — Grant
Kapitel Drei — Ada
Kapitel Vier — Grant
Kapitel Fünf — Ada
Kapitel Sechs — Grant
Kapitel Sieben — Ada
Kapitel Acht — Grant
Kapitel Neun — Ada
Kapitel Zehn — Grant
Kapitel Elf — Ada
Kapitel Zwölf — Grant
Kapitel Dreizehn — Ada
Kapitel Vierzehn — Grant
Kapitel Fünfzehn — Ada
Kapitel Sechzehn — Grant
Kapitel Siebzehn — Ada
Kapitel Achtzehn — Grant
Kapitel Neunzehn — Grant
Kapitel Zwanzig — Ada
Kapitel Einundzwanzig — Ada
Kapitel Zweiundzwanzig — Grant
Kapitel Dreiundzwanzig — Ada
Kapitel Vierundzwanzig — Ada
Kapitel Fünfundzwanzig — Grant
Kapitel Sechsundzwanzig — Ada
Kapitel Siebenundzwanzig — Grant
Kapitel Achtundzwanzig — Ada
Epilog
Über Olivia
Impressum
Lust auf more?
Ada
Nein, ich lande nicht immer halb nackt in einem Taxi in der Bronx, wenn ich ausgehe. Es ist nur so, dass, nun ja, manchmal eben doch. Und zweimal ist offenbar zweimal zu viel, wenn man meinem Vater Glauben schenken darf.
»Ada, das muss aufhören.«
»Ich weiß.«
Zwecklos, Ausflüchte zu machen. Dafür hatten wir – beide – schon zu viel durchgemacht.
Dad saß mir gegenüber auf meiner blauen Samtcouch. Sein Ehering rutschte über den Ringfinger – er hatte das Gewicht, das er seit Max verloren hatte, noch nicht wieder zugelegt.
»Ada. Was soll ich tun? Was kann ich tun?«
Ihm zuliebe zwang ich mich zu einem Lächeln. Da gab es so viel, doch alles davon zu wenig und zu spät. »Es geht mir gut, Dad. Wirklich. Mach dir um mich keine Sorgen.«
Er stand abrupt auf und ging zu den Fenstern. Schnee lag schwer auf den kahlen Ästen im Central Park.
»Ich kann dich nicht auch noch verlieren.« Er sagte es an die Stadt gerichtet, als sei das einfacher, als mich dabei anzusehen. »Das geht einfach nicht. Ada, nächstes Jahr wirst du vierundzwanzig. Seit deinem Abschluss ist ein Jahr vergangen und beinahe zwei seit Max.«
»Zweieinhalb.« Zwei Jahre, sieben Monate und vier Tage, um genau zu sein.
»Mich kümmert nicht groß, wie du deine Tage verbringst, aber deine Nächte machen mir Sorgen. Ich werde dich nicht auch verlieren.«
»Wirst du auch nicht«, entgegnete ich und zupfte an einem losen Faden an meinem Ärmel. Irgendwie musste ich ihm klarmachen, dass die Partys und all die Leute um mich herum – dass das alles ein Überlebensmechanismus war. Nichts Persönliches.
»Ich will, dass du mich heute Abend auf den Neujahrsball von Hathaway’s begleitest.«
»Nein, Dad, ich kann nicht …«
»Und ich werde dafür sorgen, dass du ab kommendem Montag ein Praktikum bei Hathaway’s beginnen kannst.«
»Nein, danke. Ich bin nicht interessiert«, sagte ich durch zusammengebissene Zähne. Er hatte die besten Absichten, daran hatte ich keinen Zweifel, auch wenn er nicht wusste, wie er mit mir kommunizieren sollte. Darin war er seinen Kindern gegenüber nie allzu gut gewesen.
»Das ist kein Angebot. Sondern ein Ultimatum. Addie, ich mache den Zugang zu deinem Treuhandfonds davon abhängig.«
»Von diesem Praktikum?«
»Du solltest den Zugang mit fünfundzwanzig Jahren bekommen, aber ich werde ein vorheriges dreimonatiges Praktikum bei Hathaway’s als Ergänzung hinzufügen. Ich habe die Anwälte bereits kontaktiert. Ich will, dass du heute Abend um neun Uhr bereit und entsprechend gekleidet für die Veranstaltung bist, und danach will ich dich jeden Morgen um acht Uhr zur Arbeit erscheinen sehen.«
Ich zupfte eitel an meinem Seidenbademantel. Er war unangekündigt aufgetaucht, und es war erst zwei Uhr nachmittags. Dann war ich eben noch im Pyjama, na und?
»Welche Abteilung?«
Ich wusste es besser, als lautstark und wütend vor Dad zu werden. Das war noch nie der Weg gewesen, um eine Diskussion mit ihm zu gewinnen. Max hatte gewusst, wie man seine Sache darlegen musste, methodisch und empirisch, aber er war nicht mehr da.
»Management«, sagte Dad. »Ich werde Grant bitten, dein Praktikum zu betreuen.«
Ich schoss von meinem Sitz hoch. »Was? Grant? Absolut keine Chance, dass ich in engem Kontakt mit dem arbeite.«
Dad seufzte. Er sah enttäuscht aus, doch andererseits fiel es mir schwer, mich zu erinnern, ob er je einen anderen Gesichtsausdruck drauf hatte.
»Er ist der CEO und geschäftsführende Gesellschafter des Auktionshauses. Ich vertraue ihm. Es gibt absolut niemand anderen, dem ich die Betreuung deines Praktikums anvertrauen würde.«
Ich machte einen Schmollmund und schenkte ihm meinen besten traurigsten Blick. »Bitte, nicht er.«
Grant. Der Mann hatte noch nie in seinem Leben gelächelt. Mit ihm als Aufpasser konnte ich nicht umgehen.
Wir würden uns gegenseitig in der Luft zerreißen.
»Damit beweist du mir nur, dass ich recht habe, Ada. Ich kann dich und deine Eskapaden nicht einfach irgendwem überlassen, denn jemand anders würde dich innerhalb einer Woche entweder umbringen oder dir ehrfürchtig zu Füßen liegen.«
»Und du denkst, bei Grant ist das nicht so?«
Dad öffnete seinen Aktenkoffer, holte einen Stapel Dokumente heraus und legte sie auf meinen Granittresen. »Ich weiß, dass das bei ihm nicht passieren wird, auch wenn du es noch so sehr versuchst.«
Dads Vertrauen in Grant war wie das eines Hundebesitzers in seinen gut erzogenen Hund. Keine Sorge, der beißt nicht.
Plötzlich musste ich lächeln. Vielleicht konnte ich Grant ja so weit provozieren, dass er ausrastete.
»Ich will, dass du dir das hier vor Montag durchliest«, erklärte Dad. »Darin findest du eine Übersicht über alle Abteilungen der Firma sowie Hintergrundinformationen über die wichtigsten Immobilien, Kunstwerke und Artefakte, die im vergangenen Jahr verkauft wurden. Ich schlage vor, du liest dich ein.«
Ich wusste, dass er auf ein Dankeschön von mir wartete, aber ich konnte mich beim besten Willen nicht dazu durchringen, das Wort auszusprechen. Es gab so vieles, das ich von ihm gewollt hatte, und das so lange, aber die letzten Jahre hatten mir schmerzhaft klar gemacht, dass ich das nie bekommen würde. Also hielt ich den Mund.
Dad hüstelte und rieb sich über den Nacken. »Nun denn, ich bin dann mal weg, schätze ich. Wir sehen uns heute Abend – ich werde um neun draußen im Wagen sein. Und, Ada?«
»Ja?«
»Vermassle das nicht. Noch so eine Chance wirst du nicht bekommen.«
Die Tür schloss sich hinter ihm, und einmal mehr war mein Apartment still, leer und einsam. Seufzend nahm ich mir die Dokumente – und eine Schüssel Cornflakes – und machte es mir auf der Couch gemütlich.
Arbeiten mit Grant. Der Mann hasste mich. Er hatte es nie ertragen, dass sein perfekter Mentor irgendwie zwei so gar nicht perfekte Kinder produziert hatte. Er war besessen von seinen Erfolgen und Zahlen.
Ich lächelte und dachte an die vielen Male, als wir uns in der Vergangenheit gestritten hatten. Unser letztes Wortgefecht war schon lange her.
Diese Monate würden wahrscheinlich unerträglich und nervenaufreibend werden, mich wütend machen, und sie würden zu einhundert Prozent schieflaufen.
Das könnte tatsächlich der größte Spaß werden, den ich seit Jahren gehabt hatte.
Grant
Es war halb fünf am Nachmittag, und ich war gerade damit fertig, mit Linda die kommende Woche durchzusprechen, als mein ehemaliger Mentor an die Tür klopfte. Die nächste Vorstandssitzung war erst in einer Woche. Was machte er in der Stadt?
»Arthur?«
»Grant.« Er schenkte mir ein breites Lächeln. Er war schon immer freundlicher zu mir gewesen, als ich verdient hatte. »Tut mir leid, wenn ich Sie so unangekündigt belästige. Ich weiß, dass Sie viel zu tun haben.«
Er setzte sich auf den eleganten Stuhl vor meinem Schreibtisch und schlug die Beine übereinander.
»Für Sie habe ich immer Zeit.«
Der alte Mann war jahrelang eine Inspiration für mich gewesen – länger, als ich mich erinnern konnte – und bedeutete mir mehr, als ihm vermutlich klar war. Die letzten zwei Jahre waren schwer für ihn und seine Familie gewesen, und der Schmerz und Stress waren ihm anzusehen.
Er seufzte tief. »Ich hoffe, Sie wissen, dass ich respektiere, was Sie aus der Firma gemacht haben.«
»Danke.«
»Und ich möchte mich nicht einmischen oder stören.«
Ich klopfte mit den Fingern auf den Schreibtisch. »Sagen Sie mir, was Sie brauchen, Arthur.«
»Es geht um Ada.«
Ich versteifte mich und war sofort in Alarmbereitschaft. Ich hatte nur einige wenige Male mit seiner Tochter zu tun gehabt, bei Feiern und Wohltätigkeitsveranstaltungen, und um der Firma willen mit der ganzen Familie für ein paar Fotos posiert. Die perfekte Familie, die wundervollen Hathaways. Ich konnte nicht sagen, dass wir je lange miteinander gesprochen hätten, aber ich kannte sie gut genug, um sagen zu können, dass ich sie nicht mochte.
Nicht im Geringsten.
Sie war verzogen, schön und ichbezogen, und sie hatte mich nie vergessen lassen, dass ich zu Anfang der Lakai ihres Vaters gewesen war. Ihre privilegierte Stellung strahlte aus jeder Pore – nicht die Art, die ihr Vater durch lebenslange Arbeit erreicht hatte, sondern die Art, die daher kam, dass man einfach nur reich geboren worden war, ohne selbst etwas durch Leistung erreicht zu haben.
Oh ja. Ich konnte Ada Hathaway nicht leiden.
»Was ist mit ihr?«
»Ich will, dass sie einen Platz in der Firma findet. Nein, warten Sie, bevor Sie ablehnen«, bat Arthur mit erhobener Hand. »Ich sehe Ihren Gesichtsausdruck. Ich meine, als Praktikantin. Sie hat ihren Abschluss in Yale als Jahrgangsbeste gemacht, und Sie wissen, dass sie intelligent ist.«
Das wusste ich eigentlich nicht, aber ich nickte, als sei das unbestreitbar. »Natürlich, aber Arthur, was das Auktionsgeschäft angeht, hat sie nur sehr wenig Erfahrung, ganz zu schweigen von Business oder Marketing.«
»Sie hat in ihrem letzten Studienjahr ein Sommerpraktikum bei Architectural Digest gemacht«, argumentierte er. »Und sie hatte überall glänzende Bewertungen.«
Ich sprach weder die ganzen Paparazzifotos noch die Schlagzeilen in der Boulevardpresse an, die sie seitdem produziert hatte. Die vielen Nächte, in denen ihr Vater von Polizei oder Sicherheitsleuten angerufen worden war, um sie irgendwo abzuholen.
Ihre Großtaten waren so berühmt geworden wie sie selbst. Ich konnte verstehen, warum Arthur so verzweifelt war.
»Ich bin nicht sicher, ob Hathaway’s so gut zu ihr passt«, erklärte ich aufrichtig.
Als ich die Verzweiflung in seinen Augen sah, empfand ich nichts als Abneigung gegen Ada. War ihr nicht klar, dass sie ihm mit ihren pubertären Eskapaden das Herz brach? Er hatte doch schon genug durchgemacht.
»In Ordnung, Arthur. Aber falls ich zustimme – falls« – ich hob warnend einen Finger – »dann muss sie rechtzeitig zur Arbeit erscheinen und den Beschäftigten hier Respekt entgegenbringen. Ich lese zwar keine Boulevardpresse, aber ich bin nicht blind.«
Arthurs Kiefer arbeitete, und ich sah Frustration und Gereiztheit in seinen Augen. Nicht meinetwegen, sondern wegen des verzogenen Geschöpfs, mit dem er verwandt war.
»Natürlich. Und ich wäre die ganze Zeit telefonisch erreichbar.«
»Haben Sie schon mit ihr darüber gesprochen? Was sagt Ada dazu?«
»Sie ist begeistert über die Chance.«
Ich widerstand dem Drang, sarkastisch zu schnauben. Das glaubte ich keine Sekunde lang, nachdem ich gesehen hatte, dass sie über die Jahre nur sehr wenig Interesse am Geschäft ihres Vaters gezeigt hatte.
»Ich bin sicher, dass wir einen Platz für sie finden werden. Vielleicht Griechische Artefakte? Oder die Orientalische Abteilung unten an der Madison Ecke Zweiundsechzigste?« Ich würde alles tun, um sie so weit weg wie möglich von der Firmenzentrale und aus dem Weg zu haben.
Arthur schüttelte den Kopf. »Idealerweise hätte ich sie gern hier, an Ihrer Seite. Ein Praktikum als Ihre Assistentin vielleicht?«
Ein grotesker Vorschlag. Ich würde es hassen, monatelang praktisch an der Hüfte eines It-Girls, das alles nur seinem Nachnamen verdankte, festgewachsen zu verbringen. So etwas machte ich nur gelegentlich und dann auch nur für eine Nacht – wenn wir am nächsten Morgen beide gehen konnten.
Aber diesmal? Bei dem Deal wäre nicht einmal Sex für mich drin.
»Ich habe schon eine Sekretärin. Linda. Sie ist sehr gut in ihrem Job.«
»Ich weiß. Sie war früher meine Sekretärin«, meinte Arthur mit einem kleinen Lächeln. »Aber ich bin mir sicher, dass es Dinge gibt, die sie an Ada weitergeben könnte, und Dinge, die Sie erledigt bekommen müssen.«
Ich rutschte in meinem Sessel herum und fühlte mich höchst unbehaglich. Keine Chance, dass Ada wochenlang hier sein konnte, bei mir. Das würde nicht nur die Leistungsfähigkeit meiner Abteilung beeinträchtigen, sondern das Arbeiten hier auch schwieriger machen.
Und auf keinen verdammten Fall würde ich zulassen, dass die Tochter des Firmengründers hier eine ruhige Kugel schob, nicht einmal Arthur zuliebe.
»Ich werde nicht …«
»Bitte.« Arthur beugte sich vor. »Denken Sie wenigstens darüber nach. Ich bitte Sie nicht darum, sie bevorzugt zu behandeln. Natürlich muss sie gemäß Ihren Vorgaben Leistung erbringen. Und Sie haben das Recht, sie zu feuern, falls sie sich danebenbenimmt oder aus der Reihe tanzt. Schonen Sie sie nicht, nur weil sie meine Tochter ist, in Ordnung? Ich bitte Sie nur darum, dafür zu sorgen, dass sie einen Fuß in die Tür bekommt.«
Für all das, was Arthur für mich getan hatte, war das nicht zu viel verlangt. Er hatte früher dafür gesorgt, dass ich einen Fuß in die Tür bekam, und nun war ich CEO der Firma, die er sein Leben lang aufgebaut hatte. Schuldgefühle stiegen in mir auf, ätzend und ärgerlich.
Ich öffnete den Mund, um noch ein letztes Argument anzubringen, aber er kam mir zuvor.
»Bevor Sie Nein sagen, Grant, denken Sie einen Tag darüber nach. Lassen Sie mich und Ada heute Abend auf den Neujahrsball der Firma gehen und entscheiden Sie selbst. Wenn Sie einverstanden sind, kann sie am Montag anfangen.«
Ich schob einen silbernen Füller auf meinem Schreibtisch zurück an seinen Platz und mied seinen flehenden Blick. »Natürlich, Arthur. Dann sehe ich Sie beide heute Abend.«
»Ja. Und danke nochmals, dass Sie darüber nachdenken. Wirklich, Grant. Es ist immer eine Freude zu sehen, was Sie aus der Firma gemacht haben. Ich weiß, dass sie das auch sehen wird.«
Das bezweifelte ich, aber ich schenkte ihm trotzdem ein kurzes Lächeln. Wir gaben uns die Hände, und er ging mit einem fröhlichen Winken. Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück und hörte noch undeutlich, wie er mit Linda vor meinem Büro ein paar Worte wechselte. In nur fünf Minuten war dieser Tag von toll zu furchtbar geworden, und mir war, als hätte er mir eine große Last auf die Schultern gelegt, vor der es kein Entrinnen gab.
Mir blieben etwa sieben Stunden, um einen Ausweg zu finden.
»Mr Wood. Haben Sie einen schönen Abend?«
Ich nickte dem Garderobenmenschen zu und marschierte in die Festhalle, die Hathaway’s für gewöhnlich für diese Firmenfeiern mietete. Klein, aber wichtig, um die Moral zu stärken – ein regelmäßiges Ereignis in der Firmengeschichte.
Ich zupfte am Ärmel meines Anzugs. Ich kannte meine Rolle bei Veranstaltungen wie dieser. Gesehen werden, Hände schütteln und Smalltalk mit so vielen Angestellten wie möglich machen. Geduldig irgendwelchen atemlosen Fachgesprächen lauschen und um meine Meinung gefragt werden.
Und danach abhauen, damit alle anderen sich entspannen konnten und die wirkliche Party beginnen konnte. Die Leute wollten den CEO nur so lange dabeihaben, bis es Zeit für Tanzen, Flirten und Trinken war.
Doch heute Abend würde ich mit Ada Hathaway fertig werden müssen.
Marc, der Marketingleiter, blieb neben mir stehen. »Neues Jahr, neue Veranstaltungen.«
Ich nickte und nahm mir ein Glas Champagner von einer vorbeikommenden Servicekraft. »In der Tat.«
»Hatten Sie einen schönen Silvesterabend?«
»Ja. Daran ist ja wirklich nichts Besonderes, nicht wahr?«
Marc warf mir ein schiefes Grinsen zu. »Kann nicht sagen, dass ich das auch so sehe. Wir haben mit Stil gefeiert.«
»Kann ich mir vorstellen«, meinte ich und schnaubte. Zweifellos hatten Marc und sein Partner eine epische Party gegeben. Ich hatte den Abend in einem Hotel mit Blick auf die Skyline verbracht, mit einem heißen Bad und einem Date. Dazu ein riesiges Steak mit Pfeffersauce. War nett gewesen.
»Oh, sehen Sie nur! Arthur ist hier, und er ist nicht allein.« Marcs Fassungslosigkeit war deutlich. Ich folgte seinem Blick zu den beiden Menschen, die zügig auf uns zukamen.
Einer von ihnen war der grauhaarige ehemalige CEO und noch immer bedeutende Aktionär Arthur Hathaway.
Die andere Person war sein langbeiniger, blonder Albtraum von Tochter, Ada. Es war lange her, seit ich sie zuletzt gesehen hatte, fast ein halbes Jahr, und sie war noch genau so mühelos sinnlich wie immer. Ihr Anblick bereitete mir ein flaues Gefühl im Magen, und meine Muskeln versteiften sich – ein körperlicher Instinkt. Ich konnte ihre Schönheit nicht leugnen, so wie die eines tödlichen Insekts oder einer giftigen Blume. Eine Warnung, mich fernzuhalten.
Die beiden blieben vor uns stehen, und sie schenkte mir ein engelsgleiches Lächeln.
»Arthur! Wie schön, Sie hier zu sehen«, grüßte Marc, und die zwei gaben sich die Hand.
»Gleichfalls. Es ist viel zu lange her.«
Sie fingen ein Gespräch an, während Ada sich mit hochgezogener Augenbraue mir zuwandte.
Ich sah sie mit schmalen Augen an. »Ada.«
»Grant.« Ihr Tonfall war zuckersüß. »Wie reizend, dich wiederzusehen.«
»Gleichfalls.«
»Wie wäre es, wenn wir die Kinder ihrem Gespräch überlassen?«, meinte Arthur und legte Marc eine Hand auf die Schulter. »Ich will alles über das neue Apartment hören.«
»Sie haben davon gehört?«
»Natürlich …« Ihre Stimmen wurden leiser, als sie davongingen, und wir blieben allein zurück und beäugten uns.
»Kinder, hm?«, meinte Ada. »Muss lange her sein, dass dich jemand so genannt hat, Grant.«
Ich zwang meinen Kiefer, sich zu entspannen. Ich konnte Arthur seine sprachliche Entgleisung nicht übelnehmen, nicht einmal vor meinen Angestellten. »Stimmt. Soweit ich es verstehe, hörst du das täglich?«
Ihre Augen blitzten auf, nur ein klein wenig, genug, um mich daran zu erinnern, warum wir uns für gewöhnlich aus dem Weg gingen. Wenn wir miteinander interagierten, kam nichts Gutes dabei heraus.
Sie ignorierte meine Bemerkung. »Frohes neues Jahr, Grant. Ich bin sicher, du hattest einen tollen Silvesterabend?«
»Hatte ich.« Ich nippte an meinem Champagner und sah sie an. Eisblaue Augen blickten kühl zurück. Jede Wette, dass die Pointe noch kam.
»Ich vermute, du hast ihn damit verbracht, Excel-Tabellen durchzugehen, die Erfolge des letzten Jahres abzuhaken und die für das kommende Jahr festzulegen?«
»Natürlich«, antwortete ich ruhig. »Und bei dir? Warst du beim Ball Drop überhaupt noch bei Bewusstsein?«
Ada lachte finster und wandte den Blick ab. »Lass uns nicht streiten.«
»Ich dachte, das wäre das, was wir am besten können?« Und wenn ich mich in den kommenden Monaten täglich damit herumschlagen müsste, würde ich graue Haare bekommen. Arthur war verzweifelt und gab sich Illusionen hin – keine Chance, dass ich seine Tochter als Praktikantin nehmen würde.
Ada trat etwas näher, und mich traf ein Hauch ihres Parfums. Teure blumige Noten, vermischt mit ihrem eigenen Duft. Mein Körper reagierte instinktiv, und ich verfluchte ihn dafür, dass er sie so begehrenswert fand. Tabu, Grant.
»Stimmt. Aber kannst du dir vorstellen, wie viel Spaß wir drei Monate dabei haben werden?«
Ich nippte wieder an meinem Champagner, um mich zu stärken. »Du würdest meine Erwartungen erfüllen müssen.«
»Ist das überhaupt menschenmöglich?«
»Meine anderen Angestellten schaffen es. Du wärst eine Praktikantin wie alle anderen, Ada. Keine Vorzugsbehandlung.«
»Will ich auch gar nicht. Ich habe meine eigenen Vorzüge.« Ihre Augen waren wie blauer Stahl, als sie in meine blickte, während sie abwesend ihre blonden Locken über ihre Schulter warf. »Du wirst schon sehen.«
Eine Herausforderung. »Tja, ich werde mit Freuden zusehen, wie du es versuchst.«
Unser Blickduell wurde von dem Firmenfotografen unterbrochen, einem gestressten jungen Mann, den ich vielleicht gemocht hätte, wenn er nicht ständig so gnadenlos darauf beharrt hätte, dass das Marketingteam garantiert immer die besten Fotos bekam.
Das brachte uns häufiger gegeneinander auf.
»Mr Wood! Miss Hathaway! Kann ich ein Foto von Ihnen beiden machen? Vielleicht auch mit Mr Hathaway senior?«
Ich seufzte. »Wo wollen Sie uns haben?«
»Vor der weißen Wand mit dem Logo. Ja, genau so. Geben Sie mir einen Moment, um Mr Hathaway dazuzubitten – bleiben Sie so, Sir!«
Ada lehnte sich neben mir an die Wand. Ihr langes Kleid floss um sie herum wie Wasser. Sie sah sexy aus, atemberaubend, eine Frau, die dafür gemacht schien, von starken Armen hochgehoben zu werden. Doch das Lächeln, das sie mir zuwarf, war absolut scharfkantig.
»Wie geht es meinem Dad?«
»Was?«
»Ich vermute, er verbringt mehr Zeit damit, mit dir zu Mittag zu essen und Golf zu spielen als mit mir.« Sie legte den Kopf leicht schief. »Wie ging es ihm so?«
Wollte sie das wirklich von mir wissen? Ich drehte mich ganz zu ihr um. »Nicht gut. Es ist zwei Jahre her, aber das ist keine Zeit. Und dass er sich um dich sorgen musste, war nicht hilfreich.«
Ihr Blick glitt weg von mir in die Ferne, und ihre langen Wimpern senkten sich. »Gehören Lehrvorträge über Benehmen auch zum Praktikum? Oder ist das hier nur eine Bonussitzung?«
»Würdest du das Praktikum noch wollen, wenn es so wäre?«
Ihre Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf mich. »Ja. Ich bin der Herausforderung durchaus gewachsen.«
Die unausgesprochene Frage hing in der Luft. Ist das so?
»Hier bin ich! Ich wollte euch nicht warten lassen.« Arthur eilte zu uns und zuckte entschuldigend die Schultern. Ich fragte mich, ob er sich vor drei Jahren, oder vor zehn, auch entschuldigt hätte. Der Mann, der er nach dem Tod seines Sohnes geworden war, war ein ganz anderer. Und plötzlich empfand ich Hass auf Ada, weil sie das nicht sah.
Er blieb neben mir stehen. Ada stellte sich an meine rechte Seite, nahe genug, dass ich die Wärme ihres Körpers fühlen konnte.
»Und jetzt alle zusammen!«, rief der Fotograf.
Ada schob die Hand unter meinen Arm, eine intime Geste, die uns enger beisammen stehen und wie eine geeinte Front aussehen ließ.
»Vergiss nicht zu lächeln, Grant«, flüsterte sie mir zu.
Ich knirschte mit den Zähnen.
»Drei, zwei, eins …« Das Blitzlicht blendete uns alle einen Moment lang.
Und dann war sie weg, dankte dem Fotografen mit einem strahlenden Lächeln und schlängelte sich durch die Menge. Ich blickte ihr nach. Ada Hathaway, blond, verzogen und weitaus bissiger, als gut für sie war.
»Sie kann am Montag anfangen«, sagte ich zu Arthur, der noch neben mir stand. »Ein dreimonatiges Praktikum im Management.«
Mein ehemaliger Mentor schenkte mir ein dankbares Lächeln. »Danke. Hat sie es geschafft, Sie zu überreden? Sie kann überzeugend sein.«
Ha. »Ja, das hat sie.«
Einmal, vor Jahren, hatte ich hinter ihr und ihrem Zwillingsbruder gesessen. Ich hatte erst wenige Monate bei Hathaway’s gearbeitet und war scharf darauf gewesen, mich zu beweisen.
Mir war klar gewesen, dass ich in diesem Geschäft aufblühen, wachsen und beständig lernen konnte. Ich konnte mir den Respekt von meinesgleichen verdienen und vielleicht eines Tages ein richtiges Imperium aus Hathaway’s machen, das mit Immobilien, Antiquitäten und Gemälden handelte. Inzwischen war ich schon reich, aber ich wollte mehr – ich wollte unantastbar sein. Stinkreich. Sicher.
Ada war damals noch ein Teenager gewesen, rosig und unschuldig, als sie mit schimmerndem Haar vor mir saß. Ihr Zwillingsbruder war herumgelaufen, als hätte er einen Heiligenschein auf – der goldene Sohn. Sie bewegten sich mit dieser natürlichen Anmut, die so viele von Manhattans Eliten hatten, denen der Silberlöffel förmlich aus dem Mund ragte.
Keiner von ihnen hatte bemerkt, dass ich hinter ihnen saß.
»Hast du Vaters neuen Angestellten gesehen?«, hatte Max geflüstert, laut genug, dass ich es hören konnte.
»Ja«, hatte sie geantwortet. »Armselig. Voll ironisch, dass er Grant heißt.«
»Läuft Vater nach wie ein Hund«, hatte Max kichernd gemeint.
Ich hatte Ada von der ersten Begegnung an nicht gemocht, aber an dem Tag verabscheute ich sie wahrlich beide und gelobte mir, mich von Arthurs Kindern so weit wie möglich fernzuhalten. Das war nicht schwer gewesen. Sie waren nur selten in der Firma gewesen, und als ich nach und nach das Geschäft von Arthur übernahm, wusste ich, dass dieses Kapitel abgeschlossen war.
Vielmehr – es war abgeschlossen gewesen, bis einer von den beiden hier ein verdammtes Praktikum anfing.
Aber … wenn Ada hier war, unter meiner Leitung, würde sie auf mich hören müssen. Ich ging davon aus, dass sie noch nie in ihrem hübschen, manikürten Leben Anweisungen entgegengenommen hatte. Vielleicht könnte es sogar Spaß machen, sie auf ihre eigenen Kosten zu peinigen. Und was hatte Arthur noch gesagt?
Schonen Sie sie nicht.
Ich lächelte und blickte ihrem blonden Haar hinterher, als sie sich mühelos durch die Menge schlängelte.
Das würde ich auch nicht tun.
Ada
Um meinem Vater Ehre zu machen, hatte ich mich in einen engen Bleistiftrock, eine Seidenbluse und meine besten nudefarbenen Pumps geworfen.
Und ich war um sieben Uhr fünfzig da, zehn Minuten früher.
Um fair zu sein: Ich konnte Grant ja unmöglich piesacken, wenn ich auf der Stelle gefeuert wurde. Und auch wenn ich mich darauf freute, eine potenzielle Bedrohung für Grant und meinen Vater zu sein, wollte ich nicht, dass Letzterer mir den Treuhandfonds entzog. Ich hatte immer noch genug Selbsterhaltungstrieb in mir, um diese Möglichkeit als sprichwörtlichen Klippenrand zu sehen.
»Ich bin Ada«, sagte ich zur Empfangsdame, als ich ankam. »Ich glaube, Grant Wood erwartet mich?«
Sie blickte mit neugierigen Augen zu mir auf und musterte mich. »Haben Sie einen Termin, Miss?«
»Tatsächlich ja, sozusagen. Ich bin seine neue Praktikantin.« Ich schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Sie schaute zweifelnd drein, und das konnte ich ihr wirklich nicht verübeln. Ich empfand dasselbe. »Es wurde kurzfristig entschieden«, fuhr ich fort. »Vielleicht hat er Sie nicht informiert.«
»Lassen Sie mich vorab anrufen – wie sagten Sie, ist Ihr Nachname?«
»Hathaway«, sagte ich und fühlte mich recht unbehaglich dabei. Der Name prangte in goldenen Lettern an der Wand hinter ihrem Schreibtisch. »Ada Hathaway.«
Sie legte das Telefon wieder hin. »Verzeihen Sie, Miss Hathaway. Natürlich. Bitte nehmen Sie diese temporäre Zugangskarte, mit der Sie durch die Tür kommen und die oberen Stockwerke erreichen. Die Büros und der Stab von Mr Wood befinden sich in der elften Etage. Gleich hier entlang. Wenn Sie später heute bei Security und Administration vorbeischauen, werden wir dafür sorgen, dass Sie eine permanente Zugangskarte bekommen.«
»Das werde ich tun, danke.«
Sie nickte knapp und machte eine verlegene kleine Verbeugung, bei der ich mich nur noch unbehaglicher fühlte.
Im Aufzug strich ich meinen Rock glatt. Mir war flau im Magen, und meine Nerven drehten durch. Ich hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass mich das hier nervös machen würde – ich war nicht hier, um das Ganze ernst zu nehmen –, aber einen Ort zu betreten, an dem alle über einen Bescheid wussten, hatte etwas Beunruhigendes an sich. Und sehr wahrscheinlich war das, was sie wussten, absolut unschmeichelhaft. Und möglicherweise ziemlich unwahr.
»Hallo, meine Liebe!« Linda war schon aus ihrem Bürostuhl aufgesprungen, bevor ich überhaupt aus dem Aufzug war. Ihr Haar war weit grauer geworden, seit ich sie zuletzt gesehen hatte. Das musste wann gewesen sein … ah, natürlich. Bei Max’ Begräbnis.
»Hi«, grüßte ich und erwiderte ihre Umarmung.
»Es ist lange her, Liebes.«
»Stimmt. Ist alles in Ordnung bei dir?«
»Ja. Benny ist inzwischen in den Ruhestand gegangen und bettelt mich an, dasselbe zu tun. Aber ich könnte mir nicht vorstellen, diesen Ort zu verlassen.«
Ich schenkte ihr ein Lächeln. Sie war so wichtig für diese Firma wie das Dach auf diesem Gebäude. »Natürlich nicht. Hathaway’s würde wahrscheinlich zusammenbrechen, wenn du gehst.«
»Wie geht es dir? Mit allem?«
Ich antwortete mit einem bedächtigen Nicken und halben Schulterzucken. Beides hatte ich im Laufe vieler Fragen von wohlmeinenden Menschen und Klatschmäulern perfektioniert. »Es wird besser. Ein Schritt nach dem anderen, wie man so schön sagt.«
Linda nickte und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Ja, das ist …«
»Meine Damen.« Grants Stimme drang durch die warme Atmosphäre im Flur, und sein Blick fiel auf die halbe Umarmung, in der Linda mich noch hielt. »Wenn Sie dann fertig sind, brauche ich Sie in meinem Büro, Miss Hathaway. Lassen Sie uns die Bedingungen Ihres Praktikums besprechen.«
Ich schenkte Linda ein entschuldigendes Lächeln. »Der Boss ruft.«
Sie zwinkerte mir zu und ging zurück an ihren Schreibtisch, während ich Grant in sein Büro folgte. Er war groß gewachsen und wirkte in dem teuren dunkelblauen Anzug kantig und muskulös. Es musste Jahre her sein, seit ich ihn zuletzt in diesen Räumen gesehen hatte.
Er sah aus, als sei er in diesem Büro, das früher meinem Vater gehört hatte, zu Hause. Seitdem hatte er es neu eingerichtet. Ein neuer Perserteppich lag auf dem Steinboden, und vor hohen Fenstern stand ein neuer Schreibtisch aus Eichenholz.
Grant setzte sich und sah mich mit unnachgiebigem Blick an. Ich erwiderte seinen Blick entschlossen. Ich würde ihn auf keinen Fall sehen lassen, dass er mich einschüchtern konnte.
»Wir wollen nicht um den heißen Brei herumreden. Ich vermute, dein Vater hat dich zu diesem Praktikum überredet.«
Ich ließ ein breites Lächeln aufblitzen. »Was, du denkst nicht, dass ich hier bin, um deine heitere Gesellschaft zu genießen?«
Grant zog eine Augenbraue hoch, und ich hasste ihn dafür, dass er dabei auch noch so gut aussah. »Sollen wir so tun, als hättest du tatsächlich Interesse an dieser Firma?«
»Sie liegt mir im Blut«, antwortete ich und legte den Kopf schief. Und eines Tages wäre diese Firma vielleicht an Max übergegangen, da er tatsächlich Freude daran gehabt hatte. Aber nun war Grant hier, der selbstbewusster geworden war und eindeutig so wirkte, als würde er sich wie zu Hause in diesem Büro fühlen. Lebendig und engagiert. »Warum solltest du annehmen, dass mir die Firma egal ist?«
»Auch ich lese Zeitung. Die Arbeit hier wird in ziemlichem Kontrast zu deinen sonstigen Freizeitvergnügungen stehen.«
»Vielleicht verleiht meine Anwesenheit hier der Firma ein wenig Starpower.«
»Davon hat sie schon von selbst genug«, antwortete er knapp. »Du musst jeden Morgen um acht Uhr hier sein. Du wirst an den täglichen Briefings teilnehmen, die das Führungspersonal durchführt. Dieses Ressort befasst sich mit hochsensiblen Themen, mit den Verbindungen zu unseren wichtigsten Klienten und steuert die Kommunikation zwischen den verschiedenen Abteilungen. Alle erstatten hier Bericht. Also, für deinen ersten Tag möchte ich, dass du Berichte schreibst, zweihundert Wörter lang, einen über jede Abteilung von Hathaway’s, darüber, worauf sie spezialisiert ist.«
»Du willst, dass ich den ganzen Tag damit verbringe?«
Grant musterte mich mit schmalen Augen und sah dabei so überlegen aus, dass es einen wütend machte. »Denkst du, du bekommst das hin?«
»Ja.« Ich dachte, dass ich damit lange vor dem Ende des Tages fertig sein würde, aber das war eine andere Sache.
»Linda wird sich um alle praktischen Fragen kümmern.«
»Was werden meine Zuständigkeiten sein, während ich hier bin?«
Grant machte eine knappe, wegwerfende Handbewegung. »Ich werde sehen, ob ich mir etwas ausdenken kann. Wir lassen dem Ganzen etwas Zeit.«
Ich spürte, wie mir das höfliche Lächeln im Gesicht gefror. Natürlich dachte er, dass ich nicht viel konnte. Tja, vielleicht bestünde Teil eins von Operation »Grant sauer machen« darin, ihm zu beweisen, dass er da falschlag. Er war wie Marmor oder Stahl, kalt und unnachgiebig, ein Mann, dem jegliche rührseligen Emotionen fehlten. Max und ich hatten nie verstanden, warum Vater ihn eingestellt hatte. Oder vielleicht hatten wir es nur zu gut verstanden – sie waren sich unheimlich ähnlich.
An der Tür blieb ich kurz stehen und warf einen Blick zurück auf ihn. Er gab eine imposante Figur hinter dem massiven Schreibtisch ab. Grant war immer groß und schlaksig gewesen, doch irgendwann in den letzten Jahren hatte er an Format gewonnen. Inzwischen musste er über dreißig sein, das ließ sich an seinen breiten Schultern und dem kräftigen Nacken erkennen.
»Brauchst du sonst noch was, Boss?«
Ich sah, dass ihm mein sarkastisches »Boss« nicht entgangen war. »Nein«, antwortete er. »Linda wird dir deinen Schreibtisch zeigen und dich in verwaltungstechnische Details einweisen. Ich werde am Ende des Tages nach dir schauen, um zu sehen, wie weit du mit den Berichten bist.«
Ich schloss die Tür lauter hinter mir als nötig. Was für eine idiotische Wegwerfaufgabe. Er würde die Informationen, die ich darin zusammenstellte, nie auf irgendeine Weise nutzen. Es war nur ein Test.
Linda brachte mich zu meinem Schreibtisch in einem offenen Büro, das ich mir mit vier anderen teilte.
»Das ist der Rest des Führungspersonals, der Mr Wood und dieser Abteilung assistiert.«
»Ich bin Adam«, stellte sich ein Mann vor und gab mir die Hand. Er sah nur ein wenig älter aus als ich und hatte sandblondes Haar.
»Hi, Ada! Ich bin Sarah.« Ich lächelte über die Überschwänglichkeit der jungen Brünetten. Ich hatte Zögern oder Abneigung erwartet, aber sie schienen wirklich nett zu sein.
»Das ist Michaelas Platz. Sie ist im Moment nicht hier, aber am Nachmittag kommt sie zurück, dann kannst du sie kennenlernen. Sie ist für die Kommunikation zwischen den verschiedenen Abteilungen verantwortlich. Komm, kümmern wir uns um deine Sicherheitsfreigaben.«
Das allein nahm schon fast eine Stunde in Anspruch. Hathaway’s hatte weitläufige Tresorräume unter dem Gebäude, die rund um die Uhr von Sicherheitskräften bewacht wurden, da hier zu jeder Zeit Gegenstände von hohem Wert lagerten, auf ihrem Weg zu Auktionen und zu neuen Besitzern.
Meine Schlüsselkarte wurde codiert und gechippt, mein Foto darauf gedruckt, und ich musste mir einen dazu gehörigen achtstelligen Code einprägen.
»Hat Mr Wood dir eine Aufgabe für heute gegeben?«, fragte Linda, als ich endlich an meinen Schreibtisch zurückkehrte.
Ich nickte. »Ja, wenn auch keine sehr herausfordernde.«
»Nicht für dich, Liebes, natürlich.« Linda lächelte. »Ich bin froh zu sehen, dass du gut gerüstet bist.«
Ich drehte mich auf meinem Bürostuhl herum und atmete tief durch. Das war es nun also. Ich war tatsächlich hier, bei Hathaway’s, um zu arbeiten. Das Ganze fühlte sich völlig surreal an.
»Was ist denn deine Aufgabe für heute?«, fragte Sarah. Ich hatte inzwischen erfahren, dass sie im Management für Kundenbeziehungen verantwortlich war.
»Ich soll über jede einzelne Abteilung der Firma eine einseitige Übersicht schreiben.«
»Oh. Was, wofür denn?«, fragte Adam.
»Für Grant«, antwortete ich trocken.
Die beiden wechselten einen Blick. »Tja, dann bin ich sicher, dass es wichtig ist«, meinte Adam vorsichtig.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass es das nicht ist. Aber ich werde dafür sorgen, dass es perfekt erledigt wird.«
Um kurz nach drei Uhr klopfte ich an Grants Tür. Er war gerade von einem langen Mittagessen mit einem Klienten zurück, und ich hatte mich dabei ertappt, dass ich an meinem Tisch saß und den Hals reckte, um zu sehen, wann er in sein Büro zurückkehrte. Die Gewohnheit würde ich ablegen müssen – ich würde diese Monate nicht damit verbringen, mehr von ihm sehen zu wollen, als ich musste.
»Ja?«
Er stand an einem der langen Bücherregale, die die rechte Wand seines Büros einnahmen.
»Wie war das Mittagessen?«, fragte ich. »Hast du es genossen, fürstlich bewirtet zu werden?«
»Ich denke, du wirst noch herausfinden, dass wir diejenigen sind, die die Klienten fürstlich bewirten. Was brauchst du, Ada?«
Ich ließ die dicke Mappe aus braunem Karton auf den Tisch fallen. Sie landete mit einem befriedigenden Geräusch darauf. »Ich bin fertig mit meinem kleinen Auftrag.«
Seine Augen leuchteten auf – Vorfreude. Mit schnellen Schritten durchquerte Grant den Raum, hob meine Papiere auf und blätterte sie durch. Als er das Ende erreichte, runzelte er die Stirn. Enttäuschung. Er hatte also gewollt, dass ich scheiterte. Er hatte sogar damit gerechnet.
Armseliger Kerl.
»Wer hat dir dabei geholfen?«
»Niemand. Ich habe sie allein verfasst.«
»Hathaway’s hat achtunddreißig Abteilungen. Der Umfang an Recherchen dafür hätte dich …«
»Mein Vater hat neunundvierzig Jahre hier gearbeitet, Grant«, fiel ich ihm ins Wort. »Und davor hat mein Großvater dreißig Jahre damit verbracht, dieses Auktionshaus aufzubauen. Ich müsste schon taub sein, um nicht irgendwas darüber zu wissen.«
Er musterte mich mit schmalen Augen, die Mappe immer noch in einer Hand.
Ich trat einen Schritt näher. »Also, nachdem diese superwichtige Aufgabe nun erledigt ist, was hast du mit den geschriebenen Übersichten vor?«
»Es war eine Aufgabe, die zu deinem Nutzen gestellt war. Ich habe keine Verwendung dafür.«
Ich trat noch einen Schritt näher, bis ich die braunen Sprenkel in seinen Augen sehen konnte. »Du weißt wirklich, wie man einer Frau das Gefühl gibt, wertvoll zu sein, nicht wahr?«
Da klopfte es laut an die Tür. »Sir? Ich habe die Informationen, um die Sie gebeten haben.«
Mit einem ärgerlichen Schnauben wandte Grant den Blick von mir ab. »Ja?«
Eine Frau mit braunem Pferdeschwanz und dickem Lidstrich trat ein. Als sie uns sah, blieb sie wie angewurzelt stehen.
»Ada, das ist Michaela. Michaela, das ist Ada«, erklärte Grant.
»Freut mich«, fügte ich hinzu. Michaela hatte ihre Fassung wiedergewonnen und warf mir nun einen Blick mit kaum verhohlener Abneigung zu. Ich nahm an, nicht alle in der Führungsabteilung waren über meinen plötzlichen Neuzugang als Praktikantin informiert worden.