Suite on the Boss - Olivia Hayle - E-Book

Suite on the Boss E-Book

Olivia Hayle

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Beschreibung

Gewagtes Spiel.

Als Sophie zustimmt, ihren milliardenschweren Chef Isaac Winter zu fake daten, ahnt sie nicht, worauf sie sich einlässt. Isaac, der charismatische Besitzer des legendären 5th Ave Hotels, verkörpert Macht, Reichtum und Unabhängigkeit – und genau diese Kombination macht ihn so unglaublich attrativ. Doch für Sophie steht fest: Sie spielen beide nur eine Rolle, und für echte Gefühle ist hier kein Platz.

Je mehr Zeit sie dann miteinander verbringen, desto mehr verschwimmt die Grenze zwischen Dichtung und Wahrheit. Sophie findet sich in einem Strudel aus Emotionen wieder und kämpft gegen die aufkeimenden Gefühle für den Mann, dessen Name jede Tür in New York öffnet, der aber durchaus auch ihr Verhängnis sein kann.

Kann sie ihr Herz vor diesem Mann, der alles haben kann, schützen?

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Seitenzahl: 389

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Gewagtes Spiel.

Als Sophie zustimmt, ihren milliardenschweren Chef Isaac Winter zu fake daten, ahnt sie nicht, worauf sie sich einlässt. Isaac, der charismatische Besitzer des legendären 5th Ave Hotels, verkörpert Macht und Anziehung – und genau das macht ihn so verlockend. Für Sophie steht fest: Sie spielen nur eine Rolle, und für echte Gefühle ist kein Platz.

Doch je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto mehr verschwimmt die Grenze zwischen Schein und Sein. Sophie findet sich in einem Strudel aus Emotionen wieder und kämpft verzweifelt gegen die aufkeimenden Gefühle für den Mann, dessen Name jede Tür in New York öffnet.

Kann sie ihr Herz vor dem Mann schützen, der alles hat – außer ihr?

Über Olivia Hayle

Olivia Hayle ist eine hoffnungslose Romantikerin mit einer großen Vorliebe für Milliardäre. Da sie leider noch keinen in der der Realität getroffen hat, erschafft sie sie kurzerhand selbst – auf dem Papier. Ob sexy, charmant, cool oder verletzlich – bislang hat sie noch keinen (fiktiven) Milliardär getroffen, den sie nicht mochte.

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Olivia Hayle

Suite on the Boss

Aus dem Englischen von Katja Wagner

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

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PROLOG — ISAAC

1 — SOPHIA

2 — SOPHIA

3 — ISAAC

4 — SOPHIA

5 — SOPHIA

6 — ISAAC

7 — SOPHIA

8 — SOPHIA

9 — SOPHIA

10 — SOPHIA

11 — SOPHIA

12 — SOPHIA

13 — ISAAC

14 — ISAAC

15 — SOPHIA

16 — SOPHIA

17 — ISAAC

18 — SOPHIA

19 — SOPHIA

20 — ISAAC

21 — SOPHIA

22 — ISAAC

23 — SOPHIA

24 — ISAAC

25 — SOPHIA

26 — SOPHIA

27 — ISAAC

28 — SOPHIA

29 — SOPHIA

30 — SOPHIA

EPILOG — ISAAC

Impressum

Lust auf more?

PROLOG

ISAAC

Ich gehe dieselbe Treppe hinunter, die mein Vater und vor ihm mein Großvater einst jeden Tag hinuntergingen. Die Marmorstufen mit den goldenen Intarsien, die die Gäste vom Restaurant in die Lobby führen, sind durch die einhundert Jahre lange, intensive Nutzung leicht eingedellt.

Sie ist alt. Sie hat Gebrauchsspuren. Und sie ist immer noch wunderschön. Es sind gerade die betagten, historischen und einzigartigen Details des Winter-Hotels, die es uns ermöglichen, Tausende Dollar pro Nacht zu verlangen.

Ich lasse meine Hand am Geländer hinuntergleiten und nehme die Stufen in schneller Folge. Es ist wieder ein langer, arbeitsreicher Tag voller Besprechungen über unsere internationale Expansion geworden. Unser fast fertiggestelltes Resort in der Karibik hat sich als so vielversprechend erwiesen, dass wir in Griechenland nach Standorten für ein zweites suchen … mit demselben Resort-Feeling und Winter-Luxus, aber umgeben von türkisblauem Meer statt von New Yorks Beton-Dschungel.

Ich laufe über den glatten, schachbrettartig gefliesten Boden der Lobby. Vor den Eingangstüren ist das Tageslicht verschwunden. Es ist schon spät, und hier in der Ecke werden nur noch ein paar gute Lokale, wo man etwas zu essen bekommt, offen haben.

Meine Angestellten könnten mir auch etwas hochbringen, aber ich brauche einen Spaziergang und frische Luft. Ich rolle die Schultern zurück und spüre den verräterischen Protest meiner verspannten Muskeln.

»Sir«, sagt Andrej hinter dem Empfangstresen und nickt mir zu. Er ist Mitte vierzig, ursprünglich aus Kroatien und hat ein Auge für makellose Details. Die komplette Rezeption liegt in seiner Verantwortung.

Einer der besten Männer, die ich während meiner Zeit als Präsident der Winter-Corporation jemals eingestellt habe.

»Guten Abend«, sage ich. »Läuft alles glatt?«

Er nickt. »Aber natürlich. Wir sind fast ausgebucht.«

»Großartig.« Ich laufe schneller. Das Flake’s die Straße runter hat ganz gutes Essen. Ich wäre in weniger als einer halben Stunde wieder zurück und hätte immer noch genügend Zeit, danach ins Fitnessstudio zu gehen.

Das Geräusch von hohen Absätzen auf Marmor hallt hinter mir wider. Ihr Tempo ist hektisch und die Geschwindigkeit unaufhaltsam.

Eine Frau kommt den Notaufgang heruntergerannt. Die Schöße ihres Kamelhaarmantels stehen offen und wehen hinter ihr her. Schon ihr schneller Lauf ist ungewöhnlich, aber es ist der Anblick ihres Gesichts, der mich innehalten lässt.

Tränen laufen ihr über die Wangen, und sie wischt sich übers Gesicht, während ihre Schritte noch schneller werden.

Sie sieht am Boden zerstört aus.

Hinter ihr erscheinen zwei von unseren Sicherheitsleuten. Sie müssen ihr die Treppe hinunter gefolgt sein und sind ihr dicht auf den Fersen. Ich sehe, wie Larry einen Finger an seinen Ohrhörer hält und mit jemandem spricht.

Rufen sie etwa Verstärkung für eine weinende Frau? Ich setze mich in Bewegung, bevor ich eine bewusste Entscheidung treffen kann.

»Hier«, sage ich und ziehe sie hinter eine der alten Steinsäulen in der Lobby und aus dem Sichtfeld der Wachleute. »Ma’am, ist alles in Ordnung?«

Sie schüttelt den Kopf und ringt nach Luft. Die Wimperntusche unter ihren Augen ist verschmiert, und Tränen laufen ihr über die vor Aufregung geröteten Wangen.

»Das wird schon wieder«, sage ich und lege eine Hand auf die Säule, um sie vor Blicken zu schützen. »Erst mal durchatmen. Atmen Sie tief ein … Ja, so ist’s gut.«

Die Frau nickt und atmet zittrig ein. An ihren Ohrläppchen glitzern kleine Diamanten im Schein des Hotellichts, und ihr glatt geföhntes braunes Haar umrahmt ihr Gesicht.

Sie ist jünger als ich, aber nicht viel, würde ich schätzen. Gut gekleidet. Ein Gast?

Sie wischt sich wieder die Augen. An ihrer linken Hand glitzern zwei Ringe, ein Ehering und ein diamantbesetzter Verlobungsring. »O Gott«, flüstert sie. »Ich kann nicht … ich … o mein Gott.«

»Was ist denn los?« Ich greife in die Innentasche meines Jacketts und ziehe ein Paket Taschentücher hervor. Atemlos auflachend, ohne dabei amüsiert zu klingen, nimmt sie sich eins.

»Danke«, murmelt sie und wischt sich damit übers Gesicht. Ihre Atmung wird wieder schneller. »Ich habe ihn gerade auf frischer Tat ertappt. Mittendrin sogar … O mein Gott.«

»Wen ertappt?«

»Meinen Mann.« Ihre Stimme bricht, und ihre Augen werden wieder feucht.

In meiner Brust zuckt es. Verdammt, ich konnte den Anblick von weinenden Menschen noch nie ertragen.

»Ich hatte es schon lange vermutet. Und ich wusste, dass er dafür das Winter-Hotel nehmen würde, weil er es liebt. Und dann fand ich letztes Wochenende diese kleinen Shampooflaschen in seiner Tasche. Er stiehlt immer das Shampoo aus den Hotels, einfach immer. Ich weiß nicht, wieso, aber er tut es. Und er sagte, er hätte heute Abend einen Geschäftstermin, aber ich musste einfach hergekommen, weil ich etwas vermutet habe …« Ein weiterer gebrochener Schluchzer. »Und ich hatte recht. Ich hatte recht.«

Das Bild wird von Sekunde zu Sekunde klarer. Ich reiche ihr ein weiteres Taschentuch. »Hatten Sie?«

Sie nickt und wischt sich übers Gesicht. Mir fällt auf, dass sie Sommersprossen hat. Ein paar davon sind auf ihrem Nasenrücken verteilt. »Ich habe der Frau an der Rezeption gesagt, dass ich meinen Mann an unserem Hochzeitstag überraschen wollte. Habe ihr meinen Ausweis gezeigt, damit sie … damit sie sehen konnte, dass wir verheiratet sind. O mein Gott, ich werde ihn verlassen müssen.« Sie schließt die Augen und senkt die Stimme. »Und ich muss aus meinem Zuhause ausziehen.«

»Das tut mir leid«, sage ich und meine es auch so. Um die Säule herum werfe ich den beiden Wachmännern, die uns aus sicherer Entfernung beobachten, einen Blick und ein Nicken zu. Ich regele das.

»Also bin ich mit der zweiten Schlüsselkarte zu seinem Zimmer hoch …«

Ein Teil von mir registriert den Fehler der Rezeptionistin. Das hätte nie passieren dürfen. Aber wir haben im Laufe des Monats neue Leute eingestellt, und einige sind eben unerfahrener als andere.

Andrej wird wohl jemanden entlassen müssen.

»Ich habe die Tür der Suite geöffnet.« Sie vergräbt das Gesicht in den Händen und schluchzt wieder. Es klingt verzweifelt, und ich balle meine Hand auf der Säule zur Faust.

»Weinen Sie nicht«, sage ich. Bitte nicht.

Sie schüttelt den Kopf, aber der Tränenfluss hört nicht auf. »Sie waren zusammen im Bett. Sie haben … Ich habe es gesehen. Einfach alles.«

Grimmig verziehe ich den Mund. »Das tut mir leid.«

Sie schnieft. »Ich bin rausgerannt, und er kam mir in … in nur einem Bettlaken hinterhergerannt. Am Fahrstuhl sind wir an ein paar Sicherheitsleuten vorbeigekommen, und er hat geschrien, ich hätte versucht, ein… einzubrechen.«

Und meine Wachleute haben statt des halb nackten Mannes, der durch die Gänge meines Hotels rannte, eine voll bekleidete Frau das Treppenhaus hinuntergejagt?

Da wird wohl noch ein Gespräch nötig.

»Ich habe gerade alles verloren«, flüstert sie und sieht mir in die Augen. Ihre sind eigentümlich klar, als hätten die Tränen ihnen Tiefe verliehen und sie von jeglicher Unregelmäßigkeit befreit. Die hellblaue Farbe ihrer Iris bildet einen Kontrast zu ihrem dunklen Haar und der blassen Haut. »Es tut mir so leid, dass ich Sie damit belästige. Gott, ich … sorry. Was ich Ihnen gerade alles erzählt habe …«

»Sie haben nichts Falsches getan.« Langsam und widerwillig lasse ich den Arm sinken, mit dem ich sie hinter der Säule abgeschirmt habe. »Sie stehen unter Schock.«

»Ja, unter Schock. Auch wenn ich es geahnt habe.« Sie greift nach dem Gürtel ihres Kamelhaarmantels und verknotet ihn fest um ihre Taille. Wahrscheinlich ist sie so um die dreißig, überlege ich. »Es tut mir leid. Äh, ich wollte nicht … das ist so … also, hallo? Nett, Sie kennenzulernen?« Ihr entschlüpft ein verlegenes, kleines Lachen, das ihr Gesicht weicher werden lässt.

»Ich bin Isaac«, sage ich. »Schön, Sie kennenzulernen.«

»Oh.«

»Ich arbeite hier.«

Ihre wunderschönen Augen werden klar und verwandeln sich in flüssige Lichtkreise. »Oh! Tut mir so leid, was ich mit der Rezeptionistin gemacht habe. Es ist alles meine Schuld. Ich kann sehr überzeugend sein, wenn ich … Sie wird doch keine Schwierigkeiten bekommen, oder?«

»Machen Sie sich deswegen keine Sorgen.« Ich beuge mich hinter der Säule hervor, aber mit Ausnahme von einigen Paaren, die in der Lounge sitzen, ist die Lobby leer. »Glauben Sie, dass Ihr Mann vielleicht herunterkommt, um Ihnen zu folgen?«

Ihre Augen weiten sich. »Oh. Nein. Ich meine, das könnte schon sein. Sofern er nicht wieder direkt …« Sie zieht eine Grimasse. »Ich sollte gehen.«

»Das wäre vielleicht am besten. Verraten Sie mir seinen Namen?«

»Percy Browne. Wieso?«

Ich kenne den Namen und auch seine Familie. Doch das ändert nichts an der Entschlossenheit in meiner Stimme. »Weil ich dafür sorgen werden, dass ihm beim Auschecken die Hölle heiß gemacht wird. Wir werden ihm die volle Minibar berechnen.«

Sie lacht. Das Geräusch verebbt so schnell, wie es begonnen hat, und doch fühle ich mich davon angesteckt. Ein Lächeln wirkt bei dieser Frau viel natürlicher als Tränen. »Vielen Dank. Und gewähren Sie ihm auch nicht den späten Check-out.«

»Aber niemals.« Ich deute auf die Ausgangstüren und gehe neben ihr her nach draußen. »Sind Sie selbst hergefahren?«

»Ich habe ein Taxi genommen.«

»Dann halte ich eins für Sie an. Mrs. …?«

»Sophia. Jetzt bin ich wohl einfach nur Sophia«, fügt sie zittrig hinzu. »Ich nehme an, dass ich mich jetzt scheiden lassen werde.«

In ihrer Stimme liegt eine schmerzhafte Traurigkeit, und es mit anzuhören tut weh. Plötzlich und mit einer Heftigkeit, die mich selbst überrascht, empfinde ich Hass auf Percy Browne. »Besser das, als mit einem Mann zusammen zu sein, der Sie nicht würdigt.«

Sophia blickt auf ihre Hände. Sophia, denke ich. Der Name passt zu ihr. Sanft, stark und irgendwie klassisch. Beständig.

Sie antwortet nicht, und ich hebe einen Arm, um ein Taxi herbeizuwinken. Gott weiß, dass ich keine Ahnung habe, was ich weinenden Frauen sagen soll. Oder weinenden Männern, ganz zu schweigen von weinenden Babys. Mein jüngerer Bruder bekommt demnächst eins, und zweifellos wird die Lieblingsbeschäftigung des Kleinen sein, sich die Lunge aus dem Leib zu schreien, wann immer ich ihn im Arm halte.

Ein Taxi rollt langsam auf den dafür ausgewiesenen Platz vor dem Winter-Hotel. Sophia sieht zu mir hoch. »Es ist mir so peinlich«, sagt sie leise.

Ich schüttele den Kopf. »Bitte nicht. Sie haben genau so reagiert, wie es ein Mensch in Ihrer Lage getan hätte.«

Sie blinzelt die neu aufkommenden Tränen fort. Sie glitzern wie Diamanten an ihren Wimpern. »Ich danke Ihnen. Aufrichtig.«

»Jederzeit.« Ich öffne die Wagentür für sie. Sophia Browne, die bald eine andere Sophia sein wird, die Frau mit den himmelblauen Augen und Eiern aus Stahl, steigt ins Taxi. Dunkles Haar, Kamelhaarmantel, beigefarbene Slipper. Ein Abbild eleganter Harmonie, das nur durch den verzweifelten Ausdruck ihrer Gesichtszüge getrübt wird.

So kann ich sie einfach nicht gehen lassen. »Versprechen Sie mir eins?«

»Ja?«

»Lassen Sie sich davon nicht das Winter-Hotel vermiesen.«

Ihr Mund verzieht sich zu einem Lächeln. »Das wird nicht passieren. Dank Ihrer Shampooflaschen habe ich es ja erst herausgefunden!«

Ich beobachte, wie das Taxi die Straße entlang und am Rande des Central Parks Richtung Upper East Side fährt.

Dann schiebe ich meine Hände in die Taschen und gehe die Straße hinunter in Richtung des Flake’s. Mein ursprünglicher Plan besteht noch, auch wenn meine Gedanken bei Augen wie Diamanten verweilen, die heller leuchten als der eine an ihrem Finger.

1

SOPHIA

Zehn Monate später

Die Scheidung hat mich viele Dinge gelehrt.

Eins davon ist, dass die mit dem Monogramm des Paars verzierten Kissen, Handtücher und Bestecke eine denkbar schlechte Idee sind. Das war natürlich nicht meine, sondern die meiner ehemaligen Schwiegermutter, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich jetzt einen Satz sehr schöner Handtücher habe, die ich nicht benutzen will. Ein Paar-Monogramm ist nur so lange nützlich, wie das Paar existiert.

Und als solches existieren Percy und ich nicht mehr.

Aber die Lektion, die am meisten schmerzt, hat wenig mit Besteck oder der kunstvollen Verflechtung unserer Initialen zu tun. Nein, es geht dabei ausschließlich um unsere gemeinsamen Freunde.

Ich habe gerade auf die harte Tour gelernt, dass es so etwas nicht gibt. In den Schützengräben des Scheidungskriegs ergreift jeder eine Seite.

Es hat gleich nach meiner Trennung begonnen, der langsame Rückgang von Nachrichten, Anrufen, Einladungen – zum Brunch und anderem – und Grüßen von den Leuten, mit denen wir uns während unserer sieben Jahre als Paar, davon vier verheiratet, umgeben hatten.

Unsere gemeinsamen Freunde haben sich für eine Seite entschieden, und das war selten die meine. Oh, unsere Freundinnen waren natürlich sehr verständnisvoll.

»Es hat mir so leidgetan, das zu hören«, hatte Maud mir bei einem Abendessen gesagt, zwei Monate nach Einreichen der Scheidung. »Gibt es keine Möglichkeit, es wieder … geradezubiegen? Über seine kleine Indiskretion hinwegzusehen? Ich gebe dir den Namen des Paartherapeuten, den Mark und ich aufgesucht haben, als wir so was ähnliches durchgemacht haben. Denk einfach darüber nach, Sophia. Ihr zwei habt so viel gemeinsam.«

Ja, absolut. Nämlich einen verdammten Haufen Zeug mit Monogrammen drauf. Vielleicht waren sie also doch nicht so verständnisvoll.

Die meisten Leute, die Percy und ich kannten, waren mehr seine Freunde, als sie jemals meine waren. Wie seine alten Schulkameraden, sei es aus dem Semester, das er im Internat verbracht hat, oder aus seiner Zeit am Elite-College. Oder seine Squash-Freunde, seine Golfkameraden, die Freunde seiner Eltern und deren Kinder und das ganze riesige, efeuartige Netzwerk, das wir zusammen in New York aufgebaut hatten. Nur war es nicht unser Netzwerk, und ich habe es auch nicht mit aufgebaut. Das waren er und seine Eltern, und ich hatte naiverweise angenommen, ich wäre ein Teil davon geworden.

Dass ich es mir zu eigen gemacht und hier ein Leben hätte.

Aber eine Scheidung später bin ich genauso eine Außenstehende, wie ich es war, als ich ein Jahrzehnt zuvor in New York angekommen bin. Percy ist ein Teil von ihnen. Ich bin es nicht, und was einst ein Haarriss war, ist nun zu einer gähnenden Kluft zwischen uns geworden.

Ich bin Sophia Bishop aus Marhill, eine Außenseiterin, die nicht mehr zu ausschweifenden Brunchs und Pärchengolfpartien eingeladen wird.

Also habe ich das Einzige getan, was ich kann … und das ist arbeiten.

»Ablenkung«, sagt mein Therapeut gern in belehrendem Ton, »ist nicht die gesündeste Art, mit Ihren Problemen umzugehen, Sophia.«

Vielleicht nicht, aber es ist auf jeden Fall die bequemste, um nicht zu sagen einträglichste. Meine pausenlosen Arbeitszeiten begannen unmittelbar nach der Scheidung, als mein Büro bei Exciteur gemütlicher wurde als die Vierzimmerwohnung, die ich mit Percy ausräumen musste.

Und sie hat Früchte getragen. Ich bin jetzt leitende Projektmanagerin in der Strategieabteilung, eine Stufe höher als meine vorherige Stellung als Projektassistentin. Und alles, was es dazu brauchte, war ein implodierendes Privatleben.

Die Beförderung kam gerade rechtzeitig, um nicht mehr die Wohnung meiden zu müssen, in der ich mit Percy gelebt hatte, sondern die neue Wohnung, die ich für mich allein gefunden habe. Es ist eine Zweizimmerwohnung in Midtown, bescheiden für New Yorker Verhältnisse, aber immer noch verdammt teuer für einen Single-Haushalt.

Außerdem ist sie schmerzhaft leer.

Der einzige Lichtblick ist das Kätzchen, das meine Schwester mir untergejubelt hat. Eine der Katzen, die in den Scheunen ihres Mannes herumlaufen, hatte einen Wurf. Und als ich mich in Marhill verkrochen habe, nachdem ich Percy in flagranti erwischt hatte, leisteten mir die Kleinen mit ihren energiegeladenen Hopsern und den Nickerchen Gesellschaft. Rose hat darauf bestanden, dass ich eins davon mit nach Hause nehme.

Jetzt habe ich also eine Katze, die ich nie wollte, eine zu teure Wohnung und einen Job, der eine horrende Zahl Arbeitsstunden pro Woche erfordert.

Und das ist die dritte Lektion, die ich aus meiner Scheidung gelernt habe: Man verliert nicht nur seinen Mann oder seine Ehe, sondern das gesamte Leben, das man sich aufgebaut hat.

Sophia Browne existiert nicht mehr. Und ich bin mir nicht mehr sicher, wer Sophia Bishop ist.

Sie wollte unbedingt eine New Yorkerin werden, so viel weiß ich. Ich hatte früher ein Poster der Skyline in meinem Kinderzimmer und sah mir Sex and the City an, als wäre es eine Gebrauchsanweisung. Hierher zu ziehen war ein Traum gewesen. Percy hatte mir geholfen, mich einzuleben und mir alles gezeigt. Durch ihn hatte ich in eine New Yorker Familie eingeheiratet. Dies war mein Zuhause.

Aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, wer ich bin.

Die erste Aufgabe auf meiner To-do-Liste war die Arbeit. Ich habe sie schon immer geliebt. Percy hat sich oft beklagt – in diesem für ihn charakteristischen Ton, der immer ein bisschen bockig wurde, wenn er seinen Willen nicht bekam –, dass ich mehr arbeiten würde, als ich sollte. Und hat mir immer wieder angeboten, für mich zu sorgen, sofern ich lieber zu Hause bleiben wollte.

Woraufhin ich ihn daran erinnert habe, dass er immer behauptet hat, er möge meinen Ehrgeiz. Dann hat er nachgegeben, genickt und gesagt, dass das natürlich stimmen würde.

Aber jetzt frage ich mich, wie viel davon der Wahrheit entsprach.

Ich laufe auf meinem üblichen Weg zu Fuß zur Arbeit. Exciteur hat seinen Sitz in einem hohen Wolkenkratzer, der nicht weit von meiner neuen Wohnung entfernt liegt. Ich bleibe an meiner üblichen Bank in der nahe gelegenen Grünanlage stehen, wo die meisten untergeordneten Exciteur-Mitarbeiter in den wärmeren Monaten ihr Mittagessen einnehmen, und wechsle von meinen ergonomischen Turnschuhen zu einem Paar Slingpumps mit niedrigen Absätzen. Dann löse ich den Zopf, den ich zum Schutz bei meinen Spaziergängen trage. Nichts ruiniert eine Föhnfrisur so sehr wie der Wind, eine Lektion, die ich schon lange vor meiner Scheidung gelernt habe.

Meine Morgenroutine ist eine Wissenschaft für sich.

Ich hole mir einen Kaffee aus dem Imbisswagen vor dem Büro und fahre hoch in meine Etage. Exciteur ist eine riesige Beratungsfirma. Eigentlich ist »riesig« ein zu mildes Wort. Kolossal. Global. Ich habe auf der ganzen Welt mehr Kollegen, als die kleine Stadt, in der ich aufgewachsen bin, Einwohner hat.

Sagen wir einfach, die Schaltfläche »Allen antworten« bei E-Mails wurde dauerhaft deaktiviert.

Jenna sitzt schon an ihrem Schreibtisch. Ihr glattes schwarzes Haar ist zu einem strengen Pferdeschwanz gebunden. Es ist ihr Killer-Look, den sie oft bei Meetings mit wichtigen Kunden trägt.

»Du hast es vor mir hergeschafft«, sage ich.

Sie wirft mir mit blitzenden Augen einen Blick über die Schulter zu. »Auf deinem Schreibtisch liegt ein Mandelcroissant.«

»Nie im Leben.«

»Doch.«

»Nächste Woche komme ich vor dir rein. Willst du einen Blaubeer- oder einen Schokomuffin?«

»Schaffst du nicht.« Jenna wohnt zwar am anderen Ende der Stadt, hat aber aus unerfindlichen Gründen angefangen, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen. Sie ist immer früher als alle anderen da, damit sie im Fitnessstudio von Exciteur noch duschen kann. »Aber falls doch … Schokolade bis zum Abwinken.«

Ich gehe in mein Büro und hole mir das Croissant, das auf mich wartet. Heute ist ein großer Tag für mein Team. Jenna weiß es – deshalb der Pferdeschwanz –, und ich auch.

Ich kehre zu ihrem Schreibtisch zurück. »Gehst du die Notizen noch mal durch?«

»Aber klar.« Trotz all unserer Neckereien hat Jenna den schärfsten Verstand. Sie ist meine rechte Hand und die dritte im Bunde in meinem Geschäftsentwicklungsteam bei Exciteur Consulting. Und das alles tut sie, während sie nebenbei ihren Master in BWL macht. Für jemanden, der erst vor sechs Monaten angefangen hat, macht sie sich unglaublich gut.

Ich nippe an meinem Kaffee. »Dieses Projekt hat uns ganz schön überrumpelt.«

»Stimmt. Weißt du, ob wir dabei noch gegen eine andere Beratungsfirma antreten müssen?«

Ich schüttele den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Offenbar gibt es eine familiäre Verbindung oder eine Art Freundschaft mit Victor St. Clair.«

»Ach«, sagt Jenna. Unser Geschäftsführer bei Exciteur zieht es vor, nur gehört und nicht gesehen zu werden. Er hält sich zurück, ist aber allgegenwärtig. Aber er ist sehr gut vernetzt und erwartet von jedem das Beste, immer und ohne Ausnahme. Seine Reaktionen in der Vergangenheit waren … schwerwiegend, wenn Teams nicht die gewünschte Leistung erbrachten.

»Ja«, sage ich. »Was bedeutet, dass wir bei diesem Termin einen Treffer liefern müssen.«

Sie nickt, tief in Gedanken versunken. Jenna ist Vietnamesin der zweiten Generation, durch und durch positiv und hat eine Vorliebe für zitronengelbe Blusen. Ich habe noch nie mit jemandem so gut zusammengearbeitet wie mit ihr. »Ist Toby heute mit von der Partie?«, fragt sie.

Ich nicke. »Ich will, dass ihr mich beide bei diesem Projekt unterstützt. Schauen wir mal, was der Kunde heute sagt, aber … das könnte eine große Sache werden.«

»Groß«, wiederholt sie und wendet sich ihrem Computer zu. Nach ein paar Klicks erscheint die Website des Hotels auf dem Bildschirm.

Unser potenzieller neuer Kunde. Die Winter-Corporation.

Es ist der größte Einzelkunde, für den ich jemals ein Projekt geleitet habe, und doch kann ich den Namen nicht ansehen, ohne mich zu erinnern.

Das Winter-Hotel, mein privates Seelenheil und meine private Hölle, alles in einem. Der Ort, an dem ich die Wahrheit erfuhr, nachdem ich monatelang Verdacht geschöpft und mich Percys ungewöhnlich langen Arbeitsstunden und ausweichenden Blicke misstrauisch gemacht hatten.

»Ist die Teilnehmerliste aktuell?«, fragt Jenna und ruft unser internes Protokoll für das Treffen auf.

Wir haben Namen und Fotos von allen Winter-Teilnehmern. Von Beratern wie uns werden Hintergrundrecherchen erwartet.

Ich muss dafür sorgen, dass wir heute in dieses Meeting gehen und das Ganze ein Erfolg wird … aus vielen verschiedenen Gründen.

»Ja«, sage ich und lasse den Blick konzentriert über die Liste mit den Namen wandern … einschließlich dem ganz oben. »Sie werden alle da sein.«

Ein paar Stunden später steigen Toby, Jenna und ich in ein Taxi, das uns zu dem imposanten Steingebäude des Winter-Hotels bringt. Es ist eine Institution in der Stadt, eines der ersten großen Hotels, mit einer Geschichte, die bis ins Goldene Zeitalter zurückreicht.

So alt und geschichtsträchtig wie die Familie selbst. Obwohl Percys Eltern sich selbst als fest in der Welt der Upper East Side verankert betrachten, ist das Gebäude der Brownes nichts im Vergleich zu dem der Winters. Sie sind in das Gefüge der Gesellschaft selbst eingewoben. Verdammt, wahrscheinlich haben sie dafür sogar eigenhändig den Webstuhl bedient.

Ich verschränke die Hände fest ineinander und schaue aus dem Taxifenster, weg von Jennas und Tobys Aufwärmübungen vor dem Termin. Die Nervosität steigt in meiner Brust auf wie ein Kolibri.

Ich habe eine Weile gebraucht, um herauszufinden, wer genau mir an jenem verhängnisvollen Abend im Winter-Hotel geholfen hatte.

Er war weder Rezeptionist noch Reinigungskraft noch Wachmann. Nicht, dass er wie einer von ihnen ausgesehen hätte. Sein Blick war zu scharf, seine Haltung zu gerade und sein Anzug viel zu teuer. Und er kam mir irgendwie bekannt vor. Ich hätte schwören können, sein Gesicht schon mal in einer Menschenmenge gesehen zu haben.

Aber meine Welt war gerade zerstört worden, und die Details waren verblasst, vermischt mit dem emotionalen Strudel jener Nacht und all den hitzigen Auseinandersetzungen, die mit Percy noch folgten.

Ich hatte den Mann, der mir ein Taschentuch geliehen hatte, schon fast vergessen, bis das Winter-Projekt vor zwei Wochen in meinem frisch beförderten Schoß bei Exciteur landete.

Der Kunde ist ein besonderer Freund des Geschäftsführers. Geben Sie alles, was Sie haben, und zwar schnell.

Das habe ich also getan, und dazu gehörte eine Menge Recherche über die Winters, sowohl über die Institution als auch über die Familie, die die einhundert Jahre alte Hotelkette noch immer besitzt und leitet.

Es ist eines der wenigen Unternehmen, das unter der Leitung der dritten und vierten Generation nicht schwächer, sondern stärker geworden ist.

Nach drei Minuten Recherche hatte ich den Namen und das Foto des derzeitigen Eigentümers und Managers der Winter-Corporation gefunden. Sein Gesicht starrte mich von einem professionellen Foto aus an, das am Fuß der Treppe in der Lobby des Hotels aufgenommen worden war. Sein dunkles Haar war nach hinten gekämmt, und die Augen blickten in die Kamera, als würde er den Fotografen auffordern, sich zu beeilen.

Es war der Mann aus der Lobby, dem ich so peinlich viel erzählt habe, der mir ein Taxi besorgt und mir ein Taschentuch gegeben hat.

Ich war um Haaresbreite davon entfernt gewesen, das Projekt abzulehnen. Aber ich war gerade befördert worden, und meine Wohnung erschien mir immer noch zu groß und zu einsam, um abends dorthin zurückzukehren. Also nahm ich den Winter-Job an und beschloss, meinen Stolz herunterzuschlucken, wenn die Zeit gekommen war.

Nur ist diese Zeit jetzt, und mein Stolz schmeckt mir gar nicht.

Das Taxi hält sanft vor dem Hotel. Die Verwaltung befindet sich im Gebäude selbst, in einer Etage, die als Bürobereich genutzt wird. Es spricht für die Art von Unternehmen, um das es hier geht. Alt, familienorientiert und ein bisschen selbstverliebt in das eigene Erbe.

Steinsäulen flankieren den vergoldeten Eingang. Die Türsteher tragen eine Uniform, die mir von Besuchen in diesem Hotel mit Percy und seinen Eltern vertraut ist. Sie liebten es, in einem der Restaurants zu dinieren … und ihr Sohn liebte es, hier seine Geliebte zu treffen. Also eine zentrale Anlaufstelle der Brownes, um ihren Appetit zu stillen.

»Wir schaffen das«, murmelt Jenna zwischen Toby und mir. »Hals- und Beinbruch, Soph.«

»Das Mittagessen nachher geht auf mich.«

»Thai?«, fragt Toby.

»Ja, bitte«, wirft Jenna ein.

Wir gehen zur Haupttreppe, vorbei an der Stelle, an der ich Isaac Winter, dem Geschäftsführer und einem der einflussreichsten Menschen in New York, aus Versehen mein Herz ausgeschüttet habe.

»Klar«, sage ich. »Und dazu ein Glas Wein.«

Ich gucke nicht auf die Stelle, an der ich mich zur Närrin gemacht habe. Ich schaue auch nicht in Richtung der Nottreppe.

Du hast alles unter Kontrolle, Sophia.

»Einfach hier durch«, sagt eine Mitarbeiterin in formeller Uniform und öffnet mit ihrer Schlüsselkarte die Personaltür. Wir werden den Flur entlang in einen Konferenzraum geführt. Und dort warten die fünf Menschen, die das Führungsteam der Winter-Corporation bilden, auf uns. Ich kenne sie alle mit Namen und Stellung.

Und an deren Spitze sitzt er, Isaac Winter, und starrt mich direkt an.

2

SOPHIA

Er zieht leicht eine Augenbraue hoch.

Das war’s … das einzige Anzeichen eines Wiedererkennens, das er sich anmerken lässt. Es lindert meine Nervosität und setzt mein professionelles Drehbuch in Gang.

Das hier habe ich schon oft genug gemacht.

Ich reiche dem Mann, der uns am nächsten ist, die Hand. Einer nach dem anderen erheben sie sich.

»Sophia Bishop«, sage ich. »Es ist mir eine Freude, Sie alle kennenzulernen. Danke, dass Sie Exciteur für dieses Projekt in Betracht gezogen haben.«

Sie stellen sich vor. Als ich Mr. Winter erreiche, zögere ich nicht.

Seine Hand schließt sich um meine. Sie ist warm und trocken, der Griff fest. »Isaac Winter«, sagt er. »Ein Vergnügen, Miss Sophia … Bishop, richtig?«

»Ja, das stimmt. Bishop.«

»Ein schöner Nachname«, sagt er.

Oh ja. Er erinnert sich eindeutig.

»Danke«, sage ich und lasse die Hand los, die ich ein bisschen zu lange geschüttelt habe. »Das hier ist mein Team, Jenna Nguyen und Toby Sutton. Sie sind beide von unschätzbarem Wert für das Geschäftsentwicklungsteam von Exciteur.«

Jenna und Toby haben schon in den Profimodus geschaltet. Ihre Stimmen klingen klar und angenehm. Sie stehen nebeneinander und strahlen Kompetenz aus.

Wir setzen uns alle.

Ich lande auf dem Stuhl gegenüber von Isaac Winter. Er, Chef seines gesamten Konzerns. Ich, Chefin meines Entwicklungsteams.

Ich habe jede Menge Firmen kennengelernt, in denen der Geschäftsführer sich nicht die Zeit genommen hat, an solchen Sitzungen teilzunehmen.

Dieser tut es.

Ich fasse die Informationen, die sie uns gegeben haben, in kurzen, prägnanten Sätzen zusammen und bekräftige unser Engagement für Spitzenleistungen. »Was immer Sie brauchen, Exciteur kann es liefern.«

Am anderen Ende des Tischs herrscht Stille. Isaac streicht sich übers Kinn und lässt den Blick von mir zu Toby und Jenna wandern. Als ob er uns taxieren würde.

»Ich überlege, zu expandieren und eine neue Hotelkette zu etablieren«, sagt er.

Ich nicke. Dies war Teil des kurzen Überblicks gewesen, der auf meinem Schreibtisch landete. »Sie wollen einen Ableger Ihrer Marke«, sage ich. »Eine auf eine andere Kundschaft ausgerichtete und mit Franchise-Möglichkeiten? Ich nehme an, es braucht langfristige Kapazitäten, um so eine Kette im ganzen Land statt nur in den Großstädten zu etablieren.«

»Möglicherweise«, stimmt er zu. »Ich benutze das Wort ›günstig‹ nur ungern, aber …«

Ich verkneife mir ein Lächeln. »Dann vielleicht eher ›wirtschaftlich‹?«

»Ja, lassen Sie uns das Wort verwenden. Wirtschaftlich in allen Bereichen, außer der Qualität.«

»Natürlich. Welche Elemente Ihrer Haupthotels möchten Sie erhalten?«

Isaac legt uns ihre Vision dar. Sein leitender Direktor tut dasselbe und informiert uns zusätzlich über technische Spezifikationen und Details. Neben mir notieren Toby und Jenna sich alles.

Das sind die Informationen, die wir brauchen, um in wenigen Wochen einen Pitch mit Skizzen, Budgetoptionen, Namen und Logos sowie den Kontaktdaten potenzieller Architekten abzuliefern.

Sie wollen eine neue Hotelkette? Wir entwerfen eine von Grund auf neue für sie.

Ich beobachte Isaac während ihrer gesamten Präsentation. Sein Gesicht verrät nichts, trotzdem kann ich nicht aufhören, nach Hinweisen zu suchen. Er sieht genauso aus wie auf dem Bild, das ich bei meinen Recherchen gefunden habe. Dichtes, dunkles Haar, ziemlich kurz geschnitten und nach hinten gekämmt. Durchdringende Augen. Ein makelloser Anzug und nur ein Hauch von Bartstoppeln auf seinen Wangen, die nicht recht zu dem gepflegten Konferenzraum zu passen scheinen.

Um die Augen und auf der Stirn hat er kleine Fältchen, die ihn nur noch vornehmer wirken lassen. Sein Alter war ein Teil meiner Nachforschungen gewesen. Achtunddreißig, in ein paar Monaten wird er neununddreißig.

Und er war nie verheiratet.

Ungewöhnlich für einen Mann in diesem Abschnitt seines Lebens.

»Sophia«, sagt Jenna und verwendet dabei ihre professionelle Stimme, die scharf und intelligent klingt. »Möchtest du das Ganze gern abschließend zusammenfassen?«

Ich bitte sie, uns dieses Projekt anzuvertrauen, und sichere ihnen eine sechswöchige Bearbeitungszeit zu. »Wir würden dafür gern Ihr Stammhotel hier in New York besichtigen. Vielleicht mit einer Führung von einem Ihrer Mitarbeiter durch die verschiedenen Bereiche des Hotels?«

»Das lässt sich arrangieren«, sagt Andrew.

Aus meinen internen Aufzeichnungen weiß ich, dass er zweiundfünfzig Jahre alt und Isaacs rechte Hand bei der Leitung des Unternehmens ist. Außerdem hat er Zwillingstöchter, die drei Blocks von hier entfernt eine schicke Vorschule besuchen. An den Wochenenden spielt er gern Golf.

Es ist erschreckend, wie gründlich Exciteur manchmal recherchiert. Und dann sind wir fertig und sitzen diesem Führungsteam gegenüber, einer Frau und drei Männern, alle angeführt von dem Mann, der mich so heftig schluchzen gesehen hatte, dass mir die Wimperntusche über die Wangen lief. Jenna sorgt dafür, dass jeder unsere Kontaktdaten hat, und Toby sammelt unsere Notizblöcke ein.

Showtime, Sophia. Ich lasse die Leute aus dem Konferenzraum gehen, bevor ich mich an ihn richte. »Mr. Winter?«

Isaac bleibt an der Tür stehen. Sein Stellvertreter wirft mir einen neugierigen Blick zu, ebenso wie Jenna, aber ich ignoriere beide. »Ja, Miss Bishop?«

»Hätten Sie einen Moment?«

Sein Blick bleibt undurchschaubar. »Sicher. Andrew, bitte begleiten Sie Miss Bishops Team in die Lobby und sorgen Sie dafür, dass sie eine Tasse Kaffee bekommen.«

Er zieht die Tür hinter den anderen halb zu. Der Raum wirkt jetzt, da wir nur noch zu zweit sind und der Designertisch uns nicht trennt, plötzlich kleiner. Weniger formell.

Nervenaufreibender.

»Tja«, sagt er, »ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht gespannt war.«

Ich lehne mich an den Tisch. »Ich möchte Ihnen danken, dass Sie Exciteur dieses Projekt anvertrauen«, sage ich. Meine nächsten Worte sind einstudiert. »Ich weiß nicht, ob Sie sich noch daran erinnern, was sich vor fast einem Jahr in der Lobby Ihres Hotels ereignet hat, aber wenn ja, darf ich Ihnen versichern, dass Sie von mir in Zukunft nichts als Professionalität erwarten dürfen.«

Eine von Isaacs Augenbrauen wandert in die Höhe. »Haben Sie sich diese kleine Rede etwa vorher ausgedacht?«

Die Frage bringt mich fast aus dem Konzept. Ich schenke ihm mein verbindlichstes Lächeln. »Das habe ich. Dieses Projekt ist wichtig für mich, und ich möchte dabei gute Arbeit leisten. Besteht die Möglichkeit, dass wir vergessen können, was passiert ist?«

»Die besteht.« Er blickt auf die Papiere, die ich bei mir trage, und die Mappe mit dem Exciteur-Logo darauf. Dann kreuzt er die Arme vor der Brust und sagt die nächsten Sätze so sachlich, als ob wir immer noch über sein Unternehmen reden würden. »Wir haben das Auschecken Ihres Mannes um fünfundvierzig Minuten verzögert. Den Flüchen nach zu urteilen, mit denen er meine Mitarbeiter bedacht hat, haben wir wohl dafür gesorgt, dass er ein wichtiges Geschäftstreffen verpasst hat.«

Ich blinzele. »Oh.«

»Wir haben ihm auch angedroht, ihn wegen Unsittlichkeit zu verklagen, weil er sein Hotelzimmer nackt verlassen hat«, fährt Isaac fort. Sein Gesichtsausdruck ist immer noch ernst, und seinen Blick kann ich nicht deuten, aber die hochgezogene Augenbraue bleibt, wo sie ist. »Er ist als Gast nicht mehr willkommen. Nie wieder.«

Ich brauche einen Moment, um die richtigen Worte zu finden, und fasse in den Saum meines Blazers. »Ich danke Ihnen. Er hat das sicher als ziemlich schweren Schlag empfunden.«

»Nun, ich mag es nicht, wenn sich Leute in meinen Hotelfluren entblößen.«

Ich fühle mich, als würde ich gerade eine außerkörperliche Erfahrung machen. »Nein, natürlich nicht. Das ist klar.«

»Sie haben sich also von ihm scheiden lassen.«

Es ist keine Frage, trotzdem nicke ich. Meine linke Hand ballt sich zur Faust. Das Fehlen meiner Ringe hat endlich angefangen, sich normal anzufühlen. Befreiend sogar. »Ja.«

Isaac lässt die Arme sinken. Sein Gesicht wirkt gelöst, als ob etwas, das ihn zuvor beunruhigt hat, behoben worden wäre. »Dies kann unser erstes Treffen sein, wenn Sie möchten. Was in der Lobby passiert ist, wird unsere Arbeitsbeziehung nicht beeinträchtigen.«

Arbeitsbeziehung. Vertraute Worte. Sie führen mich zurück auf sicheren Boden, und mein professionelles Lächeln kehrt an seinen Platz zurück. »Danke, Mr. Winter. Ich weiß das sehr zu schätzen.«

Er reicht mir die Hand, und dieses Mal schüttelt er meine länger. Dunkelbraune Augen fixieren mich. »Ich freue mich darauf, mit Ihnen zusammenzuarbeiten … Miss Bishop.«

3

ISAAC

Drei Tage später ist das Exciteur-Team wieder da.

Den E-Mails nach zu urteilen, die mein eigenes Team von ihnen bekommen hat, und den wenigen, die an mich weitergeleitet wurden, sind sie auf dem neuesten Stand der Dinge. Sie fragen nach bevorzugten Farbpaletten, Budgetierungsrichtlinien und endlosen Listen von Folgemaßnahmen.

Sie ist gründlich, denke ich. Dann muss ich mich korrigieren.

Sie sind gründlich.

Sophia ist Leiterin eines Teams. Einem Team, das mein Bruder mit Hilfe von Victor St. Clair für mich angeworben hat und von dem ich viel erwarte.

Von meiner Wohnung im zwanzigsten Stock steige ich in den Aufzug. Wobei »meiner« eigentlich das falsche Wort ist. Es ist das Winter-Appartement, das in das Hotel integriert und von jeder Generation genutzt wurde. Mein Bruder und ich haben dort als Kinder viel Zeit verbracht.

Nicht, dass meine Eltern jemals dort wirklich gewohnt hätten. Sie haben immer das Stadthaus bevorzugt, und mein Vater fuhr jeden Tag ins Hotel. Dann jeden zweiten Tag.

Und dann jeden dritten …

Der Mangel an Aufsicht hatte seine Spuren hinterlassen, als ich die Leitung übernahm.

Der Aufzug bewegt sich zu langsam. Ich blicke in den vergoldeten Spiegel und sehe das vertraute Gesicht. Grauer Anzug, dunkle Haare, der gleiche starre Kiefer wie der meines Vaters. Mein Bruder hat ihn auch geerbt, und verdammt, wenn wir dadurch nicht alle wie mürrische Bastarde aussehen.

Was war zuerst da, das Aussehen oder die Einstellung?

Ich fahre mir übers Gesicht. Ich habe mich rasiert, und vielleicht sehe ich dadurch etwas jünger aus. Aber es lässt sich nicht leugnen, dass der Mann, der mich anstarrt, nicht mehr fünfundzwanzig ist. Und auch nicht mehr dreißig. Darüber habe ich schon lange nicht mehr nachgedacht. Es hat mich einfach nicht interessiert.

Ich schüttele den Gedanken ab und trete aus dem Aufzug.

Sie steht in der Lobby, nur wenige Schritte von der Stelle entfernt, an der ich sie zum ersten Mal getroffen habe, und unterhält sich mit ihren beiden treuen Gefolgsleuten. Das braune Haar ist zu einem tiefen Pferdeschwanz gebunden, und sie trägt ein marineblaues Kleid, das sich eng um ihren Körper schmiegt.

Kompetenz und Schönheit in einem.

Sophias Blick fängt mich ein. »Mr. Winter«, sagt sie mit warmer, professioneller Stimme und reicht mir die Hand. Sie ist gut darin, falsche Begeisterung echt wirken zu lassen. Im Gastgewerbe hätte sie Karriere machen können.

»Miss Bishop«, sage ich. »Gestatten Sie mir, Sie und Ihre Kollegen zum Konferenzraum zu geleiten.«

Andrew hat das hier vorgehabt. Sein Gesichtsausdruck, als ich ihm sagte, dass ich diese Aufgabe übernehmen würde, war unbezahlbar.

Sophia und ihre Kollegen richten sich sofort im Konferenzraum ein. Ich halte an der Tür Wache und sehe zu, wie sie Laptops und Notizblöcke auspacken. Sie werden den kompletten Tag im Hotel verbringen, um mit meinen Mitarbeitern zu sprechen und ihr Konzept auszuarbeiten.

Ich glaube, Inputting war der Fachausdruck, den sie dafür verwendet haben. Beratung ist eine Branche, die ich nie verstanden habe, aber ich respektiere ihre Ergebnisse.

»Hatten Sie schon eine Hotelführung?«, frage ich. Meine Frage ist an das gesamte Team gerichtet, aber ich kann nicht anders, als nur Sophia dabei anzusehen.

Sie sieht hoch. »Stellen Sie sich freiwillig zur Verfügung, Mr. Winter?«

»Ja.«

Sie blickt zu Jenna hinüber, die gerade damit beschäftigt ist, ihren Computer hochzufahren, und nickt. »Ja, ich komme liebend gern mit. Mein Team unternimmt später einen Rundgang mit Ihrem Empfangschef. Wir teilen und herrschen.«

Es ist schwer, die unprofessionelle Freude zu unterdrücken, die ich dabei empfinde. Sophia schließt sich mir an, und gemeinsam gehen wir zu den Aufzügen. Ihre Schuhe verursachen scharfe, klackernde Geräusche auf dem Marmorboden. Sie ist eine große Frau, und mit Absätzen ist sie fast so groß wie ich.

Ich lotse uns die Doppeltreppe hinunter. Wir beginnen in der Lobby und im The Ivy. Das Restaurant im Stil einer Orangerie aus der Alten Welt mit gewölbten Decken und Olivenbäumen ist der Ort, an dem wir den Hotelgästen das Frühstück servieren und am Abend das Abendessen für alle anderen.

»Ich war schon ein paarmal hier«, sagt sie, »aber einer Tour, geführt von einem Winter, könnte ich nie widerstehen.«

»Sie sollten sich Notizen machen.«

Sie ist kurz still, dann lacht sie leise auf. »Wissen Sie was, das sollte ich wirklich.« Sie zieht einen Notizblock aus der Tasche. »Überschütten Sie mich mit so viel Geschichte, wie Sie glauben, dass ich sie brauche.«

»Vorsicht bei dem, was Sie sich wünschen. Meine Mutter hat ein Buch über die Geschichte dieses Hotels geschrieben. Es gibt dreihundert Seiten mit Fakten, alle akribisch beschrieben.«

»Eine Art Biografie?«

»Ja. Aber das Buch ist nie verlegt worden. Es bleibt in der Familie.«

»Ich bin sicher, dass es ein Erfolg werden könnte. Wenn Sie sich entschließen, es zu verlegen.«

Ich sehe zu ihr hinüber. »Sie hat ein paar zu viele … aufschlussreiche Details über die Familie hinzugefügt.«

Sophia nickt, und das Glitzern in ihren Augen sagt mir, dass sie genau weiß, was ich meine. »Ach so. Aber vielleicht können Sie es in einen Bildband umwandeln. Sie könnten Fotos des Hotels aus dem vergangenen Jahrhundert verwenden, einschließlich derer von einigen der prominentesten Gäste, mit Geschichten dazu. Von den wilden Zwanzigern bis zu den verrückten Rockbands der Achtziger. Das Winter-Hotel ist legendär. Man könnte es zum Mythos machen. Warum nicht aus Ihrem eigenen Erbe Kapital schlagen? Und Ihre Mutter könnten Sie auch einbeziehen.«

Ich bleibe auf der ersten Marmorstufe stehen, die zum The Ivy hochführt. »Ist Ihnen das gerade eingefallen?«

»Ja. Möchten Sie, dass wir ein Muster entwerfen und es in unser Angebot aufnehmen? Wir beschäftigen ein paar Grafiker. Ich würde das gern mit einarbeiten.«

Ich sehe sie lange an. »Werden Sie bei Exciteur gut bezahlt?«

Ihre Augen weiten sich. »Was für eine unerwartete Frage.«

»Ich hoffe, dass die Antwort Ja ist«, sage ich. »Andernfalls würde ich St. Clair doch sehr empfehlen, Ihnen eine anständige Gehaltserhöhung zu geben.«

Ihre Wangen röten sich. »Danke, Mr. Winter, aber ich kann Ihnen versichern, dass ich gut bezahlt werde. Ich wurde erst kürzlich befördert.«

»Ach. Gefällt Ihnen Ihre neue Stellung?«

»Ja, durchaus.«

»Gut. Denn wenn die Antwort Nein lauten und es mir völlig an Moral mangeln würde, würde ich vielleicht auf die Idee kommen, Sie abzuwerben.«

Sie lächelt. »Was für ein Kompliment, Mr. Winter. Vielen Dank.« Wir gehen ins Ivy. Es ist die letzte Stunde der Frühstückszeit, und die Mehrheit der Gäste ist schon gegangen.

»Hier war ich schon mal«, sagt sie. »Zum Abendessen.«

»Wie fanden Sie es?«

»Ich liebe die Saisonkarte. Sehr klassisch europäisch.«

Ich nicke. »Etienne ist ein Meisterkoch.«

Sie bleibt an einem Tisch für zwölf Personen stehen. »Meine ehemaligen Schwiegereltern haben hier unsere Verlobungsfeier ausgerichtet.«

Ich spüre einen Anflug von Ärger, so irrational er auch sein mag. Natürlich haben die Brownes das Ivy für so einen Anlass gewählt. »Ach.« Mein Hotel birgt schon jetzt jede Menge Erinnerungen für sie.

Sie schüttelt den Kopf. »Entschuldigung, das ist nicht relevant.«

»Doch, das ist es. Sie haben Erinnerungen an diesen Ort.« Ich deute auf den hinteren Teil des Restaurants. »Schauen wir mal, ob Etienne kurz Zeit für uns hat. Also, was bedeutet die Marke Winter Ihnen?«

Sie erzählt mir von ihren Eindrücken und fragt mich nach meinen.

Ihre Fragen sind einnehmend und gelegentlich auch herausfordernd. Ich beobachte, wie sie Schlüsselwörter und -sätze in ihr Notizbuch schreibt.

Ich zeige ihr den neu angelegten Wintergarten neben dem Pool und dem Fitnessbereich, der erst letztes Jahr renoviert wurde. Wir bleiben auf dem Balkon mit Blick auf das ovale Hallenbad stehen. Der Raum mit den vergoldeten Wandmalereien und großzügigen Lounge-Sesseln hat seinen alten Art-déco-Charme bewahrt.

»Wow«, murmelt sie und lässt ihre Hand über das Geländer gleiten. Statt der vertrauten Räume beobachte ich ihre Reaktion. Die aufgerissenen Augen, die unbefangene Wertschätzung. Und die klugen Bemerkungen. So platzieren Sie also alle Gäste? Und: Ihre Restaurants müssen an den Wochenenden eine wichtige Einnahmequelle sein. Müssen die Gäste für eine Reservierung hier extra bezahlen?

»Sind Sie schon mal am Pool und im Wellnessbereich gewesen?«, frage ich.

»Noch nie. Ich habe hier noch nie übernachtet.«

Ich deute mit dem Kopf in den riesigen Raum hinein. »Das Winter-Hotel hat den Charme der alten Welt. Durch seine Geschichte, den unaufdringlichen Glamour und den tadellosen Service. Diese Dinge müssen ein zentraler Bestandteil der … eher wirtschaftlichen Hotelkette sein.«

Sie summt und wendet den Blick ab. »Mr. Winter«, sagt sie, und ihre Stimme klingt beinahe sanft, als müsste sie mich auf schlechte Nachrichten vorbereiten. Am liebsten würde ich lächeln. »Ein tadelloser Service ist ein guter Grundsatz, den man beibehalten sollte. Den Charme der Alten Welt dagegen wahrscheinlich nicht. Stellen Sie sich vor, wie das bei einer neu gebauten Immobilie wirken würde.«

»Es wäre kein Winter-Hotel, wenn es das nicht hätte.«

»Genau. Sie wollen einen Ableger dieser Hotelkette etablieren, statt zu kopieren, was hier und an Ihren anderen Hauptstandorten so gut funktioniert.«

Ich lasse meine Augen schmal werden. Sofort macht sie dasselbe. »Das ist Ihre Überzeugung«, sage ich.

»Ich habe meine Hausaufgaben gemacht, Mr. Winter.«

»Daran zweifle ich nicht. Aber ich kenne diese Hotelmarke besser als mich selbst.«

Ich habe ihr mein ganzes Leben gewidmet.

Mein jüngerer Bruder hat schon immer andere Wege eingeschlagen und deutlich gemacht, dass er zwar ab und zu mit anpacken würde, aber kein Interesse daran hat, für das Familienunternehmen zu arbeiten. Und mein Vater? Der hat sich zur Ruhe gesetzt, sobald er das Gefühl hatte, dass ich es allein führen konnte. Er war zwar Verwalter unseres Erbes, aber kein Visionär.

Doch dieses Unternehmen ist unser Lebenselixier, und ich will verdammt sein, wenn es unter meiner Führung nicht floriert.

Sophias Augen sind immer noch unbeirrt auf meine gerichtet. Ihr Blick erinnert mich daran, dass diese Frau sich eine Schlüsselkarte erschlichen hat, nur um ihrem untreuen Ehemann auf die Schliche zu kommen. Unter ihrem tadellos geschneiderten Kleid blitzt Stahl hervor.

»Mr. Winter, manchmal sind die Menschen, die einem Problem am nächsten stehen, die letzten, die es erkennen«, sagt sie. »Weil sie eben den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen.«

Ich muss die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu grinsen. »Interessanter Spruch.«

Sie nickt und lächelt sanft. »Vertrauen Sie mir, dass ich Ihre Worte ernst nehme. Aber ich hoffe, Sie vertrauen ebenso darauf, dass wir Ihnen ein Konzept vorstellen, von dem wir überzeugt sind, dass es funktionieren kann.«

»M-hm. Kommen Sie, lassen Sie mich Ihnen den neu renovierten Fitnessbereich zeigen.«

Als wir in den Konferenzraum zurückkehren, sprudelt Sophia vor immer ehrgeizigeren Ideen geradezu über, und ich habe eine Besprechung, die ich nicht weiter aufschieben kann. Ich überlasse sie ihrem Team und meinen Mitarbeitern, und sie setzt sich an ihre Notizen, ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen.

Wie dumm, denke ich, als ich gehe und am Kragen meines gebügelten Hemds zupfe. Ich lasse mich nie auf etwas ein. Ich überschreite nie die Grenzen und lasse mich nie von unliebsamen Reizen ablenken. Es ist dumm und unnötig.