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Wer an Hannover denkt, dem kommen große Parks und der Zoo in den Sinn, die Expo und vielleicht Hannover 96. True-Crime-Fans haben dazu noch eine Handvoll Mörder vor Augen: etwa den Serienmörder Fritz Haarmann oder den Söldner Jasper Hanebuth. Lassen Sie sich fesseln von genauso düsteren wie spannenden Erzählungen u.a. über deren gruselige Wirkstätten, Europas größten Lost Place: das verlassene Einkaufszentrum an der Ihme oder ein abgebranntes Tanzlokal am Benther Berg.
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Seitenzahl: 164
Europas größter Lost Place: das verlassene Einkaufszentrum an der Ihme (Kapitel 11)
Uwe Grießmann
33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte
Unfreiwillige Besucher haben einen eigenen Eingang (Kapitel 2).
Die Fassade der Polizeidirektion Hannover (Kapitel 2)
Urnen wie diese finden sich viele im Hinüberschen Garten (Kapitel 5).
Hannover, eine Keimzelle für Serienmörder?
Verhaltensregeln für Lost Places
33 LOST & DARK PLACES
1Ein verschütteter Gang
Der Fluchtgang am Leineufer
2Leiden inmitten preußischer Herrlichkeit
Das Gefängnis der Polizeidirektion Hannover
3Flammen über der Stadt
Die Nacht, in der die Aegidienkirche zum Mahnmal wurde
4Des Königs Pech, des Bauern Glück
Die Geschichte eines Aussiedlerhofs am Rande Hannovers
5Alle sind hinüber
Der Park der Freimaurer im Hinüberschen Garten
6Die Geschnürte und der Lange
Ein Besuch auf dem Neustädter Friedhof
7Das Protokoll des Grauens
Der Fall des Serienmörders Fritz Haarmann
8Kein Badevergnügen
Das HSV-Bad in Herrenhausen
9Die Badeanstalt des kleinen Mannes
Bad Hannover am Limmerbrunnen
10Kurze Wege zum Tod
Das Gerichtsgefängnis am Raschplatz
11Die hässlichste aller Utopien
Das Ihme-Zentrum
12Auf nach Venezia
Klein-Venedig in Hannover
13Die Kultstätte
Das Eilenrieder Rad im Stadtwald
14In einem Land vor unserer Zeit
Hügelgräber und weitere Zeitzeugnisse am Benther Berg
15Blumen und Tod
Eine jüdische Gedenkstätte in Ahlem
16Die Hannoverschen Spartaner
Die Sage um den Döhrener Turm
17Von Irrglauben und Gottesurteilen
Der letzte Hexenbrand des Amtes Langenhagen
18Die Fehde
Das untergegangene Dorf Delm
19Die Nazis und die Bienen
Die Autobahn, die im Libellenteich endet
20Gebrannte Mandeln und Pferdeäpfel
Der Vergnügungspark für Pferde in Isernhagen
21Zum Tanz auf den Berg
Die Gaststätte am Benther Berg
22Das Ende einer Karriere
Neues Leben für das Anne-Forcke-Stift in Barsinghausen
23Das ermordete Mausoleum
Eine Geschichte über Raub und Zerstörung in Hemmingen
24Ein deutsches Heldenepos
Filmgeschichte zwischen Langlingen und Offensen
25101 Bäume
Zwei Schicksalsminuten in Eschede
26Die Brücke ins Nichts
Ein Denkmal für die Allertalbahn in Flettmar
27Der Astronaut im Wald
2022 – Odyssee am Rennsteig
28Der Kindsraub
Die Suche nach den Hämelschen Kindern
29Menschen, Tiere, Sensationen
Der Eisbär auf dem Alfelder Bahnhofsklo
30Rätsel am Waldbad
Die Ruinen im Bömlitzer Wald
31Wo ist der Schausteller?
Das geheimnisvolle Haus in Nienburg
32Der Preis des Ruhmes
Das Grubenunglück von Lengede
33Der Königreichsaal in der Synagoge
Bückeburg und die Judenverfolgung
Register
Impressum
Viel vom früheren Freizeitvergnügen ist nicht mehr zu sehen (Kapitel 20).
Stammen nicht von der Osterinsel: Gedenksteine für tote Kumpels. (Kapitel 32).
Die Inschrift zeugt vom Verschwinden von 130 Kindern. Früher war sie an einem Haus angebracht, heute in einem Museum (Kapitel 28).
Wer sich Gedanken über die Landeshauptstadt Niedersachsens macht, denkt vielleicht an das Schützenfest Hannover, das weltweit größte seiner Art. Oder an die eine oder andere Lüttje Lage (Kornbrand und obergäriges Schankbier, das aus zwei Gläsern gleichzeitig getrunken wird), die er dort genießen kann. An große Parks oder den Zoo. An die überfüllte Fußgängerzone oder natürlich an Hannover 96. Dass Hannover eine Keimzelle für Serienmörder sein soll, ist selbstverständlich ein wenig übertrieben. Dennoch gab es mehrere Einwohner der Stadt, die dieser Tätigkeit nachgingen. Alle hatten sie Helfer, die ihnen beim Morden bereitwillig zur Seite standen. Serienmördergehilfen. Die Rede ist von Fritz Haarmann und von Jasper Hanebuth. Da wären noch zwei Massenmörder zu nennen. Alfred Roselieb war Scharfrichter in der Zeit des Nationalsozialismus. Wilhelm Röttger, der den gleichen Beruf innehatte, tat sich damit hervor, Todesurteile im Minutentakt vollstrecken zu können. Und es gab noch einige weitere Männer, die sich in der NS-Zeit für die Ausrottung alles Nichtarischen sowie der Kommunisten, Sozialdemokraten, Sinti und Roma besonders engagierten. Wenn man im Internet nach Lost & Dark Places in und um Hannover sucht, kommen die üblichen Verdächtigen zum Vorschein. Ob es der Geisterbahnhof unter dem Hauptbahnhof ist oder die Freiherr-von-Fritsch-Kaserne und natürlich das Anne-Forke-Stift. Auf manche habe ich verzichtet, da sie zu geläufig sind. Auf einige habe ich zurückgegriffen, weil dahinter interessante, zum Teil weniger bekannte Geschichten stecken. Was selbstverständlich nicht fehlen durfte, ist der größte Lost Place, den es in Europa gibt, das Ihme-Zentrum. Meine damalige Freundin und jetzige Frau hat in Hannover studiert. Ich war an vielen Wochenenden zu Besuch bei ihr. Vor dieser Stadt in der Stadt habe ich mich als Mittelstädter immer gegruselt. Sie war damals schon eine gigantische, tote Betonwüste, durch die ein stetiger Wind pfiff. Dennoch war ich gerne dort, denn da gab es ja diesen großen Elektromarkt mit der riesigen (gerade aufkommenden) CD-Abteilung. Die hatte eine immense Anziehungskraft auf mich. Apropos Mittelstadt. Nein, ich bin nicht aus Hannover, habe dort nie gelebt. Ich komme aus Unterfranken (nicht Bayern), aus Schweinfurt, bin aber vor Jahren mit meiner Frau nach Hildesheim gezogen. Wer jetzt Lust hat, weitere Rückschlüsse zu ziehen, gerne. Warum interessiert sich ein Franke für die Historie dieser Gegend? Ganz einfach: Wer hat Hildesheim gegründet? Das war im Jahr 815 Ludwig der Fromme, König des fränkischen Reiches. Nach dem Niedergang des Frankenreichs übernahm der westliche Teil den Namen Frankreich. Im östlichen Teil entwickelte sich das Heilige Römische Reich Deutscher Nation, in dem auch Gebiete diesen Namen bewahrten. Neben Rheinfranken auch die fränkische Region.
Ich bin viele Kilometer gefahren, habe weite Zeitreisen unternommen und einiges erlebt. Ich war in und um Hannover unterwegs, oft mit meiner Frau. Ein Polizeihistoriker hat mich mit ins Gefängnis genommen. Dort war ich in der Zelle, in der Fritz Haarmann bis zu seiner Verlegung ins Gerichtsgefängnis einsaß. Ein paar Jugendliche haben uns zum Baden in der Aller eingeladen.
Als Autor eines Romans über die Hexenverfolgung in der Frühen Neuzeit hat mich natürlich der letzte Hexenprozess Hannovers interessiert. Da die Stadt im Zweiten Weltkrieg ein ähnliches Schicksal erleiden musste wie Schweinfurt, habe ich eine Bombennacht genauer unter die Lupe genommen. Die schlimmste des Kriegs. Auch die Frage, wie die Menschen eigentlich einst hier in der Gegend lebten, hat mich beschäftigt. Parks, Türme, Badeanstalten, ein Heilbad, viele Lost Places habe ich behalten, noch mehr wieder verworfen. Ich empfand sie als uninteressant. Andere waren besser geeignet, doch einige fielen Platzgründen zum Opfer. Denn eines wollte ich unbedingt in die Tat umsetzen: den Blick über den Tellerrand, den Blick in die angrenzenden Landkreise. Warum? Wer weiß, dass es einst in Alfeld die größte Tierhandlung weltweit gab? Wer diese Geschichte gelesen hat, wird verstehen, dass sie auch mit Hannover zu tun hatte. Weshalb wurden im Landkreis Celle 101 Bäume angepflanzt? In Nienburg/Weser verschwand ein Schausteller spurlos, in seinem Häuschen finden sich immer noch persönliche Dokumente. Was ist mit ihm geschehen? Viele werden nicht mehr wissen, warum im Landkreis Peine einst das (bis dahin) größte Medienspektakel in der Bundesrepublik stattfand und ein Reporter eines bekannten Boulevardblattes verprügelt wurde. Ist es geläufig, dass ein Hildesheimer Bischof eine blutige Fehde mit den Braunschweigern ausgetragen hat, in die auch Hannover einbezogen wurde? In der Nähe von Walsrode stand die größte Sprengstofffabrik Nazideutschlands. Viel ist davon nicht mehr übrig. Und was macht ein Astronaut im Hildesheimer Wald? Fragen über Fragen (auch wenn sie manchmal nicht als Fragen formuliert sind), auf die es in diesem Buch Antworten gibt.
Kein verwunschenes Schloss: die Villa Goedeckemeyer (Kapitel 9)
Es ist das zweite Buch dieser Art, das ich geschrieben habe. Für beide Werke bin ich oftmals tief in die Historie der beschriebenen Orte eingetaucht. Das hat meistens Spaß gemacht, manchmal war es frustrierend. Zum Beispiel, wenn Leute Besitzer von Grundstücken sind, auf denen sich tolle Lost Places befinden. Doch wenn sie um Erlaubnis gefragt werden, ob ich auf das Gelände darf, bekomme ich nicht einmal eine Antwort. Oder man trifft Menschen, die mir versprechen, sie rufen spätestens morgen zurück, um mich mit Infomaterial zu versorgen. Ich warte dann ein Jahr und gebe schließlich auf. Vielleicht schon früher.
Trotz allem. Es gibt in und um Hannover herum viel spannende und unheimliche Orte. Kinder, Frauen und Männer sind gestorben oder wurden ermordet, haben gelitten. Dieses Buch ist auch ein Buch der Erinnerung an diese Menschen. Gute und schlechte Erinnerungen.
Ausgangspunkt der beschriebenen Anfahrten im Infokasten ist immer der Hauptbahnhof oder der Kröpcke (das ist dann erwähnt) mit U-Bahn oder Straßenbahn. Auf Routenbeschreibungen für Autofahrten innerhalb des Stadtgebiets habe ich verzichtet.
Symbolträchtig: gerissenen Ketten und eine Fledermaus am Gefängnis der Polizeidirektion Hannover (Kapitel 2)
Jedes Bauwerk und jedes Gebäude erzählt eine Geschichte aus vergangenen Tagen. Dies gilt es zu schützen. Und auch wenn es teilweise nicht so aussieht, aber jeder dieser Lost Places hat einen Eigentümer. Das sollte respektiert werden. Das beinhaltet vor allen Dingen, dass nichts zerstört oder gewaltsam geöffnet wird. Sind Fenster oder Türen verschlossen, sollte das auch so bleiben. Gehen Sie respektvoll mit dem Ort um.
Wenn Sie etwas von einem Lost Place mitnehmen, und sei es noch so klein, ist es Diebstahl. Wie bereits in Punkt 1 gesagt, alle diese Orte haben einen Eigentümer. Daher gilt die Regel: Alles bleibt, wie es ist. Belassen Sie es bei den schönen Einblicken und Fotos, die Sie an dem Ort machen. Gleiches gilt auch umgekehrt: Lassen Sie nichts liegen. Keine Essensreste, keine Kaugummis, keine Kippenstummel.
Ein Kriegsdenkmal mit Blick auf ein Möbelhaus (Kapitel 3)
Das bringt uns zum nächsten Punkt: Rauchen verboten. Zollen Sie dem ehrwürdigen Ort Respekt und verzichten Sie für die Zeit, die Sie da sind, auf Rauchen. Kippenstummel brauchen nicht nur 15 Jahre zum Verrotten (sie sollten übrigens nirgends achtlos weggeworfen werden), sondern können schnell ein Feuer verursachen.
Dass Sie nichts hinterlassen sollen, gilt auch für Kunstwerke an den Wänden. Man sprüht einfach nicht auf fremdes Eigentum, sei es noch so schön. Lassen Sie die Wände wie sie sind, sodass auch noch Menschen nach Ihnen den Ort so erleben können, wie er früher einmal war.
Vorsicht ist besser als Nachsicht. Das gilt vor allem bei Lost Places. Marodes Holz, verrostete Geländer, einsturzgefährdete Decken, lockere Böden (teilweise befinden sich noch Kellergeschosse darunter), eingeschlagene Fenster – die Liste der Gefahren solcher Orte ist lang. Seien Sie daher immer wachsam. Begeben Sie sich niemals in Gefahr für das eine Foto. Das ist es nicht wert. Treppen und obere Etagen sind eine gängige Gefahrenquelle. Schauen Sie sich den Zustand der Treppe und der Decke genau an. Nehmen Sie auch eine Taschenlampe für dunkle Räume und Keller mit.
Es ist ratsam, immer mindestens zu zweit, besser noch zu dritt, einen Lost Place zu besuchen. Da gilt die alte Regel: Ist eine Person verletzt, bleibt die zweite vor Ort und die dritte holt Hilfe. Zudem weiß man nie, wen man vor Ort trifft. Plünderer, Spinner und betrunkene Jugendliche sind auch oft in Lost Places anzutreffen. Da ist es beruhigender, nicht allein unterwegs zu sein.
Da viele Lost Places in Privatbesitz sind, gilt hier »Betreten verboten«. Auch wenn das Tor angelweit aufsteht oder ein riesiges Loch im Zaun ist. An Orten, an denen das Zugangsrecht nicht ganz klar ist, ist es ratsam, sein Auto nicht direkt vor dem Gelände zu parken. Schauen Sie beim Betreten des Geländes auch immer, dass Sie niemand sieht. So vermeiden Sie unerwünschte Begegnungen und mögliche Konfrontationen mit der Polizei.
Wir empfehlen Folgendes:
•Festes Schuhwerk, hohe Socken (Schutz vor Zecken)
•Reißfeste Kleidung, ggf. leichte Regenjacke
•Kamera inkl. Zusatzakku, Speicherkarten, Stativ
•Proviant und Getränke (nehmen Sie aber alles wieder mit)
•Kopf- oder Stirnlampe für freie Hände
•Taschenlampe mit weitem Winkel für Keller und dunkle Räume
•Taschenmesser
•Aufgeladenes Handy (ggf. Powerbank)
•Notizblock und Stift
•Pflaster und Taschentücher
•Mücken- und Zeckenspray
Einst ein Vorzeigeobjekt, heute verfällt das Ihmezentrum zusehends (Kapitel 11).
Hier schwimmt schon lange keiner mehr, auch die Zeit der Rockkonzerte ist passé (Kapitel 8).
Der Fluchtgang am Leineufer
Vor 370 Jahren wurde hier ein Mann öffentlich hingerichtet. Es gab wohl niemanden, der seinen Tod bedauerte.
Ort Promenade am Hohen Ufer 3A GPS 52.372921, 9.730247 Anfahrt Linien 3 und 7 Wettbergen, 9 Empelde bis Haltestelle Markthalle/Landtag, dann zu Fuß über Leinestraße, links in die Schlossstraße, gleich wieder rechts durch die Klostergasse zum Hohen Ufer.
Das Geburtshaus von Jasper Hanebuth beherbergt heute einen edlen Italiener.
AUF DEM FLOHMARKT Heute erinnert fast nichts mehr an einen Ort, an dem früher Menschen hingerichtet wurden. Außer ein kleines eisernes Tor. Dieses kann man von einem Ort aus sehen, an dem jeden Samstag Antiquitäten und billiger Chinaramsch die Besitzer wechseln: Die Rede ist vom Flohmarkt am Leineufer.
DER FLUCHTGANG ZUR KREUZKIRCHE Auf der gegenüberliegenden Leineseite wurde am 4. Februar 1653 ein Mann hingerichtet. Von Protesten wird dieses Todesurteil wohl nicht begleitet gewesen sein. Eher wurde der Tod des Verurteilten mit Erleichterung, wenn nicht mit Genugtuung aufgenommen. Bei dem Mann, der den Tod durchs Radebrechen starb, handelte es sich um Jasper Hanebuth. Sicher war es den Menschen damals nicht bewusst, dass kaum einen Steinwurf von der Richtstätte entfernt ein Geheimgang gelegen war, der später als Hanebuths Gang in die Geschichte eingehen sollte. Legenden besagen, dass dieser heute zum Großteil verschüttete Stollen zwischen der ehemaligen Stadtmauer und der Kreuzkirche Hanebuth als Fluchttunnel nach seinen Morden und Raubzügen sowie als Versteck gedient haben soll. Das war aber wahrscheinlich nicht der Fall. Wobei es ebenfalls nicht bewiesen ist, dass der Gang tatsächlich unter der Kirche endet. Der Eingang von der Leineseite aus ist heute durch ein eisernes Tor gesichert. Dahinter findet sich der gemauerte Tunnel, der zumindest in Richtung Kreuzkirche führt.
DER 30-JÄHRIGE KRIEG Von Jasper Hanebuth ist bekannt, dass er 1607 auf dem Hof Pieper geboren wurde. Das heute denkmalgeschützte Gebäude hat die Adresse Groß-Buchholzer Kirchweg 17. Dort steht auch eine Skulptur mit dem Namen »Hanebuths letztes Opfer«. Im 30-jährigen Krieg diente dieser auf der schwedischen (also protestantischen) Seite als Söldner. Wahrscheinlich ist, dass sein in Buchholz gelegenes Haus in den Kriegswirren abbrannte. Aus Geldnot überfielen er und zwei Kumpane einen jungen Marketender. Das war ein Händler, der sich um die Versorgung militärischer Truppen, insbesondere der Soldaten kümmerte. Um an die Beute zu kommen, drei Pferde und das Geld, wurde der Knabe mit einem Kopfschuss getötet, seine Leiche in einem Graben entsorgt. Das war der Beginn von Hanebuths Karriere als Serienmörder.
Hinter dieser Stahltür soll sich der Fluchtgang Jasper Hanebuths befunden haben.
Manchmal arbeitete er alleine, oftmals aber auch mit wechselnden Spießgesellen zusammen. Gesichert ist, dass auf Hanebuths Konto mindestens neunzehn Morde und zehn Pferdediebstähle gehen. Die Opfer waren Marketender, Reisende oder Soldaten. Die Fremden soll er teilweise in einer Schenke belauscht haben, während er zechte und dem Würfelspiel frönte.
Die Skulptur Hanebuths letztes Opfer hieß früher Großer Sockeltorso XX.
VERHAFTUNG UND TOD Nach Ende des Krieges 1648 trieb Hanebuth weitere vier Jahre sein Unwesen in Hannover und Umgebung. Dabei tarnte er sich als Pferdehändler, wurde jedoch wegen Pferdediebstahl angezeigt und am 14. November 1652 verhaftet. Während der Gerichtsverhandlung gestand er die Diebstähle und Morde. Da es Zweifel an seinen Schuldeingeständnissen gab, wurde ihm mehrfach mit Folter gedroht. Am 4. Februar 1653 verurteilte ihn das Blutgericht zum Tode. Am nächsten Tag wurde Hanebuth durch das Steintor vor die Befestigungsmauern Hannovers gebracht. Dort zerschlug ihm der Henker die Knochen aller Gliedmaßen, angefangen bei den Schienbeinen, dann die der Oberschenkel. Alsdann kamen Unter- und Oberarme an die Reihe. Dafür benutzte er ein spezielles Rad, welches Richtrad genannt wurde. Das Rad wurde aus über Kopfhöhe auf die Extremitäten gestoßen. Als diese Arbeit erledigt war, konnte Hanebuth auf ein anderes Rad geflochten werden. Ein furchtbarer Tod, der einige Stunden dauern konnte. Damit der Verurteilte nach dem damaligen Glauben nicht wieder auferstehen konnte, wurde er nicht begraben. Sein Körper verblieb auf dem Rad, bis die vermoderte und von Tieren zerfressene Leiche von selbst abfiel. Ein gerechter Tod in einer grausamen Zeit? So waren die Strafen in der Frühen Neuzeit.
Julians Eismanufaktur Birne & Beere in der Calenberger Straße 43–45 ist nicht nur eine der besten Eisdielen Hannovers, dort werden auch EismacherInnen-Kurse angeboten. Wer nicht so weit laufen möchte, kann auf der Seite birneundbeere.de den aktuellen Standort des Eisfahrrads herausfinden, das durch die Innenstadt fährt. Es ist sogar buchbar und bringt bis zu 60 Kilogramm Eis mit. Ein Party-Hit.
Die Leine-Promenade am Hohen Ufer ist heute eine beliebte Flaniermeile. Früher war hier ein Richtplatz vor der Stadtmauer.
Das Gefängnis der Polizeidirektion Hannover
Wer ins Zuchthaus geworfen wird, der hat etwas auf dem Kerbholz. Oft genug sind Gefangene aber auch unschuldig, besonders, wenn sie in einem Unrechtsregime leben.
Ort Waterloostraße 9, 30169 Hannover GPS 52.365891, 9.731775 Anfahrt U-Bahn Linien 3 und 7 Wettbergen und 9 Empelde bis Haltestelle Waterloo, zu Fuß weiter in die Waterloostraße
Das Gefängnis der Polizeidirektion verschwindet immer mehr hinter Neubauten.
AB IN DEN KNAST Wer mal in Hannover ins Gefängnis muss, hat vielleicht das Glück, dass er in dem musealen Gebäude in der Waterloostraße/Hardenbergstraße untergebracht wird. Als Mann möglicherweise in Zelle 1, in der auch der mehrfache Mörder Fritz Haarmann (siehe Kapitel Das Protokoll des Grauens) eingeschlossen war? Oder als Frau dort, wo die Rote-Armee-Fraktions-Terroristin Ulrike Meinhof nach ihrer Festnahme in Langenhagen eine Weile einsaß, ehe sie in die Justizvollzugsanstalt Köln gebracht wurde? Die Rote-Armee-Fraktion (RAF) war eine linksextremistische Vereinigung, die insgesamt 34 Morde, dazu Entführungen, Geiselnahmen, Sprengstoffattentate und Banküberfälle auf ihrem Kerbholz hatte. 1970 gilt als die Geburtsstunde der RAF, damals noch unter dem Namen Baader-Meinhof-Bande., Bis zur offiziellen Auflösung 1998 hielt die Terrorvereinigung Deutschland mit Gewaltakten in Atem. Die RAF hatte 60–80 Mitglieder über 3 Generationen, 24 von ihnen kamen zu Tode. Drei ehemalige Terroristen machen heute noch Schlagzeilen, denn sie verdienen sich ihren Lebensunterhalt mit Raubüberfällen.
ZURÜCK IN DIE GEGENWART »Bevor wir ins Innere gehen, möchte ich Ihnen erst einmal etwas zeigen«, sagt Dr. Dirk Götting, Polizeihistoriker an der Polizeiakademie in Nienburg/Weser. Wir wandern langsam um das Gebäude Waterloostraße 9 herum und gelangen in die Hardenbergstraße. Auf dem Weg erzählt er über die Pläne, die im Kaiserreich geschmiedet wurden. »Hier gegenüber war eine preußische Kaserne und hier an dieser Stelle sollten eigentlich prächtige Wohngebäude entstehen.« Es gab Proteste der Anwohner, niemand wollte ein Polizeigebäude und erst recht kein Gefängnis in seiner Nähe haben. Doch die Regierung setzte sich durch, da der Weg von hier ins Arbeiterviertel Limmer kurz war. »Von Arbeitern gehen ja immer revolutionäre Gedanken aus. Reiche Menschen begehen dagegen so gut wie keine Verbrechen«, behauptet er schmunzelnd. So dachte man damals jedenfalls. Deshalb wurden ab 1900 einige gewaltige Prachtbauten im Neo-Renaissance-Stil in die Höhe gezogen. Seit 1903 bis in die heutige Zeit beherbergen sie die Polizeidirektion Hannover mit angeschlossenem Gefängnis. Ein paar Reliefs sind am Gebäude angebracht, eines zeigt Polizisten, die einen Mann und eine Frau, packen. Offensichtlich arme Menschen.
IM KNAST