Lotta und der Baum der Wünsche - Eva Tropschug - E-Book

Lotta und der Baum der Wünsche E-Book

Eva Tropschug

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Beschreibung

Ein kalorienarmer Ü18 Adventskalender für Romantiker, der alle Sinne reizt. Lotta und Luka brechen auf, um den Baum der Wünsche zu erreichen. Mache dir einen Tee. Nimm dir ein Stück Schokolade. Genieße 24 kurzweilige, romantisch-prickelnde Episoden mit Lotta.

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Seitenzahl: 182

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Für Andreas, Beate, Elke, Julia, Roland, Selver, Tamara und Valeria.

Weil es schön ist, dass es Euch in meinem Leben gibt.

Danke, dass Ihr mit mir das ein oder andere Abenteuer Eures Lebens teilt.

Inhaltsverzeichnis

Anleitung

Kapitel 1: Hummelflug Göttinger Symphonieorchester

Kapitel 2: Lang Lang – Bach: The Well-Tempered Clavier: Book 1, 1. Prelude C Major, BWV 846

Kapitel 3: Mozart - rondo alla turca - Glass Harp (Musical Instrument)

Kapitel 4: Alice's Adventures in Wonderland - The Caterpillar (The Royal Ballet)

Kapitel 5: Martin Kohlstedt - PAN (live from his balcony)

Kapitel 6: Franz Liszt: Liebestraum cello and piano

Kapitel 7: Der Nussknacker, Op. 71, Akt I: Marsch der Zinnsoldaten

Kapitel 8: Bach's Air on G String - perfect version.

Kapitel 9: RIOPY – La Vernatelle (Official Music Video)

Kapitel 10: 130105 A.Corelli Concerto grosso op.6 n.8 'Fatto per la notte di Natale' I Vivace Grave Allegro

Kapitel 11: Johannes Brahms: Hungarian Dance No. 21 Vivace – Piu presto (arranged by Göran Fröst)

Kapitel 12: Vivaldi Four Seasons: Winter (the Four Seasons),1 st mvt. Cynthia Freivogel & Voices of Music 4K UHD RV 297

Kapitel 13: L'arlésienne Suite No. 2: Menuet Hyperion Duo

Kapitel 14: Luigi Boccerini – Minuet (String Quintet in E major, op. 11, No. 5, G 275) Marek

Kapitel 15: Dmitri Shostakovich: Waltz No. 2 – Carion Wind Quintet

Kapitel 16: Franz Schubert - Sümfoonia nr 3 D-duur D 200 (IIAllegretto)

Kapitel 17: SARABANDE – G. F. Händel / duur D 200 (IIAllegretto)

Kapitel 18: Richard Strauss: Also sprach Zarathustra – BBC Proms

Kapitel 19: Tchaikovsky - The Sleeping Beauty – Ballett Suite – Pas d´action - Adagio

Kapitel 20: Bizet: Prélude y Aragonaise de Carmen / Sinfónica Ciudad de Zaragoza

Kapitel 21: HAUSER – Mediation from Thais (Massenet)

Kapitel 22: Lang Lang – Bach: Flute Sonata in E flat Major, BW 1031: II. Siciliano (Transc. Kempff)

Kapitel 23: Prokofiev: Cinderella, Op.87 – 19, Cinderella`s Departure fort he Ball

Kapitel 24: Amelie-Comptine d´Un Autre Été – Yann Tiersen-Classical Guitar

Anleitung:

Lieber Leser,

dieser literarische Adventskalender funktioniert wie folgt:

Überschrift checken.

Damit Du vor lauter Lesefreude nicht den Rest vergisst, der im Advent zu erledigen ist, gibt Dir der kursive Satz unter der Überschrift wichtige Hinweise, was an dem Tag noch zu erledigen ist.

Nach 24 Tagen bist Du perfekt für Weihnachten vorbereitet.

Heißgetränk zubereiten. Schoki bereit legen. Es ist sehr wichtig, diesen Teil zu befolgen, denn nur so kannst Du Deinen gestressten Adventszeitgemütszustand erfreuen.

QR Code des Kapitels scannen oder Übertitelung dazu im Internet suchen. Um das Lesevergnügen nicht zu trüben, empfehle ich Dir, die Werbung schon vor Lesebeginn zu überspringen und das Stück auf Pause gesetzt bereit zu halten. Es kann natürlich sein, dass das von mir ausgesuchte Stück online nicht mehr zu finden ist, in dem Fall musst Du eben an Hand der Überschrift eine andere Variante im Internet suchen.

Für die richtige Stimmung während des Lesens: Musik des QR Codes an der *fettgedruckten Textstelle abspielen. Und den Gedanken nachhängen, bis das Stück zu Ende ist.

Ich wünsche Dir viel Spaß beim multimedialen Leseerlebnis und eine schöne Adventszeit.

Kapitel 1: Hummelflug Göttinger Symphonieorchester

Check 1: Geschenkeliste anlegen – zumindest mal die Namen der zu Beschenkenden aufschreiben.

Baum besorgen.

Etwas kratzt und schabt am Fensterbrett. Lotta schrickt aus ihrem Traum hoch. „Was war das?“ Die laue, rosenduftende Sommerluft strömt friedlich-unschuldig und sanft durch das halb offene Fenster. Hat sie sich getäuscht? Nein, da ist es wieder. Das Schaben. Das Kratzen. Das Rascheln der Rosenblätter. Das Spalier vor dem Fenster knackt und knarzt unter dem Gewicht seines nächtlichen Bezwingers. Da kommt eine Hand über das Fensterbrett. Die langgliedrigen Finger tasten spinnengleich nach dem Fensterrahmen. Langsam und vorsichtig schieben sie das Fenster weiter auf. Zentimeter für Zentimeter. So, dass es sein verräterisches Quietschen nicht laut ausstößt sondern nur sanft-gruselig vor sich hin summt. Die dünnen, mintgrünen Chiffonvorhänge flattern im Sommerwind. Lotta kann nicht erkennen, wer dahinter an der Hauswand klebt und gerade versucht, in ihr Schlafzimmer einzudringen.

Trotz der lauen Sommernachtluft die hereinströmt, beginnt Lotta zu frösteln. Sie zieht die Decke bis an die Nase. Ihr Herz rast. Ihre Halsschlagader fühlt sich an, als würde sie gleich platzen. Vielleicht kann sie mit ihrer zierlichen Figur ja unter der dicken Daunenbettdecke unsichtbar werden? Wenn sie sich ganz dünn macht. Und leise weiter nach unten rutscht? Aber was macht sie mit den langen, braunen Haaren?

Die bleiben dann verräterisch auf ihrem zitronengelben Kopfkissen liegen.

Schlafend stellen! Ja, am besten stellt sie sich schlafend. Durch einen super schmalen Schlitz ihrer Lider versucht sie noch einen kleinen Rest dessen, was sich dort am Fenster abspielt, beobachten zu können.

Langsam erscheint ein wuscheliger Kopf mit Kurzhaarschnitt im Mondlicht. Der Kopf und Oberkörper senken sich schlangengleich zum Zimmerboden herab. Rollen elegant- leise herein während die Beine grazil hinterher gleiten.

Luca. Das ist bestimmt Luca mit den unbezähmbaren roten Locken. Nur Luca ist so verrückt, mitten in der Nacht durch ihr Fenster zu steigen. Lotta entspannt sich wieder und versucht lässig-cool zu bleiben. * Verdammt.

Jetzt rast ihr Herz noch schneller, als gerade eben! Wilder, als in dem Moment, in dem sie dachte, da käme ein Einbrecher das alte, knarrende Rosenspalier emporgeklettert.

Sie atmet ganz langsam tief ein und aus, aber wie immer, wenn sie Luca unerwartet begegnet, brummt und summt ihr Herz als wäre ein ganzer Bienenstock darin verrückt geworden. So verräterisch-schnell pumpt dieses treulose Ding in ihrer Brust dann das Blut durch ihren Körper, dass es ihr jedes Mal einen zart-rosa Teint auf die Wangen zaubert.

Hoffentlich beruhigt sie sich gleich wieder.

Niemand, vor allem nicht Luca, soll wissen, wie verliebt sie ist.

Ja, da steht Luca. Schnaufend und leicht überdreht, mitten in ihrem Schlafzimmer.

Richtet nochmal den Pulli. Zieht die, immer von der Hüfte rutschende, Hose hoch. Pflückt ein paar Rosenblätter aus dem Wuschelhaar.

„Lotta. Lotta bist du wach?“ flüstert es eindringlich durch das fahl-silberne Mondlicht.

Lotta schielt weiter nur leicht unter den Augenlidern hervor, so, dass sie aussieht, als würde sie schlafen.

Das Mondlicht zaubert einen verheißungsvollen Glanz um die sportliche Silhouette, die vor dem nachtschwarzen Fenster steht. Dieses überirdische, grazile Wesen landete gerade hier direkt vor ihrem Bett. Und was hat Lotta heute Nacht an? Ein altes, zerlöchertes Sportshirt und eine zurückgelassene Boxershorts ihres Exfreundes, der sie vor zwei Wochen hat sitzen lassen. Warum legt sie sich auch nie in halbdurchsichtigen Negligés zu Bett? Sie würde gerade am liebsten einen Sirenengesang anstimmen, ihre Bettdecke zur Seite schlagen und in verführerischen Dessous und topgestylt dieses außerirdisch-schöne Wesen, welches nur für sie geschaffen wurde, zu sich hineinlocken.

Die Decke über diesem durchtrainierten, von den Chiffonvorhängen zart-zerbrechlich umspielten Körper wieder zuschlagen, und es an ihre eigene, seidenweich-schlafwarme Alabasterhaut schmiegen. Solange, bis dieses perfekte Wesen die Welt um sie beide herum vergisst und sich in ihr verliert.

Das hilft ihr jetzt nicht wirklich, um den aufgeregten Herzschlag unter Kontrolle zu bringen.

Luca schleicht auf Zehenspitzen zum Bett hinüber und stupst Lotta vorsichtig an der Schulter.

Lotta saugt sehnsuchtsvoll den erotischberauschenden Duft von Luca ein und dreht sich unverständlich brummelnd und gespielt schlaftrunken zur anderen Seite. Lucas Hosenbeine müssen auf dem Weg zum Rosenspalier an den Lavendelblüten entlanggestreift sein. Dieser beruhigend-blumige Duft ergänzt sich gut mit dem sportlichen Parfüm.

Es gefällt Luca bestimmt, wenn sie die Schlafende spielt, die überhaupt nicht gehört hat, wie da jemand katzengleich das Rosenspalier hochkletterte und in ihr Zimmer schlüpfte.

„Lotta. Lotta wach auf!“ Das Stupsen wird fordernder.

Lotta bleibt regungslos mit geschlossenen Augen liegen. Wie gerne würde sie Luca jetzt einfach zu sich ins Bett ziehen und alle Vorsicht fallen lassen. An dieser duftenden-sinnlichen Haut schnuppern. Ihre Finger in den roten, störrischen Haaren versenken. Luca an sich ziehen und endlich, endlich küssen. Aber das geht nicht. Sie sind Freunde. Beste Freunde. Immer füreinander da. Das kann sie einfach nicht riskieren. Luca sieht sie nicht so. Luca sieht sie als guten Kumpel, nicht als Liebhaberin.

Lucas Hände schieben sich kühl und frech unter die Decke und fangen an, Lotta leicht an der Taille zu kitzeln. „Luca, hör auf.“ kichert sie ins Kissen und packt diese krabbelnden Finger, die sie am liebsten nie mehr loslassen würde. „Ich weck noch meine Eltern. Du weißt, dass sie mich nur widerwillig haben hier wieder einziehen lassen.“

Zu ihrem Bedauern, ziehen die Hände sich sofort wieder zurück, anstatt auf ihrem flachen Bauch unter das Shirt zu gleiten und eine Erkundungstour zu unternehmen.

Lotta dreht sich langsam wieder um. Dieses Desinteresse war ernüchternd genug, um die erregt-geröteten Wangen zu normalisieren.

„Was ‘n los, Schnucki? Lass mich schlafen. Ich brauch meinen Schönheitsschlaf.“ Sie blickt müde in diese tiefgrünen Nymphenaugen, die seit zehn Jahren die Welt für sie bedeuten, aber nichts davon wissen.

„Lotta, Süße, steh auf! Du bist hübsch genug.

Kein Mann, der deinem Charme und Aussehen widerstehen könnte wurde bislang in diesem Universum geboren. Dich verlassende Typen müssen blinde Volltrottel sein. Steh auf. Wir müssen los. Komm schon. Zieh dich an!“

Lotta seufzt. Aus der Nummer kommt sie wohl einfach nicht mehr raus. Sie langt an Luca vorbei zu ihrem Bücherregal und schaut auf den Wecker. Es ist vier Uhr morgens. Aber Luca hat schon - wie immer - diese flott-erfrischenden Aufmunterungssprüche im Gepäck.

„Wohin? Es ist doch noch mitten in der Nacht. Ich muss erst in vier Stunden ins Büro und für einen „Dein Ex ist ein Arsch“ -Spaziergang ist es mir jetzt auch viel zu früh.“

„Ja, deswegen müssen wir jetzt los. Weil es jetzt jedem für alles zu früh ist. Wir müssen jetzt los, damit uns keiner sieht. Auf. Komm schon. Richtig gute Abenteuer beginnen immer zu unmöglichen Uhrzeiten!“

„Du sprichst in Rätseln, oh Gandalf. Da ich ja jetzt eh schon wach bin, kann ich mich deinen Wünschen auch fügen, bevor du mir hier noch eine Stunde lang den Hampelmann machst.“

Lotta schwingt die Beine aus dem Bett und will sich den Morgenmantel anziehen um einen Kaffee in der Küche aufzusetzen.

Luca zieht ihr den Mantel weg und wirft ihr Jeans und Top hin.

„Los, wir müssen sofort aufbrechen. Nix mehr Kaffee. Noch bevor die Sonne aufgeht will ich aus dem Ort raus sein. Wir müssen hoch in den Norden. Wir müssen zum Baum der Wünsche.“

Jetzt ist Lotta tatsächlich schlagartig hellwach.

Zum Baum der Wünsche? An den glaubt doch niemand mehr. Eine alte Kindergeschichte. Und überhaupt, wo soll das Ding stehen? Soll sie jetzt ernsthaft bis zum Nordpol reisen?

„Zum Baum der Wünsche. Okay. Und wie gedenkst du dorthin zu gelangen?“

„Zu Fuß natürlich. Das ist eine wichtige Mission, wir müssen einen Wunsch austauschen. So eine Sache, die kann man nur zu Fuß machen, mit nichts als der Kleidung auf dem Leibe. Alles andere wäre geschummelt. Nur so wird es funktionieren.“

„Du verarscht mich doch. Wir sollen einen Wunsch austauschen? Luca, tickst du noch ganz richtig? Soll ich vielleicht lieber mal einen Arzt anrufen? Seit wann glaubst du denn an den Baum der Wünsche?“

„Seit heute Nacht.“

Kapitel 2: Lang Lang – Bach: The Well-Tempered Clavier: Book 1, 1. Prelude C Major, BWV 846

Check 2: Überlegen, wer ein Geschenk per Schiff aus Fernost bekommt – diese Sachen im Internet finden und auf die Merkliste setzen.

Lotta ergibt sich in ihr Schicksal. Wenn Luca sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann gibt es kein entkommen mehr. Also kann sie sich auch gleich kampflos ergeben.

Willenlos dem Wahnsinn folgen.

Es wär auch nicht das erste Mal, dass Luca voller Enthusiasmus etwas beginnt und dann auf dem Weg dorthin die Lust verliert. Die Faulheit obsiegt am Ende immer. Was soll‘s, dann gehen sie jetzt eben um vier Uhr morgens los auf eine kleine Wanderung. Sie wird ihren Eltern eine Notiz da lassen, dass Luca mal wieder etwas total Dummes in den Kopf geschossen ist. Dass sie bitte im Büro Bescheid geben sollen, da sie erst morgen wieder kommen wird.

Die Leute kennen ja Luca und all die spontanen Schnapsideen schon zur Genüge. Sie wohnen hier im Dorf der Dörfer. Da wundert sich keiner, wenn sie, als beste Freundin, ab und zu spontan verschwindet.

„Irgendwer muss ja auf Luca aufpassen“, tuschelten die Omas früher immer nickend über ihre Gartenzäune, wenn sie beide wieder zu einer äußerst geheim-gefährlichen Mission in den Wald aufbrachen. Luca Abenteuerlustig und Lotta Haltzurück.

Einen Tag im Freien wandern, das wird ihr mal wieder richtig gut tun. Einen Tag komplett allein mit Luca, statt acht Stunden im stickigen Büro mit diesem schleimigen Kollegen, der sie permanent anbaggert. Warum sollte sie da nicht dieser hirnrissigen Idee mitmachen und den Baum der Wünsche suchen gehen? Spätestens mittags sind sie bestimmt wieder auf dem Weg nach Hause. Luca wird mosern, dass es viel zu heiß ist. Dass die Füße wehtun. Dass der Hunger unerträglich ist. Dann drehen sie um und der Wunsch ist nicht mehr so wichtig, als dass man dafür zwei Wochen durchs Land streifen müsste.

„Okay, ich komm mit. Aber vorher erklärst du mir, warum du plötzlich an den Baum glaubst und was genau der Plan ist.“

„Geh und schau aus dem Fenster.“

* Lotta steht auf und geht zum offenen Fenster. Sie traut ihren Augen nicht. Reibt sie noch einmal. Schaut wieder. Sie streckt die Hand zum Fenster hinaus. Ja, das ist Schnee.

Mitten im Spätsommer fällt Schnee. Richtig große, dicke Flocken. Der ganze Boden ist schon bedeckt. Bestimmt zehn Zentimeter kamen da schon runter. Und dieser Schnee ist grün. Vor ihrem Fenster breitet sich eine winterlich-dörfliche Version der oz‘schen Smaragdstadt aus. Eine grün-glitzernde Welt, die im silbernen Mondlicht mit den Sternen um die Wette funkelt.

„Probier eine Hand voll.“ fordert Luca sie mit einladender Geste auf. „Nur zu, bedien dich.“

Sie streift einen Finger Schnee vom Rosenspalier, leckt vorsichtig daran und steckt sich den Rest begeistert in den Mund.

„Mmhhh. Schmeckt nach Waldmeistereis.“ Sie holt sich direkt noch eine große Portion, formt sie zu einer Kugel und schleckt genüsslich daran.

Luca steht neben ihr, die Hände entschlossen in die Hüften gestemmt. „Das ist mein Wunsch. Ich dachte, ich wünsche mir etwas total Verrücktes. Dass ich aufwache und grüner Waldmeisterschnee fällt. Als kleiner Partygag.“

Beide lehnen sich eiskugelschleckend und mit leuchtenden Augen ans Fenster und betrachten das Wunder davor, als wären sie wieder drei Jahre alt.

Lottas Brust zerspringt fast vor Glück. Es ist tatsächlich wahr, sie ist kein kindisches, kleines Mädchen, das darauf hofft, ihr Wunsch am Baum ginge in Erfüllung. Sie erzählt es natürlich nie jemandem. Nicht ein Mal Luca hat sie verraten, dass sie noch an den Zauber glaubt, an die alten Geschichten. Dass sich ihr Innerstes danach sehnt, auf einer magiedurchwobenen Welt zu wandeln. Eine Welt, die sie bei jedem Schritt beschützend umhüllt, die auf sie Acht gibt, die sie in flauschig-watteweichen Wolken auffängt, wenn sie stolpert. Undenkbar, das auszusprechen.

Wenn sie so etwas den Leuten erzählen würde, hielten sie alle für verrückt. Vermutlich säße sie dann schon lang in der Psychiatrie. Es ist einfach ein alter Brauch, zur Mündigkeit einen Wunsch aufzuschreiben. Tradition von früher, als die Wünsche noch bescheiden waren und der Sippenchef einem zum Auszug aus dem Clan ein wertvolles Gut als Starthilfe mitgab. Heute zieht keiner mehr zum fünfundzwanzigsten Geburtstag aus, um die Welt zu erkunden, nur die Tradition des Wünschens hat überlebt.

Aber wenn es ihn tatsächlich gibt, wenn der Baum tatsächlich da ist und die Magie besitzt, jeden Wunsch, der ihn erreicht, zu erfüllen, dann wird Luca sie bald mit anderen Augen sehen, dann hat diese heimliche Schwärmerei endlich ein Ende. Dann muss sie keine unbedeutende Liebelei mehr mit Alibistechern anfangen, um normal zu wirken und ihre Sehnsucht nach Nähe zu stillen. Ihr Herz hüpft vor Freude munter auf und ab. Das war ihr innigster Wunsch. Das hat sie vor ein paar Monaten bei der großen Zeremonie auf ihre Karte geschrieben. „Ich wünsche mir, dass Luca sich in mich verliebt.“

Ihre Wangen werden vor Aufregung ganz rot.

Nicht mehr lange und sie wird für immer in Lucas Armen liegen. An dem Ort sein, an welchem ihre Gedanken sowieso ständig sind. Endlich ganz dort ankommen, wo ihre Seele seit Jahren verweilt.

Nachdenklich dreht Lotta sich vom Wunderland weg und schaut Luca an. „Aber wenn das hier dein Wunsch ist, wie willst du ihn dann ändern?

Er ist ja gerade schon erfüllt worden. Er ist nicht mehr am Baum.“

„Ich weiß, aber dein Wunsch. Dein Wunsch ist noch am Baum.“ Lotta erstarrt innerlich. Ja ihr Wunsch ist noch am Baum.

„Und du hast nach mir Geburtstag. Dein Wunsch wird erst in zwei Wochen dran sein. Wir haben also genau zwei Wochen, um den Baum zu finden und die Karte neu zu beschreiben. Bitte Lotta, hätte ich doch nur gewusst, dass dieses Kindermärchen wahr ist, ich hätte gleich das Richtige auf den Zettel geschrieben. Das ist wirklich, wirklich wichtig.“

Scheiße, Lucas Geburtstag.

„Mist, dein Geburtstag! Tut mir leid!“ Lotta umarmt Luca so fest sie nur kann. „Alles Gute, mögen all deine Wünsche in Erfüllung gehen!

Obwohl, den Punkt hast du ja anscheinend für einen Gag versaut. Typisch Luca.“ Lotta kichert und stupst Luca mit dem Ellbogen in die Taille.

Sie schmeißt ihre Waldmeisterkugel aus dem Fenster und holt ein kleines Päckchen unter dem Regal hervor.

„Fünfundzwanzig! Endlich mündig! Hier Luca, für dich.“

„Danke schön!“

Luca stopft sich das restliche Eis in den Mund, verzieht das Gesicht vor Schmerz und setzt sich erwartungsvoll-aufgeregt-lächelnd mit dem Geschenk aufs Bett. Aufreißen oder vorsichtig auswickeln? Es ist so hübsch verpackt. Mit so viel Liebe zum Detail. Lieber vorsichtig auswickeln. Es kommt ein silberner Schlüsselanhänger zum Vorschein. Der Blechmann. Sie hat es sich all die Jahre gemerkt. Die durchgeknallt-fabulierenden Erzählungen über den Blechmann, der sich so sehr ein Herz in seiner Brust wünscht, und wie sehr Luca sich selbiges wünscht. Ein in sich ruhendes, liebevoll-allumarmendes Herz zu haben, so wie Lotta, anstatt mit dem vorhandenen, sprunghaft-verrückten Wesen befüllt worden zu sein - und wie faszinierend die Idee ist, jemand würde auch noch einen Teil seines eigenen Herzens dafür hergeben. Man kann dem kleinen Schlüsselanhänger sogar die Brust öffnen, um ihm ein Herz hineinzulegen.

Luca öffnet vorsichtig den Körper. Filigran in der leeren Brust aufgehängt, baumelt ein halbes, kleines Glasherz auf das Lotta eingraviert ist.

Luca hat Tränen in den Augen. „Das ist so süß, Lotta. Danke dir. Ich kann. Ich kann gar nicht glauben, dass du dir das all die Jahre gemerkt hast.“ Luca springt auf, umarmt Lotta stürmisch und schaut ihr dann tief und sehnsuchtsvoll in die Augen. Wenn Lotta mich doch nur so lieben würde, wie ich sie. Aber wir sind nur Freunde.

Nichts weiter, einfach nur Freunde. Luca schluckt den Impuls, Lotta zu küssen, hinunter.

„Und jetzt auf in unser Abenteuer, die Ziegelstraße ruft. Lass uns in den Norden ziehen, das heimelig-sichere Auenland verlassend!“

Lottas Herz, das vor einer Sekunde noch sehnsuchtsvoll-hoffend anschwoll, fällt wie ein Klumpen Dreck zu Boden.

„Was ist mit deiner Vereidigung? Die wirst du verpassen. Du hattest dich so darauf gefreut!“

„Scheiß auf die Vereidigung. Ich hol mir die Papiere einfach später ab. Das hier ist wichtiger als irgendeine doofe Zeremonie vor dem Kapitol.

Wir haben exakt zwei Wochen um den Baum der Wünsche zu finden.“

Kapitel 3: Mozart - rondo alla turca - Glass Harp (Musical Instrument)

Check 3: Alle Geschenke aus Fernost ordern und Liefertermin checken!

* Luca packt Lotta bei den Schultern und schiebt sie freudig-hüpfend zum Fenster.

„Luca, jetzt wart doch mal.“

Protestiert sie und windet sich seitlich aus dem festen, bestimmenden Griff. „Ich hab noch die Schlafklamotten an! Ich bin barfuß.

Im Bad war ich auch noch nicht.“

„Ups. Sorry. Vergessen.“ Luca hebt unschuldig die Hände und strahlt glücklich von einem Ohr bis zum anderen. „Du siehst eben einfach immer und in allem fantastisch aus, Schneckchen!“

„Und warum sollten wir durchs Fenster klettern? Wir gehen einfach unten zur Haustür raus!“

„Nein, das macht keinen Spaß.“ Luca schiebt die Unterlippe schmollend nach vorne, legt die Stirn in Falten und schaut wie ein geprügeltes Hündchen in Lottas bernsteinbraune Augen.

„Dieses Abenteuer beginnt festgeklammert an einem Rosenspalier, ums Überleben ringend, im grünen Schneesturm, kaum Halt findend, abrutschend, frierend, den sicheren Tod vor Augen, während man das Gefühl hat, gleich in den tiefen Abgrund zu stürzen. Dort, gefressen von den Ameisen, liegen dann nur noch zwei traurige Skelette im Lavendel, sehnsuchtsvoll wartend - auf den edlen Ritter, der ausgesandt wurde die holde Maid und das unwürdige Zofenkind zu finden.“

„Wenn du unbedingt willst.“ Lotta hebt abwehrend die Hände. „Von mir aus kletter du durchs Fenster. Ich geh zur Tür und warte unten am Rosenspalier auf dich“ Lotta hebt den Zeigefinger „ – nachdem ich fertig bin.

Zehn Minuten musst du mir schon geben.

Fünf, wenn du hilfst.“

„Oh ja. Lass mich dir helfen, holde Maid. Soll ich dir eine Sänfte bauen? Dir das Haar bürsten? Den Esel satteln?“

Lotta verdreht die Augen. Holde Maid, heut geht es aber sehr mit Luca durch.

„Du gehst jetzt ganz leise in die Küche. Pack mir bitte ein bisschen Proviant zusammen und hol meine Schuhe aus dem Kellerschrank. Die Wanderstiefel. Okay? Ich zieh mich an und pack ein paar Wechselklamotten ein. Wenn du mich ganz doll lieb hast, machst du mir noch einen Kaffee.“

„Wie du befiehlst, meine Herrin.“ Luca geht, sich - mit viel Handwedeln – tiefverbeugend, zwei Schritte zurück. Danach folgt ein höflicher Knicks mit angedeutetem Rockheben. „Stets zu ihren Diensten, eure Majestät. Ich unwürdiges Wesen, freue mich, euch hingebungsvoll all eure Wünsche erfüllen zu dürfen.“ Luca verschwindet aus der Zimmertür. Lotta schüttelt lächelnd den Kopf.

So viel Verrücktheit in einem Menschen.

Da kommt auch schon der rote, irrsinniggrinsende Wuschelkopf erneut hinter der Tür hervor.

Langsam, wie das Gesicht der Grinsekatze, schwebt er wackelnd in der Dunkelheit.

Ätherisch-geheimnisvoll flüsternd, fliegen die erlösenden Worte zu Lotta ins Zimmer: „Den Kaffee, liebe Alice, gibt es unten im Rosenbeet.

Perfekt temperiert. Im Thermobecher. To Go.

Denn ich habe keine Zeit. Es eilt, es eilt.“