Lucretia Borgia - Victor Hugo - E-Book

Lucretia Borgia E-Book

Victor Hugo

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Beschreibung

Dieses eBook: "Victor Hugo - Lucretia Borgia (Vollständige deutsche Ausgabe) - Drama" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Lucrezia Borgia (lat. Lucretia Borgia; span. Lucrecia Borja; 1480 - 1519) war eine italienisch-spanische Renaissancefürstin und die außereheliche Tochter Papst Alexanders VI. mit seiner Geliebten Vanozza de' Cattanei. Sie war die Schwester von Cesare, Juan und Jofré Borgia. Die von Zeitgenossen als hübsch und lebenslustig beschriebene Lucrezia wurde nach dem Aufstieg ihrer berüchtigten Familie Nutznießerin, vor allem aber Instrument der Politik ihres Vaters. Alexander VI., der sie über alles liebte, übergab ihr mehrfach während seiner Abwesenheit die Regierungsgeschäfte im Vatikan. Er verheiratete sie dreimal in politisch motivierte Ehen, um die Macht der Borgia zu festigen. Lucrezias erste Ehe mit Giovanni Sforza wurde aufgelöst, als sie für die Borgia ihren Nutzen verlor, ihr zweiter Ehemann, Alfonso von Aragon (1481-1500), Herzog von Bisceglie, wurde vermutlich auf Befehl ihres Bruders Cesare ermordet. In dritter Ehe heiratete sie schließlich Alfonso d'Este, Herzog von Ferrara, mit dem sie bis zu ihrem Tod verheiratet blieb und mehrere Kinder hatte. Den Tod ihres Vaters und den Fall ihres Bruders Cesare und der Familie Borgia in Italien überstand Lucrezia unbeschadet, sie starb, hoch geehrt, als Herzogin von Ferrara. Die Familie Borgia verkörpert noch heute wie keine andere die Machtgier und moralische Korruption des Papsttums der Renaissance, und Lucrezia Borgia behielt über Jahrhunderte hinweg den Ruf einer verruchten Giftmischerin, Ehebrecherin und Blutschänderin mit ihrem Vater und Bruder Cesare. Diese Vorwürfe hatten ihren Ursprung in den Gerüchten und Verleumdungen ihrer eigenen Zeit und wurde später von berühmten Autoren wie Victor Hugo und A. Dumas in deren Werken aufgegriffen und verstärkt. Victor-Marie Hugo (1802 - 1885) war ein französischer Schriftsteller.

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Victor Hugo

Lucretia Borgia

Übersetzer: Georg Büchner
e-artnow, 2013
ISBN 978-80-7484-181-1

Inhaltsverzeichnis

Personen
Erste Handlung
Erste Abteilung
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Fünfte Szene
Zweite Abteilung
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Zweite Handlung
Erste Abteilung
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Fünfte Szene
Sechste Szene
Zweite Abteilung
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Handlung
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene

Personen

Inhaltsverzeichnis

Donna Lucretia Borgia

Don Alphons von Este

Gennaro

Gubetta

Maffio Orsini

Jeppo Liveretto

Don Apostolo Gazel a

Ascanio Pertrucci

Oloferno Vitel ozzo

Rustighel o Astolfo

Die Fürstin Negroni

Ein Türsteher

Mönche, Edel eute, Pagen, Wachen

Venedig, Ferrara

Erste Handlung

Schande über Schande

Inhaltsverzeichnis

Donna Lucretia Borgia – Gennaro – Gubetta – Maffio Orsini – Jeppo Liveretto – Don Apostolo Gazel a – Ascanio Petrucci – Oloferno Vitel ozzo – Don Alphons Von Este – Rustighel o – Astolfo

Erste Abteilung

Inhaltsverzeichnis

Eine Terrasse des Palastes Barbarigo zu Venedig. Ein nächtliches Fest. Masken gehen zuweilen über die Bühne. Zu beiden Seiten der Terrasse ist der Palast prächtig erleuchtet. Man hört den Ton von Fanfaren. Dunkel und Gesträuch decken die Terrasse. Man nimmt an, daß im Hintergrund unterhalb der Terrasse der Canal de la Zucca fließe; man siebt auf ihm zuweilen mit Masken und Musikern besetzte und halb erleuchtete Gondeln vorüberfahren. Jede dieser Gondeln fährt über den Hintergrund der Bühne unter einer bald gefäl igen, bald traurigen Musik, die nach und nach in der Ferne verhal t. Im Hintergrunde Venedig vom Mondlicht beleuchtet.

Erste Szene

Inhaltsverzeichnis

Junge Herren, glänzend gekleidet, die Masken in den Händen, plaudern auf der Terrasse. Gubetta. Gennaro, als Hauptmann gekleidet. Don Apostolo Gazel a, Maffio Orsini, Ascanio Petrucci, Oloferno Vitel ozzo, Jeppo Liveretto

Oloferno Wir leben in einer Zeit, worin so viel Schreckliches geschieht, daß man von diesem da nicht mehr spricht; aber gewiß, nie trug sich etwas Unheimlicheres und Geheimnisvol eres zu.

Ascanio Ein schwarzes Werk von schwarzen Händen vol bracht.

Jeppo Ich kenne die Tatsachen, meine Herren. Ich habe sie von meinem sehr ehrwürdigen Vetter dem Kardinal Carriola, der besser unterrichtet war, als sonst jemand. Ihr wißt ja, der Kardinal Carriola, der sich so heftig mit dem Kardinal Riario über den Krieg gegen Carl VIII. von Frankreich zankte?

Gennarogähnend: Ah! jetzt wird uns Jeppo Geschichten erzählen. Ich für meinen Teil höre nichts. Ich bin müde genug ohne das.

Maffio Du kümmerst dich um diese Sache nicht, Gennaro, und das ist ganz natürlich. Du bist ein tapferer Soldat, ein Abenteuerer. Du führst einen Phantasienamen. Du kennst weder Vater, noch Mutter. An der Art, wie du deinen Degen führst, sol te man nicht zweifeln, daß du ein Edelmann bist, und doch weiß man nichts von deinem Adel, als daß du dich wie ein Löwe schlägst. Bei meiner Seele, wir sind

Waffenbrüder, und ich sage dir das nicht, um dich zu kränken. Du hast mir das Leben zu Rimini gerettet, ich rettete dir es auf der Brücke von Vicenzia. Wir schwuren einander, uns in Gefahren, wie in der Liebe zu helfen, uns gegenseitig zu rächen, wenn es nötig sei, mit Niemanden zu streiten, als ich mit deinen und du mit meinen Feinden. Ein Astrologe hat uns geweissagt, daß wir am nämlichen Tage sterben würden, und wir haben ihm sechs Goldzechinen für die Prophezeiung gegeben. Wir sind nicht Freunde, wir sind Brüder. Doch endlich, du hast das Glück, ganz einfach Gennaro zu heißen, Niemanden anzugehören, nichts von dem oft erblichen Fatalismus, der sich an den Namen der Geschlechter knüpft, mit dir zu schleppen. Du bist glücklich! Was liegt dir an dem, was geschieht und was geschah, so lange es nur Männer für den Krieg und Weiber für den Genuß gibt?

Was kümmert dich, Kind der Fahne, das weder Stadt, noch Familie hat, was kümmert dich die Geschichte der Städte und Familien? Mit uns, Gennaro, siehst du, ist’s anders. Wir sind berechtigt, an den Ereignissen unserer Zeit Teil zu nehmen. Unsere Väter und Mütter spielten in diesen Tragödien mit und fast al e unsere Familien bluten noch. Erzähle uns, Jeppo, was du weißt.

Gennarowirft sich in einen Sessel, als wol e er sich dem Schlaf überlassen: Ihr werdet mich aufwecken, wenn Jeppo fertig ist.

Jeppo Seht, es war (1480)…

Gubettain einem Winkel der Bühne: 97…

Jeppo Ja recht so, 1497. In einer gewissen Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag.

Gubetta Nein, vom Dienstag zum Mittwoch.

Jeppo Ihr habt Recht. In dieser Nacht also sah ein Tiberschiffer, der in seinem Fahrzeug am Ufer lag, um seine Waren zu bewachen, etwas Entsetzliches. Es war ein wenig unterhalb der Kirche des heiligen Hieronymus. Es mochten fünf Stunden nach Mitternacht sein, als der Schiffer im Finstern auf dem Wege links der Kirche zwei Männer sah, die ängstlich da und dort hin gingen. Dann kamen noch zwei andere und endlich drei; sieben in Allem. Einer davon war zu Pferde. Die Nacht war ziemlich finster. In den Häusern, die auf die Tiber gehen, war kein Licht mehr hel . Die sieben Männer näherten sich dem Ufer.

Der zu Pferde wandte das Hinterteil seines Tieres nach der Tiber, und der Schiffer sah dann deutlich Beine, die auf der einen, Kopf und Arme, die auf der ändern Seite herunterhingen; es war die Leiche eines Mannes. Während nun ihre Kameraden die Gassenecke bewachten, nahmen zwei von denen, die zu Fuß waren, den toten Körper, schwangen ihn mit Macht zwei-oder dreimal und schleuderten ihn dann mitten in die Tiber. Im Augenblick, wo die Leiche auf das Wasser schlug, tat der zu Pferde eine Frage, worauf die beiden Andern antworteten: Ja, mein Herr! Alsdann wandte der Reiter sich wieder nach der Tiber und sah was Schwarzes, das auf dem Wasser schwamm. Er frug, was das sei. Man antwortete: Mein Herr, das ist der Mantel des toten Herrn. Und einer von dem Haufen warf Steine nach dem Mantel, so daß er untersank. Darauf gingen sie al e zusammen hinweg und schlugen den Weg nach St. Jakob ein.

Das ist das, was der Schiffer gesehen.

Maffio Ein schauerliches Abenteuer! War es Jemand von Bedeutung, den diese Männer so ins Wasser warfen? Dies Pferd macht einen seltsamen Eindruck auf mich; der Mord auf dem Sattel und der Tod auf dem Kreuz.

Gubetta Auf dem Pferde waren die zwei Brüder.

Jeppo Wie Ihr sagt, Herr von Belverana. Die Leiche war Johann Borgia, der Reiter war Cäsar Borgia.

Maffio Eine Familie von Teufeln diese Borgia! Und sage mir, Jeppo, warum schlug der Bruder so den Bruder?

Jeppo Das werde ich Euch nicht sagen. Die Ursache des Mordes ist so abscheulich, daß es eine Todsünde sein muß, nur davon zu sprechen.

Gubetta Ich wil es Euch sagen. Cäsar, Kardinal von Valencia, hat Johann, Herzog von Gandia, erschlagen, weil die bösen Brüder das nämliche Weib liebten.

Maffio Und wer war dies Weib?

Gubettaimmer in dem Hintergrund der Bühne: Ihre Schwester.

Jeppo Genug, Herr von Belverana. Sprecht nicht vor uns den Namen dieses Ungeheuers aus. Es ist Niemand unter uns, dessen Hause es nicht eine tiefe Wunde hätte.

Maffio War nicht von einem Kinde dabei die Rede?

Jeppo Ja, von einem Kinde, wovon ich nur den Vater zu nennen wage; er hieß Johann Borgia.

Maffio Das Kind könnte jetzt ein Mann sein.

Oloferno Es ist verschwunden.

Jeppo Gelang es Cäsar Borgia, es der Mutter zu entziehen? Gelang es der Mutter, es Cäsar Borgia zu entreißen? Man weiß nicht.

Don Apostolo Wenn die Mutter ihren Sohn versteckt, so tut sie wohl daran. Seit Cäsar Borgia, Kardinal von Valencia, Herzog von Valentinois geworden ist, hat er, wie ihr wißt, ohne seinen Bruder Johann zu zählen, seine beiden Neffen. die Söhne des Guifry Borgia, Fürsten von Squil azzi, und seinen Vetter, den Kardinal Franz Borgia, getötet. Dieser Mensch hat die Wut, seine Verwandten zu morden.

Jeppo Wahrhaftig, er wil der einzige Borgia sein, um al e Schätze des Papstes zu erben.

Ascanio Machte nicht die Schwester, welche du nicht nennen wil st, Jeppo, zur nämlichen Zeit insgeheim eine Reise zum Kloster des heiligen Sixtus, um sich daselbst einzuschließen, ohne daß man wußte, warum?

Jeppo Ich glaube, ja! Das war, um sich von Herrn Sforza, ihrem zweiten Gemahl, zu trennen.

Maffio Und wie hieß der Schiffer, der Alles gesehen hat?

Jeppo Ich weiß nicht.

Gubetta Er hieß Giorgio Schiavone, und sein Gewerbe war, Holz auf der Tiber nach Ripetta zu führen.

Maffioleise zu Ascanio: Der Spanier da weiß mehr von unsren Geschichten, als wir andern Römer.

Ascanioleise: Ich traue so wenig als du diesem Herrn von Belverana. Aber gehen wir nicht tiefer darauf ein; es steckt Gleicht etwas Gefährliches darunter.

Jeppo Ich, meine Herren, in welchen Zeiten leben wir! Kennt ihr in diesem armen Italien, mit seinen Kriegen, seiner Pest und seinen Borgia, eine menschliche Kreatur, die sicher sei, ihr Übermorgen zu erleben?

Apostolo Übrigens, meine Herren! ich glaube, dass wir al e an der Gesandtschaft Teil nehmen sol en, welche die Republik von Venedig an den Herzog von Ferrara schickt, um ihm Glück zu wünschen, daß er den Malatesta Rimini wieder abgenommen. Wann reisen wir nach Ferrara ab?

Oloferno Bestimmt übermorgen. Ihr wißt, daß die beiden Gesandten ernannt sind. Die Wahl ist auf die Senatoren Tiopolo und Grimani, den General der Galeeren, gefal en.

Apostolo Wird der Hauptmann Gennaro mit uns gehen?

Maffio Ohne Zweifel! Gennaro und ich trennen uns niemals.

Ascanio Meine Herren, ich habe eine wichtige Bemerkung zu machen.

Der spanische Wein wird ohne uns getrunken.

Maffio Gehen wir in den Palast zurück. He! Gennaro! Zu Jeppo: Er ist in der Tat über deine Geschichten eingeschlafen.

Jeppo So mag er schlafen.

Alle gehen weg, Gubetta ausgenommen.

Zweite Szene

Inhaltsverzeichnis

Gubetta, Donna Lucretia, Gennaro schlafend

Gubettaallein: Ja, ich weiß mehr davon, als sie; sie sagten das ganz leise zu einander. Ich weiß mehr davon, als sie; aber Donna Lucretia weiß mehr, als ich; Herr von Valentinois weiß mehr, als Donna Lucretia; der Teufel weiß mehr, als Herr von Valentinois, und der Pabst Alexander VI. weiß mehr, als der Teufel. Indem er Gennaro betrachtet: Wie das schläft, die jungen Leute!

Donna Lucretiatritt ein, sie ist maskiert. Sie bemerkt schlafenden Gennaro und betrachtet ihn mit einer Art von Entzücken und Ehrfurcht: Er schläft! Das Fest hat ihn gewiß ermüdet! Wie schön er ist! Sie kehrt sich um. Gubetta!

Gubetta Sprecht nicht so laut, Donna. Ich heiße hier nicht Gubetta, sondern Graf von Belverana, spanischer Edelmann; Ihr, Donna, seid die Marquise von Pontequadrato, eine neapolitanische Dame. Es darf nicht aussehen, als kennten wir uns. Hat es Eure Hoheit nicht so befohlen? Ihr seid hier nicht zu Hause, Ihr seid zu Venedig.

Lucretia Das ist wahr, Gubetta. Aber es ist Niemand auf dieser Terrasse, als der junge Mann da, und der schläft; wir können einen Augenblick plaudern.

Gubetta Wie es Eurer Hoheit beliebt. Ich habe Euch noch einen Rat zu geben; nehmt die Maske nicht ab, man könnte Euch erkennen.

Lucretia Und was läge daran? Wenn sie nicht wissen, wer ich bin, so habe ich nichts zu fürchten, und wenn sie es wissen, so mögen sie sich fürchten.

Gubetta Wir sind zu Venedig, Donna. Ihr habt hier Feinde genug, und diese Feinde haben die Hände frei. Die Republik von Venedig würde freilich keinen Angriff auf die Person Eurer Hoheit dulden; aber man könnte Euch beleidigen.

Lucretia Ah! du hast recht, mein Name macht schaudern in der Tat.

Gubetta Es befinden sich hier nicht nur Venetianer, es sind auch Römer da, Neapolitaner, Lombarden, Italiener aus ganz Italien.

Lucretia Und ganz Italien haßt mich! Du hast recht! Das muß gleichwohl anders werden. Ich war nicht geschaffen, Böses zu tun, ich fühle es jetzt deutlicher, als je. Das Beispiel meiner Familie hat mich fortgerissen. Gubetta!

Gubetta Donna!

Lucretia Überbringe der Herrschaft Spoleto sogleich die Befehle, die ich dir geben werde.

Gubetta