Lucy und das Wesen der Dinge - Anya Kaldek - E-Book

Lucy und das Wesen der Dinge E-Book

Anya Kaldek

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Beschreibung

Wer warst du, bevor die Welt dir sagte, wer du bist? Was ist die machtvolle Bestimmung deiner Gedanken? Und weist du, was es mit der dunklen Nacht der Seele auf sich hat?

Lucy steht vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens, als ein Unglücksfall in ihrer Familie sie dazu bewegt nach Spanien zu fahren. Eine abenteuerliche Reise beginnt, die sie und ihr Leben für immer verändern wird. Auf ihrem Weg stößt Lucy auf ein Rätsel aus der Vergangenheit, trifft einen geheimnisvollen Meister und entdeckt einen magischen Kraftort. So gelangt sie zu tieferen Erkenntnissen über ihr eigenes Sein – und die damit verwobene Zukunft der Menschheit. Folge Lucy auf ihrem Weg in eine selbstbestimmte Realität.

Inspirierend. Abenteuerlich. Erkenntnisreich.

Die Zeitenwandel Trilogie ist eine Einladung an dich, unsere Welt mit anderen Augen zu betrachten. Die Geschichte hat die Kraft, dein Leben und die Sicht auf unsere Realität zu verändern!

»In einer Welt, in der wir hauptsächlich mit negativen Information gefüttert werden, ist es umso wichtiger hochschwingende Gedanken ins Feld zu bringen und in unserem Geist lebendig werden zu lassen.« Anya Kaldek

»Im Buch steckt eine großartige Absicht: unsere verunreinigten Gedanken zu entsorgen. Und der Freude zu folgen!« Leserstimme

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Seitenzahl: 193

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Anya Kaldek

Lucy und das Wesen der Dinge

Ein spiritueller Roman

Copyright © 2021 Anya Kaldek

Alle Rechte vorbehalten

Prolog

Wir leben in einer wilden, aufwühlenden Zeit und sind Zeugen und Mitspieler einer großen Veränderung auf der Erde. Viele spüren den Wunsch, aus veralteten Strukturen auszubrechen. Unser Gefängnis ist nicht aus Beton und Eisen, sondern aus Angst. Um nicht den Mut und die Lebenslust zu verlieren, ist es hilfreich, hinter die Kulissen der Illusion zu sehen.

Deutlicher denn je bestimmen wir mit unseren Gedanken, Gefühlen und unserem Handeln den weiteren Verlauf der Realität. Passen wir also auf, wofür wir die Türen unseres Geistes öffnen und welche Schwingungen wir durch uns in die Welt bringen. Denn eines der fundamentalsten Gesetzmäßigkeiten des Universums basiert auf Frequenzen.

Das erlernt auch Lucy, die auf einer abenteuerlichen Reise Schritt für Schritt neue Erkenntnisse erlangt und dadurch für die Herausforderungen des Wandels gestärkt wird.

Möchtest du den Weg mit ihr gehen?

Kapitel

Ibiza 1854

Der Aufbruch

Auf dem Weg

Die Ankunft

Erkenne und du hast die Wahl

Transformieren alter Muster

Gedanken reifen lassen

Der Traum

Glück und Unglück

Eloy

Moraira

Leben in der Spiegelwelt

Die Beerdigung

Rückblicke

Die Botschaft

Alles ist Gedanke

Nahrung für Körper und Geist

Das Dreieck der Stille

Was wir nicht sehen

Auf nach Ibiza

Traum oder Wirklichkeit?

Auf Schatzsuche

Zurück bei Aramis

Besuch bei Anísch

Seelenbegegnung

Alles ist eins

Bedürfnisse

Die Stimme in dir

Das Geheimnis der Tafeln

Erkenne, wer du bist

Die Sprache der Natur

Kollektives Bewusstsein

Licht

Auf der Welle des Wandels surfen

Neubeginn

Epilog

Ibiza 1854

»Wunder kommen zu denen, die an sie glauben.«

Der Sturm tobte wild und gewaltig vor der Küste, doch das eigenartige Leuchten unter der Wasseroberfläche hypnotisierte die Crew, sodass sie wie gelähmt und tatenlos an Bord standen. Der erste Maat krallte seine Finger fest um die Reling. Was war das für ein Licht, was dort unterwasser leuchtete? Vor einem Moment noch hatten sie den dürftigen Tagesfang in ihrem Fischernetz eingeholt, als plötzlich eine mörderische Welle auf sie zu rollte, sich auftürmte und über ihnen zusammenbrach. Das Boot wirbelte wie ein winziges Spielzeug durch das tobende Gewässer.

In dem Augenblick sahen sie das Licht zum ersten Mal, welches rasant vom Meeresgrund aufstieg und wie ein Lauffeuer auf das offene Meer hinausjagte. Magisch davon angezogen, gelang es ihnen kaum, ihre Augen abzuwenden, da raste die nächste Welle mit einer unbändigen, zerstörerischen Wucht auf das Fischerboot zu. Der Sturm heulte beängstigend auf. In diesem Augenblick hielt die Barke den Gewalten des Meeres nicht mehr stand und brach beinahe in der Mitte durch. Holz krachte und splitterte um sie herum. Das Netz mit den Fischen öffnete sich durch die Kraft der Naturgewalten und entließ die Meeresbewohner zurück in die Freiheit. Unter ihnen blitzte ein metallischer Gegenstand auf, der sich zuvor offenbar im Netz verfangen hatte. Es war eine etwa zwei Hand breite, goldschimmernde Box, die nun ebenfalls zurück ins Meer glitt.

Mit aufgerissenen Augen sah der Kapitän mit der nächsten heranrollenden Woge dem sicheren Tod für sich und seine Kameraden entgegen. Das Boot kippte endgültig und die Wassermassen zogen die gesamte Mannschaft unerbittlich ins Meer. Ihre Körper wurden tiefer und tiefer ins Dunkel gezerrt, als plötzlich das Unmögliche geschah:

Eine aufkommende Strömung riss die entkräfteten Gestalten mit sich und spülte die komplette Besatzung von vier standhaften Seeleuten mit einer hohen Welle bis ans sichere Ufer. Jeder dieser Männer hatte überlebt.

In den nächsten Tagen würde man von diesem Wunder auf der ganzen Insel und weit über ihre Grenzen hinaus berichten.

Die goldene Schatulle fand tags darauf am selben Strand einen neuen Besitzer.

Der Aufbruch

»Der eine Tag, der dein Leben verändern kann, beginnt jeden Morgen von Neuem.«

Na super! Jetzt auch das noch: Das Museum hat mich gefeuert. Die Arbeit als Archäologin bin ich los. Das unpersönliche Kündigungsschreiben mit einer Hand fest umklammert, springe ich in die anfahrende Straßenbahn und erringe mir einen freien Platz am Fenster.

Drei Jahre habe ich dort gearbeitet. Okay, zugegeben, es war nicht der Traumjob, den ich mir erhofft hatte. In den letzten Monaten bestand meine Arbeit hauptsächlich aus monotoner Schreibtischarbeit. Mir war klar, dass ich keine Abenteuer à la Indianer Jones zu erwarten hatte, aber ein Körnchen Spannung wäre nicht zu viel verlangt gewesen, oder?

Die kalte Scheibe der Straßenbahn kühlt meine heiße Stirn. Meine Finger zwirbeln an einer langen Haarsträhne. Ich kann mir das einfach nicht abgewöhnen. Das mache ich automatisch, wenn ich aufgewühlt bin. Während die Gedanken um mein verpatztes Leben kreisen, gleiten meine Blicke ab ins Nirgendwo. Die Straßen sind voller Menschen. Sie ziehen mit emotionslosen Mienen, die Kragen weit hochgezogen antriebslos durch das kühle Grau der Stadt.

War das schon alles? Sieht das Leben so aus? Sich tagein tagaus für die Miete, Versicherungen und, wenn es gut läuft, für einen Jahresurlaub zu einem Job hinzuschleppen und abends ausgelaugt nach Hause vor den Fernseher zu eilen?

*

In meiner schlichten Zweizimmerwohnung angekommen, lasse ich mich auf das Sofa fallen. Die Wohnung ist zweckmäßig eingerichtet und mittelprächtig gemütlich mit ihren kahlen Wänden und dem grauen Teppich aus dem Baumarkt. An einer Wand stehen ein paar Bilder angelehnt und warten seit Wochen darauf, einen geeigneten Platz im Raum zu erhalten. Die braune Kommode und der Wohnzimmertisch stammen noch von meinem Vorgänger. Ich bin in dieser Wohnung nie richtig angekommen.

Mit der hereinbrechenden Dämmerung fällt mir das kleine, rote Lämpchen an meinem Anrufbeantworter auf, welches fast hypnotisierend aufblinkt. Mit einem Seufzer stehe ich auf und gehe zum Gerät.

Seltsam, eine ausländische Nummer wird auf dem Display angezeigt. Jetzt ist meine Neugier geweckt und ich lasse die Ansage laufen.

»Hola, hier spricht Pedro aus Spanien. Ich bin ein Freund Ihres Vaters. Bitte kontaktieren Sie mich so schnell wie möglich unter dieser Nummer. Es ist wichtig. Hasta luego, Señora Lucera.«

Regungslos schaue ich mit starren Augen auf den Anrufbeantworter. Vater? Wie lange habe ich nichts von ihm gehört? Es müssen 16 Jahre vergangen sein. Damals hatte ich den Kontakt abgebrochen. Ich konnte es nicht mehr ertragen. Ich konnte ihn nicht mehr ertragen.

Da mir nicht klar ist, ob und wie ich auf das Telefonat reagieren soll, mache ich erstmal nichts. Müde von den Ereignissen des Tages ziehe ich mich ins Schlafzimmer zurück.

Erinnerungen kommen hoch. Spanien! Unsere Familie hat es immer schon in dieses Land gezogen. Als Kind habe ich dort meine Ferien verbracht. Bei meiner Oma, die damals in einem kleinen Ort in Andalusien lebte. Obwohl manch einer sie für etwas sonderbar hielt, habe ich sie abgöttisch geliebt. Bei ihr lernte ich zum ersten Mal Geborgenheit kennen.

Das ist alles schon so lange her. Die Gedanken an die warmen und herzlichen Momente in dem kleinen Fischerort lassen mich in einen tiefen, von Träumen begleiteten Schlaf sinken. Im Traum sehe ich den großen, steilen Felsen, von dem ich schon oft geträumt habe. Er ist von Wasser umgeben. Am Fuße des Felsgesteins ist ein Mann. Seine gebeugte Haltung verrät sein hohes Alter. Er steht nur da und scheint auf etwas zu warten. Oder auf jemanden?

Es ist fast 11 Uhr, als ich mich verschlafen aus dem Bett wälze. Der Spiegel im Badezimmer ist gnadenlos: Die Ränder unter den Augen habe ich von der stupiden Schreibtischarbeit. Der blasse Teint ist in den letzten Jahren dazugekommen. Okay, für meine 37 Jahre kann ich mich mit meiner Figur noch sehen lassen, aber mir fallen zunehmend die Veränderungen des Älterwerdens an mir auf. Am liebsten mag ich meine langen, braunen Haare. Doch, ob das ausreicht einen hingebungsvollen Partner zu finden, der auch noch meine ganzen Marotten aushält?

Jetzt erstmal ab unter die Dusche. Vielleicht gelingt es mir, meine sorgenvollen Gedanken abzuduschen. Mist, ausgerechnet jetzt klingelt das Telefon. Schnell schmeiße ich mir ein Handtuch um die Hüften, laufe auf Zehenspitzen zum Telefon und greife nach dem Hörer.

»Hola, Señora Lucera. Hier spricht Pedro. Ich bin ein Freund Ihres Vaters. Ich weiß, dass sie lange keinen Kontakt zu ihm hatten, aber dennoch muss ich Ihnen eine traurige Nachricht übermitteln.« Meine Hand fängt auf einmal an zu zittern und ich presse nur ein »Okay« heraus.

»Ihr Vater ist vor ein paar Tagen verstorben. In den letzten Monaten war er sehr krank. Am Mittwochmorgen ist er nicht mehr aufgewacht. Letztendlich haben seine Lungen versagt. Die Beerdigung wird voraussichtlich nächste Woche stattfinden. «

Schweigen.

»Señora? Haben Sie verstanden, was ich sage?«

»Ja, ... ja das habe ich.«

»Ich möchte Ihnen mein herzliches Beileid aussprechen. Ich weiß, das kommt jetzt sehr plötzlich, aber er hat mich gebeten, Ihnen etwas persönlich zu übergeben. Können Sie nach Spanien kommen?«

Ich muss mich erstmal sammeln. Mein Gehirn scheint gerade irgendwie blockiert. Um die Sache hinauszuzögern, stammle ich, dass ich mich bei ihm melden werde. Nachdem wir unsere Handynummern ausgetauscht haben, lege ich langsam das Telefon aus der Hand.

Meine Beine sind weich wie Gummi und ich sinke auf den nächsten Stuhl. Ich versuche, die wilden Gedanken im weiten Raum meines Kopfes zu etwas Brauchbarem zusammenzufügen.

Vater ist tot! Ich bin wie vor den Kopf geschlagen und ... betroffen?! Das habe ich nicht erwartet. Nicht nach dem, was er uns alles zugemutet hat. Ich bekomme eine Gänsehaut. Erst jetzt bemerke ich, dass ich patschnass und nur mit einem Handtuch bekleidet hier sitze. »Ok Lucy, erstmal tief durchatmen und Schluss mit dem Selbstmitleid für Fortgeschrittene!«, ermahne ich mich und verschwinde im Schlafzimmer. Im Laufe der Jahre habe ich die Strategie, keine Gefühle zuzulassen, recht erfolgreich etabliert.

Eingehüllt in meine zerrissene Lieblingsjeans und ein Schlabbershirt, komme ich bei einer Tasse Kaffee allmählich zur Ruhe. In meinen Kopf lasse ich das Telefonat noch einmal aufleben. Was, um Himmelswillen, soll dieser Pedro mir von Vater übergeben? Ist er doch mal zu Geld gekommen und hat mich in seinen letzten Minuten bedacht? Ähm ... nein, eher unwahrscheinlich. Und wie kommt er darauf, dass ich mal eben nach Spanien reise?

Mein Bauch fordert mit einem deutlichen Brummen sein Recht auf Verpflegung und ich schiebe die Gedanken erstmal beiseite. Da im Kühlschrank mal wieder mehr Platz als Inhalt vorhanden ist, schnappe ich mir die Wohnungsschlüssel und mache mich auf den Weg zum nächsten Bäcker. Am Kiosk springt mir eine Werbung für sagenhaft günstige Flüge aufs spanische Festland ins Auge. Soll das ein Zeichen sein? Ach was, ich glaube nicht an so etwas. Dazu kommt, dass ich nicht gerne fliege. In einer engen Dose, dicht an dicht eingesperrt durch die Lüfte zu düsen, ist mir nicht geheuer.

Mit einem Brötchen in der Hand schlendere ich gedankenverloren durch die Straßen. Es ist Frühling, doch für diese Jahreszeit viel zu kalt. Schützend ziehe ich meine Schultern nach oben. Wie lange bin ich nicht mehr in Spanien gewesen? Damals war ich noch ein Kind.

Eine Spur neugierig bin ich schon, wie Vater die letzten Jahre gelebt hat. Hat er eine neue Familie gegründet? Hat er es bereut, was er mir angetan hatte?

Etwas in meinem Inneren sagt mir, dass ich weitaus mehr Antworten erhalten werde, als mir Fragen durch den Kopf gehen, wenn ich nach Spanien reise.

»Mhh, was nun, Lucy? Du hast hier gerade nichts zu verlieren.« Ich könnte meine Sachen Packen und losfahren. Vom Museum erhalte ich noch eine Abfindung. Das Finanzielle wäre also gesichert. Es ist Mai und damit die schönste Zeit im Jahr. Die Vorstellung mit einem Sangria in der Hand am Meer zu sitzen ... klingt gerade sehr verlockend. Na ja, und ganz nebenbei kann ich dort meine Neugier bezüglich Vaters Leben stillen. Vielleicht schaffe ich es sogar rechtzeitig zu seiner Beerdigung. Auch wenn ich es mir im Moment nicht eingestehen will: Eine kleine Stimme ganz tief in mir äußert diesen Wunsch.

Ok, ich frage diesen Pedro nach der Adresse in Spanien. Es kann ja nicht schaden, mal auf der Karte zu schauen, wo dieser Ort liegt.

Auf dem Weg

»Mache dich auf den Weg und erlebe den Zauber neuer Eindrücke.«

Wenn ich mich mal zu etwas entschließe, fackle ich nicht lange herum. Laut Routenplaner sind es 2000km bis nach Moraira. So heißt der Ort, an dem Vater die letzten Jahre verbracht hat. Die beste Zeit, in Deutschland ohne nervtötende Staus die Autobahnen zu überstehen, ist sonntags. Das ist übermorgen.

»Na dann mal los, Lucy. Auf nach Spanien!«, rufe ich mir ermutigend zu und fange an, meine Reisetasche zu packen. Verabschieden brauche ich mich ja bei niemandem, geht es mir mit einem kleinen Stich ins Herz durch den Kopf. Freunde finden ist leider nicht meine Stärke.

*

Es ist Sonntagmorgen, der Himmel bricht über der Autobahn auf und ein paar Lichtstreifen deuten beinahe Sonnenstrahlen an, aber ein leichter Nieselregen sorgt für das stets vertraute Wetter. Der alte, rostrote Volvo ist seit vielen Jahren mein zuverlässigster Begleiter. Über weite Strecken und in manch trostlosen Stunden hat er meine komplexen Gedankenspielchen bei unseren vielen Umzügen treu und stillschweigend hingenommen.

Ich bin schon eine Weile unterwegs. Gleich passiere ich die französische Grenze. Ein leichtes Kribbeln der Vorfreude macht sich in meinem Bauch bemerkbar. Ich liebe den Süden. Die Sonne, das Meer und die lebensdurstigen Südländer mit ihrem unbeschwerten Temperament.

Die Grenze passiere ich ohne einen Halt. Immer weiter gleite ich über die beinahe makellos ausgebauten Autobahnen der Franzosen. Warum bekommen die Südländer das eigentlich hin und die Deutschen schaffen es nicht einmal, in zehn Jahren einen Flughafen fertigzustellen?

Nach elf Stunden Fahrt werden, auf der Höhe von Montpellier die Augenlider schwer und meine steifen Knochen sind reif fürs Bett. Das nächste Motel wird meins und ich falle in dem kargen, aber sauberen Hotelzimmer in einen geruhsamen Schlaf.

*

Liebliches Vogelgezwitscher begleitet mich am nächsten Morgen sanft in den Tag. Durch das offene Fenster fallen Sonnenstrahlen auf das Bett und wärmen meine vom deutschen Wetter geplagte Haut. Ich atme tief ein, denn es riecht nach Süden. Ein zufriedenes Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus.

»Bitte lasst mich einfach die nächsten Jahre hier so liegen«, denke ich, doch die Gedanken an das Ziel bringen bald Schwung in meine Systeme. Nach einem pappigen Weißbrot zum Frühstück sitze ich wieder am Steuer meines Volvos, dieses Mal unter einem strahlend blauen Himmel. Um die Mittagszeit erblicke ich in der Ferne das funkelnde, tiefblaue Meer. Mein Herz macht vor Freude einen kleinen Sprung.

»Jüppiiiiee! Lucy, das hast du schon mal gut gemacht!«, lobe ich mich begeistert.

Die Grenze zwischen Frankreich und Spanien ist genauso unspektakulär wie die letzte und Schwupps, bin ich in Spanien. Die Vegetation wird zunehmend mediterraner. Zunächst überwiegen Pinienbäume die Landschaft. Bald säumen Orangenplantagen und Mandelbäume die Autobahn. Hohe Berge und in Hügel gebettete kleine Häuser auf der einen Seite und das weite, blaue Meer auf der anderen Seite, führt mich der Weg an der Küste entlang immer weiter gen Süden.

Nach 2100 Kilometern erreiche ich die Autobahnabfahrt Benissa. Mein Navi lenkt mich weitere 20 Minuten in Richtung Küste. Ich kurble das Fenster herunter und atme die salzige Luft tief in meine Lungen. Es ist eine lauwarme, windstille Nacht. Der Himmel über mir ist von Sternen übersäht. Plötzlich blitzt das Ortsschild von Moraira im Scheinwerferlicht meines Volvos auf. Kurz darauf sehe ich, wie bunte Lichter auf der Meeresoberfläche verspielt aufblinken. Ich bin angekommen.

Die Terrassen der vielen kleinen Restaurants und Tavernen säumen die Straßen. Kellner räumen die letzten Gläser ein und wenige Nachtschwärmer treten im warmen Licht der Straßenbeleuchtung ihren Heimweg an.

Ich biege in eine urige Seitenstraße ab und die Stimme meines Navis weist mich souverän darauf hin, dass ich mein Ziel erreicht habe. Den Volvo parke vor einem kleinen Gasthof.

»Moraira, da bin ich.« Erschöpft, aber euphorisch steige ich aus dem Auto aus. Kaum setze ich den ersten Fuß auf den Boden dieser kleinen Stadt, überzieht plötzlich eine Gänsehaut meinen ganzen Körper.

Die Ankunft

»Besondere Menschen sieht man nicht, man fühlt sie.«

Das kleine Hotel hatte ich mir unterwegs im Internet rausgesucht. Um ehrlich zu sein, war es das einzige, das noch ein Zimmer frei hat. Da habe ich wohl Glück gehabt.

Das orangefarbene Licht der Straßenbeleuchtung scheint durch ein paar Pinien bis auf den Parkplatz. Eine niedrige Steinmauer in Naturfarben rahmt das Grundstück schützend ein. In den Innenhof gelange ich durch einen hölzernen Rundbogen, an dem sich Weinblätter ranken. Zwischen einigen Orangen- und Zitronenbäumen stehen urige Holztische, die auf die Hotelgäste warten. Mittendrin steht ein breiter Olivenbaum.

Es gibt ein flaches Nebengebäude und das Haupthaus. Die Fassaden sind abwechselnd weiß gestrichen und mit Natursteinen verziert. Alles hier scheint abgerundet zu sein. Ich sehe nirgendwo Kanten oder Ecken. Die einzige Ausnahme bilden die eckigen Rahmen der nussbraunen Holzfenster, aus denen ein warmes Licht in den Hof fällt, weichen von dem Bild ab. Über der großen, antiken Holztür hängt ein Schild, auf dem in goldenen Buchstaben der Hotelname steht. Beim Öffnen knarrt sie schwerfällig. Ich stelle meine Tasche vor der Rezeption auf den Boden. Eine Beleuchtung aus der urigen Gaststube und ein aromatischer Duft aus der Küche bilden mein Empfangskomitee. Ich rufe auf Spanisch: »Hola!« und schaue erwartungsvoll, ob jemand antwortet. Mein Blick schweift interessiert durch den Raum. Das Gasthaus hat schon so manchen Sommer hinter sich, aber es bietet einen eigenwilligen Charme durch die abgewetzten Terrakottafliesen, die dunklen Holzmöbel und die vielen Kerzenleuchter, auf denen unzählige Kerzen gegen die Dunkelheit ihr Licht präsentieren.

»Buenos noches Señora Lucera, herzlich willkommen in Moraira.«, erklingt wie aus dem Nichts eine sonore Stimme hinter mir. Aus meinen Gedanken gerissen, drehe ich mich abrupt um und halte für den Bruchteil einer Sekunde den Atem an. Die tiefgründigsten Augen, die ich je gesehen hatte, durchdringen meinen Blick. Ein sinnlicher, fast jungenhafter Mund steht in herbem Kontrast zu der wettergegerbten Haut des älteren Mannes vor mir. Die grauen Haare reichen ihm bis zu den Schultern.

»Oh, Sie sprechen deutsch«, sage ich erfreut über eine unkomplizierte Begrüßung. Er nickt mir mit einem warmherzigen Lächeln zu. »Sie hatten einen erfüllenden Weg hierher?« Eine komische Formulierung. Möglicherweise sind seine Deutschkenntnisse doch nicht so gut? »Danke ja, die Fahrt war angenehm.«

»Das freut mich«, antwortet er lächelnd und hält mir ein Formular zum Einchecken entgegen. Ich fülle alles gehorsam aus und erhalte daraufhin meinen Zimmerschlüssel.

»Dort die Treppe rauf, die erste Tür links. Bringen Sie ihre Tasche auf Ihr Zimmer. Ich bereite Ihnen inzwischen etwas zu Essen zu«, meint er in einem freundlichen, aber bestimmenden Ton.

»Danke, aber ich bin nicht hungrig.«

»Doch. doch, das sollten Sie sein«, murmelt er und verschwindet in Richtung Küche.

»Na toll, Lucy. Das fängt hier ja gut an!«, stelle ich mit einem Schmunzeln fest. Der Mann scheint recht eigenwillig zu sein. Ich gehe die Treppe hinauf und stehe vor einer massiven Tür aus dunklem Holz. Zimmer Nummer drei. Die Zahl ist in einem flachen Dreieck auf der Tür abgebildet. Als ich die Tür öffne, bin ich angenehm überrascht. Das Zimmer ist groß und gemütlich eingerichtet. Meine Tasche werfe ich auf das rote Sofa vor dem Fenster. Eigentlich bin ich hundemüde, aber meinen Gastwirt zu enttäuschen, kommt mir nicht in den Sinn. Da es nach wie vor sehr warm ist, ziehe ich schnell ein leichtes T-Shirt und eine abgeschnittene Jeans an. Noch etwas Wasser ins Gesicht und schon eile ich die kleine Treppe zur Gaststube hinunter.

»Suchen Sie sich im Garten einen Tisch aus. Um diese Uhrzeit haben Sie die freie Wahl«, erklingt es aus der Küche.

Ich setze mich an den ersten Tisch, in der Nähe des Eingangs. Das Sternenzelt über mir ist atemberaubend. Durch die Bäume sehe den Mond, dessen Licht auf dem Meer wie tausend Diamanten funkelt. Aus den Pinien von der Straße ertönt das konstante Zirpen der Grillen. »Wunderschön!«, flüstere ich und genieße den Moment mit allen Sinnen.

Ich träume noch vor mich hin, als mit einem Mal der Tisch vor mir mit vielen Schälchen und Tellerchen befüllt wird. Der alte Mann meint wohl, ich hätte seit meiner Abreise nichts mehr gegessen. Es duftet nach exotischen Gewürzen von honigsüß bis pikant und das Farbenspiel der Speisen regt meinen Appetit zunehmend an. Zum Schluss bringt er noch eine Karaffe mit blutrotem Wein, um das Mahl perfekt abzurunden. »Bitte, bedienen Sie sich.«

Erstaunt über die vielfältigen Gaumenfreuden, stammle ich ein »Danke« und fange an, von den Köstlichkeiten zu probieren.

»Wow! Das schmeckt fantastisch«, sage ich mit vollem Mund. »Und ich dachte, ich sei nicht hungrig.«

Mein Gastwirt pflückt eine Zitrone vom Baum, riecht genüsslich daran und kommt auf mich zu. »Wenn man erstmal entdeckt hat, was alles zur Wahl steht, kommt der Appetit von allein.«

Schon wieder so eine seltsame Formulierung. Bedächtig lege ich die Gabel aus der Hand und schaue mein Gegenüber einschätzend an. Seine Bewegungen sind die eines hochbetagten Greises, doch der Gesichtsausdruck ist so lebendig und wach wie der eines jungen Mannes. Und diese hellblauen Augen scheinen mehr zu sehen, als die greifbare Welt hier vorgibt.

»Setzten Sie sich doch bitte.« Ich deute auf den Stuhl vor mir. »Wie darf ich Sie nennen?«

Er nimmt mir gegenüber Platz. »Die Menschen rufen mich Aramis.«

Ich halte ihm mein Weinglas entgegen »Mich nennen alle Lucy.« Freundschaftlich lächle ich ihn an.

»Salud Lucy!«, prostet Aramis mir zu. »In Moraira duzen sich alle angenehmen Leute.«

»Das gefällt mir. Lebst du schon immer hier?«

»Nein. Mich hat es vor ein paar Jahren hierhergeführt. Es war an der Zeit, ein Lager aufzuschlagen.«

»Du wirkst auf mich nicht wie ein typischer Hotelwirt.«

»Das ist korrekt. Früher habe ich auf andere Art den Leuten gedient. Ich bin ein Forscher. Ein Beobachter der Menschen.«

»Klingt geheimnisvoll. Kann man davon seinen Lebensunterhalt bestreiten?«

Aramis lächelt. »In gewisser Weise, ja. Und was machst du in deinem Leben?« Mir entgeht nicht, dass Aramis von sich ablenkt. »Hast du eine liebevolle Familie? Einen erfüllenden Beruf?«

Mein zynisches Schnauben kann ich mir nicht verkneifen »Nein. Weder das eine noch das andere. Zurzeit befinde ich mich im Freiflug und ich kann nicht sehen, wo ich landen soll.«

»Klingt so, als könntest du einen Fluglotsen gebrauchen«, meint Aramis scherzend.

»Haha, ja. Da hast du wohl recht.«

»Ich will dir gerne mein Wissen anbieten. Wie weit es dir helfen wird, vermag ich nicht zu sagen. Erwarte nichts, aber sei bereit für alles.« Aramis schaut mir in die Augen.

Für gewöhnlich bin ich Fremden gegenüber verschwiegen und zurückhaltend. Doch Aramis zieht mich mit seiner offenen und dennoch geheimnisvollen Art in seinen Bann. Doch was kann er mir schon beibringen? Ich weiß es nicht, aber irgendetwas sagt mir, dass ich aufmerksam zuhören sollte.»Warum nicht. Ich habe schließlich nichts zu verlieren.«

Erkenne und du hast die Wahl

»Wer warst du, bevor die Welt dir sagte, wer du bist?«

Wie hast du das vorhin gemeint mit der Wahl?«

Aramis atmet bedächtig ein, um dann in gemächlichem Ton zu erzählen. »Wenn wir erkennen, wie die Welt wahrhaftig funktioniert, haben wir die Möglichkeit zu wählen. Solange wir dies nicht durchschauen, sind wir nie frei in unserer Wahl.«

Verwundert über seine Antwort schaue ich ihn an. »Welche Wahl meinst du?«

»Nun, die Wahl des Partners, welchen Beruf wir nachgehen, wie wir leben. Selbst die Wahl, wie wir unseren Körper und Geist nähren, treffen wir nicht frei, sondern wir werden unbewusst von unseren Konditionierungen geleitet.«

»Das verstehe ich nicht. Ich entscheide doch, welchen Partner ich wähle oder welchen Beruf ich ausüben möchte.«

»Ist das so?« Aramis schaut mir tief in die Augen. »Du entscheidest nach deinen Überzeugungen. Doch woher stammen deine Sichtweisen?