Lyrische Scherenschnitte - Ulrike Köstering - E-Book

Lyrische Scherenschnitte E-Book

Ulrike Köstering

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Beschreibung

Lyrische Scherenschnitte: So nennt Ulrike Köstering ihre Gedichte, in denen sie von Einschnitten in ihr Leben und das ihrer Mitmenschen erzählt. Auch die Schmetterlinge im Bauch kommen nicht zu kurz. Ein Gedicht, so sagt sie, öffnet die Seele des Schreibenden und hofft, beim Lesenden das Gleiche zu erreichen.

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Lyrische Scherenschnitte - so nennt Ulrike Köstering ihre Gedichte, in denen sie von Einschnitten in ihr Leben und das ihrer Mitmenschen erzählt. Auch die Schmetterlinge im Bauch kommen nicht zu kurz. Dabei gibt sie viel preis: Ängste, Hoffungen, persönliche Rückblicke und Perspektiven. Ein Gedicht, so sagt sie, öffnet die Seele der Schreibenden und hofft, bei den Lesenden das Gleiche zu erreichen.

DIE AUTORIN

Ulrike Köstering, Jahrgang 1964, lebt in Gießen und schreibt seit ihrer Jugend Gedichte und Kurzgeschichten. Seidenmalbilder und Scherenschnitte sind ein weiterer Ausdruck ihrer Kreativität. Bisher von ihr erschienen: WELTREISENDE in Gedichte, Gedichte, Gedichte, net-Verlag. DER BEGLEITER in Verhängnisvoll – mein anderes Ich. BAUMMENSCHEN in Mittendrin – der Laubkönig erzählt, Sinje Blumenstein (Hrsg.), ToMa.

INHALT

1.

Anundfürmich

Phoenix

Universum

Opfer

Trotzdem

Geheimnisse

Schönheit

Balance

Momentaufnahme

Amphibie

Froschkönig

Luftnot

Ikarus

Stumme Dialoge

Die Rose

2.

Mit-Menschen

Ferne Wahrheit

Liebeserklärung

Für Dich

Lichter

Einzigartig

Für Mia-Sophie

Suchende

Viertel nach Drei

Demenz

Schmetterlinge

Fragen

Warnung

Dinner For One

Anders

3.

Nachrichten aus dem Innenleben

Metamorphose

Sehnsüchte

Eros

Frühlingskind

Der Traum

Eines Tages

Die Tür

Behütet

Unerwiderte Liebe

Die Harmlosen

4.

Oh Herr!

Mein Engel

Gebet

Rebellion

Farben

Luftschiff

Herr ich schreie

Berührung

Das Geschenk

Davids Lied

Bitte

Seiltänzerin

Gebet für meinen Bruder

Überall

5. Abschiede

Melancholie

Trauer

Fremde Haut

Abschied

Irene

Schlechte Nachricht

1. ANUNDFÜRMICH

Phoenix

Ich male:

Geborgenheit in Lila,

Sicherheit in Blau

und in der Mitte,

warm und geschützt,

helles Grün – Hoffnung und Leben.

Ich komme, so gut es geht, klar.

Zuviel Ja allerdings, wo ein deutliches Nein

Konturen geschärft hätte.

Ich male.

Lila, ganz anders:

Siehst du, wer ich bin?

Spürst du meine Sehnsucht?

Grün und Blau entziehen sich

meiner suchenden Hand.

Eine Vision von Rot-Gelb-Orange,

früher gehasst, früher gemieden,

wird Wirklichkeit,

drängt sich mit Macht

an die Oberfläche.

Grelle, laute Farben,

sie nehmen sich wichtig

und wollen sie selbst sein,

wehren sich gegen

die Kontrolle des Pinselstrichs.

Rot-Gelb-Orange – Feuerfarben.

Das Leben, die Wärme

pulsiert in den Adern.

Unbeherrschbar.

Die Farben spritzen und sprudeln

und schäumen auf,

hohe Fontänen bis an den Himmel.

Ich komme, so gut es geht, klar.

Zu viel Nein allerdings,

zu viel Hass, zu viel Angst,

wo Verständnis die Grenzen

überschreitbarer gemacht hätte.

Ich male.

Flammen, ein Feuer

setzt alles in Brand,

vernichtet, zerstört.

Zurück bleibt Asche.

Asche ist fruchtbar.

Aus staubigem Grau

wächst neues Leben:

Lila, Blau, Grün.

Das Leben ist still und klar,

es lauscht und fragt.

Aber am Boden

schwelt noch die Glut.

Ich dachte,

ich male die Farben,

ich ahne,

sie malen mich.

Universum

Alles war gut, bis sie ein falsches Wort benutzte

und im falschen Tonfall sprach.

Land unter hänge ich

und weine abendfüllend.

Das schwarze Loch in meinem Kopf

zieht strahlende Materie an,

die sich in Düsternis verwandelt

und sich im Kreise dreht.

Ich bete um Hilfe

und die Hölle in meinem Gehirn

verliert an Schwärze.

Der Gedankenfluss wird ruhiger und klarer,

eine mäandernde Linie auf meiner Erde.

Und dann das Meer:

Weit und offen umfängt es die Welt

und trotz aller Verschmutzung

wirkt es blau von da oben.

Ich kann viel mehr, als ich dachte

und bin viel stärker.

Im Universum kreise ich

um mich selbst, um die Sonne

und um den, der sie machte.

Ich brauche Menschen, die mich spiegeln,

die mich lieben und die mich leiten,

ich brauche auch Menschen, die Wunden schlagen,

um daraus zu lernen.

Venus, Mars und wie sie noch heißen,

treue Monde und riesige Sterne

bevölkern den Himmel

und bilden das breite, funkelnde Band.

Ich stehe ganz klein auf der Erde

und blicke nach oben.

Manchmal kann ich die Sonne

vom Himmel lachen

und manchmal tropft der Regen

direkt in meinen Kopf

und kommt aus den Augen

wieder heraus.

Alle Wasser, auch Tränen

fließen zurück ins Meer.

Opfer

Dein Gang gebückt,

Schultern hochgezogen,

Kopf gesenkt

gehst du die Straße entlang,

angstvoll suchend dein Blick.

Sie warten auf dich,

haben bereits

Witterung aufgenommen:

Allein der Geruch deiner Angst

zaubert ein Hohnlächeln

auf ihr Gesicht.

Sie stehen am Zaun,

in der Hand eine Flasche

mit Schnaps oder Bier.

Sie sehen dich kommen

und schütten Spott und

Beleidigung über dich aus.

Gedemütigt fliehst du,

fühlst dich zu Unrecht verletzt,

bist wütend und hilflos.

Bitte hasse sie nicht!

Sie haben doch nichts zu verlieren

außer Verzweiflung und Hass

auf die Etablierten.

Schneckengleich tragen

viele von ihnen

ihr Haus in Tüten und Taschen

mit sich herum,

ihre Nachbarn, die Tauben,

beschweren sich gurrend,

gönnen ihnen den Platz nicht

Zum Leben.

Ihre Freiheit findet

vor aller Augen

mitten unter uns statt.

Kälte und Hitze

Sind ihnen vertraut

in der Fremde

wie Nässe und Durst.

Sei stolz und frei,

hebe den Kopf

und gehe an ihnen vorbei

ohne Angst vor Verletzung.

Dein Weg ist nicht schlechter,

nicht besser als ihrer,

du bist nicht perfekt,

aber du bist es wert.

Mit Vertrauten klingt

dein Lachen doch

fröhlich und laut,

deine Sprache

hell und lebendig!

Hebe den Kopf:

Sieh, die Welt

ist in Augenhöhe.

Trotzdem

Mein Spiegelbild:

Kein Haar mehr am Körper,

jedes einzelne

zu Grabe getragen

und beweint.

Ich wusste ja nicht,

dass Haare sterben.

Werden sie wieder auferstehen?

Mein Kopf:

Befremdlich in seiner Blöße.

Weder Wimpern noch Brauen.

Mein Bauch:

von Flüssen durchzogen,

ein Beutel, den ich

mit Sorgfalt bewache,

auch nachts.

Kein Appetit,

die Rippen

sind sichtbar,

bin jetzt am Rande

der Existenz

und habe doch Kräfte,

um weiter zu leben.

Trotzdem.

Die Haare,

herbeigesehnt

wie der Frühling,

wachsen eher spärlich.

Sie sind dünn und sehr weich,

wie graue Gänsefedern,

ihre Schönheit - dahin.

Die Falten sind tiefer,

Konturen verschwinden,

ich muss mich finden

In Krankheit und Alter.

Wann immer ich meine,

es gehe mir schlecht,

denke ich nicht

an Operationen,

erinnre mich nicht

an erlittene Schmerzen,

sondern an den

Verlust meiner Haare.