Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Lyrische Scherenschnitte: So nennt Ulrike Köstering ihre Gedichte, in denen sie von Einschnitten in ihr Leben und das ihrer Mitmenschen erzählt. Auch die Schmetterlinge im Bauch kommen nicht zu kurz. Ein Gedicht, so sagt sie, öffnet die Seele des Schreibenden und hofft, beim Lesenden das Gleiche zu erreichen.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 51
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Lyrische Scherenschnitte - so nennt Ulrike Köstering ihre Gedichte, in denen sie von Einschnitten in ihr Leben und das ihrer Mitmenschen erzählt. Auch die Schmetterlinge im Bauch kommen nicht zu kurz. Dabei gibt sie viel preis: Ängste, Hoffungen, persönliche Rückblicke und Perspektiven. Ein Gedicht, so sagt sie, öffnet die Seele der Schreibenden und hofft, bei den Lesenden das Gleiche zu erreichen.
DIE AUTORIN
Ulrike Köstering, Jahrgang 1964, lebt in Gießen und schreibt seit ihrer Jugend Gedichte und Kurzgeschichten. Seidenmalbilder und Scherenschnitte sind ein weiterer Ausdruck ihrer Kreativität. Bisher von ihr erschienen: WELTREISENDE in Gedichte, Gedichte, Gedichte, net-Verlag. DER BEGLEITER in Verhängnisvoll – mein anderes Ich. BAUMMENSCHEN in Mittendrin – der Laubkönig erzählt, Sinje Blumenstein (Hrsg.), ToMa.
1.
Anundfürmich
Phoenix
Universum
Opfer
Trotzdem
Geheimnisse
Schönheit
Balance
Momentaufnahme
Amphibie
Froschkönig
Luftnot
Ikarus
Stumme Dialoge
Die Rose
2.
Mit-Menschen
Ferne Wahrheit
Liebeserklärung
Für Dich
Lichter
Einzigartig
Für Mia-Sophie
Suchende
Viertel nach Drei
Demenz
Schmetterlinge
Fragen
Warnung
Dinner For One
Anders
3.
Nachrichten aus dem Innenleben
Metamorphose
Sehnsüchte
Eros
Frühlingskind
Der Traum
Eines Tages
Die Tür
Behütet
Unerwiderte Liebe
Die Harmlosen
4.
Oh Herr!
Mein Engel
Gebet
Rebellion
Farben
Luftschiff
Herr ich schreie
Berührung
Das Geschenk
Davids Lied
Bitte
Seiltänzerin
Gebet für meinen Bruder
Überall
5. Abschiede
Melancholie
Trauer
Fremde Haut
Abschied
Irene
Schlechte Nachricht
Phoenix
Ich male:
Geborgenheit in Lila,
Sicherheit in Blau
und in der Mitte,
warm und geschützt,
helles Grün – Hoffnung und Leben.
Ich komme, so gut es geht, klar.
Zuviel Ja allerdings, wo ein deutliches Nein
Konturen geschärft hätte.
Ich male.
Lila, ganz anders:
Siehst du, wer ich bin?
Spürst du meine Sehnsucht?
Grün und Blau entziehen sich
meiner suchenden Hand.
Eine Vision von Rot-Gelb-Orange,
früher gehasst, früher gemieden,
wird Wirklichkeit,
drängt sich mit Macht
an die Oberfläche.
Grelle, laute Farben,
sie nehmen sich wichtig
und wollen sie selbst sein,
wehren sich gegen
die Kontrolle des Pinselstrichs.
Rot-Gelb-Orange – Feuerfarben.
Das Leben, die Wärme
pulsiert in den Adern.
Unbeherrschbar.
Die Farben spritzen und sprudeln
und schäumen auf,
hohe Fontänen bis an den Himmel.
Ich komme, so gut es geht, klar.
Zu viel Nein allerdings,
zu viel Hass, zu viel Angst,
wo Verständnis die Grenzen
überschreitbarer gemacht hätte.
Ich male.
Flammen, ein Feuer
setzt alles in Brand,
vernichtet, zerstört.
Zurück bleibt Asche.
Asche ist fruchtbar.
Aus staubigem Grau
wächst neues Leben:
Lila, Blau, Grün.
Das Leben ist still und klar,
es lauscht und fragt.
Aber am Boden
schwelt noch die Glut.
Ich dachte,
ich male die Farben,
ich ahne,
sie malen mich.
Universum
Alles war gut, bis sie ein falsches Wort benutzte
und im falschen Tonfall sprach.
Land unter hänge ich
und weine abendfüllend.
Das schwarze Loch in meinem Kopf
zieht strahlende Materie an,
die sich in Düsternis verwandelt
und sich im Kreise dreht.
Ich bete um Hilfe
und die Hölle in meinem Gehirn
verliert an Schwärze.
Der Gedankenfluss wird ruhiger und klarer,
eine mäandernde Linie auf meiner Erde.
Und dann das Meer:
Weit und offen umfängt es die Welt
und trotz aller Verschmutzung
wirkt es blau von da oben.
Ich kann viel mehr, als ich dachte
und bin viel stärker.
Im Universum kreise ich
um mich selbst, um die Sonne
und um den, der sie machte.
Ich brauche Menschen, die mich spiegeln,
die mich lieben und die mich leiten,
ich brauche auch Menschen, die Wunden schlagen,
um daraus zu lernen.
Venus, Mars und wie sie noch heißen,
treue Monde und riesige Sterne
bevölkern den Himmel
und bilden das breite, funkelnde Band.
Ich stehe ganz klein auf der Erde
und blicke nach oben.
Manchmal kann ich die Sonne
vom Himmel lachen
und manchmal tropft der Regen
direkt in meinen Kopf
und kommt aus den Augen
wieder heraus.
Alle Wasser, auch Tränen
fließen zurück ins Meer.
Opfer
Dein Gang gebückt,
Schultern hochgezogen,
Kopf gesenkt
gehst du die Straße entlang,
angstvoll suchend dein Blick.
Sie warten auf dich,
haben bereits
Witterung aufgenommen:
Allein der Geruch deiner Angst
zaubert ein Hohnlächeln
auf ihr Gesicht.
Sie stehen am Zaun,
in der Hand eine Flasche
mit Schnaps oder Bier.
Sie sehen dich kommen
und schütten Spott und
Beleidigung über dich aus.
Gedemütigt fliehst du,
fühlst dich zu Unrecht verletzt,
bist wütend und hilflos.
Bitte hasse sie nicht!
Sie haben doch nichts zu verlieren
außer Verzweiflung und Hass
auf die Etablierten.
Schneckengleich tragen
viele von ihnen
ihr Haus in Tüten und Taschen
mit sich herum,
ihre Nachbarn, die Tauben,
beschweren sich gurrend,
gönnen ihnen den Platz nicht
Zum Leben.
Ihre Freiheit findet
vor aller Augen
mitten unter uns statt.
Kälte und Hitze
Sind ihnen vertraut
in der Fremde
wie Nässe und Durst.
Sei stolz und frei,
hebe den Kopf
und gehe an ihnen vorbei
ohne Angst vor Verletzung.
Dein Weg ist nicht schlechter,
nicht besser als ihrer,
du bist nicht perfekt,
aber du bist es wert.
Mit Vertrauten klingt
dein Lachen doch
fröhlich und laut,
deine Sprache
hell und lebendig!
Hebe den Kopf:
Sieh, die Welt
ist in Augenhöhe.
Trotzdem
Mein Spiegelbild:
Kein Haar mehr am Körper,
jedes einzelne
zu Grabe getragen
und beweint.
Ich wusste ja nicht,
dass Haare sterben.
Werden sie wieder auferstehen?
Mein Kopf:
Befremdlich in seiner Blöße.
Weder Wimpern noch Brauen.
Mein Bauch:
von Flüssen durchzogen,
ein Beutel, den ich
mit Sorgfalt bewache,
auch nachts.
Kein Appetit,
die Rippen
sind sichtbar,
bin jetzt am Rande
der Existenz
und habe doch Kräfte,
um weiter zu leben.
Trotzdem.
Die Haare,
herbeigesehnt
wie der Frühling,
wachsen eher spärlich.
Sie sind dünn und sehr weich,
wie graue Gänsefedern,
ihre Schönheit - dahin.
Die Falten sind tiefer,
Konturen verschwinden,
ich muss mich finden
In Krankheit und Alter.
Wann immer ich meine,
es gehe mir schlecht,
denke ich nicht
an Operationen,
erinnre mich nicht
an erlittene Schmerzen,
sondern an den
Verlust meiner Haare.