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Sommer in Schottland: Diebstahl im Ferienlager und ein Toter bei den Highland Games!
Während Ùna undercover als Betreuerin einen Fall von Diebstählen in einem Jugend-Zeltlager in den Highlands übernimmt, genießen Finola und Craig einen Sonntag bei den Highland Games in St Andrews.
Doch schon bald gibt es einen Notfall. Finola und die Ärztin, die Erste Hilfe leisten wollen, müssen feststellen, dass der Dudelsackspieler im Zelt der Schwerathleten nicht mehr lebt. Und: Dies war kein natürlicher Tod! Kommt Eifersucht als Motiv infrage? Oder wieso zeigt sich eine Frau so übermäßig betroffen, obwohl der Tote mit einer anderen liiert ist?
Schnell findet Finola jedoch Hinweise, die in eine andere, weit bedrohlichere Richtung deuten. Und schon wieder schwebt sie in größter Gefahr.
Über die Serie: Finola MacTavish und Anne Scott sind die Lady Detectives von Edinburgh. Gemeinsam mit dem Computergenie Lachie lösen sie die erstaunlichsten Kriminalfälle - und machen mit Herz, Mut und ungewöhnlichen Methoden den Verbrechern der Stadt das Leben schwer. Seit Neuestem haben sie Verstärkung von einer dritten Detektivin. Doch auch in ihrem eigenen Leben geht es mitunter turbulent zu. Wie gut, dass Finola immer die passende Kräutermedizin ihrer Granny zur Hand hat. Und wenn die nicht hilft, dann ein frisch gebackener Cupcake!
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Sommer in Schottland: Diebstahl im Ferienlager und ein Toter bei den Highland Games!
Während Ùna undercover als Betreuerin einen Fall von Diebstählen in einem Jugend-Zeltlager in den Highlands übernimmt, genießen Finola und Craig einen Sonntag bei den Highland Games in St Andrews.
Doch schon bald gibt es einen Notfall. Finola und die Ärztin, die Erste Hilfe leisten wollen, müssen feststellen, dass der Dudelsackspieler im Zelt der Schwerathleten nicht mehr lebt. Und: Dies war kein natürlicher Tod! Kommt Eifersucht als Motiv infrage? Oder wieso zeigt sich eine Frau so übermäßig betroffen, obwohl der Tote mit einer anderen liiert ist?
Schnell findet Finola jedoch Hinweise, die in eine andere, weit bedrohlichere Richtung deuten. Und schon wieder schwebt sie in größter Gefahr.
Finola MacTavish und Anne Scott sind die Lady Detectives von Edinburgh. Gemeinsam mit dem Computergenie Lachie lösen sie die erstaunlichsten Kriminalfälle – und machen mit Herz, Mut und ungewöhnlichen Methoden den Verbrechern der Stadt das Leben schwer. Seit Neuestem haben sie Verstärkung von einer dritten Detektivin. Doch auch in ihrem eigenen Leben geht es mitunter turbulent zu. Wie gut, dass Finola immer die passende Kräutermedizin ihrer Granny zur Hand hat. Und wenn die nicht hilft, dann ein frisch gebackener Cupcake!
Spurensuche in denHighlands
Anne hielt sich an ihrem roten Becher mit weißen Herzchen fest und nippte an ihrem herrlich heißen Tee. Dabei sah sie die eingegangenen E-Mails durch.
Dies war einer jener seltenen Morgen, an denen es ihr schwerfiel, aufzustehen und in die Gänge zu kommen. Die Schuld daran konnte sie wahrscheinlich dem gruseligen Thriller geben, den sie und Lachie gestern angeschaut hatten und der sie bis in den Traum verfolgt hatte.
Eigentlich mochte Anne keine Filme, die in erster Linie auf Action und Brutalität basierten, aber irgendwie war die Jagd nach dem Killer doch so spannend gewesen, dass sie nicht abgeschaltet hatten. Und dann hatte sie unter dem Rhododendron in ihrem Garten eine grausig verstümmelte Leiche gefunden. Zum Glück war sie bei diesem Anblick aufgewacht.
Viele Mails waren nicht eingegangen. Dr. Mackintosh bedankte sich überschwänglich für den Nachweis, dass sich seine Frau nicht mit einem Liebhaber, sondern mit seiner Schwester getroffen hatte, um seinen sechzigsten Geburtstag zu planen. Er versicherte der Detektei MacTavish & Scott, dass er sich trotz seines Wissens bei der Überraschungsparty angemessen sprachlos zeigen würde.
Anne lächelte. Diesen Fall hatte Ùna ebenso gut gelöst wie die Observierung der Angestellten, die, wie vermutet, die Diebstähle in der Parfümerie, die sie gemeldet hatte, tatsächlich selbst beging.
Sehr schön. Auch im Hinblick auf die Büroarbeiten war Ùna dank der Erfahrung in der Firma ihres Vaters bereits nach ein paar Tagen eine Entlastung gewesen.
Anne und Finola hatten mit ihr einen guten Griff getan.
Wo steckte ihre Partnerin überhaupt? Die letzte Nacht hatte Finola wieder einmal bei Craig verbracht, aber normalerweise erschien sie auch dann am folgenden Morgen pünktlich im Büro oder schickte zumindest eine Nachricht.
Nachricht, genau.
Anne stellte die Tasse ab und griff nach ihrem Handy. Ja, Finola hatte sich natürlich gemeldet:
Komme später – Hausbesichtigung
Aha. Mal wieder. Hoffentlich fanden Finola und Craig bald etwas Passendes, um zusammenzuziehen, und das Hin und Her der letzten Wochen hatte ein Ende.
Eine neue E-Mail ploppte auf. Eine Layla Young bat um Rückruf, wenn irgend möglich zwischen halb zehn und zehn Uhr. Diebstähle im Ferienlager stand im Betrefffeld des Kontaktformulars.
Anne runzelte die Stirn. Das klang nach einem auswärtigen Einsatz, der zeitlich nicht flexibel abgewickelt werden konnte. Am liebsten hätte sie sofort die Details erfragt, um zu entscheiden, ob sie einen solchen Auftrag überhaupt annehmen konnten, aber ein kurzer Blick auf die Uhr zeigte erst zehn nach neun.
Es klopfte zweimal an der Haustür. Dies und das gleich darauf folgende Geräusch des Schlüssels im Schloss verrieten Anne, dass Ùna im Anmarsch war. Ihre neue Angestellte warnte immer mit einem doppelten Klopfen vor, wenn sie das Haus betrat.
»Guten Morgen!«, rief Ùna und kam durch den Flur auf die offene Bürotür zu.
»Guten Morgen!« Anne stand auf. »Du kommst genau richtig, ich wollte gerade in die Küche gehen und frischen Tee kochen.«
»Da bin ich gern dabei, falls du mich nicht sofort mit Arbeit überschütten willst.«
»Nein. Komm mit, wir setzen uns einfach in die Küche, bis ich um halb eine potenzielle Klientin anrufen muss.«
»Ist außer uns gar niemand da?«, erkundigte sich Ùna, als Anne ihr kurz darauf einen Becher Tee reichte und sich zu ihr an den Tisch setzte.
»Nein, Lachie ist heute in Glasgow, um sich über die neueste Überwachungstechnik zu informieren, und Finola besichtigt mit Craig ein weiteres Haus, sie kommt später.«
»Ich bin froh, dass Finola wieder fit ist«, erklärte Ùna und nahm einen Schluck. »Ich soll sie von Sheena und Ty grüßen. Wir hatten gestern Abend einen schönen langen Videocall.«
»Alles okay bei deinen Kindern?«
Ùna nickte. »Ty konnte ja zum Glück noch vor den Ferien ein Zimmer im Internat kriegen, jetzt freut er sich aufs nächste Schuljahr dort. Aber zuerst mal fährt er mit zwei Freunden nach Frankreich in eine Sprachenschule. Drei Wochen Französisch findet er gut, allerdings nicht, dass er sein Cello zu Hause lassen muss.«
»Und Sheena?«, erkundigte sich Anne.
»Die benimmt sich im Augenblick vorbildlich, damit sie bei Linns Familie bleiben darf und nicht doch noch zu ihrer Stiefgroßmutter ziehen muss. Mal sehen, wie lange das anhält.«
Anne hob die Brauen. »Meiner Erfahrung nach vielleicht weitere zwei Wochen. Allerdings kann ich mich irren, ich habe ja nur Söhne.«
Ùna seufzte theatralisch. »Ich muss gestehen, dass ich weniger optimistisch bin. Ich fürchte jeden Tag, dass Linns Mutter Sheena plötzlich hier bei mir ablädt und ich mit ihr mein kleines Zimmer teilen muss.« Ihr Lächeln zeigte, dass sie diese Worte nicht wirklich ernst meinte. »Aber lass uns über was anderes reden.«
Anne hätte sich gerne nach Ùnas zukünftigem Ex-Mann erkundigt, respektierte jedoch deren Wunsch.
»Wie war euer freier Nachmittag gestern?«, fragte Ùna.
Anne lächelte bei der Erinnerung. Es war das erste Mal gewesen, dass Lachie und sie sich einfach unter der Woche einen halben Tag freigenommen hatten, weil sie am vergangenen Wochenende durchgearbeitet hatten. Ùna hatte die Stellung im Büro gehalten.
»Schön. Erholsam. Wir waren in Linlithgow, haben aber angesichts der Touristen die Ruinen der Burg gemieden und sind nur um den See spaziert. Dann sind wir in die Four Marys eingekehrt. Und weil Lachie die gute Idee gehabt hatte, mit dem Zug und nicht mit dem Auto zu fahren, konnten wir zum Essen Wein trinken, ohne zu streiten, wer fährt.«
»Streiten? Habt ihr schon mal gestritten?« Ùna legte fragend den Kopf schief.
»Nein.« Anne grinste und warf einen Blick auf die Uhr. »Jetzt aber Schluss mit Privatgesprächen. Gleich muss ich telefonieren, und für dich habe ich ein paar Akten rausgesucht, die du dir mal anschauen kannst, um daraus noch mehr über Observierungen zu lernen.«
Die beiden Frauen kehrten zurück ins Büro, wo an der Wand neben dem Aktenschrank seit einigen Tagen ein neuer Schreibtisch mit einem Laptop für Ùna stand. Daneben stapelten sich farbige Pappmappen – Anne konnte sich nicht durchringen, nur digitale Akten zu führen.
Ùna setzte sich und griff nach der ersten Mappe.
Anne wählte die Nummer von Layla Young.
»Yeah?«
»Anne Scott von MacTavish & Scott. Sie haben uns kontaktiert. Wie kann ich Ihnen helfen?«
Ein tiefer Seufzer war zu hören. »Cool, dass Sie so schnell zurückrufen. Ich habe jetzt eine kleine Pause, weil Sebastian und Georgia den Youngsters einen naturkundlichen Film zeigen.«
Die Stimme klang ziemlich neutral englisch ohne regionalen Akzent, ein wenig genervt und gleichzeitig erleichtert.
»Es geht um ein Ferienlager?«, fragte Anne.
»Ja. Wir sind hier in den Cairngorms, in der Nähe von Aviemore. Ein Camp für Jugendliche von vierzehn bis sechzehn. Und irgendjemand von denen klaut offenbar. Zuerst haben nur Kleinigkeiten gefehlt, etwas Schminkzeug und ein Paar silberne Ohrringe, die aus dem Zelt verschwunden waren, als die Besitzerin duschen war, und so. Zugegeben, wir haben zuerst gedacht, das würde an der Unordnung der Mädchen liegen. Doch dann waren auf einmal auch Hudsons Earpods weg, und seit gestern Abend vermisst Muhammed sein Handy. Wir haben überall gesucht und alle befragt, aber …«
Layla schnaubte. »Also mir reicht es jetzt. Seit einer Woche jeden Tag dieses Theater, dass was fehlt. Ich habe Sebastian, unserem Leiter, gesagt, entweder wir brechen das Lager ab, oder wir brauchen eine Detektivin. Sie haben doch weibliche Angestellte?«
»Ja, das haben wir.«
»Sehr gut. Dann schicken Sie bitte so schnell wie möglich jemanden her. Ich kann Ihnen die Wegbeschreibung mailen. Am besten schleusen wir die Detektivin als Betreuerin ein, da brauchen wir ohnehin eine neue, weil Katie ausgefallen ist.«
Anne runzelte die Stirn. Diese Layla setzte ein wenig zu selbstverständlich voraus, dass ihr Auftrag angenommen werden würde und sie auch noch bestimmen konnte, wie genau er auszuführen war.
»Sie werden verstehen, Ms Young, dass ich zunächst mit meinen Mitarbeiterinnen sprechen muss. Im Augenblick ist es bei uns aufgrund der Auftragslage terminlich etwas eng, und ich nehme an, dass der Fall nicht unbedingt in zwei Stunden gelöst werden kann.«
»Ja, ja. Das ist mir schon klar.«
»Ich schicke Ihnen dennoch gleich einmal einen Vertragsentwurf. Wenn Sie damit einverstanden sind, würde ich Sie oder besser noch den Leiter des Ferienlagers bitten, ihn digital zu unterschreiben, sobald ich Sie darüber informiere, dass wir den Auftrag annehmen können. Lesen Sie die Unterlagen in Ruhe durch, und ich kümmere mich inzwischen darum, eine passende Mitarbeiterin zu finden, die baldmöglichst zu Ihrer Gruppe stoßen kann. Was sagen Sie dazu?«
»Ja. So machen wir das.« Layla Young klang zufrieden. »Senden Sie mir am besten einfach eine Signal-Nachricht an diese Nummer, die kann ich zwischendurch unauffällig anschauen. Dann sag ich Sebastian Bescheid, er soll an den Laptop gehen und sich mit dem Vertrag melden. Ansonsten sind für die Youngsters Handys bis auf eine Stunde am Abend verboten, und wir müssen ja Vorbild sein. Zum Glück dürfen wir die Smartphones wenigstens für Notfälle bei uns haben. Obwohl das mit dem Empfang hier in den Bergen ziemlich schwierig ist.«
»Ich verstehe. Und wohin schicke ich den Vertragsentwurf?« Anne setzte sich an ihren Schreibtisch und griff nach Stift und Notizblock.
Layla Young nannte die E-Mail-Adresse und verabschiedete sich dann hektisch. Ihre Pause war wohl vorüber.
Anne lehnte sich zurück. Na, ob das ein Fall für MacTavish & Scott war? Sie selbst würde gewiss nicht in die Cairngorms fahren und einen jugendlichen Dieb oder eine Diebin suchen. Schon gar nicht als Betreuerin von Teenagern.
Mal sehen, was Finola dazu sagte. Die musste ja demnächst auftauchen.
Ùna hatte versucht, sich auf die Unterlagen zu einem Fall zu konzentrieren, bei dem Finola die Frau eines Restaurantbesitzers observiert, aber zwischendurch aus den Augen verloren hatte. Dennoch war es ihr nicht gelungen, Annes Telefonat völlig zu ignorieren.
Sie bewunderte Annes ruhigen, freundlichen Ton und die Gelassenheit, mit der sie bei der möglichen Klientin Vertrauen erweckte. Daran würde Ùna arbeiten müssen. Sie sprach am Telefon deutlich hektischer, vor allem, wenn sie nervös war.
»Ein Fall für Finola?«, erkundigte sie sich, als Anne aufgelegt hatte.
»Ich denke schon. Ein Ferienlager mit Vierzehn- bis Sechzehnjährigen in den Cairngorms ist nicht gerade mein natürliches Habitat. Aus dem Alter bin ich inzwischen doch raus!«
»Und worum geht es? Wenn ich fragen darf?«
»Selbstverständlich darfst du das. Wir behandeln hier untereinander alle unsere Fälle offen. Und so kannst du auch am besten lernen.« Anne drehte sich mit ihrem Bürostuhl leicht hin und her. »In drei Worten: Ferienlager, Jugendliche, Diebstähle. Von Schminke bis zum Handy, steigende Tendenz, was den Wert betrifft. Layla Young ist eine der Betreuerinnen des Camps und hat die Nase voll, sodass ihr Chef zugestimmt hat, eine Detektei einzuschalten. Die Alternative wäre, wie sie sagt, das Ferienlager abzubrechen.«
Ùna runzelte die Stirn. »Das klingt irgendwie ein bisschen seltsam. Müsste man so etwas nicht mit dem Team herausfinden können? Wir hatten mal einen Diebstahl während eines Pfadfinderlagers, den haben die Betreuerinnen aufgeklärt.«
»Würde ich auch meinen, dass das der einfachere und billigere Weg ist. Aber hier hat man sich anders entschieden. Vielleicht allerdings mit Hintergedanken. Eine der Gruppenleiterinnen ist offenbar ausgefallen, sodass Finola diese bei ihrem Einsatz gleichzeitig ersetzen könnte beziehungsweise müsste.«
»Wobei Finola deutlich teurer wird als eine normale Betreuerin.«
»Das soll nicht unsere Sorge sein.« Anne sah auf die Uhr. »Ich hoffe, die Hausbesichtigung ist erstens erfolgreich und zweitens bald beendet. Layla Young schien es ziemlich eilig zu haben. Könnte sein, dass sie abspringt, wenn wir sie zu lange hinhalten.«
»Höre ich da heraus, dass du den Auftrag gern annehmen würdest?«
»Jein. Ehrlich gesagt finde ich, dass wir deutlich zu wenig Informationen haben. Wie du schon angemerkt hast: Normalerweise würde ich denken, dass das Betreuungsteam so was allein hinkriegt. Oder, wenn es zu heftig ist, die Polizei hinzuzieht. Zumindest als Abschreckung vor weiteren Diebstählen.«
Ùna schüttelte den Kopf. »Die Polizei würde man wohl nur im Notfall rufen, wenn etwas wirklich Ernstes passiert. Es kommt aber natürlich auch drauf an, über welche Organisation das Camp läuft und was das für Eltern sind. Dass die Sache diskret gelöst werden soll, um nicht alle Kinder und ihre Familien in Aufruhr zu versetzen, verstehe ich.«
»Ich werde Finola entscheiden lassen, ob sie den Fall übernehmen möchte«, sagte Anne bestimmt. »Sie muss ja gleich kommen.«
Tatsächlich dauerte es noch fast eine Stunde, bis Finola auftauchte. Und dann war sie nicht allein. Craig begleitete sie ins Büro.
»Tut mir leid, Anne, du hast sicher schon gewartet«, sagte er. »Aber Finola hatte einen kleinen …«
»Sag jetzt bloß nicht ›Schwächeanfall‹«, unterbrach ihn Finola mit grimmiger Miene. »Mir ist nur einen winzigen Augenblick lang schwindelig geworden.«
Ùna erschrak, und auch Anne machte ein besorgtes Gesicht.
»Setz dich erst mal. Und du ebenfalls, Craig.« Sie deutete auf die Sitzecke. »Möchtet ihr einen Tee? Ich könnte …«
»Alles okay«, behauptete Finola und nahm auf einem der Sessel Platz. »Hat sogar der Arzt gesagt.«
»Arzt?«
»Craig hat mich dorthin geschleppt, obwohl ich ihm erklärt habe …«
»Du hattest gestern Abend Kopfschmerzen«, unterbrach nun Craig. »Die und der Schwindel heute Morgen zeigen doch klar, dass die Gehirnerschütterung noch nicht ganz ausgeheilt ist.«
Finola zog eine Grimasse. »Ich hatte nur Grannys Tropfen vergessen, sonst wäre das nicht passiert. Und jetzt guckt mich nicht alle so an. Es geht mir wirklich gut. Außer dass ich enttäuscht bin, dass das Haus nicht infrage kommt.«
»Sie soll sich ein bisschen hinlegen und ausruhen«, erklärte Craig. »Hier kann sie das besser als bei mir, wo sie allein ist. Ich muss nämlich in die Bank, hab nicht so lange frei.«
Anne legte eine Hand auf Finolas Schulter. »Gut gedacht, Craig. Hier kann ich zwischendurch nach ihr sehen, und ich denke, unsere Olga freut sich, wenn sie jemanden beschmusen kann. Katzen sind heilsam, nicht wahr, Ùna?«
Ùna nickte, obwohl sie selbst wenig Erfahrung mit Tieren hatte. Doch Olga mit ihrem weichen grauen Fell und den grünen Augen hatte bereits am ersten Tag ihr Herz gewonnen, als sie sie schnurrend begrüßt hatte. Freddy dagegen hatte Ùna bisher links liegen lassen. Für einen freien Kater, der die meiste Zeit irgendwo draußen verbrachte, war die Neue im Haus wenig interessant.
Finola verdrehte die Augen, stand aber auf.
»Ich komm gleich hoch in dein Zimmer, muss nur noch einer Klientin absagen«, versprach Anne.
Finola horchte auf. »Absagen? Ein neuer Fall? Was für einer ist das?«
»Diebstähle in einem Jugend-Ferienlager in der Nähe von Aviemore.«
»Aviemore. Da könnte ich Arian und Eddie im Castle Hotel besuchen.«
»Und dich um wer-weiß-wie-viele Teenager kümmern. Die Klientin würde dich nämlich gerne als Betreuerin einschleusen.«
»Kommt überhaupt nicht infrage.« Craig schüttelte den Kopf und legte den Arm um Finolas Schulter. »So was ist derzeit kein Fall für Finola.«
Anne nickte. »Da stimme ich dir vollkommen zu. Deswegen werde ich ja ablehnen.«
Finola öffnete den Mund, um etwas zu sagen, besann sich dann aber anders.
»Ich begleite dich hoch«, erklärte Craig, und die beiden verließen das Büro.
Anne atmete tief durch. »So einfach erledigen sich manche Dinge.« Sie nahm das Telefon in die Hand, stockte und sah Ùna an. »Es sei denn, du willst den Fall. Falls dich nicht zu schlimme Erinnerungen an deinen letzten Aufenthalt in den Cairngorms plagen. Aber das war ja immerhin in einer ganz anderen Gegend.«
Ùna zuckte unwillkürlich zusammen. »Ich?«
»Ich habe vorhin herausgehört, dass du bereits Erfahrung mit solchen Ferienlagern hast.« Anne ließ das Telefon sinken.
Ùnas Herz schlug viel zu schnell. »Aber ich habe doch keinerlei Erfahrung als Detektivin!«, stieß sie hervor.
»Untertreib nicht. Du hast zwei sehr erfolgreiche Observierungen hinter dir.«
»Zwei! Wenn es zwanzig wären, würde ich es mir vielleicht überlegen.«
Anne winkte ab. »Finola hatte nur eine, und die noch nicht einmal abgeschlossen, als sie ihren ersten Auswärtsfall übernommen hat.«
»Finola ist aber auch …«
»Du solltest dich nicht mit anderen vergleichen, Ùna.« Anne lächelte beruhigend. »Wenn ich genauer drüber nachdenke, bist du eigentlich die ideale Ermittlerin für diesen Fall. Du hast vor allem viel mehr Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen als Finola, oder?«
Ùna schluckte. »Ich war bei den Pfadfinderinnen«, gab sie zu, »zuletzt auch als Gruppenleiterin. Das ist allerdings zwanzig Jahre her.«
»Super-Qualifikation!«, entschied Anne. »Könntest du gleich morgen hinfahren? Du kannst den Wagen der Detektei haben, der ist unauffälliger als deiner. Oder fahr mit dem Zug, und die sollen dich in Aviemore am Bahnhof abholen.«
Ùnas Puls war immer noch erhöht, aber längst nicht mehr so wie vor wenigen Minuten.
»Ehrlich gesagt, würde ich am liebsten mein eigenes Auto nehmen. Je nachdem, wo genau das Camp ist, bin ich damit unabhängiger. Und die jungen Leute finden das Marienkäfer-Design entweder total cool, oder sie verdrehen die Augen, was noch besser wäre. Wenn man nicht ernst genommen wird, ist man unauffälliger, sagt Finola immer.«
»Von mir aus«, antwortete Anne. »Da können wir die Kosten als Spesen abrechnen. Also soll ich Bescheid geben, dass ich eine geeignete Detektivin gefunden habe?«
Ùna zögerte nur einen winzigen Moment, dann nickte sie entschlossen.
Von Edinburgh aus war es nach Aviemore in etwa so weit wie nach Aberdeen, eine Strecke, für die Ùna normalerweise zweieinhalb Stunden einkalkulierte. Allerdings gab es zwischen Killiekrankie und Blair Atholl eine größere Baustelle, die der Grund dafür war, dass sich der Samstagsverkehr aus Touristen und Menschen, die ihren Wochenendeinkauf erledigen wollten, in beide Richtungen staute.
An der Tankstelle in Dalwhinnie legte Ùna daher eine Pause ein und gönnte sich einen Kaffee. Sie war schrecklich nervös angesichts dieses ersten Falls, den sie im Namen von MacTavish & Scott übernommen hatte, so nervös, dass sie den Regency-Roman, den sie sich als Hörbuch für die Fahrt ausgesucht hatte, gar nicht so richtig genießen konnte. Sonst amüsierten sie die Wortgefechte zwischen einer jungen Lady der feinen Londoner Gesellschaft und ihrem Lord immer sehr, aber heute fiel es ihr schwer, zuzuhören.
Zur Weiterfahrt schaltete sie das Radio ein. Neben leichter Musik ein paar Nachrichten und den Wetterbericht mitzukriegen, konnte ja nicht schaden.
Ùna erreichte Aviemore deutlich später als angekündigt und folgte dem Weg, den Layla Young beschrieben hatte, in Richtung Cairn Gorm Mountain zum dortigen Park- und Wohnmobilplatz, wo sie das Auto neben einem einsamen Volkswagen Multivan abstellte. Dann marschierte sie mit ihrem Rucksack noch etwa dreihundert Meter einen Pfad entlang, und hinter einer Hügelkuppe in einer etwas geschützten flachen Mulde entdeckte sie das Ferienlager.
Es war weniger primitiv, als sie es aus ihren eigenen Pfadfinderinnenzeiten kannte. Es gab hier sogar ein festes Gebäude, in dem sie die Waschräume vermutete. Wie erfreulich!
Ùna holte tief Luft und betrat das Camp. Sie steuerte auf das Haus zu und erntete dabei einige überraschte Blicke von Jugendlichen, doch niemand sprach sie an.
Ein Mann kam ihr entgegen. Er war vielleicht Mitte zwanzig und trug sein langes schwarzes Haar zum Zopf gebunden.
»Hiya!« Er blieb stehen. »Kann ich Ihnen helfen? Haben Sie sich verlaufen oder …«
»Ich bin Ùna und suche Layla Young. Ich bin die Vertretung für Katie. Und du bist …?«
»Lorenzo. Na dann, willkommen im Camp. Am besten gehst du gleich zu Sebastian, der ist hier der Chef und wird dich für deine Aufgaben einteilen.« Er deutete auf ein großes olivgrünes Tunnelzelt am Rand des Lagers. »Wir hatten dich schon früher erwartet.«
Das klang ein wenig vorwurfsvoll, und Ùna musste an sich halten, sich nicht zu rechtfertigen. »Es ist eine ziemliche Strecke von Edinburgh aus«, sagte sie nur.
Lorenzo lachte. »Was meinst du, wie weit es erst von Reading aus ist! Ich habe auf der Busfahrt gedacht, wir kommen mit unserem Flohhaufen nie hier an.«
Ùna enthielt sich eines Kommentars und sah sich suchend um. »Wo finde ich Layla?«
»Die dürfte noch in der Küche zugange sein.« Er deutete auf das Steingebäude. »Vielleicht hat sie für dich sogar vom Mittagessen was übrig. Aber du solltest echt zuerst zu Sebastian gehen.«
Ùna zögerte. »Wie ist er denn so?«
»Cool«, behauptete Lorenzo, doch er sah nicht so aus, als meinte er es auch so. »Er lässt nur eben ganz gern den Chef raushängen. Falls du hier also einen guten Start hinlegen willst …«
Ùna nickte. Es war sicher besser, sich unauffällig zu verhalten, wenn sie hier in Ruhe ihrer wahren Arbeit nachgehen wollte.
»Wir sehen uns.« Lorenzo hob die Hand zum Gruß und ging weiter, ohne sich darum zu kümmern, ob sie seinem Rat folgte.
»Bleib möglichst immer und jederzeit in deiner Rolle«, hatte Finola ihr geraten. Gut. Eine neue Betreuerin würde in der Tat zuerst den Leiter des Ferienlagers aufsuchen und nicht die Frau, die sie in Wirklichkeit als Detektivin engagiert hatte.