Maddrax 444 - Oliver Fröhlich - E-Book

Maddrax 444 E-Book

Oliver Fröhlich

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Beschreibung

Das Wetter auf Messis kann nicht nur trüb und dunkel sein! Manchmal regnet es auch wochenlang und die Landschaft versinkt im Schlamm. Unser Trio wird von so einer Sturzflut überrascht und rettet sich auf ein Hochplateau - wo sich ein alter Messisaner in einer Hütte eingerichtet hat. Er warnt sie vor blutrünstigen Kreaturen, die im Boden geschlafen haben und nun erwachen! Bald wird die Hütte von ihnen belagert, und während der langen Wachstunden beginnt der Alte zu erzählen - von seiner Heimatwelt und was die Herren damals für sein Volk taten...

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Seitenzahl: 149

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Inhalt

Cover

Impressum

Hilfreiche Links

Was bisher geschah …

Das Pulsarium

Leserseite

Cartoon

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Néstor Taylor/Bassols

Autor: Oliver Fröhlich und Madeleine Puljic

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4308-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Hilfreiche Links zu diesem Roman:

Serie

Covermaler/in

Autor/in

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ihre Achse verschiebt sich und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Staffel durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 versetzt wird. Nach dem Absturz retten ihn Barbaren, die ihn „Maddrax“ nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, auf einen von zwanzig Monden um einen Ringplaneten versetzt werden.

Auf dem Mond Terminus lässt sie ein Psi-Feld ihr früheres Leben vergessen. Unterwegs zum Turm der Initiatoren, den Herren des Systems, geraten Matt und Aruula in einem unterirdischen Kerker an das mächtige Volk der Saven und befreien sie unfreiwillig, bevor sie zum Wassermond Aquus geschickt, wo sie zusammen mit dem Dreen Mi-Ruut auf die Hydree treffen. Diese Fischwesen geben Matt und Aruula ihre Erinnerungen zurück. Sie reisen zum Mond Binaar weiter, einem Ort, an dem nur künstliche Wesen leben. Die Renegaten wollen von hier fliehen und lösen einen ganzen Stadtteil – Exxus – aus Binaar. Matt und Aruula reisen mit, aber auch ihr Erzfeind Jacob Smythe und ein Initiator in einem Avatar. Smythe erlangt die Kontrolle über den Zentralrechner und ändert den Kurs auf den Ringplaneten. Doch dann läuft alles schief: Smythe stürzt in einen Schacht, und bevor die Exxus mit dem Planetenring kollidiert, zwingt der Initiator die Menschen in ein Fluchtshuttle, das aber ins Schwerefeld des Mondes Botan gerät.

Nach dem Absturz treffen Matt und Aruula auf die Polatai: Molchwesen, die hier für die Initiatoren tätig sind. Die Natur ist krank, Faulzonen breiten sich aus! Der Geist Botans versucht Matt und Aruula zu assimilieren, was Mi-Ruut, der wieder zu ihnen stößt, verhindern kann. Sie finden Xaana in einem Kokon. Als sich die Krankheit über ganz Botan verbreitet, setzen die Initiatoren in ihrer Not die auf Terminus festsitzenden Saven ein. Plagmal und Kurzmüh heilen zwar Botan, versuchen aber den Geist zu übernehmen – was letztlich misslingt. Botan vereinnahmt die Saven und erlaubt den Gefährten die Rückkehr nach Aquus. Xaana erhält dort ihre Erinnerung zurück. Sie finden ein legendäres Beiboot der ersten Hydree, mit dem Matt, Aruula und Xaana Aquus verlassen, um die Initiatoren auf dem Mond Messis zu treffen. Dort erwartet sie eine Delegation aus drei Avataren – die aber von den Kontras von der Leitstelle getrennt werden, bevor der Kontakt zustande kommt. Dafür haben unsere Freunde jetzt ein Problem, denn die Einheimischen glauben, sie hätten die drei ermordet! Sie flüchten und suchen nach dem Transferturm des Mondes, während ein Kontra einen der „toten“ Avatare kapert und ihnen folgt, um sie über die wahren Pläne seines Volkes zu unterrichten. Doch kurz bevor er die Menschen erreicht, stoppen ihn drei Initiatoren, die körperlich nach Messis kamen und nun statt seiner die Verfolgung fortsetzen …

Das Pulsarium

von Oliver Fröhlich und Madeleine Puljic

Mynyad liebte die Einsamkeit. Anfangs gezwungenermaßen, inzwischen aber aufrichtig. Vor allem die Zeit der Roten Schnapper hatte es ihm angetan, empfand er während ihr die Abgeschiedenheit doch besonders stark. Das stetige Prasseln des Regens, das ihn durch die Träume begleitete, das Knacken der Energieentladungen, der nussige Geschmack des Schnapperfleischs – es gab nichts, was sich damit vergleichen ließ.

Er trat an den Rand der Entlegenen Zitadelle und schaute ins Tal. Unbewusst kaute er auf den getrockneten Tangblättern herum und genoss ihr bitteres Aroma. Da bemerkte er im Tal etwas, das dort nicht hätte sein dürfen. Er verhielt in der Kaubewegung. „Sind die denn wahnsinnig?“, murmelte er.

In diesem Augenblick fielen die ersten Regentropfen.

„Ein Aufzug zu den Wolken …“, sagte Aruula versonnen. „Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, wie so etwas funktionieren soll.“

„Ich auch nicht“, knurrte Matt, der dieses Gespräch nicht zum zehnten Mal innerhalb von wenigen Stunden führen wollte. „Aber wir werden es sehen, wenn wir ankommen.“

Falls wir ankommen, dachte er bei sich. Denn ihr Aufbruch aus der Kommune der Verschwörungstheoretiker lag inzwischen anderthalb Tage zurück. Seitdem stapften sie mit zunehmend schweren Beinen durch eine Gegend, die dem Wort Tristesse einige nie gekannte unschöne Nuancen verlieh.

Suchten sie etwa nach einem Hirngespinst, das genauso wenig real war wie vieles andere, an das die Leute aus Shwuub’la, dem Dorf der Erleuchteten1), geglaubt hatten?

Die hohe Luftfeuchtigkeit war Matt in die Kleider gekrochen und der Stoff klebte ihm am Leib. In der Luft lag ein muffiger Geruch wie nach verfaulenden Algen, obwohl von einem Meer weit und breit nichts zu sehen war. Und die Umgebung aus vereinzelten mannshohen Pilzen, schmutzigen Tümpeln und krank aussehenden, verkümmerten Bäumen trug auch nicht unbedingt zur Stimmungsaufhellung bei.

Das Schlimmste aber war für ihn das dauernde Dämmerlicht, das sich tagsüber durch die mondumspannende Wolkendecke zwängte. Von den seltenen Wolkenlöchern war seit geraumer Zeit keines zu sehen. Matt sehnte sich nach den wärmenden Strahlen der Sonne auf seiner Haut.

War es da ein Wunder, dass seine Laune beständig sank? Auch wenn sie nicht darüber sprachen, war er sicher, dass es Aruula und Xaana genauso erging.

Selbst der Schnurrer tappte mit gesenktem Kopf und hängendem Schwanz neben ihnen her. Hin und wieder schaute er einem Insekt nach oder grub flache Löcher in die weiche Erde, aber irgendwie wirkte er dabei phlegmatisch. Von seiner sonstigen Lebhaftigkeit schien nichts übrig zu sein.

„Ob wir noch in die richtige Richtung gehen?“, sprach Xaana den Gedanken aus, der Matt seit Stunden plagte.

Gute Frage. Hätten sie nicht längst das Tal erreichen müssen, von denen ihnen der Gardist aus Shwuub’la berichtet hatte und das auf dem Weg zu einem der Wolkenaufzüge liegen sollte? Angeblich befand sich die Station nur fünf Kilometer dahinter.

„Ich weiß es nicht!“, fauchte Matt. Eine Sekunde später sagte er in versöhnlicherem Tonfall: „Entschuldige, aber ich bin ein bisschen … na ja.“ Er räusperte sich. „Ich hoffe, die Richtung stimmt noch. Aber es ist schwer zu sagen in einer Gegend, in der man sich nicht am Stand der Sonne orientieren kann.“

Aruula und Xaana nickten, sagten aber nichts.

Nicht nur Matts Orientierungssinn litt unter den Bedingungen dieses Mondes, auch seine innere Uhr hatte ihre Verlässlichkeit eingebüßt. Kein Wunder, schließlich wurde es tagsüber nie richtig hell und die Dunkelphasen waren proportional viel kürzer. Vermutlich lag es daran, dass mehrere Monde ihren Widerschein auf Messis warfen und so den Beginn der Nacht kaschierten.

Es dauerte ungefähr zwei weitere Stunden, die sie vorwiegend schweigend nebeneinander her stapften, bis sie eine leichte Steigung erreichten. Aus dem moosigen Untergrund ragten gelegentlich Pilzkolonien, die aus fünf oder sechs kniehohen Exemplaren bestanden. Die Kappen schillerten dunkelgrün und bräunlich, von den Stämmen hingen graue Fasern herab. Die Gewächse verbreiteten einen muffigen, erdigen Geruch. Aber sie verbreiteten wenigstes keine aggressiv machenden Sporen.

Matt unterdrückte die Hoffnung, dass sie das Tal ausgerechnet hinter dieser Steigung finden würden. Wie viele Hügel hatten sie in den letzten Tagen erklommen, wie viele Pilzwälder umrundet? Und wie oft hatten sie gehofft, dahinter endlich auf das Tal zu stoßen, um dann doch nur wieder enttäuscht zu werden?

Bei jedem Schritt den Hang hinauf schmatzte der Boden unter ihren Füßen und behinderte ihr Vorankommen. So dauerte es gewiss eine Viertelstunde, bis sie den Hügelkamm erreichten …

… und in den gewaltigen Kessel starrten, der auf der anderen Seite lag.

„Wir haben es geschafft!“, stieß Aruula hervor. Ein breites Grinsen legte sich auf ihr Gesicht.

„Endlich.“ Xaana reckte triumphierend die Faust in die Luft und lachte.

Nur kurz überlegte Matt, ob er die beiden darauf hinweisen sollte, dass ihnen immer noch ein gutes Stück des Weges bevorstand. Er entschied sich dagegen. Er wollte ihnen das plötzliche Stimmungshoch nicht verderben.

Das Tal bot einen beeindruckenden und zugleich trostlosen Anblick. Mindestens fünf Kilometer im Durchmesser und gute zweihundert Meter tief, ohne erkennbare Vegetation oder darin lebende Tiere. Nichts weiter als ein gewaltiges lehmiges Loch mit gleichmäßigen, flach nach unten führenden Wänden.

Matt vermutete, dass hier vor Jahrtausenden ein Komet eingeschlagen war. Natürlich hielt das Tal keinem Vergleich zu dem gigantischen Kratersee stand, den der Wandler bei seinem Impakt auf der Erde hinterlassen hatte, aber immerhin war es größer als der Barringer-Krater in der Wüste von Arizona, den er vor Jahren mit seinen Eltern besucht hatte.

Vor sehr, sehr vielen Jahren. In einem anderen Leben, auf einem anderen Planeten.

Erstaunlich, wie schwermütig ihn die Erinnerung an eine längst vergangene, glückliche Jugendzeit machte.

Er atmete tief durch und zwang sich in die Gegenwart zurück.

Aruula streckte die Hand aus und deutete nach unten. „Was ist das?“

Mit seinen verbesserten Augen erkannte Matt sofort, was sie meinte. Im Zentrum des Tals ragte eine etwa dreißig Meter hohe Felsnadel auf, eine Säule mit steil abfallenden Wänden. Auf dem Plateau stand … eine Hütte? Soweit er das beurteilen konnte, wirkte sie baufällig und verlassen.

Allerdings irritierte ihn die Hütte weniger als die Felsnadel selbst. Er wusste zwar, dass es in größeren Kratern häufiger einen Zentralberg gab, der, wenn er sich nicht irrte, nach dem Einschlag durch das Zurückfedern des Bodens entstand. Dass es zur Ausbildung von Felsnadeln kommen konnte, war ihm jedoch neu. Andererseits verließ er sich dabei auf eine gehörige Portion Halbwissen – und das bezog sich auf die Erde, nicht auf einen Mond, der in einer ihm unbekannten Galaxis um einen gewaltigen Ringplaneten kreiste.

Außerdem handelte es sich vielleicht gar nicht um einen Einschlagskrater, sodass sämtliche Überlegungen über die Entstehung einer Felsnadel ohnehin müßig waren.

Matt schilderte den Frauen seine Beobachtung. „Und nun?“, fragte er dann. „Legen wir eine Rast ein?“

„Aber nur eine kurze“, sagte Xaana. „Ich möchte nicht das Gefühl bekommen, unnötig Zeit zu verlieren. Schlimm genug, dass wir das Tal umrunden müssen.“

„Hat dieser Gardist eigentlich gesagt, warum wir um das Tal herumgehen sollen?“, fragte Aruula.

„Nein“, antwortete Matt. „Oder doch … Sagte er nicht etwas von ‚Regenzeit‘?“ Er blickte zu den Wolken hoch, die aussahen wie immer. „Es sieht aber nicht nach Regen aus.“

Aruula zuckte mit den Schultern. „Dann sollten wir … Schnurrer!“

Das Tier hatte plötzlich seine Lethargie verloren und flitzte die Schräge hinab. Er lief Zickzack, schnüffelte da an einem Pilz, schnupperte dort an einem kargen Strauch, rannte weiter.

Matt grinste. „Sieht so aus, als hätte sich unser kleiner Freund entschieden, den kürzeren Weg zu nehmen. Vertrauen wir auf seinen Instinkt?“ Er kniff die Augen zusammen und inspizierte die Gegend genauer. „Ich kann keine Gefahren erkennen. Keine Tiere und nur spärlichen Pflanzenwuchs.“

„Als ob man sich darauf verlassen könnte“, wandte Xaana ein.

Matt zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen können wir auch den langen Weg gehen.“

„Und Schnurrer sich selbst überlassen? Kommt nicht in Frage!“ Aruula stapfte entschlossen ihrem davonflitzenden Wegbegleiter nach. Matt und Xaana grinsten einander schief an und folgten ihr.

Der Untergrund erwies sich als matschig, aber fest genug, um darauf zu laufen. Kurz bevor sie den Grund des Tals erreichten, bemerkte Matt fingerdicke und -lange rote Strünke, die vereinzelt aus dem Boden ragten wie blatt- und blütenlose Blumenstängel. Der Schnurrer sah darin offenbar eine Leckerei und versuchte einen der Pflanzenstiele aus dem Matsch zu ziehen, doch die Wurzeln schienen zu fest im Boden verankert.

Er probierte es bei einem zweiten, einem dritten, doch als sich auch der vierte Stiel nicht hervorzerren ließ, gab er auf.

Obwohl die Umgebung innerhalb des Tals eher noch trister wirkte, verbesserte sich Matts Stimmung ein wenig. Das ständige Schmatzen und Quatschen ihrer Füße im Matsch konnte einem zwar auf die Nerven gehen, aber immerhin waren sie auf dem richtigen Weg.

„Während meiner damaligen Stationierung in Deutschland habe ich Leute kennengelernt, die von stundenlangen Wattwanderungen schwärmten“, sagte er. „Ich glaube, auf diesem Mond würden sie in Verzückung geraten.“

Aruula und Xaana schauten ihn verständnislos an.

„Vergesst es. Nicht so wich-“

Er unterbrach sich mitten im Wort, als ein Tropfen seine Hand traf. Dann noch einer. Es folgten ein dritter und vierter, und schließlich platschten sie in so schneller Folge auf ihn ein, dass er mit dem Zählen nicht mehr nachkam.

Na prima. Ich hätte das Wort „Regenzeit“ nicht erwähnen sollen, dachte er verdrossen. Und es gab weit und breit keine Möglichkeit, sich unterzustellen. Der Hauch von guter Stimmung verflog. Oder nein: Er ertrank in dem gewaltigen Guss, zu dem sich der Niederschlag innerhalb weniger Minuten auswuchs.

„Immerhin wird mal wieder der Dreck aus unseren Klamotten gespült!“, versuchte Xaana dem ganzen einen positiven Aspekt abzugewinnen. Ihre Stimme war über das Prasseln hinweg kaum zu verstehen. Mit eingezogenem Kopf stapfte sie durch den zunehmend tiefer werdenden Matsch.

Matt bewunderte sie für ihre positive Sichtweise. Er versuchte ihr nachzueifern: „Hey, wir befinden uns auf einem fremden Mond, da müssen wir dankbar sein, dass es keine Säure regnet. Es hätte schlimmer kommen können.“

Auch das hätte er nicht sagen sollen. Denn gleich darauf kam es schlimmer.

Der Regen spülte den Matsch von den Hängen nach und nach ins Tal – und legte frei, was sich darunter verborgen hatte.

„Was bei Wudan ist das?“ Aruula zog ihren Säbel.

Aus dem immer weicher werdenden Untergrund erhoben sich Gestalten, wie sie Matt noch nie gesehen hatte. Die roten Stängel, die er für Pflanzenstiele gehalten hatte, entpuppten sich als die obersten Spitzen – vermutlich Atmungsorgane – von Tieren, die sich in den Untergrund eingegraben hatten und nun freikamen: feuerrote, hummerähnliche, anderthalb Meter lange und kniehohe Kreaturen mit peitschenden Schwänzen, zwei scharf aussehenden Scheren und von Tentakeln überwucherten Mäulern.

Die Ruhephase in der Erde musste sie hungrig gemacht haben, denn manche fielen übereinander her, schlugen ihre Zähne ineinander, knackten Panzer auf, rissen Fleischbrocken heraus. Die Kreaturen wirkten träge; selbst ihre Kämpfe muteten zeitlupenhaft an. Doch Matt war sich sicher, dass es nicht lange so bleiben würde.

Er zog die Laserpistole. Auch Xaana hielt inzwischen ihr Kurzschwert in der Hand.

„Wir müssen raus aus dem Tal!“, rief Matt den anderen zu. Er drehte sich um – und sah Dutzende der Hummerdinger, die sich hinter ihnen aus dem Matsch gegraben hatten. Verdammt! Wären sie doch nur etwas später beim Tal angekommen, dann hätten sie die Gefahr rechtzeitig erkannt. So aber …

„Los! Es ist nur ein Kilometer. Wenn wir uns beeilen, können wir ihre Reihen durchbrechen.“ Nur, dass er selbst nicht daran glaubte.

Auf dem Boden stand inzwischen ein fingerbreiter Wasserfilm. Der Regen fiel in solchen Mengen, dass der Untergrund ihn nicht mehr aufnehmen konnte.

Zwei Meter vor Matt spritzte eine Fontäne aus Matsch und Wasser auf. Das Vieh, das gleichzeitig an die Oberfläche kam, sah sich für einen Augenblick um, wahrscheinlich auf der Suche nach Futter. Mit klappernden Scheren drehte es sich einmal im Kreis – und entdeckte Matt.

Vermutlich sah es in ihm eine lohnende und einfache, weil ungepanzerte Beute. Mit seinen zehn kurzen Beinen trippelte es auf ihn zu. Die Tentakel vor dem Maul wippten auf und ab. Oder sie vibrierten vor Erregung.

Matt trat einen Schritt zurück, richtete die Laserpistole auf die Kreatur und drückte ab. Eine Dampfwolke stieg vom nassen Panzer des Viehs auf, ein schwarzer Fleck entstand in dem leuchtenden Rot, doch mehr geschah nicht.

„Verdammt!“ Er sprang einen weiteren Schritt nach hinten und zielte erneut. Diesmal auf die Maultentakel.

Das Monstrum schrie. Ein durch Mark und Bein gehendes Geräusch wie von mehreren schrillen Stimmen, die sich dissonant überlagerten. Die fleischigen Stränge krümmten sich zusammen wie verkohlte Haare. Und dennoch war das Vieh nicht bereit, zu sterben. Im Gegenteil. Als hätte Matt es mit seiner Attacke erst vollständig geweckt, schoss es auf ihn zu, getrieben von Hunger und Schmerz.

Von der Seite sauste ein schwarzer Schatten heran. Xaanas Chitinschwert hackte herab, durchschlug den Panzer und bohrte sich in das Hummerding.

„Danke!“, rief Matt über das Tosen des Regens hinweg.

Seine Tochter nickte und zeigte mit der Waffe auf die Kreaturen zwischen ihnen und dem Talrand. Offenbar hatte sie der Schrei ihres Artgenossen auf die frische Beute aufmerksam gemacht, denn sie hatten die Kämpfe untereinander eingestellt und schoben sich stattdessen langsam auf die schmackhaften Weichfleischträger zu.

„Dort vorn ist eine Lücke!“, rief Matt.

„Zu weit!“

„Kürzer, als den Weg fortzusetzen.“

Er schaute zu Aruula. In einer Hand hielt sie den Säbel, mit der anderen hatte sie Schnurrer aus dem inzwischen knöchelhohen Wasser aufgenommen und versuchte nun, ihn zu bändigen. Was sich als mühsam erwies. Während sie mit der Waffe nach einer Hummerkreatur stocherte, gebärdete sich das katzenartige Tier wie toll. Es fauchte und wand sich. Das Fell war gesträubt, der Schwanz erinnerte an eine Flaschenbürste.

„Halt still!“, schrie sie, doch der panische Schnurrer war nicht zu beruhigen. Er strampelte sich los und sprang ins Wasser.

„Aruula!“, rief Matt ihr zu. „Wir müssen weg hier!“

Entweder verstand sie ihn über das Regentosen hinweg nicht – oder sie wollte ihn nicht hören. Von der störrischen Last befreit, ließ sie den Säbel auf den Angreifer niedersausen, kappte eine der Scheren, stach erneut zu und bohrte die Spitze in den Panzer. Die Kreatur kreischte auf dissonante Hummerart und verstummte. Aruula stellte einen Fuß auf den nun leblosen Leib, um die Klinge herauszuziehen.

In diesem Moment tauchte ein weiterer Hummer auf, schnappte sich mit einer Schere den Schnurrer und trippelte davon.

Matt wusste nicht, was ihn mehr entsetzen sollte: dass das Vieh wesentlich flinker vorgegangen war als seine Artgenossen, oder dass es mit dem strampelnden Schnurrer ins Tal hinein lief? Oder dass Aruula der Kreatur nachrannte, ohne auf seine Rufe zu achten?

„Nicht! Das hat keinen Sinn!“

„Ihr nach!“ Xaana lief los.