Maddrax 472 - Oliver Fröhlich - E-Book

Maddrax 472 E-Book

Oliver Fröhlich

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Als der Blitz aus der Transportplattform in den Sprungfeld-Generator einschlägt, hat dies einen dramatischen Effekt: Die vier Gefährten werden versetzt, aber nicht an denselben Ort und mit gravierenden Gedächtnislücken. Als Matthew Drax erwacht, findet er sich mitten in einem Hurrikan wieder - an einem Ort, von dem eine Gruppe Rev'rends aufbrach, um das Böse und seinen Handlanger auf Erden, der die Menschen in die Hölle entführen will, zu richten. Dass dieser "Handlanger" zu ihnen kommt, damit hätten sie wohl nicht gerechnet. Matt aber auch nicht...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 147

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Im Auge des Orkans

Leserseite

Cartoon

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Koveck und Néstor Taylor, Agentur Ortega

Autor: Oliver Fröhlich

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5949-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, die Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch entführen, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. So geraten auch Matthew Drax, Aruula und Matts Tochter Xaana in das fremde Sonnensystem, stoßen jedoch durch die Einmischung der Kontras auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Man will einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umsiedeln, um deren Gehirne für eine Art Superrechner zu nutzen, und macht sich deren Notlage zu Nutze. Die Gefährten werden ihrer Erinnerungen beraubt; so helfen sie in gutem Glauben den Initiatoren.

Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde, um Peilsender an hochstehende Zivilisationen zu verteilen, damit sie später geortet und evakuiert werden können. Begleitet von Xij, der Mutter Xaanas, und deren Mann Tom Ericson macht sich Matt mit dem Amphibienpanzer PROTO auf den Weg und trifft dabei auf die Kolonie Colonel Kormaks, erkennt aber dessen Machtgier und überlässt ihm keinen der Peilsender. Darum überfällt Kormak die benachbarte Community und eignet sich deren Sender an.

Aus Agartha stoßen die Daa’muren Grao und Ira zu den Gefährten. Als sie von einem Dorf mit überlebenden Artgenossen in Indien erfahren, wollen sie es ausfindig machen. Matt überlässt ihnen PROTO und springt mit Hordelab und den anderen via Sprungfeldgenerator nach Meeraka. In Agartha wird derweil nach den Plänen der Initiatoren eine Transportplattform fertiggestellt, mit der Hordelab das Wurmloch bändigen und an jeden beliebigen Ort der Erde versetzen soll, um die Enklaven „einzusammeln“.

Grao und Ira haben unterdessen das Dorf gefunden, doch die Daa’muren dort führen Krieg gegen die Menschen! Erst kommt es zum Bruch zwischen Grao und Ira, doch im letzten Moment entscheidet Grao sich für die Menschen und hilft, ein bedrohtes Dorf mit dem Wurmloch nach Novis zu evakuieren.

Weitere Missionen folgen, alles läuft – aus Sicht der Initiatoren – gut. Dann jedoch erfahren die Rev’rends von der Evakuierung, und die fanatischen Gotteskrieger sind überzeugt davon, dass Satan seine Hand im Spiel hat. Sie zerstören die Transportplattform und verursachen eine Entladung, die die vier Gefährten – Matt, Xij, Tom und Hordelab – mit Erinnerungslücken an verschiedene Ort versetzt …

Im Auge des Orkans

von Oliver Fröhlich

Die Welt bestand aus Rauschen und Grollen. Um ihn herum, in ihm, überall. Sekundenlang gab er sich dem Trost der Empfindungslosigkeit hin, dieser angenehm schweren Leere. Doch dann kam der Schmerz – und mit ihm eine Frage: Was ist geschehen?

Ein rhythmisches Pochen dröhnte ihm durch den Kopf, als brandeten die Wellen eines tosenden Ozeans von innen gegen den Schädelknochen. Ungezählte Nadeln stachen in jeden Quadratmillimeter seiner Haut, malträtierten sie und ließen sie brennen. Muskeln verkrampften sich und entspannten wieder.

So unvermittelt, wie der Schmerz über ihn gekommen war, erlosch er. Das Rauschen in ihm verstummte. Das um ihn herum jedoch blieb.

Er schmeckte Dreck. Zwischen den Zähnen knirschte es.

Endlich bekam er seinen Körper einigermaßen unter Kontrolle und öffnete die Augen. Was, um Himmels willen, ist geschehen? Was er sah, trug nur unwesentlich zur Beantwortung der Frage bei.

Er lag im Gras, mit dem Gesicht auf nasser Erde. Sein Blick reichte bis zu einem geborstenen hölzernen Wagenrad.

Mit einem Ächzen stemmte er sich hoch, spuckte aus, schaute sich um und fand sich im Chaos. Zersplitterte Holzbalken, schartige Wellblechplatten, die Überreste des zum Rad gehörenden Wagens und von den Bäumen gefetzte Äste vereinten sich zu einem Mosaik der Zerstörung. Er sah abgedeckte Häuser, weitere Gebäude, von denen nur noch eine Wand stand, und verstreute Ziegelsteine. An einem auf halber Höhe abgeknickten Baumstamm lehnte eine metallene Badewanne, aus der ein Stück des Abflussrohrs wie ein mahnender Finger ragte. In einer Pfütze lag eine Babypuppe mit nur einem Auge.

Das Szenario erinnerte ihn an eine Ortschaft, über die ein Hurrikan gefegt war. Und tatsächlich, in einigen Kilometern Entfernung, hinter den Silhouetten besser erhaltener oder gar unbeschädigter Gebäude, erhob sich eine gewaltige Wand aus Wolken, Regenschleiern und aufgeschleudertem Staub. Blitze zuckten darin. Aus dem Unwetterwall quoll ihm die allgegenwärtige Geräuschkulisse aus Rauschen und Grollen entgegen.

Die Luft roch feucht und sauber.

Wenn er sich doch nur erinnern könnte, was geschehen war.

Wie wäre es mit folgender Hypothese?, fragte er sich. Du bist in den Hurrikan geraten, es hat dich am Kopf erwischt, und dadurch hast du das Bewusstsein und die Erinnerung verloren.

Denkbar. Allerdings waren da keine Wunden, als er seinen Kopf abtastete. Und seit der Schmerz nach dem Erwachen abgeklungen war, tat ihm auch nichts mehr weh. Außerdem fühlte sich die Theorie irgendwie … falsch an.

Den bedrohlichsten Fehler in seinen Überlegungen erkannte er, als er dem Verlauf der Gewitterfront mit dem Blick folgte und feststellte, dass … sie ihn vollständig umgab! Und die Wand aus zerstörerischen Kräften und umherwirbelnden Trümmern war hinter ihm viel näher als vor ihm. Höchstens einen Kilometer entfernt.

Die Erkenntnis raubte ihm für einen Augenblick den Atem. Er befand sich im Auge eines Hurrikans!

Gelähmt vor Schrecken starrte er sekundenlang auf die heranwirbelnde Sturmwand. An ihrem Rand, gerade noch für ihn erkennbar, sah er ein gewaltiges Metallkreuz, in das unentwegt Blitze einschlugen. Fünfzehn Meter hoch, mindestens. Nur Momente später erreichte das Wetterchaos die Konstruktion und entriss sie seinen Blicken.

Renn!

Als hätte es dieser inneren Stimme bedurft, warf er sich herum und hastete los. Egal, wohin. Nur weg von der Sturmwand.

Er sprang über einen zerschmetterten Schrank, umkreiste den toten Körper eines Wakudas und lief, so schnell er konnte. Doch war er auch schnell genug? Mit welcher Geschwindigkeit bewegte sich ein Hurrikan überhaupt voran? Dumpf glaubte er sich zu erinnern, irgendwo gelesen zu haben, dass der Wind im Inneren zweihundertfünfzig Stundenkilometer und mehr erreichen konnte, dass die Zuggeschwindigkeit aber deutlich darunter lag. Schneller jedoch, als ein Mensch rennen konnte.

Obwohl der Instinkt ihn dazu verleitet hatte, begriff er, dass eine Flucht aussichtslos war. Er sah über die Schulter zurück. Die Wand aus Luft und Tod war erkennbar näher gekommen. In einer Minute, höchstens zwei würde sie ihn erreichen.

Hektisch schaute er sich nach einem Unterschlupf um. Einem Gebäude, das dem Sturm trotzte. Oder einer Senke, über die der Hurrikan hinwegziehen konnte.

Nicht weit entfernt stand ein gemauerter Kamin. Die Reste des Hauses, das ihn einst umgeben hatte, waren mehr zu erahnen als zu sehen.

Nein, keine gute Idee. Das Ziegelwerk mochte dem ersten Ansturm widerstanden haben, aber dem zweiten würde es …

Da fiel sein Blick auf ein zerstörtes Farmhaus. Die Wände ragten wie ein lückenhaftes Gebiss in die Höhe und boten sicherlich keinen Schutz, aber am Fuß der am besten erhaltenen Seite lag nur knapp über Bodenniveau der schräge, doppelflügelige Außenzugang zu einem Sturmkeller.

Und direkt daneben kniete ein vielleicht zehnjähriges Kind und rüttelte panisch an den Griffen.

Was zum …?

Er schob die Unwirklichkeit des Anblicks beiseite und rannte zu dem Haus. Eine Böe ließ ihn taumeln, kurz bevor er den Kellerzugang erreichte.

Der Hurrikan war da!

„Lass mich mal!“, brüllte er über das zunehmende Tosen hinweg.

Als das Kind – ein Junge, wie er nun erkannte – seine Stimme hörte, zuckte es zusammen und wich mit ängstlicher Miene einen Schritt zurück.

Er packte es am Handgelenk und zog es zu sich heran. „Bleib hier!“

Widerwillig folgte der Kleine. Der Wind zerzauste sein Haar und prügelte ihm die knielange Hose und das T-Shirt um den viel zu dünn wirkenden Körper.

Er beugte sich über die Lukentüren und wollte einen der beiden Griffe packen, da fiel ihm die schwere Kette auf, die mehrfach darum gewickelt und mit einem Vorhängeschloss gesichert war.

„Verfluchter Mist!“, entfuhr es ihm.

Instinktiv, ohne vorher zu wissen, was er dort finden würde, fasste er zur Hüfte und löste die Pistole von der Holsterschale. Sie hat einen Laseraufsatz!, erinnerte er sich. Woher das Wissen kam, wusste er nicht; es war plötzlich einfach da.

Aus dem Augenwinkel sah er etwas auf sich zurasen. Er duckte sich. Ein heranwirbelnder Ast wischte ihm mit den Zweigen über den Kopf, pflügte ihm durchs Haar und war nur einen Augenblick später verschwunden.

„Teufel, das war knapp!“ Es fiel ihm zunehmend schwerer, das Gleichgewicht zu halten. Der Junge hockte zusammengekauert neben ihm.

Hastig durchschnitt er mit dem Laser den Bügel des Vorhängeschlosses und befreite die Lukengriffe von der Kette. Er steckte die Pistole zurück, hielt die Kette in der linken Hand, um damit später den Einstieg von unten zu sichern, und zog mit der Rechten einen der Flügel auf.

Da riss ihm der Wind die Tür aus den Fingern. Sie prallte ihm gegen die andere Hand. Fluchend vor Schmerz ließ er die Kette los.

Dann eben nicht.

„Rein da!“, rief er dem Jungen zu, und als der nicht reagierte: „Verdammt, mach schon!“

Aus unbegreiflichen Gründen zögerte der Bursche immer noch. Angsterfüllt flackerte sein Blick zwischen dem Erwachsenen und der in die Tiefe führenden Treppe hin und her. Fürchtete er sich etwa vor der Dunkelheit dort unten? Aber er hatte doch gerade noch selbst versucht, hier Deckung zu finden.

„Los! Wir haben keine Zeit mehr!“

Um dem Kind zu zeigen, dass er ihm nur helfen wollte, ging er einige Stufen hinab, blieb stehen, drehte sich zu dem Kleinen um und streckte ihm die Hand entgegen. „Greif zu!“

In diesem Augenblick erreichte sie die Sturmwand – mit einer Gewalt, die den bisherigen Wind als laues Lüftchen erscheinen ließ.

Instinktiv hielt er sich an einer Strebe unter der Luke fest. Seine andere Hand zuckte vor und packte den Jungen am Handgelenk. Keine Sekunde zu früh, denn plötzlich erfasste die Urgewalt den Kleinen. Die mageren Beine hoben vom Boden ab, die Angst in der Miene des Kindes verwandelte sich in Panik.

In seinem unersättlichen Hunger wollte der Hurrikan den Knaben mit sich reißen, doch er ließ ihn nicht los. Mit aller Kraft klammerte er sich an die Strebe, bis seine Finger schmerzten, verstärkte den Druck um das Handgelenk des Kleinen – und zog ihn Zentimeter für Zentimeter zu sich heran.

Die Muskeln drohten ihm zu reißen, und bald glaubte er, es nicht zu schaffen – doch da ließ der Wind nach. Für einen Sekundenbruchteil nur, aber das genügte.

Mit einem Ruck flog der Junge auf ihn zu, landete in seinen Armen, und eng umschlungen purzelten sie die Stufen hinunter. Glücklicherweise war die Treppe kurz; so blieben ihnen schlimmere Verletzungen als ein paar Abschürfungen und blaue Flecken erspart.

Er rappelte sich auf und sah das verängstigte Kind an. „Alles klar, Kleiner?“

Der nickte stumm. Tränen liefen ihm über die Wangen.

Über ihnen ertönte ein gewaltiges Splittern, als sich der um sein Opfer betrogene Sturm stattdessen die Klapptüren holte.

Die Deckenbalken des Kellers knirschten und ächzten. Gelegentlich rieselte Erde auf sie herab. Doch so wütend der Hurrikan auch an dem Haus rüttelte, er konnte der Konstruktion nichts anhaben.

Noch immer wirkte der Junge wie ein Häufchen Elend und zitterte am ganzen Leib.

„Bleib in meiner Nähe“, er zu dem Kind. „Dann wird dir nichts geschehen. Da draußen tobt die Hölle. Wie heißt du?“

Der Bursche schaute zu Boden und scharrte mit einem Fuß hin und her, als müsste er überlegen, ob er eine Antwort geben sollte. „Isaag“, rang er sich schließlich dazu durch. Nach einem Augenblick der Stille fügte er hinzu: „Und du?“

„Maddrax“, antwortete er, ohne nachzudenken. Da erst wurde ihm bewusst, dass er sich bis eben nicht einmal daran erinnert hatte, wie er hieß. „Maddrax“, wiederholte er, als wollte er den Klang dieses eigenartigen Wortes auf der Zunge schmecken. Er spürte, dass seine Antwort nicht exakt stimmte, aber nahe genug bei der Wahrheit lag.

„Und woher kommst du?“, fragte der Junge zögerlich.

Plötzlich fühlte er sich verunsichert. Was ist geschehen?, hallte es ihm wieder durch den Kopf.

Er sagte, was ihm als Erstes einfiel: „Aus der …“ Vergangenheit, hatte er antworten wollen, sprach es aber nicht aus, weil es zu albern klang. Stattdessen beendete er den Satz mit: „… aus einer anderen Welt.“ Auch nicht besser. Und dennoch hörte es sich irgendwie richtig an.

Der Hauch einer Erinnerung zupfte an seinem Bewusstsein, und gerne wäre Maddrax dieser Spur gefolgt, hätte tiefer gegraben und gesehen, wohin es ihn führte, doch er fürchtete, Isaag mit seiner Unsicherheit noch mehr zu ängstigen. Bereits jetzt sah er, wie verwirrt der Junge war.

Nein, für die Erforschung seines Gedächtnisses blieb später genug Zeit. Maddrax zwang sich zu einem Lächeln. „Das ist schwer zu erklären.“ Zumal ich es selbst nicht besser weiß.

Er blickte nach oben, durch die aufgerissene Kellertür. Wie lange würde es wohl dauern, bis der Hurrikan über sie hinweggezogen war? Wie lange, bis er herausfand, an welchen Ort es ihn verschlagen hatte? Und vor allem: wie?

Wer sagt, dass es dich hierher verschlagen hat? Vielleicht lebst du schon immer hier.

Nein, dann hätte ihn Isaag kaum nach seinem Namen gefragt.

Er wollte sich gerade bei dem Jungen erkundigen, wie dieser Ort hieß, da fiel ihm etwas auf. Über ihm, am Himmel.

Die Struktur der Wolken sah merkwürdig aus, ohne dass er es im Augenblick besser zu benennen wusste. Er kniff die Augen zusammen und wunderte sich, wie scharf sein Blick war. Dann erkannte er es:

Die Wolken bildeten keine chaotische, wild wirbelnde Masse mehr, sondern zogen sich zu wulstigen Striemen zusammen, die eng an eng nebeneinanderlagen und alle in eine gemeinsame Richtung zogen. Es wirkte auf Maddrax, als hätte jemand einen gewaltigen Dunstabzug im Himmel eingeschaltet, der für einen Druckausgleich der Luftmassen sorgte und den Hurrikan langsam in sich aufsog. Was für ein irrsinniger Gedanke.

„Was zum Teufel geht da vor?“, raunte er.

Er drehte sich zu Isaag um, kam jedoch nicht mehr dazu, die Bewegung zu vollenden. Nur die Augen konnte er noch aufreißen, als das Vierkantholz, das der Junge schwang, auf ihn zuraste. Noch ehe er schützend die Arme hochreißen konnte, traf ihn das Holz an der Schläfe und schickte ihn in die dunklen Tiefen der Bewusstlosigkeit.

Zusammenhanglos tröpfelten Bilder in seine Ohnmacht.

Eine wunderschöne Frau mit langen schwarzen Haaren und auf den nackten Körper gezeichneten Linien,

– ein riesiger Gesteinsbrocken, der durchs All rast,

– die Gesichter von Menschen und anderen Wesen,

– die dazu passenden Namen: Aruula, Xij, Tom, Xaana, Smythe, Mr. Black, Hordelab,

– ein Planet, den ein Ring und etliche Monde umgeben.

Die Bilder umtanzten einander, fügten sich zu kleinen Sequenzen zusammen, sprengten wieder auf und formten erneut Szenen aus der Vergangenheit. Kurzzeitig vergessene Gedächtnisinhalte erwachten zu neuem Leben und bildeten das Cockpit eines Düsenjets nach.

Es herrschte Stille unter Matts Helm. Die rote Glutkuppel, die „Christopher-Floyd“ vor sich herschob, blähte sich zu einer gewaltigen Kugel auf. Dumpfes Rauschen schwoll zu brüllendem Tosen an. Ein strahlendes Orangerot flutete den Himmel und spannte sich von Horizont zu Horizont.

Matt rang nach Luft – sein Herz trommelte ihm gegen Brustbein und Rippen, als würde es verzweifelt nach einem Ausgang suchen.

Stimmen im Kopfhörer durchbrachen die Stille.

„O Gott …“

„Warum, verdammt?“

„Vater unser, der du bist im Himmel …“

Nach und nach wurden sie schwächer. Stattdessen quälte unerträgliches Knistern Matts Trommelfelle.

Seine Hände an der Steuersäule zitterten vor Angst. Aber es war nicht nur die Angst: Der Steuerknüppel wackelte, die ganze Maschine vibrierte. Wie heller Glockenschlag dröhnte plötzlich der Rumpf.

Einer abstürzenden Sonne gleich fauchte der Komet durch die Atmosphäre. Immer noch hoch über der Jet-Staffel fiel er der Erde entgegen, ein unermesslicher roter Feuerball, dessen Kern weiß loderte.

Dann sah Matt, dass die orange glühende Wolkendecke unter ihm aufriss. Nach allen Himmelsrichtungen fegten die Wolken davon, wie von unsichtbarer Hand weggewischt.

Durch die Wolkenlücke sprudelten weitere Erinnerungen hervor. Auch sie blieben zunächst zusammenhanglos, doch allmählich setzten sie sich zu einem Bewusstseinsmosaik zusammen, zu einem Teppich aus Erlebnissen und Erfahrungen, die ihn, Matthew Drax, ausmachten.

Er sah sich auf dem Mars.

Blicklos ging er an dem Hochgeschwindigkeitszug vorbei, vor dessen Eingang zwei Männer standen. Matt kümmerte sich nicht um sie. Zu sehr zog ihn das in seinen Bann, was jenseits des Zuges lag.

Der Tunnel weitete sich in einen größeren Raum. Nein, der Begriff traf es nur unzureichend. Eher war es eine Vorhalle für das, was sich dahinter anschloss: eine riesige halbkreisförmige Kuppel. Im Zentrum dieses Doms lag ein gigantischer schwarzer Kristall, der seine Spitze Matt bedrohlich entgegenreckte. Eine Vielzahl kleinerer Bruchstücke und Splitter umgab das Monstrum. Unzählige Strahler fluteten die Höhle mit bläulich weißem Licht.

Erst bei genauerem Hinsehen erkannte Matt die Energieblase. An verschiedenen Stellen glitzerte ihre Hülle wie eine Seifenblase.

Und jedes Glitzern zeigte weitere Details aus seinem Leben.

Abenteuer auf dem Erdmond, Abenteuer in einem Raum jenseits der Zeit, Kämpfe gegen Daa’muren, Taratzen und schlichte menschliche Schurken.

Und dann der Augenblick, der alles veränderte: die Reise durch ein Wurmloch in ein fremdes Sonnensystem.

Er und Aruula waren in einer Bodensenke gelandet. Aus dem rostroten Boden wuchsen schilfartige Grasbüschel, die träge hin und her wogten, obwohl kein spürbarer Wind wehte.

Wind? War das nicht etwas, das ihn an seine momentane Situation erinnern sollte? Doch der Traum – die Erinnerung – begrub den Gedanken und trug Matt mit sich.