Maddrax 491 - Oliver Fröhlich - E-Book

Maddrax 491 E-Book

Oliver Fröhlich

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Beschreibung

Um die Menschen auf Novis vor der drohenden Gehirnernte zu bewahren, reisen die Gefährten mit einem Sprungfeld-Generator zum Hort des Wissens. Dort erfahren sie von Quart'ol und Starnpazz, dass man bereits Kontakt zu den Hydriten hatte, diese sich aber abschotten. Nun versuchen es Matt und Quart'ol noch einmal, um die Hydriten zur Herausgabe ihrer Klon-Technik zu bewegen. Außerdem muss auf der Erde die Schüssel eines großen Radioteleskops instandgesetzt werden, das die Pancinowa benötigen, um ihre Wurmloch-Technologie auf Mondgröße zu potenzieren. Nun heißt es Hand in Hand zu arbeiten, denn die Zeit läuft ihnen davon...

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Seitenzahl: 144

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Hand in Hand

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Koveck und Néstor Taylor, Agentur Ortega

Autor: Oliver Fröhlich

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7275-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, die verschiedene Spezies durch das Wurmloch entführen, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. So geraten auch Matthew, Aruula und Matts Tochter Xaana in das fremde Sonnensystem, stoßen jedoch durch die Einmischung der Kontras auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Man will einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umsiedeln, um deren Gehirne für eine Art Superrechner zu nutzen! Doch die Gefährten werden ihrer Erinnerungen beraubt; so helfen sie in gutem Glauben den Initiatoren.

Matt und der Initiator Hordelab reisen zur Erde, um hochstehende Zivilisationen zur Evakuierung zu finden. Begleitet von Xij, der Mutter Xaanas, und deren Mann Tom Ericson besuchen sie auch die Kolonie Colonel Kormaks, erkennen aber dessen Machtgier und verweigern ihm die Hilfe.

In Agartha wurde nach den Plänen der Initiatoren eine Transportplattform gebaut, mit der Hordelab das Wurmloch an jeden Ort der Erde versetzen kann. Die Evakuierung beginnt. Dann jedoch zerstören fanatische Rev’rends die Plattform. Dabei gerät das Wurmloch außer Kontrolle; Hordelab wird ohne Erinnerung von den anderen getrennt. Die durchqueren das Wurmloch mit einem Gleiter und erfahren auf Novis, dass die Offerte der Initiatoren eine Falle ist. Sie suchen Hilfe bei den Kontras und bauen gleichzeitig den Widerstand gegen Colonel Kormak auf, dem die Flucht nach Novis gelungen ist.

Matts erfährt die Geschichte der Initiatoren: Einst kristallisierte ihr Planet Kasyn und zwang sie, auf einen der Monde umzuziehen. Um sich vor der Kristallstrahlung zu schützen, entwarfen sie einen mit lebenden Gehirnen betriebenen Mentalschild. Und es gibt eine Möglichkeit, die Erde zu retten! Dazu muss Matt Kontakt mit den Pancinowa aufnehmen. Zusammen mit der Kontra Scyprana wagen er und Aruula die Reise durch das Wurmloch. Auf Cancriss trägt Matt seine Bitte vor – der unter einer Bedingung entsprochen wird: Die Pancinowa wollen Aruulas Lauschsinn erforschen. Sie willigt ein, dort zu bleiben.

Zusammen mit Scyprana und drei Pancs macht sich Matt auf die Rückreise zur Erde … wo Xij eine geniale Idee hatte: Was, wenn die Hydriten der Erde ihre Klontechnik zur Verfügung stellen, um genügend Gehirne zu züchten? Doch bevor man die Initiatoren kontaktieren kann, greift Colonel Kormak die Siedler und Rebellen an – und scheitert dank dem organisierten Widerstand und Ones Hilfe. Dann jedoch geht alles Schlag auf Schlag: Die Initiatoren nehmen die Idee dankbar an und eine Expedition zur Erde startet, um die Rettung der Erde vorzubereiten.

Hand in Hand

von Oliver Fröhlich

So also fühlt sich Hass an. Klar und rein wie Quellwasser, kraftvoll wie die Wellen eines sturmumtosten Ozeans. Du gibst dich der Wut hin, der Verzweiflung, all den aufgepeitschten Emotionen, die der Gedanke an die Schuldigen in dir entfesselt. Du hast alles verloren, was dir etwas bedeutete. Oder nein, du hast es nicht verloren. Sie haben es dir geraubt und dein Leben in Trümmer gelegt. Doch damit wirst du sie nicht davonkommen lassen. Niemals! Sie sollen dafür bezahlen – und das werden sie auch. Erst mit der Erkenntnis, was sie dir angetan haben, dann mit Schmerz und schließlich mit dem Tod.

Matthew Drax trat aus dem Wurmloch und trug bereits in der nächsten Sekunde keine trockene Faser mehr am Leib. Regen prasselte herab, klatschte ihm ins Gesicht und verwandelte den Untergrund in eine Rutschbahn aus Matsch. Die Wassertropfen bildeten einen dichten Schleier, sodass das Wasserkraftwerk am Loch Lomond – der Hort des Wissens – dahinter wie ein verschwommener Schemen wirkte, obwohl es höchstens fünfzig Meter entfernt lag.

Die Wolken hingen so tief, dass Matt beinahe glaubte, sie berühren zu können, wenn er in die Höhe sprang. Vielleicht sollte er es einfach versuchen. Später, wenn sie sich wiedersahen, könnte er Aruula davon erzählen. Sie fühlen sich an wie Zuckerwatte, könnte er sagen. Ob sie auch so schmecken?

Im Sekundentakt zuckten Blitze über den Himmel. Sie verwandelten das behagliche Grauschwarz in eine Farbpalette aus sattem Gelb, flammendem Rot und strahlendem Weiß. Sehr beeindruckend. Ein Naturschauspiel, wie es seinesgleichen suchte.

Das nie zur Ruhe kommende Donnergrollen vermischte sich mit dem Pfeifen des Winds, dem Rauschen der Bäume und Büsche und dem Trommeln des Regens zu einem lärmenden, aber beruhigenden Lautteppich.

Am liebsten hätte sich Matt für einige Minuten in den Matsch gelegt, die Lightshow in den Wolken betrachtet und den Geräuschen gelauscht.

Er wusste, dass diese Anwandlung und die Begeisterung nicht aus ihm selbst stammten, sondern dass das Dämmfeld um das Wurmloch sie induzierte, doch das kümmerte ihn nicht. Warum sollte es auch? Er fand es herrlich, wie die Natur ihre Gewalten demonstrierte.

Immerhin widerstand er der Euphorie des Augenblicks so weit, dass er sich eben doch nicht hinlegte, sondern sich zu seinen Begleitern umdrehte.

Xij trat aus dem Portal, ging einen Schritt, breitete die Arme aus, jauchzte, legte den Kopf in den Nacken und streckte die Zunge heraus, um Regentropfen damit aufzufangen. Sie drehte sich um die eigene Achse wie ein kleines Mädchen.

Kurz darauf folgte Hyicus. Der Zwei-Meter-Hüne vom Volk der Pancinowa verharrte. Matt fiel es schwer, den Ausdruck im fremdartigen Gesicht des Außerirdischen zu deuten, aber ein bisschen wirkte es auf ihn, als zuckte Hyicus erschreckt zusammen. Müsste er dieses Wetter nicht eigentlich lieben, weil es ihn an das feuchte Klima seines Heimatplaneten Cancriss erinnerte?

Er fuchtelte mit den Armen, als wollte er Matt zurückwinken, doch der achtete nicht darauf.

„Nun komm schon!“, brüllte Matt, bezweifelte aber, dass er das allgegenwärtige Tosen übertönte. „Stell dich nicht so an, Hick! Das bisschen Regen! Oder bist du aus Zucker?“

Hick? Matt gefiel der Spitzname. Er beschloss, ihn weiterhin zu benutzen.

Er wandte sich ab und lief auf den Hort des Wissens zu. Nach einigen Schritten warf er einen raschen Blick über die Schulter. Das Wurmloch war erloschen. Xij und Hick folgten ihm. Na also, ging doch!

Matt rannte weiter. Einmal rutschte er im Matsch weg, konnte sich aber gerade noch fangen, ehe er der Länge nach hinschlug. Das hätte ihm noch gefehlt, nicht nur nass, sondern von oben bis unten verdreckt zu sein. Hatte er es tatsächlich eben noch für eine gute Idee gehalten, sich freiwillig hinzulegen, um den Himmel zu beobachten?

Etliche Meter links neben ihm schlug ein Blitz in einen Baum. Ein ohrenbetäubender Knall erklang, als die Feuchtigkeit im Stamm explosiv verdampfte und das Holz bersten ließ. Splitter jagten in alle Richtungen davon.

Puh, das war knapp! Ein Abenteuer, wie er es liebte. Oder? Voller Aufregung, Adrenalin und …

Lebensgefahr!

Die Euphorie der Dämmstrahlung klang ab, und plötzlich erkannte Matt, wie irrsinnig es war, mitten durch das Gewitter zu rennen.

Der nächste Blitz zuckte herab und spaltete einen Baum. Näher diesmal. Gleichzeitig erschütterte der aggressive Peitschenknall des Donners seinen gesamten Leib.

Umkehren! Sie mussten umkehren und …

Ja, was?

Das Wurmloch war erloschen. Ihnen blieb nur noch der Weg nach vorn. Hin zum Kraftwerk. In die Sicherheit des klobigen Baus. Die paar Meter sollten doch zu schaffen sein.

Und erneut krachte ein Blitz irgendwo herab. Der Boden bebte. Ob unter der Gewalt des Einschlags oder wegen des Donners, konnte Matt nicht beurteilen.

Er geriet ins Taumeln, verlor die Orientierung. Regen rann ihm in die Augen, verschleierte die ohnehin miserable Sicht noch weiter.

Wo waren Xij und Hyicus? Und wo der Hort des Wissens? Lief er überhaupt noch darauf zu?

Matt wischte sich über die Augen, versuchte vergeblich, mehr zu erkennen. Der nächste Blitz, schmerzhaft grell und blendend.

Er rief nach den Gefährten, konnte in dem ständigen Getöse seine eigene Stimme aber nicht einmal selbst hören.

Okay, bleib ruhig! Der Hort liegt irgendwo vor dir, nicht mehr weit entfernt. Du musst nur …

Ein peitschender Knall warf ihn beinahe von den Füßen und ließ ihn alle guten Vorsätze vergessen. Panik erfasste ihn, eine kreatürliche Angst vor den Urgewalten, die seinen Verstand ausschaltete. Er rannte. Egal, in welche Richtung. Nur weg, weg, weg von hier!

Etwas rempelte ihn von der Seite an und brachte ihn kurz aus dem Tritt. Eine massige Gestalt eilte an ihm vorbei, die eine zierlichere hinter sich herzog. Hyicus und Xij.

Er fühlte, wie sich eine Pranke um seine Finger schloss und an ihm zerrte. Nach rechts. Widerstandslos folgte er, obwohl er das Wasserkraftwerk in einer anderen Richtung vermutet hatte.

Nach wenigen Metern erkannte er den Irrtum. Ohne den Panc wäre er schnurstracks in die schottische Pampa gerannt. Bei jedem weiteren Schritt hatte er das Gefühl, Wasser und Ozon zu atmen.

Endlich erreichten sie das Tor des Gebäudes, vor dem nicht einmal Wachleute standen. Sehr vernünftig von ihnen. Nur ein euphorisierter Idiot würde sich freiwillig in diese Gewitterhölle wagen.

Matt wollte die Pforte aufstoßen, doch sie war verschlossen. Er hämmerte dagegen. „Lasst uns rein!“, brüllte er, ohne sicher zu sein, ob ihn drinnen überhaupt jemand bemerkte.

Niemand öffnete.

Da schob ihn Hyicus zur Seite. „Lass mich das machen.“

Draußen ging die Welt unter. Zumindest hörte es sich so an. Das Hämmern des Regens füllte den Hort des Wissens mit einem steten Rauschen. Jedes Mal, wenn es donnerte, fühlte Jeronimo die Vibration nicht nur im Boden, sondern auch in sich selbst.

Wie lange mochte es dauern, bis die Anmutung des Weltuntergangs zu einem wirklichen Ereignis wurde? Wie lange, bis der Mond mit der Erde zusammenstieß und das meiste, vielleicht sogar alles Leben auslöschte? Wochen? Monate? Jeronimo wusste es nicht.

Seit es die Hydriten abgelehnt hatten, den Bewohnern des Horts in den unterseeischen Städten Schutz zu gewähren1), verfiel er immer häufiger in düstere Phasen. Dann sehnte er sich nach dem Ende. Je schneller es kam, desto weniger Zeit blieb ihnen, sich vor der Katastrophe zu fürchten.

Er ließ den Blick über die Menschen gleiten, die er als seine Familie ansah.

Der große dürre Mann mit dem fadenscheinigen gestreiften Jackett und dem völlig unpassenden Namen Samson kauerte in einer Ecke, umklammerte die angewinkelten Beine und schaute nur gelegentlich angsterfüllt zur Decke. Neben ihm lagen hölzerne Stelzen, die er aus dem Wagen geholt hatte, als das Unwetter losgebrochen war.

Molly, eine opulente Frau in einem viel zu engen Kleidchen, hielt die Augen geschlossen, zuckte aber bei jedem Donnerschlag zusammen.

Harry, Barry und Larry, drei schlaksige Jungs in karierten Westen, aus deren Taschen die Schlaufen ihrer Gummizwillen ragten, klammerten sich aneinander fest. In den schmutzigen Gesichtern zeichneten sich die Bahnen ihrer Tränen ab.

Und all die anderen Mitglieder der ehemaligen Schaustellertruppe, die zu retten sich Jeronimo geschworen hatte. Sie lagen und saßen auf Decken oder strohgefüllten Säcken, häufig kaum eine Handbreit Platz zwischen ihnen.

„Immerhin haben wir ein Dach über dem Kopf“, sagte er.

„Es ist eng hier“, beschwerte sich Molly, ohne die Augen zu öffnen.

„In unseren Wagen wäre es enger. Und gefährlicher.“

„Trotzdem hätten uns die Hortbewohner einen größeren Raum zur Verfügung stellen können.“

Jeronimo sah sich um. Die verblichene Karte von Loch Lomond und Umgebung an der Wand stellte die einzige Hinterlassenschaft aus der alten Zeit dar. Kein allzu aussagekräftiger Hinweis darauf, wozu das tatsächlich äußerst mickrige Zimmer früher gedient haben mochte.

Die Tür zum Gang stand offen, um den Schaustellern wenigstens einen Hauch von Geräumigkeit vorzugaukeln.

„Nachdem wir den Hort angegriffen haben, können wir froh sein, dass sie uns überhaupt hereingelassen haben.“ Jeronimo rückte seinen Flickenmantel zurecht. „Was ihr übrigens mir und meinem heldenhaften Einsatz in Hivernal und bei den Hydriten zu verdanken habt. Ein bisschen Dankbarkeit wäre also durchaus angemessen.“

Endlich öffnete Molly die Augen und sah ihn lange an. „Dankbarkeit? Dafür, dass ihr bei den Fischmenschen nichts erreicht habt? Oder dafür, dass wir den kümmerlichen Rest unserer Tage eingepfercht wie die Tiere verbringen müssen?“

„Niemand hat dich gezwungen, hier drin Schutz zu suchen.“

„Du hast recht. Ich hätte draußen bleiben sollen. Dann wäre es für mich vielleicht endlich vorbei.“

Jeronimo zerriss beinahe das Herz bei ihren Worten. Er wusste – hoffte! –, dass sie es nicht so meinte. Doch seit der Zurückweisung durch die Hydriten hatte sich die Stimmung merklich verschlechtert. Der nahe Tod war nun nicht mehr bloß eine vage Möglichkeit, der sie schon irgendwie entkommen würden, sondern eine unausweichliche Tatsache. Verzweiflung und Niedergeschlagenheit bestimmten seitdem ihre Tage.

Einige aus der Truppe hatten sich anschließend aus dem Staub gemacht, um „die Zeit zu genießen, die ihnen blieb.“ Was auch immer sie darunter verstanden. Der Rest jedoch war beim Hort des Wissens geblieben, sei es, weil sie der sinnlosen Flucht müde waren oder weil sie auf ein Wunder hofften.

Erneut ließ ein Donnerschlag das Gebäude erzittern. Harry, Barry und Larry klammerten sich fester aneinander. Einer gab ein klägliches Wimmern von sich.

Jeronimo hatte genug davon, dass ständig der Boden wackelte. Erst die beiden Erdbeben im Abstand weniger Tage vor einiger Zeit, und nun die Vibrationen des Gewitters. Er sehnte sich danach, sich von seinem übers Land ziehenden Wagen durchschaukeln zu lassen, ohne dauernd befürchten zu müssen, in eine Erdspalte zu fallen, die sich plötzlich vor ihm auftat.

Er brauchte Ablenkung. Irgendwie. Vielleicht sollte er noch einmal die Geschichte erzählen, wie er mit Quart’ol und Starnpazz nach Hivernal gereist war und dem Bürgermeister mit einem köstlichen Schauspiel ein Schiff abgetrotzt hatte. Nie würde er vergessen, wie sich der Hydrit und der Initiator, ganz in ihre Rollen und die Darbietung vertieft, sogar geküsst hatten.

Letztlich war es dieser Einsatz gewesen, dem die Schausteller das Wohlwollen der Hortbewohner verdankten. Eine Abenteuerreise quer durchs Land, garniert mit Gefahren und Gemeinschaftssinn, gekrönt von dem Kuss. Eigentlich wie geschaffen für etwas Zerstreuung am abendlichen Lagerfeuer.

Doch Jeronimo stellte fest, dass ihn die Erinnerung längst nicht mehr so erheiterte und fesselte wie noch vor wenigen Tagen. Außerdem hatte er die Geschichte schon zu oft erzählt. Abgesehen davon brannte in ihrer winzigen Unterkunft kein Lagerfeuer.

Plötzlich ertönte vom Gang her ein Krachen. Im ersten Moment glaubte Jeronimo, es handelte sich um den nächsten Donnerschlag in der nicht enden wollenden Reihe, doch dann erklangen zusätzlich Schreie.

Wachmänner eilten an der offenen Tür vorbei in Richtung des Ausgangs.

„Was ist da los?“, fragte Samson. Träge hob er den Kopf.

„Keine Ahnung.“

Womöglich ein Angriff auf den Hort des Wissens? Verzweifelte, die Schutz suchten?

Jeronimo stand auf, streckte sich einmal durch, um nach der langen Zeit des Sitzens wieder geschmeidig zu werden, und ging zur Tür. Er spähte hinaus …

… und fröstelte.

Nicht nur wegen des kühlen feuchten Winds, der ihm durch den Gang entgegenschlug, oder der Eingangspforte, die aus den Angeln gerammt worden war und nun auf dem Boden lag, sondern wegen der Gestalt, die im Türrahmen stand.

Sie schien direkt einem Albtraum entstiegen zu sein. Mindestens zwei Meter groß, mit knochigen Wülsten um die Augen, fürchterlichen Pranken und einem Kinn, das an einen Ziegel erinnerte. Ein Monstrum, von dem man erzählen könnte, um kleine Kinder zu erschrecken. Das Inferno aus Blitzen, Donner und Regen in seinem Rücken ließ es noch furchteinflößender erscheinen.

Die Wachleute nahmen Aufstellung, legten die Waffen an, zielten.

Da tauchte neben der Gestalt plötzlich ein Mann auf. Er wedelte mit den Armen. „Nicht schießen! Ich bin es, Maddrax!“

Jeronimo glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Der Maddrax, von dem er gehört und auf den die Hortbewohner ihre ganzen Hoffnungen gesetzt hatten? Der mit der Evakuierung der Erde gescheitert und anschließend spurlos verschwunden war? Er war zurückgekehrt?

Wahrscheinlich war der Gedanke übereilt, aber Jeronimo konnte ihn nicht unterdrücken.

Das Wunder, das alle herbeigesehnt haben, ist eingetreten. Vielleicht besteht doch noch Aussicht auf Rettung.

Dreimal rannte Hyicus gegen das Tor an wie ein Rammbock, bis es beim vierten Versuch endlich aus den rostigen Angeln brach und nach innen kippte. Juefaan, der Herr des Hauses, würde zwar alles andere als entzückt sein, dass das Unwetter den Regen nun ungehindert in den Gang schleudern konnte, aber gewiss fand sich jemand, der den Schaden reparierte.

Matt sah zu Xij, die sich gegen die Hauswand gepresst hatte, um wenigstens etwas Schutz vor dem beißenden Wind zu finden. Sie zuckte mit den Achseln, was wohl ausdrücken sollte: Auch eine Möglichkeit.

Der massige Leib des Pancinowa versperrte Matt den Blick ins Innere, aber er ging davon aus, dass ihr Eindringen nicht unbemerkt geblieben war – und womöglich als Angriff interpretiert wurde. Also zwängte er sich an Hyicus vorbei, der beinahe den gesamten Türrahmen ausfüllte.

Vor ihm erstreckte sich der Empfangsbereich des ehemaligen Wasserkraftwerks: ein Gang, von dem etliche Türen abzweigten, die früher als Büros, Konferenz-, Technik-, Aufenthalts- oder Abstellräume gedient haben mochten. Aus einigen lugten Köpfe hervor, die ihnen überrascht und angesichts der bedrohlichen Erscheinung des Pancs entsetzt und ängstlich entgegenblickten. Auch auf den Gesichtern der Wachen lag Angst, jedoch auch Entschlossenheit, während sie die Waffen hochrissen und auf Hyicus anlegten.

Die wollen doch nicht etwa …

Hektisch winkte Matt, um auf sich aufmerksam zu machen. „Nicht schießen! Ich bin es, Maddrax!“