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In seinem neuen Klonkörper kehrt Miki Takeo in die Oase der Hundert zurück. Als er erfährt, dass der Weltrat unter der Kontrolle der Nosfera steht, will er dazu beitragen, die Feinde zu eliminieren - und nebenbei auch Kormak und Clauzer, die ihn als Android "getötet" haben.
Doch er ist noch lange nicht so weit, sich einer solchen Herausforderung zu stellen, hadert - was er sich selbst gegenüber nicht zugeben will - mit seinem neuen Körper und erleidet einen Zusammenbruch. Da nimmt sich Ei'don, der ebenfalls in Sub'Sisco weil, seiner an...
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Seitenzahl: 158
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Was bisher geschah...
Geistwelten
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Impressum
Am 8. Februar 2012 hält ein gewaltiger Komet Kurs auf die Erde! Man beschießt ihn mit Atomraketen. Drei Stratosphärenjets sollen die Auswirkung beobachten. Commander der Staffel ist der US-Pilot Matthew Drax. Doch die Raketen verpuffen auf dem Himmelskörper. »Christopher-Floyd« schlägt in Asien ein. Die Druckwelle trifft auch die drei Jets und fegt sie davon...
Als Matthew und sein Copilot Professor Dr. Jacob Smythe aus einer Ohnmacht erwachen, trudelt ihr Jet auf die Alpen zu! Smythe steigt per Schleudersitz aus, Matt kann die Maschine notlanden. Er wird von Barbaren gefunden, die ihn als Gott ansehen und »Maddrax« nennen. Statt einer verwüsteten Erde sieht er sich fremdartigen Lebewesen und Pflanzen gegenüber: Die Druckwelle hat die Fliegerstaffel durch einen Zeitstrahl um 520 Jahre in die Zukunft geschleudert! Dieser Strahl, der seit Urzeiten vom Mars zur Erde reicht, sicherte vor 4,5 Mrd. Jahren den Marsbewohnern, den Hydree, das Überleben. Der vermeintliche Komet war die Arche einer Wesenheit namens »Wandler«, deren Dienerrasse, die Daa'muren, sich die Erde untertan machen will, indem sie Fauna und Fauna mutieren und die Menschen verdummen lässt. Nur die Bunkermenschen, sogenannte Technos, bewahren sich ihr Wissen, büßen dafür aber über die Jahrhunderte ihr Immunsystem ein.
Zusammen mit Aruula, einer telepathisch begabten Kriegerin, beginnt Matt Drax seinen Feldzug. Er findet Freunde – unter anderem die Hydriten, die sich aus den Hydree entwickelt haben und in den Meerestiefen leben –, kämpft gegen die Daa'muren und Mutanten wie die blutsaugenden Nosfera, und gerät an Schurken, allen voran Jacob Smythe, der wahnsinnig wurde und die Weltherrschaft anstrebt, bis Matt ihn endlich unschädlich macht. Auch Smythes Zwilling aus einem Parallelwelt-Areal stirbt, während seine verrückte Freundin Haaley entkommt. Diese Areale, die überall auf der Erde aufbrechen, sind das Ergebnis von Zeitreisen, die die Menschen einer fernen Zukunft unternahmen, um technische Artefakte zu sammeln. Matt und seine Verbündeten – zu denen sogar zwei Daa'muren zählen, Grao und Ira – können alle schließen, wobei ihnen das Pflanzenbewusstsein GRÜN zur Seite steht.
Auch Colonel Aran Kormak stammt aus einer dieser Parallelwelten – zumindest will er Matt dies weismachen. In Wahrheit ist er sein skrupelloser Zwilling aus dieser Welt, von dem Matt glaubt, er wäre tot. Doch Kormak, Befehlshaber der Dark Force, scheint sich zu besinnen und verbündet sich mit Matt, als eine neue Bedrohung auftaucht. Denn kaum ist das letzte Areal in Afrika versiegelt, wobei GRÜN beinahe vernichtet wird, sehen sich die Gefährten einer kosmischen Bedrohung namens »Streiter« gegenüber, die noch immer den Wandler auf der Erde vermutet. In einem furiosen Endkampf kann Matt die Entität versteinern.
Die Freude währt nur kurz, als Aruula mit dem Gleiter RIVERSIDE verschwindet. Matt und ein Dark-Force-Trupp folgen ihr bis nach Südamerika, stürzen über Peru wegen plötzlichen Energieverlusts ab und finden die havarierte RIVERSIDE und das Wrack eines Flugzeugträgers mitten im Dschungel. Sowie eine blinde Passagierin, die mit nach Amraka kam: Haaley.
Auf der USS Nimitz trifft Matt auf eine feindlich gesinnte Mannschaft und einen gewaltigen roten Diamanten. In der Zwischenzeit wird sein Trupp dezimiert. Die letzte Dark-Force-Soldatin stirbt beim Kampf gegen einen mutierten Jaguar – ein heiliges Tier, wie Matt und Haaley erfahren, als sie von Eingeborenen überwältigt werden. Sie müssen eine Götterprobe bestehen und den »Spiegel von Pachacámac«, mit dem sich weitere Diamanten herstellen lassen, aus einer Todeszone bergen – was ihnen auch gelingt.
Sie werden freigelassen und beobachten den Angriff eines Ameisenvolks auf die Nimitz. Mabuta, der »vielbeinige Gott«, nimmt sie gefangen. Dabei stellt sich heraus, dass Haaley – wie Aruula – vom Volk der Dreizehn Inseln abstammt und latent telepathisch begabt ist, was die Kommunikation mit Mabuta erleichtert. Der wird von einem Pilzgeflecht bedroht, und Matt soll ein Mittel dagegen finden. Es gelingt ihm, den Pilz in dieser Region mit Fungizid abzutöten. Dafür bringt Mabuta ihn und Haaley auf die Nimitz, wo sie als Ameisen vergeblich nach Aruula suchen, aber von einem bevorstehenden Angriff auf Mabuta erfahren.
Der versetzt Matt und Haaley unter einer Bedingung zurück in ihre Körper: Sie sollen Dak'kar töten! Doch Matt verbündet sich mit ihm, um mit seiner Hilfe zu dem Pilz in der Todeszone vorzustoßen, den er für intelligent hält und der mehr über Aruulas Verbleib wissen könnte. Im Gegenzug will er Dak'kar die Formel beschaffen, mit der rote Diamanten hergestellt werden können. Denn die braucht Dak'kar, um seine heimatliche Community in Macapá, Brasilien, zu retten, in der künstliche Lymphozyten, die eigentlich die Immunschwäche der Ex-Technos heilen sollten, zu einer tödlichen Krankheit führten. Die Diamantstrahlung kann diese Lymphozyten abschalten, doch der einzige Splitter wurde von Dak'kars damaligem Freund Toma'bar gestohlen.
In der Zwischenzeit versuchen die Daa'muren Grao und Ira, eine Spur der beiden Freunde zu finden. Sie stoßen auf die Community Macapá, geraten aber in die Gewalt von Nosfera, die dank der Lymphozyten, die sie von Toma'bar erhielten, neue telepathische Kräfte entwickeln.
Die Gefährten um Matt und Dak'kar retten sich vor Mabuta in die Todeszone und stoßen dort auf die fernen Stimme –die sich als Pflanzenentität GRÜN entpuppt, die Aruula zu ihrer Regeneration benötigte. Der Giftangriff auf den Pilz hat GRÜN schwer geschädigt, was Aruula ihre telepathischen Kräfte kostete. Entsprechend wütend ist sie auf Matt und weist ihn ab, um sich bei GRÜN zu erholen. Haaley bleibt bei ihr, während Matt und Dak'kar Kurs auf die Nimitz nehmen.
Mabuta schlägt zu, als sie das Rezept für die Diamanten aus dem Dorf der Indios beschaffen. Die Nimitz-Besatzung droht zu unterliegen, da greift Haaley an und besiegt Mabuta auf mentaler Ebene! Mit der Abschrift der Formel können die Nimitz-Leute nun zur Community Macapá aufbrechen. Dort erfahren sie, dass die Daa'muren Grao und Ira in die Gewalt von Nosfera gefallen sind. Sie werden befreit, doch die Nosfera ziehen unter ihrem Anführer Clauzer gen Waashton. Dort wollen sie sich mit ihren neuen Kräften am Weltrat rächen – und übernehmen tatsächlich das Pentagon!
Die Herstellung eines Diamanten gelingt, die Lymphozytische Degeneration ist gestoppt! Dann erfährt Matt, was die Nosfera vorhaben. Er bricht nach Waashton auf, doch unterwegs erreicht ihn ein Notruf des Androiden Miki Takeo aus Sub'Sisco! Clauzer, der in Takeo eine Gefahr sieht, weil er ihn nicht beeinflussen kann, zerstört den Androiden. Matt kommt zu spät – doch Takeos Kopf mit dem Persönlichkeits-Chip ist verschwunden und wird von dem Hydriten Quart'ol in einen Klonkörper verpflanzt. Zwar lebt Takeo wieder, hat aber mit psychischen Problemen zu kämpfen.
Suzi Quinn, als Kommandantin in der Oase der Hundert bei Sub'Sisco eingesetzt, überwindet Clauzers Beeinflussung und verschafft Matt einen Großraumgleiter, mit dem er weitere Verbündete suchen kann. Die holt er sich zuerst in Yucatán, wo er in dem ehemaligen Parallelwelt-Areal 300 Sauroiden rekrutiert, bevor er nach Independence weiterfliegt, um in einem weiteren Areal 30 Roboter von dort angesiedelten Retrologen zu erringen. Dann gelingt es ihm, eine Marinebasis nahe Waashton zu erobern, nach der die Nosfera schon ihre Finger ausgestreckt hatten...
Geistwelten
von Oliver Müller
1419 Jahre vor Christi Geburt
Pro'dos hörte sie kommen. Das Wasser übertrug die Schwingungen, obwohl die Tür zu seiner Zelle natürlich verschlossen war. Sie hatten sie in den letzten Tagen nur geöffnet, um ihm etwas zu essen zu bringen. Wortlos hatten sie ihm den Fraß hineingeworfen und die Tür dann wieder verriegelt. Heute würde es anders sein.
Mit einem vernehmlichen Geräusch wurde das Schloss geöffnet.
Er hatte sich gefragt, wie er sich fühlen würde, wenn sie an diesem Tag kamen. Wenn er in sich hinein lauschte, fühlte er... nichts. Wahrscheinlich lag es daran, dass er wusste, was ihn erwartete.
Die Tür wurde aufgezogen. Pro'dos wandte sich nicht einmal um.
»Pro'dos!« Die Stimme war hart und kalt. »Es ist so weit, komm mit!«
Die Stimme gehörte Ler'saf, dem Oberwächter dieses Gefängnisses. Sie war hart und autoritär. Ihr Besitzer war es nicht gewohnt, dass man seinen Anweisungen nicht Folge leistete.
»Verdammt! Hast du nicht gehört? Du sollst kommen! Mach es nicht noch schlimmer.«
Noch schlimmer?
Zum ersten Mal seit längerer Zeit regte sich so etwas wie ein Gefühl in Pro'dos. Eine kleine Flamme der Wut entzündete sich in ihm. Noch zu klein, um aufzulodern, aber groß genug, um nicht direkt wieder zu erlöschen.
Wie sollte es denn noch schlimmer werden? Auf ihn wartete ein Prozess, an dessen Urteil es keinen Zweifel geben konnte.
Vielleicht war es ja genau diese Gewissheit, die mich so ruhig hat sein lassen?
»Es reicht! Man lässt den HydRat und vor allem Ei'don nicht warten! Du schon gar nicht!«
Ei'don!
Der Hass auf den neuen unumschränkten Herrscher über alle Hydriten war genau das, was die kleine Flamme der Wut in Pro'dos zu einer Feuerwand des Hasses auflodern ließ.
Der Gefangene wirbelte herum.
»Nein, natürlich nicht. Der große Ei'don will keine Zeit verlieren. Als hätte er davon nicht genug«, ätzte Pro'dos so giftig, dass die drei Wachen, die Ler'saf mitgebracht hatte, zurückzuckten. Nur Ler'saf selbst rührte sich um keinen Millimeter. Warum sollte er auch Angst vor ihm haben?
Pro'dos würde ihn nicht angreifen. Sie beide waren schlau genug, das zu wissen. Auch wenn Ler'saf sich bestimmt darüber freuen würde. Die Art, wie er die Flossenhand auf seine Waffe legte, und das leichte Zucken der Mundwinkel verriet es.
Für einen langen Augenblick sahen sich Pro'dos und Ler'saf in die Augen. Niemand sagte etwas. Gebannte Stille lag über dem Moment. Dann brach Pro'dos das Schweigen.
»Also los, lassen wir den großen Herrscher nicht länger warten. Seine Zeit ist wertvoll.«
Und meine ist abgelaufen.
Selbst wenn er es gewollt hätte, Pro'dos hätte nicht sagen können, wie oft in seinem schon langen Leben er diesen Gang entlang geschwommen war. Aber eben stets als Mitglied des HydRats. Als Gefangener war es eine Premiere.
Als sich der Eingang zum Ratssaal öffnete und er hineinschwamm, verstummte das vielstimmige Gemurmel, welches bis eben noch geherrscht hatte. Aus dem Augenwinkel sah er die Mitglieder des HydRats. Er widmete ihnen keine weitere Aufmerksamkeit, nur dem Platz, der bisher ihm zugestanden hatte. Nie mehr würde er ihn einnehmen. Alles andere wäre eine große Überraschung.
Ler'saf bedeutete ihm, anzuhalten. Mitten im Saal, ohne Sitzmöglichkeit, vor den Ratsmitgliedern. Und vor ihm – Ei'don. Während die Ratsmitglieder in den üblichen Reihen nebeneinandersaßen, hatte der Herrscher der Hydriten seinen Thron ein Stück abseits, leicht erhöht.
Die Ratsmitglieder strafte Pro'dos weiter mit Missachtung, aber Ei'dons Blick und der seine fanden sich. Die Miene des auf ihn herabblickenden Hydriten blieb ausdruckslos, zumindest für jemanden, der ihn nicht so gut kannte wie eben Pro'dos selbst.
Er erkannte den unterdrückten Zorn an den minimalen Zuckungen. Genugtuung erfüllte Pro'dos.
Also gut, alter Feind, dachte er. Beginne den letzten Akt.
Ei'don hob die Flossenhand. Es war so weit. Auf dieses Zeichen hin verstummte auch das letzte leise Getuschel.
»Pro'dos«, sagte Ei'don, »du weißt, warum du heute hier vor dem HydRat stehst. Du wirst beschuldigt, für das Verschwinden von Nir'gol verantwortlich zu sein.«
Regungslos ließ Pro'dos die Anklage über sich ergehen.
»Bisher hast du zu den Vorwürfen geschwiegen«, fuhr Ei'don fort, »aber die Beweise sind erdrückend. Dir wird also ein letztes Mal die Chance eingeräumt, Stellung zu nehmen. Und möglicherweise dein Gewissen zu erleichtern. Ich frage dich also: Willst du vor dem versammelten HydRat und den anwesenden Zuschauern weiter schweigen oder uns die Wahrheit sagen?«
Zum ersten Mal ließ Pro'dos sich zu einer Wortmeldung herab. »Die Wahrheit? Welche Wahrheit? Eure?«
»Es gibt nur eine Wahrheit«, hielt Ei'don dagegen.
Pro'dos stellte sich der Flossenkamm auf. »Eine Wahrheit, bei der du Ankläger und Richter in einer Person bist? Diese Wahrheit... deine Wahrheit erkenne ich nicht an.«
Ei'don ließ sich nicht provozieren. »Nicht ich werde das Urteil fällen, sondern der HydRat. Stellvertretend für unser Volk, an dem du dich mit deinem Vergehen schuldig gemacht hast, da du einen seiner weisesten Vertreter...« Ei'don zögerte, was auch Pro'dos merkte.
»Was? Was habe ich mit Nir'gol getan? Ihn getötet? Das werft ihr mir doch vor, oder? Und – habt ihr eine Leiche gefunden?«
Pro'dos ging in die Offensive. Er wusste, wenn er überhaupt noch eine Chance haben wollte, dann war das seine einzige Möglichkeit.
Bleib ehrlich zu dir selbst, es ist keine.
»Über Nir'gols Verbleib ist nichts bekannt«, gab Ei'don zu. »Aber die Beweise, die gegen dich sprechen, sind trotzdem eindeutig. Du hast zwar versucht, die Spuren zu verschleiern, aber es ist dir nicht gelungen. Du hast ihn mit einer fingierten Nachricht zu dir gelockt. Du warst der Letzte, mit dem er lebend gesehen wurde. Und du weigerst dich, Auskunft darüber zu geben, was in den Phasen geschah, in denen ihr beide verschwunden wart und nur du schließlich zurückkehrtest.«
Ei'dons Stimme war nicht laut geworfen, aber Pro'dos hörte die Anspannung heraus. Die beiden Hydriten nahmen ihr Blickduell von Beginn der Verhandlung wieder auf. Pro'dos gewann es, denn es war Ei'don, der zuerst wieder das Wort an ihn richtete.
»Pro'dos«, sagte er eindringlich. »Ich gebe dir den guten Rat, in dich zu gehen. Es ist deine letzte Chance, sonst ist es zu spät.«
Nachdem das letzte Wort verklungen war, herrschte eine Stille im Ratssaal, die fast greifbar war. Die Augen aller Anwesenden ruhten auf ihm. Die Blicke waren fragend, drängend, flehend, bohrend, strafend.
Der Geistwanderer spürte die aufgestauten Emotionen geradezu körperlich. Und ertrug sie reglos. Stattdessen starrte er weiter Ei'don. Der Hass auf seinen alten Feind gab ihm die Kraft, die Situation auszuhalten.
»Dann ist es so«, sagte Ei'don schließlich und wandte sich an die Mitglieder des HydRats. »Da die Vernehmung keine weiteren Erkenntnisse gebracht hat, bitte ich euch, euer Urteil anhand der Beweise und Indizien zu fällen, die vorliegen. Zieht euch zur Urteilsfindung zurück.«
Während die Ratsmitglieder sich erhoben und sich in einen angrenzenden Raum begaben, blickte Ei'don ihn erneut an.
Warum?, fragte sein Blick.
Pro'dos blieb ihm die Antwort schuldig.
Lange musste Pro'dos nicht auf die Rückkehr der Ratsmitglieder warten. Nicht einmal eine halbe Phase war vergangen, bis sie ihre Plätze wieder eingenommen hatten.
»Seid ihr zu einem einstimmigen Urteil gekommen?«, fragte Ei'don und eröffnete so die letzte Phase der Verhandlung.
Mul'san, der Vorsitzende des HydRats, erhob sich. »Das sind wir.«
»Wie lautet es?«
»Wir befinden den Angeklagten Pro'dos für schuldig.«
Jubel brandete im Publikum auf.
Pro'dos nahm es hin. Er hatte sich mit diesem Urteil bereits angefreundet.
Ei'don duldete die für eine Gerichtsverhandlung doch eher ungewöhnliche Reaktion länger, als es sich eigentlich geziemt hätte. Er wusste, dass Nir'gol allseits beliebt gewesen war, sodass er die Emotionen nicht zu früh unterbinden wollte. Doch schließlich sorgte er für Ruhe.
»Wurde auch der Schuldspruch einstimmig gefällt?«, fragte er.
Mul'san betrachtete für einen kurzen Moment die anderen Mitglieder des HydRats, als suche er nach Hilfe. Dann verneinte er.
Zum ersten Mal seit längerer Zeit wurde Pro'dos überrascht. Damit hatte er nicht gerechnet.
»Es ist eine Mehrheitsentscheidung«, fuhr Mul'san fort.
»Auf welche Strafe wurde befunden?«, fragte Ei'don schnell.
»Der HydRat verurteilt Pro'dos für den Mord an Nir'gol zum Tode«, sagte Mul'san, ohne zu zögern, so als wolle er es endlich hinter sich bringen.
Im Gegensatz zur Urteilsverkündung löste das Strafmaß nicht nur Jubel aus, sondern sorgte auch für erschrecktes Stöhnen und ablehnende Rufe. Gegner und Befürworter des Urteils schaukelten sich hoch, wilde Diskussionen flammten auf.
Pro'dos konnte ein Zittern nicht vermeiden, darum ballte er die Flossenhände zu Fäusten. Er hatte geahnt, was ihn erwartete. Doch es zu hören, veränderte vieles. Die bisher aufrecht erhaltene Souveränität, geboren aus der Gewissheit über die nahe Zukunft, brach in sich zusammen, fiel von ihm ab wie eine Maske. Der Jubel und die Schreie der Anwesenden vermengten sich zu einer Kulisse, die ihn betäubte.
Pro'dos sackte in sich zusammen und ließ den Kopf hängen. So sah er nicht, dass Ei'don sich erhob.
»Ruhe!«, rief der Herrscher, aber nicht einmal er drang sofort zu dem aufgebrachten Volk durch. »Bitte, beruhigt euch!«, rief er lauter.
Seine Autorität reichte schließlich aus, es wurde wieder still.
»Pro'dos«, sprach er den Verurteilten direkt an. »Du hast das Urteil des HydRats und die verhängte Strafe gehört.«
Pro'dos nickte, hielt den Kopf aber gesenkt. Er wollte nicht den Triumph in Ei'dons Gesicht sehen.
»Das Urteil ist gerecht«, befand Ei'don, bevor er eine Pause einlegte. Leiser fuhr er fort: »Die Strafe ist es nicht.«
Pro'dos riss den Kopf hoch, als hätte ihn der elektrische Schlag eines Zitteraals getroffen. Was spielte Ei'don für ein Spiel mit ihm?
»Unter meiner Herrschaft soll niemand zum Tode verurteilt werden!«, rief Ei'don, wobei er die Hände hob, um die aufkommende Unruhe im Keim zu unterdrücken. »Unser Volk hat in den langen Kämpfen mit den Mar'osianern schon zu viel Blut vergossen. Erhöhen wir den Blutzoll nicht noch durch solche Strafen und stellen uns auf eine Stufe mit den Fleischfressern. Deren Leitsatz, das Herz ihrer Feinde zu verspeisen, darf für uns keine Gültigkeiten haben. Ich hebe die Strafe hiermit auf.«
Der Lärm nach dem Schuldspruch war im Vergleich zu dem, der jetzt folgte, nur eine kleine Welle gewesen.
Für einen Moment sah es sogar so aus, als wollten manche der Zuschauer sich auf Ei'don stürzen. Die Wachen stellten sich bereits schützend vor den Herrscher, als dieser – gegen den Krach anschreiend – verkündete: »Das Urteil bleibt bestehen! Ich wandele nur die Strafe um!«
Es dauerte, bis seine Worte in die Köpfe der Hydriten einsickerten. Die Zeit schien stillzustehen.
Pro'dos hörte nichts mehr außer seinem eigenen Herzschlag. Alles andere trat in den Hintergrund zurück. Es gab nur noch ihn und Ei'don.
Welche Teufelei hast du dir ausgedacht?
»Pro'dos«, sagte Ei'don, »du hast kein Recht mehr, Teil unseres Volkes zu sein. Dein Urteil soll sein, dass du eine letzte Geistwanderung durchführen wirst. In den Körper eines Menschen.«
Pro'dos' Herz, welches eben noch gerast hatte, als würde ihn ein Hai jagen, übersprang einen Schlag und blieb fast stehen.
»Nein!«, schrie er. »Nein, Ei'don!«
Dann gingen seine Entsetzensschreie im Jubel der Zuhörer unter. Sie trafen ihn bis ins Mark, denn sie machten Ei'dons Triumph so vollkommen. Das Volk liebte den weisen Herrscher – und ihn erwartete der Tod.
Denn was war es denn anderes als ein Todesurteil auf Raten? Vor allem für ihn, einen Geistwanderer, ein Mitglied der Quan'rill-Kaste. Wenn sein Geist in einem Menschenkörper steckte, wäre er zwar nicht tot, aber er würde altern und schließlich doch sterben, denn er hätte dann keine Möglichkeit mehr, auf einen neuen Körper zu wechseln.
»Bitte! Alles, nur das nicht!«, jammerte Pro'dos.
»Führt ihn ab«, sagte Ei'don und setzte sich. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass er die Verhandlung als beendet ansah.
Pro'dos schrie, bis er wieder in seiner Zelle saß.
Wann würden sie kommen und ihn zur Vollstreckung holen?
Es hatte gedauert, bis Pro'dos in seiner Zelle einen klaren Gedanken fassen konnte. Minütlich hatte er damit gerechnet, dass sie kamen. Als zum ersten Mal Geräusche hinter der Tür erklangen, war er so weit zurückgewichen wie möglich. Die Arme an die Wand gepresst, als könne er sich doch festhalten. Doch sie hatten ihm nur zu Essen gebracht.
Das Gleiche wie immer. Eine Henkersmahlzeit schien ihm nicht vergönnt.
Aus Phasen wurde ein Zyklus, aus einem Zyklus immer mehr. Die Angst vor der Vollstreckung wurde abgelöst durch eine sich langsam steigernde Gleichgültigkeit. Das ewige Alleinsein und der immer gleiche Ablauf sorgten dafür.