Magic Destroyer - Das Mädchen der Wissenschaft - Philipp Gubarev - E-Book

Magic Destroyer - Das Mädchen der Wissenschaft E-Book

Philipp Gubarev

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Beschreibung

Nach einem schrecklichen Traum wacht Daniel Astar an einem unbekannten Ort auf. Mit viel Verwirrung und Unsicherheit muss er feststellen, dass er sich außerhalb von Paris in einem Bunker befindet und auf die Société Magique, eine Gruppe an Magierin, trifft. Währenddessen befindet sich sein Cousin und der stachelhaarige Junge Connor Astar weiterhin in Magic City und geht dort seinem normalen Schulleben nach. Da die Weihnachtstage immer näher rücken, sucht er sich nach einem Teilzeitjob um und stößt dabei auf eine wissenschaftliche Einrichtung. Aber direkt an seinem ersten Arbeitstag bemerkt er, dass die Wissenschaftler ein dunkles Geheimnis besitzen.

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Seitenzahl: 780

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Magic Destroyer - Das Mädchen der Wissenschaft

Prolog: Zwei FreundeSociété MagiquePizzaparty, Klausuren, die neue Top Ten und PechMagie und WissenschaftDas erste ExperimentCinderella, Fans und PechDas zweite ExperimentDas dritte ExperimentProjekt Warrior und Testobjekt DDollys PrinzEpilog: Das Ende eines MärchensNachwortImpressum

Prolog: Zwei Freunde

Zwei Jungen liefen zusammen auf einer grünen Wiese herum. Laufen war vielleicht nicht das richtige Wort, da sie eher auf der Wiese herumtollten und sich mit verspielten Schreien und Ausrufen hinterherrannten. Sie spielten Fangen miteinander und der weißhaarige Junge musste seinen Freund mit schwarzen, stacheligen Haaren fangen. Keiner von beiden konnte älter als zwölf Jahre alt sein, weshalb ein vermeintlicher Beobachter sich nichts bei dieser Szene denken würde, da zwei spielende Kinder auf einer Wiese vollkommen in die Normalität fielen. Allerdings gab es keine Beobachter. Die beiden Jungen waren komplett alleine und weder die Eltern noch irgendeine andere Aufsichtsperson waren zu sehen. Das fiel den beiden nicht auf, da sie sich viel zu sehr in ihr Spiel hineinsteigerten.

Der weißhaarige Junge streckte seinen rechten Arm aus und sprang nach vorne, sodass er seinen Freund mit den Spitzen seiner Finger erreichte und berührte. Nun musste der Junge mit den stacheligen Haaren ihn fangen, weshalb sich der weißhaarige Junge mit blauen Augen rasant um 180 Grad drehen und weglaufen wollte. Dieser Versuch gelang ihm aufgrund seines Sprungs nicht, weshalb er sich holprig auf den Zehenspitzen seines linken Fußes hielt und irgendwie nicht stolperte. Aus diesem Grund fiel es seinem Freund nicht besonders schwer, ihn wieder anzufassen und die Aufgabe des Fangens ihm zu überlassen. Dennoch fiel der weißhaarige Zwölfjährige jetzt mit seinem Rücken voraus auf das grüne Gras der Wiese, da er nun komplett jegliche Balance verlor, während sein Freund davonlief und ihm nicht einen Blick zuwarf. Er verletzte sich nicht bei seinem Fall, aber Blut schoss nun in seinen verärgerten Kopf und mit einer frustrierten Miene richtete er sich wieder auf.

Allerdings verschwand der stachelhaarige Junge aus seinem Blickfeld. Perplex schaute sich der Fänger um und suchte mit seinen Augen nach dem Aufenthaltsort seines Freundes, den er mit seinen besten Mühen nicht finden konnte.

Hat er sich jetzt vor mir versteckt und möchte warten, bis ich aufgebe? Ha. Dann unterschätzt er mich aber gewaltig! Aufgeben ist kein Wort, welches ich kenne!, schoss durch den Kopf des Zwölfjährigen, als ein schwacher Wind durch die Gegend blies und die Grashalme ein wenig bewegte. Ohne große Verzögerung lief er auf einen nahe gelegenen Wald zu und machte sich bereit, den großen, dichten Wald ganz alleine und ohne jegliche Hilfe zu durchsuchen. Für die meisten Kinder in seinem Alter stellte dies eine mühselige und nervige Aufgabe dar, wobei für ihn natürlich keine Ausnahme galt. Allerdings wollte er nicht in einem solch simplen Spiel gegen seinen stachelhaarigen Freund verlieren, weshalb er sich nicht beschwerte, sondern still und heimlich an die Arbeit machte.

Bei einer Waldlichtung angekommen, sah er eine schwarzhaarige Figur, welche mit ihrem Rücken zu ihm stand. Obwohl die helle Sonne schien und ihre warmen Lichtstrahlen genau auf die Lichtung warf, trug er einen schwarzen Fellmantel mit weißem Fell. Auf seinem Rücken befand sich ebenfalls Fell seines Mantels, wobei ein schwarzes Petruskreuz in das Fell eingenäht wurde. Seine schwarzen Haare waren mit weißen Strähnen durchsetzt und seine restliche Kleidung war ebenfalls sehr dunkel. Die mysteriöse Person gab eine sehr bedrohliche Aura von sich, weshalb der weißhaarige Junge umdrehen und an einer anderen Stelle nach seinem Freund suchen wollte.

Dabei tätigte er eine erschreckende Entdeckung: Alle Wege waren versperrt. Die Bäume standen so dicht aneinander, dass sich nicht einmal ein kleines Tier zwischen die Stämme quetschen könnte, weshalb er es gar nicht erst probierte. Ihm blieb nur ein einziger Weg: direkt auf den unbekannten Mann zu.

Mit einem hörbaren Geräusch schluckte der weißhaarige Junge die Spucke, die sich in seinem Mund ansammelte, herunter und lief mit langsamen, sehr vorsichtigen und leisen Schritten nach vorne auf den mysteriösen Mann zu. Er wollte um jeden Preis verhindern, dass diese Person seine Präsenz bemerkte und sich zu ihm umdrehte. Dennoch konnte er sein Zittern nicht verhindern. Er zitterte unkontrollierbar am gesamten Körper und brauchte daher länger für seine Bewegungen als nötig. Schweiß brach auf seiner Stirn aus, sein Herzschlag wurde unregelmäßig schnell und seine Atmung war unreguliert. Die Anzeichen seiner Panik waren eindeutig. Trotzdem hoffte er auf die Möglichkeit, obwohl sie sehr unwahrscheinlich war, dass sein Freund nicht auf diese Person traf und sich in irgendeinem anderen Teil des Waldes befand.

Seine Füße bewegten sich trotz seines geistigen Zustandes und seiner Panik beinahe makellos auf dem Waldboden und verursachten keine Geräusche. Dennoch drehte sich der schwarzhaarige Mann mit dem Petruskreuz auf seinem Rücken zu ihm um und schaute ihm direkt in die Augen. Oberhalb seines linken Auges waren zwei Nullen tätowiert. Bei diesem Mann handelte es sich um den dämonenbesessenen Eismagier, Zero, der seine grauen Augen auf den blauäugigen Jungen mit weißen Haaren fokussierte und ihn mit einer scharfen Eindringlichkeit anschaute. Die Augen des Zwölfjährigen füllten sich mit Schrecken und Angst, während sich die Lippen des schwarzhaarigen Mannes langsam bewegten, Worte aussprachen und letztendlich zu einem Lächeln formten. Dieses Lächeln besaß keineswegs irgendeine Spur von Freundlichkeit oder Güte, die sich im Normalfall hinter einem Lächeln versteckten. Dieses Lächeln strahlte pures Böse aus. Und die Worte, die dieser Mann sprach, ließen das Herz des weißhaarigen Jungen beinahe zum Stillstand kommen.

„Ich habe Connor Astar getötet.“

Société Magique

Schweißgebadet und voller Angst schrak Daniel Astar von seinem Bett hoch und keuchte laut. Er war ein weißhaariger Junge mit blauen Augen, welcher bis vor wenigen Wochen ein Mitglied der Kirche des Manas war. Des Weiteren erlebte er bis vor wenigen Sekunden einen fürchterlichen Albtraum, in dem sein Cousin Connor Astar und sein Adoptivbruder Zero vorkamen. Dieser Albtraum jagte ihn nun seit dem Tag, an dem er Magic City verließ und der Konflikt zwischen der Stadt der Magier und seiner Kirche endete.

Als die Realisierung bei ihm ankam, dass es sich bei diesem Ereignis nur um einen Traum handelte, beruhigte er sich wieder einigermaßen und regulierte seine Atmung. Nicht nur wusste er, dass es sich hierbei nur um einen Traum handelte, sondern auch, dass dieser Traum nicht der Realität entsprach. Connor lebte. Mit seiner rechten Hand wischte er sich den Schweiß von seiner Stirn und schaute auf die graue Decke, die ihn warmhielt. Das schwache Licht einer Nachttischlampe brannte in dem Raum, dessen Wände aus solidem Stein bestanden. Der Boden wurde aus Beton hergestellt und bei genauerer Überlegung bemerkte er, dass er sich mehrere Meter unterhalb der Oberfläche in einem umfunktionierten Bunker befand.

Dieser Bunker besaß mehrere Räume und verband die einzelnen Räume mit Gängen, wobei diese nicht mit Stahl oder anderen harten Materialien gebaut wurden, sondern nur mit Holzstützen, welche man auch in Minenschächten vorfinden konnte, gesichert wurden. Die Lampen im Inneren des Untergrundbaus waren eher spärlich verteilt und boten auch nur sehr schwaches Licht als Lichtquelle, wobei sich eher darüber gefreut werden konnte, dass es überhaupt eine Lichtquelle gab.

Der Feuermagier wusste nicht, wo er war und konnte sich ebenfalls nicht erklären, wie er überhaupt an diesem Ort ankam. Schließlich war er sich ziemlich sicher, dass er sich zuletzt in der Nähe eines Straßenmarkts in der Innenstadt von Paris befand. Seine erste Vermutung war eindeutig und radikaler Natur: Er wurde gekidnappt. Sein Verstand konnte keine andere Lösung produzieren, wobei sich nun die nächste Frage stellte. Warum wurde er gekidnappt? Diese Frage konnte er nicht erörtern, da er seinen Blick neben seine Schlafstätte wandern ließ.

Neben Daniels Bett saß ein schwarzhaariges Mädchen mit braunen Augen, die ihn mit einem besorgten Blick anschaute. Ihre Haare wuchsen ihr nur bis zu ihren Schultern und ihre Lippen waren eher spröde. Sie steckte nicht viel Zeit in ihr äußeres Aussehen und verwendete daher auch kein Make-up oder andere Kosmetik. Dennoch ließen ihre schlanke Figur und ihre femininen Gesichtszüge keine Zweifel an der Tatsache übrig, dass es sich bei dieser Person um ein Mädchen in seinem Alter handelte. Sie saß auf einem grauen Klappstuhl aus Metall, welcher keinen gemütlichen Sitzplatz bot. Die Blicke der beiden trafen sich und Daniel schaute sie verwirrt an.

„Dich kenne ich von dem Straßenmarkt draußen, aber wo bin ich?“, fragte er sie mit einer gerunzelten Stirn.

„Im offiziellen Hauptquartier der Société Magique. Ich sag Hauptquartier, aber eigentlich gibt es nur dieses eine hier“, antwortete das schwarzhaarige Mädchen mit einem gewissen Stolz in der Stimme. „Du sahst ganz und gar nicht gut aus, als ich dich auf dem Markt getroffen habe. Beinahe am Verhungern, nicht ausgeschlafen und ziemlich verloren. Liegt vielleicht daran, dass du kein Französisch kannst, obwohl du dich in Paris befindest.“

„Also hast du mich hierhergebracht, während ich geschlafen habe? Warum? Du kannst mich doch einfach auf der Straße lassen“, erkundigte sich der Feuermagier mit einer misstrauischen Miene. Obwohl ihm diese fremde Person grundlos half, vertraute er ihr nicht und fühlte sich durch ihre Tat eher belästigt. Ihr Gesicht verriet ihm allerdings, dass seine Reaktion definitiv nicht war, worauf sie hoffte.

„Gern geschehen“, sagte sie mit einem sarkastischen Ton und einem genervten Gesichtsausdruck. „Ich bin Elise Cameau. Wie heißt du?“

„Daniel Astar. Meine Frage bleibt trotzdem bestehen: Wieso hilfst du mir?“, wunderte sich der weißhaarige Junge, der sein Misstrauen nicht ablegte und weiterhin auf Distanz blieb.

„Wenn du es so unbedingt wissen möchtest, meinetwegen. Du bist ein Magier“, teilte Elise ihm offen und ehrlich mit. Ihr simpler Grund kam ihm durchaus befremdlich vor. „Allerdings sollte dir diese Tatsache bekannt sein. Des Weiteren ist es deutlich, dass du hier keinen Platz hast und nicht wirklich hierhergehörst, also wollte ich dir zumindest einen Platz geben, an dem du etwas essen kannst. Wie lange bist du überhaupt schon in Paris?“

„Drei Wochen vielleicht. Du meintest, dass ich bei dem Hauptquartier von der … wie auch immer diese Organisation heißt, bin. Wer seid ihr?“, fragte das ehemalige Mitglied der Kirche des Manas mit einer hochgezogenen Augenbraue.

„Société Magique. Wieso bist du überhaupt in Frankreich, wenn du die Sprache nicht kannst?“, entgegnete das schwarzhaarige Mädchen mit einer ungläubigen und verzweifelten Stimme. Irritiert rieb sie sich ihre Schläfen und runzelte ihre Stirn. „Du kannst uns als die inoffizielle, magische Polizei von Paris ansehen. Es leben genug Magier in den großen Städten der Welt, da nicht alle nach Magic City ziehen wollen. Und mit großer Macht wie beispielsweise Magie kommen die Leute auf dumme oder illegale Ideen. Darum kümmern wir uns.“

„Inoffiziell? Also seid ihr nicht vom Staat beauftragt?“

„Der Staat weiß nicht einmal von uns!“

Diese Worte ließen Daniels Kopf rattern und er überlegte sich mit einem gewissen Unglauben, an welchen Ort und bei welchen Menschen er landete. Eines war sicher: Er wollte gehen.

Der Staat weiß nichts von dieser Gruppe? Also handelt es sich hier um die Vollstreckung von Selbstjustiz? Meinetwegen, ich kann diese Idioten dingfest machen und an die richtige Polizei geben. Ich bin mir sicher, dass nach ihnen gefahndet wird, überlegte er und stand vom Bett auf, wobei er augenblicklich seine eigene Schwäche bemerkte und auf seine Knie stürzte. Er verspürte großen Hunger und fühlte sich sehr schwach, da er innerhalb der letzten drei Wochen nur sehr unregelmäßig aß und sehr wenig schlief. Elise half ihm wieder auf beide Beine und stützte ihn ab.

„Du solltest dich nicht allzu schnell bewegen! Du bist noch ziemlich erschöpft, also solltest du erst etwas essen“, meinte sie mit einer vorwurfsvollen Stimme und setzte ihn wieder auf das Bett zurück. „Apropos Essen: Ich komme sofort wieder. Unser Koch sollte eigentlich längst fertig sein.“

Mit diesen Worten verließ sie den Raum und rief den Namen einer Person durch die Bunkereinrichtung hindurch, während sie sich in einen anderen Raum begab. Aufgrund ihrer Worte kam der Feuermagier zu dem Schluss, dass dieser René, dessen Name nun durch die Gänge hallte, der Koch der Société Magique war.

Mich von meinem Feind bekochen lassen, damit ich überhaupt die Kraft habe, auf beiden Beinen zu stehen. … Wie tief kann ich eigentlich fallen?, dachte er und knirschte frustriert mit seinen Zähnen, während er an sein Leben bis vor wenigen Wochen dachte, in dem er ein stolzes Mitglied der Kirche des Manas war und keinerlei Existenzängste besaß. Jetzt war er nichts mehr als ein Bettler auf den Straßen eines fremden Landes, dessen Sprache er nicht sprach.

„Ah! Heiß! Hättest du mich nicht wenigstens warnen können?!“, schrie das schwarzhaarige Mädchen auf Französisch, weshalb der weißhaarige Junge nur mitbekam, dass sie wütend irgendwelche Worte schrie. Bei dieser Tatsache seufzte er und stand kurz davor, sein Pech zu verfluchen. Schließlich kam er in Paris mithilfe eines magischen Zuges von Magic City an und musste daher an diesem Ort bleiben, da der Zug dort stoppte und danach zurück zur Stadt der Magier fuhr, in der er sich aufgrund seiner Taten nicht aufhalten durfte. Des Weiteren wurden seine anderen Versuche, sich auf Züge zu schleichen und somit einen anderen Ort zu erreichen, immer unterbunden oder durch aufmerksames Zugpersonal verhindert.

Kurze Zeit später betrat Elise wieder das Zimmer und stellte eine brodelnd heiße Suppe auf einen Tisch aus Kunststoff. Damit sie den heißen Teller tragen konnte, umwickelte sie den Teller mit einem weißen Tuch, wobei diese Maßnahme nicht viel half, da ihre Hände trotzdem rot glühten und sie Tränen in den Augen hatte. Allerdings erlitt sie keine schweren Verbrennungen.

„Du solltest noch ein wenig mit dem Verzehr warten, die Suppe ist ein wenig heiß“, warnte sie ihn, während sie sich ihre Hände mit kaltem Wasser wusch. Daniel nickte und schaute sie mit einem unsicheren Blick an, woraufhin ihr etwas wieder einfiel und sie sich ihm wieder zuwandte. „Guifford möchte sich mit dir treffen. Er ist quasi unser Anführer. Sobald du deine Suppe aufgegessen hast, werde ich dich zu ihm bringen. Und habe keine Angst, er wirkt vielleicht ein wenig einschüchternd auf den ersten Blick, aber er ist eine wirklich nette Person.“

Er nickte wieder und schwieg. Ohne auch nur ein Wort zu verlieren, setzte er sich an den Tisch und wendete seine Magie auf die Suppe an, damit er ihr die überschüssige Wärme entzog. Aufgrund dessen musste er nicht warten, bis die Suppe abkühlte und konnte sie ohne große Verzögerung genießen. Es war eine gewöhnliche Erbsensuppe und obwohl es nicht seine Leibspeise war, durfte der Feuermagier nicht wählerisch sein, da seine letzte Mahlzeit mindestens zwei Tage zurücklag und ihn nicht sättigte.

Guifford möchte sich mit mir treffen? Vielleicht will er Informationen aus mir herausbekommen oder er weiß, wer ich bin. So oder so sollte ich mich in Acht nehmen und im Zweifelsfall schnellen Prozess mit ihm machen. Diesmal werde ich der Stadt zu einhundert Prozent entkommen!, schoss ihm durch den Kopf, während er seine Suppe auslöffelte und den leeren Teller wieder auf den Tisch stellte. Sein Körper füllte sich wieder mit Stärke und er bemerkte auch, wie sich sein Mana wiederherstellte, da er nun die nötige Energie in seinem Körper besaß.

„Dann bring mich zu Guifford“, sagte Daniel mit einem befehlenden Ton und bekam daher einen unfreundlichen Blick von Elise ab, welche seufzend von ihrem Platz aufstand und den Raum verließ.

„Sind alle ausländischen Magier so unfreundlich?“, wunderte sie sich mit einer leisen Stimme, wobei er sie trotzdem hören konnte. Dennoch schenkte er ihren Worten keine Beachtung, da er sich nur darauf konzentrierte, den Anführer dieser inoffiziellen Polizei für Magier auszuschalten.

Das schwarzhaarige Mädchen klopfte gegen eine Stahltür innerhalb des Bunkerkomplexes und wartete dann für einige Sekunden, bevor sich die Tür von innen öffnete und ein großer, starker Mann in den Blick der beiden 16-Jährigen bahnte. „Ein wenig einschüchternd“ waren die Worte, mit denen sie den Anführer der Société Magique beschrieb, allerdings bemerkte Daniel, dass diese Worte eine freche Untertreibung waren. Daniel war keine kleine Person. Mit 180 Zentimetern galt er als durchschnittlich groß, allerdings thronte dieser Mann mit mindestens zwanzig Zentimetern über ihm und knallte daher beinahe mit seinem Kopf gegen den oberen Türrand. Mit einer grimmigen Miene blickte Guifford auf ihn herab, weshalb selbst der ehemalige, furchtlose Paladin der Kirche des Manas seine Angst unterdrücken musste. Für einen kurzen Moment verwechselte er diesen Mann mit einem riesigen Bären, der seine Pranken jederzeit in seinem Fleisch versenken könnte. Nicht nur war sein Gesicht von einem prächtigen und dichten Vollbart geschmückt, auch seine Arme und Beine waren deutlich mit einem dichten Fell belegt und erweckten den Eindruck eines wilden Tieres, welches sich in menschlicher Gestalt versteckte. Seine Haare waren dunkelbraun und seine Augen strahlten die gleiche Farbe aus. Sein Körperbau war sehr kräftig und sein Gegenüber würde es nicht wundern, wenn dieser Mann beiläufig ein Bodybuilder wäre. Des Weiteren trug er eine schwarze Weste und ein graues Sweatshirt sowie eine blaue Jeanshose.

„Du bist der Junge, den Elise mitgebracht hat?“, fragte Guifford auf Französisch, weshalb der Feuermagier nichts außer Elises Namen verstand.

„Guifford, er spricht kein Französisch“, teilte Elise dem Anführer ihrer Gruppe mit, weshalb der bärtige Mann ihn mit einem irritierten Anblick anschaute und sich räusperte.

„Entschuldigung. Du bist der Junge, den Elise mitgebracht hat, richtig?“, fragte er nun ein weiteres Mal, diesmal auf einer Sprache, die der weißhaarige Junge verstand, welcher einfach nur nickte und keine Worte sprach. Sein Ton klang überraschend freundlich für einen Mann seiner Statur und der gleichzeitig einen sehr grimmigen Ausdruck auf dem Gesicht besaß. „Dann komm herein und mach es dir auf einem der Stühle gemütlich.“

Elise wollte bei dem Gespräch nicht stören und entfernte sich wortlos von dem Raum, während Daniel den Raum betrat und sich umschaute. Bei diesem Zimmer innerhalb des Bunkers handelte es sich um ein weiteres Schlafzimmer, welches zu einer Art Büro umfunktioniert wurde. Ein Tisch aus Kunststoff stand in der Mitte des Raumes, wobei dieser Tisch keineswegs in ein Büro gehörte. Es war ein grauer Tisch, der auf zwei Beinen stand und eine einzelne Platte hielt. An dem Tisch befanden sich keine Schubladen und der Feuermagier vermutete, dass man solch einen Tisch eher zu einem Campingausflug mitnahm, da man diesen schnell ein- und ausklappen konnte. Auch die Stühle innerhalb des Raumes zählten zu der klappbaren Sorte, weshalb dieses „Büro“ keineswegs wie eines aussah. Genau genommen sahen sich dieser Raum und das andere Schlafzimmer sehr ähnlich.

Dennoch ignorierte Daniel diese Tatsachen und setzte sich auf einen grauen Klappstuhl, während sich Guifford auf den anderen Klappstuhl auf der gegenüberliegenden Seite platzierte. Für den weißhaarigen Jungen war es ein Wunder, dass der Stuhl nicht unter dem Gewicht des menschlichen Bären zusammenkrachte.

„Wie heißt du? Und was machst du hier in Paris?“, startete der braunhaarige Mann das Gespräch, wobei sein Gesprächspartner sich eher fühlte, als würde er Teil eines Verhörs sein.

„Daniel Astar. Ich bin hier in Paris, da ich hier mehr oder weniger gestrandet bin. Ein Zug hat mich hierhergebracht und ich komme nicht weg“, antwortete das ehemalige Mitglied der Kirche des Manas mit einer ehrlichen Stimme.

„Das ist … ungewöhnlich“, kommentierte der Anführer der Société Magique mit einem unsicheren Ton, weshalb er sich nachdenklich am Kinn kratzte. „Was hast du vorher gemacht?“

Ich kann ihn nicht über die Kirche des Manas wissen lassen!, schoss durch Daniels Kopf, welcher sich schnell eine Lüge ausdachte.

„Ich bin eine Art Reisender. Eigentlich war mein nächstes Reiseziel Deutschland, aber irgendwie habe ich mich hierher verirrt.“

„Aha“, entkam den Lippen seines Gegenübers mit einem überraschten Gesichtsausdruck. „Hast du niemanden, den du kontaktieren kannst? Eltern, Geschwister oder Freunde?“

„Nein.“

Die Antwort kam schnell und mit einer leichten Spur von Wut in der Stimme. Daniels Augen funkelten böse, wobei er seine zornige Stimmung wieder ablegte und sich beruhigte. Zurzeit hatte er keine dieser drei Menschengruppen, die ihm helfen könnten. Sein Adoptivvater war eingesperrt, sein Adoptivbruder war seine Nemesis und er besaß keine Freunde innerhalb und außerhalb der Kirche des Manas. Zumindest keine, die er innerhalb dieses Jahrs sah oder mit denen er eine Beziehung aufrechterhielt.

„Also brauchst du Geld, damit du weiterreisen kannst? Arbeite doch für uns.“

„Hä?“, entkam den Lippen des Feuermagiers, der seinen Gegenüber mit einem ungläubigen Blick anstarrte und sich wunderte, ob er sich vielleicht verhörte oder gerade Opfer eines dämlichen Streichs wurde. Schließlich überlegte er keine fünf Minuten zuvor, diesen Mann mit seiner eigenen Macht festzunehmen und an die Polizei zu übergeben. Für ihn zu arbeiten, wäre das genaue Gegenteil seiner bisherigen Ambition gewesen.

„Auch wenn du kein Französisch kannst, ist es nur halb so schlimm. Unsere Leute arbeiten sowieso immer in Teams, also müsstest du dich nur darum kümmern, irgendwelche Verbrecher zu stoppen und deinen Partnern das Reden zu überlassen“, versicherte Guifford Aubreo ihm, während er die Reaktion seines Gesprächspartners scheinbar nicht beachtete oder nicht ganz wahrnahm. Danach holte er einen Zettel sowie Stift hervor und schaute dem weißhaarigen Jungen direkt in die Augen. „Welches magische Attribut benutzt du? Und wie hoch ist dein Level? Das sind wichtige Daten, damit ich die Verbrechensbekämpfung und Aufträge entsprechend zuordnen kann.“

Daniel blieb sprachlos auf dem grauen Klappstuhl sitzen und konnte seinen Ohren nicht trauen. Sein Gegenüber lächelte ihn an und wartete gespannt auf seine Antwort, weshalb diese gesamte Szene noch viel surrealer auf ihn wirkte.

Er will mich für seine Gruppe rekrutieren? Bis vor wenigen Momenten habe ich noch mit dem Gedanken gespielt, diesen Kerl zu besiegen und an die Polizei zu übergeben, da deren Selbstjustiz höchstwahrscheinlich illegal ist. … Und jetzt will er mich anwerben? Vielleicht sollte ich diesen Riesen wirklich in Asche verwandeln. Deren illegalen Geschäften werde ich mich ganz sicherlich nicht anschließen!, überlegte der Feuermagier mit einem wütenden Verstand und wollte bereits in Aktion treten, als plötzlich ein lautes Klingeln aus Guiffords Westentasche ertönte. Es war eindeutig das Klingeln eines Smartphones, weshalb die beiden in ein kurzes, verwirrtes Schweigen fielen, bevor der braunhaarige Riese sich bei seinem Gast entschuldigte und den Anruf entgegennahm. Ab diesem Moment redete er wieder Französisch, sodass der weißhaarige Junge nur eine Seite des Gesprächs mitbekam und diese auch nicht verstand. Dennoch bemerkte er, dass der telefonierende Mann seine Stimme hin und wieder hob und einen besorgten Gesichtsausdruck zog. Eine gewisse Empörung befand sich in seinem Ton und mit einem unschlüssigen Blick beendete er das Telefonat und stand von seinem Stuhl auf.

„Es gibt ein Verbrechen, welches wir bekämpfen können. Folge mir“, sagte Guifford und lief auf die stählerne Tür zu, bevor Daniel ihn aufhielt.

„Was ist mit den anderen Mitgliedern eurer Gruppe?“

„Alle im Außendienst. Patrouille oder ähnliche Aufgaben.“

„Ich habe noch nicht versprochen, dass ich mich deiner Gruppe anschließe. Also wieso sollte ich auf dich hören?“

„Willst du unschuldige Menschen einfach so sterben lassen?!“, entgegnete der Anführer der Société Magique mit einer empörten und enttäuschten Stimme, der sich bisher nicht vorstellen konnte, dass sich jemand so wie sein Gesprächspartner verhielt. Für einen kurzen Moment ließ er seinen Emotionen freien Lauf und reagierte wütend, allerdings fasste er sich schnell und beruhigte sich wieder. „Entschuldige. Du hast natürlich recht, dass du uns nicht helfen musst. Bleib einfach so lange hier, bis es dir wieder besser geht.“

Mit diesen Worten verließ Guifford sein Büro, rief nach Elise und ließ den Feuermagier alleine zurück, welcher nun mit den Zähnen knirschte und nachdachte. Ich will mich eigentlich nicht mit diesen Leuten in Verbindung setzen oder mich weiterhin hier aufhalten. Aber es geht um Menschenleben. Obwohl mein Glauben zerschmettert ist, hat mir Connor gesagt, dass ich etwas machen soll, was mich glücklich macht. Etwas Gutes tun, sollte mich hoffentlich glücklich machen. … Verdammt, das wird bestimmt in die Hose gehen!

Plötzlich stand auch der weißhaarige Junge von seinem Platz auf und folgte dem haarigen Mann, der über zwei Meter groß war. Mit einem verwunderten Blick drehte Guifford sich um und schaute in das zwiegespaltene Gesicht seiner Begleitung, welches deutlich seine Missgunst ausstrahlte.

„Mit welchem Verbrechen haben wir es zu tun? Raub, Mord oder irgendetwas anderes?“, wunderte sich Daniel, der sich immer noch nicht sicher war, ob er die richtige Entscheidung traf, mit einer grimmigen Stimme.

„Brandstiftung. Ein verrückt gewordener Feuermagier hat mehrere Gebäude in Brand gesteckt und einen unserer Kameraden schwer verletzt.“

„Dann sollte ich helfen können. Um deine vorherige Frage endlich zu beantworten: Ich bin ein Level 10 Feuermagier“, sagte Daniel Astar mit einer emotionslosen Miene. Er konnte die Situation immer noch nicht einschätzen und fühlte sich auch nicht wohl bei dem Gedanken, der Société Magique auszuhelfen, allerdings besaßen die gefährdeten Menschen Priorität.

Nachdem alle drei Magier den Bunker verließen, befanden sie sich außerhalb der Stadt an einem kleinen Haus, welches ziemlich heruntergekommen wirkte. Es wurde deutlich, dass seit längerer Zeit kein Mensch mehr in diesem Gebäude lebte und der Schimmel an den Holzdielen festigte diese Vermutung nur weiter. Dennoch befand sich ein weißer Van neben dem Haus und beide Magier der Société Magique liefen schnurstracks auf diesen zu. Der Van besaß insgesamt sechs Türen, wovon sich zwei auf der Hinterseite befanden und in eine Ladefläche führten. Zurzeit wurde nichts auf der Ladefläche gelagert, weshalb der gesamte hintere Bereich einfach leer war.

Aus der Ferne konnte Daniel bereits die Rauchschwaden in der Luft erkennen, obwohl es nicht auf einen Großbrand hinwies. Die schwarzen Rauchschwaden befanden sich nicht allzu weit entfernt, weshalb er sich keine Sorgen um die Geschwindigkeit oder Leistung des Fahrzeugs machen musste. Viel mehr bereitete seine eigene Sicherheit ihm sorgen, da der Van keineswegs so aussah, als würde er auch nur irgendwelche Sicherheitskontrollen bestehen. Da Elise den Beifahrersitz einnahm, setzte er sich auf die Rückbank und schaute sich im Interieur um. Vom Innenspiegel hing die kleine Figur einer Meerjungfrau und das Auto benutzte immer noch Kurbeln für die Fenster, wobei die Kurbel auf seiner Seite abgebrochen war.

Langsam hauchte ein wenig Leben in das Fahrzeug und Guifford trat auf das Gaspedal, damit sich die Gruppe gemeinsam auf dem Weg zum Ort des Verbrechens begab. Daniels Blick festigte sich hierbei auf die Rauchschwaden, welche er durch die Scheiben erkannte. Auf einer digitalen Anzeige innerhalb des Fahrzeugs, bei der er sich auch ziemlich sicher war, dass es der Gegenstand auf dem neuesten technologischen Stand innerhalb des Wagens war, erkannte er das Datum und die Uhrzeit. Es war Samstag, der 25. November 2023 um 17:48 Uhr.

„Warum ist euer Hauptquartier überhaupt ein Bunker?“, wunderte er sich nun, um die Stille im Wagen zu brechen.

„Gebäude zu mieten ist sehr teuer und niemand wollte diesen Bunker haben, also konnten wir ihn uns günstig kaufen“, antwortete Guifford ehrlich, weshalb dem Feuermagier mehr Zweifel aufkamen als zuvor. Er zweifelte schon vorher an der Seriosität der Société Magique, allerdings war er sich nun ziemlich sicher, dass er es mit Idioten zu tun hatte, die ihre Freizeit nicht besser nutzen konnten.

„Wie sieht der genaue Fall aus, Guifford? Was hat Jean gesagt?“, erkundigte Elise sich nun, während sie unruhig auf ihrem Sitzplatz zitterte. Allerdings zitterte sie nicht aufgrund ihrer Furcht, sondern wegen ihrer Aufgeregtheit.

„Bei dem Verbrecher handelt es sich um einen Feuermagier, welcher mindestens Level 6 ist und wahllos irgendwelche Gebäude in Brand steckt. Ich habe mir auch schon einen Plan überlegt. Daniel, du kümmerst dich darum, die Menschen aus den Gebäuden zu evakuieren und den Brand zu löschen, während Elise und ich uns diesem Verbrecher entgegenstellen“, bestimmte der Anführer der Gruppe.

„Sollte sich nicht eigentlich die Feuerwehr um solche Rettungsaktionen kümmern? Warum muss ich die Leute retten?“

„Eigentlich sollte dir aufgrund deines magischen Attributs bewusst sein, dass magische Flammen eines Magiers viel schlimmer sind als die Flammen eines normalen Brands“, entgegnete der braunhaarige Mann mit Vollbart. Natürlich war ihm diese Information bewusst, aber Daniel wusste nicht, dass die Feuerwehr nicht mit solchen Flammen zurechtkam, da er bisher noch keinen magischen Hausbrand zu Gesicht bekam oder selbst verursachte.

„Außerdem wundert mich, was ein Level 6 Magier hier macht. Sollten die meisten starken Magier nicht entweder in Magic City oder Teil einer magischen Organisation sein?“, wunderte sich Daniel mit einer verblüfften Miene.

„Die meisten, ja. Allerdings bedeutet das nicht, dass sich keine Magier alleine durch die Welt bewegen und ihre eigenen Wege gehen. Hier in Paris oder in anderen Großstädten wirst du viele starke Magier treffen können. Du musst nur an den richtigen Orten suchen. Im Zweifelsfall sind es Verbrecher und sie kommen auf dich selbst zu, indem sie ein Verbrechen begehen“, erklärte Elise mit einem belehrenden Ton, dem der Feuermagier nicht gefiel. „Dennoch freut es mich, dass du dich unserer Gruppe angeschlossen hast.“

„Habe ich nicht. Ich will einfach nur nicht, dass Menschen sterben, welche ich retten kann. Danach werde ich mich aus dem Staub machen und meine Reise fortführen“, erwiderte der weißhaarige Junge mit einem emotionslosen Gesicht. Elise seufzte genervt und wandte ihren Blick nun ebenfalls nach draußen, wodurch sie beobachtete, wie sich der weiße Van den Rauchschwaden immer weiter näherte.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite des brennenden Gebäudes kam der weiße Van zu einem Stillstand und alle drei Magier stiegen aus. Die Feuerwehr war ebenfalls vor Ort und probierte mühselig, die Flammen des brennenden Hauses zu löschen, wobei ihre Arbeit keine Früchte trug. Des Weiteren stand eine Gruppe an Feuerwehrmännern vor dem Eingang des Gebäudes und traute sich nicht hinein, da die Flammen viel heißer waren als bei einem gewöhnlichen Brand. Eine große Menschenmenge sammelte sich vor dem Haus und schaute sich mit gespannten, traurigen und schaulustigen Blicken dieses Ereignis an.

Plötzlich kam eine Person aus der Menschenmenge auf die drei Magier zu. Er war übel zugerichtet und besaß mehrere Brandwunden an seinem Körper. Sein gesamtes Gesicht trug eine rötliche Farbe und er verlor aufgrund des Feuers des Brandstifters die Hälfte seiner braunen Haare. Mit einer panischen Stimme erzählte er ihnen von der Lage auf Französisch, wobei Elise für Daniel übersetzte.

„Der Verbrecher befindet sich einige Straßen weiter und wird dort wahrscheinlich das nächste Gebäude anzünden wollen. Wenn wir uns noch beeilen, sollten wir rechtzeitig dort auftauchen. Bei dem Verbrecher handelt es sich um einen Mann mit feuerroten Haaren. Man kann ihn nicht übersehen!“

„Dann sollten wir uns schnellstmöglich auf den Weg machen und diesen Verbrecher stoppen!“, bestimmte Guifford mit einer ernsten Miene und setzte sich in Bewegung, wobei Jean ihn aufhielt.

„Und was ist mit dem Brand? Die Feuerwehr kommt damit nicht zurecht und braucht Hilfe. Es befinden sich noch mindestens zwei Personen im Gebäude!“, wunderte sich Jean mit einer panischen Stimme, woraufhin der vollbärtige Riese auf Daniel zeigte und voller Gelassenheit antwortete.

„Dieser Junge wird sich darum kümmern.“

In seiner Stimme befand sich Vertrauen, obwohl sein Vertrauen keineswegs berechtigt war. Er kannte den weißhaarigen Jungen nicht und hatte bisher eigentlich nur einen schlechten Eindruck von ihm. Und dennoch legte er sein Vertrauen in diese fremde Person, welche sich bisher deutlich gegen eine Kooperation mit der Société Magique sträubte. Da Guifford diese Worte auf Englisch sagte, konnte Daniel sie verstehen, weshalb er ebenfalls sehr überrascht von dieser Aussage war und ihn daher mit einem unschlüssigen Blick anschaute. Jean musterte den Feuermagier von oben bis unten mit einem misstrauischen Blick, den er allerdings schnell ablegte, da sein Anführer dieser Person vertraute und er deshalb das gleiche Vertrauen in ihn legen wollte.

Ohne viele Worte zu verlieren, spaltete sich die Gruppe in zwei kleinere Gruppen, wobei Daniel der Einzige war, welcher am Ort des Brands blieb, während die anderen drei Magier gemeinsam zu dem Brandstifter rannten. Da er kein Wort Französisch sprach und sich dementsprechend nicht mit der Feuerwehr verständigen konnte, lief er wortlos auf das brennende Haus zu und konzentrierte seine Magie auf die Flammen, welche im Inneren des Gebäudes wüteten. Langsam und zögerlich entfernte er die Kraft hinter den Flammen, bevor sie beinahe komplett erloschen. Dennoch war das Feuer immer noch zu stark für die Feuerwehr, weshalb er seinen eigenen Körper mithilfe seiner Magie in Brand steckte und durch die aufgerissene Fronttür des Hauses rannte. Diese Technik schaute er sich bei einer wahnwitzigen Feuermagierin aus Magic City ab, die ihn im Kampf besiegte. Die Feuerwehr sowie die schaulustigen Passanten wollten ihn eigentlich stoppen, allerdings bewegte er sich zu schnell und befand sich bereits inmitten des Flammenmeers.

Sein gesamter Körper wurde von den Flammen des gegnerischen Flammenmagiers verschont, und da seine eigene Magie auf ihn wirkte, verbrannte er nicht. Dennoch wurde seine Atmung aufgrund des Rauchs schwerer und die Temperatur um ihn herum stieg deutlich in die Höhe. Der Feuermagier fühlte sich so, als würde er sich in dem Inneren eines Ofens befinden, weshalb er immer mehr von seinem eigenen Mana auf das brennende Haus wirkte und die Flammen weiter abschwächte. Währenddessen schaute er sich in den verschiedenen Räumen des Hauses nach den überlebenden Personen um.

Als er ein Schlafzimmer betrat, entdeckte Daniel Astar eine junge Frau, welche neben ihrem Bett auf dem Boden lag. Mit schnellen Schritten rannte er zu ihrer Seite und checkte ihren Puls. Sie war bewusstlos, aber noch am Leben, weswegen er schnell handelte und die Einwirkung seiner Magie auf seinen eigenen Körper stoppte. Er konzentrierte seine magische Energie auf seine Handfläche, schoss einen Feuerball auf die Fensterscheiben in dem Schlafzimmer und sprang aus dem Gebäude heraus, während er die Frau fest in den Armen hielt. Draußen war es viel kühler und ihm wurde der Temperaturunterschied sehr deutlich, weshalb er erleichtert aufatmete und die Frau auf das Gras in ihrem Garten legte.

Danach schoss er einen weiteren Feuerball auf die Hintertür und entfernte diese aus seinem Weg, woraufhin ihm viele Flammen entgegenschossen. Mit Leichtigkeit bändigte der Feuermagier dieses Feuer und betrat das Gebäude erneut, damit er sich nach der zweiten Person umschauen konnte. Dafür umhüllte er sich wieder mit Flammen und schaute sich jeden einzelnen Raum genau an, während er die Flammen immer weiter schwächte. Dieser Vorgang zerrte an seinen Manareserven und eine gewisse Erschöpfung machte sich in seinem Körper breit, da er sich trotz seiner Mahlzeit vor einer halben Stunde weder ausgeruht noch erholt fühlte.

Ich stürze schon beinahe zusammen und kann nicht einmal zwei Leute aus einem brennenden Haus retten. Wie erbärmlich. Ich bin mir sicher, dass dieser stachelhaarige Vollidiot diese beiden Menschen bereits gerettet und alle in Sicherheit gebracht hätte. Ich bin einfach nicht dazu gemacht, ein Held zu sein, dachte der weißhaarige Junge und entdeckte die zweite Person, ein kleines Mädchen, welches keine zehn Jahre alt sein konnte, in einem Kinderzimmer. Der Großteil des Kinderzimmers brannte bereits nieder und es befanden sich daher keinerlei Anzeichen von irgendwelchen Spielzeugen, die dieses junge Mädchen einst besaß.

Dennoch erkannte Daniel ein Wunder. Sie war noch bei Bewusstsein und stellte sich in eine Ecke ihres Zimmers, in der sie sich vergeblich vor den Flammen verstecken wollte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie weinte leise vor sich hin. Er wusste nicht, wie lange dieser Brand bereits anhielt, allerdings konnte er nicht glauben, dass dieses kleine Mädchen nicht bewusstlos wurde oder sogar bereits starb, während ihre Mutter ihr Bewusstsein verlor und kurz vor dem Tod stand. Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen des ehemaligen Mitglieds der Kirche des Manas, während er den Raum betrat und mit zielstrebigen Schritten auf das junge Mädchen zulief, welches irgendwie unversehrt war. Ihr langes, braunes Haar und ihr blaues Kleidchen, welches ihr bis zu den Knien ging, trugen keine Schäden aus diesem Brand, weshalb er wirklich an ein Wunder glaubte.

Dann traf ihn ein Feuerball an seinem Rücken und ließ ihn mit seinem Gesicht voraus auf den Boden knallen. Der Feuerball besaß genug Kraft in sich, dass er für einen kurzen Moment nicht atmen konnte und er deshalb verzweifelt nach Luft schnappte, wobei nur der schwarze Rauch eingesaugt wurde. Nun verfiel er einem Hustenanfall und hielt sich seinen Hals mit seiner rechten Hand, woraufhin er einen schockierten Blick hinter seine Schulter warf und dort einen Mann mit feuerroten Haaren erspähte. Der Mann hatte gelbe Augen und trug eine zerrissene, schwarze Jacke sowie eine ledrige, braune Hose.

Wie? War der Typ nicht ein paar Straßen weiter? Sollten sich nicht Guifford, Elise und Jean um den Kerl kümmern? Warum ist er hier?, wunderte sich der weißhaarige Junge in Gedanken und richtete sich wieder auf. Aufgrund seiner Erschöpfung stand er nur sehr holprig auf beiden Beinen und merkte, dass seine Sicht verschwommen war.

„Es gab doch einen Helden, der sich in die Flammen wagte. Lass mich raten: Du dachtest, ich arbeite alleine? Leider muss ich dich enttäuschen, da mein Zwillingsbruder und ich dich in eine perfide Falle lockten“, verspottete der feindliche Feuermagier ihn auf Französisch, weshalb Daniel kein Wort verstand. Vor ihm stand der Brandstifter Jules Laflamme.

„Ich habe keine Ahnung, was du gerade gesagt hast, allerdings werde ich dich nicht einfach so ungeschoren davonkommen lassen“, drohte das ehemalige Mitglied der Kirche des Manas seinem Gegner und spreizte die Finger seiner rechten Hand, in denen sich nun ein großer Feuerball formte. Dennoch warf er diesen Feuerball absichtlich auf den Boden, wodurch eine kleine Explosion und viel schwarzer Rauch entstand, der den Sichtkontakt zwischen den beiden Feuermagiern abbrach. Daraufhin rannte er zu dem weinenden Mädchen, nahm sie in seine Arme und flüchtete aus dem Gebäude, indem er ein weiteres Fenster aufschoss.

„Renn. Deine Mutter liegt im Garten, also hol die Feuerwehr und renn weg“, befahl er dem Mädchen und tätschelte ihren Kopf mit seiner linken Hand auf eine sanfte und liebevolle Weise. Das Mädchen verstand keines seiner Worte und hörte nicht auf zu weinen, wobei sie sich dennoch von dem brennenden Haus entfernte und auf die Straße zulief. Nun musste der Feuermagier sich eine Strategie überlegen, wie er seinen Feind besiegen konnte. Er wollte sich nicht auf die Kraft seines Engels verlassen, da diese Kraft wenige Wochen zuvor in Magic City außer Kontrolle geriet. Des Weiteren war er sehr erschöpft und konnte nicht mehr klar sehen, weshalb er sich unsicher war, ob er eine direkte Konfrontation mit dem Brandstifter überhaupt überleben würde.

Er würde schnurstracks wieder in das Haus rennen und sich dem Kerl entgegenstellen, richtig? Wie gesagt, ich bin wirklich nicht dazu gemacht, ein Held zu sein, schoss durch den Kopf des weißhaarigen Jungen, welcher wieder durch das Fenster zurück in das Kinderzimmer sprang und in das Gesicht seines irritierten Feindes schaute.

„Du kommst zurück? Bist du einfach nur lebensmüde oder unfassbar dumm?“, fragte der Mann auf Französisch. Wortlos sammelte das ehemalige Mitglied der Kirche des Manas sämtliches Feuer an seinem Körper in seiner rechten Handfläche und erschuf somit einen großen Feuerball, welcher beinahe die Decke des Zimmers berührte. Gleichzeitig sog er auch die Flammen innerhalb des Raums auf und fügte sie seinem Zauber hinzu. Dann ballte er seine rechte Hand zu einer Faust, wodurch er den Feuerball auf eine kleine Größe komprimierte.

Das Haus kann man sowieso nicht mehr retten, dachte er und schmiss den zusammengepressten Feuerball auf den rothaarigen Mann, welcher dem Geschoss auswich. Dennoch kollidierte es mit der Wand im Flur außerhalb des Kinderzimmers und explodierte deswegen, wodurch eine riesige Feuerexplosion sowie eine mächtige Schockwelle entstanden, welche den Brandstifter von den Füßen fegten und seinen gesamten Rücken versengten. Das Haus stürzte aufgrund der Explosion beinahe ein und die Decke drohte auf die beiden Magier herunterzufallen. Die Personen außerhalb des Gebäudes schauten sich diesen Zauber mit einer gewissen Furcht an und wurden sich sicher, dass keine Person im Inneren des Hauses überlebte.

Dennoch richtete sich der Feuermagier Jules Laflamme mühselig wieder auf und stellte sich auf beide Beine, während sich sein Gegenüber bereits für seinen nächsten Zauber vorbereitete, wofür er einen weiteren Feuerball erschuf. Pure Emotionslosigkeit spiegelte sich in Daniels blauen Augen wieder, während er den nächsten Feuerball zusammendrückte. Das Haus brach beinahe zusammen und die nächste Feuerexplosion würde definitiv dafür sorgen, dass das Gebäude einstürzte. Damit gab er sich zufrieden, da hinter ihm immer noch ein offenes Fenster war.

In einer Art Verzweiflungstat rannte Jules Laflamme auf seinen Kontrahenten zu und wollte ihn auf den Boden schmeißen, da er bemerkte, dass Daniel Astar sich kaum noch auf seinen Beinen halten konnte. Allerdings rechnete der weißhaarige Junge mit dieser Möglichkeit und verteilte nun die magische Kraft des zusammengepressten Feuerballs in seiner rechten Handfläche auf seinen gesamten rechten Arm, sodass dieser sich mit Flammen umschloss und lodernd brannte. Der Brandstifter bemerkte diese Planänderung und erschuf nun selbst ein Feuerprojektil in seiner rechten Hand, damit er auf Abstand bleiben konnte und sich somit wieder einen Vorteil verschaffte.

Dennoch war Daniel Astar kein Amateur. Er war ein ehemaliger Paladin der Kirche des Manas, welcher von einem Engel auserwählt wurde. Er besaß genug Kampferfahrung und wusste genug über seine eigene Magie, um sich nicht von einem simplen Verbrecher, der schwächere Magie als er besaß, besiegen zu lassen. Deshalb schlug er mit seiner rechten Faust in die Luft und entließ die gesamte Feuermagie, welche sich auf seinen rechten Arm konzentrierte, wie ein Projektil nach vorne. Das feurige Geschoss kollidierte mit dem Verbrecher und schmiss ihn mit hoher Geschwindigkeit gegen eine Wand, wodurch er jegliches Bewusstsein verlor.

Inzwischen waren die brennenden Flammen, welche das Haus konsumierten, schwach genug, sodass die Feuerwehr das Feuer löschen konnte. Deshalb stürmten einige Feuerwehrmänner in das Haus und sahen dort den bewusstlosen Brandstifter sowie den weißhaarigen Jungen, der sich mit sehr viel Mühe auf beiden Beinen hielt.

„Das ist der Brandstifter. Die andere Person, welche sich in diesem Gebäude befand, liegt bewusstlos im Garten“, teilte Daniel den Männern in Uniform mit, woraufhin er mit holprigen Schritten das Gebäude verließ und sich wieder neben den weißen Van der Société Magique stellte. Das kleine Mädchen, welches er rettete, befand sich in Sicherheit und wurde von den anderen Einsatzkräften umsorgt, da ihre Tränen noch nicht versiegten.

In der Zwischenzeit begaben sich die drei anwesenden Mitglieder der Société Magique zu einer nahe gelegenen Straße, wo Jean das letzte Mal Sichtkontakt zu dem Verbrecher aufbaute. Die Straße war wie leer gefegt und abgesehen von der Sonne, die langsam wieder vom Himmel hinabstieg und unterging, befand sich nichts in Sichtreichweite. Die meisten Personen, die sich sonst auf dieser Straße bewegen würden, befanden sich zurzeit in der Nähe des brennenden Hauses und befriedigten dort ihre Neugierde oder Schaulust. Diese Tatsache kam den drei Magiern entgegen, da sie somit nicht auf Zivilisten achten mussten, falls es zu einer Konfrontation mit dem feindlichen Feuermagier käme.

Die Wolken am Himmel waren rar gesät und ein kühler Wind blies durch die Straßen von Paris. Noch erfüllte die Sonne ihre Aufgabe und schenkte dem Erdboden ihr Licht, sodass die Straßenlaternen ausgeschaltet bleiben durften. Eine gewisse Anspannung befand sich in der Luft, da sich alle drei Mitglieder der Société Magique in alle Richtungen umschauten und ihre Augen für einen vermeintlichen Hinterhalt offenhielten. Dennoch waren sie sich sicher, dass ein Kampf innerhalb kürzester Zeit enden würde, da sie starke Magier waren und eine Überzahl besaßen.

Plötzlich hörten sie eine laute Explosion, welche aus der Richtung des brennenden Hauses kam, und schauten mit erschrockenen Blicken in die ungefähre Richtung, in der sie Daniel alleine ließen. Mehr schwarzer Rauch schoss in den Himmel und alle Magier wunderten sich, was dort geschah. Diesen kurzen Moment der Unaufmerksamkeit nutzte der Angreifer nun, um einen großen Feuerball auf seine Gegner zu schießen, wobei Jean Loup schnell reagierte und eine Mauer aus Pflanzen und Ranken vor sich und seinen Gefährten erschuf. Seine Naturmagie war zwar sehr schwach und definitiv im Nachteil gegen Feuermagie, allerdings reichte sie in diesem Fall aus, um das Projektil zu stoppen, obwohl seine Schutzmauer nun komplett niederbrannte und spurlos verschwand. In ihren Blick bahnte sich ein Mann mit feuerroten Haaren, der genauso aussah wie Jules Laflamme. Schließlich handelte es sich bei dieser Person um seinen Zwillingsbruder Germain Laflamme, welcher anders als sein Bruder keine Lederkleidung, sondern Stoffkleidung trug. Diesmal bereitete sich Guifford auf den Gegenangriff vor, wobei Germain ihn nur mit einem müden Gesichtsausdruck belächelte und nicht ernst nahm.

Das Dreiergespann hatte recht mit ihrer Vermutung. Der Kampf endete innerhalb einer Sekunde, da Guifford Aubreo seine Schwerkraftmagie wirkte und den feindlichen Feuermagier zu Boden drückte. Die Schwerkraft, welche auf Germain Laflamme wirkte, war nicht stark genug, um ihn oder seinen Körper zu zerquetschen, allerdings konnte er sich nicht gegen die pure und überlegene Macht eines Level 12 Schwerkraftmagiers wehren und sich daher auch nicht vom Boden erheben. Es wirkte beinahe so, als würde sich ein tonnenschweres Objekt auf seinem Rücken befinden und ihn zu Boden drücken, ohne dabei seinen Körper zu beschädigen. Da Guiffords magische Kontrolle sehr präzise war, bemerkten seine beiden Gefährten keinerlei Änderung der Schwerkraft und erlitten nicht dasselbe Schicksal wie der Flammenmagier.

Ein wenig überrascht von der Tatsache, wie schnell das Gefecht endete, brauchte Elise Cameau einige Sekunden, ehe sie schaltete und den Verbrecher mithilfe ihrer Fadenmagie umwickelte und sicherstellte, sodass dieser sich auch ohne die Wirkung der Schwerkraftmagie nicht bewegen konnte. Aufgrund dessen stoppte der Anführer der Société Magique seine Magie und ging in einem normalen Lauftempo auf den Verbrecher zu, woraufhin er diesen auf seine Schulter hievte und mit sich schleppte. Das Gesicht des feindlichen Feuermagiers strahlte seine Furcht und seinen Unglauben aus, da er nicht wahrhaben konnte, dass er innerhalb kürzester Zeit besiegt wurde.

Nach einigen Minuten kamen sie zurück zu dem weißen Van, bei dem sie einen sehr erschöpften und müden Daniel trafen, welcher bereits auf die drei Magier wartete. Mit einem verwunderten Blick schaute er sich den Mann auf Guiffords Schulter an und zog ein ungläubiges Gesicht.

„Wie lief es bei dir, Daniel? Konntest du die Leute aus dem brennenden Haus retten?“, erkundigte sich der haarige Mann mit einer besorgten Stimme, während er seinen Blick über den Körper seines Gesprächspartners wandern ließ.

„Alle wurden gerettet und das Feuer wurde gelöscht. Allerdings verstehe ich nicht ganz, wie der Typ mich angreifen konnte und jetzt auf deiner Schulter ist. Jemand, der genauso aussah wie er, hat mich innerhalb des Gebäudes angegriffen“, berichtete der Feuermagier mit einer verwunderten Miene. Diese Aussage löste ein wenig Verwirrung bei den Mitgliedern der Société Magique aus und sie schauten sich mit unschlüssigen Gesichtern an, da sie auf keinen logischen Schluss für diese Tatsache kamen.

„Das ist ein wenig verwirrend, aber viel wichtiger ist dein Zustand. Du siehst ziemlich mitgenommen und erschöpft aus“, sorgte sich der Anführer der Gruppe um den körperlichen Zustand des weißhaarigen Jungen.

„Mach dir keine Sorgen. Ich brauche nur ein wenig Ruhe und dann sollte es mir wieder besser gehen. Ein wenig Erschöpfung kann jemanden wie mich nicht besiegen“, erwiderte Daniel Astar mit einer sicheren und arroganten Tonlage.

„Wenn du auf diese Weise denkst, wirst du nicht lange leben. Trotz deines Talents“, meinte Guifford mit einem ruhigen Gesichtsausdruck. Sein Gesicht und seine Stimme zeigten keine Anzeichen von Ablehnung oder Vorwurf, was den Feuermagier sehr verwunderte. Trotz seines bisherigen Verhaltens und seiner klaren Ablehnung gegenüber der Société Magique sorgte sich der Vollbärtige um das Wohlergehen einer fremden Person und wollte ihm daher möglichst schnell die Ruhe bieten, die er brauchte. „Talent ist nur eine Sache, die einen starken Magier ausmacht. Es sind auch seine Kameradschaften, damit er weiterhin wachsen kann, die einen großen Teil ausmachen. Meine Philosophie besagt, dass ich Dinge brauchen, die ich beschützen kann oder auch beschützen möchte, damit ich weiterhin als Magier wachsen und über meine Grenzen hinausgehen kann. Dazu zählen meine Kameraden und die unschuldigen Personen von Paris, über die wir wachen. Hast du auch solche Personen in deinem Leben, Daniel?“

Auch diese Aussage trug keinen Vorwurf mit sich, sondern wurde aus einem ehrlichen und sorgsamen Interesse geäußert. Der weißhaarige Junge, der sich bisher immer als eine talentierte Person sah, welche Glück verdiente, schaute direkt in die Augen seines Gesprächspartners und erkannte keine Feindseligkeit darin. Die letzten vier Jahre seines Lebens machten ihm deutlich, dass Talent wichtig war und Glück brachte. Personen würden eine andere Person nur gut behandeln, sofern sie talentiert war und diese Anerkennung oder dieses Glück verdiente. Dennoch war Guifford Aubreo nun die zweite Person, die diese Weltanschauung mit ihrer Handfläche umschloss und zerschmetterte, wobei er es eher unabsichtlich tat. Schließlich kannte er Daniel Astar nicht und wusste nichts über seine Weltanschauung oder seine Vergangenheit.

Der ehemalige Paladin der Kirche des Manas starrte in die Augen seines Gegenübers und knirschte mit den Zähnen, während er mit einer traurigen Stimme hervorpresste: „Habe ich nicht. Solche Leute befinden sich nicht in meinem Leben. Habe ich jetzt als Magier versagt? Habe ich keine Chance mehr?“

„Das klingt ziemlich deprimierend, also hebe deinen Kopf ein wenig an“, erwiderte der Anführer der Gruppe mit einem aufmunternden Ton. „Es ist nie zu spät, eine Person oder Gruppe zu finden, der du dich anschließen möchtest. Leute, die dir wichtig sein können, befinden sich auf überall auf diesem Planeten. Vielleicht wirst du sie auf deiner weiteren Reise finden, aber vielleicht weißt du auch nur noch nicht, dass du sie bereits gefunden hast. Was ist denn zurzeit dein Ziel, Daniel? Warum reist du?“

„Ich möchte glücklich sein“, antwortete der Feuermagier mit einer ungewissen Stimme und der Realisierung, dass er keine genaue Antwort wusste. Er wollte Zero jagen und aus diesem Grund stärker werden, allerdings wollte er auch sein eigenes Glück finden. Elise und die anderen anwesenden Mitglieder der Société Magique schauten ihn mit mitleidigen Blicken an.

„Wollen wir zurück zum Hauptquartier fahren? Dort kannst du dich ausruhen“, schlug sie nun vor, damit sich das Gesprächsthema in eine andere und etwas fröhlichere Richtung bewegte.

„Wie funktioniert eure Arbeit eigentlich? Könnt ihr euch überhaupt irgendwie finanzieren oder wie bleibt ihr als Gruppe bestehen, wenn die Regierung nichts von euch weiß?“, wunderte sich der weißhaarige Junge nun, während Jean und Elise in den weißen Van einstiegen, sodass bloß er und Guifford übrig blieben.

„Die Regierung weiß nichts über uns? Lass mich raten: Elise hat dir diesen Humbug erzählt, oder?“, fragte der bärtige Mann und schlug sich die Hand vor sein Gesicht, als Daniel bestätigend nickte. „Die Regierung weiß offiziell nichts von uns, aber natürlich sind sie keine blinden Idioten, welche das Offensichtliche nicht mitbekommen. Sie erkennen uns offiziell nicht an, wobei sie uns hinter verschlossenen Türen dankbar sind und uns für unsere Arbeit entlohnen. Deswegen wird jedem unserer Mitglieder auch ein monatliches Gehalt gezahlt.“

„Dann möchte ich auf dein Angebot zurückkommen, Guifford. Ist es okay, wenn ich solange bei euch mitarbeite, bis ich meinen eigenen Weg gefunden habe? Die beiden Personen in dem brennenden Haus zu retten, hat mich mit einer gewissen Freude gefüllt, weshalb ich gerne wüsste, ob mir diese Arbeit gefällt. Allerdings kann ich es dir nicht verübeln, wenn-“, erkundigte sich der Feuermagier mit einer interessierten Stimme, wobei er unterbrochen wurde, bevor er seinen Satz beenden konnte.

„Gerne. Wir können immer mehr Leute gebrauchen und du scheinst stark zu sein, was umso besser ist“, willigte der Anführer der Société Magique ein, wodurch sein Gesprächspartner ein wenig ins Stocken kam und nicht ganz wusste, wieso er trotz seines bisherigen Verhaltens akzeptiert wurde. Dennoch freute er sich, dass er sich dieser Gruppe anschließen durfte. Guifford erinnerte ihn an eine andere Person, weswegen er sich wahrscheinlich in gewisser Hinsicht bei ihm geborgen fühlte.

Danach stiegen die beiden Magier zusammen in den weißen Van ein und fuhren zurück zum Bunker außerhalb der Hauptstadt Frankreichs. Dort verkündete der braunhaarige Riese die Botschaft, dass Daniel sich als neuestes Mitglied der Gruppe anschloss, weshalb Elise und Jean sich freuten. Während der ganzen Freude fiel dem ehemaligen Mitglied der Kirche des Manas eine Frage ein, über die er schon seit seinem Aufwachen in dem Bunker nachdachte.

„Wie lebt es sich eigentlich in einem Bunker? Vermisst keiner von euch sein eigenes Heim?“

„Was meinst du? Ich lebe bei meinen Eltern und komme immer nach dem Ende des Schultages erst vorbei“, erwiderte Elise mit einer gewissen Selbstverständlichkeit in ihrem Ton, weswegen das neueste Mitglied ihrer Gruppe sie mit einem ungläubigen Blick musterte. In gewisser Hinsicht fühlte er sich von ihr verraten, weshalb seine Augen nun hoffnungsvoll zu Jean wanderten.

„Ich lebe ebenfalls in meiner eigenen Wohnung. Ich glaube nur Guifford wohnt in dem Bunker, aber er verbringt sowieso den ganzen Tag dort, also bräuchte er kein eigenes Heim“, fügte Jean hinzu, weshalb der Feuermagier ungewiss zwischen den beiden hin- und herschaute.

„Ich bin nicht mehr der Einzige. Daniel wird jetzt höchstwahrscheinlich auch in den Bunker einziehen, da er kein eigenes Heim hat“, schaltete sich Guifford ein, der auf dem Fahrersitz saß. Als Reaktion auf diese neue Information sank der weißhaarige Junge tief in seinen Sitz und ließ sich beinahe von dem Leder des Sitzes aufnehmen. Er sah eine gewisse Hoffnung darin, dass er zumindest mit den vielen anderen Mitgliedern der Société Magique zusammen in einem Bunker wohnen würde, allerdings stürzte diese Hoffnung schnell auf den Boden, da er nun wusste, dass er nur mit Guifford zusammenlebte. Obwohl er sich bei dem bärtigen Riesen in gewisser Hinsicht geborgen fühlte, wollte er nicht alleine mit ihm zusammenwohnen. Dies war für ihn eine Intimitätsgrenze, welche er nicht überschreiten wollte.

Für die restliche Fahrt blieb Daniel Astar weiterhin tief in seinem Sitzplatz eingesunken und sah somit aus wie ein bockiges Kleinkind, welches nicht seinen Willen durchgesetzt bekam, wobei sein Blick und Gesichtsausdruck eher einer Person ähnelte, die beim Arzt eine schlechte Diagnose hörte. Elise bemerkte sein Aussehen, dachte allerdings, dass er nur sehr ausgelaugt und erschöpft war, womit sie zumindest die halbe Wahrheit entdeckte.

Als der weiße Van beim Bunker stoppte, stieg der Feuermagier alleine aus und begab sich zurück in den unterirdischen Komplex, während der Anführer der Gruppe seine beiden Kameraden zurück zu ihren Heimen brachte. Je tiefer der weißhaarige Junge in dem Bunker war, desto lauter wurde das Echo, welches seine Schritte widerhallen ließ. Der unterirdische Komplex war inzwischen leer, da René Fournier sich inzwischen ebenfalls auf den Heimweg begab.

Zu seinem Glück fand Daniel noch einen Rest von der Erbsensuppe vor und stellte sich eine gefüllte Schale in die Mikrowelle, welche mit einem sehr langen Kabel mit einem Stromgenerator verbunden war, der den gesamten Bunker mit Strom versorgte. Wie auch in den Schlafräumen gehörten die Stühle sowie Tische zu der klappbaren Sorte und hatten ausnahmslose die gleiche Farbe. Ein eintöniges Grau. Nichtsdestotrotz konnte er sich über die Tatsache freuen, dass er überhaupt ein Dach über dem Kopf hatte und ihm eine sichere Nahrungsquelle zur Verfügung stand, sodass er nicht mehr klauen oder betteln musste.

Es war sein erster Tag bei der Société Magique und er befand sich in einem Land, dessen Sprache er nicht sprach oder verstand, weshalb er den Entschluss fasste, dass er zumindest die französische Sprache lernen wollte, damit er sich auch alleine in diesem Land zurechtfinden konnte. Da ihm dafür allerdings die Energie fehlte, verschob er den Anfang seiner Pläne auf den kommenden Tag und legte sich fürs Erste in das Bett, in dem er vor wenigen Stunden aufwachte.

Ist das mein Neuanfang? Liegt hier mein Glück? Ich soll mir mein Glück selbst schaffen, also muss ich wohl das Beste aus dieser Situation machen. Ich hätte mir vor vier Jahren niemals ausmalen können, dass mein Beitritt bei der Kirche des Manas mich in einen Bunker in der Nähe von Paris bringt. Zumindest ist diese Verbrechensjagd keine Selbstjustiz. Die So-soci … was auch immer ist eine inoffiziell anerkannte Gruppe, welche ihre Mitglieder sogar bezahlt. Wenn ich genug Geld gemacht habe, kann ich mich von der Gruppe spalten und meinem eigenen Weg widmen. Außerdem muss ich stärker werden, damit ich Zero besiegen kann. Was Connor wohl zurzeit macht? Hm. Ich bin mir sicher, dass es ihm gut geht und er weiterhin aktiv an seinem Glück arbeitet. So kenne ich ihn halt. Also sollte ich mich nicht von ihm abhängen lassen und muss schleunigst hinterher. Ich werde mich nicht noch einmal von ihm besiegen lassen!

Pizzaparty, Klausuren, die neue Top Ten und Pech

In den letzten beiden Stunden des Montagsunterrichts hatte die Klasse 11c der Magieschule und Gymnasium Magic City Sportunterricht. Normalerweise wäre das Grund zur Freude bei den meisten Schülern, allerdings war die strenge Frau Ravenstein, welche ehemals ein Drill Sergeant für das Militär war, die Lehrerin dieses Schulfachs. Dabei wandte sie ihre Berufserfahrung aus dem Militär an ihren Schülern an und gestaltete den Sportunterricht höllisch schwierig für alle beteiligten Schüler.

In diesem Moment durfte Connor Astar die Strenge seiner Lehrerin am eigenen Leib erfahren, da er während ihrer Erklärung einige Worte mit einem seiner Freunde wechselte und sie diese vermeintliche Respektlosigkeit mitbekam. Deshalb jagte sie ihn zu diesem Zeitpunkt über den Sportplatz außerhalb der Sporthalle, während er wie so häufig sein eigenes Pech verfluchte. Seine Klasse wagte es nicht, sich in dieses Unterfangen einzumischen, weshalb sie ihn bereitwillig opferten. Letztendlich hatte er auch aber selbst Schuld für sein Fehlverhalten und musste nun mit den Konsequenzen leben.

Obwohl der stachelhaarige Windmagier ein athletischer Junge war, der durchaus trainiert war, konnte er nicht mit der Stärke und der athletischen sowie körperlichen Leistung seiner strengen Lehrerin, welche feuerrotes Haar besaß, mithalten. Aufgrund dessen konzentrierte er sein Mana in seine beiden Beine und erhöhte somit künstlich seine eigene Geschwindigkeit, damit er seinen eigenen Nachteil ausglich. Allerdings rannten beide Magier nun schnurstracks auf den grünen, hohen Schulzaun aus Eisendraht zu, welcher mehrere Meter hoch war und eigentlich verhindern sollte, dass irgendwelche Bälle außerhalb des Schulgeländes geschmissen wurden. Mit einer gewieften Taktik im Kopf fokussierte der grünäugige Schüler der Klasse 11c seine magische Energie auf seine Fußsohlen und sprang danach in die Luft, woraufhin er seine Magie aktivierte und einen Windantrieb unter seinen Fußsohlen erschuf, sodass er mehrere Meter in die Luft flog und sogar an dem Zaun vorbeikam. Sein Gesicht zeigte ein zuversichtliches Lächeln, da er sich sicher war, dass er der Bestrafung seiner Lehrerin entkam. Nun ließ er sich wieder auf den Boden fallen und erhöhte dafür seinen eigenen Gegenwind, damit dieser seinen Fall abbremste.

Nur rechnete er nicht ganz mit der Möglichkeit, dass die strenge Erika Ravenstein sich mithilfe ihrer Feuermagie einfach durch den Drahtzaun hindurchbrannte und bereits auf der anderen Seite auf ihn wartete. Seine Augen weiteten sich bei dieser Realisierung, allerdings konnte er bereits nichts mehr gegen die folgende Ereignisabfolge unternehmen, sodass seine Lehrerin ihn aus der Luft schnappte und zurück auf den Sportplatz zerrte. Jeglicher Versuch, sich zu wehren, würde scheitern und dies war Connor durchaus bewusst, weshalb er nichts probierte und sich seinem Schicksal beugte. Seine Klasse schaute ihn mitleidig an, wobei seine beiden Freunde Alex Folk und Minato Nakamura das meiste Mitleid für ihn verspürten, da sie sich nicht die Bestrafung ihres besten Freundes anschauen wollten.

Und dennoch, zur Überraschung aller anwesenden Schüler, ließ die strenge Lehrerin mit feuerroten Haaren ihren Schützling wortlos los und trat ihm mit ihrem rechten Fuß leicht in den Hintern, damit er sich wieder neben seinen Mitschülern aufreihte. Die gesamte Klasse wartete nun voller Furcht auf den folgenden Befehl des ehemaligen Drill Sergeants, weshalb man sich wirklich fragen könnte, warum solch eine Person überhaupt Jugendliche unterrichten durfte. Ihre Augen ähnelten einem Raubtier, welches sich seine Beute anschaute, während sie mit ihrem Blick durch die Schülerreihen wanderte und jeder einzelnen Person ins Gesicht starrte. Normalerweise könnte man davon ausgehen, dass man eine militärische Gruppe sieht, die sich vor ihrem Drill Sergeant aufstellen musste, allerdings handelte es sich hierbei um Schüler der elften Klasse, die sich vor ihrer Sportlehrerin versammelten.

„Um dort weiterzumachen, wo ich gerade unterbrochen wurde: Ihr müsst euch selbst eine Form der Beschäftigung suchen, während ihr auf das Ende des Schultages wartet. Ihr seid sechzehn Jahre alt und daher beinahe erwachsene Menschen, weshalb ihr mit dieser Aufgabe klarkommen solltet. Sobald der Nachmittagsunterricht endet, werde ich euch abholen und mit euch zusammen den Weg zur Pizzeria antreten. Schließlich habt ihr euch diese Belohnung verdient“, erklärte Frau Ravenstein mit einem ernsten Gesichtsausdruck, der auch einen gewissen Stolz über die Leistung ihrer Schüler enthielt. Sie redete von der bevorstehenden Pizzaparty, welche sich die Klasse als Belohnung für ihre Leistung beim Sportfestival in Magic City verdiente. Es war eine sehr ersehnte Party, welche in wenigen Stunden ihren Start finden sollte. „Dennoch ist der Sportunterricht noch nicht vorbei, weshalb ihr euch körperlich betätigen müsst. Daher rennen alle außer Connor fünf Runden auf dem Platz, wobei unser Störenfried zehn Runden antreten darf.“

Eine einzelne Runde auf der Rundstrecke des Sportplatzes betrug vierhundert Meter, weshalb diese Aufgabe bereits kein Aufwärmtraining war. Und dennoch musste der ungehorsame Windmagier die doppelte Strecke laufen, wobei diese Distanz keine neue Hürde für ihn darstellte, da er diese bereits während seines Trainings in den Herbstferien mit der gleichen Sportlehrerin absolvierte. Das Mitleid für ihren Mitschüler wuchs innerhalb der Klasse, aber keiner sagte auch nur ein Wort aus reiner Angst, dass die gleiche Bestrafung für einen Protest drohte. Es war eine sehr berechtigte Angst.

Als die meisten Personen ihre letzte Runde absolvierten, befand sich der stachelhaarige Junge bei seiner sechsten Runde, weshalb die anderen Personen ihm bei seinen letzten Runden zuschauen durften. Obwohl sein Körper bereits verheilte und er die Verbände abnahm und inzwischen in den Müll schmiss, ächzten sein Körper und seine Muskeln immer noch aufgrund seines Gefechts mit Anthony Shadowraven, dem Anführer der dunklen Organisation Assassin, und den daraus entstandenen Wunden. Nichtsdestotrotz befand er sich einigermaßen in der Lage, diese zehn Runden zu absolvieren, obwohl er direkt danach erschöpft auf den Grasboden neben der Strecke fiel und dort nach Luft hechelte.

Das war einfach die Art von Person, die Connor Astar war. Er war ein sehr robuster Mensch, der sich schnell von Wunden und Verletzungen erholte und aus dem gleichen Grund auch nicht so schnell zu Boden ging. Manch ein Mediziner von Magic City behauptete, dass er ein medizinisches Wunder darstellte, wobei er diesen Aussagen nie wirklich Beachtung schenkte. In seinen Augen war er ein ganz normaler Oberstufenschüler in Magic City. Seine persönliche Ansicht stoppte allerdings niemanden davon, ihn in einem anderen Licht zu sehen, weshalb keiner seiner Bekannten oder Freunde seiner Aussage zustimmen würde.

Nachdem der Windmagier alle zehn Runden absolvierte und sich auf dem grünen Grasboden ausruhte, stellte er sich wieder auf beide Beine, die sich inzwischen wie Wackelpudding anfühlten, und schloss sich dem Rest seiner Klasse für den restlichen Sportunterricht an. Ein starker Schweiß brach auf seinem Körper aus, weswegen er sich mit seiner rechten Hand über seine eigene Stirn wischte. Die Hand, welche die Kraft des Magiezerstörers in sich trug. Eine mysteriöse Kraft, die sämtliche Magie und Zauber mit einer simplen Berührung negierte. Jeder in seiner Klasse wusste von dieser Kraft und behandelte diese Tatsache als nichts Besonderes. Für seine Mitschüler war dieser Fakt vergleichbar mit irgendwelchen zufälligen Fakten, die man sich im Internet durchlas und nach einiger Zeit wieder vergaß.

„Connor, fang!“, rief Lisa Prill ihm zu und schmiss ein isotonisches Sportgetränk in seine offenen Hände. „Du bist erschöpft, oder nicht? Du solltest etwas trinken und die nächsten Aufgaben ein wenig entspannter angehen.“

Auch ihre Stirn glänzte inzwischen aufgrund ihres Schweißes, wobei sie nicht so schwer atmete wie er. Trotz des Sportunterrichts kam ihre Frisur nicht durcheinander und ihre schwarzen, seidenen Haare blieben in ihrem Zopf. Mit einer freundlichen Stimme bedankte sich der schwarzhaarige Schüler bei ihr und trank direkt aus der Flasche heraus, woraufhin er ihr das Getränk zurückgab und sich den Mund abwischte.

Nachdem der Sportunterricht endete, versammelten sich die meisten Schüler der Klasse 11c im Mensabereich der Magieschule und Gymnasium Magic City und schauten mit einem trüben Gesicht auf die Uhr. Es war bereits 13:16 Uhr und der Nachmittagsunterricht endete in mehr als zwei Stunden. Nur die wenigsten Schüler hatten das Privileg, in der Nähe der Schule zu wohnen, weshalb diese wenigen, glücklichen Personen sich von ihren Klassenkameraden verabschiedeten und gemütlich den Heimweg antraten, während die anderen ihnen neidisch hinterherschauten.

Da sich sowohl Minato als auch Alex beide auf den Weg zu einer nahe gelegenen Imbissbude begaben, setzte sich Connor zu seinen weiblichen Mitschülerinnen, die ihn mit offenen Armen begrüßten. Somit saß er an einem Tisch mit Lisa Prill, Emily Christensen, Nadja Tegal und Eliza Rosewelt, die sich alle über irgendwelche Themen unterhielten, wofür er sich entweder nicht interessierte oder bei denen er keinen Einstieg fand.

„Und wie war dein Wochenende, Connor? Du hast Freitag wohl außerhalb geschlafen, da ich dich nach meiner Lehrstunde mit Minato besuchen wollte“, erkundigte sich die Songmagierin Emily mit einem neugierigen Gesichtsausdruck. Der Windmagier wusste nicht genau, warum sie sich mit dem Verwandlungsmagier Minato traf oder von welcher Lehrstunde sie sprach, allerdings musste er sich nun eine Ausrede einfallen lassen, da er nicht zugeben wollte, dass er in der Nacht von Freitag auf Samstag mit beinahe tödlichen Verletzungen im Krankenhaus lag und erst am Sonntag entlassen wurde. Er wollte seine Mitschülerinnen nicht unnötig in Besorgnis bringen und behielt dieses nicht allzu unwichtige Detail für sich.

„Ich hatte eine Art Übernachtungsparty mit einem Freund“, log der stachelhaarige Junge mit einem nervösen Lächeln. Nicht einmal er selbst glaubte diese Lüge, weswegen er viel weniger damit rechnete, dass seine Mitschülerinnen seinen Worten vertrauten.

„Ah, das erklärt es natürlich!“, sagte Emily und strich sich eine Strähne ihres hellbraunen Haares aus dem Gesicht.

Sie glaubt mir?, wunderte er sich nun in Gedanken und wunderte sich über ihre Naivität. Das gleiche Glück besaß er nicht bei Lisa, die ihn nun misstrauend anstarrte und das Getränk, an dem sie vor wenigen Sekunden nippte, auf den Tisch stellte. Bei dem Getränk handelte es sich um eines ihrer isotonischen Sportgetränke, von denen sie scheinbar eine große Menge besaß.

„Welcher Freund denn? Kenne ich ihn zufällig?“, wunderte sie sich nun mit einer interessierten Miene und einem unschuldigen Lächeln, welches ihre Eifersucht versteckte. Nun befand sich der grünäugige Schüler in einer Zwickmühle, da er keine Antwort auf ihre Frage wusste. Er war kein guter Lügner, was sich anhand dieser Situation ziemlich gut bewies. Daher verlangte seine erste Lüge ihm bereits einen Großteil seiner Gehirnleistung ab. Ein leichter Angstschweiß brach auf seiner Stirn aus, während er sein nervöses Lächeln aufrechterhielt und sich verzweifelt irgendeine weitere Lüge einfallen ließ.

„David Garcia. Er ist die Nummer 5 der Kuronai Magic Academy.“

Stille. Obwohl es stimmte, dass Connor bereits auf den Stärkemagier David Garcia traf und sich mit ihm anfreundete, war die Beziehung der beiden eine ganz simple Bekanntschaft. Normalerweise wäre eine solche Lüge ziemlich unglaubwürdig, da es eigentlich unvorstellbar war, dass irgendein gewöhnlicher Schüler der Magieschule und Gymnasium Magic City einen Topschüler der prestigereichen Kuronai Magic Academy befreundete, allerdings war er mit der Nummer 3 Anna Walker und der Nummer 10 Lara Zapper befreundet. Aufgrund dessen glaubte die Tiermagierin Lisa dieser Lüge und versank wieder in Gedanken.

Er befreundet immer mehr Mitglieder der Top Ten. Irgendwie fühlen sich viel zu viele Leute zu ihm hingezogen. Wobei mich seine männlichen Bekanntschaften nicht stören. Es sind viel eher die vielen, vielen weiblichen Bekanntschaften, die mich stören, schoss ihr durch den Kopf, woraufhin sie wieder an ihrem Getränk nippte und ihren Blick abwandte.

„Hast du dir eigentlich inzwischen eine Massagemaschine angeschaut, Connor?“, wunderte sich Eliza nun mit einer interessierten Miene.

„Hm?“, antwortete der Windmagier mit einem simplen Geräusch, da er nicht wusste, wovon sie redete, wobei es ihm wenige Sekunden später wieder einfiel. „Nein, ich hatte dich eigentlich nur für Alex gefragt, weil er sich die ganze Zeit über seine steifen Schultern beschwert hat. Ich brauche kein Massagegerät.“