Märchen aus der Sprache Paschai - Hakim Abdul - E-Book

Märchen aus der Sprache Paschai E-Book

Hakim Abdul

4,9

Beschreibung

Dies ist eine Sammlung sehr alter Märchen, deren Originale schon vor langer Zeit in der Sprache Paschai erzählt wurden. Paschai ist eine indoeuropäische Sprache, die noch heute in vier Provinzen Afghanistans gesprochen wird. Die Menschen dieser ethnischen und sprachlichen Gruppe sind als friedlich, kontaktfreudig und anpassungsfähig bekannt. Dennoch bekamen sie nie wirklich Gelegenheit, sich zu integrieren und gelten als Minderheit, obwohl in Afghanistan schätzungsweise über 200 000 Menschen Paschai sprechen. Auch die Märchen aus dieser Sprache wurden nur in ganz bestimmten Regionen erzählt und sind daher noch weitgehend unbekannt. Mit diesem Buch halten Sie die erste Übersetzung von Märchen aus der Sprache Paschai in Händen. Eine wunderschöne Sammlung voller Mystik und Weisheit.

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Seitenzahl: 130

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Inhalt

Bild: “Zyklopenblume”

50 χ 70 cm, Mischtechnik auf Papier

Vorwort und Danksagung

Der Königssohn und die Elfe

Bild: “Graduation”

140 χ 150 cm, Öl auf Leinwand

Der Sohn einer Witwe und sein Baum

Bild: “Die Geburt”

140 xl50 cm, Öl auf Leinwand

Zwei Freunde

Bild: “Die Entdeckung”

80 χ 120 cm, Öl auf Leinwand

Der Brillenvogel und die Schalpflanze

Bild: “Schrift - Mystik”

70 x 100 cm, Mischtechnik auf Leinwand

Zwei Schwestern

Bild: “Elfentanz”

80 x 80 cm, Öl auf Leinwand

Handbesen, Luftballon und Salzbrocken

Bild: “Selbstbildnis”

110 x 1500 cm, Öl auf Leinwand

Der Königssohn und die Hexe

Bild: “Fantazia”

137 x 143 cm, Öl auf leinwand

Schakal, Hahn, Rebhuhn und Wiedehopf

Bild: “Devil of Ocean”

50 x 60 cm, Öl auf Leinwand

Die Stiefmutter und ihre Stiefkinder

Bild: “Freundschaft in Atmosphäre -Darstellung lieber dumm als weise”

100 x 120 cm, Öl auf Leinwand

Der König, seine sieben und Salz Töchter

Bild: “Elfenbronne”

140 x 150 cm, Öl auf Leinwand

Der Jäger und die Hexe

Bild: “Ostliche Liebe”

140 x 150 cm, Öl auf Leinwand

Sieben Schwestern

Bild: “Burka und Engel”

140 x 150 cm Öl auf Leinwand

Der König und der Bettler

Bild: “Kriegskönigin”

30 x 100 cm, Mischtechnik auf Leinwand

Die Geschichte von Tschuncha

Bild: “ Dem Kleinen wird geholfen”

40 x 80 cm, Öl auf Leinwand

Zwei Frauen

Bild: “Albtraum”

140 x 150 cm, Öl auf Leinwand

Der grausame König und der ungläubige König

Bild: “ Adonis & Angel”

140 x 160 cm, Acryl auf Papier

Der Kahlköpfige, der aus dem Jenseits zurück kam

Bild: “Der Unsichtbare”

70 x100 cm, Acryl auf Papier

Kurze Information über die Spache Paschai

Vorwort

Anfang Juni 2002 habe ich in Zusammenarbeit mit UNICEF eine Kindermalaktion auf den Straßen der multilateralen Stadt Nürnberg organisiert, um Spenden für die Not leidenden Kinder dieser Welt zu sammeln. Den Kindern, die so begeistert mit Farben und Leinwand umgingen, hatte ich bei dieser Gelegenheit schon erzählt, dass ich eines Tages Märchen aus der Sprache Paschai ins Deutsche übertragen möchte und alle reagierten sehr interessiert und sagten sie wären sehr gespannt auf Geschichten, die man hierzulande noch nicht kennt. Sie hatten bei dieser Aktion auch die Gelegenheit, in einem Notizbuch ihre Wünsche für diese Welt oder ihre Grüße an die Kinder dieser Erde festzuhalten. Diese vielen, am Ende gefüllten, Seiten waren so rührend und inspirierend, dass ich mich tatsächlich bald daran machte, die Märchen, die von dem im Tal des Lichtes geboren Dichter M.A. Lamwal zusammengetragen wurden, ins Deutsche zu übersetzen. Manche der Märchen werden hoffentlich einige dieser Kinder erfreuen, manche anderen sind durch die harten, manchmal gar brutalen Sitten der damaligen Zeit, die darin beschrieben werden jedoch wohl eher für Erwachsene geeignet, die sich gerne mit Überlieferungen aus alten Zeiten beschäftigen. Machen Sie sich am besten selbst ein Bild darüber. Jetzt, da Sie dieses Buch in Händen halten, bin ich Vielem zu Dank verpflichtet. Zuerst einmal der Atmosphäre der Stadt Nürnberg, die mir die Gelegenheit gegönnt hat, mich auf meine Weise zu integrieren, mich in Form meiner Arbeiten zu entdecken und zu verwirklichen. Dann all den Leuten, die mir Mut machten eine Veröffentlichung anzustreben. Natürlich den Kindern, die mich so inspirierten und dem Dichter M.A. Lamwal, der mir die Erlaubnis erteilte, seine Sammlung zu verwenden. Ganz besonders möchte ich den Menschen danken, die mich bei dieser Arbeit unterstützten. So vor allem Ilka P., die viel Zeit, Energie und Nerven investierte, um das von mir übersetzte Deutsch in ihrer Muttersprache in eine Harmonie zu bringen, die es Ihnen, liebe Leser, nun möglich macht, die hier vorliegenden Märchen mitsamt ihrer ureigenen "Seele" aufnehmen und verstehen zu können.

Dies war alles andere als einfach und nur allzu oft mussten wir lange über einzelne Sätze oder gar einzelne Worte diskutieren, um die wahre Bedeutung in Deutscher Sprache überhaupt fassen zu können. Obwohl meine Übersetzungsarbeit, nach meiner Auffassung, nur ein kleiner Tropfen im Ozean der Literatur ist, bin ich sicher, dass die Zusammenarbeit mit dieser liebevollen, intuitiven Frau, genau die richtige Entscheidung war. Dass nun genau die Emotionen wiedergegeben werden, die ich aus meinem Herzen heraus ausdrücken wollte und die ich als die originalgetreue Überlieferung begreife. Deswegen sehe ich durchaus auch einen literarischen Wert in der Übersetzung dieses Kulturerbes. Diese Arbeit ist aus der Tiefe meines Herzens, für alle Menschen dieser Welt, die Märchen aus der Sprache Paschai kennen lernen möchten, und - das möchte ich betonen - fern jeder Religion oder Politik.

In Nürnberg habe ich mich als Autodidakt jahrelang mit Pinsel und Farben beschäftigt und mit der Zeit einige Bilder geschaffen, die - vielleicht durch die gemeinsame Herkunft - auf irgendeine Weise den gleichen "Geist" zu haben scheinen, wie die hier vorliegenden Geschichten.. Damit auch Sie sich nun so gut wie möglich von diesem Buch berühren und inspirieren lassen können, möchte ich Ihnen am Ende mancher Märchen einige dieser Bilder zeigen. Ich hoffe, dass Sie liebe Leserinnen und Leser die Zusammenhänge erkennen können.

Hakim Abdul

Der Sohn des Königs und die Elfe

Es waren einmal, oder auch nicht, zwei Könige. Der eine davon hatte sieben Töchter, der andere sieben Söhne und mit der Zeit wurden die Kinder beider Herrscher erwachsen. Der König mit den Söhnen sammelte eines Tages seine Berater, Diener und Dienerinnen um sich und trug ihnen auf, sieben hübsche Geschenke zur Brautwerbung zu besorgen und dann eine Familie mit sieben erwachsenen Töchtern zu suchen, da er es an der Zeit fände seine Söhne zu verheiraten. Wie es das Schicksal wollte, hatte der König mit den sieben Töchtern zur gleichen Zeit die Idee seine Mädchen verheiraten zu wollen und auch er schickte seine Dienerschaft los, um Geschenke zu besorgen und eine Familie mit sieben Söhnen zu suchen. So machten sich also zwei Gruppen in zwei verschiedenen Königreichen zur gleichen Zeit auf den Weg, um die Wünsche ihrer Regenten zu erfüllen. Die beiden Gruppen bestanden aus Dienern und Gefolgsleuten und auch die Kinder der beiden Könige hatten sich der jeweiligen Gruppe, die ihre Hochzeit planen sollte, angeschlossen. So zogen sie quer durch das umliegende Land, kamen mal hierhin und mal dorthin, besuchten viele fremde Städte, bis sich die beiden Gruppen an einen Abend plötzlich gegenüber standen. Zufällig hatten beide Gruppen den gleichen Platz ausgewählt, um die Nacht zu verbringen. Man hatte angefangen zu essen, als die Leute der beiden Königreiche ins Gespräch kamen. "Seid gegrüßt", sagten sie zueinander. "Von woher kommt ihr und was führt euch hierher?" So erzählte man sich die Gründe für die lange Reise, alle waren erfreut über die schicksalhafte Begegnung und bald war man sich einig, dass die Suche ein Ende gefunden hatte. Glücklich tauschte man die Geschenke aus. Am nächsten Morgen machten sich alle auf den Weg, um in ihre jeweilige Heimat zurück zu kehren. Wieder zu Hause angekommen, erzählte man aufgeregt den Königen vom erfolgreichen Ausgang der Reise und beide Herrscher waren sehr zufrieden. Bald darauf hatte der König zusammen mit seinen sieben Söhnen die Hochzeitsvorbereitungen abgeschlossen und mitsamt ihrer Gefolgschaft und sieben reich verzierten Brautsänften machten sie sich auf den Weg in das Königreich der Bräute. Die sieben Söhne des Königs waren allesamt sehr gutaussehende und interessante Persönlichkeiten, aber vor allem der jüngste von ihnen hatte etwas ganz Besonderes an sich. Die Karawane kam gerade an den Rand einer Wüste, als der Abend dämmerte und man gezwungen war ein Lager aufzuschlagen um dort die Nacht zu verbringen. Alle waren nach der anstrengenden Reise in tiefen Schlaf gefallen und als das erste Morgenlicht sie weckte, sahen sie einen Drachen, dessen Körperlänge das gesamte Lager umkreiste, bis er seine Schwanzspitze wieder im eigenen Maul hatte. Der König und sein Gefolge waren furchtbar erschrocken und fragten sich, in welche Schwierigkeiten sie nun hinein geraten waren. Als sie einen Fluchtweg suchten, griff der Drache an und die Menschen hatten keine Chance ihm zu entkommen. Da ging der König hilflos zu dem Drachen hin und sagte: "Lass' uns doch bitte gehen. Wir möchten doch nur die Bräute meiner Söhne abholen." Der Drache jedoch antwortete: "Ich lasse euch gehen, wenn du mir deinen jüngsten Sohn überlässt. Wenn du das nicht willst, kommt hier keiner von euch mehr heraus." Der König und auch alle anderen baten und flehten den Drachen noch lange an, um eine andere Lösung zu finden, aber der Drache ließ sich nicht erweichen, denn in Wirklichkeit war dieser Drache eine Elfe, die sich in den jüngsten Königssohn verliebt hatte. Der arme König war verzweifelt, aber er sagte sich, dass er eigentlich keine andere Wahl habe, wenn er die Hochzeiten durchführen wolle. So musste der jüngste Sohn bei dem Drachen bleiben. Als dann der König und sein restliches Gefolge sich schon ein gutes Stück von dem Lagerplatz entfernt hatten, verwandelte sich der Drache plötzlich in eine schöne, junge Frau, die auch gleich anfing den jungen Königssohn zu umgarnen. Der Prinz jedoch sagte: "Lass' mich doch gehen. Meine Hochzeit steht bevor und auch die meiner Brüder. Warum willst du diese Freude in Traurigkeit verwandeln?" Die junge Elfe antwortete: "Nun gut, ich lasse dich gehen, aber nur, wenn du ein paar Bedingungen erfüllst. Solltest du sie nicht erfüllen wollen, dann wird es dir schlecht ergehen." "Einverstanden", erwiderte der Königssohn, "sage mir welche Bedingungen du hast." Die Elfe lächelte und sagte: "Du darfst gehen, aber du darfst das Haus deines Schwiegervaters nicht betreten. Wenn du doch dazu gezwungen wirst, dann gehe hinein, aber dann darfst du dort nichts essen. Wenn du keine Möglichkeit siehst das zu vermeiden, dann esse, aber meine letzte Bedingung ist: Du darfst nicht in die Nähe deiner Braut kommen." Der Junge lief los und rannte so lange, bis er die Karawane seines Vaters einholte. Als der König seinen Sohn wieder sah, war er sehr glücklich und gemeinsam setzte man die Reise fort, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Voller Freude begann man dort die Festlichkeiten zu den Vermählungen und gegen Abend wurden die Prinzen ins Haus gebeten. Alle Söhne des Königs gingen hinein, nur der Jüngste wollte nicht, aber mit gutem Zureden und Bitten überredete man ihn doch. Die Prinzen und Prinzessinnen trafen sich in einem großen Raum, in dem Essen gereicht wurde, doch der jüngste Prinz wollte nichts essen. Natürlich wurde auch hier auf ihn eingeredet und zu guter Letzt musste er nachgeben und etwas von den Speisen probieren. Es war schon spät geworden, als die Prinzen sich mit ihren Ehefrauen in ihre Zimmer zurückzogen. Auch der jüngste Sohn des Königs musste dies wohl oder übel tun, denn er konnte ja niemanden von seinem Dilemma erzählen. Als seine Braut ihn bat zu ihr ins Bett zu kommen, blieb dem armen Jungen nichts anderes übrig als dem Wunsch zu folgen und abzuwarten, was passieren würde, doch schon als er sich neben seine Frau ins Bett legen wollte, erstarrte er plötzlich mitten in der Bewegung und blieb steif neben ihr liegen. Die Braut erschrak heftig und schrie um Hilfe. Besorgt versammelten sich die herbeigeeilten Leute der Hochzeitsgesellschaft um den Jungen, und sahen, dass kein Atem mehr durch seinen Leib strömte. Doch der junge Prinz war nicht tot, es war nur der Zauber der Elfe, der ihn in diesen Zustand verwandelt hatte. Da der Königssohn aber niemanden von den Bedingungen seiner Freilassung erzählt hatte, waren die anderen jetzt nur erstaunt und hilflos. Offensichtlich konnte niemand mehr etwas tun und so verbrachte man die Nacht traurig über diesen Schicksalsschlag. Am nächsten Morgen versammelte der Vater der Prinzen sein Gefolge um sich, rief auch die Braut des jüngsten Sohnes dazu und sagte zu ihr: "Mein Sohn ist tot. Ich möchte ihn mitnehmen und ihn in meinem Reich begraben. Was du tun möchtest soll deine eigene Entscheidung sein." Da erwiderte das Mädchen: "Was passiert ist war mein Schicksal. Ich möchte mit euch gehen und als die Witwe deines Sohnes leben, bis ich selber sterbe." Da ließ der König alle seine Schwiegertöchter in die Brautsänften steigen, nahm auch seinen tot geglaubten Sohn mit und so setzte sich die Karawane wieder Richtung Heimat in Bewegung. Man wanderte lange und als die Nacht hereinbrach, schlug man ein Lager auf um auszuruhen. Als die Menschen am nächsten Morgen aufwachten, lag wieder ein Drache rund um das Lager ausgestreckt. Entsetzt ging der König zu ihm hin und sagte: "Bitte Drache, verschone uns. Wir möchten die Bräute und meinen toten Sohn nach Hause bringen." Der Drache antwortete: "Ich werde euch gehen lassen, aber nur unter der Bedingung, dass ihr den Verstorbenen bei mir lasst." So sehr die Menschen auch flehten das nicht zu verlangen, der Drache bestand auf seine Bedingung. Verzweifelt stand der König vor dem Drachen und wusste einfach nicht was er tun sollte, da fingen seine Berater an auf ihn einzureden: "Dein Sohn ist doch sowieso schon tot. Du musst nun an die Lebenden denken, die du in die Heimat bringen musst." Der König hatte keine andere Wahl und so befolgte er den Rat, ließ den Befehl geben mit der Karawane weiter zu ziehen und seinen Sohn zurück zu lassen. Als die Ehefrau des tot geglaubten Sohnes dies hörte, weigerte sie sich jedoch mitzukommen. "Ich bleibe hier. Soll der Drache mich doch fressen, aber ohne meinen Mann gehe ich nirgendwo hin." Der König, die Berater und auch die Schwestern des Mädchens flehten sie an ihre Meinung zu ändern, aber die Prinzessin war nicht umzustimmen. So blieb sie in der Nähe des Drachens und dem Sarg ihres Mannes zurück. Als die Karawane sich entfernt hatte, verwandelte sich der Drache wieder in die Elfe zurück, die den Sarg aufhob und mit diesem weg ging. Die junge Ehefrau folgte ihr jedoch, bis sie an einen Wald kamen. Obwohl die Prinzessin von dem langen, schnellen Marsch vollkommen erschöpft war, wollte sie die Elfe nicht aus den Augen lassen um zu sehen, wohin diese den Sarg brachte. Die Elfe trug den Sarg, ohne auf ihre Umgebung zu achten in eine Höhle, öffnete ihn und verwandelte den erstarrten Prinzen wieder zurück in ein lebendes Wesen. Die Prinzessin kauerte derweil in einem Versteck, aus dem sie genau beobachten konnte was alles in der Höhle passierte. Nach einer Weile verzauberte die Elfe den Königssohn in einen Holzstock, legte ihn auf den Boden und verließ die Höhle. Schnell lief die Prinzessin in die Höhle, setzte sich neben den Stock und fühlte sich so hilflos, dass sie zu weinen begann. Als sie in ihrem Schmerz zärtlich über den Holzstock strich, verwandelte sich dieser plötzlich zurück in den Prinzen und als sie sich so nebeneinander sitzend fanden, umarmten sie sich überglücklich. Sie bemerkten nicht, dass in diesem Moment die Elfe zurückkam, die der Prinzessin einen wütenden Stoss versetzte und zu ihr