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Vier Märchen, die um das Thema Liebe auf unterschiedliche Art und Weise kreisen: Wir treffen auf das hässliche Entlein, das von niemandem geliebt wird und erst spät seine wahre Schönheit und Anerkennung erlangt; wir beobachten den Soldaten, der in den Besitz eines magischen Feuerzeugs kommt und mit dessen Hilfe eine schöne Prinzessin heiraten kann; wir werden Zeuge einer royalen Hochzeit, nachdem die Prinzessin ihre prinzessinnenhafte Sensibilität bewiesen hat; und wir erleben, wie sich die kleine Seejungfrau der Liebe wegen für ein Leben an Land entscheidet.Hans Christian Andersens Märchen haben über Generationen hinweg Groß und Klein gleichermaßen auf der ganzen Welt lieben gelernt. Sei es das hässliche Entlein, die Prinzessin auf der Erbse oder der standhafte Zinnsoldat – wir alle kennen sie und haben mit ihnen gelitten, gebangt und uns gefreut. Andersens 156 Märchen sind heute in mehr als 160 Sprachen erhältlich.
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Seitenzahl: 73
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Hans Christian Andersen
Saga
Märchen von Liebe Das hässliche junge Entlein, Das Feuerzeug, Die Prinzessin auf der Erbse, Die kleine SeejungfrauCoverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © 1835-1843, 2019 Hans Christian Andersen und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726396591
1. Ebook-Auflage, 2019
Format: EPUB 2.0
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Es war herrlich draussen auf dem Lande; es war Sommer! Das Korn stand gelb, der Hafer, grün, das Heu war unten auf den grünen Wiesen in Schobern aufgesetzt, und da ging der Storch auf seinen langen Beinen und plapperte ägyptisch, denn diese Sprache hatte er von seiner Mutter gelernt. Rings um den Acker und die Wiese waren grosse Wälder und mitten in den Wäldern tiefe Seen. Ja es war wirklich herrlich da draussen auf dem Lande! Mitten im Sonnenschein lag dort ein altes Rittergut, von tiefen Kanälen umgeben, und von der Mauer bis zum Wasser herunter wuchsen grosse Klettenblätter, die so hoch waren, dass kleine Kinder unter den höchsten aufrecht stehen konnten; es war aber so wild darin, wie im tiefsten Walde. Hier sass eine Ente auf dem Neste, welche ihre Jungen ausbrüten musste, aber es wurde ihr fast zu langweilig, ehe die Jungen kamen, dazu erhielt sie selten Besuch. Die andern Enten schwammen lieber in den Kanälen umher, als dass sie hinauf liefen, sich unter ein Kleeblatt zu setzen und mit ihr zu schnattern.
Endlich platzte ein Ei nach dem andern. „Piep, piep!“ sagte es, und alle Eidotter waren lebendig geworden, und die jungen Entlein steckten den Kopf heraus.
„Rapp, rapp!“ sagte sie, und so rappelten sich alle, was sie konnten, und sahen nach allen Seiten unter den grünen Blättern, und die Mutter liess sie sehen, so viel sie wollten, denn das Grüne ist gut für die Augen.
„Wie gross ist doch die Welt!“ sagten alle Jungen; denn nun hatten sie freilich ganz anders Platz, als wie sie noch im Ei lagen.
„Glaubt ihr, dass dies die ganze Welt sei?“ sagte die Mutter. „Die erstreckt sich noch weit über die andere Seite des Gartens, gerade hinein in des Pfarrers Feld, aber da bin ich noch nie gewesen! Ihr seid doch alle beisammen?“ fuhr sie fort, und so stand sie auf. „Nein, ich habe noch nicht alle, das grösste Ei liegt noch da. Wie lange soll das noch währen? Jetzt bin ich es bald überdrüssig!“ Und so setzte sie sich wieder.
„Nun, wie geht es?“ sagte eine alte Ente, welche gekommen war, um ihr einen Besuch abzustatten.
„Es währt so lange mit dem einen Ei!“ sagte die Ente, die da sass; „es will nicht entzwei gehen; doch blicke nur auf die andern hin, sind sie nicht die niedlichsten Entlein, die man je gesehen? Sie gleichen allesamt ihrem Vater; der Bösewicht kommt nicht, mich zu besuchen.“
„Lass mich das Ei sehen, welches nicht bersten will!“ sagte die Alte. „Glaube mir, es ist ein Putenei; ich bin auch einmal so angeführt worden, und hatte meine grosse Sorge und Not mit den Jungen, denn ihnen ist bange vor dem Wasser. Ich konnte sie nicht hereinbekommen, ich rappte und schnappte, aber es half nichts. Lass mich das Ei sehen. Ja, das ist ein Putenei, lass es liegen und lehre lieber die andern Kinder schwimmen.“
„Ich will noch ein bisschen darauf sitzen,“ sagte die Ente, „habe ich nun so lange gesessen, kann ich auch noch einige Tage sitzen.“
„Nach Belieben,“ sagte die alte Ente und ging von dannen.
Endlich platzte das grosse Ei. „Piep, piep!“ sagte das Junge und kroch heraus. Es war gross und hässlich. Die Ente betrachtete es. „Das ist doch ein gewaltig grosses Entlein,“ sagte sie; „keins von den andern sieht so aus; sollte es doch eine junge Pute sein? Nun, wir wollen bald dahinter kommen; in das Wasser muss es, und sollte ich es auch selbst hineinstossen!“
Am nächsten Tage war schönes, herrliches Wetter. Die Sonne schien auf alle die grünen Kletten. Die Entenmutter ging mit ihrer ganzen Familie zu dem Kanal hinunter; platsch; da sprang sie in das Wasser. „Rapp, rapp!“ sagte sie, und ein Entlein nach dem andern plumpte hinein; das Wasser schlug ihnen über dem Kopfe zusammen, aber sie kamen gleich wieder empor und schwammen so prächtig, die Beine gingen von selbst, und alle waren sie darin, selbst das hässliche, graue Junge schwamm mit.
„Nein, das ist keine Pute,“ sagte sie; „sieh, wie herrlich es die Beine gebraucht, wie gerade es sich hält, es ist mein eigenes Kind. Im Grunde ist es doch ganz hübsch, wenn man es nur recht betrachtet. Rapp, rapp! — kommt nur mit mir, ich werde euch in die grosse Welt führen, euch im Entenhof vorstellen, aber haltet euch immer nahe zu mir, damit niemand auf euch trete, und nehmt euch vor den Katzen in acht!“
Und so kamen sie in den Entenhof. Hier herrschte ein schrecklicher Lärm, denn da waren zwei Familien, die sich um einen Aalkopf bissen, und am Ende bekam ihn doch die Katze.
„Seht, so geht es in der Welt!“ sagte die Entenmutter und wetzte ihren Schnabel, denn sie wollte auch den Aalkopf haben. „Braucht nur die Beine! Seht, dass ihr rappeln könnt, und neigt euern Hals vor der alten Ente dort; sie ist die vornehmste von allen hier; sie ist aus spanischem Geblüt, deswegen ist sie so dick; und seht ihr, sie hat einen roten Lappen um das Bein, das ist etwas ausserordentlich Schönes und die grösste Auszeichnung, welche einer Ente zuteil werden kann; das bedeutet so viel, dass man sie nicht verlieren will und dass sie von Tier und Menschen erkannt werden soll! Rappelt euch: setzt die Füsse nicht einwärts. Ein wohlerzogenes Entlein setzt die Füsse weit voneinander, gerade wie Vater und Mutter; seht, so! Nun neigt euern Hals und sagt: »Rapp!«“
Und das taten sie; aber die andern Enten ringsumher betrachteten sie und sagten ganz laut: „Sieh da! Nun sollen wir noch den Anhang haben, als ob wir nicht schon genug wären, und pfui! wie das eine Entlein aussieht, das wollen wir nicht dulden!“ Und sogleich flog eine Ente hin und biss es in den Nacken.
„Lass, es in Ruhe!“ sagte die Mutter. „Es tut ja niemand etwas.“
„Ja, aber es ist so gross und ungewöhnlich,“ sagte die beissende Ente, „und deshalb muss es gepufft werden.“
„Es sind hübsche Kinder, welche die Mutter hat,“ sagte die Ente mit dem Lappen um das Bein. „Alle zusammen schön, bis auf das eine, das ist nicht geglückt. Ich möchte wünschen, dass sie es umarbeiten könnte.“
„Das geht nicht, Ihro Gnaden,“ sagte die Entenmutter; „es ist nicht hübsch, aber es hat ein gutes Gemüt und schwimmt so herrlich wie eins von den andern, ja, ich darf sagen, noch etwas besser. Ich denke, es wird hübsch heranwachsen und mit der Zeit etwas kleiner werden; es hat so lange in dem Ei gelegen und deshalb nicht die rechte Gestalt bekommen!“ Und so zupfte sie es im Nacken und glättete das Gefieder. „Es ist überdies ein Enterich.“ sagte sie, „und darum macht es nicht so viel aus. Ich denke, er wird gute Kräfte bekommen, er schlägt sich schon durch.“
„Die andern Entlein sind niedlich.“ sagte die Alte. „Tut nun, als ob ihr zu Hause wäret, und findet ihr einen Aalkopf, so könnt ihr mir ihn bringen.“
Und so waren sie wie zu Hause.
Aber das arme Entlein, welches zuletzt aus dem Ei gekrochen war und so hässlich aussah, wurde gebissen, gestossen und zum besten gehalten, und das sowohl von den Enten wie von den Hühnern. „Es ist zu gross,“ sagten sie allesamt, und der Puterhahn, welcher mit Sporen zur Welt gekommen war und deshalb glaubte, dass er Kaiser sei, blies sich wie ein Fahrzeug mit vollen Segeln auf, ging gerade auf dasselbe los, und dann kollerte er und wurde ganz rot am Kopfe. Das arme Entlein wusste weder, wo es stehen noch gehen sollte; es war betrübt, weil es hässlich aussah und vom ganzen Entenhofe verspottet wurde.
So ging es den ersten Tag, und später wurde es schlimmer und schlimmer. Das Entlein wurde von allen gejagt, selbst seine Geschwister waren böse gegen dasselbe und sagten immer: „Wenn die Katze dich nur fangen möchte, du hässliches Geschöpf!“ und die Mutter sagte: „Wenn du nur weit fort wärest!“ Die Enten bissen es, und die Hühner schlugen es, und das Mädchen, welches die Tiere füttern sollte, stiess mit dem Fusse danach.
Da lief und flog es über das Gehege; die kleinen Vögel in den Büschen flogen erschrocken auf. „Das geschieht, weil ich hässlich bin!“ dachte das Entlein und schloss die Augen, lief aber gleichwohl weiter. So kam es hinaus zu dem grossen Moor, wo die wilden Enten wohnten. Hier lag es die ganze Nacht, es war sehr müde und kummervoll.