Märchen von Prinzen und Prinzessinnen - Hans Christian Andersen - E-Book

Märchen von Prinzen und Prinzessinnen E-Book

Hans Christian Andersen

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Beschreibung

Ob in Schwäne verwandelte Prinzen, eine in einem Schloss versteckt gehaltene Prinzessin, ein fliegender Koffer, der den Kaufmannssohn zu einer türkischen Prinzessin fliegt oder eine winzige Erbse, die den royalen Beweis bringt – Andersen entführt uns in eine phantasievolle Welt von Prinzen und Prinzessinnen, deren oft schweres Schicksal sich meist doch zum Guten wendet.Hans Christian Andersens Märchen haben über Generationen hinweg Groß und Klein gleichermaßen auf der ganzen Welt lieben gelernt. Sei es das hässliche Entlein, die Prinzessin auf der Erbse oder der standhafte Zinnsoldat – wir alle kennen sie und haben mit ihnen gelitten, gebangt und uns gefreut. Andersens 156 Märchen sind heute in mehr als 160 Sprachen erhältlich.

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Seitenzahl: 53

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Hans Christian Andersen

Märchen von Prinzen und Prinzessinen

 

Saga

Märchen von Prinzen und Prinzessinen Die wilden Schwäne, Das Feuerzeug, Der fliegende Koffer, Die Prinzessin auf der Erbse

Coverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © 1835-1839, 2019 Hans Christian Andersen und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726396621

 

1. Ebook-Auflage, 2019

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von SAGA Egmont gestattet.

 

SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

Die wilden Schwäne

Weit von hier, da, wohin die Schwalben fliegen, wenn wir Winter haben, wohnte ein König, der elf Söhne und eine Tochter, Elisa, hatte. Die elf Brüder waren Prinzen, sie gingen mit dem Stern auf der Brust und dem Säbel an der Seite in die Schule; sie schrieben mit Diamantgriffeln auf Goldtafeln und lernten ebenso gut auswendig, als sie lasen; man konnte sogleich hören, dass sie Prinzen waren. Die Schwester Elisa sass auf einem kleinen Schemel von Spiegelglas und hatte ein Bilderbuch, welches für das halbe Königreich gekauft war.

O, die Kinder hatten es gut, aber so sollte es nicht immer bleiben!

Ihr Vater, der König über das ganze Land war, verheiratete sich mit einer bösen Königin, die den Kindern gar nicht gut war. Schon am ersten Tage konnten sie es recht gut merken. In dem ganzen Schlosse war grosse Pracht, und da spielten die Kinder „Besuch“; aber anstatt sie sonst all’ den Kuchen und die gebratenen Äpfel erhielten, die nur zu haben waren, gab die neue Königin ihnen nur Sand in einer Teetasse, und sagte, sie könnten tun, als ob es etwas wäre.

Die Woche darauf brachte sie die kleine Elisa auf das Land zu einem Bauernpaar, und lange währte es nicht, da redete sie dem König so viel von der Prinzen vor, dass er sich gar nicht um sie bekümmerte.

„Fliegt hinaus in die Welt und helft euch selbst!“ sagte die böse Königin; „fliegt als grosse Vögel ohne Stimme!“ Aber sie konnte es doch nicht so schlimm machen, wie sie gern wollte; sie wurden elf herrliche Schwäne. Mit einem sonderbaren Schrei flogen sie aus den Schlossfenstern hinaus über den Park und den Wald dahin.

Es war noch ganz früh am Morgen, als sie da vorbeikamen, wo die Schwester Elisa in der Stube des Landmanns lag und schlief. Hier schwebten sie über dem Dache, drehten ihre langen Hälse und schlugen mit den Flügeln, aber niemand hörte oder sah es. Sie mussten wieder weiter, hoch gegen die Wolken empor, hinaus in die weite Welt; da flogen sie nach einem grossen Wald, der sich gerade bis an den Strand des Meeres erstreckte.

Die kleine Elisa stand in der Stube des Landmannes und spielte mit einem grünen Blatte, anderes Spielzeug hatte sie nicht. Sie stach ein Loch in das grüne Blatt, sah hindurch gegen die Sonne empor, und da war es gerade, als sähe sie ihrer Brüder klare Augen, und jedesmal wenn die warmen Sonnenstrahlen auf ihre Wangen schienen, gedachte sie aller ihrer Küsse.

Ein Tag verging wie der andere. Strich der Wind durch die grossen Rosenhecken vor dem Hause, so flüsterte er den Rosen zu: „Wer kann schöner sein als ihr?“ Aber die Rosen schüttelten das Haupt und sagten: „Elisa ist es!“ Wenn die alte Frau am Sonntag an der Tür sass und in ihrem Gesangbuche las, so wendete der Wind die Blätter um und sagte zum Buche: „Wer kann frömmer sein als du?“ — „Elisa ist es!“ sagte das Gesangbuch, und das war die reine Wahrheit, was die Rosen und das Gesangbuch sagten.

Als sie fünfzehn Jahre alt war, sollte sie nach Hause kommen; da aber die Königin sah, wie schön sie war, wurde sie ihr gram und voll Hass und hätte gern auch sie in einen wilden Schwan verwandelt, wie die Brüder, aber das wagte sie nicht sogleich, weil ja der König seine Tochter sehen wollte.

Frühmorgens ging die Königin in das Bad, welches von Marmor erbaut und mit weichen Kissen und den prächtigsten Decken geschmückt war, nahm drei Kröten, küsste sie und sagte zu der einen: „Setze dich auf Elisas Kopf, wenn sie in das Bad kommt, damit sie dumm wird wie du! — Setze dich auf ihre Stirn,“ sagte sie zur andern, „damit sie hässlich wird, wie du, so dass ihr Vater sie nicht kennt! — Ruhe an ihrem Herzen,“ flüsterte sie der dritten zu, „lass sie einen bösen Sinn erhalten, damit sie Schmerzen davon hat!“ Dann setzte sie die Kröten in das klare Wasser, welches sogleich eine grüne Farbe erhielt, rief Elisa, zog sie aus und liess sie in das Wasser hinabsteigen, und indem sie untertauchte, setzte sich ihr eine Kröte in das Haar, die andere auf ihre Stirn und die dritte auf die Brust; aber Elisa schien es gar nicht zu merken; sobald sie sich emporrichtete, schwammen drei rote Mohnblumen auf dem Wasser. Wären die Tiere nicht giftig gewesen und von der Hexe geküsst worden, so wären sie in drei rote Roser verwandelt worden, aber Blumen wurden sie doch, weil sie auf ihrem Haupte und an ihrem Herzen geruht hatten; sie war zu fromm und unschuldig, als dass die Zauberei Macht über sie haben konnte.

Als die böse Königin das sah, rieb sie das Mädchen mit Walnusssaft, so dass sie ganz schwarzbraun wurde, bestrich das hübsche Antlitz mit einer stinkenden Salbe und liess das herrliche Haar sich verwirren; es war unmöglich, die schöne Elisa wiederzuerkennen.

Daher erschrak ihr Vater sehr, als er sie erblickte und sagte, es sei nicht seine Tochter; niemand wollte sie wiedererkennen, ausser dem Kettenhunde und den Schwalben, aber das waren arme Tiere, die nichts zu sagen hatten.

Da weinte die arme Elisa und dachte an ihre elf Brüder, die alle weg waren. Betrübt verliess sie das Schloss und ging den ganzen Tag über Feld und Moor bis in den grossen Wald hinein. Sie wusste gar nicht, wohin sie wollte, aber sie fühlte sich sehr betrübt und sehnte sich nach ihren Brüdern, die sicher auch gleich ihr, in die Welt hinaus gejagt waren, diese wollte sie suchen und finden.