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Maria Stuart – eine Königin von Freunden, Familie und eigenem Land verraten und verfolgt. Was ist Historie, was Fiktion? Schiller stellt in seinem Enthüllungsdrama die Frage nach Macht, Schuld und Gerechtigkeit. Klassenlektüre und Textarbeit einfach gemacht: Die Reihe »Reclam XL – Text und Kontext« erfüllt alle Anforderungen an Schullektüre und Bedürfnisse des Deutschunterrichts: * Reclam XL bietet den sorgfältig edierten Werktext – seiten- und zeilengleich mit der entsprechenden Ausgabe aus Reclams Universal-Bibliothek. * Das Format ist größer (12,2 x 20 cm) als die gelben Klassiker der Universal-Bibliothek, mit ausreichend Platz für Notizen am Seitenrand. * Schwierige Wörter werden am Fuß jeder Seite erklärt, ausführlichere Wort- und Sacherläuterungen stehen im Anhang. * Ein Materialienteil mit Text- und Bilddokumenten erleichtert die Einordnung und Deutung des Werkes im Unterricht. * Natürlich passen auch weiterhin alle Lektüreschlüssel, Erläuterungsbände und Interpretationen dazu!
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Seitenzahl: 227
Veröffentlichungsjahr: 2021
Friedrich Schiller
Ein TrauerspielReclam XL | Text und Kontext
Reclam
Der Text dieser Ausgabe ist seiten- und zeilengleich mit der Ausgabe der Universal-Bibliothek Nr. 64. Er wurde auf der Grundlage der gültigen amtlichen Rechtschreibregeln orthographisch behutsam modernisiert.
Zu diesem Text gibt es eine Interpretationshilfe: Friedrich Schiller, Wilhelm Tell. Lektüreschlüssel XL (Nr. 15520)
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Reclam XL | Text und Kontext | Nr. 962432
2014, 2025 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Durchgesehene Ausgabe 2025
Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Made in Germany 2025
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN978-3-15-962432-7
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-016128-9
reclam.de | [email protected]
Personen
Erster Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt
Siebenter Auftritt
Achter Auftritt
Zweiter Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt
Siebenter Auftritt
Achter Auftritt
Neunter Auftritt
Dritter Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt
Siebenter Auftritt
Achter Auftritt
Vierter Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt
Siebenter Auftritt
Achter Auftritt
Neunter Auftritt
Zehnter Auftritt
Elfter Auftritt
Zwölfter Auftritt
Fünfter Aufzug
Erster Auftritt
Zweiter Auftritt
Dritter Auftritt
Vierter Auftritt
Fünfter Auftritt
Sechster Auftritt
Siebenter Auftritt
Achter Auftritt
Neunter Auftritt
Zehnter Auftritt
Elfter Auftritt
Zwölfter Auftritt
Dreizehnter Auftritt
Vierzehnter Auftritt
Letzter Auftritt
Anhang
1. Zur Textgestalt
2. Anmerkungen
3. Materialien
4. Literaturhinweise
Fußnoten
ELISABETH
, Königin von England
MARIA STUART
, Königin von Schottland, Gefangne in England
ROBERT DUDLEY
, Graf von Leicester
GEORG TALBOT
, Graf von Shrewsbury
WILHELM CECIL
, Baron von Burleigh, Großschatzmeister
GRAF VON KENT
WILHELM DAVISON
, Staatssekretär
AMIAS PAULET
, Ritter, Hüter der Maria
MORTIMER
, sein Neffe
GRAF AUBESPINE
, französischer Gesandter
GRAF BELLIEVRE
, außerordentlicher Botschafter von Frankreich
OKELLY
, Mortimers Freund
DRUGEON DRURY
, zweiter Hüter der Maria
MELVIL
, ihr Haushofmeister
BURGOYN
, ihr Arzt
HANNA KENNEDY
, ihre Amme
MARGARETA KURL
, ihre Kammerfrau
SHERIFF
der Grafschaft
OFFIZIER DER LEIBWACHE
FRANZÖSISCHE UND ENGLISCHE HERREN
TRABANTEN
HOFDIENER
der Königin von England
DIENER UND DIENERINNEN
der Königin von Schottland
Im Schloss zu Fotheringhay. – Ein Zimmer.
HANNA KENNEDY, Amme der Königin von Schottland, in heftigem Streit mit PAULET, der im Begriff ist, einen Schrank zu öffnen. DRUGEON DRURY, sein Gehilfe, mit Brecheisen.
KENNEDY.
Was macht Ihr, Sir? Welch neue Dreistigkeit!
Zurück von diesem Schrank!
PAULET.
Wo kam der Schmuck her?
Vom obern Stock ward er herabgeworfen,
Der Gärtner hat bestochen werden sollen
5Mit diesem Schmuck – Fluch über Weiberlist!
Trotz meiner Aufsicht, meinem scharfen Suchen,
Noch Kostbarkeiten, noch geheime Schätze!
(Sich über den Schrank machend.)
Wo das gesteckt hat, liegt noch mehr!
KENNEDY.
Zurück, Verwegner!
Hier liegen die Geheimnisse der Lady.
PAULET.
Die eben such ich. (Schriften hervorziehend.)
KENNEDY.
10 Unbedeutende
Papiere, bloße Übungen der Feder,
Des Kerkers traur’ge Weile zu verkürzen.
PAULET.
In müß’ger Weile schafft der böse Geist.
KENNEDY.
Es sind französische Schriften.
PAULET.
Desto schlimmer!
Die Sprache redet Englands Feind.
KENNEDY.
15 Konzepte
Von Briefen an die Königin von England.
PAULET.
Die überliefr’ ich – Sieh! Was schimmert hier?
(Er hat einen geheimen Ressort geöffnet, und zieht aus einem verborgnen Fach Geschmeide.)
Ein königliches Stirnband, reich an Steinen,
[6]Durchzogen mit den Lilien von Frankreich!
(Er gibt es seinem Begleiter.)
20Verwahrt’s, Drury. Legt’s zu dem Übrigen!
(Drury geht ab.)
KENNEDY.
O schimpfliche Gewalt, die wir erleiden!
PAULET.
Solang sie noch besitzt, kann sie noch schaden,
Denn alles wird Gewehr in ihrer Hand.
KENNEDY.
Seid gütig, Sir. Nehmt nicht den letzten Schmuck
25Aus unserm Leben weg! Die Jammervolle
Erfreut der Anblick alter Herrlichkeit,
Denn alles andre habt Ihr uns entrissen.
PAULET.
Es liegt in guter Hand. Gewissenhaft
Wird es zu seiner Zeit zurückgegeben!
KENNEDY.
30 Wer sieht es diesen kahlen Wänden an,
Dass eine Königin hier wohnt? Wo ist
Die Himmeldecke über ihrem Sitz?
Muss sie den zärtlich weichgewöhnten Fuß
Nicht auf gemeinen rauen Boden setzen?
35Mit grobem Zinn, die schlechtste Edelfrau
Würd es verschmähn, bedient man ihre Tafel.
PAULET.
So speiste sie zu Sterlyn ihren Gatten,
Da sie aus Gold mit ihrem Buhlen trank.
KENNEDY.
Sogar des Spiegels kleine Notdurft mangelt.
PAULET.
40 Solang sie noch ihr eitles Bild beschaut,
Hört sie nicht auf, zu hoffen und zu wagen.
KENNEDY.
An Büchern fehlt’s, den Geist zu unterhalten.
PAULET.
Die Bibel ließ man ihr, das Herz zu bessern.
KENNEDY.
Selbst ihre Laute ward ihr weggenommen.
PAULET.
45 Weil sie verbuhlte Lieder drauf gespielt.
KENNEDY.
Ist das ein Schicksal für die Weicherzogne,
Die in der Wiege Königin schon war,
Am üpp’gen Hof der Mediceerin
In jeder Freuden Fülle aufgewachsen.
50Es sei genug, dass man die Macht ihr nahm,
Muss man die armen Flitter ihr missgönnen?
[7]In großes Unglück lehrt ein edles Herz
Sich endlich finden, aber wehe tut’s,
Des Lebens kleine Zierden zu entbehren.
PAULET.
55 Sie wenden nur das Herz dem Eiteln zu,
Das in sich gehen und bereuen soll.
Ein üppig lastervolles Leben büßt sich
In Mangel und Erniedrigung allein.
KENNEDY.
Wenn ihre zarte Jugend sich verging,
60Mag sie’s mit Gott abtun und ihrem Herzen,
In England ist kein Richter über sie.
PAULET.
Sie wird gerichtet, wo sie frevelte.
KENNEDY.
Zum Freveln fesseln sie zu enge Bande.
PAULET.
Doch wusste sie aus diesen engen Banden
65Den Arm zu strecken in die Welt, die Fackel
Des Bürgerkrieges in das Reich zu schleudern,
Und gegen unsre Königin, die Gott
Erhalte! Meuchelrotten zu bewaffnen.
Erregte sie aus diesen Mauern nicht
70Den Böswicht Parry und den Babington
Zu der verfluchten Tat des Königsmords?
Hielt dieses Eisengitter sie zurück,
Das edle Herz des Norfolk zu umstricken?
Für sie geopfert fiel das beste Haupt
75Auf dieser Insel unterm Henkerbeil –
Und schreckte dieses jammervolle Beispiel
Die Rasenden zurück, die sich wetteifernd
Um ihrentwillen in den Abgrund stürzen?
Die Blutgerüste füllen sich für sie
80Mit immer neuen Todesopfern an,
Und das wird nimmer enden, bis sie selbst,
Die Schuldigste, darauf geopfert ist.
– O Fluch dem Tag, da dieses Landes Küste
Gastfreundlich diese Helena empfing.
KENNEDY.
85 Gastfreundlich hätte England sie empfangen?
Die Unglückselige, die seit dem Tag,
Da sie den Fuß gesetzt in dieses Land,
[8]Als eine Hilfeflehende, Vertriebne
Bei der Verwandten Schutz zu suchen kam,
90Sich wider Völkerrecht und Königswürde
Gefangen sieht, in enger Kerkerhaft
Der Jugend schöne Jahre muss vertrauern. –
Die jetzt, nachdem sie alles hat erfahren,
Was das Gefängnis Bittres hat, gemeinen
95Verbrechern gleich, vor des Gerichtes Schranken
Gefodert wird und schimpflich angeklagt
Auf Leib und Leben – eine Königin!
PAULET.
Sie kam ins Land als eine Mörderin,
Verjagt von ihrem Volk, des Throns entsetzt,
100Den sie mit schwerer Greueltat geschändet.
Verschworen kam sie gegen Englands Glück,
Der spanischen Maria blut’ge Zeiten
Zurückzubringen, Engelland katholisch
Zu machen, an den Franzmann zu verraten.
105Warum verschmähte sie’s, den Edinburger
Vertrag zu unterschreiben, ihren Anspruch
An England aufzugeben, und den Weg
Aus diesem Kerker schnell sich aufzutun
Mit einem Federstrich? Sie wollte lieber
110Gefangen bleiben, sich misshandelt sehn,
Als dieses Titels leerem Prunk entsagen.
Weswegen tat sie das? Weil sie den Ränken
Vertraut, den bösen Künsten der Verschwörung,
Und unheilspinnend diese ganze Insel
115Aus ihrem Kerker zu erobern hofft.
KENNEDY.
Ihr spottet, Sir – Zur Härte fügt Ihr noch
Den bittern Hohn! Sie hegte solche Träume,
Die hier lebendig eingemauert lebt,
Zu der kein Schall des Trostes, keine Stimme
120Der Freundschaft aus der lieben Heimat dringt,
Die längst kein Menschenangesicht mehr schaute,
Als ihrer Kerkermeister finstre Stirn,
Die erst seit kurzem einen neuen Wächter
[9]Erhielt in Eurem rauen Anverwandten,
125Von neuen Stäben sich umgittert sieht –
PAULET.
Kein Eisengitter schützt vor ihrer List.
Weiß ich, ob diese Stäbe nicht durchfeilt,
Nicht dieses Zimmers Boden, diese Wände,
Von außen fest, nicht hohl von innen sind,
130Und den Verrat einlassen, wenn ich schlafe?
Fluchvolles Amt, das mir geworden ist,
Die unheilbrütend Listige zu hüten.
Vom Schlummer jagt die Furcht mich auf, ich gehe
Nachts um, wie ein gequälter Geist, erprobe
135Des Schlosses Riegel und der Wächter Treu,
Und sehe zitternd jeden Morgen kommen,
Der meine Furcht wahr machen kann. Doch wohl mir!
Wohl! Es ist Hoffnung, dass es bald nun endet.
Denn lieber möcht ich der Verdammten Schar
140Wachstehend an der Höllenpforte hüten,
Als diese ränkevolle Königin.
KENNEDY.
Da kommt sie selbst!
PAULET.
Den Christus in der Hand,
Die Hoffart und die Weltlust in dem Herzen.
MARIA im Schleier, ein Kruzifix in der Hand. DIE VORIGEN.
KENNEDY (ihr entgegeneilend).
O Königin! Man tritt uns ganz mit Füßen,
145Der Tyrannei, der Härte wird kein Ziel,
Und jeder neue Tag häuft neue Leiden
Und Schmach auf dein gekröntes Haupt.
MARIA.
Fass dich!
Sag an, was neu geschehen ist?
KENNEDY.
Sieh her!
Dein Pult ist aufgebrochen, deine Schriften,
150Dein einz’ger Schatz, den wir mit Müh gerettet,
[10]Der letzte Rest von deinem Brautgeschmeide
Aus Frankreich ist in seiner Hand. Du hast nun
Nichts Königliches mehr, bist ganz beraubt.
MARIA.
Beruhige dich, Hanna. Diese Flitter machen
155Die Königin nicht aus. Man kann uns niedrig
Behandeln, nicht erniedrigen. Ich habe
In England mich an viel gewöhnen lernen,
Ich kann auch das verschmerzen. Sir, Ihr habt Euch
Gewaltsam zugeeignet, was ich Euch
160Noch heut zu übergeben willens war.
Bei diesen Schriften findet sich ein Brief,
Bestimmt für meine königliche Schwester
Von England – Gebt mir Euer Wort, dass Ihr
Ihn redlich an sie selbst wollt übergeben,
165Und nicht in Burleighs ungetreue Hand.
PAULET.
Ich werde mich bedenken, was zu tun ist.
MARIA.
Ihr sollt den Inhalt wissen, Sir. Ich bitte
In diesem Brief um eine große Gunst –
– Um eine Unterredung mit ihr selbst,
170Die ich mit Augen nie gesehn – Man hat mich
Vor ein Gericht von Männern vorgefodert,
Die ich als meinesgleichen nicht erkennen,
Zu denen ich kein Herz mir fassen kann.
Elisabeth ist meines Stammes, meines
175Geschlechts und Ranges – Ihr allein, der Schwester,
Der Königin, der Frau kann ich mich öffnen.
PAULET.
Sehr oft, Mylady, habt Ihr Euer Schicksal
Und Eure Ehre Männern anvertraut,
Die Eurer Achtung minder würdig waren.
MARIA.
180 Ich bitte noch um eine zweite Gunst,
Unmenschlichkeit allein kann mir sie weigern.
Schon lange Zeit entbehr ich im Gefängnis
Der Kirche Trost, der Sakramente Wohltat,
Und die mir Kron’ und Freiheit hat geraubt,
185Die meinem Leben selber droht, wird mir
Die Himmelstüre nicht verschließen wollen.
[11]PAULET.
Auf Euren Wunsch wird der Dechant des Orts –
MARIA (unterbricht ihn lebhaft).
Ich will nichts vom Dechanten. Einen Priester
Von meiner eignen Kirche fodre ich.
190– Auch Schreiber und Notarien verlang ich,
Um meinen letzten Willen aufzusetzen.
Der Gram, das lange Kerkerelend nagt
An meinem Leben. Meine Tage sind
Gezählt, befürcht ich, und ich achte mich
Gleich einer Sterbenden.
PAULET.
195 Da tut Ihr wohl,
Das sind Betrachtungen, die Euch geziemen.
MARIA.
Und weiß ich, ob nicht eine schnelle Hand
Des Kummers langsames Geschäft beschleunigt?
Ich will mein Testament aufsetzen, will
200Verfügung treffen über das, was mein ist.
PAULET.
Die Freiheit habt Ihr. Englands Königin
Will sich mit Eurem Raube nicht bereichern.
MARIA.
Man hat von meinen treuen Kammerfrauen,
Von meinen Dienern mich getrennt – Wo sind sie?
205Was ist ihr Schicksal? Ihrer Dienste kann ich
Entraten, doch beruhigt will ich sein,
Dass die Getreun nicht leiden und entbehren.
PAULET.
Für Eure Diener ist gesorgt.
(Er will gehen.)
MARIA.
Ihr geht, Sir? Ihr verlasst mich abermals,
210Und ohne mein geängstigt fürchtend Herz
Der Qual der Ungewissheit zu entladen.
Ich bin, dank Eurer Späher Wachsamkeit,
Von aller Welt geschieden, keine Kunde
Gelangt zu mir durch diese Kerkermauern,
215Mein Schicksal liegt in meiner Feinde Hand.
Ein peinlich langer Monat ist vorüber,
Seitdem die vierzig Kommissarien
In diesem Schloss mich überfallen, Schranken
Errichtet, schnell, mit unanständiger Eile,
220Mich unbereitet, ohne Anwalts Hülfe,
[12]Vor ein noch nie erhört Gericht gestellt,
Auf schlaugefasste schwere Klagepunkte
Mich, die Betäubte, Überraschte, flugs
Aus dem Gedächtnis Rede stehen lassen –
225Wie Geister kamen sie und schwanden wieder.
Seit diesem Tage schweigt mir jeder Mund,
Ich such umsonst in Eurem Blick zu lesen,
Ob meine Unschuld, meiner Freunde Eifer,
Ob meiner Feinde böser Rat gesiegt.
230Brecht endlich Euer Schweigen – lasst mich wissen,
Was ich zu fürchten, was zu hoffen habe.
PAULET (nach einer Pause).
Schließt Eure Rechnung mit dem Himmel ab.
MARIA.
Ich hoff auf seine Gnade, Sir – und hoffe
Auf strenges Recht von meinen ird’schen Richtern.
PAULET.
235 Recht soll Euch werden. Zweifelt nicht daran.
MARIA.
Ist mein Prozess entschieden, Sir?
PAULET.
Ich weiß nicht.
MARIA.
Bin ich verurteilt?
PAULET.
Ich weiß nichts, Mylady.
MARIA.
Man liebt hier rasch zu Werk zu gehn. Soll mich
Der Mörder überfallen wie die Richter?
PAULET.
240 Denkt immerhin, es sei so, und er wird Euch
In bessrer Fassung dann als diese finden.
MARIA.
Nichts soll mich in Erstaunen setzen, Sir,
Was ein Gerichtshof in Westminsterhall,
Den Burleighs Hass und Hattons Eifer lenkt,
245Zu urteln sich erdreiste – Weiß ich doch,
Was Englands Königin wagen darf zu tun.
PAULET.
Englands Beherrscher brauchen nichts zu scheuen,
Als ihr Gewissen und ihr Parlament.
Was die Gerechtigkeit gesprochen, furchtlos,
250Vor aller Welt wird es die Macht vollziehn.
DIE VORIGEN. MORTIMER. Paulets Neffe, tritt herein und ohne der Königin einige Aufmerksamkeit zu bezeugen, zu Paulet.
MORTIMER.
Man sucht Euch, Oheim.
(Er entfernt sich auf eben die Weise. Die Königin bemerkt es mit Unwillen und wendet sich zu Paulet, der ihm folgen will.)
MARIA.
Sir, noch eine Bitte.
Wenn Ihr mir was zu sagen habt – von Euch
Ertrag ich viel, ich ehre Euer Alter.
Den Übermut des Jünglings trag ich nicht,
255Spart mir den Anblick seiner rohen Sitten.
PAULET.
Was ihn Euch widrig macht, macht mir ihn wert.
Wohl ist es keiner von den weichen Toren,
Die eine falsche Weiberträne schmelzt –
Er ist gereist, kommt aus Paris und Reims,
260Und bringt sein treu altenglisch Herz zurück.
Lady, an dem ist Eure Kunst verloren! (Geht ab.)
MARIA. KENNEDY.
KENNEDY.
Darf Euch der Rohe das ins Antlitz sagen!
O es ist hart!
MARIA (in Nachdenken verloren).
Wir haben in den Tagen unsers Glanzes
265Dem Schmeichler ein zu willig Ohr geliehn,
Gerecht ist’s, gute Kennedy, dass wir
Dies Vorwurfs ernste Stimme nun vernehmen.
KENNEDY.
Wie? so gebeugt, so mutlos, teure Lady?
Wart Ihr doch sonst so froh, Ihr pflegtet mich zu trösten,
270Und eher musst ich Euren Flattersinn
Als Eure Schwermut schelten.
[14]MARIA.
Ich erkenn ihn.
Es ist der blut’ge Schatten König Darnleys,
Der zürnend aus dem Gruftgewölbe steigt,
Und er wird nimmer Friede mit mir machen,
275Bis meines Unglücks Maß erfüllet ist.
KENNEDY.
Was für Gedanken –
MARIA.
Du vergissest, Hanna –
Ich aber habe ein getreu Gedächtnis –
Der Jahrstag dieser unglückseligen Tat
Ist heute abermals zurückgekehrt,
280Er ist’s, den ich mit Buß und Fasten feire.
KENNEDY.
Schickt endlich diesen bösen Geist zur Ruh.
Ihr habt die Tat mit jahrelanger Reu,
Mit schweren Leidensproben abgebüßt.
Die Kirche, die den Löseschlüssel hat
285Für jede Schuld, der Himmel hat vergeben.
MARIA.
Frischblutend steigt die längst vergebne Schuld
Aus ihrem leichtbedeckten Grab empor!
Des Gatten rachefoderndes Gespenst
Schickt keines Messedieners Glocke, kein
290Hochwürdiges in Priesters Hand zur Gruft.
KENNEDY.
Nicht Ihr habt ihn gemordet! Andre taten’s!
MARIA.
Ich wusste drum. Ich ließ die Tat geschehn,
Und lockt ihn schmeichelnd in das Todesnetz.
KENNEDY.
Die Jugend mildert Eure Schuld. Ihr wart
So zarten Alters noch.
MARIA.
295 So zart, und lud
Die schwere Schuld auf mein so junges Leben.
KENNEDY.
Ihr wart durch blutige Beleidigung
Gereizt und durch des Mannes Übermut,
Den Eure Liebe aus der Dunkelheit
300Wie eine Götterhand hervorgezogen,
Den Ihr durch Euer Brautgemach zum Throne
Geführt, mit Eurer blühenden Person
Beglückt und Eurer angestammten Krone.
Konnt er vergessen, dass sein prangend Los
305[15]Der Liebe großmutsvolle Schöpfung war?
Und doch vergaß er’s, der Unwürdige!
Beleidigte mit niedrigem Verdacht,
Mit rohen Sitten Eure Zärtlichkeit,
Und widerwärtig wurd er Euren Augen.
310Der Zauber schwand, der Euren Blick getäuscht,
Ihr floht erzürnt des Schändlichen Umarmung
Und gabt ihn der Verachtung preis – Und er –
Versucht’ er’s, Eure Gunst zurückzurufen?
Bat er um Gnade? Warf er sich bereuend
315Zu Euren Füßen, Besserung versprechend?
Trotz bot Euch der Abscheuliche – Der Euer
Geschöpf war, Euren König wollt er spielen,
Vor Euren Augen ließ er Euch den Liebling,
Den schönen Sänger Rizzio durchbohren –
320Ihr rächtet blutig nur die blut’ge Tat.
MARIA.
Und blutig wird sie auch an mir sich rächen,
Du sprichst mein Urteil aus, da du mich tröstest.
KENNEDY.
Da Ihr die Tat geschehn ließt, wart Ihr nicht
Ihr selbst, gehörtet Euch nicht selbst. Ergriffen
325Hatt Euch der Wahnsinn blinder Liebesglut,
Euch unterjocht dem furchtbaren Verführer,
Dem unglücksel’gen Bothwell – Über Euch
Mit übermüt’gem Männerwillen herrschte
Der Schreckliche, der Euch durch Zaubertränke,
330Durch Höllenkünste das Gemüt verwirrend
Erhitzte –
MARIA.
Seine Künste waren keine andre,
Als seine Männerkraft und meine Schwachheit.
KENNEDY.
Nein, sag ich. Alle Geister der Verdammnis
Musst er zu Hülfe rufen, der dies Band
335Um Eure hellen Sinne wob. Ihr hattet
Kein Ohr mehr für der Freundin Warnungsstimme,
Kein Aug für das, was wohlanständig war.
Verlassen hatte Euch die zarte Scheu
Der Menschen, Eure Wangen, sonst der Sitz
340[16]Schamhaft errötender Bescheidenheit,
Sie glühten nur vom Feuer des Verlangens.
Ihr warft den Schleier des Geheimnisses
Von Euch, des Mannes keckes Laster hatte
Auch Eure Blödigkeit besiegt, Ihr stelltet
345Mit dreister Stirne Eure Schmach zur Schau.
Ihr ließt das königliche Schwert von Schottland
Durch ihn, den Mörder, dem des Volkes Flüche
Nachschallten, durch die Gassen Edinburgs,
Vor Euch hertragen im Triumph, umringtet
350Mit Waffen Euer Parlament, und hier,
Im eignen Tempel der Gerechtigkeit,
Zwangt Ihr mit frechem Possenspiel die Richter,
Den Schuldigen des Mordes loszusprechen –
Ihr gingt noch weiter – Gott!
MARIA.
Vollende nur!
355Und reicht’ ihm meine Hand vor dem Altare!
KENNEDY.
O lasst ein ewig Schweigen diese Tat
Bedecken! Sie ist schauderhaft, empörend,
Ist einer ganz Verlornen wert – Doch Ihr seid keine
Verlorne – ich kenn Euch ja, ich bin’s,
360Die Eure Kindheit auferzogen. Weich
Ist Euer Herz gebildet, offen ist’s
Der Scham – der Leichtsinn nur ist Euer Laster.
Ich wiederhol es, es gibt böse Geister,
Die in des Menschen unverwahrter Brust
365Sich augenblicklich ihren Wohnplatz nehmen,
Die schnell in uns das Schreckliche begehn
Und zu der Höll entfliehend das Entsetzen
In dem befleckten Busen hinterlassen.
Seit dieser Tat, die Euer Leben schwärzt,
370Habt Ihr nichts Lasterhaftes mehr begangen,
Ich bin ein Zeuge Eurer Besserung.
Drum fasset Mut! Macht Friede mit Euch selbst!
Was Ihr auch zu bereuen habt, in England
Seid Ihr nicht schuldig, nicht Elisabeth,
375[17]Nicht Englands Parlament ist Euer Richter.
Macht ist’s, die Euch hier unterdrückt, vor diesen
Anmaßlichen Gerichtshof dürft Ihr Euch
Hinstellen mit dem ganzen Mut der Unschuld.
MARIA.
Wer kommt?
(Mortimer zeigt sich an der Türe.)
KENNEDY.
Es ist der Neffe. Geht hinein.
DIE VORIGEN. MORTIMER scheu hereintretend.
MORTIMER (zur Amme).
380Entfernt Euch, haltet Wache vor der Tür,
Ich habe mit der Königin zu reden.
MARIA (mit Ansehn).
Hanna, du bleibst.
MORTIMER.
Habt keine Furcht, Mylady. Lernt mich kennen.
(Er überreicht ihr eine Karte.)
MARIA (sieht sie an und fährt bestürzt zurück).
Ha! Was ist das?
MORTIMER (zur Amme).
Geht, Dame Kennedy.
385Sorgt, dass mein Oheim uns nicht überfalle!
MARIA (zur Amme, welche zaudert und die Königin fragend ansieht).
Geh! Geh! Tu was er sagt!
(Die Amme entfernt sich mit Zeichen der Verwunderung.)
MORTIMER. MARIA.
MARIA.
Von meinem Oheim!
Dem Kardinal von Lothringen aus Frankreich!
(Liest.)
»Traut dem Sir Mortimer, der Euch dies bringt,
Denn keinen treuern Freund habt Ihr in England.«
[18](Mortimern mit Erstaunen ansehend.)
Ist’s möglich? Ist’s kein Blendwerk, das mich täuscht?
391So nahe find ich einen Freund und wähnte mich
Verlassen schon von aller Welt – find ihn
In Euch, dem Neffen meines Kerkermeisters,
In dem ich meinen schlimmsten Feind –
MORTIMER(sich ihr zu Füßen werfend).
Verzeihung
395Für diese verhasste Larve, Königin,
Die mir zu tragen Kampf genug gekostet,
Doch der ich’s danke, dass ich mich Euch nahen,
Euch Hülfe und Errettung bringen kann.
MARIA.
Steht auf – Ihr überrascht mich, Sir – Ich kann
400So schnell nicht aus der Tiefe meines Elends
Zur Hoffnung übergehen – Redet, Sir –
Macht mir dies Glück begreiflich, dass ich’s glaube.
MORTIMER (steht auf).
Die Zeit verrinnt. Bald wird mein Oheim hier sein,
Und ein verhasster Mensch begleitet ihn.
405Eh Euch ihr Schreckensauftrag überrascht,
Hört an, wie Euch der Himmel Rettung schickt.
MARIA.
Er schickt sie durch ein Wunder seiner Allmacht!
MORTIMER.
Erlaubt, dass ich von mir beginne.
MARIA.
Redet, Sir!
MORTIMER.
Ich zählte zwanzig Jahre, Königin,
410In strengen Pflichten war ich aufgewachsen,
In finsterm Hass des Papsttums aufgesäugt,
Als mich die unbezwingliche Begierde
Hinaustrieb auf das feste Land. Ich ließ
Der Puritaner dumpfe Predigtstuben,
415Die Heimat hinter mir, in schnellem Lauf
Durchzog ich Frankreich, das gepriesene
Italien mit heißem Wunsche suchend.
Es war die Zeit des großen Kirchenfests,
Von Pilgerscharen wimmelten die Wege,
420Bekränzt war jedes Gottesbild, es war,
Als ob die Menschheit auf der Wandrung wäre,
[19]Wallfahrend nach dem Himmelreich – Mich selbst
Ergriff der Strom der glaubenvollen Menge,
Und riss mich in das Weichbild Roms –
425 Wie ward mir, Königin!
Als mir der Säulen Pracht und Siegesbogen
Entgegenstieg, des Kolosseums Herrlichkeit
Den Staunenden umfing, ein hoher Bildnergeist
In seine heitre Wunderwelt mich schloss!
430Ich hatte nie der Künste Macht gefühlt,
Es hasst die Kirche, die mich auferzog,
Der Sinne Reiz, kein Abbild duldet sie,
Allein das körperlose Wort verehrend.
Wie wurde mir, als ich ins Innre nun
435Der Kirchen trat, und die Musik der Himmel
Herunterstieg, und der Gestalten Fülle
Verschwenderisch aus Wand und Decke quoll,
Das Herrlichste und Höchste, gegenwärtig,
Vor den entzückten Sinnen sich bewegte,
440Als ich sie selbst nun sah, die Göttlichen,
Den Gruß des Engels, die Geburt des Herrn,
Die heil’ge Mutter, die herabgestiegne
Dreifaltigkeit, die leuchtende Verklärung –
Als ich den Papst drauf sah in seiner Pracht
445Das Hochamt halten und die Völker segnen.
O was ist Goldes, was Juwelen Schein,
Womit der Erde Könige sich schmücken!
Nur Er ist mit dem Göttlichen umgeben.
Ein wahrhaft Reich der Himmel ist sein Haus,
450Denn nicht von dieser Welt sind diese Formen.
MARIA.
O schonet mein! Nicht weiter. Höret auf,
Den frischen Lebensteppich vor mir aus-
Zubreiten – Ich bin elend und gefangen.
MORTIMER.
Auch ich war’s, Königin! und mein Gefängnis
455Sprang auf und frei auf einmal fühlte sich
Der Geist, des Lebens schönen Tag begrüßend.
Hass schwur ich nun dem engen dumpfen Buch,
[20]Mit frischem Kranz die Schläfe mir zu schmücken,
Mich fröhlich an die Fröhlichen zu schließen.
460Viel edle Schotten drängten sich an mich
Und der Franzosen muntre Landsmannschaften.
Sie brachten mich zu Eurem edeln Oheim,
Dem Kardinal von Guise – Welch ein Mann!
Wie sicher, klar und männlich groß! – Wie ganz
465Geboren, um die Geister zu regieren!
Das Muster eines königlichen Priesters,
Ein Fürst der Kirche, wie ich keinen sah!
MARIA.
Ihr habt sein teures Angesicht gesehn,
Des vielgeliebten, des erhabnen Mannes,
470Der meiner zarten Jugend Führer war.
O redet mir von ihm. Denkt er noch mein?
Liebt ihn das Glück, blüht ihm das Leben noch,
Steht er noch herrlich da, ein Fels der Kirche?
MORTIMER.
Der Treffliche ließ selber sich herab,
475Die hohen Glaubenslehren mir zu deuten,
Und meines Herzens Zweifel zu zerstreun.
Er zeigte mir, dass grübelnde Vernunft
Den Menschen ewig in der Irre leitet,
Dass seine Augen sehen müssen, was
480Das Herz soll glauben, dass ein sichtbar Haupt
Der Kirche not tut, dass der Geist der Wahrheit
Geruht hat auf den Sitzungen der Väter.
Die Wahnbegriffe meiner kind’schen Seele,
Wie schwanden sie vor seinem siegenden
485Verstand und vor der Suada seines Mundes!
Ich kehrte in der Kirche Schoß zurück,
Schwur meinen Irrtum ab in seine Hände.
MARIA.
So seid Ihr einer jener Tausende,
Die er mit seiner Rede Himmelskraft
490Wie der erhabne Prediger des Berges
Ergriffen und zum ew’gen Heil geführt!
MORTIMER.
Als ihn des Amtes Pflichten bald darauf
Nach Frankreich riefen, sandt er mich nach Reims,
[21]Wo die Gesellschaft Jesu, fromm geschäftig,
495Für Englands Kirche Priester auferzieht.
Den edeln Schotten Morgan fand ich hier,
Auch Euren treuen Leßley, den gelehrten
Bischof von Roße, die auf Frankreichs Boden
Freudlose Tage der Verbannung leben –
500Eng schloss ich mich an diese Würdigen,
Und stärkte mich im Glauben – Eines Tags,
Als ich mich umsah in des Bischofs Wohnung,
Fiel mir ein weiblich Bildnis in die Augen,
Von rührend wundersamem Reiz, gewaltig
505Ergriff es mich in meiner tiefsten Seele,
Und des Gefühls nicht mächtig stand ich da.
Da sagte mir der Bischof: Wohl mit Recht
Mögt Ihr gerührt bei diesem Bilde weilen.
Die schönste aller Frauen, welche leben,
510Ist auch die jammernswürdigste von allen,
Um unsers Glaubens willen duldet sie,
Und Euer Vaterland ist’s, wo sie leidet.
MARIA.
Der Redliche! Nein, ich verlor nicht alles,
Da solcher Freund im Unglück mir geblieben.
MORTIMER.
515 Drauf fing er an, mit herzerschütternder
Beredsamkeit mir Euer Märtyrtum
Und Eurer Feinde Blutgier abzuschildern.
Auch Euern Stammbaum wies er mir, er zeigte
Mir Eure Abkunft von dem hohen Hause
520Der Tudor, überzeugte mich, dass Euch
Allein gebührt in Engelland zu herrschen,
Nicht dieser Afterkönigin, gezeugt
In ehebrecherischem Bett, die Heinrich,
Ihr Vater, selbst verwarf als Bastardtochter.
525Nicht seinem einz’gen Zeugnis wollt ich traun,
Ich holte Rat bei allen Rechtsgelehrten,
Viel alte Wappenbücher schlug ich nach,
Und alle Kundige, die ich befragte,
Bestätigten mir Eures Anspruchs Kraft.
530[22]Ich weiß nunmehr, dass Euer gutes Recht
An England Euer ganzes Unrecht ist,
Dass Euch dies Reich als Eigentum gehört,
Worin Ihr schuldlos als Gefangne schmachtet.
MARIA.
O dieses unglücksvolle Recht! Es ist
535Die einz’ge Quelle aller meiner Leiden.
MORTIMER.
Um diese Zeit kam mir die Kunde zu,
Dass Ihr aus Talbots Schloss hinweggeführt,
Und meinem Oheim übergeben worden –
Des Himmels wundervolle Rettungshand
540Glaubt ich in dieser Fügung zu erkennen,
Ein lauter Ruf des Schicksals war sie mir,
Das meinen Arm gewählt, Euch zu befreien.
Die Freunde stimmen freudig bei, es gibt
Der Kardinal mir seinen Rat und Segen,
545Und lehrt mich der Verstellung schwere Kunst.