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Das Buch 'Marino Caboga' von Achim von Arnim entführt den Leser in eine faszinierende Welt des 17. Jahrhunderts, in der der junge venezianische Edelmann Marino Caboga um sein Erbe und seine Liebe kämpft. Von Arnim's eleganter und poetischer Schreibstil zeichnet ein lebendiges Bild der politischen Intrigen und romantischen Verwicklungen dieser Zeit. Das Buch zeigt Einflüsse des Romantismus und der historischen Novelle, und bietet einen tiefen Einblick in die Kultur und Gesellschaft Venedigs. Als einer der bedeutendsten Schriftsteller der Romantik, nutzte von Arnim Marino Caboga, um die Themen von Liebe, Macht und Identität zu erforschen. Durch die detaillierte Darstellung der Charaktere und ihrer Entscheidungen, gelingt es dem Autor, eine komplexe und fesselnde Handlung zu kreieren, die den Leser von Anfang bis Ende fesselt. Empfohlen für Liebhaber der Romantik und historischer Literatur, wird 'Marino Caboga' von Achim von Arnim sicherlich ein fesselndes Leseerlebnis bieten, das sowohl unterhalten als auch zum Nachdenken anregen wird.
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Seitenzahl: 76
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Books
Herzog von Ragusa.
Procoli Caboga, ein edler Ragusaner.
Marino Caboga, ein edler Ragusaner.
Marina.
Crook, holländischer Gesandter am türkischen Hofe.
Cornelia Crook, seine Tochter.
Mitrovich, ein morlackischer Kriegsmann.
Czirich, ein morlackischer Kriegsmann.
Hitrov und andere Morlacken.
Kassuba und Polo, Ragusaner.
Carofilli, ein Weber.
Bettler.
Ratsherren, Wachen, Mönche, Volkshaufen.
Ort: Ragusa. Zeit: 1667.
(Ragusa. Eingang der Marienkirche. Wohlgeordnete Sitze bezeichnen in einer Kapelle den Ort, wo sich der Rat bei feierlicher Gelegenheit versammelt. Ein Bettler mit einem Stelzfuße steht an der Türe. Carofilli, der Weber, tritt ein, sieht sich nach allen Seiten um.)
Bettler: Gewiß, du suchst mich, mir etwas in die Hand zu drücken.
Carofilli(drückt ihm die Hand): Mehr kann ich dir nicht geben, Alter.
Bettler: Der Händedruck ist mehr wert als ein Skudi, den so ein reicher Herr aus Übermut mir reicht und in der Angst, ich möchte ihn mit meiner Hand berühren, mir vor die Füße fallen läßt zur Erde, daß ich gleich einem Hund mir meinen Brocken suchen soll, und soll ihn doch nicht beißen wie ein Hund.
Carofilli: Zehntausend Arten Aussatz nähren sich von solchem reichen Leibe, die Ärzte müssen täglich an ihm flicken, das Beichten nimmt kein Ende; doch halten sie uns armen Leute für vergiftet, weil wir uns nicht das Haar mit Rosenöl gesalbt. Das türkische Rosenöl kommt teuer mir zu stehn! Weil ich die Schatzung zum Tribut der Türken nicht zahlen konnte, haben sie den Webstuhl mir verkauft und mich gezwungen, die schweren Beutel in das Schiff zu tragen. Mit meinem Weberschiffe wußte ich umzugehn, doch nicht auf solchem Seeschiff: ich fiel und habe mir den Arm verstaucht.
Bettler: Bist besser dran als ich. Sie zwangen mich, die Falken für die Spanier im Gebirg zu fangen, die ihnen als Tribut versprochen: da brach ich dieses Bein und ward aus einem rüst'gen Kerl zum Krüppel. Gott weiß, warum er uns verdammt, den Völkern aller Art Tribut zu zahlen, und sind doch edler als sie alle.
Carofilli: Das macht der Handel der Geschlechter, sie wollen überall ihr Wesen treiben, die Freundschaft fremder Völker müssen wir bezahlen. Sie sind mit nichts zufrieden, was das Land gezogen; sie wollen türkische geblümte Zeuge tragen, mit Griechenweine ihre Kehlen netzen. Nur Fremdes gilt. Zieht hin, so ruf ich oft, werdet Türken! wir sind dann aller Sorge ledig und wollen uns schon selbst regieren.
Bettler: Es wird bald alles anders werden, ich spür's in meinem Fuße, mir ist's, als trüg' ich ihn noch unversehrt. Es liegt was Großes in der Luft.
Carofilli: Nun freilich, mit der Luft kam's an, mit gutem Winde, ich mein das Schiff.
Bettler: Was für ein Schiff?
Carofilli: Du sahst doch, daß ich etwas suchte hier.
Bettler: Das Schiff der Kirche? Von der soll's kommen? Die Kirche plündert auch die Armen aus und schont nicht der Reichen.
Carofilli: Nicht doch, das Schiff warf gestern abend Anker, ich weiß nicht, wie es heißt; es brachte den holländischen Gesandten mit der großen blonden Tochter, er geht nach Konstantinopel, und auf dem Schiffe kam auch der Caboga.
Bettler: Marino Caboga?
Carofilli: Ich sucht' ihn hier, denn dies ist seine Kirche, er kauft mir sicher einen andern Webstuhl. Es war mein Spielkamerad, der hielt auf Ordnung, wir folgten ihm, obgleich er keinem zu befehlen hatte; denn keiner von den Seinen unterstützte ihn, ich glaub, sie hätten's gern gesehn, wenn wir ihn totgeschlagen. Ach, würde der Caboga Herzog, da könnte ich in Ruh' mein Handwerk treiben, er würde meine Webereien zu verschiffen wissen.
Bettler: Du bist noch jung, hast noch nicht viel erlebt. Wenn der Caboga erst das rote Kleid hätte angezogen, da könnt' er sich auch nicht mehr rühren; es ist gar eng und warm, die Herzogskrone kühlt das Hirn, er würde den angeerbten Schnupfen nicht mehr los.
Carofilli: Willst du mir noch das bißchen Hoffnung nehmen, so wär's mir recht, wenn alles heut zugrunde ginge, die reiche Stadt mit allem meinem Plunder.
Bettler: Du armer Narr, du denkst, daß Sonn' und Mond mit deinem Webstuhl sollen stille stehn.
Carofilli: Nein, nein, sie mögen dreifach glänzend über uns sich zeigen, denn meine Augen sehen den Caboga! (Procoli und Caboga treten ein.)
Caboga(zu Carofilli): Sieh, Carofilli! ich irre nicht, du bist's!
Carofilli: Ja, lieber Herr, ich weiß nicht, wie ich Euch soll nennen, denn Freud' und Jammer drücken noch das Herz mir ab. O nur ein heimlich Wort, ich schäme mich.
Caboga: Vertrau mir alles. (Er geht mit ihm zur Seite, sie sprechen sachte, und Caboga steckt ihm etwas zu, worauf sich Carofilli mit Bewegungen des Danks entfernt.)
Procoli(zum Bettler): Da, Stelzfuß, hast du deinen Teil von Gottes Segen! So schwere Münzen sind dir wohl lange nicht gefallen. Bete für mich, daß Gottes Segen noch ein paarmal so über mich komme.
Bettler: Dank, Herr! Wie heißt Ihr, Herr? Damit die Heiligen mich verstehn, für wen ich bete.
Procoli: Was? Du kennst mich nicht, den Procoli aus der Venezianerstraße, den sogenannten Vogel Greif von meinem Hauszeichen?
Bettler: Nein, Herr, wir Bettler kennen Euer Haus noch nicht.
Procoli: Überlauf mich künftig nur nicht, ich bringe schon selbst, wenn es gut geht. Also, du betest für Procoli Caboga und auch für den Neffen, Marino Caboga, denn dem danke ich diesen Gewinn.
Bettler: Gern will ich für den Caboga beten. Heil Euch, junger Herr! ich sah Euch als Kind, nun seid Ihr ein großer Kaufmann geworden und habt Euren Oheim reich gemacht.
Caboga: Oheim, Ihr macht mich schamrot, Ihr ehrt den Glückswurf allzu hoch in mir, – da, Alter, hast du auch von mir ein Scherflein, damit ich Anteil habe an deinem Gebete.
Bettler: Ihr schenkt mir, ohne zu sehen, was Ihr aus Eurer Tasche zieht, so nehmt auch etwas aus meinem kleinen Liederkram, wie ich es fasse, wie's das Glück mir in die Hände gibt. (Er reicht ihm ein Blatt und geht nach einer andern Seite der Kirche.)
Caboga: So recht, du hast Ehre im Leibe und willst nichts umsonst annehmen. Ich muß doch sehen, was das Glück mir hat verehrt:
(Er liest) Seh ich aus der feuchten Höhle Meiner Augen in die Welt –
Nein, das paßt wie Faust aufs Auge, will es aufheben auf künftige Tage, heut habe ich zum Weinen keine Zeit. O, ich habe auch meine traurigen und müßigen Tage gehabt, doch nun ist's überwunden, und ich habe mit ernstem Schwure mir angelobt, der Welt zurückzuzahlen, was sie mir verliehen, was aufmunternd und belehrend mich dem Dumpfsinn unglücklicher Jugendgefühle entrissen hat.
Procoli: Ihr sollt keine traurigen, keine müßigen Tage mehr erleben, Ihr sollt für mein Haus reisen, ich lasse Euch einen Anteil am Gewinn. Weiß Gott, ich hätte Euch solche gute Spekulation nicht zugetraut, wie Ihr mir mit den Korallen gemacht habt. Das Doppelte haben die Holländer bezahlt, die Venezianer betrogen mich, wart, wart, ich will sie wieder betrügen.
Caboga: Dank, lieber Oheim, für Euer Anerbieten, aber ich bin nicht geschaffen, es anzunehmen. Den Handel habe ich wohl kennen gelernt auf meiner Reise, aber ich trieb ihn nur als Nebensache, wie ein andrer das Kartenspiel; von meinen Spekulationen führte ich nur die aus, die mir Spaß machten, und sie trugen mir so reichlich ein, daß ich überall mit Glanz auftreten konnte, ohne von meinem Vermögen Euch abzubegehren.
Procoli: Ihr habt unserm Hause überall Ehre gemacht.
Caboga: Es, war mir nicht darum zu tun, ich suchte nur Gelegenheit, alles zu sehen, was die Leute ohne Grund sonst den Fremden verbergen. – Wir könnten viel, viel von den fremden Staaten lernen, viel in Künsten, mehr noch in Einrichtungen und Gesetzen.
Procoli: Ei was! – Ihr meint, hier wäre nicht alles zum besten eingerichtet?
Caboga: Hier? Betrug, Bestechung, Willkür überall, um uns, die wenigen übrigen Geschlechter von denen, die den Staat einst gründeten, statt des ganzen Volkes emporzubringen, in Frevel und Übermut zu schützen; der Herzog immerdar ein trockener Schwamm, der sich in seinem kurzen Regierungsjahre voll saugt. Mein Herz entflammte schon früh in dem Gedanken, das alles zu bessern, aber ich wußte nicht wie! Allmählich habe ich in der Fremde gelernt, wo der Schutz gegen dieses Verderben zu finden, – die Geschlechter müssen sich aufopfern, sie müssen's ihrer eignen Sicherheit wegen nicht anstehen lassen, gegenüber ihnen muß das in himmlischer Gnade verteilte Talent gelten.
Procoli: Stille, sachte, Neffe, daß uns nur keiner hört, es läuft mir ganz kalt über den Rücken, Ihr tragt seltsame Dinge mit Euch herum. Sollen wir das Lumpenpack, das jedem dienbar, der es bezahlt, in den Rat ziehen?
Caboga: Euch danke ich die Freiheit, in der ich mein Vaterland kennen lernte, andre Söhne der Geschlechter werden im Kloster oder in vornehmer Abgeschiedenheit erzogen, Ihr ließet mich umherlaufen, daß ich manche Nacht in der Markthalle schlief; da lernte ich unser gutes, niedergebeugtes Volk kennen, o es ist fromm und gut wie wenige: aber diese Brut fremder Soldaten! die schändet es, denen ist alles erlaubt.
Procoli: