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Mark Twain

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Beschreibung

Mit Aufsatz zu Leben und Werk Mark Twain ist einer der wichtigsten Schriftsteller der angelsächsischen Literatur. Seine bekanntesten Werke um Tom Sawyer und Huckleberry Finn, die heute noch häufig fälschlicherweise als reine Kinderwerke angesehen werden, wurden von vielen nachfolgenden Schriftstellern - u.a. Hemingway - als wegweisend bezeichnet. Neben seinen Abenteuergeschichten sind auch seine ausführlichen und sehr unterhaltsamen Reiseberichte in Erinnerung geblieben. In ihnen schilderte er lebendig die verschiedensten Regionen des Mittleren Westens der USA, aber auch Europa und andere Teile der Welt finden in seinen Reportagen Erwähnung. Twain war ein innovativer Autor, er war gut organisiert, sehr professionell und verdiente sich ein kleines Vermögen auf ausgedehnten Vorlesungsreisen, über die er dann wieder berichten konnte. Außerdem gilt er immer noch als der erste Autor der Welt, der ein Manuskript auf einer Schreibmaschine verfasste. Hier finden Sie eine nach Romanen, Essays, Reportagen, Reiseberichten und Erzählungen gegliederte Zusammenstellung der bekanntesten und wichtigsten Werke Mark Twains: u.a. Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten, Tom Sawyers Abenteuer und Streiche, Querkopf Wilson, Tom Sawyer als Detektiv, Lebensgeschichte, Auf dem Mississippi, Nach dem fernen Westen, Die Schrecken der deutschen Sprache, Reise um die Welt, Die 1.000.000 Pfundnote. Null Papier Verlag

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Mark Twain

Mark Twain

Gesammelte Werke

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Mark Twain

Gesammelte Werke

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected]: Jürgen Schulze 3. Auflage, ISBN 978-3-954184-69-9

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Inhaltsverzeichnis

Vor­wort des Ver­le­gers

Vor­wort zur zwei­ten Auf­la­ge

Mark Twain -- Le­ben und Werk

Ro­ma­ne

Huck­le­ber­ry Finns Aben­teu­er und Fahr­ten

Der ame­ri­ka­ni­sche Prä­ten­dent

Tom Sa­wyers Aben­teu­er und Strei­che

Qu­er­kopf Wil­son

Tom Sa­wyer als De­tek­tiv

Bio­gra­phi­sches

Le­bens­ge­schich­te Mark Twains

Adams Ta­ge­buch

Aus mei­ner Kna­ben­zeit

Rit­ters Ge­schich­te

Der Mann, der bei Gads­by­’s ab­stieg

Die Ge­schich­te des In­va­li­den

Auf dem Mis­sis­sip­pi

Nach dem fer­nen Wes­ten

Über früh­rei­fe Kin­der

Re­dak­teur und Be­richt­er­stat­ter

All­ge­mei­ne Ant­wort an Brief­stel­ler

Ant­wor­ten auf Zu­schrif­ten

Essays

Die Schre­cken der deut­schen Spra­che

Ein Zwie­ge­spräch

Eine Ge­schich­te ohne Ende

Zei­tungs­we­sen in Ten­nes­see

Der se­li­ge Ben­ja­min Fran­klin

Mei­ne Uhr

Ei­ni­ges über Bar­bie­re

Wie ein Schnup­fen ku­riert wird

Es ist ge­fähr­lich im Bet­te zu lie­gen

Kan­di­da­ten­freu­den

Trink­sprü­che

Wohl­tun trägt Zin­sen

Über Ta­ge­bü­cher

Über das Brief­schrei­ben

Ge­dan­ken­te­le­gra­phie

Rei­se­be­rich­te

Mei­ne Rei­se um die Welt -- Ers­te Ab­tei­lung

Mei­ne Rei­se um die Welt -- Zwei­te Ab­tei­lung

Ein Be­such des Nia­ga­ra

Ein tür­ki­sches Bad

Bri­ti­sche Fest­lich­kei­ten

Pa­ri­ser Füh­rer

Der deut­sche Por­tier

Sonn­tags­hei­li­gung in Deutsch­land

Eine Beo­b­ach­tung in Pa­ris

Wa­gner­mu­sik

Eine Epi­so­de in Ba­den-Ba­den

Re­zept für Schwarz­wäl­der­ge­schich­ten

Tisch­re­de bei ei­nem Fes­tes­sen der Ame­ri­ka­ner in Lon­don, zur Fei­er des vier­ten Juli

Die Be­stei­gung des Rif­fel­bergs

Ein Tisch­ge­spräch

Eine Ri­gi­be­stei­gung

Noch ein Lands­mann

Ber­li­ner Ein­drücke

Eine schlaflo­se Nacht

Die Hun­de von Kon­stan­ti­no­pel

Was mir der Pro­fes­sor er­zähl­te

Kin­der­spie­le

Duel­le

Die Amei­se

Tot oder le­ben­dig

Prin­zen­ver­eh­rung

Re­por­ta­gen

Ein Mi­nia­tur­reich im Welt­meer

Mi­chel An­ge­lo

Die al­ten Meis­ter

Des Ka­pi­täns Bi­bel-Er­klä­rung

Trau­ben- und Mol­ken­kur

Ein Lands­mann

Pein­li­che Ohren­mu­sik

Der große Rind­fleisch-Kon­trakt

Eduard Jack­son und Van­der­bilt

Staats­wirt­schaft

Ein ge­heim­nis­vol­ler Be­such

Brü­der, knipst ein!

Ein merk­wür­di­ger Ver­gnü­gungs-Aus­flug

Er­zäh­lun­gen

Der Ro­man ei­ner Es­ki­mo-Maid

Mein Rei­se­ge­fähr­te, der Re­for­ma­tor

Die Ge­schich­te des Hau­sie­rers

Eine wah­re Ge­schich­te

Wie Had­ley­burg ver­derbt wur­de

Der ge­stoh­le­ne wei­ße Ele­fant

Die 1.000.000 Pfund­no­te

Mehr Glück als Ver­stand

Kin­der­krank­hei­ten

Frau Mc Wil­liams beim Ge­wit­ter

Die Lie­be des schö­nen Alon­zo Fitz Cla­rence und der schö­nen Ro­s­an­nah Ethel­ton

Die ka­pi­to­li­ni­sche Ve­nus

Wie der Ver­fas­ser in Ne­wark an­ge­führt wur­de

Scho­nend bei­ge­bracht

Die Ge­schich­te von ei­nem gu­ten klei­nen Kna­ben

In­dex

Dan­ke

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Vorwort des Verlegers

Als Ein-Mann-Ver­le­ger in­ves­tie­re ich in die Qua­li­tät mei­ner Ver­öf­fent­li­chun­gen und nicht in Wer­bung. Wenn Sie mich un­ter­stüt­zen möch­ten, schaf­fen Sie es am bes­ten durch eine po­si­ti­ve Be­wer­tung. Und wenn es mal et­was zu kri­ti­sie­ren gibt, dann schrei­ben Sie mir doch bit­te di­rekt, so er­hal­ten Sie am schnells­ten eine Re­ak­ti­on.

Ihr

Jür­gen Schul­ze, re­dak­tion@­null-pa­pier.de

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Vorwort zur zweiten Auflage

Auf An­re­gung ei­nes Le­ser, die ich ab­so­lut be­rech­tigt fin­de, habe ich mich dazu ent­schlos­sen, die teil­wei­se bis zu 50 Bild­schirm­sei­ten lan­gen In­halts­ver­zeich­nis­se mei­ner Werk­samm­lun­gen dras­tisch zu ent­schla­cken. Ich pa­cke ein­fach Un­ter­ver­zeich­nis­se und In­dex­ver­zeich­nis­se dazu, das er­leich­tert die Na­vi­ga­ti­on er­heb­lich.

Auf der obers­ten Ebe­ne, dem Haup­tin­halts­ver­zeich­nis, er­folgt nur noch eine Auf­tei­lung in Li­te­ra­tur­gat­tun­gen (Ro­ma­ne, Kurz­ge­schich­ten, Ly­rik und der­glei­chen), eine Ebe­ne tiefer ge­langt man dann zu der ei­gent­li­chen Ti­tel­über­sicht.

Das al­pha­be­tisch ge­ord­ne­te In­dex­ver­zeich­nis al­ler Ti­tel - egal wel­cher Gat­tung - lässt sich wei­ter­hin be­quem und schnell über das Haup­tin­halts­ver­zeich­nis auf­ru­fen.

Und für alle Twain-Fans habe ich einen neu­en Ro­man hin­zu­ge­fügt: »Der ame­ri­ka­ni­sche Prä­ten­dent«

*

Mark Twain -- Leben und Werk

Das Le­ben des großen US-ame­ri­ka­ni­schen Schrift­stel­lers Mark Twain ist ge­prägt von Brü­chen. Der am 18. No­vem­ber 1835 in Flo­ri­da ge­bo­re­ne Au­tor kam als sechs­tes Kind von John Mars­hall Cle­mens und sei­ner Ehe­frau Jane Lamp­ton un­ter dem Na­men Sa­mu­el Lang­hor­ne Cle­mens zur Welt. Vier­jäh­rig zog er mit sei­ner Fa­mi­lie an den Mis­sis­sip­pi in das Städt­chen Han­ni­bal, das spä­ter eine große in sei­nem be­kann­tes­ten Werk spie­len soll­te. Fa­mi­lie Cle­mens ge­hör­te nicht zu den Be­gü­ter­ten. Der Va­ter war wirt­schaft­lich nicht er­folg­reich, so­dass er so­gar Jen­ny, die ein­zi­ge Skla­vin, ver­kau­fen muss­te. Letzt­lich zog die Fa­mi­lie bei ei­nem Apo­the­ker ein und sorg­te dort an­statt der Miet­zah­lun­gen für die In­stand­hal­tung des Hau­ses. Als der Va­ter im Jah­re 1846 verstarb, ver­ließ Sa­mu­el die Schu­le und be­gann eine Leh­re als Schrift­set­zer. Be­reits zu die­ser Zeit be­gann er zu schrei­ben. Sei­ne Ge­schich­te »The Dan­dy Frigh­te­ning the Squat­ter« wur­de so­gar ver­öf­fent­licht.

Rei­se­jour­na­list, Lot­se und Gold­grä­ber

Mit 18 Jah­ren ver­ließ Sa­mu­el Han­ni­bal und reis­te fort­an als Schrift­set­zer durch den Os­ten und Mitt­le­ren Wes­ten der USA. Da­bei fi­nan­zier­te er sei­nen Le­bens­un­ter­halt durch das Schrei­ben von Rei­se­be­rich­ten für die Zei­tung sei­nes Bru­ders. Ei­nen län­ge­ren Auf­ent­halt in New York nutz­te er, um in Biblio­the­ken sei­ne All­ge­mein­bil­dung zu ver­bes­sern. Von 1855 bis 1861 ar­bei­te­te Cle­mens als Lot­se auf ei­nem Mis­sis­sip­pi-Damp­fer. Als die Fluss­schiff­fahrt durch die Se­zes­si­ons­krie­ge zum Er­lie­gen kam, kämpf­te er für kur­ze Zeit auf­sei­ten der Kon­fö­de­rier­ten, be­vor er sich auf die Gold­fel­der von Vir­gi­nia City ab­setz­te. Da er beim Gold­schür­fen we­nig er­folg­reich war, be­gann er Ge­schich­ten zu schrei­ben, die vor al­lem den Klatsch zum In­halt hat­ten, und die zum spä­te­ren Ruf des Wil­den Wes­tens maß­geb­lich bei­tru­gen.

Die Ge­burts­stun­de des »Mark Twain«

Der 3. Fe­bru­ar 1863 ist als Ge­burts­stun­de des Mark Twain nach­ge­wie­sen. An die­sem Tag un­ter­zeich­ne­te Cle­mens das ers­te Mal einen hu­mor­vol­len Rei­se­be­richt mit dem Pseud­onym, un­ter dem er in der gan­zen Welt be­kannt wer­den soll­te. Der Be­griff stammt aus der See­mannss­pra­che und be­deu­tet »zwei Fa­den«, eine An­ga­be, um die Tie­fe des Was­sers un­ter dem Kiel zu mes­sen. Mit 35 Jah­ren hei­ra­te­te er Oli­via Lang­don, mit der er vier Kin­der hat­te, von de­nen al­ler­dings nur eine Toch­ter ihn selbst über­leb­te. Mit sei­ner Fa­mi­lie leb­te er in Connec­ti­cut. In Hart­ford war Har­riet Bee­cher Sto­we, Au­to­rin von »On­kel Toms Hüt­te«, sei­ne Nach­ba­rin, die ihn in sei­ner Ein­stel­lung ge­gen die Skla­ve­rei sehr be­stärk­te. 1874 er­warb Twain eine Schreib­ma­schi­ne, auf der er sein wich­tigs­tes Werk »Life on the Mis­sis­sip­pi« schrieb. Er gilt da­mit als der ers­te Schrift­stel­ler, der sei­nem Ver­lag einen auf der Ma­schi­ne ge­schrie­be­nen Ro­man übergab.

Le­se­rei­sen in die gan­ze Welt

Twain un­ter­nahm vie­le Rei­sen, so­dass er nicht nur die USA, son­dern auch an­de­re Län­der ken­nen­lern­te. Der schrift­stel­le­ri­sche Er­folg setz­te bald ein und ver­schaff­te ihm den ge­sell­schaft­li­chen Rang, nach­dem er stets ge­strebt hat­te. Sei­ne Ge­schich­ten ver­kauf­ten sich gut, so­dass er sich an ei­nem Ver­lag be­tei­li­gen konn­te. 1894 ging der Ver­lag al­ler­dings in Kon­kurs und hin­ter­ließ Twain einen Berg von Schul­den. Um die­sen ab­zu­tra­gen, ging er auf Le­se­rei­sen in alle Welt. Da­bei be­such­te er auch die deut­schen Städ­te Hei­del­berg und Ber­lin, wo er meh­re­re Mo­na­te leb­te. Be­kannt ist auch sein spitz­zün­gi­ger Auf­satz »Die Schre­cken der deut­schen Spra­che«, in dem er sich mit den Tücken des Deut­schen aus­ein­an­der­setz (»Nach mei­ner Er­fah­rung braucht man zum Er­ler­nen des Eng­li­schen 30 Stun­den, des Fran­zö­si­schen 30 Tage, des Deut­schen 30 Jah­re.«). Neun Mo­na­te ver­brach­te er in Wien und be­schrieb dort mit sehr di­rek­ten Wor­ten das an­ti­se­mi­tisch ge­präg­te Kli­ma Ös­ter­reichs. Am 21. April 1910 verstarb der große ame­ri­ka­ni­sche Au­tor in Red­ding in Connec­ti­cut.

Die Ver­ar­bei­tung der ei­ge­nen Kind­heit

Kaum ein Schrift­stel­ler sei­ner Zeit war so um­strit­ten wie Mark Twain. Die einen hiel­ten ihn für einen Klat­schre­por­ter, der ba­na­le Ge­schich­ten er­zähl­te, die an­de­ren schätz­ten sei­nen schar­fen Blick für die Miss­stän­de in der Ge­sell­schaft. Sei­ne be­kann­tes­te Wer­ke sind die »Mis­sis­sip­pi Wri­tings« zu de­nen »Tom Sa­wyer«, »Huck­le­ber­ry Finn« und »Life on the Mis­sis­sip­pi« ge­hö­ren. Ei­ge­ne Er­fah­run­gen vom un­ter­pri­vi­le­gier­ten Le­ben am Mis­sis­sip­pi bil­den die Grund­la­ge. So be­ru­hen die Be­schrei­bun­gen des Städt­chens St. Pe­ters­burg, in dem Tom und Huck­le­ber­ry ihr Un­we­sen trei­ben, auf dem Ort Han­ni­bal, dem Wohn­ort der Fa­mi­lie Cle­mens. Die Bü­cher wur­den zum Teil sehr ent­schärft als Le­se­aus­ga­ben für die Ju­gend in Um­lauf ge­bracht, so­dass Twain auch heu­te noch häu­fig in ers­ter Li­nie als Kin­der­buch­au­tor ge­se­hen wird. Da­bei setzt sich Twain in die­sen Bü­chern mit großem Sar­kas­mus und über­spitz­ter Fe­der ge­gen die Zu­stän­de in sei­ner Hei­mat ein. Ras­sis­mus ge­gen­über Far­bi­gen, Ar­mut und man­geln­de so­zia­le Ver­sor­gung sind die Haupt­the­men. »The prin­ce and the pau­per« (»Der Prinz und der Bet­tel­kna­be«) ist ein Bei­spiel für sei­ne de­tail­lier­te Be­schrei­bung des Le­bens der un­te­ren so­zia­len Schich­ten.

Der so­zi­al­kri­ti­sche Jour­na­list

Durch sei­ne vie­len ver­schie­de­nen Be­ru­fe und die zahl­rei­chen Rei­sen konn­te Mark Twain sei­nen Wer­ken eine große Authen­ti­zi­tät ver­lei­hen. Er wuss­te, wo­von er schrieb, wenn er über die Ar­beit von Gold­grä­bern oder ras­sis­ti­schen Aus­wüch­sen ge­gen­über an­de­ren Men­schen wie Far­bi­gen oder Ju­den be­rich­te­te. In sei­nem Werk zeigt sich häu­fig die jour­na­lis­ti­sche Sei­te des Schrift­stel­lers, der Miss­stän­de sieht und sie an­pran­gert. Er setz­te sich ge­gen die Herr­schaft des Gel­des eben­so wie ge­gen kor­rup­te Se­na­to­ren, Über­grif­fe der Po­li­zei und vor al­lem ge­gen re­li­gi­öse Heu­che­lei ein. Sei­ne An­grif­fe ge­gen fi­nan­zi­el­len Reich­tum re­la­ti­vier­te er spä­ter, als er selbst den er­hoff­ten Auf­stieg in die Ge­sell­schaft ge­schafft hat­te.

Kurz­ge­schich­ten und Rei­sen ins Mit­tel­al­ter

Zu den le­sens­wer­ten Wer­ken Twains ge­hört eine Rei­he von Kurz­ge­schich­ten, in de­nen er sich in sar­kas­ti­scher Form mit ak­tu­el­len und his­to­ri­schen Er­eig­nis­sen aus­ein­an­der­setzt. Ei­ni­ge his­to­ri­sche Ro­ma­ne - dar­un­ter das be­kann­tes­te Buch »A Connec­ti­cut Yan­kee in King Ar­thur’s Court« - run­den das Werk des großen ame­ri­ka­ni­schen Schrift­stel­lers ab. In die­sem Ro­man er­zählt Twain sei­ne fik­ti­ven Er­leb­nis­se als Zeit­rei­sen­der am Hofe des Kö­nigs Ar­tus und mo­kiert sich da­bei über aber­gläu­bi­sche Rit­ter, den be­trü­ge­ri­sche­ren Zau­be­rer Mer­lin und an­de­re Hel­den der Ar­tus­sa­ge. Au­ßer­dem soll­te nicht ver­ges­sen wer­den, dass die eng­li­sche Über­set­zung des deut­schen Kin­der­bu­ches »Struw­wel­pe­ter« von Mark Twain stammt.

Wür­di­gung Twains

Das wich­tigs­te Spät­werk Twains ist sei­ne Bio­gra­fie, die er 1898 im ös­ter­rei­chi­schen Kal­ten­leut­ge­ben ver­fass­te. An­ders als mit sei­nen spitz­zün­gi­gen Be­mer­kun­gen in frü­he­ren Wer­ken zeigt sich der Au­tor hier von ei­ner an­de­ren Sei­te. Er setzt sich mit dem vor­zei­ti­gen Tod sei­ner Kin­der und sei­ner Ehe­frau aus­ein­an­der und legt eine Al­ters­weis­heit an den Tag, die ihn mit sei­nem Le­ben ver­söhn­te. Nach sei­nem Tode ver­lieh ihm die Uni­ver­si­tät Yale einen Ehren­dok­tor­ti­tel. Der große Au­tor des Zwan­zigs­ten Jahr­hun­derts, Er­nest He­ming­way, lobt Twain Ro­man »Huck­le­ber­ry Finn« als das Buch, von dem die ge­sam­te ame­ri­ka­ni­sche Li­te­ra­tur ab­stammt und nach dem es kein bes­se­res ge­ge­ben habe. Für T. S. Eli­ot ist Huck­le­ber­ry eine blei­ben­de Sym­bol­fi­gur. Un­um­strit­ten ist die li­te­ra­ri­sche Be­deu­tung Twains, die ihm zu welt­wei­tem Ruhm ver­half.

Romane

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten

(The Ad­ven­tu­res of Huck­le­ber­ry Finn)

1. Kapitel

Huck soll sie­vi­li­sier­t wer­den -- Mo­ses in den Schil­fern -- Miss Wat­son -- Tom Sa­wyer war­tet

Da ihr ge­wiß schon die Aben­teu­er von Tom Sa­wyer ge­le­sen habt, so brau­che ich mich euch nicht vor­zu­stel­len. Je­nes Buch hat ein ge­wis­ser Mark Twain ge­schrie­ben und was drin­steht ist wahr -- we­nigs­tens meis­ten­teils. Hie und da hat er et­was da­zu­ge­dich­tet, aber das tut nichts. Ich ken­ne nie­mand, der nicht ge­le­gent­lich ein­mal ein biß­chen lü­gen täte, aus­ge­nom­men etwa Tan­te Pol­ly oder die Wit­we Dou­glas oder Mary. Toms Tan­te Pol­ly und sei­ne Schwes­ter Mary und die Wit­we Dou­glas kom­men alle in dem Bu­che vom Tom Sa­wyer vor, das wie ge­sagt, mit we­ni­gen Aus­nah­men eine wah­re Ge­schich­te ist. -- Am Ende von die­ser Ge­schich­te wird er­zählt, wie Tom und ich das Geld fan­den, das die Räu­ber in der Höh­le ver­bor­gen hat­ten, wo­durch wir nach­her sehr reich wur­den. Je­der von uns be­kam sechs­tau­send Dol­lars, lau­ter Gold. Es war ein groß­ar­ti­ger An­blick, als wir das Geld auf ei­nem Hau­fen lie­gen sa­hen. Kreis­rich­ter That­cher be­wahr­te mei­nen Teil auf und leg­te ihn auf Zin­sen an, die je­den Tag einen Dol­lar für mich aus­ma­chen. Ich weiß wahr­haf­tig nicht, was ich mit dem vie­len Geld an­fan­gen soll. Die Wit­we Dou­glas nahm mich als Sohn an und will ver­su­chen, mich zu sie­vi­li­sie­ren wie sie sagt. Das schmeckt mir aber schlecht, kann ich euch sa­gen, das Le­ben wird mir furcht­bar sau­er in dem Hau­se mit der ab­scheu­li­chen Re­gel­mä­ßig­keit, wo im­mer um die­sel­be Zeit ge­ges­sen und ge­schla­fen wer­den soll, einen Tag wie den an­dern. Ein­mal bin ich auch schon durch­ge­brannt, bin in mei­ne al­ten Lum­pen ge­kro­chen, und -- hast du nicht ge­se­hen, war ich drau­ßen im Wald und in der Frei­heit. Tom Sa­wyer aber, mein al­ter Freund Tom, spür­te mich wie­der auf, ver­sprach, er wol­le eine Räu­ber­ban­de grün­den und ich sol­le Mit­glied wer­den, wenn ich noch ein­mal zu der Wit­we zu­rück­keh­re und mich wei­ter ›sie­vi­li­sie­ren‹ las­se. Da tat ich’s denn.

Die Wit­we ver­goß Trä­nen, als ich mich wie­der ein­stell­te, nann­te mich ein ar­mes, ver­irr­tes Schaf und sonst noch al­ler­lei, wo­mit sie aber nichts Schlim­mes mein­te. Sie steck­te mich wie­der in die neu­en Klei­der, in de­nen es mir im­mer ganz eng und schwül wird. Über­haupt ging’s nun vor­wärts im al­ten Trab. Wenn die Wit­we die Glo­cke läu­te­te, muß­te man zum Es­sen kom­men. Saß man dann glück­lich am Tisch, so konn­te man nicht flott drauf­los an die Ar­beit ge­hen, Gott be­wah­re, da muß­te man ab­war­ten bis die Wit­we den Kopf zwi­schen die Schul­tern ge­zo­gen und ein biß­chen was vor sich hin­ge­mur­melt hat­te. Da­mit woll­te sie aber nichts über die Spei­sen sa­gen, o nein, die wa­ren ganz gut so­weit, nur miß­fiel mir, daß al­les be­son­ders ge­kocht war und nicht Fleisch, Ge­mü­se und Sup­pe al­les durch­ein­an­der. Ei­gent­lich mag ich das viel lie­ber, da kriegt man so einen tüch­ti­gen Mund voll Brü­he da­bei und die hilft al­les glatt hin­un­ter­spü­len. Na, das ist Ge­schmack­sa­che!

Nach dem Es­sen zog sie dann ein Buch her­aus und las mir von Mo­ses in den Schil­fern vor und ich brann­te drauf, al­les von dem ar­men klei­nen Kerl zu hö­ren. Da, mit ei­nem­mal sag­te sie, der sei schon eine gan­ze Wei­le tot. Na, da war ich aber böse und woll­te nichts wei­ter wis­sen -- was ge­hen mich tote und be­gra­be­ne Leu­te an? Die in­ter­es­sie­ren mich nicht mehr! --

Dann hät­t’ ich gern ein­mal wie­der ge­raucht und frag­te die Wit­we, ob ich’s dür­fe. Da kam ich aber gut an! Sie sag­te, das ge­hö­re sich nicht für mich und sei über­haupt »eine ge­mei­ne und un­sau­be­re Ge­wohn­heit«, an die ich nicht mehr den­ken dür­fe. So sind nun die Men­schen! Spre­chen über et­was, das sie gar nicht ver­ste­hen! Quält mich die Frau mit dem Mo­ses, der sie wei­ter gar nichts an­geht, der nicht ein­mal ver­wandt mit ihr war und mit dem jetzt nichts mehr an­zu­fan­gen ist, und ver­bie­tet mir das Rau­chen, das doch ge­wiß gar nicht so übel ist. Na, und da­bei schnupft sie, aber das ist na­tür­lich ganz was andres und kein Feh­ler, weil sie’s eben selbst tut.

Ihre Schwes­ter, Miss Wat­son, eine ziem­lich dür­re, alte Jung­fer, die ge­ra­de zu ihr ge­zo­gen war, mach­te nun einen An­griff auf mich, mit ei­nem Le­se­buch be­waff­net. Eine Stun­de lang muß­te ich ihr stand­hal­ten und dann lös­te sie die Wit­we mit ih­rem Mo­ses wie­der ab, und ich war nun so­zu­sa­gen zwi­schen zwei Feu­ern. Lan­ge konn­te das nicht so wei­ter­ge­hen, und es trat denn auch glück­li­cher­wei­se bald eine Stun­de Pau­se ein. Nun lang­weil­te ich mich aber schreck­lich und wur­de ganz un­ru­hig. Als­bald be­gann Miss Wat­son: »Halt doch die Füße ru­hig, Huck­le­ber­ry«, oder »willst du kei­nen sol­chen Bu­ckel ma­chen, Huck­le­ber­ry, sitz doch ge­ra­de!« und dann wie­der »so re­cke dich doch nicht so, Huck­le­ber­ry, und gäh­ne nicht, als woll­test du die Welt ver­schlin­gen, wirst du denn nie Ma­nie­ren ler­nen?«, und so schalt sie wei­ter bis ich ganz wild wur­de. Dann fing sie an, mir von dem Ort zu er­zäh­len, an den die bö­sen Men­schen kom­men, wor­auf ich sag­te, ich wünsch­te mich auch da­hin. Da wur­de sie böse und ze­ter­te ge­wal­tig, so schlimm hat­te ich’s aber gar nicht ge­meint, ich wäre nur gern fort­ge­we­sen von ihr, ir­gend­wo, der Ort war mir ganz ei­ner­lei, ich bin über­haupt nie sehr wäh­le­risch. Sie aber lärm­te wei­ter und sag­te, ich sei ein bö­ser Jun­ge, wenn ich so et­was sa­gen kön­ne, sie wür­de das nicht um die Welt über die Lip­pen brin­gen, ihr Le­ben sol­le so sein, daß sie der­mal­einst mit Freu­den in den Him­mel fah­re. Der Ort, mit ihr zu­sam­men, schi­en mir nun gar nicht ver­lo­ckend, und ich be­schloß bei mir, das mei­ni­ge zu tun, um nicht mit ihr zu­sam­men­zu­tref­fen. Sa­gen tat ich aber nichts, das hät­te die Sa­che nur schlim­mer ge­macht und doch nichts ge­hol­fen.

Sie war aber nun ein­mal am Him­mel, dem Ort der Glück­se­li­gen, wie sie’s nann­te, an­ge­langt und teil­te mir al­les mit, was sie drü­ber wuß­te. Sie sag­te, al­les was man dort zu tun habe, sei, den gan­zen Tag lang mit ei­ner Har­fe her­um­zu­mar­schie­ren und dazu zu sin­gen im­mer und ewig. Das leuch­te­te mir nun gar nicht ein, ich schwieg aber und frag­te nur, ob sie mei­ne, mein Freund Tom Sa­wyer wer­de auch dort hin­kom­men, was sie ziem­lich be­stimmt ver­nein­te. Mich freu­te das nicht we­nig, denn Tom und ich, wir bei­de müs­sen bei­sam­men blei­ben.

Miss Wat­son pre­dig­te im­mer wei­ter, und mir wur­de da­bei ganz elend zu­mu­te. Dann ka­men die Nig­ger her­ein, es wur­de ge­be­tet, und je­der­mann ging zu Bett. Ich auch. Ich stieg mit mei­nem Stum­mel Ker­ze in mein Zim­mer hin­auf und stell­te das Licht auf den Tisch. Dann setz­te ich mich auf einen Stuhl vors Fens­ter und pro­bier­te, an et­was Lus­ti­ges zu den­ken. Das nütz­te aber we­nig. Ich fühl­te mich so al­lein, daß ich wünsch­te, ich wäre tot. Die Ster­ne glit­zer­ten und blitz­ten, und die Blät­ter rausch­ten so schau­rig auf den Bäu­men. Ich hör­te aus der Fer­ne eine Eule, de­ren Schrei je­man­des Tod be­deu­te­te, und dann einen Hund, des­sen kläg­li­ches Ge­heul ver­kün­de­te, daß ei­ner im Ster­ben lie­ge, und der Wind schi­en mir et­was kla­gen zu wol­len, was ich nicht ver­stand, so daß ich bald am gan­zen Lei­be zit­ter­te und mir der kal­te Schweiß auf die Stir­ne trat. Die gan­ze Nacht schi­en von lau­ter ar­men, un­glück­li­chen Geis­tern be­lebt, die kei­ne Ruhe in ih­ren Grä­bern fan­den und nun da drau­ßen her­um­heul­ten, jam­mer­ten und zäh­ne­klap­per­ten. Mir wur­de heiß und kalt, und ich hät­te al­les drum ge­ge­ben, wenn je­mand bei mir ge­we­sen wäre. Da kroch mir auch noch eine Spin­ne über die lin­ke Schul­ter, ich schnell­te sie weg und ge­ra­de ins Licht, und ehe ich noch zu­sprin­gen konn­te, war sie ver­brannt. Daß das ein schlim­mes Zei­chen ist, weiß je­des Kind, und mir schlot­ter­ten die Knie, als ich nun be­gann mei­ne Klei­der ab­zu­wer­fen. Ich dreh­te mich drei­mal um mich selbst und schlug mich da­bei je­des­mal an die Brust, nahm dann einen Fa­den und band mir ein Bü­schel Haa­re zu­sam­men, um die bö­sen Geis­ter fern­zu­hal­ten; doch hat­te ich kein großes Ver­trau­en zu die­sen Mit­teln. Sie nüt­zen wohl, wenn man ein ge­fun­de­nes Huf­ei­sen wie­der ver­liert, an­statt es über der Türe an­zu­na­geln, oder bei der­glei­chen klei­ne­ren Fäl­len; wenn man aber eine Spin­ne ge­tö­tet hat, da weiß ich nicht, was man tun kann, um das Un­glück fern­zu­hal­ten. So setz­te ich mich zit­ternd auf den Bett­rand und zün­de­te mir zur Be­ru­hi­gung mein Pfeif­chen an. Das Haus war so still und die Wit­we nicht in mei­ner Nähe. So saß ich lan­ge, lan­ge. Da schlug die Uhr von der Fer­ne -- bum -- bum -- bum -- bum, zwölf­mal, und wie­der war al­les still, stil­ler als vor­her. Plötz­lich höre ich et­was un­ten im Gar­ten un­ter den Bäu­men, ein Ra­scheln und Knacken, ich hal­te den Atem an und lau­sche. Wie­der hör’ ich’s, und da­bei, lei­se wie ein Hauch, das schwächs­te ›Mi­au‹ ei­ner Kat­ze. »Miau, miau« tönt’s kläg­lich und lang­ge­zo­gen. Und »miau, miau« ant­wor­te ich eben­so kläg­lich, eben­so lei­se, schlüp­fe rasch in mei­ne Klei­der, lö­sche das Licht aus und stei­ge durch das Fens­ter auf das Schup­pen­dach. Dann las­se ich mich zu Bo­den glei­ten, krie­che auf al­len vie­ren nach den Schat­ten der Bäu­me, und da war rich­tig und leib­haf­tig Tom Sa­wyer, mein al­ter Tom, und war­te­te auf mich.

2. Kapitel

Die Jun­gen ent­wi­schen Jim! --Tom Sa­wyers Räu­ber­ban­de -- Fin­stre Plä­ne!

Wir schli­chen auf den Fuß­spit­zen den klei­nen Pfad hin­ab, der un­ter den Bäu­men hin zur Rück­sei­te des Gar­tens führt, wo­bei wir den Kopf stän­dig bücken muß­ten, um nicht von den Zwei­gen ge­trof­fen zu wer­den. Gera­de als wir an der Kü­chen­tür vor­über wol­len, muß ich na­tür­lich über eine Wur­zel stol­pern und hin­fal­len, wo­durch ein klei­nes Geräusch ent­stand. Jetzt hieß es still lie­gen und den Atem an­hal­ten! Miss Wat­sons Nig­ger Jim saß an der Tür; wir konn­ten ihn ganz gut se­hen, weil das Licht ge­ra­de hin­ter ihm stand. Er steht auf, streckt den Kopf her­aus, horcht eine Mi­nu­te lang und sagt dann: »Wer’s da?«

Dann horcht er wie­der, und -- jetzt schleicht er sich auf den Ze­hen­spit­zen her­aus und steht ge­ra­de zwi­schen uns, ich hät­te ihn zwi­cken kön­nen, wenn ich ge­wollt hät­te. Er steht, und wir lie­gen still wie die Mäu­se, und so ver­ge­hen Mi­nu­ten auf Mi­nu­ten. An mei­nem Fuß fäng­t’s an mich zu ju­cken, und ich kann mich nicht krat­zen. Jetzt juck­t’s am Ohr, dann am Rücken, ge­ra­de zwi­schen den Schul­tern, es ist zum Toll­wer­den! Wa­rum’s einen nur im­mer juckt, wenn man nicht krat­zen kann oder darf! Dar­über hab’ ich oft nach­ge­dacht seit­dem. Ent­we­der wenn man bei fei­nen Leu­ten ist, oder bei ei­nem Be­gräb­nis, oder wenn einen der Leh­rer was fragt, oder in der Kir­che, oder wenn man im Bett liegt und will schla­fen und kann nicht, kurz, wenn man ir­gend­wo ist, wo man nicht krat­zen kann und darf, da juck­t’s einen ge­ra­de erst recht an hun­dert ver­schie­de­nen Stel­len.

End­lich sagt Jim: »He da, wer ’s da? Ich mich las­sen tot­hau­en, ich ha­ben was ge­hört! Aber Jim sein nicht so dumm! Jim sit­zen hier hin und war­ten!«

Und da­mit pflanzt er sich ge­ra­de zwi­schen mich und Tom auf den Bo­den, lehnt den Rücken an einen Baum und streckt die Bei­ne aus, daß das eine mich bei­na­he be­rührt. Jetzt be­ginnt mein Juck-Elend von neu­em. Erst die Nase, bis mir die Trä­nen in den Au­gen ste­hen, ich wage nicht zu krat­zen, dann all­mäh­lich je­der Kör­per­teil, bis ich nicht weiß, wie ich still­hal­ten soll. Fünf, sechs Mi­nu­ten geht das Elend so wei­ter, mir schei­nen’s Stun­den. Ich zäh­le schon elf ver­schie­de­ne Orte, an de­nen ’s mich juckt. Gera­de als ich den­ke, nun kannst du’s aber nicht mehr aus­hal­ten, höre ich Jim tief auf­at­men, dann schnar­chen und -- ich bin ge­ret­tet.

Tom gab mir jetzt ein Zei­chen, er schnalz­te lei­se mit den Lip­pen, und wir kro­chen auf al­len vie­ren da­von. Vi­el­leicht zehn Fuß weit ent­fernt hielt Tom an und flüs­ter­te mir zu, er wol­le Jim zum Spaß am Baum fest­bin­den. Ich sag­te nein, ich wol­le nicht, daß er auf­wa­che, Lärm schlü­ge und man dann ent­de­cken wür­de, daß ich nicht im Bett sei. Dann sag­te Tom, er habe nicht ge­nug Lich­ter und wol­le sich des­halb in der Kü­che ein paar mit­neh­men. Das woll­te ich aus Angst vor Jim auch nicht er­lau­ben, aber Tom be­stand dar­auf, und so schli­chen wir uns in die Kü­che, fan­den die Lich­ter, und Tom leg­te fünf Cents zur Be­zah­lung auf den Tisch. Ich schwitz­te nun förm­lich vor Angst, fort­zu­kom­men, Tom aber ließ sich nicht hal­ten und kroch zu Jim zu­rück, um ihm einen Streich zu spie­len. Ich war­te­te, und die Zeit wur­de mir sehr lang; al­les war so still und un­heim­lich um mich her­um.

End­lich kam Tom, und nun rann­ten wir ei­lig den Pfad hin­un­ter und klet­ter­ten den stei­len Hü­gel hin­ter dem Haus hin­auf. Tom er­zähl­te, daß er Jim mit ei­nem Strick an den Baum ge­bun­den und sei­nen Hut oben an einen Ast ge­hängt habe, der Kerl habe aber im­mer wei­ter­ge­schla­fen und sich nicht ge­rührt. Spä­ter be­haup­te­te Jim, die He­xen hät­ten ihn ver­zau­bert und sei­en auf ihm über den gan­zen Staat ge­rit­ten. Dann hät­ten sie ihn wie­der un­ter dem Baum nie­der­ge­las­sen und zum Zei­chen, wer es ge­tan, sei­nen Hut auf den Ast ge­hängt. Als Jim sei­ne Ge­schich­te das nächs­te Mal er­zähl­te, wa­ren die He­xen bis New Or­leans auf ihm ge­rit­ten, und je­des­mal, so­oft er es wie­der er­zähl­te, war der Aus­flug wei­ter ge­we­sen, bis er schließ­lich be­haup­te­te, daß der Ritt um die gan­ze Erde ge­gan­gen und sein Rücken ganz zer­schun­den wor­den sei. Jim war rie­sig stolz dar­auf und sah auf die an­de­ren Nig­ger nur noch vor­nehm her­ab. Aus mei­len­wei­ter Fer­ne ka­men Nig­ger her­bei, um Jims Ge­schich­te zu hö­ren. Es gab kei­nen an­ge­se­he­ne­ren Ne­ger in der Ge­gend, und die frem­den Gäs­te glotz­ten ihn mit of­fe­nem Mun­de an wie ein Meer­wun­der. Die Nig­ger un­ter­hal­ten sich gern im Dun­keln beim Herd­feu­er über He­xen, so­oft aber ei­ner dar­über sei­ne Weis­heit aus­kram­te und Jim da­zu­kam, dann rief er: »Ach, was wißt ihr von He­xen«, wor­auf je­ner Nig­ger be­schämt in den Hin­ter­grund schlich. Jim trug je­nes Fünf-Cent Stück stets an ei­ner Schnur um den Hals und be­haup­te­te, es sei ein Zau­ber­mit­tel, das ihm der Teu­fel ei­gen­hän­dig ge­ge­ben habe mit der Be­mer­kung, er kön­ne da­mit je­der­mann hei­len und He­xen her­bei­zau­bern, so­viel er wol­le, wenn er einen ge­wis­sen Spruch da­bei her­sa­ge. Auch das trug nicht we­nig zur Er­hö­hung der Berühmt­heit Jims bei.

Als Tom und ich oben auf dem Hü­gel an­ka­men, konn­ten wir ge­ra­de ins Dorf hin­un­ter­se­hen, und da blink­ten noch drei oder vier Lich­ter, wahr­schein­lich bei Kran­ken. Über uns blitz­ten die Ster­ne, und drun­ten zog der Mis­sis­sip­pi da­hin, so breit und ohne Laut, es war groß­ar­tig. Wir rann­ten dann auf der an­dern Sei­te den Hü­gel hin­un­ter und fan­den Joe Har­per und Ben Ro­gers und noch ein paar Jun­gens, die auf uns war­te­ten. Ein Boot wur­de los­ge­macht, und wir ru­der­ten den Fluß hin­un­ter, bis da­hin, wo der große Ein­schnitt im Ufer ist. Dort leg­ten wir an.

Wir klet­ter­ten auf ein dich­tes Busch­werk zu, und nun ließ Tom uns alle schwö­ren, das Ge­heim­nis nicht zu ver­ra­ten, und zeig­te uns ein Loch im Hü­gel. Wir steck­ten die Lich­ter an und kro­chen auf Hän­den und Kni­en hin­ein. So ging es un­ge­fähr zwei­hun­dert Me­ter in ei­nem en­gen Gan­ge fort, bis sich die Höh­le auf­tat. Tom tas­te­te an den Wän­den der Höh­le um­her und ver­schwand auf ein­mal un­ter ei­nem Fel­sen, wo nie­mand eine Öff­nung ver­mu­tet hat­te. Wir folg­ten ihm durch einen schma­len Gang, bis wir in einen Raum ge­lang­ten, un­ge­fähr wie ein Zim­mer, nur et­was kalt, feucht und dump­fig, und da blie­ben wir dann.

Tom hielt nun eine fei­er­li­che An­spra­che und sag­te: »Hier wol­len wir also eine Räu­ber­ban­de grün­den und sie Tom Sa­wyers Ban­de nen­nen. Je­der­mann, der bei­tre­ten will, muß einen Eid schwö­ren und sei­nen Na­men mit Blut un­ter­schrei­ben!«

Alle wa­ren dazu be­reit, und so zog Tom einen Bo­gen Pa­pier aus der Ta­sche, auf den er einen furcht­ba­ren Eid ge­schrie­ben hat­te, den er uns jetzt vor­las. Da­rin stand, daß je­der Jun­ge treu zur Ban­de hal­ten müs­se und nie­mals de­ren Ge­heim­nis­se ver­ra­ten dür­fe bei To­dess­tra­fe. Wenn ir­gend je­mand ir­gend­ei­nem von uns ir­gend et­was zu­leid täte, müs­se ei­ner das Ra­che­amt über­neh­men, den man dazu er­wäh­le, und er dür­fe nicht es­sen und nicht schla­fen, ehe er den Be­lei­di­ger und sei­ne gan­ze Fa­mi­lie ge­tö­tet und al­len ein blu­ti­ges Kreuz in die Brust ge­ritzt habe, was das Zei­chen der Ban­de sein sol­le. Und nie­mand au­ßer uns dür­fe dies Zei­chen be­nut­zen, und wenn er es doch täte, sol­le er ge­richt­lich be­langt, und wenn dies nichts hel­fe, ein­fach ge­tö­tet wer­den. Wenn aber ei­ner aus der Ban­de die Ge­heim­nis­se ver­ra­te, wer­de ihm der Hals ab­ge­schnit­ten, der Kör­per ver­brannt und die Asche in alle vier Win­de zer­streut, sein Name dann dick mit Blut von der Lis­te ge­stri­chen, ihn aus­zu­spre­chen bei Stra­fe ver­bo­ten und er selbst sol­le ver­ges­sen sein für im­mer und ewig. Wir alle fan­den den Eid­schwur präch­tig und frag­ten Tom, ob er ihn ganz al­lein aus sei­nem eig­nen Kopf ge­macht habe. Er sag­te ja, zum größ­ten Teil, ei­ni­ges habe er auch in al­ten Pi­ra­ten- und Räu­ber­bü­chern ge­fun­den; jede or­dent­li­che Ban­de schwö­re einen sol­chen Eid.

Jetzt mein­te ei­ner, man sol­le doch auch die Fa­mi­lie tö­ten von den Jun­gens, die das Ge­heim­nis ver­rie­ten. Tom sag­te, das sei eine gute Idee, nahm einen Blei­stift und kor­ri­gier­te es noch hin­ein in den Eid­schwur­bo­gen.

Da mein­te Ben Ro­gers: »Ja, aber, hört ein­mal, wie ist denn das? Der da« -- da­bei zeig­te er auf mich -- »hat doch gar kei­ne Fa­mi­lie nicht, wen sol­len wir denn da tö­ten?«

»Er hat doch auch einen Va­ter«, sag­te Tom Sa­wyer.

»Den hat er wohl, aber wo ihn fin­den? Frü­her lag er manch­mal be­trun­ken in der Stra­ße, aber seit ei­nem Jahr hat ihn nie­mand hier her­um ge­se­hen!«

Nun be­rie­ten sie hin und her und hät­ten mich bei­na­he aus­ge­sto­ßen, denn je­der, so sag­ten sie, müs­se je­man­den zum Tö­ten ha­ben, was dem einen recht, sei dem an­dern bil­lig, und so sa­ßen sie und über­leg­ten, und ich heul­te bei­na­he, so schäm­te ich mich. Da fiel mir plötz­lich Miss Wat­son ein, und ich bot ih­nen die zum Tö­ten an, das leuch­te­te ih­nen ein und alle rie­fen: »Das geht, die ist recht dazu, Huck kann ein­tre­ten!«

Dann nah­men wir Steck­na­deln, sta­chen uns in die Fin­ger und un­ter­zeich­ne­ten un­sern Na­men mit uns­rem Herz­blut, wie Tom sag­te.

»Nun«, mein­te jetzt Ben Ro­gers, »auf was soll un­se­re Ban­de sich haupt­säch­lich ver­le­gen?«

»Auf wei­ter nichts«, ver­setz­te Tom, »als Raub und Mord und Tot­schlag!«

»Wen sol­len wir denn be­rau­ben? Häu­ser -- oder Vieh -- oder --«

»Un­sinn!« schrie Tom, »das nennt man dieb­sen und steh­len, nicht rau­ben und plün­dern! Wir wol­len kei­ne Die­be sein, son­dern Räu­ber! Das ist viel vor­neh­mer! Räu­ber und We­ge­la­ge­rer! Wir über­fal­len die Post­kut­schen und Wa­gen auf der Land­stra­ße, mit Mas­ken vor dem Ge­sicht, und schla­gen die Leu­te tot und neh­men ih­nen Uhren und Geld ab!«

»Müs­sen wir im­mer alle tot­hau­en?« »Ge­wiß, das ist am ein­fachs­ten. Ich hab’s auch schon an­ders ge­le­sen, aber ge­wöhn­lich ma­chen sie’s so. Nur ei­ni­ge schleppt man hie und da in die Höh­le und war­tet, bis sie ran­zio­niert1 wer­den!«

»Ran­zio­niert? Was ist denn das?«

»Das weiß ich sel­ber nicht, aber so hab’ ich’s ge­le­sen, und so müs­sen wir’s ma­chen!«

»Ho, ho, das kön­nen wir ja nicht, wenn wir nicht wis­sen, was es ist!«

»Ei zum Hen­ker, wir müs­sen’s eben! Hab’ ich dir nicht ge­sagt, daß ich’s ge­le­sen habe? Willst du’s an­ders ma­chen, als es in den Bü­chern steht, und al­les un­ter­ein­an­der­brin­gen?«

»Oh, du hast gut re­den, Tom Sa­wyer, aber wie in der Welt soll­ten wir die Bur­schen ran­zio­nie­ren, wenn wir nicht wis­sen, wie man’s macht? Das möcht’ ich wis­sen! Wie zum Bei­spiel, denkst du dir’s ei­gent­lich?«

»Ich -- ich weiß nicht, aber ich den­ke, wenn wir sie be­hal­ten, bis sie ran­zio­niert sind, so wird das hei­ßen, bis sie tot sind!«

»Das läßt sich hö­ren, das be­grei­fe ich, aber warum hast du das nicht gleich ge­sagt? Na­tür­lich be­hal­ten wir sie, bis sie zu Tode ran­zio­niert sind. Sie wer­den uns aber ge­nug zu schaf­fen ma­chen, uns al­les weg­fres­sen und da­bei im­mer aus­knei­fen wol­len!«

»Wie du schwat­zest, Ben! Wie kön­nen sie aus­knei­fen, wenn ei­ner im­mer Wa­che steht, der be­reit ist, sie nie­der­zu­schie­ßen, wenn ei­ner nur den Fin­ger krumm macht?«

»Ei­ner, der Wa­che steht? Das ist gut! Das freut mich! Also soll ei­ner die gan­ze Nacht da­ste­hen, ohne zu schla­fen, und sie be­wa­chen! Das ist eine gräß­li­che Dumm­heit. Wa­rum nimmt man da nicht so­fort einen Knüt­tel und ran­zio­niert sie, so­bald sie hier­her­kom­men?«

»Weil’s so nicht in den Bü­chern steht, dar­um! Ich frag’ dich, Ben Ro­gers, willst du al­les den Re­geln nach tun oder nicht? Da­rauf komm­t’s an! Ich glau­be, die Leu­te, die die Bü­cher schrei­ben, wis­sen bes­ser, wie man’s macht, als du! Denkst du, sie könn­ten von dir et­was ler­nen? Noch lan­ge nicht! Und drum wol­len wir die Bur­schen ge­nau­so ran­zio­nie­ren, wie’s da an­ge­ge­ben ist, und nicht ein biß­chen an­ders!«

»Schon recht, mir liegt nichts dran, ich sage aber, es ist gräß­lich dumm so. Sol­len wir die Wei­ber auch tö­ten?«

»Ben Ro­gers, wenn ich so dumm wäre wie du, hielt ich lie­ber den Mund! Die Wei­ber tö­ten! Wer hat je so et­was ge­hört oder ge­le­sen! Nein, die wer­den in die Höh­le ge­schleppt, und man ist so höf­lich und rück­sichts­voll zu ih­nen wie man kann. Nach ei­ner Wei­le ver­lie­ben sie sich dann in einen und wol­len gar nicht wie­der fort.«

»Gut, da­mit bin ich ein­ver­stan­den! Ich für mein Teil aber dan­ke. Bald wer­den wir die gan­ze Höh­le voll Wei­ber ha­ben und voll Ker­le, die auf­’s Ran­zio­nie­ren war­ten, so daß am Ende kein Platz mehr für die Räu­ber da sein wird. Ich seh’s schon kom­men! Aber mach nur wei­ter, Tom, ich bin schon still!«

Der klei­ne Tom­my Bar­nes war in­zwi­schen ein­ge­schla­fen, und als sie ihn weck­ten, fürch­te­te er sich und wein­te und woll­te zu sei­ner Mama und gar kein Räu­ber mehr sein.

Da neck­ten sie ihn alle und hie­ßen ihn Ma­ma­kind; das mach­te ihn ganz wild, und er schrie, nun wol­le er auch al­les sa­gen und alle Ge­heim­nis­se ver­ra­ten. Da gab ihm Tom fünf Cents, um ihn stil­le zu ma­chen, und sag­te, nun gin­gen wir alle nach Hau­se und kämen nächs­te Wo­che wie­der zu­sam­men und dann woll­ten wir ein paar Leu­te be­rau­ben und tö­ten.

Ben Ro­gers sag­te, er kön­ne nicht viel los­kom­men, nur an Sonn­ta­gen, und woll­te des­halb gleich nächs­ten Sonn­tag an­fan­gen. Aber die an­de­ren Jun­gens mein­ten, am Sonn­tag schi­cke sich so et­was gar nicht, und so lie­ßen wir’s sein. Sie mach­ten aus, so bald wie mög­lich wie­der zu­sam­men­zu­kom­men und dann einen Tag zu be­stim­men. Hier­auf wähl­ten wir noch Tom Sa­wyer zum Haupt­mann und Joe Har­per zum Un­ter­haupt­mann der Ban­de und bra­chen dann nach Hau­se auf.

Ich klet­ter­te wie­der auf­’s Schup­pen­dach und von da in mei­ne Kam­mer, ge­ra­de als es an­fing Tag zu wer­den. Mei­ne neu­en Klei­der wa­ren furcht­bar schmut­zig und vol­ler Lehm, und ich war hun­de­mü­de.

Durch Lö­se­geld be­freit, los­ge­kauft  <<<

3. Kapitel

Ei­ne or­dent­li­che Straf­pre­digt -- Die Gna­de tri­um­phiert -- Die Räu­ber Die Geis­ter -- ›Ei­ne von Toms Lü­gen!‹

Das setz­te am an­dern Mor­gen eine or­dent­li­che Straf­pre­digt für mich von Miss Wat­son über mei­ne schmut­zi­gen Klei­der! Die Wit­we aber, die zank­te gar nicht, son­dern putz­te nur den Schmutz und Lehm weg und sah so trau­rig da­bei aus, daß ich dach­te, ich wol­le eine Wei­le brav sein, wenn ich’s fer­tig­bräch­te. Dann nahm mich Miss Wat­son mit in ihr Zim­mer und be­te­te für mich, aber ich spür­te nichts da­von. Sie sag­te mir, ich sol­le je­den Tag or­dent­lich be­ten, und um was ich bete, das be­käme ich. Das glaub ein an­de­rer! Ich nicht. Ich hab’s pro­biert, aber was kam da­bei her­aus! Ein­mal krieg­te ich wohl eine An­gel­ru­te, aber kei­ne Ha­ken dazu, und ich be­te­te und be­te­te drei- oder vier­mal, aber die Ha­ken ka­men nicht. Da bat ich Miss Wat­son, es für mich zu tun, die wur­de aber böse und schimpf­te mich einen Nar­ren. Wa­rum weiß ich nicht, sie sag­te es mir nicht, und ich selbst konnt’s nicht her­aus­fin­den.

Ich hab’ dann lan­ge im Wald ge­ses­sen und dar­über nach­ge­dacht. Sag’ ich zu mir sel­ber: Wenn ei­ner al­les be­kom­men kann, um was er be­tet, warum be­kommt dann der Nach­bar Winn sein Geld nicht zu­rück, das er an sei­nen Schwei­nen ver­lo­ren hat? Und die Wit­we ihre sil­ber­ne Schnupf­ta­baks­do­se, die ihr ge­stoh­len wur­de? Und warum wird die dür­re Miss Wat­son nicht dick? Nein, sag’ ich zu mir, da ist nichts dran, das ist Dunst. Und ich ging zur Wit­we und sag­te ih­r’s, und die be­lehr­te mich, man kön­ne nur um geist­li­che Ga­ben be­ten! Da das viel zu hoch für mich war, so such­te sie mir’s deut­lich zu ma­chen: Ich müs­se brav und gut sein und den an­dern hel­fen, wo ich kön­ne, und nicht an mich, son­dern im­mer nur an die an­dern den­ken. Da­mit war auch Miss Wat­son ge­meint, wie mir’s schi­en. Ich ging hin­aus in den Wald und über­leg­te mir die Sa­che noch ein­mal. Aber, mei­ner Seel’, da­bei kommt nur was für die an­dern her­aus und gar nichts für mich, und so ließ ich denn das Den­ken sein und quäl­te mich nicht län­ger da­mit. Zu­wei­len nahm mich die Wit­we vor und er­zähl­te mir von der gü­ti­gen, mil­den Vor­se­hung, die’s so gut mit dem Men­schen mei­ne und wie sie sich mei­ner in Gna­den er­bar­men wol­le, bis mir der Mund wäs­ser­te und die Au­gen naß wur­den. Nach­her kam wie­der Miss Wat­son und ließ ihre Vor­se­hung don­nern und blit­zen, daß ich mich or­dent­lich duck­te und den Kopf ein­zog. Es muß zwei Vor­se­hun­gen ge­ben, dach­te ich mir, und ein ar­mer Kerl wie ich hat’s si­cher bei der Wit­we ih­rer bes­ser, denn bei Miss Wat­son’s ih­rer ist er ver­lo­ren. So dach­te und dach­te ich und nahm mir vor, zu der Wit­we ih­rer Vor­se­hung zu be­ten, wenn die sich über­haupt aus so ei­nem ar­men, un­wis­sen­den und elen­den Kerl, wie ich ei­ner bin, et­was macht und sich nicht viel woh­ler be­fin­det ohne mich.

Mein Al­ter war nun schon seit ei­nem Jah­re nicht mehr ge­se­hen wor­den, was für mich nur eine Wohl­tat war; ich hat­te wahr­haf­tig kein Heim­weh nach ihm. Ge­wöhn­lich walk­te er mich durch, wenn er nüch­tern war und mich er­wi­schen konn­te; ich ver­steck­te mich des­halb meis­tens im Wald, so­bald er wie­der auf­tauch­te. Ei­nes Ta­ges sag­ten die Leu­te, man habe mei­nen Va­ter im Flus­se, et­was ober­halb der Stadt, er­trun­ken ge­fun­den. Sie mein­ten we­nigs­tens, er müs­se es sein. Sie sag­ten, der Er­trun­ke­ne sei ge­ra­de so groß, so zer­lumpt ge­we­sen und habe so un­ge­wöhn­lich lan­ges Haar ge­habt, ge­nau wie mein Al­ter, das Ge­sicht war nicht zu er­ken­nen ge­we­sen, es hat­te zu lan­ge im Was­ser ge­le­gen. Sie ver­scharr­ten ihn am Ufer, aber ich war nicht ru­hig, glaub­te nicht an den Tod des al­ten Man­nes und dach­te, der wür­de schon mal wie­der ir­gend­wo auf­tau­chen, um mich zu quä­len und zu hau­en.

Wir spiel­ten hie und da ein­mal Räu­ber, viel­leicht einen Mo­nat lang, und dann ver­zich­te­te ich auf das Ver­gnü­gen -- die an­de­ren auch. Wir hat­ten kei­nen ein­zi­gen Men­schen be­raubt, kei­nen ge­tö­tet, son­dern im­mer nur so ge­tan. Wir spran­gen aus dem Wald, und jag­ten Sau­trei­bern nach oder hin­ter Frau­en her, die Ge­mü­se in Kar­ren zum Mark­te führ­ten, nah­men aber nie ir­gend et­was oder ir­gend je­mand in uns­re Höh­le mit. Tom Sa­wyer nann­te das Zeug, das auf den Kar­ren lag, Gold­bar­ren und Edel­stei­ne und ’s wa­ren doch nur Rü­ben und Kar­tof­feln, und wir gin­gen dann zur Höh­le zu­rück und nah­men den Mund voll und prahl­ten, was wir al­les ge­tan hät­ten, wie­viel Kost­bar­kei­ten ge­raubt und Leu­te ge­tö­tet und Kreu­ze in die Brust ge­ritzt. Aber all­mäh­lich fing die Sa­che an lang­wei­lig zu wer­den.

Ei­nes Ta­ges sand­te Tom einen Jun­gen mit ei­nem bren­nen­den Kien­span, ei­nem Feu­er­brand, wie er es nann­te, durch die Stra­ßen der Stadt, das war das Zei­chen für die Ban­de, sich zu ver­sam­meln. Als wir alle bei­ein­an­der wa­ren, teil­te er uns mit, er habe ge­hört, daß an­dern­tags ein gan­zer Hau­fen spa­ni­scher Kauf­leu­te und rei­cher Ah-ra­ber, wie er sag­te, samt zwei­hun­dert Ele­fan­ten und sechs­hun­dert Ka­me­len und über tau­send Saum­tie­ren -- was das für Tie­re wa­ren, wuß­te er sel­ber nicht --, alle schwer mit Dia­man­ten be­la­den im Höh­len-Grun­de la­gern woll­ten. Da nur eine klei­ne Be­wa­chung von viel­leicht vier­hun­dert Sol­da­ten da­bei sei, soll­ten wir uns in Hin­ter­hal­t le­gen, die Mann­schaft tö­ten und die Dia­man­ten rau­ben. Er ge­bot uns un­se­re Schwer­ter zu wet­zen, die Flin­ten zu la­den und uns be­reit­zu­hal­ten. Er konn­te nie­mals auch nur hin­ter ei­nem al­ten Rü­ben­kar­ren her­set­zen, ohne daß die Schwer­ter und Flin­ten, die doch nur Holz­lat­ten und Be­senstie­le wa­ren, mit da­bei sein muß­ten. Ich für mei­nen Teil glaub­te nun nicht, daß wir es mit ei­nem sol­chen Hau­fen Spa­nier und Ah-ra­ber auf­neh­men könn­ten, hat­te aber große Lust, die Ka­me­le und Ele­fan­ten zu se­hen. Ich stell­te mich also am Sonn­abend zur be­stimm­ten Stun­de ein und leg­te mich mit in Hin­ter­halt. Tom kom­man­dier­te und wir bra­chen los, stürm­ten aus dem Wald und rann­ten den Hü­gel hin­un­ter. Mit den Spa­ni­ern, den Ah-ra­bern, Ka­me­len, Ele­fan­ten aber war’s Es­sig. Nur eine Sonn­tags-Schul­klas­se hat­te einen Aus­flug ge­macht und sich im Gras ge­la­gert und noch dazu nichts als die aller­kleins­ten Mäd­chen. Wir jag­ten sie auf und rann­ten hin­ter den Kin­dern her, er­ober­ten aber nur et­was Ein­ge­mach­tes und ein paar Stück­chen Ku­chen, Ben griff nach ei­ner Pup­pe und Joe nach ei­nem Ge­sang­buch, aber als die Leh­re­rin kam, war­fen wir die Sa­chen weg und rann­ten da­von. Dia­man­ten hat­te ich eben­so­we­nig ge­se­hen und sag­te das Tom auch. Es sei­en doch mas­sen­haft da­ge­we­sen, er­wi­der­te er, des­glei­chen Ah-ra­ber und Ka­me­le und al­les. Wa­rum ha­ben wir’s dann aber nicht ge­se­hen? frag­te ich. Er sag­te, wenn ich kein sol­cher Dumm­kopf wäre und ein Buch ge­le­sen hät­te, das Dom­kui­scho­te oder ähn­lich hieß, so wüß­te ich warum, ohne ihn zu fra­gen. Er sag­te, es sei al­les nur Zau­be­rei ge­we­sen. Es wä­ren Hun­der­te von Sol­da­ten und Ele­fan­ten und Schät­ze dort ge­we­sen, aber wir hät­ten mäch­ti­ge Fein­de, Zau­be­rer, die uns zum Trotz al­les in eine Klein­kin­der-Sonn­tags­schu­le ver­wan­delt hät­ten. Da­rauf mein­te ich, das sei al­les ganz schön, dann woll­ten wir ein­mal or­dent­lich ge­gen die Zau­be­rer los­ge­hen. Tom Sa­wyer sag­te, ich sei ein Esel.

»So ein Zau­be­rer«, sag­te er, »wür­de ein gan­zes Heer von Geis­tern zur Hil­fe ru­fen, und die wür­den dich in Stücke hau­en, ehe du Amen sa­gen könn­test. Die sind so groß wie Bäu­me und so dick wie Kirchtür­me.«

»Gut«, sag­te ich, »laß uns doch ein paar Geis­ter neh­men, die uns hel­fen, dann wol­len wir die an­dern schon zwin­gen.«

»Wie willst du sie denn be­kom­men?«

»Das weiß ich nicht. Wie krie­gen die sie denn?«

»Die? Oh, ganz ein­fach. Die rei­ben eine alte Blech­lam­pe oder einen ei­ser­nen Ring, und dann kom­men die Geis­ter an­ges­aust mit Don­ner und Blitz und Rauch, und was man ih­nen be­fiehlt, das tun sie. Es ist ih­nen eine Klei­nig­keit, einen Kirch­turm aus der Erde zu rei­ßen und ihn dem nächs­ten bes­ten um den Kopf zu hau­en.«

»Wer be­fiehlt ih­nen denn?«

»Nun, der Zau­be­rer, der die Lam­pe oder den Ring reibt, und sie müs­sen tun, was er sagt. Wenn er ih­nen sagt, sie sol­len einen Palast bau­en, vier­zig Mei­len lang und ganz aus Dia­man­ten und ihn mit Brust­zu­cker oder Hus­ten­le­der oder ir­gend et­was fül­len und dann die Toch­ter vom Kai­ser von Chi­na ho­len zum Hei­ra­ten und -- Gott weiß was noch -- sie müs­sen al­les tun. Und wenn man den Palast wo­an­ders hin­ge­stellt ha­ben will, müs­sen sie ihn rings im Lan­de her­um­schlep­pen, bis er an der rech­ten Stel­le ist und ...«

»Aber«, sag’ ich, »warum sind sie denn sol­che Esel und be­hal­ten den Palast nicht für sich sel­ber, an­statt da­mit her­um zu­kut­schie­ren für and­re. We­gen mir könn­te, wer woll­te, eine alte Blech­lam­pe oder einen ei­ser­nen Ring rei­ben, bis er schwarz wür­de, mir fiel’s gar nicht ein, des­we­gen zu ihm zu lau­fen und mir be­feh­len zu las­sen.«

»Wie du jetzt wie­der re­dest, Huck Finn, du müß­test eben kom­men, wenn du ein Geist wärst und ei­ner rie­be den Ring, ob du woll­test oder nicht.«

»Was? Und da­bei war’ ich so groß wie ein Baum und so dick wie ein Turm? Gut, ich käme, aber der rie­fe mich nicht zum zwei­ten­mal, das kannst du mir glau­ben.«

»Pah, mit dir ist nicht zu re­den, Huck Finn, du weißt und ver­stehst nicht -- du bist der voll­kom­mens­te Hohl­kopf!«

Zwei oder drei Tage lang über­leg­te ich mir nun die Sa­che, und dann be­schloß ich zu pro­bie­ren, ob wirk­lich et­was dran sei. Ich ver­schaff­te mir eine alte Blech­lam­pe und einen ei­ser­nen Ring, ging hin­aus in den Wald und rieb und rieb bis ich schwitz­te wie ein Dampf­kes­sel -- ich hät­te so ger­ne einen Palast zum Ver­kau­fen ge­habt. Aber es war al­les um­sonst, es kam kein Don­ner und kein Blitz und kein Dampf und kein Rauch und am al­ler­we­nigs­ten ein Geist. Da be­griff ich denn, daß all’ der Un­sinn wie­der ein­mal eine von Toms Lü­gen ge­we­sen war. Er glaubt viel­leicht an die Ah-ra­ber und die Ele­fan­ten, ich aber den­ke an­ders -- es schmeck­te al­les zu sehr nach der Sonn­tags­schu­le.

4. Kapitel

»Lang­sam aber si­cher« -- Huck und der Kreis­rich­ter -- Aber­glau­be

So ver­gin­gen drei oder vier Mo­na­te, und wir wa­ren nun mit­ten im Win­ter drin. Ich ging flei­ßig zur Schu­le, konn­te buch­sta­bie­ren, le­sen, schrei­ben, das Ein­mal­eins her­sa­gen bis zu sechs mal sie­ben ist fünf­und­drei­ßig,1 wei­ter kam ich nicht und wäre auch wohl nie wei­ter ge­kom­men, und wenn ich hun­dert Jah­re dran ge­lernt hät­te -- ich habe ein­mal kein Ta­lent zur Ma­the-maa­tik.

Erst ver­ab­scheu­te ich die Schu­le, dann ge­wöhn­te ich mich all­mäh­lich dran. Streng­te sie mich ein­mal über­mä­ßig an, so schwänz­te ich einen Tag, und die Prü­gel, die ich da­für an­dern­tags be­kam, ta­ten mir gut und frisch­ten mich auf. Je län­ger ich hin­ging, de­sto leich­ter wur­de mir’s. Auch an der Wit­we ihre Art ge­wöhn­te ich mich nach und nach und är­ger­te mich nicht mehr über al­les. Nur das Woh­nen in ei­nem Hau­se und Schla­fen im Bett woll­te mir noch im­mer nicht hin­un­ter, und eh’ das kal­te Wet­ter kam, rann­te ich manch­mal des Nachts in den Wald und ruh­te dort ein­mal gründ­lich aus. Ich lieb­te mein al­tes, frei­es Le­ben viel -- viel mehr als das neue, aber ich fing doch an, auch das ein klein we­nig gern zu ha­ben. Die Wit­we und ich, wir ka­men uns lang­sam aber si­cher nä­her und wa­ren ganz zu­frie­den mit­ein­an­der. Sie sag­te auch, sie schä­me sich mei­ner gar nicht mehr.

Ei­nes Mor­gens stieß ich beim Früh­stück das Salz­faß um und woll­te eben ein paar Körn­chen von dem ver­schüt­te­ten Salz neh­men, um es über die lin­ke Schul­ter zu wer­fen, da­mit es mir kein Un­glück brin­ge, da kam mir Miss Wat­son zu­vor: »Die Hand weg, Huck­le­ber­ry«, ze­ter­te sie, »du mußt auch im­mer Dumm­hei­ten ma­chen!« Die Wit­we woll­te ein gu­tes Wort für mich ein­le­gen, aber das konn­te das Un­glück nicht ab­hal­ten, das wuß­te ich nur zu ge­wiß. Als ich vom Tisch auf­stand und mich drück­te, war mir’s ganz un­be­hag­lich und be­klom­men zu­mu­te. Ich muß­te im­mer dar­an den­ken, wo mir wohl et­was Schlim­mes zu­sto­ßen und was es sein wer­de. Ich weiß noch and­re Mit­tel, um Un­glück fern­zu­hal­ten, aber die lie­ßen sich hier nicht an­wen­den und so hielt ich still und tat gar nichts, schlän­gel­te mich, nur nie­der­ge­schla­gen mei­nes We­ges wei­ter, im­mer auf der Hut vor ir­gend et­was Un­be­kann­tem. Ich ging den Gar­ten hin­un­ter und klet­ter­te über den ho­hen Bret­ter­zaun. Es war in der Nacht fri­scher Schnee ge­fal­len, und ich sah Fuß­spu­ren dar­in. Sie führ­ten di­rekt vom Stein­bruch hier­her und rings um den Gar­ten­zaun. Im Gar­ten selbst sah ich nichts, und das mach­te mich stut­zig. Was hat­te ei­ner da drau­ßen her­um­zu­lun­gern? Ich woll­te den Spu­ren nach­ge­hen, bück­te mich aber erst noch ein­mal, um sie zu un­ter­su­chen. Zu­erst fiel mir nichts dran auf, dann aber, Herr, du mein Gott, da sah ich et­was, das mir be­kannt war, und ich wuß­te so­fort, was die Uhr ge­schla­gen hat­te. Am lin­ken Ab­satz der Fuß­spur be­fand sich ein mir nur all­zu be­kann­tes Kreuz aus di­cken Nä­geln, um den Bö­sen fern­zu­hal­ten.

In ei­ner Se­kun­de war ich auf und da­von und den Hü­gel hin­un­ter. Von Zeit zu Zeit sah ich ah­nungs­voll über die Schul­ter zu­rück, konn­te aber nie­mand ent­de­cken. Wie der Blitz rann­te ich zum Kreis­rich­ter, der mich mit den Wor­ten emp­fing: »Jun­ge, du bist ja ganz au­ßer Atem. Kommst du we­gen dei­ner Zin­sen?«

»Nein«, sag’ ich, »hab’ ich denn wie­der was zu be­kom­men?«

»O ja, ges­tern abend sind die vom letz­ten hal­b­en Jahr ein­ge­lau­fen. Über hun­dert­und­fünf­zig Dol­lar; ein gan­zes Ver­mö­gen für dich, mein Jun­ge. Ich lege dir die Zin­sen aber wohl bes­ser mit dem Ka­pi­tal an, denn wenn du sie hast, gibst du sie auch aus.«

»O nein«, sag’ ich, »ich will sie gar nicht ha­ben, die Zin­sen nicht und auch die sechs­tau­send nicht, Sie sol­len’s be­hal­ten, Herr, ich will’s Ih­nen ge­ben, al­les, al­les!«

Er sah mich er­staunt an und schi­en mich nicht zu ver­ste­hen. Dann sag­te er: »Wie -- wie meinst du das, Jun­ge?«

Sag’ ich: »Fra­gen Sie mich, bit­te, nichts wei­ter, Herr, aber neh­men Sie’s, bit­te, neh­men Sie’s!«

Da­rauf er: »Jun­ge, ich ver­steh’ dich nicht, was ist denn mit dir?«

Da­rauf ich: »Bit­te, bit­te neh­men Sie’s und fra­gen Sie mich nicht wei­ter -- dann muß ich Ih­nen auch nichts vor­schwin­deln!«

Er dach­te eine Wei­le nach, dann sag­te er: »Hol­la, ich glaub’, ich hab’s. Du willst mir dei­ne An­sprü­che ab­tre­ten, ver­kau­fen, nicht schen­ken. Das liegt dir im Sinn, nicht wahr?«

Und ohne wei­te­res schreibt er ein paar Zei­len auf ein Stück Pa­pier, liest’s noch ein­mal durch und sagt dann: »Da -- sieh’ her. Es ist ein Ver­trag, und es steht drin, daß ich dir dei­ne An­sprü­che ab­ge­kauft habe. Da hast du einen Dol­lar. Nun un­ter­schrei­be!«

Ich un­ter­schrieb und troll­te mich.

Miss Wat­sons Nig­ger Jim hat­te eine haa­ri­ge Ku­gel, so groß wie eine Faust, die ein­mal aus dem vier­ten Ma­gen ei­nes Och­sen her­aus­ge­nom­men wor­den war. Mit der konn­te er wahr­sa­gen, da sich ein Geist dar­in be­fand, der al­les wuß­te. Ich ging also zu Jim am Abend und sag­te ihm, mein Al­ter sei wie­der im Land, ich habe sei­ne Fuß­spu­ren im Schnee ge­fun­den. Was ich wis­sen woll­te, war, was der Alte im Schil­de führ­te und wie lang er blei­ben wer­de. Jim nahm sei­ne haa­ri­ge Ku­gel, brumm­te et­was drü­ber hin, hob sie in die Höhe und warf sie dann zu Bo­den. Sie fiel derb auf und roll­te kaum einen Zoll weit von der Stel­le. Noch ein­mal pro­bier­te es Jim und noch ein­mal und im­mer blieb es gleich. Jetzt knie­te Jim nie­der und leg­te sein Ohr an die Ku­gel und horch­te, aber ’s woll­te nichts sa­gen. Er sag­te, manch­mal re­det es nicht ohne Geld. Ich bot ihm nun eine alte, nach­ge­mach­te Mün­ze an, bei der über­all das Mes­sing durch­sah, und die sich so fett und schlüpf­rig an­fühl­te, daß sie mir nie­mand für echt ab­ge­nom­men hät­te. Von mei­nem Dol­lar schwieg ich na­tür­lich, denn für die alte Ku­gel war wahr­haf­tig die schlech­te Mün­ze gut ge­nug. Jim nahm die Mün­ze, roch dar­an, rieb sie, biß hin­ein und ver­sprach es ein­zu­rich­ten, daß die Haar­ku­gel die Unecht­heit nicht mer­ke. Er sag­te, er wol­le eine rohe Kar­tof­fel neh­men und die Mün­ze hin­ein­ste­cken und die Nacht über drin las­sen, am an­dern Mor­gen sehe man dann kein Mes­sing und füh­le kei­ne Fet­tig­keit und kein Mensch wer­de den Be­trug mer­ken, noch we­ni­ger eine Haar­ku­gel. Das Ding mit der Kar­tof­fel wußt’ ich, hat­t’s nur ver­ges­sen im Mo­ment.

Jim steck­te also nun die Mün­ze un­ter die Ku­gel und leg­te wie­der das Ohr dran. Jetzt sei al­les in Ord­nung, sag­te er, und die Ku­gel wer­de mir wahr­sa­gen, so­viel ich wol­le. »Nur zu!« sag’ ich.

Und die Ku­gel sprach nun zu Jim, und Jim sag­t’s mir wie­der: »Dei­ne alte Va­ter noch nix wis­sen, was wol­len tun. Ein­mal wol­len ge­hen, ein­mal wol­len blei­ben. Du sein ganz ru­hig, Huck, las­sen tun die alte Mann, wie er wol­len. Sein da zwei En­gels, flie­gen um ihn rum. Sein der eine weiß, der an­de­re schwarz. Wol­len der weiß ihn füh­ren gute Weg, kom­men der schwarz und rei­ßen ihn fort. Arme Jim, ich nix kön­nen sa­gen von Ende, ob schwarz, ob weiß! Bei dir aber al­lens sein gut. Du ha­ben noch viel Angst im Le­ben, aber auch viel Freud! Wer­den kom­men Krank­heit und Un­glück un dann Ge­sund­heit un Glück! Sein dei­ne En­gels zwei Mä­dels, eine blond und eine braun, eine reich un eine arm. Wer­den du hei­ra­ten erst die arm un dann die reich! Du nix ge­hen zu nah an Was­ser, sonst du müs­sen fal­len rein un ganz er­sau­fen! Du hö­ren arme, alte Jim, Huck, du nix ver­ges­sen, was er sa­gen!«

Das ver­sprach ich denn auch hoch und hei­lig. Als ich an die­sem Abend mein Licht an­ge­zün­det hat­te und da­mit in mein Zim­mer trat -- saß da mein Al­ter in Le­bens­grö­ße!

Ja, Huck Finn hat’s nach die­sem Exem­pel nicht sehr weit in der Re­chen­kunst ge­bracht!  <<<

5. Kapitel

Hucks Va­ter -- Be­keh­rung -- Zärt­lich­kei­ten

Ich hab’ mich stets vor ihm ge­fürch­tet, er hat mich im­mer so tap­fer ge­gerbt, aber dies­mal merk­t’ ich gleich, daß es an­ders war. Das heißt, zu­erst schnapp­te ich nach Luft -- es nahm mir den Atem, ihn so plötz­lich zu se­hen; aber dann raff­te ich mich schnell zu­sam­men und trat nä­her.

Er war bei­na­he fünf­zig und sah auch so aus. Sein Haar war lang und ver­wirrt und fet­tig und hing ihm übers Ge­sicht, daß sei­ne Au­gen wie hin­ter Busch­werk her­vor­sta­chen. Es war noch ganz schwarz und kein biß­chen grau, so war auch sein lan­ger Schnauz­bart. In sei­nem Ge­sicht, so­weit man’s se­hen konn­te, war kei­ne Far­be, es war ganz weiß, aber nicht von ei­nem ge­wöhn­li­chen Weiß, son­dern so, daß es ei­nem übel mach­te, wenn man’s sah, daß es ei­nem eine Gän­se­haut über den Rücken jag­te, so to­ten­ähn­lich, so fisch­bauch­ar­tig war es. Sei­ne Klei­der -- wa­ren Lum­pen, wei­ter nichts. Er hat­te den rech­ten Fuß aufs lin­ke Knie ge­legt, und der Stie­fel sperr­te das Maul so weit auf, daß zwei oder drei Ze­hen her­aus­sa­hen, an de­nen er her­um­fin­ger­te. Sein Hut, ein al­ter zer­ris­se­ner Filz­de­ckel, lag auf dem Bo­den.

Ich starr­te ihn an. Er hat­te den Stuhl et­was hin­ten über­ge­kippt und starr­te mich wie­der an. End­lich stell­te ich das Licht hin und sah, daß das Fens­ter of­fen war; der Al­te war also übers Schup­pen­dach ein­ge­stie­gen. Der ver­flix­te Schup­pen!

Der Al­te folg­te mir mit den Au­gen, ich spür­te es, end­lich sag­te er: »Don­ner­wet­ter, fei­ne Klei­der -- sehr fein! Du bild’st dir wohl was drauf ein, he? Denkst, du bist ein Herr ge­wor­den, he?«

»Vi­el­leicht -- viel­leicht auch nicht«, sag’ ich.

»Wirst du mir wohl or­dent­lich ant­wor­ten, he?« brüllt er, »du scheinst dir tüch­ti­ge Mücken in den Kopf ge­setzt zu ha­ben, seit wir uns nicht ge­se­hen. Die treib’ ich dir aus, das laß dir ge­sagt sein! Du gehst auch in die Schu­le, hab’ ich mir sa­gen las­sen, und kannst le­sen und schrei­ben. Glaubst jetzt wohl, daß du bes­ser bist als dein Va­ter, he, du Ra­cker? War­t’ ich will dir kom­men! Wer hat dir er­laubt da­hin­zu­ge­hen, wer, frag’ ich, wer hat dir’s er­laubt?«

»Die Wit­we! Sie hat’s er­laubt!«

»Die Wit­we, he? Und wer hat’s der Wit­we er­laubt, daß sie ihre Nase in Din­ge steckt, die sie ab­so­lut nichts an­ge­hen, wer, he?«

»Nie­mand!«

»Gut, der will ich’s zei­gen! Und du, Ben­gel, in­fa­mer, du läßt das Schu­le­ge­hen blei­ben, ver­stan­den? Ich werd’s den Leu­ten schon zei­gen, was es heißt, ei­nem sol­chen Fle­gel wie dir, in den Kopf zu set­zen, er sei bes­ser als sein Va­ter. Laß du dich wie­der in der Schu­le er­wi­schen! Dei­ne Mut­ter hat nicht le­sen und schrei­ben kön­nen, eh’ sie starb und kei­ner von der Fa­mi­lie konnt’s ich kann’s auch nicht, und da kommt so ein Ra­cker und will bes­ser sein als wir alle und bil­det sich was drauf ein und tut sich dick da­mit. Das laß ich mir aber nicht ge­fal­len, ver­stan­den? Da -- zeig ein­mal, was du le­sen kannst.«

Ich nahm ein Buch und stot­ter­te et­was vom Ge­ne­ral Wa­shing­ton und dem Krieg. Eine Mi­nu­te lang hör­te er zu, dann ver­setz­te er dem Buch einen Stoß, daß es in die an­de­re Zim­mer­wand klatsch­te, und sag­te: »Kann’s der Ben­gel ja wahr­haf­tig! Ich hät­t’s nicht ge­glaubt, dacht’ es sei Ge­f­lun­ker. Aber du, wart, ich werd’ dir die Mücken aus­trei­ben, ich lei­d’s nicht, ver­stan­den? Ich wer­de auf­pas­sen, und er­wi­sch’ ich dich an der Schu­le, mein fei­ner Herr, so gerb ich dir das Le­der durch, daß du die En­gel im Him­mel pfei­fen hörst! Nächs­tens wirst du noch fromm wer­den! Don­ner­wet­ter, so ein Sohn!«

Er griff nach ei­nem klei­nen blau und gel­ben Bild­chen, auf dem ein Jun­ge und ein paar Kühe ab­ge­malt wa­ren, und fragt: »Was ist das?«

»Das hab’ ich ge­kriegt, weil ich mei­ne Auf­ga­be gut ge­lernt habe.«

Rasch war’s zer­ris­sen, und er brüllt:

»Ich will dir was Beß­res ge­ben, war­t’ ich werd’ dir ein Bild auf den Bu­ckel ma­len.«

Nun saß er still und mur­mel­te und brumm­te vor sich hin. Dann fängt er wie­der an: »Hat man je schon so et­was er­lebt! Das nenn’ ich einen fei­nen Herrn! Ein Bett, wahr­haf­tig, und Bet­tü­cher! Und ein Stück­chen Tep­pich am Bo­den! Und der ei­ge­ne Va­ter schläft bei den Schwei­nen oder wo er ge­ra­de hin­kommt! Und das will ein Sohn sein! Wart, Kerl, die Mücken flie­gen dir aus dem Kopf, eh’ du Amen sa­gen kannst, da sag’ ich dir. Mit dir werd’ ich noch fer­tig wer­den, Ra­cker! Die Leu­te sa­gen auch, du hät­test Geld! Wie ist das?«

»Die Leu­te lü­gen -- so ist das!«

»Ich sag’ dir, Bur­sche denk dran, daß du mit dei­nem Va­ter sprichst, bald bin ich fer­tig mit mei­ner Ge­duld, also sieh dich vor! Jetzt bin ich zwei Tage in der Stadt, und über­all hab’ ich von dei­nem Geld ge­hört, schon wei­ter un­ten im Tal er­zähl­ten sie da­von, und so muß doch was dran sein! Des­halb bin ich ge­kom­men. Also mor­gen schaffst du mir das Geld, ver­stan­den? -- Ich brauch’s!«

»Ich hab’ kein Geld!«

»Du lügst! Der Kreis­rich­ter hat’s für dich, und du schaffst mir’s her -- ich brauch’s, sag’ ich dir!«

»Ich hab’ kein Geld! Frag den Kreis­rich­ter selbst, der wird dir’s auch sa­gen!«

»Gut, ich werd’ ihn fra­gen, und er muß ble­chen, oder ich will wis­sen, wie’s da­mit steht. Was hast du in der Ta­sche, he? Ich will’s ha­ben!«

»Ich hab’ nur einen ein­zi­gen Dol­lar, und den brauch’ ich, um --«

»Das ist ganz wurst, wozu du ihn brauchst, her da­mit! Raus!«

Er nahm ihn und biß hin­ein, um zu se­hen, ob er echt sei, und sag­te dann, er gehe in die Stadt, um sich Whis­ky zu ho­len, er habe den gan­zen Tag noch kei­nen Trop­fen über die Lip­pen ge­bracht, da­bei roch er wie ein Schnaps­la­den. Dann klet­ter­te er zum Fens­ter hin­aus auf den Schup­pen, steck­te den Kopf wie­der her­ein, fluch­te noch ein­mal über mei­ne Mücken und dar­über, daß ich bes­ser sein wol­le als er, und als ich dach­te, nun sei er si­cher fort, er­schi­en er noch ein­mal und er­in­ner­te mich an die Schu­le und die ver­spro­che­nen Prü­gel, wenn ich mich dort bli­cken las­se.

Am an­dern Tag war er be­trun­ken, ging zum Kreis­rich­ter und droh­te ihm we­gen des Gel­des, das der nicht her­aus­ge­ben woll­te; er sag­te, er wol­le vor Ge­richt ge­hen und ihn dazu zwin­gen.

Der aber und die Wit­we woll­ten, daß man mich mei­nem Al­ten weg­neh­me und ei­nes von ih­nen zu mei­nem Vor­mund ma­che. Und das wäre, mei­ner See­le, das bes­te ge­we­sen. Aber da war ein neu­er Orts­rich­ter ge­kom­men, der kann­te den al­ten Mann nicht und mein­te, es sei un­recht, Fa­mi­li­en zu tren­nen, er kön­ne nichts tun, er wol­le dem Va­ter das Kind nicht rau­ben. So muß­ten der Kreis­rich­ter und die Wit­we die Sa­che eben ge­hen las­sen, wie’s ging.

Das war Was­ser auf die Müh­le mei­nes Al­ten und stieg ihm rie­sig zu Kopf. Er droh­te, er wol­le mich schwarz und blau dre­schen, wenn ich ihm nicht so­fort Geld ver­schaf­fe. Ich lief also zum Kreis­rich­ter und lieh mir drei Dol­lar von mei­nem Geld. Der Alte nahm’s be­trank sich, lärm­te, schimpf­te, fluch­te und spek­ta­kel­te durch die Stra­ßen der Stadt, bis sie ihn fest­nah­men und für eine Wo­che ein­sperr­ten. Das war ihm nun nichts Neu­es und ge­nier­te ihn wei­ter nicht. Wenn sie jetzt auch Meis­ter über ihn sei­en, so blei­be er doch im­mer­hin Herr und Meis­ter sei­nes Soh­nes, mein­te er, und wer­de das der gan­zen Stadt und sei­nem Herrn Soh­ne selbst noch klar be­wei­sen. Dem wol­le er schon noch ein­hei­zen in sei­nem Le­ben!

Nach Ver­lauf der Straf­zeit lie­ßen sie ihn dann lau­fen. Der Orts­rich­ter aber sag­te, er wol­le einen neu­en Men­schen aus ihm ma­chen, nahm ihn mit nach Hau­se, gab ihm sau­be­re, or­dent­li­che Klei­der statt der Lum­pen, be­hielt ihn zum Früh­stück, Mit­ta­ges­sen und Abend­brot und schloß so­zu­sa­gen di­cke Freund­schaft mit ihm. Nach dem Abendes­sen re­de­te er dann auf ihn ein von Gott und dem letz­ten Ge­richt, der Bi­bel und dem Tem­pe­ra­ments­ver­ein1 bis der alte Mann zu schluch­zen und zu wei­nen be­gann und sag­te, er sei ein Narr ge­we­sen all sein Le­ben lang, ein elen­der, er­bärm­li­cher, lum­pi­ger Narr! Jetzt aber gehe er in sich und wol­le von neu­em be­gin­nen und ein Mann wer­den, des­sen sich kein Mensch in der Welt zu schä­men brau­che, wenn ihm der Herr Rich­ter nur hel­fen und ihn nicht ver­ach­ten wol­le. Der sag­te, er möch­te ihm um den Hals fal­len für die­se Wor­te und wein­te vor Rüh­rung, und sei­ne Frau wein­te mit. Mein Al­ter ver­si­cher­te nun, er sei im­mer ver­kannt wor­den in sei­nem Le­ben; al­les, was ein ver­lo­re­ner Mensch brau­che, um ge­ret­tet zu wer­den, sei Sym­pa­thie; der Rich­ter stimm­te ihm zu, und dann wein­ten sie wie­der.

Als es Zeit war zum Schla­fen­ge­hen, er­hob sich mein be­kehr­ter Va­ter, hielt sei­ne Hand hin und sag­te: »Se­hen Sie hier die­se Hand, mei­ne Herrn und Da­men, neh­men Sie sie, schüt­teln Sie sie. Es war einst­mals die Hand ei­nes Schwei­nes, aber sie ist’s nicht mehr, sie ist die Hand ei­nes Man­nes, der ein neu­es Le­ben be­gon­nen hat und der eher ster­ben wird, als daß er ins alte zu­rück­kehrt. Den­ken Sie an die­se Wor­te, ge­den­ken Sie des­sen, der sie sag­te. Es ist eine rei­ne Hand jetzt, neh­men Sie, fürch­ten Sie nichts, schüt­teln Sie die­se Hand!«

Der Rich­ter, sei­ne Frau und sei­ne Kin­der schüt­tel­ten sie der Rei­he nach, und die Frau Rich­ter küß­te sie so­gar. Dann soll­te er noch ein fei­er­li­ches Gelöb­nis un­ter­schrei­ben -- und er tat’s, in­dem er drei Kreu­ze drun­ter­setz­te. Der Rich­ter be­merk­te noch, das sei der schöns­te Tag sei­nes Le­bens, und dann führ­ten sie mei­nen Al­ten