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Die berühmten "Meditationen" oder "Selbstbetrachtungen" des römischen Kaisers Marcus Aurelius, deutsch Marc Aurel oder Mark Aurel, gehören seit langem zur Weltliteratur. Diese unter wohl teils harten und widrigen Umständen von Marc Aurel zu Kriegszeiten zur Selbsterbauung niedergeschriebenen oder diktierten Meditationen sind es vor allem, die bis heute Millionen von Menschen rund um den Globus die stoische Philosophie und Lebensweisheit auf anschauliche, lebenspraktische und gleichzeitig poetische Art vermitteln. Die stoische Philosophie und Lebenslehre inspiriert uns, die Dinge aus einer ganzheitlichen, übergeordneten Perspektive zu betrachten, uns im Alltag und in unseren Beziehungen nicht in emotionalem Drama und Affekten zu verlieren, unseren Egoismus zu reflektieren und zu überwinden, Lebenssinn (wieder) zu finden sowie nicht zuletzt Hindernisse und Widrigkeiten als Chancen anzusehen und an ihnen zu wachsen. - Der Stoizismus kann uns helfen, Resilienz aufzubauen, die Fähigkeit, die eigene psychische Gesundheit auch bei größeren Herausforderungen und Schicksalsschlägen zu erhalten bzw. schnell wieder zu erlangen. - Die vorliegende Ausgabe der Meditationen beruht auf der alten deutschen Übersetzung F. C. Schneiders aus dem 19. Jahrhundert. Die Rechtschreibung wurde an die heutige angepasst, die etwas altmodische Ausdrucksweise aber beibehalten, da sie passend ein Gefühl für den altertümlichen Inhalt vermittelt. Die Nummerierung und Aufteilung in zwölf "Bücher" wurde beibehalten, die Nummerierung der einzelnen Meditationen fallengelassen, dafür haben die einzelnen Selbstbetrachtungen kurze pointierte Überschriften erhalten. Als weitere, einzigartige Besonderheit ist jedem der zwölf Kapitel/"Bücher" ein vom Herausgeber im klassischen Stile gereimtes Gedicht vorangestellt, das jeweils einige der Inhalte und Themen aufgreift und lyrisch interpretiert. -- HINWEIS: Diese Ausgabe ist auch erhältlich direkt im epubli-Onlineshop sowie über den Buchhandel. --
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Seitenzahl: 187
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Die Meditationendes Marcus Aurelius* * *Stoische Selbstbetrachtungen
– von Marc Aurel –
lyrisch kommentiert
Übertragen und überarbeitet von
Michael Csöff
© 2023 Michael Csöff. Alle Rechte vorbehalten.
Veröffentlicht, sprachlich angepasst, korrigiert und lyrisch kommentiert von Michael Csöff,
folgend der gemeinfreien, gekürzten deutschen Übersetzung durch F. C. Schneider, 1857
Impressum unter schoeff.de/impressum
Vertrieb: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin
Inhalt
Zu dieser Ausgabe
Herkunft und geistiges Erbe
Erstes Buch
Großvater Marcus Annius Verus
Vater Annius Verus
Mutter Domitia Lucilla
(Stief-)Urgroßvater Lucius Catilius Severus
Erzieher
Hauslehrer Diognetus
Stoiker Rusticus
Stoiker Appollonius
Platoniker Sextus (Enkel des Plutarch)
Grammatiker Alexander
Redner Phronto
Platoniker Alexander
Stoiker Catulus
Severus (Verwandter)
Stoiker Claudius Maximus
Adoptiv- und Schwiegervater Antoninus Pius
Dank an die Götter
Mensch, Vernunft und das große Ganze
Zweites Buch
Göttlich vereint
Die Vernunft, das oberste Prinzip
Harmonie und Vorsehung
Nutze Deine Zeit
Handle, als sei es Dein Ende
Erkenne Dich selbst
Habe ein Ziel vor Augen
Teil des Ganzen
Eitel und vergänglich
Dem göttlichen Geist dienen
Alles im Augenblick
Folge den natürlichen Gesetzen
Im ewigen Wandel erhaben
Vollkommene Natur, vollkommenes Handeln
Drittes Buch
Nutze jeden Tag für Deine Weiterentwicklung
Die Schönheit im Detail
Alles vergeht, das Göttliche bleibt
Beständig in Rechtschaffenheit
Wie ein Soldat der Tugend
Wähle das höchste Gut
Tugend kennt keine Ausnahmen
Geläutert und vollendet
Pflege Deine Urteilskraft
Nur ein Augenblick
Begreife die Dinge richtig
Im Flow der Tugend
Doktor des Daseins
Schiebe nichts auf
Schönheit, Weisheit, ewige Wandlung
Viertes Buch
Wachsen an Widerstand
Handle stets mit Besonnenheit
Finde Rückzug in Dir selbst
Der Weltgeist
Kreislauf des Seins
Ansichtssache
Das Wesentliche zählt
Die Natur ist förderlich
Sei immer gut
Sieh auf das Wahre
Gut und lernfähig
Wunschlos vernünftig
Zurück zum Ganzen
Dauer spielt keine Rolle
Göttliche Grundsätze
Lebe rechtschaffen
Gehe den geraden Weg
Achte weltlichen Ruhm nicht
Schönheit braucht kein Lob
Schöpferische Wandlung
Klar und entschieden
Von Gott ist alles richtig
Konzentriere Dich auf das Notwendige
Lebe wie ein glücklicher Mensch
Bleib bei Dir und dem allgemeinen Gesetz
Sei kein Fremdling des Lebens
Mehr als Brot
Den Göttern geweiht
Alle Zeiten dieselbe Tragödie
Ruhm verblasst – erstrebe die Tugend
Dem Schicksal ergeben
Samen der Wandlung
Die Zeit rinnt – streng Dich an
Weder gut noch böse
Alles Eins
Strom des Werdens
Dem Weisen ist‘s gleich
Alles ist verwandt
Werte nicht nach Jahren
Alles vergeht, nutze das Jetzt
Wie ein Fels in der Brandung
Was macht es für einen Unterschied
Wähle den kürzesten Weg
Gemeinwohl, Hindernisse und die richtige Perspektive
Fünftes Buch
Natürliches Tätigsein
Den Geist heiter halten
Des Edlen würdig
Zurück zum Ursprung
Stärken nutzen, Schwächen beheben
Tue Gutes, aber rechne es Dir nicht an
Beten fürs Gemeinwohl
Von Gott verordnet
Aufstehen – weiter streben
Wozu gebrauchst Du Deine Seele?
Wahre Güter
Vernunft genügt sich selbst
Wie Deine Gedanken so Du selbst
Verlange nichts Unmögliches
Eitel oder weise?
Die Seele stimmt sich selbst
Das Hindernis wird zum Weg
Außen wie Innen
Schadet es dem Ganzen?
Am Abgrund der Ewigkeit
Ins richtige Verhältnis
Jeder nach seiner Art
Empfinde, aber urteile nicht
Das Höchste in uns
Gebrauche Deine Vernunft
Lebe jetzt Dein bestes Leben
Eine Menschenfamilie
Reflexion und Anerkennung
Kein Trübsal angesichts des Ganzen
Bleib bei Dir und Deiner Aufgabe
Die Seele ist nicht korrumpierbar
Prüfe, und beruhige Dich
Die richtige Perspektive
Das Wichtige, das Kaisersein und Arbeit an sich selbst
Sechstes Buch
Alles gut
Tugendhaft bis zuletzt
Beobachte weise
Handle weise
Tue Gutes
Herrschende Vernunft
Lieber Glaube an Ordnung
Übung in Seelenruhe
Erholung im Wahren
Sieh alles, als was es ist
Stufen der Erkenntnis
Das Wichtige
Der Tugend Gang
Lachhaftes Ruhmbedürfnis
Du kannst es auch
Sportlich drüber hinweg
Lerne dazu
Unbeirrt
Sei gut und angemessen
Im Tod sind alle gleich
Alles in einem Augenblick
Bleibe ruhig
Sei hilfreich, nicht klagend
Ausruhen vom Leben
Halte Deine Seele frisch
Meistere das Kaiser-Sein
Kontrolliere Deine Vorstellungen
Tätigsein im Augenblick
Natürliche Anstrengung
Zweifelhafte Freuden
Das Gesetz Deines Lebens
Alles aus derselben Quelle
Alles von derselben Art
Gemeinschaft der Dinge
Annehmen und lieben
Alles ist beseelt
Übernimm die volle Verantwortung
Welcher Vers im Gedicht?
Jeder seinen Anteil
Mit oder ohne ihren Rat
Sieh auf das Positive
Sei zufrieden
Die Absicht zählt
Verlass auf sich selbst
Den Dingen ist‘s gleich
Höre gut zu
Fürs Ganze
Erinnere Dich der Sterblichkeit
Das Werk des Irrtums
Naturgemäß
Geliebte Pflicht, glückliche Gesinnung und weise Worte
Siebentes Buch
Nichts Neues
Halte Deine Maximen lebendig
Erhaben im Treiben
Bedeutung und Motiv
Immer zum Wohl des Ganzen
Nur Dein Mögliches
Vertraue Deiner Fähigkeit
Eine Vernunft
Pflicht oder Wohltat
Eine Frage der Meinung
Wie der Edelstein
Unerschütterliche Seele
Glückliche Gesinnung
Veränderung ist Leben
Auf die Natur hören
Liebe Deine Feinde
Der ewige Baukasten
Widriger Zorn
Mitgefühl mit Fehlgeleiteten
Schau auf das Beste
Mein guter Kern
Volle Klarheit
Ordnende Gesetze
Vom Schmerz
Plato über Leben und Tod
Ein Ausspruch Antisthenes‘
Gute Miene
Gleichgültige Außenwelt
Allen Freude
Nichts ohne Grund
Recht und gut
Die Gefühle mäßigen
Tugend vor Leben
Das Höhere vor Augen
Lösung und Wandel
In Tugend der Erste
Ein Werk guter Art
Segnen und sorgsam sein
Allgemeine und individuelle Natur
Nutze den Augenblick
Mach das Beste draus
Die innere Quelle
Natürlich aufrecht
Allzeit bereit
Prüfe ihre Grundsätze
Einsicht und Milde
Den Schmerz in seine Schranken
Sei nicht unmenschlich
Wie war seine Seele beschaffen?
Zeichne Dich selber aus
Meinung und Wesen
Jeder Tag wie der letzte
Selbst einer von ihnen
Die eigene Schlechtigkeit angehen
Gutes ist selbst genug
Sei nützlich
Guter Vorsatz, Fokus und eine wahre Festung
Achtes Buch
Von jetzt an besser
Reflektiere Dich
Geistige vs. weltliche Herrschaft
Ärger ändert nichts
Mit ruhigem Fokus
Teil der Allnatur
Tugend geziemt sich immer
Jammere nicht
Reue nur, nicht Gutes zu tun
Analyse der Dinge
Drei Säulen der Stoa
Ursache und Wirkung
Sei frei, dazu zu lernen
Nichts ohne Sinn
Den Wandel annehmen
Zu welchem Zwecke?
Alles ist gleich gültig
Edel und ergeben
Bescheiden und freigiebig
Zurück zum Ganzen
Geordnet, entschlossen, flexibel
Alchemie am Widerstand
Drei Beziehungen
Nur die Gegenwart ist real
Die Seele rein halten
Nichts gegen Gerechtigkeit
Sei die Vernunft
Für den Geist kein Übel
Betrübe Dich nicht
Freude am Gut-Sein
Den guten Geist dabei
Kein Grund zur Traurigkeit
Die Seele ist eine Festung
Gib nichts hinzu
Die Natur ist sich selbst genug
Halte die Quelle rein
Denn sie wissen nicht …
Göttlicher Geist und Atem
Bosheit schadet dem Boshaften
Einander zugetan, aber frei
Glanz der Seele
Nichts zu fürchten
Für einander geboren
Zielstrebigkeit des Geistes
Offen und lebendig
Gottlosigkeit, Gemeinschaft und tugendhaftes Bitten
Neuntes Buch
Gottlos
Pest der Seele
Sterben gehört dazu
Schlecht sein schadet Dir
Nicht-Handeln ist auch Handeln
Mit Tugend genug
Einer für alle
Drang nach Zusammenkunft
Frucht der Vernunft
Alles fürs Gemeinwohl
Die Plage in Dir
Sinnlichkeit und Vernunft
Nicht Zustand, Tätigkeit
Teil der Gemeinschaft
Entfremdete Seele
Schlecht und doch verbunden
Nicht von Ungefähr
Pragmatisch und tugendhaft
Gemütsruhe und Gerechtigkeit
Die Perspektive erweitern
Schau tiefer
Kein Verlust, sondern Vermögen
Tugendhaft bitten
Tugendhaft unter Widrigkeiten
Jedem Laster eine Tugend
Die liebe Seele, Namen der Tugend und innere Kraft
Zehntes Buch
Du liebe Seele
Der eigenen Natur gerecht
Pflicht, zu ertragen
Alles Vorsehung
Was dem Ganzen nützt
Normale Veränderung
Namen der Tugend
Halte die Ideale aufrecht
Mit klarer Einsicht voran
Vor der eigenen Tür kehren
Gib, was Du willst
Lebe wie auf dem Berge
Lass Taten folgen
Ins wahre Verhältnis
Erinnere Dich ihrer Eitelkeit
Zuträgliche Allnatur
Lieben, was die Erde liebt
Nur guten Muts
Gleich wo
Sei kein Ausreißer
Wunderbare Kraft der Natur
Stete Reflexion des Todes
Nicht anders
Übungen für den Geist
Es hängt von Dir ab
Immer besser durch Hemmnisse
Wie Blätter im Wind
Nimm alles hin
Erforsche Dich selbst
Scheide sanft
Die Kraft im Innern
Schule des Lebens, Vollkommenheit und Verirrungen
Elftes Buch
Eigentümlichkeit der Seele
Die Tugend bleibt schön
Nicht oft genug
Zur Erinnerung
Welcher Zweck?
Weisheits-Schule des Lebens
Heilung mit Narben
Unbeirrt und wohlgesonnen
Um des Besseren willen
Nicht-Beachtung schenkt Befreiung
Vollkommenheit
Meine Sache
Paradoxie der Untugend
Es muss von selber klar sein
Wirklich gleichgültig
Wichtig, zu wissen
Vier Verirrungen
Abfall von der Natur
Immer derselbe Mensch
Das unruhige Leben
Konstanz der Gestirne
Das Vorbild der Alten
Lass Taten sprechen
Wandlung ins Anderssein
Kein Räuber der Willensfreiheit
Warum zankt ihr euch?
Würdig werden, das Eine und das letzte Ziel
Zwölftes Buch
Der Welt würdig werden
Die nackte Seele
Der reine Geist
Das Urteil anderer
Gerechte Götter
Mit Übung geht‘s
Ringer oder Fechter
Gewalt der Demut
Leitendes Prinzip des Geistes
Das Licht der Tugend
Vergehen oder nicht?
Ruhig ohne Meinung
Das lautere Ganze
Besser als Leidenschaft
Binde Dich nicht
Alles Göttlich
Ihre Macht gespürt
Genuss guter Taten
Nur das Eine
Das letzte Ziel
Welch winziges Teilchen
Gehe in Frieden
Glossar
„Die Möglichkeiten,die tiefsten Kräfte in uns zu finden, kommen, wenn das Leben am schwierigsten scheint.“
– Joseph Campbell –
„Die Philosophen leisten nicht, was sie vortragen. Viel jedoch leisten sie schon dadurch, dass sie es vortragen, dass sie das Sittlichgute im Geiste erfassen.
Was Wunder, wenn die, welche sich an steile Höhen gewagt haben, den Gipfel nicht erreichen? Doch wenn Du ein ehrenhafter Mensch bist, so achte die, welche Großes versuchen, auch wenn sie fallen.“
– Seneca: Vom glückseligen Leben –
Die in erster Linie von diesem wohl für sich selbst in reflektierender und wahrscheinlich auch therapeutischer Absicht zu Pergament gebrachten „Meditationen“ oder „Selbstbetrachtungen“ des römischen Kaisers Marcus Aelius Aurelius Verus gehören zweifellos zur Weltliteratur, entstanden vermutlich zwischen 170 und 178 n. Chr.
Unter den harten und widrigen Bedingungen seines im römisch-germanischen Grenzkrieg in wechselnden Feldlagern verbrachten letzten Lebensjahrzehnts schrieb sich Marc Aurel mit den uns hier vorliegenden „Meditationen“ selbst Mut und grundlegende moralische Orientierung zu.
Die stoische Philosophie und Lebenslehre, auf der seine denk- und handlungsleitenden Prinzipien maßgeblich beruhten, wird „der breiten Masse“ von uns neben den überlieferten Werken von Seneca und Epiktet bis heute vor allem durch seine „Meditationen“ vermittelt.
Aber was können uns diese heute noch geben? Millionen Leserinnen und Leser rund um den Globus, Menschen „wie Du und ich“, darunter etliche Leistungsträger und Führungspersönlichkeiten aus Sport, Wirtschaft und Politik, sind sich einig: Wenn nicht dieselbe, dann doch eine ähnliche mentale Stütze und innere Führung, wie seine „Selbstbetrachtungen“ damals Marc Aurel gegeben haben mögen.
Denn selbst wenn wir das radikal demütig sich Gott, der „Allnatur“ und dem Gemeinwohl Unterwerfende eines Marcus Aurelius in dieser Konsequenz vermutlich nur in den seltensten Fällen nachempfinden werden: Die stoische Philosophie kann uns inspirieren, die Dinge aus einer übergeordneten Perspektive zu betrachten, uns nicht in emotionalem Drama und „Sinneslust“ zu verlieren, Egoismus zu überwinden und Hindernisse und Widrigkeiten als Chancen anzusehen. Sie kann uns helfen, Resilienz aufzubauen, die Fähigkeit, die eigene psychische Gesundheit auch bei größeren Herausforderungen und Schicksalsschlägen zu erhalten – oder bald wieder „auf die Beine“ zu kommen.
Auch in den Händen eines freiheitsliebenden Individuums der westlichen, aktuell noch liberal verfassten Lebenswelt, können die keineswegs demokratisch, sondern autoritär geprägten stoisch-platonischen Grundsätze also hilfreich sein.
Obacht ist allerdings geboten, wenn der Staat oder halbstaatliche kapitalistische Strukturen sich solch einer Philosophie bedienen, um eine „Herdenmoral“ zu erzeugen.
Dies gesagt nun aber zur Lektüre der „Meditationen“. Diese sind in der vorliegenden Ausgabe an die heutige Rechtschreibung angepasst, ohne jedoch die stilistisch passende leicht altmodische Ausdrucksweise der zugrunde liegenden Übersetzung F. C. Schneiders des Jahres 1857 aufzuheben.
Die erst nachträglich üblich gewordene Nummerierung der Bücher wurde beibehalten und als Besonderheit jedem Buch zudem ein klassisches Gedicht vorangestellt. Die Nummerierung der einzelnen Meditationen, denen kaum eine inhaltliche Chronologie innewohnt, wurde fallen gelassen und durch kurze thematische Überschriften ersetzt.
Für einen durchgehenden Lesegenuss wurde die Übersetzung Schneiders sorgsam übertragen, bei Bedarf vergleichend korrigiert, um einige Wiederholungen teils dezent weiter gekürzt und an anderen Stellen ergänzt.
Was wär‘ ich ohne meine Ahnen,Die vor mir gingen diesen Weg,Und ohn‘ die Lehrer, die da kamen,Damit ich meinen Geiste pfleg.
Ich danke ewig ihnen allen,Sie machten aus mir, was ich bin –Ihn‘ und den Göttern zum GefallenGeb ich mich ganz der Tugend hin.
* * *
Von meinem Großvater Verus weiß ich, was edle Sitten sind, er gab mir Milde und Gelassenheit.
Meinem Vater sagte man nach, er habe einen echt männlichen und dabei doch bescheidenen Charakter besessen, worin ich ihm nachahmte.
Meiner Mutter Werk ist es, wenn ich gottesfürchtig und wohltätig bin; wenn ich nicht nur schlechte Handlungen, sondern auch schlechte Gedanken fliehe; und dass ich einfach lebe und nicht im gewöhnlichen Luxus der Reichen.
Mein Urgroßvater* litt nicht, dass ich die öffentlichen Schulen besuchte, sondern sorgte dafür, dass ich zu Hause von tüchtigen Lehrern unterrichtet wurde, und überzeugte mich, dass dies allen Aufwand und Kosten wert sei.
─* mütterlicherseits
Mein Erzieher ließ nicht zu, dass ich mich an dem üblichen Parteinehmen und Wetten bei Rennen und Kämpfen beteiligte. – Er lehrte mich Mühen zu ertragen, wenig bedürfen, selbst die Hand ans Werk zu legen, mich nicht zu kümmern um anderer Leute Angelegenheiten und einen Widerwillen zu haben gegen Angeberei.
Diognet bewahrte mich vor allen unnützen Beschäftigungen; vor dem Glauben an das, was Wundertäter und Gaukler von Zauberformeln, vom Geisterbannen usw. lehrten; davor, dass ich Wachteln hielt und vor andern solchen Passionen.
Er lehrte mich ein freies Wort vertragen, gewöhnte mich an philosophische Studien, schickte mich zuerst zu Bacchius, dann zu Tandasis und Marcian, ließ mich schon als Knabe Dialoge verfassen und bewirkte es, dass ich kein anderes Nachtlager als ein Bretterbett und eine Tierhaut begehrte und was sonst zur Lebensart der griechischen Philosophen* gehört.
─* Stoiker
Dem Rusticus verdanke ich, dass es mir ein Anliegen ist, in sittlicher Hinsicht für mich zu sorgen und an meiner Veredlung zu arbeiten; dass ich frei blieb von dem Ehrgeiz der Sophisten; dass ich keine leeren Theorien aufstellte, noch Reden hielt nur um Beifall zu erhaschen, noch prunkend mich als einen streng und wohlgesinnten jungen Mann darstellte und dass ich von rhetorischer, poetischer und stilistischer Schönrednerei Abstand hielt; dass ich zu Hause nicht im Staatskleide einherging oder derartiges tat und dass die Briefe, die ich schrieb, einfach waren, so einfach und schmucklos wie der seinige an meine Mutter von Sinuessa aus.
Ihm habe ich's auch zu danken, wenn ich mit denen, die mich gekränkt oder sonst sich gegen mich vergangen haben, leicht zu versöhnen bin, sobald sie nur selbst dazu bereit sind.
Auch lehrte er mich, was ich las, genau zu lesen und mich nicht mit einer oberflächlichen Kenntnis zu begnügen; auch nicht gleich beizustimmen dem, was oberflächliche Beurteiler sagen.
Endlich war er es auch, der mich mit den Erklärungen Epiktets bekannt machte, die er mir aus seinen Büchern mitteilte.
Von Appollonius lernte ich die freie Denkart, zwar mit Bedachtsamkeit, doch ohne Wankelmut auf nichts Rücksicht zu nehmen als auf die gesunde Vernunft sowie stete Seelenruhe zu bewahren auch unter den heftigsten Schmerzen, beim Verlust eines Kindes und in langwierigen Krankheiten.
Er zeigte mir an seinem lebendigen Beispiele, dass man zugleich ernsthaft und heiter sein kann und dass man beim Studium philosophischer Werke die gute Laune nicht zu verlieren brauche.
Er ließ mich in ihm einen Menschen sehen, der es offenbar für die geringste seiner guten Eigenschaften hielt, dass er Übung und Gewandtheit darin besaß, die Grundgesetze der Wissenschaft zu lehren.
Von ihm lernte ich endlich auch, wie man von Freunden sogenannte Gunstbezeugungen aufnehmen müsse, ohne dadurch in Abhängigkeit von ihnen zu geraten und sich doch erkenntlich dafür zu zeigen.
Von Sextus konnte ich lernen, was Herzensgüte sei. Er bot das Beispiel eines echten Familienvaters und gab mir den Begriff eines Lebens, das der Natur entspricht.
Seine Würde hatte nichts Gezwungenes, er wusste zuvorkommend die Wünsche seiner Freunde zu erraten und ertrug geduldig die Unwissenden und diejenigen, die ohne Überlegung urteilen.
Er war allen Menschen gegenüber freundlich, und so fand man seinen Umgang angenehmer als alle Schmeicheleien und empfand gleichzeitig eine tiefe Hochachtung für ihn.
Sextus verstand es, die zur Lebensweisheit erforderlichen Vorschriften klar und regelrecht zu entwickeln und zu vermitteln.
Niemals zeigte er eine Spur von Zorn oder einer andern Leidenschaft, sondern er war der leidenschaftsloseste und liebenswürdigste Mensch zugleich.
Er hielt auf den guten Ruf, jedoch ohne Aufsehen; er war hochgelehrt, aber ohne jede Zur-Schau-Stellerei.
Von Alexander dem Grammatiker lernte ich, wie man sich jeglicher Scheltworte enthalten und es ohne Vorwurf hinnehmen kann, was einem in fehlerhafter, roher oder plumper Manier vorgebracht wird; ebenso aber auch, wie man sich geschickt nur über das, was zu sagen Not tut, auszulassen habe, sei's in Form einer Antwort oder der Bestätigung oder der gemeinschaftlichen Überlegung über die Sache selbst, ohne den fehlerhaften Ausdruck direkt zu korrigieren, oder auch durch eine treffende anderweitige Bemerkung.
Durch Phronto gewann ich die Überzeugung, dass der Despotismus Missgunst, Unredlichkeit und Heuchelei in hohem Maße zu erzeugen pflege und dass der sogenannte Adel der Patrizier im Allgemeinen ziemlich unedel sei.
Von Alexander, dem Platoniker, habe ich gelernt, nur selten und niemals ohne Not zu sagen oder zu schreiben: Ich habe keine Zeit und nie ein solches Mittel zu gebrauchen, um unter dem Vorwand dringender Geschäfte die Pflichten, die uns die Freundschaft und die Gemeinschaft auferlegt, zurückzuweisen.
Catulus riet mir, dass ich's nicht unberücksichtigt lassen sollte, wenn sich ein Freund bei mir über etwas beklagte, selbst wenn er keinen Grund dazu hätte, sondern dass ich versuchen müsste, die Sache ins Reine zu bringen.
Wie man seine Lehrer ehrte, sah ich an ihm; ebenso aber auch, wie lieb man seine Kinder haben müsse.
Severus war mir ein Beispiel in der Liebe zu unseren Verwandten wie auch in der Wahrheits- und Gerechtigkeitsliebe.
Er machte mich mit Thraseas, Helvidius, Cato, Dio und Brutus bekannt und führte mich zu dem Begriff eines Staates, in welchem alle Bürger gleich sind vor dem Gesetz, und einer Regierung, die nichts so hoch hält als die bürgerliche Freiheit.
Von ihm lernte ich, immer dieselbe sich nie verleugnende Hochachtung für die Philosophie zu bewahren, wohltätig und freigebig zu sein, von meinen Freunden das Beste zu hoffen und auf ihre Liebe zu vertrauen.
Hatte er etwas gegen jemand, so hielt er damit nicht zurück, und seine Freunde hatten niemals nötig, zu erraten oder ihn auszuforschen, was er wollte oder nicht, weil es offen zu Tage lag.
Von Maximus konnte ich lernen, mich selbst zu beherrschen, nicht zu schwanken, sondern guten Mutes zu sein in misslichen Verhältnissen oder in Krankheiten.
Auch wie man in seinem Benehmen Weisheit mit Würde verbinden muss, und an ein Werk, das rasch auszuführen ist, doch nicht unbesonnen gehen darf.
Von ihm waren alle überzeugt, dass er gerade so dachte, wie er sprach, und er, was er tat, in guter Absicht tat.
Etwas zu bewundern oder sich verblüffen zu lassen, zu eilen oder zu zögern, ratlos zu sein und niedergeschlagen oder ausgelassen in Freude oder Zorn oder argwöhnisch – das alles war seine Sache nicht.
Aber wohltätig zu sein und versöhnlich, hielt er für seine Pflicht. Er hasste jede Unwahrheit und machte so mehr den Eindruck eines geraden als eines feinen Mannes.
Niemals hat sich einer von ihm verachtet geglaubt; aber ebenso wenig wagte es jemand, sich für besser zu halten, als er war. – Im Ernst wie im Scherze war er voller Geist und Anmut.
Mein Vater hatte in seinem Wesen etwas Sanftes, aber zugleich auch eine unerschütterliche Festigkeit in dem, was er gründlich erwogen hatte. Er war ohne Ehrgeiz hinsichtlich dessen, was man gewöhnlich Ehre nennt.
Er arbeitete gern und unermüdlich. Wer mit Dingen kam, die das gemeine Wohl zu fördern versprachen, den hörte er an und versäumte es nie, einem jeden die Anerkennung zu zollen, die ihm gebührte. Wo vorwärts zu gehen und wo einzuhalten sei, wusste er.
Er war umgänglich mit jedermann; erließ den Freunden die Pflicht, immer mit ihm zu speisen oder, wenn er reiste, mit ihm zu gehen und stets blieb er gleich gewogen auch denen, die er notgedrungen zu Hause ließ.