Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
35 Jahre habe ich nahtlos in einem psychisch fordernden Beruf gearbeitet. Irgendwann wurde ich so krank, dass mir von der Krankenkasse geraten wurde, bei dem Rententräger einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente zu stellen. Zum Glück wusste ich da noch nicht, dass mein Kampf 8 Jahre andauern würde und ich plötzlich nur noch mit Existenzängsten leben musste. Am allerschlimmsten waren in dieser Zeit die immer wieder kehrenden Kämpfe mit den Gutachtern und deren Gutachten. Ich möchte hier erwähnen, dass ich in meinem Buch nur meine persönlichen Eindrücke und Gefühle zu diesen Gutachten und deren Gutachter wiedergebe. Alle Namen der Gutachter wurden von mir mit liebevollen ironischen Pseudonymen verändert. Namensgleichheiten wären reiner Zufall. Auch in meinem 2. Buch benutze ich wieder ein Pseudonym, um noch lebenden Personen nicht zu nahe zu treten, bzw. um mich selbst zu schützen, da ich in einem kleinen Dorf lebe. Das ist aber alles nicht wichtig. Meine Erlebnisse sind 100 % wahr und nur das zählt.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 102
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Mein Dank gilt meinem Ehemann,
der immer für mich da ist.
Meine Erfahrungen mit Gutachter: …mein steiniger Weg in die EU-Rente
Mein 1. Gutachten: Dr. Ortho
Diagnosen von Dr. Ortho
2. Gutachten, Dr. Neuro.
Unterlagen und Befunde
Derzeitige Beschwerden
Therapie und Medikamente
Es erfolgen die Liste der behandelnden Ärzte
Biografische Anamnese
Allgemeinmedizinischer Untersuchungsbefund
Psychischer Befund
Diagnose
3. Gutachter – Dr. Neuropsych
Beschwerdebild
Befindlichkeit
Zum Tagesablauf
Psychischer Befund
4. Gutachter, Dr. Dr. Wagemut
Zusammenfassung des Dr. Dr. Wagemut
Stellungnahme von der Rentenversicherung
7. Gutachten von Herrn Dr. med. Meyer
Psychischer Untersuchungsbefund
Zusammenfassung/Wertung und Beantwortung der Beweisfragen
Fazit und Schlusswort nach insgesamt 27 Seiten
Stellungnahme zum Krankenhausbericht Dr. Meyer (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie)
8. Begutachtung, Dr. Hope (u. a. Schmerzarzt)
Auszüge aus dem Gutachten Dr. Hope
Schlussworte
Eines möchte ich noch loswerden
Ich habe 35 Jahre nahtlos im öffentlichen Dienst gearbeitet. Dann wurde ich so krank, dass ich nicht mehr arbeiten konnte. Man legte mir nahe, mit nur 51 Jahren, die Frührente einzureichen.
Da ich eine Odyssee von Ärzten hinter mir hatte und eine Unmenge von Diagnosen bekam, war auch ich soweit, mit dem Berufsleben abzuschließen. Ich leide unter Fibromyalgie (Weichteilrheuma), Osteochondrose (degenerative Veränderung der Wirbelsäule), Arthritis, Arthrose in Füßen und Händen, starkem Bluthochdruck, chronischer Depressionen (mittelschwere Episoden), chronisch schlechte Cholesterinwerte, Asthmaanfälle bei Stress, Allergie und Aufregung, Burnout und unter Panikattacken (kann keine Menschen mehr um mich herum ertragen – habe mich also vollkommen zurückgezogen).
Ich fahre nur noch selten mit dem Auto und wenn, dann nur ganz kurze Strecken. Auch bin nicht mehr in der Lage dazu mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.
Zunächst machte ich zum ersten Mal die Bekanntschaft mit der Agentur für Arbeit. Mein Krankengeld war ausgelaufen und um weiter Bezüge zu erhalten, sollte ich mich bei der Agentur für Arbeit melden.
Als ich dort ankam, fand ich dort zwei Reihen vor. Die linke Reihe war leer und in der rechten Reihe standen viele, zumeist sehr junge Leute. Ich stellte mich also brav und unsicher in der rechten Reihe an. Vor mir stand eine etwas jüngere Frau, die mich sofort mit folgenden Worten ansprach: „Ist doch scheiße hier, immer nur warten. Wollen wir nachher einen tanken gehen?“ Ich lehnte freundlich ab. Als ich an der Reihe war, sagte man mir, dass ich in der falschen Reihe stehe. Das war die Reihe für das Jobcenter. Ich musste in die leere Reihe für die Agentur für Arbeit und bekam sogleich einen persönlichen Berater. Er merkte, dass mir das alles sehr unangenehm war und beruhigte mich.
Ich werde seine Worte: … „Sie haben wie in einer Versicherung 35 Jahre eingezahlt und nun bekommen Sie etwas zurück“, nie vergessen. Er füllte mit mir einen Antrag aus und ich erhielt von nun an Arbeitslosengeld I. Das Ganze ging genau 1 ½ Jahre. Nach nur einem Jahr war mein Arbeitslosengeld I abgelaufen. Plötzlich, als mein Widerspruch der Rente abgelehnt wurde, wurde diese Agentur für Arbeit für mich zum Albtraum. Obwohl der Rentenantrag immer noch lief, wollten sie, dass ich mich jetzt als arbeitsuchend registriere, sonst würde ich rückwirkend, wenn meine Rente durch ist, keine Bezüge der Rente seit Rentenantragstellung bekommen. Hartz IV (so hieß es damals noch) konnte ich nicht beantragen, da mein Ehemann Feuerwehrmann ist und somit zu viel Einkommen hat. Ein Feuerwehrmann mit viel Einkommen? Zu dieser Zeit zahlte er auch noch Unterhalt für zwei minderjährige Kinder aus erster Ehe.
Ich habe meinen jetzigen Ehemann aber erst vor 4 Jahren geheiratet. Davor hatte ich alleine in die Rentenkasse eingezahlt, fast genau 35 Jahre.
Mein Rentenantrag läuft nunmehr seit 8 Jahren. Der erste Antrag wurde sofort abgelehnt (was eigentlich bei jedem der Fall ist, so wie ich es im Laufe der Zeit von anderen Rentenantragstellern erfuhr).
Ein Widerspruch erfolgte und nun lernte ich zum ersten Mal die „Welt der Gutachter“ kennen. Ich berichte in meinem Buch von insgesamt sieben Gutachten über mich und wenn ich vom ersten Gutachten geschockt war, so kann ich schon jetzt sagen, dass sich die Gutachter bei jeder Vorstellung gesteigert haben.
Nach dem Besuch beim 3. Gutachter beschloss ich dieses Buch zu schreiben. Ich wollte einfach mal öffentlich machen, wie ein kranker, älterer Mensch bestraft wird, obwohl er 35 Jahre gearbeitet hat, trotz Schmerzen stets pünktlich zur Arbeit erschien und Zusatzschichten übernahm. Ich möchte betonen, dass ich in diesen 35 Jahren nicht einmal zu spät kam.
Die Welt soll an diesem Quatsch einfach beteiligt werden. Mit der Zeit macht es mich einfach nur verbittert.
Zunächst schickte man mich zu einem Orthopäden, der als Gutachter tätig ist. Ich war noch nie im Leben zuvor bei einem Gutachter. Ich war nicht besonders aufgeregt. Ich wusste zwar nicht was mich erwartet, aber da ich nicht vorhatte irgendetwas zu verbergen, ging ich relativ gelassen zu diesem Termin.
Was mich allerdings wunderte war, dass ich bei meinem Erkrankungsbild nicht zu einem Neurologen bzw. Psychologen vorgeladen wurde, sondern, wie gesagt, zu einem Orthopäden.
Ich erschien dort pünktlich und sprach mit den Damen im Vorzimmer von Dr. Ortho. Entweder bildete ich es mir ein, oder sie beäugten mich wirklich etwas misstrauisch. Auch ihr Verhalten war irgendwie recht reserviert mir gegenüber.
Ich musste nicht lange warten und Dr. Ortho bat mich rein.
Es war ein älterer Mann, wobei ich nicht ersah, ob er freundlich oder unfreundlich war. Er war irgendwie so total neutral. Zunächst fragte er mich nach meiner Familiengeschichte. Das wiederum verstand ich überhaupt nicht, da ich keinen wirklichen Zusammenhang zwischen meinem Erkrankungsbild und meiner Familienanamnese sehe.
Klar habe ich durch meine Adoptiveltern garantiert einen Knacks weg, aber ich bin meinen eigenen Weg gegangen und kann mit sämtlichen Kindheitstraumatas inzwischen einigermaßen leben.
Obwohl ich viele Schläge erhalten habe, schlage ich niemanden und obwohl ich sexuellen Missbrauch erlebt habe, missbrauche ich niemanden. Im Gegenteil, ich war und bin eine äußerst liebevolle Mutter zweier Kinder und habe 35 Jahre – bis zu meiner Erkrankung – in einer großen Firma gearbeitet.
Tiefschläge habe ich immer nur erhalten, weil ich einfach zu lieb, zu hilfsbereit und zu gutmütig bin. Ich konnte nie „nein“ sagen und das nutzen leider viele Menschen aus.
Außerdem habe ich in meinem Leben viel zu viel gearbeitet und mir selbst viel zu wenig Ruhe gegönnt.
Meinen sexuellen Missbrauch habe ich mittels einer Therapie etwas verarbeitet und meine Adoptiveltern interessieren mich heute nicht mehr. Ich habe vor 10 Jahren den Kontakt zu ihnen abgebrochen und das ist auch gut so.
Warum ist also diese Familienanamnese so wichtig? Ich ärgere mich immer wieder darüber, wenn bei Straftätern von einer schlechten Kindheit berichtet wird. So ein Quatsch, meine war extrem lieblos und traurig, trotzdem bin ich nicht zu einem Straftäter geworden.
Dann kam er zur Eigenanamnese, d. h. welche Erkrankungen ich im Laufe des Lebens durchgemacht habe. Danach erfolgte die familiäre Situation, dann die berufliche Situation und die allgemeine Anamnese, d. h. wie viel Stuhlgang ich habe (wirklich) und in welcher Konstellation, ob ich rauche, Alkohol trinke usw.
An dieser Stelle ging mir bereits durch den Kopf, dass ich mich bei diesen ganzen Anamnesen eher selbst begutachte, d. h. ich hätte ihm irgendwelche übertriebenen Geschichten erzählen können und er hätte es so in seinem Gutachten wiedergegeben.
Hätte ich das mal gemacht. Böse Schweine kommen überall hin, ehrliche Schweine nirgendwo. (Das fiel mir gerade so ein, nach dem Lied der Prinzen „Du musst ein Schwein sein auf dieser Welt“, bin ich aber nicht).
Er fragte dann weiter nach jetzigen Beschwerden und nach nicht orthopädischen Beschwerden und fragte mich dann ernsthaft, warum er mich denn begutachten soll. Bei einem Neurologen/Psychologen wäre ich doch viel besser aufgehoben. Ich gab ihm Recht.
Er fragte dann weiter nach gegenwärtig behandelnden Ärzten, eingenommenen Medikamenten, gegenwärtige Therapiemaßnahmen und bisherige Therapiemaßnahmen.
Inzwischen waren ca. 50 Minuten vergangen und mir ging erneut durch den Kopf, dass ich bis hierhin das Gutachten über mich selbst auch hätte erstellen können.
Dann begann, in den letzten 10 Minuten, die eigentliche körperliche Untersuchung.
Dazu sagte Dr. Ortho nicht ein Wort, selbst auf Nachfrage nicht. Er war sozusagen verstummt. Dann verabschiedete er sich von mir sachlich und ging. Ich verblieb etwas verstört und sehr verunsichert zurück.
Einige Zeit später forderte ich dann sein Gutachten bei der Rentenversicherung an.
Der allererste Satz seines Gutachtens war, dass ich pünktlich erschienen bin. Nun gut, das habe ich ja wohl schon mal richtig gemacht.
Beginn der Begutachtung: 10.00 Uhr, Ende: 11.00 Uhr.
Auf drei Seiten wurden erst einmal die ganzen oben aufgeführten Anamnesen wiedergegeben, d. h. alles was ich ihm erzählte, hat er so wiederholt.
Somit hat er wahrscheinlich schon mal die Hälfte seines Aufwandes des Gutachtens über mich verdient.
Nun kommen die letzten 10 Minuten, körperliche Untersuchung: (Gutachten Dr. Ortho in Normalschrift, meine Anmerkungen in Fettschrift)
„Zur Untersuchung erscheint eine 50-jährige Frau (ist nunmehr 6 Jahre her) im mäßigen Allgemein- und adipösen Ernährungszustand.“ (adipös bedeutet Fettleibigkeit, verfettet – Quelle Duden)
Ja, merkt der Dr. noch etwas? Ich habe sehr schlanke Beine, schlanke Arme, ebenso einen schlanken Po. Ich bin keinesfalls adipös. Das Einzige, was ich habe, ist ein Bäuchlein und bei einer Größe von 168 cm und einem Gewicht von 82 Kilo bin ich vielleicht am Bauch etwas moppelig, aber nicht adipös.
„Der Konstitutionstypus erscheint pyknisch“.
(Unter Konstitutionstyp versteht man in der Medizin die Beschaffenheit des Einzelmenschen in Bezug auf Körperbau, Leistungsfähigkeit und seelisches Verhalten.
Aus heutiger Sicht gelten die Konstitutionstypologien als wissenschaftlich überholt – Quelle wikipedia).
(Unter pyknisch versteht man nicht besonders groß, aber stämmig – Quelle Duden).
Nun war bei mir wirklich der Moment erreicht, wo ich anfing Komplexe zu bekommen, d. h. ich fühlte mich nach dem Gelesenen klein und dick.
Aber was im Folgenden kommt, ist der absolute Hammer.
„Der errechnete BMI (Body Maß Indes) beträgt: 27. BMI-Klassifikation (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.l, www.dge.de):
Klassifikation
m
w
Untergewicht
<20
<19
Normalgewicht
20-25
19-24
Übergewicht
25-30
24-30
Adipositas
30-40
30-40
Massive Adipositas
>40
>40
Hat Dr. Ortho nicht oben in seinem Gutachten erwähnt, dass ich einen adipösen Ernährungszustand habe? Also, wenn ich diese Tabelle betrachte, die Dr. Ortho in meinem Gutachten als Grundlage nimmt, bin ich mit meinem BMI von 27 genau in der Mitte des Übergewichts, erst ab einem BMI mit 30 bin ich am Anfang dieser beschriebenen Fettleibigkeit. Und so ein bisschen Übergewicht kann ja nicht verkehrt sein.
„Frau XYZ ist zeitlich, räumlich und örtlich voll und umfassend orientiert. Alle gestellten Fragen werden beantwortet, die Konzentrationsfähigkeit ist nicht gestört. Das Denken erscheint formal geordnet, das Verhalten ist situationsgerecht. Die Stimmungslage erscheint depressiv.
Auffälligkeiten in Bezug auf Mimik und Gestik sind nicht vorhanden.“
Wow, als Orthopäde ist der Mann ein Genie. Ist er gleichzeitig ein Psychologe? Nein, ist er nicht. Woher nimmt sich ein Orthopäde das Recht über solche Dinge ein Gutachten zu erstellen, außerdem was hat das mit meinem Erkrankungsbild zu tun?
Bis die von ihm erkannte depressive Stimmung, frage ich mich ernsthaft, was diese Niederschrift von ihm soll. Ich habe es bis auf die Depressionen nicht am Kopf, sondern in den Gelenken. Ich habe auch mit keinem Wort angegeben evtl. an Alzheimer erkrankt zu sein.
„Das äußere Erscheinungsbild, insbesondere die Kleidung ist unauffällig….“ „Es werden normale Konfektionsschuhe getragen…“
Er soll mich verdammt nochmal krankheitsspezifisch begutachten und mich nicht nach meiner Kleidung beurteilen. Was wäre, wenn ich als Hippie gekommen wäre, oder mit einem Indianerkostüm, oder in stinkenden alten Sachen? Was hat das mit meiner Erkrankung zu tun?
Aber jetzt kommt es: Ich hatte keine normalen Konfektionsschuhe an, sondern abrollendes orthopädisches Schuhwerk mit Einlagen. Das hat Herr Dr. wohl nicht erkannt, gefragt hat er aber auch nicht. Was ist das für ein Orthopäde?
„Im entkleideten Zustand lassen sich Hauterkrankungen nicht erkennen.
Die Haut ist trocken und warm. Tätowierung rechter Fuß….in Ruhehaltung hängen die Arme am Körperstamm ohne Zeichen eines Tremors, d. h. ohne Hinweise für eine Parkinsonsche Erkrankung, herab.“
Jetzt ist endgültig der Punkt erreicht, wo ich laut loslachen muss. Ich habe niemals von Hauterkrankungen gesprochen. Na klar ist meine Haut trocken und warm. Obwohl bei diesem Mr. Ortho hätte ich mich nicht gewundert, wenn ich klitschnass vor Schweiß geworden wäre, vor lauter Ärger.
Und, na klar ist meine Haut warm.