Mein Lebenshaus hat viele Räume - Susanne Hofmeister - E-Book

Mein Lebenshaus hat viele Räume E-Book

Susanne Hofmeister

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Beschreibung

Wie man sich in seinem Leben zurechtfindet

Das Leben ist wie ein Haus mit vielen Zimmern, die ein Mensch nacheinander bewohnt. Jedes Zimmer steht gemäß der Anthroposophie für ein Jahrsiebt und beinhaltet u.a. bestimmte Aufgaben und Ressourcen. Jedes Leben ist somit denselben Gesetzmäßigkeiten unterworfen, neben all den individuellen Ausprägungen. Das Lebenshaus vermittelt ein Gefühl für wichtige allgemeine Lebensthemen. Dadurch hören wir den speziellen inneren Auftrag dadurch deutlicher. Das Älterwerden kann als wunderbare Möglichkeit des seelisch-geistigen Wachstums gesehen werden. Besonderen Raum nimmt im Buch daher die Zeit nach dem 63. Lebensjahr ein mit Antworten darauf, wie diese Zeit wertvoll genutzt werden kann.

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Seitenzahl: 393

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Das Buch

Die Choreographie Ihres Lebens: Das Leben wandelt sich fortwährend und alle sieben Jahre stehen neue Aufgaben an. Mit der anthroposophischen Biographiearbeit verstehen wir unsere bisherigen Erlebnisse und Probleme besser und erkennen, was wir durch sie an Ressourcen dazugewonnen haben. Wir bekommen auch einen Eindruck davon, welche Entwicklungsschritte und Kraftquellen uns mit fortschreitendem Alter begegnen werden.

Diese Ordnung ermöglicht uns, den inneren Ruf nach der ganz eigenen Lebensaufgabe besser zu hören. In Einklang mit unserer Vergangenheit und der Offenheit für unsere Zukunft werden wir so immer mehr zu einer selbstbewussten, authentischen Persönlichkeit. Mit diesem modernen, spirituellen Blick auf das Leben bekommt auch das Altwerden eine ganz neue Perspektive.

SUSANNE HOFMEISTER

Mein Lebenshaus hat viele Räume

Die eigene Biographie verstehen und dem inneren Ruf folgen

Die Biographiearbeit im Lebenshaus® ist eine eingetragene und geschützte Marke. Download über www.susannehofmeister.de/biographiearbeitDer Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © 2019 Kösel-Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München.Cover: Weiss Werkstatt München

Covermotiv: lena_nikolaeva/Shutterstock.com

PEP-Illlustrationen: © Marcus Zimmermann, Grafik- und

Kommunikationsdesign/www.pep-wird-sichtbar.de

Lektorat: Dr. Diane Zilliges

Illustrationen Lebenshaus und Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-22790-6V003

www.koesel.de

Inhalt

Vorwort: Das Lebenshaus hat viele Räume

Einführung in die Biographiearbeit

Wie Sie mit diesem Buch arbeiten können

Im Erdgeschoss des Lebens wird die Basis gelegt

1. Jahrsiebt von 0 bis 7: KindheitIm Kinderzimmer kommen wir im Leben an

2. Jahrsiebt von 7 bis 14: Schulzeit Vormittags lernen, nachmittags die Welt entdecken

3. Jahrsiebt von 14 bis 21: Jugend Auf und Ab im Seelenschiff

Einschub: Biographiearbeit mit PEP®

Die Beletage der seelischen Entwicklung

4. Jahrsiebt von 21 bis 28: Empfindungsseele Im Wohnzimmer bestimmt das Gefühl

5. Jahrsiebt von 28 bis 35: Verstandesseele Im Arbeitszimmer regiert der Verstand

6. Jahrsiebt von 35 bis 42: Bewusstseinsseele Der James-Bond-Raum eröffnet neue Wege

Einschub: Unser Inneres Kind

Der Dachausbau zum Atelier der Selbstverwirklichung

7. Jahrsiebt von 42 bis 49: Mitsommerzeit Authentizität leben

8. Jahrsiebt von 49 bis 56: Reifezeit Mit klarer Weitsicht

9. Jahrsiebt von 56 bis 63: Erntezeit Bereit werden für Neues

Einschub: Eine Vision für die Zukunftsgestaltung

Der Anbau der Dachgaube gibt der Zukunft Raum

10. Jahrsiebt von 63 bis 70: Sonnenraum Altwerden will vorbereitet werden

Erkenntnisse aus der Psychologie des Alterns

Das »junge Alter«: Wanderer jenseits der Baumgrenze

Das »alte Alter«: Nah am Horizont

Danke!

Literaturempfehlungen

Über die Autorin

Anmerkungen

Vorwort: Das Lebenshaus hat viele Räume

Liebe Leserinnen und Leser,

die Biographiearbeit wird Ihnen einen vertiefenden Einblick in Ihr Leben schenken, verbunden mit vielen neuen Anregungen für Ihren Alltag. Mit dem Lebenshaus werden Sie beginnen, den Zusammenhang der einzelnen Lebensphasen in der Tiefe zu erkennen. So kann für Sie die geheime Choreografie Ihres Lebens sichtbar werden.

Die gängigen Methoden der Lebensbetrachtung richten sich auf die Vergangenheit. Das Konzept der Biographiearbeit hingegen beinhaltet einen Perspektivwechsel: Die rückwärtsgewandte Erinnerung wird ergänzt durch eine vorwärtsgewandte Erfüllung. Wir kehren die gewohnte Zeitbetrachtung um.

Damit verändert sich auch die Gewichtung: Unser Leben, mit allem, was gut und auch schiefgelaufen sein mag, ist nicht mehr allein bestimmt durch unsere Vergangenheit. Wir rechnen damit, dass uns in unserem weiteren Leben ein kreativer Zukunftsimpuls entgegenkommen kann, der uns einen neuen Weg zu unserem inneren Selbst weist. Schon dieser Blick auf unser Leben mit all seinen Schicksalsschlägen entlastet und versöhnt.

Die besondere Wirksamkeit der Biographiearbeit liegt in der Integration eines modernen spirituellen Weltbildes. Der Gedanke, dass ein Zukunftsraum unser Leben umgibt und konkret in unsere Gegenwart hineinwirkt, verändert unsere gesamte Lebenseinstellung. Mit dem biographischen Lebenshaus und seinen Jahrsiebt-Räumen bekommen wir einen geordneten Zugang zu unseren Lebensthemen und damit eine Möglichkeit zur privaten ebenso wie beruflichen Standortbestimmung und Neuorientierung. Wir lernen immer besser, unserem Ruf zu folgen und damit unsere Authentizität im Hier und Jetzt zu leben. Biographiearbeit im Lebenshaus® kann Ihr Leben zu einem farbenfrohen Feuerwerk Ihrer eigenen Möglichkeiten werden lassen!

Das wünsche ich Ihnen von Herzen!

Ihre

Einführung in die Biographiearbeit

Vielleicht stecken Sie in einer Krise fest, vielleicht steht eine wichtige Lebensentscheidung an oder Sie fragen sich am Ende Ihrer Berufstätigkeit nach dem Sinn, dem »roten Faden« in Ihrem Leben – Sie haben jedenfalls dieses Buch in die Hand genommen. Da unser Leben in der Zeit verläuft, droht es uns in der Betrachtung immer wieder aus den Fingern zu gleiten. In der begleitenden Arbeit mit meinen Klienten als ganzheitliche Ärztin und Biographischer Coach hat sich das Lebenshaus mit seinen Räumen als ein hilfreiches Sinnbild zum Verstehen tieferer Zusammenhänge im eigenen Leben gezeigt.

Biographiearbeit ist eine Methode, die das Leben in seinem zeitlichen Verlauf betrachtet. In der Art, wie ich sie anwende, werden die einzelnen Lebensabschnitte als Jahrsiebte betrachtet und in ihrer Aufgabe für das Leben beschrieben. Wir schauen zunächst auf unsere Vergangenheit. Schon wenn Sie meine Beschreibungen zu den einzelnen Jahrsiebten in diesem Buch lesen, beginnt die innere Bewegung: Wo erkennen Sie sich wieder, was verstehen Sie neu, wo war es bei Ihnen ganz anders? Sie erkennen Gesetzmäßigkeiten in Ihrem Leben. Sie ahnen, dass alles so sein musste, wie es gekommen ist. Schon das Entdecken einer tieferen Ordnung kann zu einem Gefühl der inneren Sinnhaftigkeit und des vertrauensvollen Getragenseins führen.

Dann wenden Sie den Blick in die Zukunft. Mit der inneren Frage »Bin ich mir auf der Spur?« kann Sie die Beschreibung der Jahrsiebte, die vor Ihnen liegen, in der Überlegung anregen, wie Sie sich auf Ihre unbekannte Zukunft vorbereiten können. Manchmal braucht es nur kleine Veränderungen unserer Lebensumgebung, damit unsere Stärken ganz zum Vorschein kommen können. Biographiearbeit kann Sie dabei unterstützen, sich in Ihren gegebenen Grenzen so zu verwandeln, dass sich Ihre bekannte Vergangenheit und Ihre unbekannte Zukunft in lebendiger Gegenwart treffen.

Vom Ursprung der Biographiearbeit

Die anthroposophische Biographiearbeit hat ihre Wurzeln in dem Menschen- und Weltbild, das Dr. Rudolf Steiner (1861–1925) mit der Begründung der Anthroposophie zu Beginn des 20. Jahrhunderts lehrte. In dieser Zeit mit den unvorhersehbaren Folgen der industriellen Revolution meldeten sich viele Wissenschaftler, Philosophen, Psychologen und Künstler zu Wort. Es war eine Zeit des Aufbruchs, des Umbruchs und schließlich des Untergangs durch den Ersten Weltkrieg und seine Folgen. Aus allen Lebensbereichen kamen Menschen auf Rudolf Steiner zu – oftmals mit der Frage, wie man Pädagogik, Landwirtschaft, Medizin und auch Heilpädagogik mit der ganzheitlichen Erweiterung der Anthroposophie auf einen neuen fruchtbaren Boden stellen kann. Es entstanden unter anderem die Waldorfpädagogik, die Bewegungskunst der Eurythmie, die biologisch-dynamische Demeter-Landwirtschaft, die Anthroposophische Medizin, die heilpädagogische Camphill-Bewegung. Die Idee, dass der Mikrokosmos Mensch und der Makrokosmos Welt im Kleinen wie im Großen zusammengehören, sich gegenseitig beeinflussen und gemeinsam eingebunden sind in eine klare, spirituelle Ordnung, begründete viele weltweit fruchtbare Gemeinschaften.

Rudolf Steiner nahm den Menschen in seiner Einheit aus Leib, Seele und individuellem Geist ernst und beschrieb ihn in seinem lebenslang vorhandenen Entwicklungspotenzial. Die Ärztin Dr. Gudrun Burkhard und der niederländische Arzt und Professor für Sozialökonomie Dr. Bernard Lievegoed haben die Idee, das Leben als persönlichen Entwicklungsweg aufzufassen, in der Biographiearbeit konkret aufgegriffen und in ihrer Ausbildung sowie ihren Veröffentlichungen an viele Menschen weitergegeben.

Die Zahl 7 steht für Entwicklung

Die 7 durchzieht unser Leben, ob es die 7 Tage der Woche sind, die »Siebensachen«, die wir packen, oder der »7. Himmel«, von dem wir träumen. Auch der Einfluss der 7 auf den Lebenslauf ist seit der Antike bekannt. Hippokrates wusste: So wie der Mond seine Phasen alle 7 Tage ändert, beeinflusst die 7 alle Dinge, die sich unterhalb des Mondes abspielen. Sie neigt dazu, alle Dinge ins Sein zu bringen. Sie teilt Leben aus und ist die »Quelle allen Wechsels«.

Aus der Wissenschaft über die körperlichen Vorgänge, der Physiologie, wissen wir, dass sich unsere Körperzellen alle 7 Jahre bis in die komplexe Eiweißstruktur hinein erneuern. Dieser Zusammenhang spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle beim Verstehen unserer Immunabwehr, die von der Ich-Präsenz des Menschen unmittelbar beeinflusst wird: Eine positive Lebenshaltung führt zu einem stärkeren Immunsystem. Die Zahl 7 steht für unsere physiologische Entwicklungskompetenz, daher erleben wir 7-Jahres-Abschnitte als kraftvollen Lebensrhythmus. Wir können uns bewusst machen, dass sich unser Ich über unser Denken und Handeln, über unsere Lebensgewohnheiten ganz konkret bis in den Körper hinein ausdrückt und wir damit unsere Gesundheit positiv und negativ beeinflussen können. Die 7-jährige Strukturveränderung bis in die Molekülebene unseres Körpers legt die Basis für unsere lebenslange Lern- und Veränderungsfähigkeit. Am Lebensanfang werden wir in den »Vererbungsleib« unserer Eltern hineingeboren, den wir dann im Laufe unseres Lebens zu einem immer individuelleren, durch unser Ich geprägten Körper umbilden.

Im Lebenshaus wird die Zeit zum Raum

In meiner biographischen Arbeit erstelle ich im Verlauf des Gespräches eine grafische Themenskizze, die meine Klienten als persönliches Mindmap zur Vertiefung mit nach Hause nehmen können. Die geordnete Struktur, die aus der erzählten Lebensgeschichte entsteht, führt unmittelbar zu einem umfassenderen Verstehen der tieferen Zusammenhänge. Diese Vorgehensweise wird von den Klienten sehr geschätzt, da wir in dieser Grafik die Lebensthemen in Überschriften benennen und innere thematische Verbindungen mit Farben hervorheben. In den letzten Jahren entstand daraus das Bild des Lebenshauses mit seinen Jahrsiebt-Räumen. Dem Ausspruch von Novalis »Die Zeit wird zum Raum« folgend bekommt der zeitliche Verlauf des Lebens mit der Biographiearbeit im Lebenshaus eine Verortung im Raum. Dabei gliedern wir den dahinfließenden Zeitstrom auf 3 Ebenen in 3 mal 3 thematisch geordnete Räume über je 7 Jahre. Nach 9 mal 7 Lebensjahren stehen wir mit 63 am Ende der Berufstätigkeit. Mit dem Anbau einer Dachgaube in unserem Lebenshaus bekommen die erlebten oder geplanten Abenteuer des 4. Lebensabschnitts ihren Platz.

Sie sehen, unser Lebenshaus hat wirklich viele Räume, und ich freue mich sehr, sie Ihnen in einem ersten Überblick vorstellen zu dürfen. Betrachten wir das Lebenshaus, so legen die 3 Räume des Erdgeschosses die Grundlage, auf der wir lebenslang stehen werden: Unsere Kindheit, Schulzeit und Jugend bilden die Räume der leiblichen Entwicklung. In seinem Kurvenschema »Die großen Rhythmen des Lebens« zeigt Bernard Lievegoed eindrücklich, dass in den ersten 21 Jahren auf der Körperebene Wachstum und Entwicklung stattfinden.1 Wir leben in starker Verbundenheit zu unserer Umgebung. Wir sind davon abhängig zu nehmen und zu bekommen. Hier liegen unsere Kraftreserven, hier liegen aber auch unsere Krafträuber! Es ist wichtig, unsere problematischen Themen genau kennenzulernen, denn sie sind es, die uns unser gesamtes späteres Leben lang unverhofft die Lebensenergie absaugen können, als würde man den Stöpsel aus der Badewanne ziehen. Genauso wichtig ist es aber auch, uns unsere Ressourcen aus dieser Zeit bewusst zu machen, denn sie sind Energiequellen, auf die wir jederzeit zurückgreifen können. Erinnern Sie sich an die staunende Spielfreude am Anfang der Kindheit, das fröhliche Lernen und Entdecken während der Schulzeit, die wagemutige, Grenzen sprengende Visionskraft der Jugend? Lernen Sie Ihre persönlichen Ressourcen kennen und greifen Sie im passenden Moment bewusst auf sie zurück!

Im ersten Stock liegen die 3 Räume der seelischen Entwicklung: Die Zeit der Empfindungsseele von 21 bis 28 Jahren ähnelt den Lehr- und Wanderjahren im Leben. In den 20ern ziehen wir in die Welt, lernen uns kennen und erwerben viele Fähigkeiten – ähnlich einem Lehrling, der auf Wanderschaft geht. Ein Schreinerlehrling muss etwa 1000 Bretter gesägt und viele verschnitten haben, um gerade Kanten erstellen zu können. So sammeln auch wir viele Erfahrungen, um an ihnen unseren Charakter auszubilden.

Der Seelenraum der Verstandesseele von 28 bis 35 Jahren ähnelt der Gesellenzeit. Mit Ende 20 legen wir uns fest, werden sesshaft und wollen uns in der Welt erproben, ähnlich einem Gesellen, der sich niederlässt und in der Lage ist, eigenständig in der Werkstatt zu arbeiten. Wir stehen in unserer vollen Kraft und sind in unserem Leben angekommen.

Der Seelenraum der Bewusstseinsseele von 35 bis 42 Jahren ähnelt der Meisterschaft. Mit der Lebensmittekrise wird unser Weg steinig und führt uns zunächst an unsere Grenzen, um dann zu der Weite unseres Ich als Zentrum unserer Persönlichkeit mit neuer Bewusstheit vorzustoßen.

Das Kurvenschema zeigt, dass diese mittleren 21 Jahre auf der Körperebene eine Plateauphase bilden, wir können auf unsere ganze Körperkraft zugreifen. Alles erscheint uns machbar! Wir richten uns in unserem Leben ein. Die belebende Farbenwelt unserer Gefühle, die klare Logik unseres Verstandes und die Lösungsbereitschaft auf der Basis echter Selbstreflexion sind die Kraftquellen der drei Räume dieser Lebensebene.

Der Entwicklungsbogen ab 42 will individuell wie ein Dachausbau gelebt werden. Den beginnenden Alterungsprozess bemerken wir zunächst nicht bewusst. Es liegt an uns, ob wir die Lebenskräfte, die sich nach und nach aus dem Körper lösen, in Weisheit umwandeln. Das Kurvenschema von Lievegoed zeigt uns deutlich den tiefen Sinn im Altwerden: Auf der Körperebene werden wir alt, für persönliche oder gesellschaftliche Aufgaben erlangen wir jetzt hingegen die nötige Reife. Wir treten in unsere soziale Führungsphase ein, es kann eine Zeit des Gebens werden. Im Dachatelier unserer persönlichen Selbstverwirklichung erwartet uns die zielstrebige Entschiedenheit der 40er, die weisheitsvolle Weitsicht der 50er und schließlich die dankbare Güte der 60er.

Mit 63 haben wir uns in allen Räumen unseres Lebenshauses mitsamt Dachatelier eingerichtet. Wir stehen am Ende unserer »Pflicht«. Haben wir uns mit unseren Familien- und Berufsthemen versöhnt, den Sinn und die Kraft, die in ihnen liegen, gefunden, kann jetzt die »Kür des Lebens« beginnen. Je nach unseren gesundheitlichen Möglichkeiten können wir in neuer Freiheit unsere Herzensthemen verwirklichen. Im Bild des Lebenshauses bauen wir eine Dachgaube an. Sind wir bereit, uns auf die Magie der Verjüngung im Altwerden einzulassen, dann werden wir klaren Blickes offen sein für die Fragen und Impulse, die an uns herangetragen werden. Unabhängig von Höflichkeit oder Tradition, von Ökonomie oder Effizienz können wir Geschenke an die Enkel oder die Gesellschaft machen. Wir werden frei von den Einflüssen des weit vergangenen Lebens. Wir können eine neue Unbeschwertheit erleben. So wie es zum Leben dazugehört, dass wir »schuldig« werden, ist spätestens jetzt die Zeit gekommen, uns mit uns selbst zu versöhnen. Volker sagt von sich: »Ich bin entschuldet. Seit einiger Zeit fühle ich mich hinter der Schuld. Ab einem gewissen Alter wird das Leben immer fröhlicher.« Jeder Tag kann als Gnade erlebt werden.

Das Lebenshaus der Jahrsiebte – ein Archetypus des Lebens

Das Lebenshaus der Jahrsiebte stellt einen Archetypus, ein Grundschema des menschlichen Lebenslaufs dar. In diesen allgemeingültigen Lebensräumen durchlebt jeder Mensch seine Biographie in ihrer besonderen Einmaligkeit. Dabei können wir uns, wie in einem Zopfmuster, drei Lebensstränge vorstellen, die sich bei jedem Menschen individuell ineinanderschlingen: Der erste Strang wird von der Vererbung, den Genen unserer väterlichen und mütterlichen Herkunftsfamilie, gebildet. Der zweite Strang wird durch unsere Umgebung und unsere Erziehung geprägt. Ob wir auf dem Land oder in der Stadt aufwachsen, in welcher Kultur und Sprache wir erzogen sind, ja in welcher Geschwisterfolge wir stehen, hat einen bemerkenswerten Einfluss auf unser ganzes weiteres Leben. Der dritte Strang steht für die Werdekraft unseres Ich, dieser schwer fassbare geistige Kern unseres Wesens, das sich im Lauf des Lebens in der Verwirklichung seiner Lebensmotive ausdrückt.

Persönlich erlebt

Der sehenswerte ARD-Spielfilm »Aenne Burda. Die Wirtschaftswunderfrau« zeigt dieses Ineinanderweben der drei Stränge deutlich: Aenne Burda stammt aus einer sehr einfachen Familie (der erste Strang), in der es zum Überleben auf die eigene Kraft ankommt. Dies ist eine Ressource, die Aenne später beim Aufbau ihres Imperiums einsetzen wird. Ihr Ehemann Dr. Franz Burda holt sie aus diesen einfachen Verhältnissen heraus, und beide leben mit ihren drei Söhnen in der Nachkriegszeit ein Familienleben in Wohlstand. Es ist selbstverständlich, dass Aenne nicht arbeiten muss und sich ganz der Erziehung und den gesellschaftlichen Aufgaben widmet. Das ist der zweite Strang. Dann entdeckt sie, dass ihr Mann sie schon seit Jahren betrügt. Dies weckt in ihr eine ganz eigene Kraft, den dritten Strang, ihr ureigenes unternehmerisches Ich. Denn sie nimmt den Betrug ihres Mannes nicht als gottgegebenes Geschick hin, sie lässt sich den Ehebruch nicht wie viele andere Frauen mit einem Pelz oder Schmuckstück vergelten. Sie benebelt nicht ihre Sinne bei Tratsch und Sherry. Sie will auch nicht mehr »Frau Dr. Burda« heißen, sondern einfach »Frau Burda«, wahrgenommen als der Mensch mit seinen eigenen Möglichkeiten und Grenzen, der sie eben ist. Ab jetzt steht sie zu sich und verpflichtet sich ihrer Vision, den Frauen endlich ihre Sinnlichkeit wiederzugeben. »Bäume können zum Himmel wachsen« wird ihr neuer Leitspruch. Sie nutzt alle Möglichkeiten, sie akzeptiert keine Grenzen, sie lässt sich von Rückschlägen nicht unterkriegen. Sie will ein Modemagazin herausbringen, das den Frauen Kleider zeigt, die sie mit den Schnittvorlagen und einer umsetzbaren Schritt-für-Schritt-Anleitung in ihrer eigenen Größe selbst nachnähen können.

Mit dem Durchbruch zum Erfolg, der Herausgabe des ersten Magazins, nennt sie sich nicht mehr Anne, sondern Aenne. Nun ist der ureigene Mensch »Aenne« in der Welt draußen endgültig sichtbar geworden. Viele Frauen hatten damals ähnliche Lebensumstände, aber Aenne Burda hatte die Vision, die Fantasie und vor allem die Umsetzungskraft, Frauen in jeder Lebenssituation zu schicker Kleidung zu verhelfen. Darin zeigt sich im Lebenslauf von Aenne Burda die Kraft ihres Ich.

Was auch Sie mit der Biographiearbeit erreichen können

• Lebenslernen: Mit der Biographiearbeit lernen Sie, sich selbst und andere besser zu verstehen. Damit entwickeln Sie eine professionelle Sozialkompetenz, die Sie im privaten und beruflichen Umfeld wirkungsvoll einsetzen können.

• Karriereausbau: Durch eine bewusste Selbstführung im Leben erlangen wir Führungskompetenz.

• Potenzialentfaltung: Mit der Biographiearbeit üben Sie sich in einer realen Selbsteinschätzung. Sie erlangen ein größeres Wissen um die Gesetzmäßigkeiten Ihres Lebens, seiner Grenzen und Möglichkeiten. Mit dem vertieften Erleben des eigenen Ich wächst der Mut, die Komfortzone zu verlassen, über sich selbst hinauszuwachsen und vorher ungeahnte Ziele zu erreichen.

Mit der Biographiearbeit unser Lebenshaus renovieren

Egal aus welcher Fragestellung heraus Sie dieses Buch in der Hand halten: Mit der Biographiearbeit ziehen wir ein zweites Mal, diesmal jedoch aktiv und mit Bewusstsein, in unser Lebenshaus ein. Jetzt wollen wir seinen Bauplan genau kennenlernen. Wir wollen verstehen, wo es klemmt, wo die Ursachen für sich möglicherweise wiederholende »Fettnäpfchen« liegen.

Für den Ausbau des Dachgeschosses der Selbstverwirklichung ab 42 ist es oft notwendig, vorher in den unteren Etagen des Lebenshauses eine Renovierung vorzunehmen. Seien Sie dann aufmerksam, an welcher Stelle Sie möglicherweise professionelle Unterstützung brauchen. Lassen Sie sich nicht durch die Bezeichnung »Therapie« abschrecken, sondern betrachten Sie solche Sitzungen als eine Lebenssupervision, ein Lebenscoaching. In allen beruflichen Bereichen sind jährliche Fortbildungen gang und gäbe. Diese Selbstverständlichkeit wünsche ich mir genauso für die persönliche Lebensentfaltung in unserer globalen und komplexen Welt. Ich selbst habe 2 ½ Jahre 2 Sitzungen pro Woche bei einer Therapeutin zugebracht. Ohne diese lebensnotwendige Begleitung hätte ich nie zu der heutigen liebevollen und humorgetragenen Souveränität in »meinem Lebensschlamassel« gefunden. Ich möchte Ihnen Mut zusprechen: Scheuen Sie die Mühe und die Hindernisse nicht, sich einen sympathischen, vertrauenswürdigen professionellen Gesprächspartner zu suchen, wenn Sie merken, dass Ihnen das helfen könnte.

Mit diesem Buch können Sie gleich in die Biographiearbeit einsteigen und Ihr Lebenshaus so umbauen und renovieren, dass es Ihnen in allen Jahrsiebt-Räumen der Verwirklichung ihrer beruflichen und privaten Ziele dient. Sie bekommen hier eine Grundlage dafür, sich in Ihrem Tempo und in kleinen Schritten zu dem Menschen zu verändern, der Sie gern sein wollen.

Biographiearbeit ist hilfreich, wenn Sie

• Ihr Leitmotiv finden wollen.

• Ihre Ressourcen kennenlernen wollen.

• Ihre Potenziale ausschöpfen möchten.

• entdecken möchten, was in Ihrem »Lebenshausaufgabenheft« steht.

• lernen wollen, mit Krisen angemessen umzugehen.

• Ihre Lebensmuster verstehen lernen möchten.

• bestrebt sind, sich mit Ihrem Leben auszusöhnen.

• Ihr Leben ordnen wollen.

• Ihre Selbstregulationsfähigkeit stärken möchten.

• Burn-out vorbeugen möchten.

• mit neuem Sinn alt werden möchten.

Das Handwerkszeug zur Renovierung: PEP®

Lange war ich auf der Suche nach einer unterstützenden Methode, mit der hinderliche, emotionsüberladene biographische Erinnerungen verabschiedet und Blockaden in Ressourcen verwandelt werden können. Als ich schließlich zur Prozess- und Embodimentfokussierten Psychologie – kurz PEP® – nach Dr. med. Michael Bohne fand, habe ich nicht nur eine kraftvolle Methode an die Hand bekommen, sondern auch einen inspirierenden Kollegen kennengelernt. PEP® ist einerseits eine Technik zur emotionalen Selbstregulation, mit der unangemessene, unangenehme Gefühle vermindert werden können. Vor allem aber stellt es eine Kombination aus psychodynamischen, systemischen und hypnotherapeutischen Strategien dar, mit deren Hilfe man Blockaden lösen, Selbstwerträuber entlarven, seine Selbstbeziehung stärken und Lösungsaffirmationen – Stärkungssätze genannt – finden kann.

Die Technik PEP® und das Konzept der Biographiearbeit ergänzen sich zu einem vielfältigen Gesamtpaket, das uns bei einer individuellen, auf Entwicklung angelegten, erfolgreichen Lebensgestaltung unterstützen kann. In der Biographiearbeit lernen wir, mit einem liebevollen, distanzierteren Blick aus unserem Ich heraus – und nicht in unseren Emotionen gefangen – auf unser Leben zu schauen. Mit diesem Abstand fällt es uns leichter, den notwendigen Schritt in die Eigenverantwortung zu machen. Mit PEP® treten wir aus der passiven Opferrolle in eine aktive Lebensgestaltung. Wir werden zum Regisseur unseres Lebens. Biographiearbeit mit PEP® verbindet uns mit unseren Ressourcen, führt zu mehr Spannkraft und stärkt damit unsere Widerstandskraft und Belastungsfähigkeit. Gemeinsam fördern beide Methoden die Selbstwirksamkeit und damit die Fähigkeit zur Selbstregulation, die Voraussetzung für jede körperliche, seelische und geistige Gesundheit ist. Wir lernen, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen. Biographiearbeit mit PEP®, diese Kombination lässt uns zukunftsoffen unser ganzes Potenzial entfalten!

Wie können Sie PEP® nutzen?

Während Sie das Buch lesen oder damit arbeiten, werden Erinnerungen auftauchen. Seien Sie dann aufmerksam Ihren Gefühlen gegenüber. Sollten unangenehme Gefühle auftauchen und sollten Sie bemerken, dass Sie zu dem Thema Ihr aktuelles Alter verlieren und in einen kindlichen Zustand rutschen, können Sie sofort zum Abschnitt »Einschub: Biographiearbeit mit PEP®« wechseln und mit der emotionalen Selbsthilfe beginnen. Wenn Sie bemerken, dass sich in Ihnen Selbstvorwürfe, Fremdvorwürfe, Erwartungen oder Abhängigkeitsgefühle ausbreiten, können Sie diese mit PEP® entsorgen. Daneben dient Ihnen die Methode immer dann, wenn Sie Ihre Selbstbeziehung stärken oder Ihren Selbstwert auf den aktuellen Stand bringen wollen. Zur Anregung habe ich viele Selbstannahme- und Stärkungssätze aus meiner Arbeit in die einzelnen Kapitel aufgenommen. Es lohnt sich, alle 7 Jahre zu prüfen, worauf sich Ihr Selbstwert gründet und ob dieser Bezugsrahmen noch aktuell und stärkend ist.

Persönlich erlebt

Wenn ich mich zum Beispiel mit 56 Jahren in meinem Selbstwert auf meine Schönheit mit 25 oder 30 Jahren beziehe, dann schwäche ich mich selbst und betrachte morgens im Spiegel jede Falte kritisch und voller Ablehnung. Unmerklich entferne ich mich in meinem Selbstbild von der Realität. Ich laufe einem Ziel hinterher, das ich nicht mehr erreichen kann.

Stattdessen könnte ich mich mit Freude an die Jahre der 20er erinnern. Mir wurde dabei erst kürzlich klar, dass ich wirklich eine attraktive junge Frau gewesen bin. Gleichzeitig mache ich mir die großen Vorteile meines jetzigen Alters bewusst. Ich genieße meine Gelassenheit und innere Ruhe. Endlich habe ich mich von meinen Vergangenheitsthemen verabschieden können. Wenn sie einmal auftauchen, lächle ich ihnen zu. Ich setze meine Kräfte gezielt ein, weil ich mich viel besser auf das Wesentliche fokussieren kann. Ich fühle mich in mir wohl und diese Ausstrahlung führt zu einer neuen Schönheit in der Reife meiner Jahre. So hat jedes Alter seinen eigenen Wert und mental ist es einfach geschickt, wenn wir uns mit den stärkenden Anteilen verbinden, statt uns selbst zu schwächen. Ersteres macht mich zum handlungsfähigen Regisseur, Letzteres zieht mich in die passive Opferhaltung. So habe ich neulich lächelnd über meine Einladung zum 60. nachgedacht. »Endlich 60!« könnte die Überschrift lauten.

In welchem Alter ist Biographiearbeit sinnvoll?

In jedem Lebensalter können wir aus der Beschäftigung mit den biographischen Gesetzmäßigkeiten eine tiefe Sinnhaftigkeit ziehen, die uns entlastet und gleichzeitig Kraft und Zuversicht schenkt. Menschen zwischen 21 und 30 bekommen durch den weiten Bogen der Biographiearbeit das befreiende Gefühl, dass sie Zeit haben, dass sie sich nicht beeilen müssen, möglichst schnell fertig und perfekt zu sein, wie ihnen das heute von außen suggeriert wird. In den mittleren Jahren, wenn wir in den Krisen der Lebensmitte feststecken, können wir erleben, dass das jetzt alles so sein muss und »richtig« ist. So meinte eine 40-jährige Teilnehmerin eines Biographieseminars, die gerade in einer tiefen Partnerschaftskrise steckte, dass sie sich durch die Biographiearbeit noch einmal aktiv mit der Liebe zu ihrem Partner verbinden konnte. Sie habe jetzt ein Gefühl von Sinnhaftigkeit, das ihr für die Zeit der dennoch unweigerlich bevorstehenden Trennung mehr Gelassenheit und Durchhaltevermögen schenkt. Sie glaubt: »Der erste Schritt heraus aus der Sprachlosigkeit ist gelungen.«

Nadja, eine andere Teilnehmerin, sagte sehr schön: »Was nach 42 kommt, das ist ja wie ein Quantensprung, wie ein zweiter Frühling! Dank der Biographiearbeit weiß ich jetzt, es gibt eine Zukunft!«

Die Methode ist auch bestens geeignet, um die Jahre nach 55 als eine ureigene, noch nie da gewesene Chance zu begreifen. Viele Menschen spüren, dass da noch eine Tür wartet, die es aufzustoßen gilt und hinter der sie sich selbst noch tiefer begegnen werden. Karl sagte mit 58: »Ich weiß jetzt, dass die schlechten Zeiten die guten Zeiten waren, weil da etwas in Bewegung kam und ich etwas lernen konnte.« Ein Mittsechziger meinte, er habe schon sehr viele Therapien gemacht. Seine Aggressivität wäre mit dem Älterwerden aber trotzdem gewachsen. Die Fortbildung in der Biographiearbeit habe ihm nun endlich einen tiefen Sinn für alles geschenkt. Seine Aggressivität sei weg und er sei erstmals mit der Vergangenheit versöhnlich gestimmt. Er spüre ein neues Gefühl der Sinnhaftigkeit: »Es ist also alles richtig so, wie es verlaufen ist.« Er fühle sie wieder, die Quelle seiner Kraft.

Zu jedem Zeitpunkt können wir die Verantwortung für unser Leben übernehmen und damit schrittweise aus der passiven Opferrolle in eine aktive Lebensgestaltung eintreten. Damit erleben wir konkret die Chance zur Selbstentfaltung. So meinte Tatjana: »Es ist eigentlich eine Schande, dass einem niemand zur Geburt diesen Bauplan mitgibt. Sonst heißt es immer: Lies dein Benutzerhandbuch!«

Tatsächlich sind wir heute – wie nie zuvor – in der Lage, unser Leben selbstbestimmt zu gestalten. Doch das erfordert die Kenntnis der Bedingungen, der allgemeinen und der individuellen. Es braucht eine gesunde, realistische Selbsteinschätzung auf allen drei Ebenen des Menschseins – im Leiblichen, im Seelischen und im Geistigen – und das alles in einem Bezug zu unserem jeweiligen Lebensalter.

Mit der Biographiearbeit den Ich-Sinn stärken

Die Autobiographien, Biographien und die vielen Lebensratgeber in den Buchläden zeigen, was immer mehr Menschen erkennen: Wir haben seit einigen Jahrzehnten erstmals in der Geschichte die Möglichkeit, unser Leben unabhängig von unserer Herkunft selbst aktiv zu gestalten. Viele Konzepte werden für dieses »Projekt Leben« angeboten. Immer mehr Menschen ahnen, dass ihr Leben einen Sinn ergibt und einer inneren Struktur folgt. Doch mit welchem Handwerkszeug bekommen wir Hinweise auf die Fragen: Wer bin ich? Woran erkenne ich mich?

Bedeutsames: Wann nutzen wir den Ich-Sinn?

Als Ich-Sinn wird der Sinn bezeichnet, mit dem wir einen anderen Menschen in seiner spezifischen Einmaligkeit – in seinem Ich – wiedererkennen. Wenn Sie ein Kunstliebhaber sind, haben Sie vielleicht einen Sinn für die einmalige Handschrift eines Künstlers entwickelt. Lieben Sie van Gogh, können Sie auch Bilder von ihm, die Sie noch nie gesehen haben, sofort und treffsicher zuordnen. Ebenso unverwechselbar erkennen Sie einen Matisse oder Mondrian. Dieser Stil-Sinn ist Teil des Ich-Sinns.

Ebenso unverwechselbar ist der Gang eines Menschen – aus weiter Ferne erkennen Sie Ihren Partner, nicht unbedingt an der Größe oder Statur, sondern an dem Schwung im Schritt, an der Leichtigkeit oder Schwere des Auftretens, an der Haltung des Kopfes und dem Mitschwingen der Arme. Ebenso eindeutig sind die Gestik und die Mimik der Menschen. Auch die Handschrift, ja die Art zu schreiben und zu denken zeichnet eine Person aus. In besonderer Weise ist es unser Leben, mit seinen Ereignissen und unserer Art, damit umzugehen, in der wir unseren Ich-Sinn üben können. Er wird zum Sozial-Sinn, wenn wir uns fragen, was ein anderer Mensch von uns braucht, damit er seine Fähigkeiten besonders gut einbringen kann. Worauf können wir in unserem Verhalten verzichten, um die Schattenseiten im anderen nicht zu wecken. Wie können wir uns so verhalten, dass wir uns in unserer Umgebung zu uns selbst entfalten können und unsere Umgebung sich bei uns? Eine erfahrene Führungskraft, ein alter Lehrmeister wird erkennen, welche Aufgaben sie einem Mitarbeiter oder Schüler geben müssen, um sein Potenzial anzusprechen und zur Entfaltung zu bringen.

Mit der anthroposophischen Biographiearbeit sind wir unserem Ich auf der Spur. Sicher haben Sie schon geahnt, dass in der Krise, im blinden Fleck unser ureigenes Potenzial lebt. Mit diesem Wissen können wir uns auch mit den schwierigen Erfahrungen aussöhnen. Mit der Visualisierung im Lebenshaus bekommen wir ein greifbares Bild von unserem Leben. Wir lernen, die Sprache unseres Ichs im Verlauf unserer Jahrsiebte zu erkennen. Damit bekommen wir die Grundlage für eine eigene, immer mehr auf uns selbst abgestimmte Lebensgestaltung. Der Mensch, der wir geworden sind, und der Mensch, der wir werden möchten, wachsen zu einer authentischen Persönlichkeit zusammen.

Lassen Sie sich auf diesem Weg durch die Geschichten meiner Klientinnen und Klienten und die aus meinem eigenen Leben ermuntern und ermutigen – solche Beispiele lassen das Wissen der Biographiearbeit erst lebendig werden. Für das soziale Miteinander in unserer multikulturellen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts wird es immer wichtiger, die Brücke zwischen dem Wissen und dem Leben zu schlagen. Auf einer Reise nach Malaysia habe ich verstanden: Wenn ich als Dozentin und somit kompetente »Fachfrau« aus meinem eigenen Leben Geschichten des Scheiterns und des Lernens erzähle, steige ich selbst vom »Podest meines Wissens« herunter auf Augenhöhe zu meinen Zuhörern. Damit ermögliche ich ihnen, sich zu erlauben, in ihre eigenen Kellerräume zu blicken und sich dann mit mir gemeinsam auf den Weg des Lernens hinauf ans Licht des Erkennens zu begeben. Die Suche nach dem roten Lebensfaden, nach dem eigentlichen Sinn unseres Lebens in den unterschiedlichen Lebensgeschichten, miteinander zu teilen, das verbindet uns über alle Grenzen und Sprachen hinweg.

Im Tierreich unterscheiden wir ein Außenskelett, etwa das der Schale des Krebses, von einem Innenskelett, etwa der Wirbelsäule. Unser gängiges Ich-Bewusstsein stützt sich heute stark auf die Grenzen, Bewertungen, Moden und Meinungen, die uns – einem Außenskelett ähnlich – von außen Sicherheit versprechen. Später werden Sie noch lesen, dass die Sicherheit durch diesen unreifen, von außen gebildeten Selbstwert allerdings sehr begrenzt und eben außenabhängig ist. Durch Selbstreflexion, eine gesunde Selbsteinschätzung und das Pflegen einer Selbstbeziehung übernehmen wir für uns die Verantwortung und hören auf, sie nach außen zu delegieren. Das schafft eine innere Sicherheit und Haltung – unserer Wirbelsäule ähnlich –, die in unserem Ich und seinem spirituellen Wesenskern gründet. Daher lohnt es sich übrigens bei Wirbelsäulenbeschwerden immer auch nach der inneren Haltung und Authentizität zu fragen.

Jeder Mensch geht seinen eigenen Weg

Es ist mir wichtig, deutlich auszusprechen, dass alle in diesem Buch beschriebenen Phänomene und Gesetzmäßigkeiten nicht unbedingt auf jeden zutreffen. Im Einzelfall, in Ihrem Leben, kann alles oder vieles ganz anders verlaufen sein. Vielleicht verstehen Sie damit besser, warum gerade bei Ihnen so wenig von selbst gegangen zu sein scheint, warum vieles so schwer war in Ihrem Leben.

Statt dem Rhythmus der Jahrsiebte kann auch ein anderer Rhythmus, etwa von Jahrsechsten auftreten. Die Qualitäten der Lebensabschnitte können sich durchaus auch einmal ganz verschieben. Und zum Glück durchlaufen wir auch nicht alle möglichen Krisenpunkte des Lebens. Seien Sie also gespannt und neugierig, wie sich Ihr Leben in den allgemeinen Gesetzmäßigkeiten abzeichnet.

Ich habe bewusst versucht, dieses Buch so zu schreiben, dass Menschen in jedem Lebensalter davon profitieren können. Daraus ergeben sich verschiedene Besonderheiten, die ein wenig Flexibilität von Ihnen fordern. Ganz formal wird möglicherweise die gewählte Zeitform – Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft – für Sie nicht immer stimmen, da sie nach Jahren entweder jünger oder älter sind, als es im beschriebenen Jahrsiebt der Fall ist.

Die Beschreibung des Lebensalters, in dem Sie gerade sind, kann für Sie ein kleiner Ratgeber im Lebenslernen für Ihren Umgang mit den Themen und Fragen dieser Zeit sein. An den schon durchlebten Lebensräumen können Sie rückwirkend nachvollziehen, was nach den allgemeinen Lebensgesetzmäßigkeiten »dran« gewesen ist. Dies wird Sie anregen, Ihr Leben mit folgenden Fragen innerlich abzugleichen.

Fragen, die beim Lesen auftauchen:

• Was war bei mir genauso?

• Was war bei mir anders?

• Warum war es anders?

• Möchte ich meine Vergangenheit und meine Zukunftsvorhaben an einigen Stellen neu deuten, neu schreiben?

• Gibt es etwas nachzuholen oder in einen anderen Kontext zu stellen?

Vielleicht bemerken Sie Lebensumstände, die Sie daran hindern, Ihre Stärken einzusetzen. Vielleicht entdecken Sie die verborgenen Stärken hinter Ihren offensichtlichen Schwächen. Es wird Ereignisse oder Phasen in Ihrem Leben geben, die Sie nach dem Lesen und dem Erarbeiten der Fragen in ihrer Gewichtung oder Bedeutung verändern, ja vielleicht neu schreiben wollen.

Außerdem gibt es noch eine entscheidende Veränderung in der Beletage: Bis Anfang 30 entwickeln wir uns ganz zwangsläufig, natürlich und selbstverständlich. Danach, also ungefähr am Ende des 5. Jahrsiebts, ist unsere Weiterentwicklung gewissermaßen freiwillig und braucht eine bewusste Aktivität unsererseits. Daher ist die Beschreibung der Qualitäten ab dieser Zeit nur noch potenziell zutreffend und nicht mehr selbstverständlich. Für mich war es ein entscheidender Moment im Leben, als ich erfuhr, dass die natürliche Entwicklung Anfang 30 endet. Jetzt verstand ich, warum ich um jede weitere Erkenntnis ringen musste, warum vieles nicht mehr »von selbst« lief. Ich verstand aber auch, warum mir viele alte Freunde und Bekannte oft so kindlich vorkamen, wie stehen geblieben. Für sie waren weit jenseits der 35 noch immer dieselben Themen wie früher, nämlich Ausgehen und Feiern, Verreisen und Spaßhaben, zentral, die für mich in der Jugend und den 20ern im Vordergrund gestanden hatten.

Auf der anderen Seite stehen vielen Menschen einige Qualitäten des James-Bond-Raums und des Dachateliers schon zu einem früheren Lebenszeitpunkt zur Verfügung. Das hängt von Charakter, Temperament, emotionaler oder intellektueller Intelligenz und Prägung durch Erziehung und Umwelt ab. So müssen Kinder in einer Patchworkfamilie oft sehr früh lernen, sich in ihre neuen Familienmitglieder hineinzuversetzen, also eine empathische Grundhaltung entwickeln, die eigentlich bewusst erst ab der Lebensmitte gelebt wird. Auch die Qualitäten, die ich mit dem Begriff »erwachsenes Ich« und auch »Zukunfts-Ich« zusammenfasse, finden sich manchmal bei jungen Menschen selbstverständlicher als bei den älteren.

In unserer Zeit macht sich eine zunehmende Beschleunigung der körperlichen Entwicklung bemerkbar, der unsere seelische Entwicklung hinterherhinkt. Die Jugendzeit kann bis weit in die 20er ausgedehnt werden, danach drängt sich die Zeit zusammen und alles soll möglichst schnell und gleichzeitig passieren. In der Beletage zwischen 28 und 42 fühlt man sich gehetzt und vom Leben und den eigenen Ansprüchen getrieben. Man holt nicht nur Früheres nach, sondern zieht auch spätere Entwicklungsstufen in die Gegenwart und fühlt sich dabei gestresst. Diese innere Überforderung kann damit zusammenhängen, dass einfach noch das Alter fehlt, in dem die momentan scheinbar anstehende Entwicklungsstufe physiologisch gesetzmäßig am Platz ist und es damit an sicherem Boden und Erfahrung mangelt. Es ist schwer, schon zwischen 21 und 35 aus der subjektiven, gefühlsmäßigen Gewichtung und Polarisierung herauszutreten und einen empathischen, übergeordneten Blickwinkel aus der Bewusstseinsseele heraus, die altersgemäß ab 35 dran ist, einzunehmen. Unser soziales Zusammenleben ist heute weniger gehalten durch Normen und Tradition. Die Brüche und Konflikte etwa durch Trennungen fordern diese innere Reife schon vorzeitig ein. Kein Wunder, wenn wir gestresst, überfordert und erschöpft sind, ohne zu verstehen, warum. Leben wir dann in dem tatsächlichen Alter eines Lebensraumes, sind wir also in Bezug auf die Bewusstseinsseele wirklich Mitte 30, spüren wir ganz deutlich den Unterschied. Als wir jünger waren, waren Empathie und Lösungsorientiertheit sehr anstrengend, sie kosteten viel Kraft und Überwindung, wir hatten vielleicht sogar das Gefühl, gegen uns selbst zu leben. Jetzt verspüren wir eine innere Freude und Genugtuung, ja sogar einen Kraftzuwachs, wenn wir Empathie und Lösungsoffenheit bewusst einsetzen und damit so manche sozial angespannte Situation ganz einfach auflösen.

Gehören wir zur Gruppe der Ü50, bemerken wir um uns herum die befremdlichen Versuche, möglichst ewig jung und jugendlich zu argumentieren und aufzutreten. Die Bewusstheit, Lebenserfahrung und Ich-Präsenz der Ü50 bewusst auszuleben und dennoch mit allen Falten und aller Weisheit jung bleiben zu können, wird in unserer Gesellschaft aus einer allgemeinen Angst vor dem Alter oft abgelehnt. Auch hier kann uns das Wissen um die naturgemäße zeitliche Ordnung in unserem inneren Anspruch, allen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, entlasten.

Seien Sie beim Lesen besonders achtsam, wenn Sie aus einer anderen Kultur und Familientradition mit anderen gesellschaftlichen Bräuchen und Normen stammen. Wo finden sich Entsprechungen zu Ihrer Ursprungskultur, wo haben Sie sich der hiesigen angepasst, wo entwickeln Sie aus beidem Ihre ganze eigene Lebensform?

Im Überblick: Zum Umgang mit dem Lebenshaus

• Die Beschreibungen zu den Jahrsiebten haben ratgebenden Charakter – lassen Sie sich anregen, wo es zu Ihnen passt.

• Die Lebensräume können sich zeitlich verschieben.

• Sie können – je nach Charakter – schon vor dem entsprechenden Alter einzelne Qualitäten späterer Lebensräume gelebt haben oder leben.

• Die Qualitäten der einzelnen Lebensräume stehen Ihnen lebenslang auch nebeneinander zur Verfügung. Was Sie sich einmal erschlossen haben, bleibt Ihnen als Kraft bestehen.

• Als reifer Mensch lassen Sie die Flügeltüren zwischen Ihren Lebensräumen weit geöffnet, um alle Qualitäten der aktuellen Situation entsprechend nutzen zu können.

• Die natürliche Entwicklung ohne eigenes Zutun geht nur bis Anfang 30. Danach bleiben viele mehr oder weniger zufrieden stehen und werden »nur« noch biologisch älter. Manche erleben die Qualitäten einer reifen Persönlichkeit vielleicht nie.

• Durch kleinere oder größere Lebenskrisen kann die Entwicklung lebenslang angestoßen werden. Dann wird bislang nicht Gelebtes auch mal sprunghaft nachgeholt.

Zusammengefasst ist Biographiearbeit ein Prozess der Bewusstwerdung mit den Fragen »Wer bin ich in dem vielfältigen Kontext meiner vergangenen Prägungen?« und »Wer will ich werden, welche Zukunftsvision soll durch mein Dazutun einmal Realität sein?«. Dabei dient das Lebenshaus, in dem die verschiedenen Qualitäten des Menschseins differenziert aufgeschlüsselt werden, als Grundstruktur, die Sicherheit vermittelt, entlastet und Mut zur persönlichen Entwicklung schenkt. Das Besondere der Biographiearbeit liegt also darin, das Allgemeine der Gesetzmäßigkeiten zu schildern, damit das Persönliche und Einmalige von jedem von uns aufleuchten kann.

Wie Sie mit diesem Buch arbeiten können

Sie können auf unterschiedliche Weise mit diesem Buch umgehen. Sie können es einfach lesen und sich davon anregen lassen. Vermutlich werden dann ganz automatisch Erinnerungen in Ihnen auftauchen, die Sie vielleicht erweitern mit der Frage: »Wie war das denn genau in meinem Leben oder im Leben meiner Kinder, meines Partners, meiner Eltern, meiner Freunde?« So setzt schon beim Lesen ein Bewusstwerdungsprozess ein. Ich habe das Buch so geschrieben, dass es zwar chronologisch aufgebaut ist, es aber zu jedem Lebensraum eine eigene Tür gibt, jedes Kapitel kann daher für sich eigenständig gelesen werden. Um in der Vielfalt der Phänomene und Geschichten einen sicheren Rahmen zu schaffen, habe ich in jedem Lebensabschnitt folgenden Aufbau gewählt: Thema, Krisen, Irrwege, typische Entwicklungsthemen, Lösungen und Ressourcen. Dann folgt die Eigenarbeit mit Fragen und dem Malthema.

Sie können das Buch auf verschiedene Weisen als Arbeitsbuch nutzen. Ich beschreibe hier bereits detailliert das Vorgehen, da es für jedes Jahrsiebt gilt. So sind Sie frei, beim Lesen mit der Zeitspanne zu beginnen, die Sie zunächst am meisten interessiert.

Legen Sie ein schönes Biographieheft für die Erinnerungen aus den Jahrsiebten an. Sie brauchen es auch für das Bild Ihres eigenen Lebenshauses und in der Arbeit mit PEP® für das Notieren der Themen, Ihre Selbstannahmesätze, Ihre Erkenntnis- und Kraftsätze. Sie können es außerdem als Tagebuch nutzen – für die Frage nach dem Wesentlichen, für Dankbarkeits- und Freudenotizen, für Wunschlisten, Visionen und noch vieles mehr.

Außerdem brauchen Sie einen DIN-A2-Block und Wachsmalkreiden. Es wird nämlich Malaufgaben geben. Wenn Sie dabei innere Widerstände haben, dann nehmen Sie sich vor, zu malen wie ein kleines Kind. Das können wir alle! Und bedenken Sie, dass es nicht um das Erstellen von Kunstwerken geht, sondern um eine andere Erinnerungsgrundlage als die rein kognitive unseres Verstandes. Vielleicht werden auch Sie, ähnlich meinen Seminarteilnehmern, erstaunt sein, wie viel Neues, Unbekanntes Sie entdecken werden und wie viel Entlastung und Freude Ihnen das Malen bereiten wird. Sollten Sie wirklich zu den ganz wenigen Ausnahmen gehören, für die das Malen eine Zumutung bleibt, haben Sie natürlich immer die freie Entscheidung, es auszuprobieren oder eben nicht.

Mit Fragen dem roten Faden auf der Spur

Mit dem Anzünden einer Kerze zu Beginn Ihrer persönlichen inneren Arbeit pflegen Sie ein Ritual, das einen geschützten Raum bildet und durch die Wiederholung den Prozess unterstützt. Sie könnten zuerst das Kapitel zu einem Jahrsiebt lesen, dann die Fragen und anschließend mit dem Malthema als Inspirationsquelle beginnen. Dabei versetzen Sie sich in das entsprechende Jahrsiebt und beantworten die Fragen – wenn es nicht explizit anders formuliert ist – aus dem damaligen Lebensstandpunkt heraus. Zu manchem Jahrsiebt gibt es 2 Malvorschläge, lassen Sie dann Ihren Bauch die Wahl treffen. Nehmen Sie den DIN-A2-Block und die Wachsblöckchen zur Hand und fangen Sie einfach an zu malen. Dabei darf Ihr Verstand in den Hintergrund treten, lassen Sie sich leiten von dem Thema und den Farben. Alles ist erlaubt! Seien Sie aufmerksam für die Gefühle, die vielleicht in Ihnen aufsteigen, und schreiben Sie diese als Stichpunkte gleich in Ihr Biographieheft. Setzen Sie sich einen festen Zeitrahmen für Ihre Arbeit, eine halbe Stunde für das Malen und Erinnern hat sich bewährt. Sollte Ihnen das sehr kurz vorkommen, verlängern Sie auf bis zu 60 Minuten. Die Sicherheit, die dieser feste Zeitrahmen Ihrer Seele gibt, schafft einen Zugang zu einer tieferen Gefühlsschicht, die sonst fest verschlossen in Ihnen ruht.

Tränen sind erlaubt, ja sie sind sogar willkommen, zeigen sie Ihnen doch, dass Sie sich selbst in Ihrem Ich nahe sind. Diese besonderen Momente schreiben Sie in Ihr Heft, so wie Ihre Gefühle beim Malen und Ihre Antworten auf die Fragen. Es ist eine Tatsache, dass wir gerade die Ich-Erkenntnisse, die neu und dabei so eindrücklich sind, dass wir glauben, sie nie zu vergessen, ganz schnell wieder aus unserem Bewusstsein verlieren. Unser Alltagsbewusstsein, unser Ego, möchte gern am Altgewohnten festhalten. Unser Ego ist nämlich nicht auf Entwicklung angelegt!

Eine Veränderung beginnt mit einer neuen Erkenntnis; sie allein reicht aber nicht, wie uns die vielen guten Vorsätze an Silvester jedes Jahr zeigen. Veränderungen müssen eine neue Spur in uns bilden, das braucht eine beständige Wiederholung und Zeit. Deswegen fassen wir die neue Erkenntnis in einem sogenannten Erkenntnissatz zusammen. Und da sich Transformationen nur im Zusammenklang mit einem positiven Grundgefühl vollziehen, formulieren wir dazu 2 oder 3 kraftvolle kurze knackige Stärkungssätze. Im Sinne einer Bewusstseinsmedizin sprechen wir diese Sätze 2 Mal täglich laut – für 4 Wochen. Dann kann sich aus der Erkenntnis eine neue Fähigkeit entwickeln. Der Entwicklungsweg, den wir damit betreten, schenkt uns zunehmend eine sichere innere Haltung. Am Ende einer Arbeitseinheit halten Sie einen Moment inne und blasen die Kerze aus. So schaffen Sie einen bewussten Übergang zurück in Ihr Alltagsleben.

Das eigene Lebenshaus erstellen

Damit sind wir schon bei der nächsten Möglichkeit dieses Buches angekommen. Sie können sich Ihr eigenes Lebenshaus erstellen! Dazu dient Ihnen die Lebenshaus-Schablone als Grundlage.

1. Zur Vorbereitung nehmen Sie sich einen großen festen weißen Karton, mindestens DIN A2 groß. Darauf malen Sie, in Anlehnung an die Schablone, ein eigenes Lebenshaus mit 9 großen Fenstern, jedes mindestens 10 mal 5 Zentimeter, und einem großen Dach.

2. Eigenarbeit zu jedem Lebensraum. Machen Sie sich ausführliche Notizen in Ihr Biographieheft:

– Welches waren die wichtigsten Ereignisse in diesem Lebensabschnitt, gute und schlechte?

– Was hat Sie in dieser Zeit für Ihr Leben stark gemacht?

– Welches Thema aus dieser Zeit taucht immer wieder auf und wartet vielleicht noch auf seine Lösung?

3. Jetzt folgt die Arbeit an den einzelnen Fenstern:

– Suchen Sie sich eine Farbe aus, die die Grundstimmung in diesem Lebensabschnitt ausdrückt, und grundieren Sie damit das Fenster.

– Jetzt überlegen Sie sich drei Sätze, die Sie farbig in das Fenster schreiben:

• blau: ein Motto für diese Zeit

• grün: die beste Ressource

• rot: Ihren persönlichen Stärkungssatz

4. Für die Fenster, die in der Zukunft liegen, beantworten Sie die folgenden Fragen in Bezug auf Ihre Wünsche:

– Wo möchten Sie stehen?

– Woraus möchten Sie Kraft schöpfen?

– Welchen Traum möchten Sie umsetzen?

Wenn Sie mit allen Fenstern fertig sind, können Sie Ihr ganzes Lebenshaus noch farblich bemalen und gestalten. Hängen Sie Ihr Lebenshaus an einen schönen Ort. Sie können regelmäßig, am besten jeden Morgen, die Stärkungssätze und Ihre Ressourcen 2 Mal laut aussprechen.

Hinter den Erinnerungen ein Leitmotiv entdecken

Betrachten Sie Ihr Lebenshaus mit innerer Distanz aus dem Blick der Vogelperspektive. Entdecken Sie die Metamorphose von einem Lebensthema aus dem Kinderzimmer im Erdgeschoss zu dem Raum darüber, dem Empfindungsseelenraum in der Beletage des Lebens, das sich dann verwandelt in einen Akt der Selbstentfaltung im Raum darüber, der geistigen Entwicklungsperiode ab dem 42. Lebensjahr.

Unsere ersten Erinnerungen stellen oft eine Urmetapher für unser Lebensmotiv dar. Die Zeit der 20er ist die Zeit, an die wir uns lebenslang am besten erinnern können. Daher wird sie in der Psychologie »Erinnerungshügel« genannt. In den 40ern wird uns plötzlich – oft äußerlich angeregt durch die Einladungen zum Klassentreffen – bewusst, dass wir eine Vergangenheit haben. Jetzt beginnt die gezielte Rückschau mit der Frage nach dem »Wer bin ich?«.

Wenn Sie bewusst mit Ihrem Lebenshaus arbeiten, werden Sie offener für die verbindende Sprache zwischen den Räumen. Dazu erzähle ich Ihnen hier gern eine Geschichte, die deutlich macht, dass in der Kindheit, oft durch traumatisierende Erlebnisse, der Grundstein gelegt wird, wir in den 20ern unbewusst die Grundlagen und Fähigkeiten erwerben, damit wir dann in den 40ern alle Kompetenzen an Bord haben, um unsere Lebensaufgabe umzusetzen.

Persönlich erlebt

Bei meinem Besuch in Rom erzählt mir Maria ihre Geschichte. Im 1. Lebensjahrsiebt wurde sie mit 4 Jahren in einen deutschen Kindergarten geschickt und hat dort in einem halben Jahr Deutsch gelernt, worauf ihre Eltern sehr stolz waren. Sie erinnert sich gut, wie sie als kleines Mädchen für einige Zeit tief verunsichert war, mit wem sie jetzt Italienisch und mit wem sie Deutsch sprechen musste. Ihre kleine Welt begann sich schmerzlich zu teilen. Nach der Schule ging sie nach Deutschland und wurde Übersetzerin. Ohne dass es ihr bewusst gewesen wäre, ergriff sie einen Beruf, der ihr die Verständigung zwischen den zwei Sprachen ermöglichte. Sie lernte Sven, einen Deutschen, kennen und lieben. Da aus Sicht und Tradition der italienischen Eltern ein Zusammenleben ohne Trauschein nicht denkbar war, hielt Sven um Marias Hand an.

In ihrem Zusammenleben in Deutschland wurde schnell deutlich, dass sie, aus zwei verschiedenen Kulturen stammend, jedes Detail ihrer Beziehung verhandeln mussten. In Italien leben viele junge Leute noch bei den Eltern und gehen aus diesem Grund oft aus, um Freunde zu treffen. Sven war es als Deutscher gewohnt, unter der Woche abends zu Hause zu sein und Freunde nur am Wochenende zu sehen. Bereits am dritten Abend platzte es aus Maria heraus: »Hast du keine Freunde? Soll ich hier vereinsamen? Mir fällt die Decke auf den Kopf!«

Erst mit dieser Geschichte verstand ich, warum es den beiden so wichtig ist, ihre Freundschaften zu pflegen. Maria freut sich, dass es ihr heute möglich wurde, in Rom ein Apartment zu kaufen. Sie liebt es, ihre deutschen Freunde mit ihren italienischen Freunden zusammenzubringen. Heute mit 44 bekennt sie, dass sie es als ihre Lebensaufgabe ansieht, zwischen der deutschen und der italienischen Welt zu vermitteln. Sie lacht, als ihr im Gespräch bewusst wird, dass sie in allen Bereichen ihres Lebens erfolgreich zwischen den verschiedenen Welten vermittelt.

Hinein ins Lebenshaus der Jahrsiebte

Wollen wir unser Leben tiefer verstehen, können wir mit der Biographiearbeit auf ganz neue Weise in unser Lebenshaus mit seinen 9 Räumen einziehen. Die Räume, die wir schon gelebt haben, führen uns zu einem tieferen Verständnis für unseren roten Lebensfaden. Über die Lebensräume, die uns in der Zukunft erwarten, können wir uns anhand der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten und Schilderungen, wie ich sie im Folgenden beschreibe, ein Bild machen. So können wir das zweite Ende des roten Lebensfadens, das uns aus der Zukunft entgegenwächst, erahnen und verfolgen.