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Schon mal eine fremde Unterhaltung belauscht? Dabei schnappt man immer wieder die lustigsten Gesprächsfetzen auf. Egal ob in der Bahn, im Café oder im Supermarkt, ulkige Geschichten gibt es fast überall. Petra Brumshagen und Nina Petersmann haben in dieser Sammlung die lustigsten mitgehörten Gespräche aufgeschrieben und zeigen so, dass es eigentlich immer etwas zu Lachen gibt.-
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Seitenzahl: 95
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Nina Petersmann Petra Brumshagen
Saga
Mein Sohn hat ’ne Schildkrötenunterfunktion – Mitgehört in Deutschland
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literaturagentur Kai Gathemann GbR.
Coverimage/Illustration: Shutterstock
Copyright © 2016, 2022 Petra Brumshagen, Nina Petersmann und SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788728482568
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
www.sagaegmont.com
Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.
Es gibt fast nichts Spannenderes, als Zeuge fremder Unterhaltungen zu werden. Denn was andere Menschen so alles von sich geben, ist immer auch ein kleiner Einblick in ihr Wesen, ihren Charakter, ihren Witz, ihr Menschsein. Sei es an der Supermarktkasse, im Wartezimmer, in der Buchhandlung, im Zug oder im Café: Überall gibt es kleine Merkwürdigkeiten zu entdecken – ein komischer Dialog, ein gemurmeltes Selbstgespräch, eine zwischenmenschliche Auseinandersetzung oder auch mal pure Boshaftigkeit, ein deftiger Witz, lustige Kinderfragen oder Unterhaltungen, über die man noch lange nachdenken muss. All das passiert überall auf der Welt in jedem einzelnen Moment. Unvorstellbar, wie viel man davon niederschreiben könnte.
Die besten Kuriositäten, die uns und unseren Mithörern in den letzten Jahren begegnet sind, haben wir hier zusammengetragen. Es sind zum Teil kleinste aus dem Zusammenhang gerissene Dialogschnipsel, dann wieder ganze Gespräche, manchmal auch nur Fragen, die nie beantwortet werden, oder peinliche Situationen, deren Auswirkungen wir mitunter auch noch miterleben durften. Beim Lesen taucht man automatisch ein in das Leben der anderen da draußen – der Leute, denen wir alle tagtäglich begegnen, ob beim Bäcker, in der S-Bahn, beim Warten auf den Einlass ins Kino, im Getränkemarkt, auf Konzerten oder im Flugzeug. Selbst im Theater, auf öffentlichen Toiletten oder draußen im Park wird man mit Eigentümlichkeiten konfrontiert, auf die man im Traum nicht gekommen wäre.
Das Ergebnis ist ein buntes Sammelsurium, das erahnen lässt, wie viele interessante Monologe und Dialoge jeden Tag gesprochen werden und was unseren lieben (und manchmal auch nicht so lieben) Mitmenschen so alles durch den Kopf geht.
Wir wünschen gute Unterhaltung beim Lesen.
Petra Brumshagen und Nina Petersmann
Too much information
Es gibt Dinge, die sind an Fremden wirklich interessant. Warum trägt die Frau da drüben im Winter eine offene 1-Liter-Packung Eis durch die Stadt und isst daraus mit Stäbchen? Warum kauft eine etwa 16-Jährige zehn Flaschen Kloreiniger und eine Salamipizza? Das sind Fragen, deren Erklärungen einen auf den ersten Blick interessieren könnten. Was bringt Menschen zu einem bestimmten Verhalten? Warum kommen uns die Reaktionen mancher Leute völlig übertrieben oder total von der Rolle vor? Vielleicht haben sie ja jeweils einen triftigen Grund dafür, den man durchaus nachvollziehen könnte, wenn man ihn denn kennen würde.
Dann gibt es aber wiederum Dinge, deren Ursachen man bitte nicht erfahren möchte. Too much information! Manchmal ist selbst das rätselhafte Verhalten schon zu viel des Guten – etwa dann, wenn ein Fahrradfahrer seine Hose so tief trägt, dass der Sattel quasi in seiner Poritze verschwindet. In solchen Fällen gilt: Man bewahre uns vor allen weiteren Einzelheiten! Aber manchmal ist es zu spät – und dann bekommen wir leider viel zu oft auch das mit, was wir gerne nie gewusst hätten. Wenn die damit zusammenhängenden Gespräche mit einer Pointe enden, die mindestens so absurd ist wie die Situation selbst, ist das wenigstens ein schwacher Trost.
Ein Supermarkt in Ludwigshafen. Ein ziemlich heruntergekommener älterer Mann steht an der Kasse. Die Kassiererin zieht seine Flasche Doppelkorn und eine Dose Hundefutter über den Scanner. Offenbar kennt man sich.
Die Kassiererin hält die Dose hoch: »Herr Böhmann, dat is kein Gullaaasch, dat is Hundefutter! Da ham Se sich vergriffen!«
Der Mann winkt ab: »Blödsinn, dat ess ich immer. Die Verpackung kenn ich in- und auswendig!«
Sie, nachdrücklich und ernst: »Jetzt glauben Sie mir doch. Dat hier is nich zum Verzehr von Menschen geeichnet!«
Im Wartebereich einer Bushaltestelle in Mainz brüllt eine Frau völlig außer sich in ihr Handy hinein: »Aber ich hab dir schon so oft gesagt, dass du ihn nicht aus dem Fenster werfen sollst! – Verdammt noch mal, das ist ein Lebewesen!«
In der S-Bahn von Mannheim nach Heidelberg. Eine ältere Frau redet pausenlos auf einen kleinen, etwa achtjährigen Jungen ein, der offenbar ihr Enkel ist. Sie holt kaum Luft, sondern spricht ohne Unterbrechung, so dass man als Zeuge dieses Redeschwalls gern flüchten möchte. Dabei wechselt sie alle 30 Sekunden das Thema und springt von einem zum anderen, ohne erkennbaren Zusammenhang. Sie rasselt einen nicht enden wollenden Monolog herunter. Der Junge sieht ziemlich überfordert aus.
Den Drumherumsitzenden geht es nicht anders. Lesende schauen immer wieder von ihren Büchern und Zeitungen auf. Doch niemand wagt, dem Sprechmonster Einhalt zu gebieten.
Bis der Junge nach etwa zehn Minuten ganz plötzlich mit einer Hand ausholt und der Oma aufs Knie schlägt. Mit einem Mal ist es mucksmäuschenstill. Die alte Frau starrt den Jungen an, alle anderen Fahrgäste ebenfalls.
»Na, Gott sei Dank!«, sagt der Junge erleichtert und schaut die erschrockene Oma an. »Ich dachte schon, du kannst nicht mehr aufhören.«
Frühmorgens am Hauptbahnhof. An der Theke eines Coffee-to-go-Ladens steht eine lange Schlange. Schließlich ist eine ältere, extrem chic gekleidete Dame dran. »Ich hätte gern ein Camembert-Baguette.«
Die flinke junge Frau hinter der Theke packt ein Camembert-Baguette in eine Tüte.
Die Dame: »Stopp! Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe?«
Die junge Frau stutzt. »Wollten Sie nicht ein Camembert-Baguette?«
Die Dame: »Ich habe absichtlich CARMEN-BÄR gesagt, um Ihr Gehör zu testen. CARMEN-BÄR! Das ergibt überhaupt keinen Sinn! Hören Sie? CARMENBÄR. Wie CARMEN und BÄR. Das ist doch vollkommener Unfug.«
Die Bedienung seufzt. »Aha. Und was wollen Sie jetzt?«
Die Dame rümpft die Nase. »Nichts.« Sie dreht sich um und geht.
In der Bahn. Ein junges Pärchen sitzt eingehakt nebeneinander. Sie schaut ihn von der Seite verliebt an, studiert dann sein Gesicht genauer und sagt plötzlich erschrocken und laut: »Meine Güte, Schatz, dein Pickel hat sich wieder entzündet!«
Er, errötend und flüsternd: »Jaaha, ich weiß es.«
Sie, ganz in ihrem Element: »Da müssen wir aber gleich noch mal ran. Ich dacht, ich hätt da gestern alles rausgepresst.«
Zwei Frauen, beide Anfang fünfzig, unterhalten sich.
Frau 1: »Warst du nicht gestern beim Konzert in Speyer?«
Frau 2: »Jaaa! Und es war, na also, was soll isch sarre ... Isch war ganz begeischtert. Die Atmoschfär im Dom! Unn isch war ja so froh, dass mir net schtähe muschte. Es war alles ganz liebevoll eingeschtuhlt!«
In einem Schuhgeschäft in Mannheim. Eine Kundin, die von einer Verkäuferin beraten wird, probiert Pumps an. Mit schmerzverzerrtem Gesicht bilanziert sie: »Die sind zu schmal. Haben Sie sie auch eine Nummer größer?«
Die Verkäuferin macht ein bedauerndes Gesicht: »Leider nein.« Dann dämpft sie ihre Stimme und flüstert in vertraulichem Ton: »Also, eigentlich habe ich Größe 40. Aber wenn ich mir unter der Dusche ordentlich die Hornhaut abrasple, passe ich auch in 39!«
In einem Friseursalon in Oberhausen macht eine Frau, nachdem sie selbst bedient wurde, noch einen Termin für ihren Mann aus.
»Waschen und schneiden?«, fragt die Friseurin.
»Ja, und bitte einmal mit dem Nasenhaarschneider ... Sie wissen schon.«
Die Friseurin nickt lächelnd. »Klar, gern. Wir können auch in den Ohren ...«
Die Frau schüttelt lachend den Kopf. »Nee, danke, die knabbere ich meinem Mann schon selbst weg.«
In einer S-Bahn setzt sich eine junge Frau neben eine Frau mittleren Alters, die ein Buch liest, und stupst diese kurz darauf an: »’tschuldigung, haben Sie mal ein Taschentuch?«
Die Frau sieht kurz von ihrem Buch auf: »Nein. Leider nicht.«
Ungläubig schaut die andere auf den kleinen Rucksack, den die Frau mit Buch dabeihat, dann dreht sie ihren Kopf weg und guckt aus dem Fenster.
Etwa zwei Minuten später: »Haben Sie vielleicht eine Serviette? Oder ein Stück Papier?«
Irritiert schaut die Frau abermals von ihrem Buch auf: »Ähm, nein, tut mir leid. Leider nicht.«
Als sie ihren Blick wieder zum Buch richtet, beobachtet die andere sie penetrant von der Seite. »Sicher?«, fragt sie schließlich.
Die andere schaut wieder vom Buch auf und seufzt. »Ja, ich weiß es zufällig ganz sicher, weil sich in meinem Rucksack lediglich ein T-Shirt, eine Sporthose, ein Sport-BH, ein Paar Turnschuhe, eine Wasserflasche und ein Handtuch befinden.«
Die junge Frau nickt verstehend. Kurz darauf dann ihr letzter Versuch: »Kann ich mal kurz Ihr Handtuch haben?«
Die lieben Kleinen
Kindermund tut Wahrheit kund? Von wegen! Die lieben Kleinen lügen, dass sich die Balken biegen, und zwar schamlos und selbstbewusst. Okay, nicht alle. Eigentlich nicht einmal besonders viele. Wenn man es genau nimmt, sind lügende Kinder vermutlich eher die Ausnahme. Sagen wir mal so: Kinder haben einfach sehr viel Phantasie und geben diese kreativ als geprüftes Wissen weiter. Das hat aber oft strategisch clevere Hintergründe. Etwa dann, wenn man der eigenen Mutter weismachen will, in allen anderen Ländern der Erde dürften Kinder auch mit zwölf schon zensierte Spiele für Erwachsene spielen.
Viel gefährlicher aber als Kinder, die der Wahrheit einen eigenen Touch mitgeben, sind Kinder, die schamlos die Wahrheit sagen. Da kriegen wir Erwachsenen unser Fett weg, da stehen Eltern plötzlich ganz blöd da. Und heimlich ist man dann doch ganz schön neidisch, dass man sich diese kindliche Grundehrlichkeit nicht bewahren konnte.
Im ICE nach Amsterdam, bei Düsseldorf. Zwei Kinder schreien ohrenbetäubend und rennen dabei den Gang entlang. Eins der beiden verliert durch die Bewegungen des Zuges das Gleichgewicht und knallt mit dem Kopf gegen einen Sitz. Das lautstarke Geheule führt vermutlich bei allen Fahrgästen zu akutem Tinnitus.
Eine Frau legt seufzend ihr Buch zur Seite: »Wieso müssen Kinder eigentlich immer so verdammt nervig sein?«
Ein Mann beugt sich kopfschüttelnd zu ihr: »Sie haben wohl keine Kinder, was?!«
Sie presst ein kurzes Lachen hervor: »Machen Sie Witze? Dat sind meine Blagen!«
In einem Spielwarenladen in München darf sich ein etwa Achtjähriger ein Spielzeug aussuchen. Die Mutter lässt den Blick über das Angebot der Lernspiele schweifen, während der Junge eine Box entdeckt hat, die bei Knopfdruck wahlweise Furz- oder Rülpsgeräusche von sich gibt. Er drückt die Knöpfe immer wieder und lacht sich kaputt.
Die wenig begeisterte Mutter versucht, seine Aufmerksamkeit auf ein Zahlenspiel zu lenken: »Schau mal, Ansgar, das gefällt mir sehr gut.«
Der Junge hebt die Augenbrauen und schlägt vor: »Dann nimm du doch das, wenn du es so toll findest. Und ich nehm das Pups-Ding!«
Mutter und Sohn, etwa zwölf, sitzen sich im Zug von Mainz nach Stuttgart gegenüber. Der Junge spielt unter dem Tisch mit seinem Handy, bis die Mutter sich vornüberbeugt: »Was machst du da?«
Junge: »Boah, nix.« Er macht genervt das Gerät aus und steckt es in die Hosentasche.
Die Mutter seufzt.
Nach einigen Minuten erklärt der Sohn: »Wusstest du eigentlich, dass überall anderswo auf der Welt Kinder unter 14 auch Spiele spielen und kaufen dürfen, die erst ab 18 sind? Nur hier in Deutschland natürlich nicht.«
Mutter, mit den Augen rollend: »So ein Blödsinn!«
Junge: »Nee, ehrlich! Das steht auch so im Gesetzbuch.«
Mutter, prustet los: »Na, das Gesetzbuch zeig mir mal.«
Junge, voller Inbrunst: »Und wie ich dir das zeige.«
Mutter, schließt die Augen: »Jaja, mach mal.«
Junge: »Du musst mich halt nur dran erinnern.«