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Das Leben ist vielfältig. Doch unzählige Kleinigkeiten passieren, ohne das sie bewusst gesehen, gehört oder anderweitig bemerkt werden. Ein Gedicht über diese Dinge zu schreiben, ist ein wunderbares Mittel gegen das Nichtbeachten und das Vergessen. In »Mensch und Zeit« hat Tanja Rüschenschmidt all diese Kleinode gesammelt und bewahrt. Ein Spaziergang im Frühlingswald, eine rasante Schlittenfahrt im Winter oder eine ganz neue Blickrichtung in die Welt, weil man in eine Sackgasse geraten ist ..., das alles und noch vieles mehr werden Sie, liebe Leserin, lieber Leser, auf den Seiten dieses Buches finden. Feinsinnige Gedichte, manchmal gewürzt mit einer Prise Humor, die beweisen, dass Außergewöhnliches nicht nur in der großen weiten Welt zu finden ist, sondern auch hier bei uns, direkt vor und hinter der eigenen Haustür.
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Seitenzahl: 63
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Genieße jeden Augenblick,
laut lachend oder stumm.
Genieß auch diesen Augenblick,
denn jetzt schon ist er um.
Vorwort
Daheim und unterwegs
Durch das Jahr
Krampenroder Wandertag
Mensch und Zeit
Über die Autorin
Alphabetisches Verzeichnis der Gedichte
Schon während meiner Schulzeit schrieb ich lieber kurze Gedichte als lange Texte. Auch viele meiner Freundinnen und Freunde erhielten aus dem Urlaub gereimte Urlaubspostkarten, und mit der Zeit füllten sich einige Notizhefte mit meinen Gedichten. Ganz egal, ob man mit dem Hund im Wald spazieren geht, ob man mit dem Fahrrad die Umgebung erkundet oder einen Einkaufsbummel durch die Stadt macht, überall begegnen einem Menschen, Tiere, Landschaften und Gedanken, über sie es sich zu schreiben lohnt.
Diese kleinen Geschichten und Erlebnisse streifen meist nur kurz unseren Sinn und verschwinden dann wieder. Sie festzuhalten in unserer wunderschönen Sprache, ihnen Reim und Rhythmus zu geben und so lange an ihnen zu feilen, bis sie sich gut lesen lassen, das bereitet mir große Freude.
Ich hoffe, diese Freude kann man beim Lesen der Gedichte spüren.
Bedanken möchte ich mich herzlich bei Elke Diestelhorst für die wunderbaren Bilder, die sie für dieses Buch gezeichnet hat.
Tanja Rüschenschmidt
Die große Uhr, die im Wohnzimmer steht,
erinnert daran, wie die Zeit vergeht.
Viermal die Stunde schlägt sie an,
viermal ertönt ihr Glockenklang.
Dann ist eine ganze Stunde vorbei,
das geht so schnell, fast wie Zauberei:
Die Zeit, die gerade im Sande verrann,
gehört schon jetzt der Vergangenheit an.
Es war ein kleiner Teil meines Lebens,
hab ich ihn genutzt oder war er vergebens?
Das kann ich nicht sagen, ich weiß es nicht,
ich schrieb in der Zeit an diesem Gedicht.
Ein Mensch ist ganz allein zu Haus,
denn alle andern gingen aus.
Nun schließt er alle Türen zu,
genießt die viel zu selt’ne Ruh’.
Er kocht sich eine Tasse Tee
und setzt sich auf sein Kanapee.
Er tut, was Menschen halt so tun,
haben sie Zeit, sich auszuruh’n.
Kein’ Laut hört er um sich herum,
das ganze Haus ist still und stumm.
Doch schon nach einer kurzen Zeit,
ist er sie leid, die Einsamkeit.
Da dreht ein Schlüssel in der Tür:
Die anderen sind wieder hier,
sie drängeln und poltern und wuseln ins Haus
und breiten in alle Räume sich aus.
Mit ihrem Erzählen, Schimpfen und Lachen,
mit Musik hören und Scherze machen,
kommt Leben in das Haus zurück –
so ein Glück.
Einen Kuchen will ich backen,
süß und fruchtig soll er sein,
darum kommen gute Sachen
wie Butter, Honig und Eier hinein.
Mehl natürlich, Schokolade,
Äpfel frisch vom Apfelbaum,
zusammenrühren, in den Ofen,
oh, es duftet wie im Traum.
Goldbraun ist er und riecht so lecker,
ein bisschen Sahne noch dazu,
schon haben ein paar Schleckermäuler
ihn ruckzuck weggeputzt im Nu.
Nur ein paar Krümel bleiben über,
die kriegt unser kleiner Hund,
denn ein ganzes Stück vom Kuchen,
das wär’ für ihn zu ungesund.
Ich komme aus der Welt nach Haus
und ziehe Schuh’ und Mantel aus.
Ich möchte nichts mehr sehen, nichts hören
und niemand soll den Frieden stören.
Ich nehm’ mir Tee und Buch daher,
ansonsten brauch ich heut nichts mehr.
Doch es klingelt an der Tür,
es will noch jemand was von mir.
»Ach, du bist es, dann komm herein,
ich gieß dir auch ein Tässchen ein.«
Wir reden, trinken Tee dabei,
so geht der Abend schnell vorbei.
Und als du gehst, da wird mir klar,
wie schön die Zeit mit dir doch war:
Wie gut, dass du gekommen bist,
da war mein Abend nicht so trist.
Kleine Kinder werden groß,
ziehen in die Welt hinaus.
Die Eltern sitzen dann allein
im großen, leeren Elternhaus.
Genießen kurze Zeit die Stille,
doch dann kommt schon die Einsamkeit,
schleicht ganz leise durch die Türen,
macht sich in jedem Zimmer breit.
Kein Lachen und Trampeln auf den Treppen,
in den Fluren kein Geschrei,
sind die Kinder ausgezogen,
ist solch ein Trubel auch vorbei.
Doch bis unsere Kinder gehen,
vergeht bestimmt noch ganz viel Zeit,
denn für ein großes, leeres Haus
bin ich noch lange nicht bereit.
Der Sekundenzeiger auf der Uhr
läuft ständig seine Runde,
immerzu den gleichen Kreis,
sechzigmal die Stunde.
Und nach jeder Runde geht
auch der Minutenzeiger einen Schritt,
sechzigmal in einer Stunde
geht er ein kleines Stückchen mit.
Der Stundenzeiger dreht sich auch,
das tut er ohne Eile,
bis sich sein Kreis geschlossen hat,
das dauert eine Weile.
Auch wenn sie Teil der Standuhr sind,
sie dürfen niemals stehen.
Damit kein Mensch die Zeit verpasst
müssen sie sich stetig drehen.
Ohne Hast und ohne Eile,
endlich Zeit für Langeweile.
Und es hat auch das Gewissen
heute noch nicht zugebissen.
Ganz entspannt ist dieser Tag,
so, wie man ihn gerne mag.
Ganz sachte geht es hin und her,
hin und her,
hin und her,
wie die Wellen auf dem Meer,
immer hin und her.
Und es schaukelt auch mein Sinn,
her und hin,
her und hin,
bis ich fast am Schlafen bin,
immer her und hin.
Herrlich ruhige Lock-down-Zeit,
wo bist du nur geblieben?
Gemütliche Stunden im Garten zu Haus,
mit denen, die wir lieben.
Wir beide und die Kinder nur,
sonst blieben wir allein,
und niemand musste noch mal los,
wir waren viel daheim.
Jetzt sind wir wieder unterwegs,
Termin folgt auf Termin.
Und weil wir nichts verpassen wollen,
gehen wir zu jedem hin.
Immer sind wir überall
und unser schöner Garten
steht ganz allein und einsam da,
muss immer auf uns warten.
Zwischen Tag und jungem Morgen
erlebt die Welt eine düstere Zeit.
Zwischen Tag und jungem Morgen
regiert bei uns die Dunkelheit.
Sie fällt am Abend auf die Erde,
breitet übers Land sich aus,
sie verschlingt das, was wir mögen,
den Wald, den Garten und das Haus.
Höllenschwärze jede Nacht,
das gefiel den Menschen nicht,
drum erfand einst ein Erfinder
für alle das elektrische Licht.
Geht nun das Tageslicht zur Neige,
die Dunkelheit kommt wieder ran,
kann das uns Menschen nicht mehr stören:
Wir schalten, knips, die Lampen an.
Plötzlich bist du wach geworden,
und das mitten in der Nacht,
denn irgendetwas hat im Hause
ein seltsames Geräusch gemacht.
All deine Sinne sind gespannt,
besonders deine Ohren lauschen,
doch was sie alleine hören,
ist im Baum das Blätterrauschen.
Eine kleine Mücke summt
im Dunkeln rum um dein Gesicht,
das aber hat dich nicht geweckt,
die kleine Mücke war es nicht.
Sonst ist alles still im Haus,
nur der Wind weht leis’ im Baum.
Vielleicht war das Geräusch nicht hier,
vielleicht war es in deinem Traum?
Ja, ganz bestimmt, das ist die Lösung,
so wird es wohl gewesen sein.
Noch einmal lauschst du in das Dunkel,
dann schläfst du müde wieder ein.
Ein schöner Gruß von Mensch zu Mensch,
das ist ein Blumenstrauß.
Doch irgendwann riss irgendwo
ein Mensch die Blumen aus.
Es wuchs so schön am Wegesrand
und auch im Blumenbeet,
was jetzt, vom Leben abgetrennt,
in einer Vase steht.
Die Blumen haben einst geblüht,
Insekten zu ernähren
und, damit die Pracht besteht,
sich selber zu vermehren.
Jetzt stehen sie da und welken nur
ganz langsam vor sich hin
und fragen selbst im Untergang
noch nach des Lebens Sinn.
Die Menschen schauen beim Verblühen
den schönen Blumen zu,
die zum Schluss im Biomüll
gehen zur letzten Ruh’.
Jeden Tag die gleiche Frage:
Was kommt heut’ Mittag auf den Tisch?
Hähnchenschenkel, Schweinsrouladen