Mila Milchsuppe - Stephanie Doench - E-Book

Mila Milchsuppe E-Book

Stephanie Doench

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Beschreibung

Am liebsten möchte Jens Löwendompteur im Zirkus werden, anstatt sich mit langweiligen Hausaufgaben zu beschäftigen. Als er und seine Schwester Gertrud von zu Hause ausreißen, lernen sie durch Zufall Mila Milchsuppe und ihren sprechenden Flamingo James kennen. Mila kocht auf der Flamingo-Parade 26a immer Milchsuppe in einem magischen Kochtopf, mit dem man verreisen kann. Dies wollen Jens und Gertrud auch mal ausprobieren. Nach dem Aufsagen eines Zauberreims springen alle Kinder und Flamingo James in den Kochtopf und landen dort, wo es sich ihr Herz wünscht. Somit beginnt eine magische Abenteuerreise um die ganze Welt. Mit Mut, Stärke und ganz vielen Herzenswünschen im Gepäck machen sich die Kinder auf den Weg und finden am Ende ihrer Reise alles, was sie für ihr weiteres Leben brauchen.

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Für kleine und große Kinder

Für die Maus Dabbidi, die gibt es nämlich wirklich

Inhalt:

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Rezept Milchsuppe

Kapitel 1

„Ich habe keine Lust auf Hausaufgaben. Ich will nicht. Ich will nicht!“, meckert Jens. Sein Gesicht verzieht sich, seine Mundwinkel fallen nach unten. Er hat schlechte Laune und ist genervt.

„Doch Jens. Du musst jetzt deine Hausaufgaben machen. Das gehört zum Leben dazu. Und ist nun einfach mal so. Der Lehrer kontrolliert morgen die Mathematik Hausaufgaben!“, entgegnet seine Mutter.

„Nein. Ich will nicht. Ich bin müde“, widerspricht Jens.

„Keine Widerrede!“, schimpft die Mutter, ohne ein weiteres Wort hinzuzufügen.

Es ist früher Abend und schon dunkel und düster.

Draußen regnet es. Während die Regentropfen an den großen Fenstern abperlen, herrscht im Haus das reinste Chaos.

Seine Schwester Gertrud sitzt stillschweigend mit am Tisch. Sie schaut Jens an. Eigentlich möchte Gertrud auch keine Hausaufgaben machen, aber sie findet, dass Jens es gerade schon schwer genug hat, als ob sie jetzt auch noch meckern würde. Wie würde Mama dann reagieren? Sie wäre wahrscheinlich sehr wütend, dachte sich Gertrud und schrieb ihren Deutschaufsatz weiter. Insgeheim dachte sich Gertrud, dass sie jetzt lieber ihre Lieblingskindersendung sehen und genüsslich dazu eine warme Schokolade trinken würde. Der Gedanke blieb nur kurz. Weiter schrieb sie ihren Deutschaufsatz, während sie unterschwellig wahrnahm, wie Jens und Mama ihren Hausaufgaben-Kleinkrieg weiter führten.

„Schule nervt. Wieso muss ich denn zur Schule gehen?“, so ging es weiter und weiter. Die Mutter antwortet total genervt: „Jedes Kind muss zur Schule gehen. Ich war auch lange in der Schule. Das brauchst du, damit du später was Anständiges wirst.“

„Ich will Löwendompteur im Zirkus werden, dafür muss ich nicht rechnen können“, so Jens.

Der Streit zieht sich wie Kaugummi. Gertrud versucht, ihren Aufsatz unter dem andauernden Genörgel von Jens fertigzustellen. Jens war ihr Vorbild, darum schweigt Gertrud. Denn sie hat ja schließlich auch keine Lust auf die Hausaufgaben. Der Tag ist schon lang genug, denkt sich Gertrud. Die Mutter hält ihre zwei Kinder an, weiter die Hausaufgaben zu machen. Sie schaut stets auf die Uhr und geriet immer mehr in Sorge um ihr Zeitmanagement. Sie hat schließlich heute noch einiges zu tun, bevor ihr Mann von der Arbeit nach Hause kommt. Die Diskussion um die Hausaufgaben gefällt ihr darum nicht und es passt nicht in ihr Zeitfenster.

Sie hat auch den ganzen Tag gearbeitet und erhoffte sich am Abend einen reibungslosen Ablauf. Die Rechnung hat sie ohne Jens gemacht.

Er hat seine eigenen Pläne, die fernab der Hausaufgaben liegen.

Es gibt ja auch spannendere Dinge als Mathematik, so Jens Einstellung. Dass bloß die Nachbarn den laut Halsen Streit nicht mitbekommen, war der Wunsch von Jens Mutter. Ihr war es wichtig, dass Bild von der heilen Familie nach außen hin zu transportieren. Und wehe, da kommt irgendwas dazwischen.

„Und morgen habt ihr Tennis und Ballett. Übermorgen Geige und Klavier“, spricht Jens Mutter im ernsten Ton.

„Nein. Ich will nicht zum Geigenunterricht!“, so Jens.

Weder Mathematik noch Geigenunterricht können Jens fröhlich stimmen.

Der Abend vergeht. Jens und Gertrud beenden ihre Hausaufgaben und gehen dann ins Bett. Ihr eigenes, kuschelig weiches Bett ist gemütlich und sorgt bei beiden Kindern für einen guten Schlaf.

Der nächste Morgen kommt.

„Hast du den Deutschaufsatz eingepackt Gertrud? Und Jens vergiss nicht, den Tennisschläger mitzunehmen.

Wir fahren nach der Schule direkt zur Halle“, so die hektischen Worte der ehrgeizigen Mutter.

„Ja. Haben wir“, summen beide Kinder im Chor.

„Und Jens, das Geld für die Klassenkasse nicht vergessen. Gertrud, hast du die Wasserflasche in deine Balletttasche gelegt?“ Die Mutter der beiden Kinder redet und redet und redet. Gelegentlich gibt es Anweisungen dazu. Ihr Vater hat sich schon vor einer Stunde zur Arbeit begeben. Jens und Gertrud finden die voll bepackten Tagesabläufe langweilig; trotz allem gehen die Tage schnell um.

Der nächste Tag wird es in sich haben. Gertrud trägt nach dem Unterricht noch ein Theaterstück in der Schule vor. Jens hat ein Diktat schreiben müssen. Beide Kinder werden von ihrer Mutter von der Schule mit dem großen Auto abgeholt und zur nächsten Aktion hingefahren.

Gertrud klimpert auf einem Klavier herum. Sie findet den Klavierunterricht nach dem Schultag und der Theateraufführung anstrengend, aber der Klavierlehrer ist nett und gibt ihr heute eine einfache Aufgabe.

Zwei Zimmer weiter da tobt und kocht es wie bei einem Unwetter.

Jens hat die Nase voll und will nicht mehr Geige spielen.

Die Geigenlehrerin und Jens Mutter reden auf ihn ein.

Sie loben Jens und betonen, wie toll es sei, wenn man Geige spielen könne.

Und Jens könne ja schließlich auch stolz sein, denn nicht jedes Kind hat die Möglichkeit, zum Geigenunterricht gehen zu können.

Das alles wollte Jens gar nicht hören. Er wollte am liebsten seine Geige in die Ecke werfen, aber ihm war schon in so jungen Jahren klar, was eine Geige kostet und wie viel Ärger es geben würde, wenn er sie tatsächlich in die Ecke schmeißen würde. „Geige spielen ist blöd. Ich gehe in den Zirkus“, Jens schmiedet Pläne.

„Versteh ich Jens. Der Zirkus ist toll. Geige Spielen, aber auch“, entgegnete seine Lehrerin. „Setz den Bogen noch mal an Jens, das kannst du“, sagt sie weiter. „Nein. Ich habe keine Lust auf die Geige. Ich will nach Hause“, meckert Jens. Er stampft mit dem rechten Fuß. Seiner Mutter steigt die Röte ins Gesicht. Sie wirkt sichtlich blamiert. Jetzt fängt Jens an zu schreien. Eigentlich will er sich so nicht verhalten, dass bemerkt er selbst an sich, seine Unlust am Geigenunterricht, den Noten, dem Lernen und alles anstrengend andere schafft ihn und lässt ihn ermüden. Lieber möchte er spielen. Ganz frei und ohne Zwang.

Die Mutter verlässt mit Jens wütend den Unterrichtsraum.

Während der Autofahrt ist es Mucks Mäuschen still. Zu Hause dann eskaliert die Situation …

„Ich glaube es nicht. Weißt du eigentlich, wie viel dein Vater und ich für eure Bildung bezahlen?“, sagt die Mutter im ernsten Ton.

„Das wird nicht noch einmal passieren. Dass dir das klar ist!“, betont sie deutlich. Jens ist wütend, die Rolle des kleinen Rebellen anzunehmen war in letzter Zeit für ihn unumgänglich. Es regnet wieder draußen. Der Vater der beiden Kinder befindet sich noch in seiner Kanzlei, er bekommt von den Streitereien um die Hausaufgaben und den Geigenunterricht nichts mit.

Du bist blöd, sagt Jens im lauten, verärgerten Ton zu seiner Mutter.

Er meint es nicht so, aber es kommt einfach so aus ihm heraus. Ich haue hier ab. Ich will euch alle nicht mehr sehen, sagt Jens immer lauter mit rotem Kopf.

Seine Mutter entgegnet: „Wo willst du denn hin? Hier ist dein Zuhause. So viele Kinder leben im Heim; du könntest dich glücklich schätzen, in welch tollem Haus du lebst“, leitet die Mutter ein. „Du bekommst hier alles und weißt es nicht zu schätzen.“

„Lass mich in Ruhe!“, schreit Jens. Gertrud steht daneben. Sie selbst konnte letzte Woche nicht zum Kindergeburtstag einer Freundin gehen, weil sie für die Theateraufführung üben musste und anschließend Ballettunterricht hatte. Auch sie ist genervt, bleibt aber ruhig und leidet stillschweigend mit ihrem Bruder mit. Sie versteht ihn und kann für ihn mitfühlen. Trotzdem will die kleine Gertrud sich mit ihrer Mutter auch gut verstehen und sie stolz machen.

„Gut, dann lass ich dich in Ruhe. Ich kann dein Schreien sowieso nicht mehr ertragen. Geh auf dein Zimmer, Jens. Es reicht für heute“, sagt die Mutter ihrem einzigen Sohn klar an.

„Ich will dich auch nicht mehr sehen. Nie mehr“, brüllt Jens hinterher.

„Sag das nicht zu laut, sei froh, dass du uns hast“, meint Jens Mutter melancholisch.

„Komm Gertrud, wir gehen hoch“, sagt Jens. Sie schlendern gelangweilt und langsam die Treppenstufen hoch.

In Jens Zimmer angekommen setzen sich beide Kinder auf den Teppichboden und überkreuzen ihre Beine. Sie schmieden einen Schlachtplan.

„Wir hauen hier ab!“, sagt Jens bestimmend zu Gertrud.

Seine Angst ist dennoch in seiner Stimme zu erkennen.

„Aber Jens, wo sollen wir denn hin?“, entgegnet Gertrud fragend. „Wir finden einen Platz. Mama und Papa werden gucken, wenn wir weg sind“, so Jens.

„Das können wir nicht machen. Mama und Papa werden sich große Sorgen machen. Die Polizei wird uns suchen.

Oh, Jens …“, spricht Gertrud.

„Wenn die uns suchen, dann sind wir schon weit weg.

Dann brauchen wir morgen keine Hausaufgaben mehr machen oder zum Geigenunterricht. Bäh, und du musst dich nicht mehr in die engen Ballettschuhe quetschen“, meint Jens hoch motiviert. „Komm Gertrud. Wir gehen“, ein leichtes Strahlen durchquert sein Gesicht.

Beide Kinder stehen auf. Jens nimmt seinen blauen Rucksack mit und packt Fiffi ein, seinen Plüschhund.

Gertrud besitzt einen rosafarbenen Rucksack, da hineinlegt sie ihre Stoffpuppe Gertrud die Zweite.

„Los gehts!“, so betont Jens noch mal die Ernsthaftigkeit seines Ausreißens. Gertrud folgt ihm. Voller Angst und auch Neugier schleichen sie sich die Treppen hinunter.

Diesmal kommt ihnen der Weg runter unendlich lang vor.

Sie achten darauf, nicht zu stark mit ihren Füßen auf den Boden zu treten. Aus dem Augenwinkel sieht Jens seine Mutter, die ihre Bürotür einen Spalt offen stehen hat. Sie starrt auf den Bildschirm und scheint zu arbeiten. Jens und Gertrud schleichen sich durch den Flur bis hin zur Eingangstüre. Leise öffnet Jens die Türe für sich und seine Schwester. Sie gehen hinaus. Er zieht die große, schwere Türe leise hinter sich zu. Mittlerweile regnet es sehr stark. Jens nimmt seine jüngere Schwester Gertrud an die Hand, so als wolle er ihr sagen, ich bin für dich da, ich pass auf dich auf. Sie rennen los, ihr Ziel ist ungewiss.

Kapitel 2

Irgendwo anders.

„Lalalalala, los James, wir singen.“ (Nanu, wer ist denn das? Ach, na klar. Es ist Mila. Mila Milchsuppe. Sie ist immer so gut gelaunt.)

Mila steht in der Küche. Sie kocht Milchsuppe, doch zuvor wird die Küche in eine Gesangshalle verwandelt.

„Ja. Ja. Erst mal muss ich mich aus deinen Haaren befreien“, sagt James. (Wer ist James? Das denkt ihr euch an dieser Stelle bestimmt.

James ist ein Flamingo. Er sitzt in Milas Haar-Nest. Ihre Haare sind mit einem orangefarbenen Haargummi nach oben zusammengebunden.)

Flamingo James befreit sich aus Milas Haaren.

„Let's rock“, sagt er. Die beiden legen los, als würde es keinen Morgen mehr geben.

Da Mila in einem kleinen Restaurant auf der Flamingo-Parade 26a lebt, ist ihre bunte Küche mit jeder Menge Küchenutensilien ausgestattet. Sie nimmt den Rührbesen in die eine und den Tortenheber in die andere Hand. Abwechselnd schlägt sie damit auf eine ihrer Schüsseln.

(Hier geht alles etwas anders zu, als ihr es gewohnt seid.)

James schwingt seinen Schnabel im Takt zu Milas ausgelassenem Gesang. Dann klopft er mit seinem Schnabel gegen die Gläser, die aufgereiht auf der großen Arbeitsplatte stehen. Die Geräusche erklingen als schöne Melodie. Mila kommt hinzu. Sie reibt mit einem nassen Finger über die Oberfläche eines mit Wasser befüllten Weinglases. Wow, da entstehen Töne.

„Cool!“, tönt es aus Milas Mund. James und Mila singen weiter und benutzen jene Kochutensilien als Instrumente.

(Was für eine Party, da möchte man ja glatt mitmachen.)

Die ganze Küche wird lebendig. Teller, Tassen, Besteck, alles springt im Takt der Melodie. James hebt ein Bein und spielt damit Luftgitarre. Mila nutzt den Schneebesen als Mikrofon. Es scheint, als würde die ganze Küche mit ihr feiern.

Die Stimmung bleibt so freudig, während im Restaurant der Betrieb weiter geht. Gelegentlich kommen die Kellner in die Küche, um die fertig zubereiteten Speisen abzuholen. Dann hüpft Flamingo James ganz schnell wieder in Milas Haar-Nest zurück. Das Geschirr und alles andere bewegt sich nicht mehr. Mila zwinkert James zu.

„Na, dann lass uns mal Milchsuppe kochen“, sagt Mila mit einem Lächeln zu James.

Wieder zurück zu Gertrud und Jens. Die beiden sind so weit gelaufen und schon völlig erschöpft. Es regnet immer noch. Die Geschwister sind vollkommen durchnässt.

„Jens, ich kann nicht mehr!“, schnauft Gertrud. „Wir müssen sehen, dass wir uns irgendwo unterstellen können“, antwortet Jens, der kaum noch Puste hat. Sie laufen ein Stückchen weiter. Auf einmal hört es auf zu regnen. „Gertrud schau … ein Restaurant. Dort können wir uns aufwärmen“, sagt Jens mit zittriger Stimme, denn seine Lippen sind schon blau angelaufen vom kalten Regenschauer. „Flamingo-Parade, lustiger Name für eine Straße“, sagt Gertrud und kichert.

„Lass uns hereingehen“, Jens drängelt etwas.

Die Geschwister betreten Milas kleines Restaurant mit der Nummer 26a. Beide Kinder stehen triefnass im Eingang. „Ihr zwei seid ja ganz nass. Wollt ihr euch hier aufwärmen und eine warme Schokolade trinken?“, fragt eine nette Kellnerin die beiden. „Gerne. Äh …“, Jens und Gertrud stottern. Sie ziehen ihre Rucksäcke und ihre Jacken aus. „Wollt ihr eure Sachen hier über die Heizung hängen?“, fragt die freundliche Stimme von vorhin. Und schon war sie dabei, den Kindern zu helfen.

„Setzt euch, ich bring euch die heiße Schokolade“, sagt die Kellnerin.

Jens und Gertrud wissen die Gastfreundlichkeit zu schätzen, haben sich das Ausreißen aber einfacher vorgestellt. Nun sitzen sie da, pitschnass und ohne Ziel, wo es hingehen soll. Seine Furcht lässt Jens sich Gertrud gegenüber nicht anmerken. Zumindest sitzen sie im trockenen und bekommen von der lieben Kellnerin Kakao gebracht. „Danke“, sagen die beiden hochmanierlich, als das Heißgetränk kommt. „Lasst es euch schmecken. Wo sind denn eigentlich eure Eltern?“, fragt die aufmerksame Kellnerin. Doch sie wird unterbrochen. Ein älteres Ehepaar möchte bezahlen und ruft die Kellnerin herbei. Das ist ja gerade noch mal gut gegangen, denkt sich das Zweiergespann.

Sie trinken genüsslich ihren Kakao und haben dabei keine Eile. Denn sie fühlen sich wohl, wo sie gerade sitzen. Die Kellnerin ist damit beschäftigt, den Tisch abzuräumen und zu säubern. Gertrud sucht währenddessen die Toilette auf. Auf dem Weg dorthin geht sie an der Küche vorbei und hört dort ein Mädchen singen. Der fröhliche Gesang macht Gertrud neugierig.

Sie überlegt, die Türe zu öffnen, um zu schauen, wer sich dahinter verbirgt. Doch zuerst geh ich zur Toilette, denkt sich Gertrud. Sie beeilt sich so schnell, weil sie befürchtet, die Stimme gleich nicht mehr zu hören. Ganz geschwind geht sie im Eiltempo zurück und bleibt an der Küchentüre stehen. Puh, das Mädchen singt noch, erfreut sich Gertrud. Sie ist mittlerweile so neugierig, dass sie sich darum auf Zehenspitzen stellt, um durch das runde Fenster an der Küchentüre zu schauen. Leider liegt das Fenster zu hoch, sodass Gertrud nur eine Wahl hat. Sie muss sich trauen, die Türe zu öffnen, wenn sie wissen möchte, wer sich dahinter verbirgt. Ihren Mut zusammen genommen öffnet sie ganz langsam und vorsichtig die Türe. Was erwartet sie wohl hinter der Türe, fragt sich Gertrud?

(Kinder nicht verraten. Gertrud soll selber Schauen.)

Sie sieht ein farbiges Mädchen, welches auf einem orangefarbenen Hocker steht, singt und kocht. Das Mädchen ist nicht gut für Gertrud zu erkennen, weil der Kochtopf so riesig erscheint. Was Gertrud aber wahrnimmt, dass das fremde Mädchen einen echten Flamingo im Haar sitzen hat. Irgendwie ungewöhnlich, denkt sich Gertrud. Aber spannend genug, um hier an Ort und Stelle zu verweilen. „Hallo, du da unten“, spricht das unbekannte Mädchen zu Gertrud. Überfordert von der Situation, bekommt Gertrud keinen Ton heraus. Mila springt vom Hocker herunter und geht selbstbewusst auf Gertrud zu: „Hi, ich bin Mila. Um genau zu sein Mila Milchsuppe. Und du?“ Das Eis scheint gebrochen. „Mila Milchsuppe? Das ist ja ein toller Name. Ich bin Gertrud.

Nett, dich kennenzulernen“, spricht die beeindruckte Gertrud. Mila möchte gerade antworten, da kommt Jens in die Küche hinein. Er hat Gertrud gesucht. „Das ist mein Bruder Jens“, so Gertrud zu Mila. „Und Jens, das ist Mila. Mila Milchsuppe“, spricht Gertrud weiter. „Was?

Mila Milchsuppe ist dein Name? Mila Milchsuppe mit einem Flamingo im Haar?“, fragt Jens erstaunt. „Jawohl.

Milchsuppiges Oberehrenwort“, kontert Mila geschickt.

Alle drei Kinder fangen an zu lachen. Jens und Gertrud finden Mila auf Anhieb sympathisch. „Und mein rosa Freund hier in meinem Haar, heißt James“, erzählt Mila begeistert.

„Das glaube ich nicht, du hast einen lebenden Flamingo im Haar, der auch noch einen Namen hat“, Jens wirkt erstaunt. „Da, wo ich herkomme, haben alle Tiere einen Namen und wenn sie keinen Namen haben, dann geben wir ihnen einen“, berichtet Mila. „Wo kommst du denn her?“, fragt Gertrud, die am liebsten alles über Mila wissen möchte. Eins ist ihr klar, wo Mila herkommt, da leben Tiere. „Na aus Simbawowa. Woher denn auch sonst?“, antwortet Mila, als wäre das ganz selbstverständlich.

„Klar. Woher denn auch sonst?“, schmunzelt Jens leise.

Simbawowa muss weit weg sein, denken sich die beiden Geschwister. „Kommt James auch aus Simbawowa?“, fragt Gertrud weiter. „Ja. Mein Papa hat ihn mir dort geschenkt, als ich noch klein war“, antwortet Mila.

Es wird kurz still in der Küche. Jens und Gertrud denken an ihren Papa und an die Mama. Papa muss mittlerweile von der Kanzlei nach Hause gekommen sein. Ob die beiden sich Sorgen machen, fragen sich Gertrud und Jens? Der Gedanke wird unterbrochen, weil Mila auch Fragen hat:

„Wo sind eure Eltern? Im Restaurant?“

„Nein“, stottert Jens. Er zögert, spricht dann aber weiter.

„Wir sind von zu Hause abgehauen.“ Er ist froh, dass es nun aus ihm heraus gekommen ist. Es fühlte sich wie ein Geheimnis an, dass die beiden jungen Geschwister nur schwer tragen konnten. Aber jetzt ist es endlich raus.

„Warum seid ihr abgehauen? So schlimm seid ihr doch gar nicht“, sagt Mila humorvoll.

„Unsere Eltern haben uns nicht mehr lieb“, antwortet Gertrud traurig. Jens schaut mitleidig seine jüngere Schwester an. „Das glaube ich nicht! Alle Eltern lieben ihre Kinder“, spricht Mila weise daher.

„Sind deine Eltern denn hier oder leben sie in Simba, Simba … was?“, möchte Jens vom Thema ablenken.

„Meine Eltern leben in Simbawowa. Mein Papa ist ein Löwenbändiger. Der ist voll stark“, prahlt Mila. Wahnsinn, denkt sich Jens. „Und ich möchte Löwendompteur im Zirkus werden, wenn ich groß bin“, während Jens das äußert, probiert er selbst, sich was größer zu machen. Er möchte Eindruck auf Mila machen.

„Was duftet denn hier so süß?“, unterbricht die kleine Gertrud. „Ich koche Milchsuppe. Ihr dürft gerne probieren“, antwortet Mila. „Mila Milchsuppe kocht Milchsuppe. Scheint klar. Darum ist dein blauer Kittel auch so voller weißer Flecken“, Jens versteht.

„Nicht studieren, probieren“, meint Mila. „Aber zuvor muss ich die Suppe noch mal umrühren. Das macht eine gute Köchin so!“

Die Kinder haben Hunger nach so einem langen Tag.

Doch der Hunger scheint in diesem Moment unwichtig.

Die Augen von Jens und Gertrud werden immer größer.

Mila holt James aus ihrem Haar-Nest und dieser verwandelt sich in einen Kochlöffel in dem Moment, als ihn Mila runter zum Kochtopf führt. Dabei behält er sein Aussehen als Flamingo, ist aber nun ein Kochlöffel.

„Dufte, ein magischer Kochlöffel“, Jens und Gertrud schauen so gespannt, als wären sie auf der Kirmes. Mila rührt mit Kochlöffel James die Milchsuppe um. „Wollt ihr Mal probieren? Heut ist sie mir besonders gut gelungen“, bietet Mila an und reicht den Flamingo Kochlöffel zu Gertruds Mund. „Lecker. Jens koste auch mal“, empfiehlt sie ihrem Bruder. Noch nicht geantwortet, reicht Mila den Löffel zu Jens Mundöffnung. Er probiert erst zaghaft, dann aber möchte er einen ganzen Löffel Milchsuppe.

„Das schmeckt herrlich. Mila, du bist eine richtige Köchin“, bewundert Jens.

„Jawohl, der Herr!“, scherzt Mila mit tiefer Stimme.

Während die drei Kinder in Milas Küche weiter zu Scherzen belieben, möchte die Mutter von Gertrud und Jens daheim den Kindern Brote mit Schnittlauch zubereiten. Um die beiden persönlich abzuholen, geht sie eine Etage höher im Haus. „Jens und Gertrud, ich rede mit euch. Es wäre toll, wenn ihr …“, weiter spricht sie nicht. Sie sieht weder Jens noch Gertrud in ihrem Zimmer. Die haben sich bestimmt versteckt, denkt sich die Mutter der beiden Ausreißer. „Gertrud. Jens. Kommt aus euren verstecken raus. Es gibt Abendbrot.“ Die Mutter ist genervt von diesem Spiel, sucht aber trotzdem das ganze Haus (und es ist riesig) nach ihren Kindern ab. Sie schaut in jeder kleinsten Ecke nach. Ständig ruft sie die beiden. Sie kennt die Verstecke ihrer Kinder genauestens.

Sie schaut im Keller nach, im Garten, im Gästezimmer und so weiter. Die Panik steht ihr langsam ins Gesicht geschrieben. „Das gibt es doch nicht. War ich so in meiner Projektleitung vertieft, dass ich nicht mitbekommen habe, wo meine eigenen Kinder jetzt sind?“, spricht die Mutter leise zu sich selbst, während sie sich große Vorwürfe macht. Der Streit vom Tag steckt ihr in den Knochen.

Ihr Mann kommt von der Kanzlei nach Hause. Besorgt rennt sie ihrem Mann in die Arme. „Was ist denn los? Ist was geschehen?“, fragt der sonst so reservierte Vater.

„Unsere Kinder sind verschwunden!“, spricht die Mutter mit besorgten Augen. „Ach was. Die wollen uns mal wieder einen Streich spielen. Lass mich raten. Jens hat den Geigenunterricht torpediert oder waren es die Hausaufgaben, Darling?“, der Vater nimmt die Situation nicht ernst. Er scherzt und meint, dass seine zwei Sprösslinge nur einen Streich aushecken. „Ich habe unsere Kinder überall im Haus und im Garten gesucht.

Ich bin sogar auf den Dachboden geklettert“, entgegnet die Mutter. „Dann sind sie halt zu den Nachbarskindern spielen gegangen und haben nicht Bescheid gesagt. So sind Kinder doch oft“, argumentiert der Vater.

„Da waren sie schon Ewigkeiten nicht mehr zum Spielen“, widerspricht die Mutter. „Wieso nicht? Die Kinder haben sich doch immer so gut verstanden“, weitet der Vater aus. Seine Frau wird langsam sauer, denn sie weiß genau den Grund, warum Jens und Gertrud nicht mehr mit den Nachbarskindern spielen. Ihre Kinder haben einfach keine Zeit, denn nach der Schule hetzen sie von einem Unterricht zum nächsten. Die Mutter möchte die Situation verharmlosen und sagt: „Es war einfach keine Zeit.“

Der Vater zieht sein Sakko aus und macht sich mit seiner Frau auf die Suche, die eigenen Kinder in der Nachbarschaft zu finden …

Kapitel 3

Zurück zur Flamingo-Parade 26a.

„Mila, ich habe eine Idee. Wir könnten deinen Vater in Simbawowa besuchen und er zeigt mir alles, was ich als Löwendompteur im Zirkus wissen muss. Wenn er ein starker Löwenbändiger ist, dann kann ich von ihm lernen“, spricht Jens enthusiastisch. Mila hingegen überlegt und sagt: „Klar können wir meinen Papa besuchen, aber eure Eltern werden sich wahnsinnige Sorgen um euch machen. Ihr solltet erst nach Hause gehen. Meinen Papa können wir später immer noch besuchen. Der rennt uns ja nicht weg. Höchstens seine Zebras.“

„Der hat sogar Zebras!“, Jens wird sprachlos vor Begeisterung.

„Ja klar. Wartet mal ab, bis ihr Gisela kennenlernt“, verspricht Mila. „Gisela. Klingt wie eine alte Tante“, kichert Gertrud. „Nein. Gisela ist ein Zebra“, informiert Mila. „Oh Mila, ich kann es nicht abwarten. Bitte lass uns nach Simbawowa reisen“, fleht Jens Mila an. „Und danach gehen wir sofort zu unseren Eltern. Die werden Augen machen.“

„Okay. Aber zuvor gibt es noch Milchsuppe. Die macht uns stark und kräftig. Mein Papa ist nur so groß und stark, weil ich ihm immer die Milchsuppe gekocht habe!“, erzählt Mila von damals, während sie mit dem Löffel-James die kochende Suppe umrührt. Wie immer landen einige Milchsuppe Flecken auf Milas blauen Kittel.

Mila füllt mit ihrem Flamingo, alias Kochlöffel James, die Suppe in drei Schälchen ein. Ein Schälchen in Rosa für Gertrud. Eines in Blau für Jens und das orange Schälchen ist für Mila selbst. James wieder zum Kopf geführt, ist er nun wieder ein echter Flamingo, der auf Milas Haaren sitzt.

„Kommt, wir setzen uns“, fordert Mila auf. Gertrud und Jens gehen schnurstracks zur Türe, um ins große Restaurant zu kommen, da fragt auch schon Mila: „Hey, wo wollt ihr denn hin?“

„Na, wir wollen uns doch setzen … Aber Mila, warum sitzt du denn auf den Boden?“, fragt Gertrud total erstaunt. „Da, wo ich herkomme, da sitzen die Menschen beim Essen immer auf den Boden“, spricht Mila mit einem selbstbewussten Lächeln auf den Lippen. Jens und Gertrud verstehen die Welt nicht mehr. Sie fragen sich selbst, warum man auf dem Boden essen muss, wenn man ein ganzes Restaurant mit zig Stühlen und Tischen zur Verfügung stehen hat?

„Ihr werdet es sehen. Auf dem Boden essen ist toll. Mit Stuhl kann doch jeder. Meine Oma hat immer gesagt, dann ist man näher an der Erde dran“, zitiert Mila ihre Großmutter.

Ganz beeindruckt von dieser Anrede setzen sich die beiden Kinder wortlos zu Mila auf den Boden. Die drei bilden einen Kreis. Minutenlang schlürfen und genießen sie ihre Milchsuppe. Der warme, liebliche Duft zieht in ihre Nasen. Sie genießen es, in voller Länge ihre Suppe aufessen zu können, denn zu Hause ist Essen oft mit Hektik verbunden. Jens erinnert sich an einige Momente, als er schnell eine Mahlzeit verdrückt hat, um nicht zu spät zum Tennis oder zum Geigenunterricht zu erscheinen. Hingegen bei Mila verspürt er Ruhe und Wärme während des gemeinsamen Essens. Total satt und voll gefuttert, sagt Mila: „Los ihr beiden. Aufstehen.

Kommt zum Kochtopf!“

„Zum Kochtopf?“, Gertrud und Jens schauen Mila verwundert an. Sollen sie etwa noch mehr essen, fragen sich die beiden? „Oh Mila. Danke. Aber wir sind so satt“, spricht Gertrud. Und Jens fügt noch hinzu: „Wenn ich noch mehr esse, dann platze ich.“ „Nein. Ihr sollt nicht mehr essen. Ihr wollt doch nach Simbawowa. Dann kommt her!“, motiviert Mila die beiden. Noch nicht ganz das Wort Simbawowa ausgesprochen, da stehen Jens und Gertrud schon am Kochtopf. Das war ja mal schnell, denkt sich Mila und kichert innerlich.

Alle drei Kinder stehen um den Kochtopf herum. Aber Jens und Gertrud können nichts sehen, weil der große Kochtopf auf dem Herd steht und dieser einfach zu hoch liegt für die Kinder. Dies stört Gertrud und Jens aber zuerst nicht, denn die beiden sind extrem gespannt, was als Nächstes passiert. Es kommt ihnen alles so magisch vor. Dann aber gibt Mila den beiden Geschwistern jeweils einen Hocker, damit sie auch in den Kochtopf schauen können. Und als hätte das wieder gepasst, erhält Gertrud einen rosa Hocker und Jens einen blauen.

„James, bist du bereit?“, fragt Mila. „Was denkst du denn?“, antwortet Flamingo James, der übrigens auch sprechen kann. „Dann lass uns loslegen“, grinst Mila und spricht ihren Zauberreim, während Gertrud und Jens sich vor Nervosität nicht regen können.

„Milchsuppe und Glitzerstrahl,

gib uns heut das beste Mahl.

Mila, James, wir geben es ein,

wollen heut in Simbawowa sein.

Lampenschirm und Hühnerei,

Simbawowa, eins, zwei, drei.“

(Oh Kinder. Was ist jetzt passiert? Mila hat ihren Zauberreim aufgesagt und auf einmal sind Mila samt Flamingo James, Gertrud und Jens automatisch ganz klein geworden und in den Kochtopf gesprungen. Jetzt sind sie alle nicht mehr da. Das ist doch Zauberei. Mal schauen, ob sie möglicherweise in Simbawowa angekommen sind?)

Kapitel 4

„Wow! Ist das Simbawowa? Ich glaube das nicht.

Gertrud zwick mich mal“, Jens ist durch und durch erstaunt. Gertrud steht der Mund auf vor Begeisterung.

Beide Kinder zwicken sich gegenseitig und machen sich einen Spaß daraus. Längst haben sie begriffen, leibhaftig hier zu stehen. Denn was Mila Milchsuppe verspricht, das hält sie auch. „Der Duft der Heimat, nicht wahr James?“, so die selbstbewusste Mila. „Immer wieder einen Ausflug wert“, bejaht James und zwinkert Mila zu.

„Giraffen … Gertrud schau!“, Jens ist vor Begeisterung völlig durch den Wind. Er rennt eilig zu den Giraffen hin.

„Jens, nein. Bitte bleib hier!“, ruft die verängstigte Gertrud ihrem großen Bruder zu. Dieser möchte nicht hören, viel zu neugierig ist er auf die exotischen Tiere, die er sonst nur aus dem Zoo kennt. „Jens, komm zurück! Oh Mila, bitte hol Jens zurück. Ich hab Angst!“, fleht Gertrud die starke Mila an. Jens rennt hingegen wie ein Tornado auf die Giraffen zu. Die Tiere mit dem langen Hals bekommen Angst und rennen in den Busch hinein. „Hey, was soll das? Bleibt hier. Ich will euch doch nur anschauen“, Jens bleibt stehen und ärgert sich. Mila ist Jens hinterhergegangen und hat Gertrud auf ihre Schultern genommen, denn die Strecken hier in Simbawowa sind lang. Manchmal zu lang für die kleinen Füße. „Jens, was machst du denn da? Du erschrickst die Tiere“, spricht Mila. „Aber …“, Jens stockt, denn er weiß, dass er zu übereifrig gewesen ist. „Wenn du willst, dass die Tiere zu dir kommen, dann geht das so!“, Mila setzt Gertrud hinab, die zu ihrem Bruder rennt.

„Hey Tiere. Manch einer denkt nicht nach.

Er muss lernen, dass ihr kein Spielzeug, sondern lebendige und wahrhaftige Lebewesen seid. Ihr könnt euch erschrecken, auch mal verstecken. Doch glaubt mir, er ist gut. So kommt doch her, kommt doch her, kommt doch her zu mir.“

Milas Gesang klingt magisch und zauberhaft. Jens und Gertrud sind total beeindruckt von Milas positiver Art.

Und tatsächlich, die Giraffen kommen aus dem Busch hervor und gehen Richtung Mila. Jens und Gertrud stellen sich zu Mila und James, der immer noch gemütlich in Milas Haaren sitzt.

„Hallo Mila. Lange nicht gesehen“, sprechen die Giraffen im Chor. Jens und Gertrud können es nicht glauben: „Die Giraffen können ja sprechen“, sagt Jens mit großen Augen. „Ja klar können wir sprechen. Was hast du denn gedacht? Aber wir sprechen nicht mit Leuten, die wie wild gewordene Nilpferde auf uns zu rennen“, macht die größte Giraffe Jens klar. „Mila, wen hast du denn da mitgebracht?“, tönt eine andere Giraffe. Jens weiß, dass er gemeint ist. Er wird rot vor Scham im Gesicht.

„Das sind meine Freunde Gertrud (die Giraffen nicken Gertrud freundlich zu) und Jens (die Giraffen schauen erbost zu Jens). Sie kommen von weit her und kennen Simbawowa noch nicht“, antwortet Mila. Jens möchte am liebsten im Erdboden versinken. Er spürt, dass er noch lernen muss, mit Tieren richtig umzugehen. „Dann weiter eine gute Reise euch dreien!“, wünscht die größte Giraffe. „Ja, danke. Wir sehen uns bestimmt noch mal“, verabschiedet sich Mila. Gertrud und Jens winken den Giraffen zum Abschied zu. Nur einer scheint getroffen, Flamingo James: „Die haben mich vergessen, Mila.“

James ist ein stolzer Flamingo mit einer ganz besonderen Art. Ein Gentleman seiner Klasse, der auch gerne von den anderen „wilden“ Tieren beachtet werden möchte. Er ist ja schließlich ein ganz feiner Flamingo.

„James, das stimmt doch nicht. Die Giraffen haben dich nicht vergessen. Die haben halt nur mit uns Menschen gesprochen. Das war bestimmt keine böse Absicht“, möchte Mila James beruhigen.

„Und sie haben mich doch vergessen!“, tönt James ärgerlich. Mila lächelt daraufhin, denn sie kennt ihren schlauen, feinen James. Er ist halt kein wilder Löwe.

Sondern ein Flamingo, ein magischer Flamingo. Und eine kleine Diva dazu denkt sich Mila Milchsuppe häufig.

(Die drei, ach nein Kinder, entschuldigt. Wir zählen ja James mit. Die vier ziehen weiter.)

Sofort bemerken Jens und Gertrud die Hitze an diesem Ort. Viel wärmer als bei ihnen zu Hause. Die neue Umgebung wirkt auf die beiden wild und einfach anders.

Giraffen, Elefanten, Zebras, Nashörner, Flusspferde, Löwen, Tiger, verschiedene Vogelarten, dass alles bekommen die Neuankömmlinge in Simbawowa zu sehen. Vorbei an einem großen Wasserfall, den die Kinder nur von Weitem sehen können.

Da ist das Schwimmbad bei Jens und Gertrud in der Stadt ein Regentropfen im Vergleich zu diesem großen Wasserfall. Mal ist die Landschaft grün, mal sandig. Sie reisen weiter und singen vor Freude.

Die Energie des Ortes scheint sich auf die Kinder übertragen zu haben. Sie sprühen vor Neugier und Abenteuerlust. Es wird langsam dunkel, aber immer noch singen Mila, Jens und Gertrud das Lied von vorhin.

Die drei haben gute Laune und lachen.

Mila hält es für wichtig zu erklären: „Eines solltet ihr aber wissen. Nicht alle Tiere sind so nett und wollen spielen.

Manche Tiere meiden euch oder wollen ihre Ruhe.

Manche Tiere haben Hunger und wollen jagen, dann sind sie sogar aggressiv. Also bleibt immer bei mir und geht nicht alleine zu den wilden Tieren. Das sind keine Hauskatzen.“

„Ja Mila. Ich bleibe immer bei dir“, antwortet Gertrud, die Mila stark und toll findet. Sie würde gern wie sie sein.

Aber Jens mag Milas Ansage nicht direkt: „Mila, ich will doch Löwendompteur werden. Ich bin ein Junge und stark bin ich sowieso. Die Löwen werden sich vor mir fürchten.“

„Jens, dann wirst du schon sehen“, Mila weiß, sie kann Jens im Moment noch nicht davon überzeugen, Abstand zu den Tieren einzuhalten. Er wird seine Erfahrungen schon machen, denkt sich Mila, die selbst ihre Erfahrungen macht, ohne dafür bei jemanden um Erlaubnis zu fragen. Der Abend ist gekommen. Mila hat aus ihrem blauen Kittel ein Zelt heraus gezaubert und einen Kochtopf. Das Zelt ist blau und hat die Aufschrift in orange „Mila Milchsuppe“. Die Geschwister Jens und Gertrud können es wieder kaum glauben und blicken erstaunt rein. Mila kann kochen. Und auch noch zaubern.

Was kocht sie heute zum Abendessen? Na selbstverständlich Milchsuppe. Was denn auch sonst!

Gemeinsam mit James, der zum Kochlöffel wird. „Wie im Ferienzeltlager“, denkt sich Jens.

Der erste Tag in Simbawowa geht zu Ende. Die untergehende Sonne schimmert in Gelb, orange und rot.

Der heiße Dampf der Milchsuppe steigt empor, alle Kinder sitzen um den Kochtopf herum, quatschen und essen Suppe. James schläft schon in Milas Haar. Kurz danach schlafen auch die beiden Geschwister ein. Erst Gertrud, dann Jens. Was für ein spannender Tag.

Der nächste Morgen ist gekommen. Jens und Gertrud recken und strecken sich, beide Kinder gähnen. Es war eine friedvolle Nacht, besonders Jens genießt es, dass heute Morgen nicht der Wecker ihn so früh aus dem Bett geklingelt hat. Er konnte einfach liegen bleiben. Wo ist Mila, fragen sie sich? Einen kurzen Moment später hören sie ihre neu gewonnene Freundin draußen singen.

Gertrud und Jens verlassen das Zelt und begrüßen Mila und James. „Mensch Mila, du bist dufte. Was hast du denn da gebacken? Dafür bist du bestimmt mitten in der Nacht aufgestanden. Sieht toll aus!“, bewundert Jens, der auch schon einen Bären Hunger hat. Die Luft in Simbawowa beschert Jens großen Appetit. „Das ist Maisbrot. Kommt und kostet. Und nein. Ich bin auch eine gähnende Kuh. Ohne Schlaf kein Muh.“ (Mila macht Kuhgeräusche nach). Die Kinder lachen und Mila fügt hinzu: „Ich hab doch in meinen Haaren den besten Bäcker und Koch der Welt sitzen.“