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Ein Geschwisterchen für Millie Mama bekommt ein Baby! Millie weiß noch nicht so recht, ob sie das wirklich gut findet. Schließlich hat sie mit Trudel doch schon eine kleine Schwester, und die ist manchmal ganz schön anstrengend. Dennoch überlegt Millie mit ihren Freunden, was besser wäre ... ein Brüderchen oder noch eine kleine Schwester. Mama und Papa wollen es gar nicht wissen, sondern sich überraschen lassen. Dabei platzt Millie fast vor Neugier! Auf jeden Fall will Papa bei der Geburt dabei sein. Und wer soll währenddessen auf Millie und Trudel aufpassen? Zum Glück Tante Gertrud, die immer Geschenke mitbringt! Millie kann die Ankunft von Tante Gertrud und des Überraschungsbabys kaum erwarten. Mit humorvollen Bildern von Gitte Spee
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Seitenzahl: 158
Dagmar Chidolue
Millie und das Überraschungsbaby
Mit Bildern von Gitte Spee
FISCHER E-Books
Echt? Millie soll ihre kleine Schwester auf eine Geburtstagsparty begleiten? Eine Kindergartenkinder-Party! Dürfen diese Pupsmäuse überhaupt schon Party feiern?
»Aber natürlich«, sagt Mama. »Kannst du dich nicht mehr daran erinnern, wie du früher deinen Geburtstag gefeiert hast … du als Kindergartenkind?«
Damals hieß das aber noch nicht Party, Mama! Und ist auch schon ewig her. Ewig! Mindestens fünf oder sechs Jahre! Na schön … vielleicht auch etwas weniger.
Mama und Papa passt die Einladung zur dieser Geburtstagsfeier gut in den Kram. Da können sie in der Zeit eine Ausstellung in der Stadt besuchen. Die wäre sowieso nichts für Millie und Trudel. Nur krumme und schiefe Skulpturen und Bilder, auf denen man nichts erkennen kann. Nicht mal mit Phantasie!
»Aber wenn mir diese … diese …« Millie wirft einen schnellen Blick auf ihre kleine Schwester, »… diese Pupsmäuse mit ihrem Geschrei auf die Nerven gehen?«
Trudel schmeißt sich vor Vergnügen fast weg, als sie das hört. »Puuupmäusse«, wiederholt sie. Sie lispelt noch ein bisschen. Oder sie ist zu faul, Ess, EssZett und EssZehHaaa richtig auszusprechen. Sie denkt bestimmt, jeder in der Familie versteht sie sowieso. Stimmt ja auch.
Mama bleibt aber dabei. »Du schaffst das schon.«
Wirklich? Mama und Papa trauen ihr zu, mit einer Bande von Winzlingen umgehen zu können?
Hm.
Trotzdem gibt es Fragen über Fragen. »Aber wenn mich die Pupsmäuse mit Fingerfarben beschmieren?«
»Damit wirst du schon fertig«, meint Papa.
»Und wenn sie mich kneifen wollen?«
»Millie!«
Es könnte auch noch ganz viel anderes passieren. Millie könnte sich an Kuchen und Torten den Magen verderben.
Oder Trudelchen.
Millie könnte Durchfall bekommen.
Oder Trudelchen.
Millie könnte sich am Tortenmesser in den Finger schneiden.
Oder Trudelchen.
Millie könnte Nasenbluten bekommen.
Oder Trudelchen.
Es gibt unendlich viele Dinge, die geschehen könnten, wenn man bei fremden Leuten ist und Mama und Papa weit weg sind. Sachen, bei denen man heulen muss. Wer sollte einen dann trösten? Die Pupsmäuse etwa? Oder irgendeine Pupsmausmama? Wenn wenigstens Frau Opelka, die Kindergartentante, da wäre. Hups … Kindergartentante soll Millie nicht sagen. Frau Opelka ist doch Erzieherin! Sie kümmert sich um Trudels Kitagruppe und war auch schon Millies Aufpasserin, als sie noch in den Kindergarten ging. Von Frau Opelka würde sich Millie trösten lassen! Von niemandem sonst. Außer von Papa und Mama. Nicht einmal Tante Gertrud würde Millie an sich ranlassen. Aber die kann bestimmt keinen trösten. Sie ist nur streng oder mittelstreng. Und außerdem wohnt sie weit weg.
Weil so viel auf dieser Pupsmausparty passieren könnte, schlägt Millie vor, Mamas Handy zu bekommen. »Nur für heute!«
»Quatsch«, meint Mama.
»Aber wenn ich mir die Augen ausheulen werde?«
»Du?«, hakt Papa nach. »Du wirst mit diesen … diesen Mäusen schon fertig werden. Weil du doch hunderttausend Spiele kennst. Du schaffst ja auch, dich ganz wunderbar immer um deine kleine Schwester zu kümmern.«
»Ich!«, fährt diese kleine Schwester dazwischen.
Ja, ja, ja. Aber ein Kind ist noch lange keine Party! Zwei Kinder auch nicht. Und hunderttausend Spiele kennt Millie nicht. Nur … Millie überlegt … es sind nur hunderttausend Spiele minus eins.
Das rechne mal selber aus, Papa!
Und außerdem ist es schon lange Zeit für ein eigenes Handy. All ihre Freunde haben bereits eins … Gus, Wulle … Alle! Außer Kucki. Auch ihre Nicht-so-ganz-Freunde haben so was … der doofe Mario, der Uhu, die blöde Ziege Mercedes sowieso. Jocko besitzt sogar ein supercooles Mobilchen!
»Das mit einem eigenen Handy schlag dir aus dem Kopf«, kommentiert Papa. »Man muss nicht alles haben.«
Manno! Ein Handy ist doch nicht alles!
Millie knirscht zwar noch mit den Zähnen. Es bleibt ihr aber nichts anderes übrig, als sich zu fügen.
Die Eltern setzen Millie und Trudel und ein Geschenkpäckchen bei Leon ab. An diesem Samstagnachmittag um vier Uhr. Es ist ein Haus mit vielen Bewohnern. Die Haustür steht offen; ein Holzkeil liegt unter der Tür.
Treppe rauf?
Treppe rauf.
Dieser kleine Pupsmausjunge Leon öffnet sogar die Tür, sobald Trudel geklingelt hat!
Trudel darf zu Hause die Tür nicht öffnen. Es könnte ja ein Riesenfauchdrache mit einer seiner Krallen auf die Klingel gedrückt haben und sich Millies kleine Schwester ratzfatz schnappen. Das geht ja schon mal gar nicht!
»Ach«, sagt Leons Mutter, die dann doch noch auftaucht. Sie lässt ihren Blick ein bisschen verunsichert über Trudel und Millie wandern.
Mama erklärt ausführlich, warum sie zur Party zu zweit kommen. »Wir holen unsere beiden Küken dann um sieben Uhr wieder ab. Wenn’s Ihnen recht ist.«
»Na klar«, sagt die Mutter. »Prima, dass ich mich nicht alleine um die Rasselbande kümmern muss.«
Millie müsste jetzt ein bisschen beleidigt sein, weil Mama Küken gesagt hat. Das mag ja für die kleine Schwester zutreffen, aber doch nicht für Millie! Und Rasselbande? Das trifft es bestimmt genau!
Leon schnappt sich das Päckchen aus Trudels Händen und läuft ins Wohnzimmer. Trudel ihm nach.
Mama schiebt Millie am Rücken an. »Tschüs, mein Schatz«, sagt sie, »und viel Spaß.«
Pfff.
Und nun sind Millie und die kleine Schwester drinnen und Papa und Mama draußen. Millie hört noch, wie die Eltern die Treppe runterstapfen und unten die Haustür ins Schloss fällt. Dann ist sie allein. Mitten unter all diesen Pupsmäusen. Wenn Millie sich nicht vertut, dann müssten das acht oder neun oder zehn kleine Kinder sein, die auf dem Boden herumkrabbeln. Fast noch Babys! Das wuselt und wimmelt vielleicht! Soll sich Millie vielleicht zwischen sie hocken?
Nee, erst mal setzt sie sich auf einen Stuhl.
Auf dem Tisch im Wohnzimmer hat Leons Mutter ein Tablett mit Schoko-Muffins stehen.
Sonst nichts?
Na gut, Millie isst mal ein Muffin. Zwei. Drei.
Es gibt Tee aus rot-weiß gestreiften Pappbechern zu trinken.
Sonst nichts?
Na gut, Millie trinkt mal einen Becher Tee. Zwei. Drei.
Auf dem Fußboden liegt ein Mäusespiel mit Plastikkäsewürfeln und eingerissenen Spielkarten. Auch noch ein Holzfliegenpilz mit bunten Floh-Chips. Mäuse und Flöhe … das passt. Pfff. Millie muss ja nicht mitspielen. Die Pupsmäuse kommen gut alleine zurecht. Sie werfen mit Käsewürfeln um sich und reißen die Spielkarten noch mehr ein. Sie grapschen nach Muffins und krümeln herum. Und den Tee in den Bechern … den werden sie noch verschütten! Millie räumt die Becher weg und stellt sie in die Mitte des Tisches. Da müssen die Kita-Mäuse sie um Erlaubnis fragen, wenn sie trinken wollen.
Die bunten Flöhe springen durch das ganze Zimmer. Trudel auch. Na, die amüsiert sich vielleicht! Wenigstens muss Millie sich nicht um sie kümmern. Nur ab und zu ein Auge auf sie werfen. So heißt das, wenn man auf jemanden aufpasst.
Und nun wollen alle Kinder wieder was trinken. Millie teilt die Becher aus.
Manno, die ganze Bande nimmt die Pappdinger erneut mit auf den Boden. Dahin, wo die Flöhe hopsen und die Käsewürfel durch die Luft fliegen. Wenn das mal gutgeht!
Und jetzt kippt der eine und andere Becher um. Teepfützen bilden sich auf dem Boden. Igittigittigitt!
Ist es nicht schon Zeit, dass sie abgeholt werden? Wie viel Uhr noch mal? Millie hat keine dabei. Hätte sie wenigstens Mamas Handy, könnte sie nachschauen, wie spät es ist.
Leons Mutter wischt die Pfützen mit Küchenpapier weg. »Setz dich doch auch zu den Kiddies«, sagt sie zu Millie.
Kiddies!
»Ja!«, ruft Trudel. »Komm her! Mach ssson!«
Millie bequemt sich runter, setzt sich mit dem Hintern auf die angewinkelten Beine und stützt sich seitlich mit den Armen ab. Soll sie etwa auch Käsewürfel durch die Gegend werfen? Schönes Spiel, haha!
Jetzt rückt Leons Mutter auch noch die Wachsmalkreiden raus. Und große Papierblätter, die schon auf einer Seite bedruckt sind. Die Mäuse legen sich auf den Bauch und kritzekratzen darauf herum. Trudel kann wenigstens Sonnen zeichnen und Vergissmeinnicht und ein buntes Knusperhexenhäuschen.
Was machen die anderen? Nix als kritzekratze!
Leon versucht, mit grüner Kreide die Spitze von Millies Schuh anzumalen.
Millie zieht ihre Beine an. Mit den Händen umfasst sie die Fußspitzen.
Leon denkt wohl, das ist auch nur ein Spiel. Mit dem grünen Malstift will er zwischen ihren Fingern hindurch die Schuhe bekritzeln.
»Lass das! Finger weg! Ich sag’s deiner …« Eigentlich möchte Millie noch Mutter hinzufügen, aber sie kommt gar nicht dazu. Eines dieser schrecklichen Pupsmäuse krakelt mit roter Wachsmalkreide ihre Backe voll. Und Leons Mutter lacht dazu.
Alle lachen! Auch Trudel!
Es ist ein Überfall! Kann nicht mal jemand mit dieser Bande fertig werden? Kleine Kinder sind eine Plage! Gleich wird Millie noch heulen!
Leons Mutter hat Erbarmen. Sie lenkt die Kiddies ab und rückt eine Tüte mit Konfetti heraus. »Seht mal, was ich hier habe!«
Freudengeheul!
Kann sie nicht sehen, dass hier gleich das reinste Chaos ausbricht?
Und so ist es dann auch. Da fliegen die Papierschnipsel wie bunter Regen durch den ganzen Raum, verschwinden zwischen den Haaren, fallen in den Ausschnitt der Pullis und T-Shirts und pappen auf der Zunge.
Bäääh!
Millie spuckt und versucht, sich die Schnipsel von der Zunge zu pulen. Ist das nun ein Schokostückchen von den Muffins oder doch ein Schnipsel vom Konfettiregen?
Die Pupsmäuse sind nicht zu bändigen. Sie fangen die Papierfetzen mit den Händen ein oder schaufeln sie sich vom Boden. Sie bewerfen Millie damit.
Hört auf damit! Hört auf! Millie ist schon fast am Heulen. Mit einer kleinen Schwester allein kann sie noch fertig werden. Aber so viele Mäuse zusammen sind der reinste Horror. Wie gut, dass sie zu Hause nur zwei Kinder sind. Das reicht. Das reicht vollständig aus!
Da klingelt es an der Tür.
Mama?
Mama und Papa? Ja!
»Na, wie war’s?«, fragt Papa.
Bevor Millie sich noch beklagen kann, rufen die Pupsmäuse wie im Chor: »Schööön!«, oder – wie Trudelchen –: »Sssööön!«
Die kleine Schwester fügt hinzu: »Millie hat aufdepasst, jaha.«
Schon gut. Millie kann das ja.
Leons Mutter streicht Trudel über den Kopf und sagt: »Toll, so eine große Schwester zu haben, nicht wahr?«
»Ganss pima«, bestätigt Millies kleine Schwester, und während sie nun die Treppe hinabstapfen, sagt Papa zu Mama: »Wäre es jetzt nicht Zeit, die Kinder zu fragen …?«
»Nee«, meint Mama und wirft einen schnellen Blick auf Millies immer noch leicht gestresstes Gesicht. »Heute ist irgendwie nicht der richtige Tag.«
»Wir wollten doch nur hören, was sie dazu sagen würden …«, macht Papa weiter.
»Nicht heute«, unterbricht ihn Mama. »An einem anderen Tag.«
Och, für ein Mensch-ärger-dich-nicht-Spiel mit der ganzen Familie wäre Millie immer zu haben. Falls Papa meint, dass sie noch nicht genug gespielt haben. Was sonst hätten die Eltern denn meinen können?
Am nächsten Morgen muss sich Millie aber beeilen. Beinahe hätte sie verschlafen! Trudelchen pennt noch. Mama wird sie später in den Kindergarten bringen.
Fast hätte Millie in der Eile die Schale mit ihrer Kressezucht auf dem Küchenfenster stehen gelassen. Dabei wird heute in der Schule beim Sachkundeunterricht festgestellt, wer Gewinner ist. Beim Kressezucht-Wettbewerb! Die Konkurrenz ist groß. Zweiundzwanzig Mitbewerber! Wer gewinnt, bekommt den Hauptpreis von Frau Heimchen, Millies Lehrerin. Es gibt auch einen Trostpreis, aber den will keiner haben. Und Millies Kresseschale sieht aus wie ein kleiner grüner Garten.
Millie isst schnell im Stehen zwei Löffelchen von ihrem Müsli mit Bananenstückchen. Für mehr bleibt keine Zeit. Ihr Frühstücksbrot vergisst sie nicht. Das wird in der Klasse gegessen, vor der ersten großen Pause, wenn Frau Heimchen allen vorliest. Bitte heute eine schön gruselige Gespenstergeschichte. Oder eine Schulgeschichte, in der Kinder ihre Lehrer mal richtig ärgern. Bloß nicht so eine Nette-Familie-Story, bei der man gähnen muss.
Jetzt noch ein großer Schluck Orangensaft … und ab die Post. Küsschen, sie schon auf dem Schulhof. Hat es d, Mama!
Wie sie den Weg zur Schule rennt! Wie sie galoppiert! Die Sachen in ihrem Rucksack hopsen rauf und runter, die Brotdose und auch das Faulenzermäppchen mit den vielen bunten Stiften, klapperdiklapp.
Och, dort an der Ecke wartet ihre Freundin Kucki bereits auf sie. »Mach mal dalli!«, ruft die schon von weitem. »Sonst kriegen wir einen Eintrag!«
Nee, dass Millie zu spät zur Schule kommt, will sie nicht in ihrem Merkheft stehen haben. Denn eigentlich ist es Mamas Schuld. Die kam nämlich heute nicht rechtzeitig aus den Federn. Aber Mamas haben kein Merkheft, wo man solche Sachen reinschreiben kann.
Ob die Schale mit ihrer Kressezucht den Galopp überlebt hat?
Sieht noch gut aus.
Kucki hat keinen Kressegarten dabei.
»Hab vergessen, ihn zu gießen«, gibt sie zu.
Schlecht für sie. Gut für Millie, dann gibt es nur noch einundzwanzig Mitbewerber. Aber vielleicht kriegt Kucki den Trostpreis. Und das ist ja auch ein Preis. Immerhin.
Jetzt sind sie schon auf dem Schulhof. Hat es denn bereits zur ersten Stunde geklingelt und gebimmelt? Nur noch die Muttis der Erstklässler verabschieden ihre I-Dötzchen am bunten Stoppschild. Das ist das mit der Aufschrift:
Küsschen-Haltestelle
Bitte verabschieden Sie Ihr Kind hier am Tor und holen es auch dort wieder ab.
Danke.
Weiter dürfen Eltern nicht gehen. Küsschen, Küsschen vor dem Klassenraum … da würden sich ja alle Kinder kaputtlachen.
Millie und Kucki zwängen sich an den Muttis, die ihren erst vor wenigen Tagen eingeschulten Kindern sehnsüchtig nachschauen, vorbei. Okay … ein Papa ist auch da.
Jetzt ganz schnell die Flure entlangflitzen, die Jacke an den Kleiderhaken hängen, Schuhe wechseln und rein in die gute Stube … öhhh … in den Klassenraum.
»Na, wie toll, dass ihr es auch gerade so geschafft habt«, begrüßt die Lehrerin die beiden Nachzügler.
Warum … gerade so? Die Tür stand doch noch auf, Frau Heimchen! Das gilt noch!
Auf dem Lehrertisch stehen die Kresseschalen von … eins, zwei, drei … zwölf, dreizehn Mitschülern. Millies kleiner grüner Garten ist die Nummer vierzehn. Alle anderen Kinder haben wohl vergessen, ihre Zucht zu gießen, was?
Wieso bekommt der doofe Mario den Hauptpreis? Die rote Lutscher-Trillerpfeife? Weil seine Pflanzen aussehen wie ein großer grüner Wald? Wahrscheinlich hat er die Kresse mit Hühnersuppe gedüngt.
Einen Trostpreis gibt es heute nicht.
»Weil alle anderen außer Mario zweite Gewinner sind«, bestimmt Frau Heimchen. Na, die hat sich aber gut aus der Preisverleihung rausgemogelt!
Mario bekommt jedoch sofort einen Anschiss. Weil er seine Trillerpfeife sogleich ausprobiert, damit nicht aufhören kann und die schrillen Töne allen in den Ohren gellen. Er schaut Frau Heimchen frech an und beißt einfach ein Stück von seinem Pfeifenlutscher ab. Da pfeift die nicht mehr, und er guckt … doof.
Erste Stunde Sachkunde mit Arbeitsblatt: Zehn Fragen zu Vermehrung und Wachstum von Pflanzen.
Ist doch pipapo: Pflanzen vermehren sich durch … hmhmhmhmhm … durch … hmhmhmhmhm … und so weiter und so weiter.
Zweite Stunde Sachkunde mit Arbeitsblatt: Zehn Fragen zur Familie.
Heißt es Familienbaumstamm oder Familienstammbaum?
Haben sie das eventuell in der vorletzten Sachkunde-Stunde besprochen? Millie kann sich nicht erinnern. Sie hat wohl wieder mal an was anderes gedacht.
Wenn deine Schwester ein Kind bekommt, bist du dann der Onkel bzw. die Tante des Kindes?
Was heißt denn … bzw.? Trudel ist doch selber noch ein Kind, und zwar ein sehr kleines, die kann noch gar kein Kind bekommen. Millie auch noch nicht. Was sind denn das für blöde Fragen?
Wer gehört alles zu deiner Familie?
Na … Mama, Papa, Trudel und …
Nee, noch mal: Mein Vater, meine Mutter, meine Schwester und ich.
Was ist eigentlich mit Tante Gertrud? Ist die noch Familie oder ist sie nur Tante. Ach ja: Tante Gertrud ist Millies Großtante.
Puh, das war heute ein Tag! Hoffentlich kann sie nach der Schule in aller Ruhe mit Kucki zusammen ein Stück nach Hause gehen. Nicht dass der Uhu aufkreuzt und sie nervt.
Aber da ist er schon.
»Hallo Millie«, sagt er. »Ich hab dich in der Pause gar nicht gesehen.«
Gut so. Und halt die Klappe.
Aber er macht weiter. »Ich hab dich nach den Ferien überhaupt noch nicht gesehen. Wo warst du denn?«
Na, in der Schule, Blödmann. Und sie ausfragen, was sie in den Ferien gemacht hat, braucht er schon mal gar nicht.
»Ich habe mich mit meinen Hamstern getröstet«, fährt der Uhu fort.
Kucki schaut Millie von der Seite an und sieht aus, als müsste sie dabei vor Lachen fast rausprusten. »Hast du mit Hamstern geknutscht?«, erkundigt sie sich.
»Was heißt … geknutscht?«, fragt der Uhu nach. »Ich nehme sie ab und zu auf den Arm. Sie sind ganz weich und knuddelig. Und sie geben mir manchmal einen Nasenstups.«
Jetzt kann sich Millie auch nicht mehr beherrschen. Nasenstups! Nasenstups!!! Der Uhu ist schon eine Nummer!
»Du kannst dir ja mal meine Goldhamster anschauen, Millie«, meint er.
»Ich möchte sie dann auch sehen«, wirft Kucki ein. »Ich mag Hamster nämlich.«
Der Uhu schaut gequält drein. »Okay«, sagt er. »Ihr könnt beide kommen.«
Das kann er sich von der Backe putzen. Obwohl … seine Mutter ist sehr nett, die Uhu-Mutti. Wie die so einen nervigen Sohn bekommen konnte!
»Ich glaube, einer der beiden Goldhamster bekommt bald Junge.«
»Wie?«, fragt Millie. »Und das weißt du nicht?«
»Ist schwer festzustellen«, murmelt der Uhu.
»Was?«, will Millie wissen. »Dann muss doch einer von denen einen dicken Bauch haben.«
»Die haben beide dicke Bäuche«, sagt der Uhu. »Und ich weiß nicht, ob vom Essen oder vom …«
»Vom Knutschen!«, wirft Kucki grinsend ein.
Sie hat das ein bisschen zu laut gesagt. Die blöde Ziege Mercedes hat es mitbekommen. Sie war gerade dabei, die drei – Millie, Kucki und den Uhu – auf dem Weg bis zur Ecke, wo sich alle trennen müssen, zu überholen.
»Na, ihr habt da ja ein schönes Thema drauf«, kommentiert sie, läuft an ihnen vorbei und dreht sich dann noch einmal um. »Und du gibst dich mit den Kleinen ab?«, fragt sie den Uhu und blickt ihn direkt und hohnlächelnd an.
Der Uhu betrachtet Mercedes von oben bis unten. Sie sieht – zugegebenermaßen – gut aus, zickig, aber toll, da mit ihren schwarzen Sandalen, die sogar einen Blockabsatz haben, und mit ihrer losen Zippeljacke über dem Herzchen-Glitzershirt. Sie sieht fast schon erwachsen aus oder eher … wie eine Lady. Und dagegen ist der Uhu nur eine Rotznase, obwohl sie beide in die gleiche Klasse gehen, zwei Jahrgänge über Millie. Und über Kucki, nicht zu vergessen!
Millie hat schon mal versucht, den Uhu und die doofe Mercedes zusammenzubringen. Oder wie soll sie das ausdrücken? Hat jedoch nicht funktioniert. Und jetzt?
Der Uhu wendet den Blick von Mercedes ab und seufzt einmal tief.
»Ach, Millielein«, stößt er aus.
Jetzt reicht es aber!
Mama und Millie sind meistens mittags und auch danach noch allein. Trudel wird nachmittags von der Kita abgeholt. Nicht dass Mama und Millie bis dahin nichts als Memory oder Mikado spielen oder Sudoko