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Gwen hat ihr Ziel erreicht: Sie ist an ihrer Wunsch-Uni und kann studieren, was sie möchte; sehr zum Missfallen ihrer Mutter. Schnell stellt sich Drittsemestler Tristan als unwiderstehlich für Gwen heraus. Doch sie hat mit ihren Eltern eine Abmachung, die sie nicht brechen darf... Tristan hat sich selbst versprochen, seinen Ruf und das Leben als Frauenheld aufzugeben. Er will für seine Familie studieren und Geld verdienen. Doch Gwen stellt ihn auf eine harte Probe, der er noch nicht gewachsen ist. Altersempfehlung 18+. Dieser Roman enthält potenziell triggernde Inhalte.
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Seitenzahl: 387
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Das Buch:
Gwen hat ihr Ziel erreicht: Sie ist an ihrer Wunsch-Uni und kann studieren, was sie möchte; sehr zum Missfallen ihrer Mutter. Schnell stellt sich Drittsemestler Tristan als unwiderstehlich für Gwen heraus. Doch sie hat mit ihren Eltern eine Abmachung, die sie nicht brechen darf...
Tristan hat sich selbst versprochen, seinen Ruf und das Leben als Frauenheld aufzugeben. Er will für seine Familie studieren und Geld verdienen. Doch Gwen stellt ihn auf eine harte Probe, der er noch nicht gewachsen ist.
Die Autorin:
Die im Jahrgang 1989 in der Schweiz geborene Luna Cathedras wohnt und arbeitet mit ihrem Partner und zwei Katzen zur Zeit in einer Kleinstadt in Brandenburg. Dort schreibt sie ihre Bücher in der Hoffnung, viele Menschen rund um die Welt mit ihren Geschichten zu begeistern.
Solltest du als Leser:in mit den nachfolgenden Schlüsselwörtern aus irgendeinem Grund Probleme haben, steht es dir frei, das Buch zurückzulegen und weiterzugehen. Denn diese Geschichte, auch wenn frei erfunden und zu keinem Zeitpunkt gewollt auf Ereignisse und Personen (lebendig oder tot) in der realen Welt bezogen, wird all diese Schlüsselworte in irgendeiner Weise verarbeiten.
Du musst selbst entscheiden, wie und ob du dem gewachsen bist. Meine empfohlene Altersgrenze für dieses Buch ist 18+.
Schlüsselworte:
Expliziter Sex
Andeutung von Vergewaltigung
Trauma & Kindheitstrauma
Unfälle in verschiedenen Formen
Amnesie
Alkoholkonsum
Krieg & Kriegshandlungen, sowie PTBS
Toxische, krankhafte Besitzansprüche
Lesbenfeindliche Aussagen eines Charakters
Verherrlichung von Missbrauch durch einen Charakter
Tiermisshandlung & -tötung
Für alle, die nicht großartig darüber nachdenken, wie arm sie werden, wenn sie alle Bücher kaufen, die sie lesen wollen, sondern sie einfach nach und nach ihrem Drachenhort hinzufügen und nie wieder gehen lassen.
Prolog
SEPTEMBER
1. Gwen
2. Tristan
3. Gwen
4. Tristan
5. Gwen
OKTOBER
6. Tristan
7. Gwen
8. Tristan
9. Gwen
10. Tristan
11. Gwen
12. Tristan
13. Gwen
14. Tristan
15. Gwen
NOVEMBER
16. Tristan
17. Gwen
18. Tristan
19. Gwen
20. Tristan
21. Gwen
22. Tristan
23. Gwen
24. Tristan
25. Gwen
26. Tristan
DEZEMBER
27. Gwen
JANUAR
FEBRUAR
28. Tristan
MÄRZ
29. Gwen
30. Tristan
31. Gwen
32. Tristan
33. Gwen
34. Tristan
APRIL
35. Gwen
36. Tristan
37. Gwen
38. Tristan
39. Gwen
MAI
40. Tristan
JUNI
41. Gwen
42. Tristan
43. Tristan
44. Gwen
45. Tristan
46. Epilog – Gwen
»Das ist der Deal – nimm ihn an, oder lass es. Deine Entscheidung.«
Es muss noch irgendeinen Haken geben, den ich nicht sehe, denke ich mir. Das hier kann nicht alles sein, es ist zu einfach.
Ungeduldig wippt die Frau, die mir gegenüber elegant und aufrecht auf der vorderen Kante des Esszimmerstuhls sitzt, mit der Schuhspitze. Die manikürten Finger sind in gewohnter Pose auf dem Schoss verschränkt und der goldene Ehering blitzt auf, als die Frau sie mit minimalster Bewegung ein wenig streckt. Ihre Haare sind blond und zu einem perfekten Dutt am Hinterkopf frisiert. Ihre Gesichtszüge sind hart, die braunen Augen leblos und der Mund zu einem dünnen Strich zusammengepresst. Die Strenge und Missbilligung, die sie ausstrahlt, sind förmlich greifbar.
Der Mann, der auf der anderen Seite des Esstisches sitzt, ist das pure Gegenteil dieser Frau. Er trägt einen simplen, einfarbigen Pullover und Jeans, sein dunkelbraunes Haar lichtet sich bereits und seine grünen Augen strahlen eine liebende Wärme aus, während er schweigend auf meine Antwort wartet.
»Okay, ich nehme an«, entscheide ich, immer noch auf der Hut.
»Ausgezeichnet.« Die Frau erhebt sich und ein boshaftes, winziges Lächeln streift ihre alternden Züge.
Also habe ich doch etwas übersehen.
Langsam drehe ich mich im Kreis und betrachte das kleine Zimmer, das ich mir von nun an mit Theresa teilen werde. Ihr Koffer liegt auf dem ihr zugewiesenen Bett, die Klamotten quillen heraus und liegen in beinahe dramatischer Anordnung über all ihrem anderen Kram. Theresas Bett gegenüber steht das mir zugewiesene Exemplar. Gleich daneben steht ein kleiner Schreibtisch und ein simpler Klappstuhl ist daran angelehnt. Die kleinen Schrankregale für Klamotten und Bücher zwängen sich direkt daneben hinter die Tür. Ich runzle leicht die Stirn und denke mir, dass die Regale auf der anderen Seite des Zimmers niemals für alle Klamotten ausreichen werden, die Theresa in ihrem Koffer hat.
Mit einem kleinen Schritt ins Zimmer hinein beginne ich mein neues Leben an der Uni. Die Kinghorn High University – endlich bin ich da. Erst jetzt erlaube ich mir, langsam und kontrolliert, ein erleichtertes Aufatmen. So lange habe ich auf dieses Studium hingearbeitet, habe Nebenjobs angenommen und mein Taschengeld gespart, wo es nur ging. Und jetzt bin ich tatsächlich hier, um meinen Bachelor of Science in Computer Science and Design zu beginnen.
Theresa stürmt hinter mir hinein und quiekt tatsächlich leicht, als sie mich da stehen sieht. Ungestüm breitet sie die Arme aus, umfängt mich in einer ihrer berüchtigten Quetsch-Umarmungen und zwitschert mir ins Ohr: »Jetzt kanns endlich losgehen, Gwen!«
Ich zwänge mich aus der Umarmung, versuche wieder Luft in die Lungen zu pumpen und antworte: »Hoffen wir, dass es für uns beide das ist, was wir auch wirklich wollen.«
Theresa schnalzt missbilligend mit der Zunge und schlägt mir auf den Oberarm. Dann verschränkt sie die Arme und sieht mich prüfend an. »Du hast nicht dein ganzes Leben lang dafür geschuftet, um jetzt die ersten Zweifel zu bekommen! Wir packen das, Gwen.«
Ja, wenn ich deine Überzeugung hätte Theresa, will ich zynisch erwidern, doch ich sage es nicht. Schließlich hat sie ihren Traum der Wunsch-Uni in Amerika aufgegeben, um mit mir hier zu studieren. Wegen dieses bescheuerten Deals mit meiner Mutter. Dass Theresa das getan hat, bedeutet mir mehr als alles andere – und ich hoffe, sie weiß das.
Aber Theresa lässt mir heute keine Zeit für meine Grübeleien. Sie dirigiert mich vor mein Bett, ordert mir auf, auszupacken, und tut dasselbe.
Als wir damit fertig sind, wäre ich eigentlich schon dazu bereit, mich hinzulegen und mich auszuruhen, doch sie lässt mich nicht. Sie packt meinen linken Arm und zerrt mich wieder hinaus auf den Campus. Schnell schnappe ich mir noch mein Taschenbuch Der kleine Hobbit, welches ich – zum gefühlt hundertsten Mal – lese und folge Theresa notgedrungen hinaus. »Socializing« nennt sie es, wenn sie mich mit sich schleppt und wildfremde Menschen anquatscht, um zu sehen, ob sie für uns als potentielle Bekannte in Frage kommen. Für uns, ja – denn ich bin das Gegenteil von Theresas Optimismus und Offenheit, und damit muss man erst mal umgehen können, wenn man uns kennenlernt.
Sie hat mich nach einer Weile auf einer Bank zurückgelassen, um die neuen Bekanntschaften zu schließen. Doch das stört mich nicht, Theresa ist nun einmal die Extrovertierte und ich die Introvertierte. Zusammen ergänzen wir uns und wissen um die Makel der anderen. Wobei ich persönlich es nicht als Makel sehe: Es ist einfach.
Charaktertypen setzen sich aus meiner Sicht aus vielen Dingen zusammen: einmal die nuancierten Abstufungen der Extro- oder Introvertiertheit, dann die Charakteristiken des eigenen Sternzeichens und schlussendlich die Einmischung der Lebenserfahrungen.
Während ich noch so dasitze und über dieses Thema grüble, stürmt Theresa mit wild rudernden Armen aus einem Durchgang auf mich zu. Eine Sekunde lang bin ich in Alarmbereitschaft, doch dann sehe ich das strahlende Lächeln auf ihrem Gesicht und die Sorge wandelt sich in Schrecken. Ich stöhne auf, will mich erheben und in den Wohnblock gehen, als hätte ich Theresa nicht gesehen.
Alles, nur keine weiteren soziale Kontakte heute, flehe ich innerlich. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit meiner leeren Batterie.
»Gwen! Komm! Party bei den Typen aus dem dritten Semester!«, ruft sie, als sie noch einige Schritte entfernt ist.
Ich verziehe ablehnend mein Gesicht, werde aber schon am Arm gepackt und mit in Richtung unseres Zimmers gerissen.
»Theresa, bitte nicht«, jammere ich lautstark, doch sie lacht nur und zieht mich den ganzen Weg zurück in unser frisch bezogenes Zimmer hinter sich her.
Eine geschlagene Stunde später stehen wir vor einem Verbindungshaus »der Typen aus dem dritten Semester« und warten darauf, dass Theresa nochmals ihr Outfit geprüft hat. Sie trägt ein eng anliegendes, rosa Kleid, dass ihre Beine optisch verlängert. Die hautfarbenen High Heels und die dezenten Schmuck-Akzente lassen sie ein wenig strahlen.
Unsicher sieht sie mich über ihre Schulter an, als wir die Treppe hinauf steigen. »Du bleibst in der Nähe, ja?« Ich schnaube belustigt und sage nur: »Was soll ich sonst tun Theresa, abhauen und dich den Wölfen zum Fraß vorwerfen?« Sie kichert und tritt hinein ins Partygetümmel. Ergeben seufzend folge ich ihr.
Ich habe keine Ahnung, wie Theresa das immer macht mit den Bekanntschaften, den Partys und alldem, aber ich will es ja auch gar nicht wissen. Solange sie weiß, dass ich auf sie aufpasse, und ich heimlich ein eBook auf meinem Smartphone lesen kann, hat sie nichts dagegen, wenn ich muffelig in ihrer Nähe rumstehe. Das ist einer der Nachteile der Extrovertiertheit – in meinen introvertierten Augen natürlich.
Ich checke also die Lage, sehe Jungfer Theresa nicht in Nöten und zücke mein Smartphone, um mir ein neues eBook mit meinem Abo herunterzuladen. Dann beginne ich zu lesen, ab und zu überprüfe ich, wo Theresa gerade steckt, und folge ihr unauffällig durchs Gebäude.
Die Party heute Abend war eigentlich für eine etwas kleinere Runde gedacht. Mein bester Freund Harry jedoch wollte nichts davon hören und hat schnurstracks jede Person eingeladen, der er heute auf dem Campus begegnet ist – somit ist die Bude voll bis unters Dach, kurz, nachdem Harry die Party für eröffnet erklärt hat. Innerlich seufze ich erschöpft aus. Ich will einfach nur schlafen.
Die Reise von zuhause dauert jedes Mal sieben Stunden mit dem Zug – wenns gut läuft. Heute hat es neun Stunden gedauert. Mit meinem Seesack habe ich zwar relativ wenig Gepäck, aber neun Stunden in diesen kleinen Plastiksitzen mit viel zu wenig Raum für die Beine, das ist jedes Mal die Hölle.
Aber kaum bin ich auf dem Campus angekommen, hat sich Maggie mir an den Hals geschmissen. Laut meinem Wissen sind wir eigentlich seit vor den Semesterferien getrennt – Maggie hat das wohl vergessen. Ich konnte sie gerade lang genug abwimmeln, um vor der Party zu duschen, mich umzuziehen, und heimlich aus dem dritten Stock ins Erdgeschoss zu schleichen, ohne dass sie wild kreischend auf mich zu gerannt kam.
Hoffentlich sind nicht alle Frauen so, denke ich kopfschüttelnd, als ich die letzten Stufen ins zwielichtige Erdgeschoss nehme. Wäre schade, mit einem wilden Biest leben zu müssen, dass sich vor Gekreische nicht mal intelligent zu artikulieren weiß.
Etwas Leuchtendes lenkt mich von meinen Gedanken ab. Neugierig werfe ich einen Blick übers Geländer. Direkt unter mir, leicht an die Wand gelehnt, steht eine junge Frau mit blonden Haaren, die Locken fallen ihr ins Gesicht, da sie nach unten auf ihr Smartphone schaut. Sie liest. Überrascht ziehe ich meine rechte Augenbraue hoch und muss lächeln.
Na das ist doch mal interessant, denke ich mir.
Die Musik dröhnt nur so gegen die Ohren, die Leute schreien sich gegenseitig an. Es ist ziemlich einfach, mich hinter die junge Dame zu stellen ohne dass sie es bemerkt und einige der Zeilen mit zu lesen, die sie vor sich hat.
Urgh, Romance! Ich verziehe abfällig den Mund. Typisch Mädchen.
Da schaut sie plötzlich hoch, als hätte sie mich bemerkt – doch sie blickt nur in die Menge, bis sie jemanden findet, dann liest sie weiter. Ich lasse das Spielchen noch zweimal zu, beobachte sie, ehe ich mich bedrohlich hinter ihr aufbaue, die Arme vor der Brust verschränkt, und sie laut frage: »Liest du etwa tatsächlich auf meiner Party?«
Die Unbekannte schreckt zusammen, lässt das Display ihres Smartphones sofort schwarz werden und fährt herum, um mich anzustarren. Ihr Blick ist feurig und wild, aber auch vorsichtig und beinahe scheu. Wie ein wildes Reh, das zwar die Lage checkt, aber jederzeit bereit zum Sprung in den sicheren Wald ist. Ihre Haare sind lang, reichen ihr bis zur Brust. Doch ihre Augen sind grün wie Moos, wie Sommerwälder in der Dämmerung. Sie ist nicht dick, aber auch nicht dünn. Sie hat tolle Rundungen, die sie allerdings nicht zur Geltung bringt, denn sie trägt eine einfache Röhrenjeans und ein schwarzes T-Shirt mit Rundhalsschnitt.
Wahrscheinlich ist ihre Haut weich wie Seide, wenn man sie anfasst, schießt mir ein Gedanke durch den Kopf.
Doch da bemerkt sie, dass ich sie ebenfalls anschaue, und ihre Ohren werden wortwörtlich tomatenrot. Beinahe muss ich laut losprusten, so niedlich sieht das aus, doch ich kann noch an mich halten.
Und da ist die plötzliche Reaktion des Rehs, sie will abhauen. Ihr rechtes Bein hebt sich schon für einen ersten Schritt. Instinktiv versperre ich ihr den Weg mit meinem Arm, und als sie irritiert innehält, kann ich mir ein Schmunzeln nicht mehr verkneifen.
Ich beuge mich zu ihr hin, ganz langsam, damit sie sich nicht erschreckt, und sage laut genug, dass sie es hört: »Beantworte die Frage, dann darfst du fliehen, kleines Reh.«
Es scheint wohl die falsche Frage gewesen zu sein, denn sie zieht genervt die Augenbrauen zusammen und schießt giftig zurück: »Was interessiert es dich, was ich mache?«
Sofort ziehe ich mich zurück. Heute kann ich keine Zickereien mehr ertragen, ich bin zu müde dafür. Ich nicke also in Richtung der Freundin, die dieses junge Ding wohl aus der Ferne beobachtet und sage noch: »Flieh schon, kleines Reh.«
Dann mache ich mich aus dem Staub.
Kurz nachdem ich mir einen Wodka mit RedBull gemischt habe, steht Maggie neben mir. Sie legt ihre linke Hand besitzergreifend auf meine Kehrseite, und die Rechte gleitet sofort unter mein Shirt, um Körperkontakt herzustellen. Mit piepsiger Stimme schreit sie mir ins Ohr: »Ich will ficken, Tristan. Ich habe den ganzen Sommer über auf dich gewartet.«
Wer‘s glaubt, meine Liebe.
Aber ich bin anscheinend der ergebene Boyfriend, exe meinen Wodka-Mix und lasse mich von Maggie wieder nach oben in mein Zimmer ziehen, kaum habe ich meinen Becher abgestellt.
Maggie ist bereits total dicht, das merke ich sofort. Ihr Atem stinkt nach Alkohol, ihre Lippen treffen meine nur knapp und sie knutscht halb meine Wange.
Mit ein wenig Nachdruck stoße ich sie von mir und versuche, ihren Mund lange genug von meinem Gesicht fernzuhalten, um ihr zu sagen, dass sie erst mal ein Glas Wasser trinken soll. Aber Maggie hört nicht einmal zu, sie lässt sich auf die Matratze hinter sich plumpsen und versucht krampfhaft, meine Jeans zu öffnen.
»Maggie«, herrsche ich sie in bestimmtem Tonfall an, just in dem Moment, als sie die Jeans aufbekommen und ihre Hand um meinen Schwanz gelegt hat. Ich starre sie so lange an, bis sie den Kopf hebt und mich anschaut. Sie merkt wohl, dass ich nicht in Stimmung bin, denn sie fängt an, eine Schnute zu ziehen. Weinerlich quiekt sie vor sich hin: »Ich wollte nicht mit dir Schluss machen Tristan, ehrlich. Meine Eltern wollen nur nicht, dass ich mich jetzt schon für jemanden aufgebe, wenn mein ganzes Leben noch vor mir liegt. Ich habe den ganzen Sommer über nur an dich gedacht, Tristan.«
So langsam werde ich echt sauer.
Hast du an mich gedacht, oder nur an meinen Schwanz in dir?, frage ich beinahe, doch ich kann es gerade noch zurück halten. Stattdessen frage ich: »Hast du schon mal dran gedacht, dass ich deine Psychospielchen satthabe?«
Jetzt zittert ihr Kinn bedrohlich und ich weiß, dass sie gleich losheult. Doch das ist mir egal. Für mich ist der Moment der Trennung ein Befreiungsschlag gewesen. Ich will auf gar keinen Fall zurück in dieses Etwas, das sie Beziehung nennt.
Maggie hatte sich seit dem ersten Semester an mich ran gemacht. Zu jener Zeit hatte sich mein Leben noch nicht verändert, ich war noch dumm und jung und sah zudem gut aus. Die nordischen Tattoos über meinen Schläfen und meine schwarzen langen Haare, die ich zu kleinen Zöpfen geflochten hatte, waren ein Frauenmagnet. Was auch beabsichtigt war und funktioniert hatte: Jede Frau, die meinen Standards genügte, konnte mich haben, wenn sie wollte.
Doch als ich Maggie erst einmal rangelassen hatte, hatten sich alle anderen Kandidatinnen urplötzlich von mir abgewandt. Maggie hatte sie alle fest im Griff – ich war offiziell vergeben und wurde darüber nicht einmal informiert, bis sie mit mir das Dreimonatige feiern wollte. Dabei wollte ich keine Beziehung, ich wollte einfach nur meinen Dampf ablassen nach all dem Büffeln. Doch Maggie hatte mich in ihrem eisernen Griff und hielt mich gefangen, bis ihre Eltern erfuhren, dass sie mit einem Typen schlief, der nicht adelig war und sogar Tattoos am Kopf hatte. Das war der Start der Trauertage, wie Maggie mir diese Woche beschrieben hatte, in der sie sich gegen ihre Eltern gewehrt hatte. Aber am Ende hatte sie nachgegeben.
Wenn Daddy den Geldhahn zudreht, ist bei den meisten reichen Kids der Spaß plötzlich vorbei, höhne ich in Gedanken.
So frei, wie ich nach dem Ende dieser falschen Beziehung war, hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.
Maggies Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Jetzt heult sie wirklich. Ich verdrehe die Augen und ziehe den Reißverschluss meiner Jeans hoch, setze mich neben sie und lege ihr einen Arm um die Schulter. Sie lehnt sich an mich, heult und heult und heult, und ich sitze nur da und halte sie. Als sie sich ein wenig beruhigt hat, meint sie krächzend: »Dann willst du wirklich nicht mehr mit mir zusammen sein?«
Jetzt seufze ich laut. Dann schüttle ich den Kopf und erwidere leise: »Nein Maggie, ich will momentan mit niemandem zusammen sein. Meine Sommerferien waren eine reine Katastrophe und ich muss mir über einige Dinge klar werden. Für die Zukunft, für meine Familie.«
Als würde dich das ernsthaft kümmern, hänge ich in Gedanken noch dran. Aber Maggie entzieht sich mir schon und steht auf. Sie wankt ins Bad und richtet ihr Make-up, dann trinkt sie direkt aus dem Wasserhahn ein paar Schlucke Wasser.
Ohne einen weiteren Blick auf mich verschwindet sie aus meinem Zimmer. Ich zucke mit den Schultern, denke mir, wie einfach das gewesen ist, und beginne den Abend meiner Party nun so richtig.
Ich sehe, wie die hübsche Rothaarige die Treppen wieder herunter stakst. Ihre High Heels machen es ihr im Halbdunkel etwas schwierig und ihre Augen scheinen etwas verquollen zu sein. Kurz darauf folgt der Typ, den ich seit vorhin im Auge behalten habe.
Nur zur Sicherheit, denke ich mir. Aber ich weiß genau, dass ich ihn heiß finde. Nicht nur auf die OMG-Fuckboy Art und Weise, nein – er hat etwas an sich, das mich fasziniert. Ich will so gern mehr über ihn wissen, ihn näher kennenlernen.
Natürlich finde ich ihn auch heiß, keine Frage. Ich rufe mir seine Erscheinung nochmals kurz in Erinnerung, schwelge darin.
Seine Augen sind mir unergründlich erschienen, als er mich beim Lesen erwischt hat – er hat regelrecht auf mich herabgefunkelt. Und ich bin mir nicht sicher über seine Augenfarbe. Für eine Sekunde schienen sie silbern zu sein, doch dann war es doch eher sehr helles Blau – wie Eis. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Doch eher ein wenig creepy, denke ich im Nachhinein.
Die Haare dieses Kerls sind ebenfalls interessant: Er trägt sie oben und hinten sehr lang, zu einem Dutt am Hinterkopf geschnürt. Die Seiten seines Schädels sind rasiert und ich glaube, er hat dort Tattoos. Zumindest habe ich markante, dunkle Linien erkennen können, die an nordische Muster erinnern.
Belustigt schmunzle ich.
Hat wohl zu viel Vikings gesehen, tippe ich.
Aber sein Gesicht ist nicht dieses klassische markante, kantige Gesicht, auf das die neumodischen Mädchen so stehen. Nein, es ist noch ein wenig weich, noch nicht ganz ausgereift, aber man kann erkennen, dass er ein sehr attraktiver Mann sein wird. Das gefällt mir definitiv.
Was mir ebenfalls aufgefallen ist, ist seine Haltung: Kerzengerade, selbstbewusst und selbstzufrieden. Die Muskeln unter dem eng anliegenden T-Shirt mit Star Wars Aufdruck schienen nicht übertrieben zu sein.
Ach, das führt alles zu nichts!, maßregle ich mich, als würde ich gerade zur Besinnung kommen. Du hast einen Deal abgeschlossen und das schließt ihn nun mal aus.
In diesem Augenblick stellt sich Theresa zu mir und hält mir einen Becher mit dunkler Flüssigkeit vor die Nase. »Ist nur Cola«, schreit sie mir über den Musiklärm zu. Ich nicke dankend, nippe an der Cola und folge mit den Augen dem Vikings-Verschnitt. Theresa folgt wiederum meinem Blick, grinst mich an und deutet mit einem Finger auf ihn. »Der solls sein, ja?«
Beinahe verschlucke ich mich an meinem Getränk und huste leicht. »Wie bitte?«
Theresa zuckt mit der Schulter und lacht, dann meint sie: »Denkst du, ich hab nicht gesehen, wie du ihn stalkst?«
Bevor ich etwas erwidern kann, fährt sie fort: »Normalerweise sind alle deine Blicke kurz und knapp, Gwen – typisch analytisch eben. Dem da folgst du mit deinen Augen, als hätte er ein Magnet passend zu deinem in der Tasche. Oder in der Hose.«
Verärgert presse ich meine Zähne aufeinander. Wie kann Theresa so aufmerksam sein, wo sie doch mitten im Partygetümmel von Menschen umgeben ist, die um ihre Aufmerksamkeit buhlen?
Theresa bemerkt meine Verärgerung. Sie stupst mich mit dem Ellbogen in die Rippen, nickt zu Mr. Unbekannt rüber und geht los. Ich versuche noch, sie aufzuhalten, ihr in Erinnerung zu rufen, dass das zwecklos ist, aber wenn Theresa etwas vorhat, dann lässt sie sich nicht stoppen, bis sie zumindest etwas erreicht hat – egal wie dieses Etwas dann Form annimmt.
Folglich bleibt mir nur, mein Smartphone in die Jeans zu stecken und ihr zu folgen – denn dafür bin ich ja ursprünglich hergekommen, oder? Ich passe passiv-introvertiert auf Theresa auf, während sie ihre manisch aufgedrückte Extrovertiertheit auslebt. Wie immer.
Großartig, Gwen, wirklich.
»Hey, wie heißt du?«, schreit Theresa den Vikings-Verschnitt an, als sie an der Bar zum Stehen kommt. Der Typ kippt sich gerade den dritten Wodka-Mix hinter die Binde.
Wenn der so weiter macht, ist er in einer halben Stunde ausgeknockt, analysiere ich leicht besorgt.
Er dreht sich zu Theresa, scheint sie nach nur einem kurzen Seitenblick zu erkennen und dreht sich prompt noch weiter um, nur um mich mit einem selbstgefälligen Lächeln anzustarren. So gut es mit einem weiteren vollen Becher Wodka eben geht, verschränkt er die Arme vor seiner Brust, lehnt sich ein wenig zurück an die Bar und genießt die Situation. »Willst du das wissen, kleines Reh? Oder ist es tatsächlich die hier«, er deutet mit dem Daumen neben sich auf Theresa, »die interessiert ist?«
In mir rumort unterdrückter Frust gegen peinliche Berührtheit um die Wette. Frust, weil er mich immer noch so nennt, weil ich ihn so toll finde, obwohl er sich wie ein totaler Idiot verhält und weil ich so verdammt schüchtern bin. Peinliche Berührtheit, weil er mich ertappt hat, weil mein Herz flattert und ich genau weiß, dass ich keinen Gedanken an ihn verschwenden sollte, denn ich bin zum Lernen an diese Uni gekommen und der Deal muss eingehalten werden.
Ich hole tief Luft, um mir Mut zu machen, trete genau vor ihn hin und lasse ihn nicht aus den Augen. »Ich will es wissen. Du bist unhöflich und ich will wissen, wen ich in Zukunft meiden sollte.«
Kurz huscht ein verwirrter Ausdruck über sein Gesicht, die Augenbrauen ziehen sich zusammen – aber dann ist er wieder ganz der unbeschwerte Kotzbrocken. Seine Augen funkeln böse auf mich herab. Er ext einen weiteren Becher, knallt ihn auf den Bartresen und beugt sich zu uns, damit wir ihn besser hören können. »Mein Name ist Tristan. Die Party hier ist für meinen Geburtstag gedacht, der in den Sommerferien lag. Ich bin im dritten Semester – Informatik. Ihr seid Erstsemester, oder? Es würde mir sehr viel Spaß bereiten, mit euch beiden öfter mal abzuhängen.«
Theresa lächelt, stellt uns beide vor und kurze Zeit später sind die beiden in eine Anekdote aus ihrer Vergangenheit vertieft. Wie üblich rutsche ich automatisch in den Hintergrund. Doch diesmal zücke ich nicht mein Smartphone. Ich will so lange wie möglich ungestört diesen Typen – Tristan – beobachten. Menschen zu analysieren ist schließlich nicht umsonst ein Hobby von mir.
Doch Tristan lässt nicht zu, dass ich allzu sehr abdrifte. Immer wieder huscht sein kühler Blick prüfend zu mir herüber, er stellt mir Fragen, die sich einfach beantworten lassen und belässt es dabei.
Nach nur wenigen Minuten gesellen sich weitere Leute zu uns. Tristan tritt einen Schritt zurück, stellt mich somit mehr ins Rampenlicht und stellt Theresa und mich seinem Freundeskreis vor.
»Das sind Theresa und Gwen, frisch eingetroffene Erstsemester«, grinst er dem anderen Typen zu. Der lächelt offen, die braunen Augen sind warm und freundlich, und er schüttelt uns abwechselnd die Hände, während er schreit: »Harry! Freut mich!« Dabei fallen ihm die blonden Haare ein wenig in die Stirn, die er sich sofort wieder wegstreicht. Obwohl er gebaut ist wie ein Footballspieler, erscheint er mir so, als könnte er durchaus sanft und feinfühlig sein.
Er nippt an seinem Becher und lässt seine zierliche Begleitung vortreten. Diese ist noch kleiner als ich, und ich bin nur in etwa einsfünfundsechzig groß. Doch ihre Haltung strahlt pure Selbstsicherheit aus. Sie trägt die braunen Haare in einem Pixie-Cut und schwarze Ohrringe zieren ihr linkes Ohr von oben bis unten.
Sie umarmt uns flüchtig und meint: »Sophie, hi. Maggie ist leider schon gegangen, aber sie würde sich sicher freuen, euch kennen zu lernen.«
Hinter mir höre ich ein Schnauben von Tristan. Er mixt sich gerade den zehnten Drink an der Bar, und bisher schwankt er nicht einmal.
Das ist ungewöhnlich, huscht es mir durch den Kopf.
Er stellt sich wieder neben mich und schreit mit eiskalter Stimme, während er seinen Becher ansetzt: »Die ist nur sauer, weil sie meinen Schwanz nicht mehr haben kann.«
Vollkommen perplex versuche ich, zu verarbeiten, was er gerade gesagt hat, und auch Theresa sieht konsterniert aus. Harry jedoch bricht in Gelächter aus, schlägt sich mit der Hand auf den Oberschenkel und wischt sich mit den Fingern über die Augen.
Tristan scheint keinen Filter auf der Zunge zu tragen, so viel wird mir klar. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich es gut oder schlecht finde, denn ich bin es gewohnt, zuhause jedes Wort und jeden Laut auf die Waagschale zu legen, bevor sie meinen Mund verlassen.
Sophie schnaubt, ihr Blick halb mitleidig, halb abfällig auf Tristan gerichtet. »Sie wollte wieder mit dir zusammen kommen, oder?«
Tristan nickt nur. Seine Augenbrauen sind zusammen gezogen und er sieht beinahe wütend aus, als er antwortet: »Sie meinte, dass sie den ganzen Sommer nur an mich gedacht hätte, und die Trennung von ihren Eltern ausging. Aber dass sie mich von vornerein verarscht hat, hat sie mit keiner Silbe erwähnt.«
Nun bin ich neugierig. »Verarscht?«, rutscht es mir heraus, bevor ich an mich halten kann.
Sein Blick zuckt zu mir, er lächelt leicht und sagt bittersüß: »Ich wollte nur Sex. Sie jedoch hat allen erzählt, dass wir ein Paar sind und irgendwann haben das alle geglaubt. Zwei ganze Semester lang war ich ihr Sklave. Keine andere wollte mehr mit mir schlafen.«
»Oh«, antworte ich nur.
Selber Schuld, dass du gefragt hast, schelte ich mich innerlich. Also ein Aufreißer höchsten Grades. Danke, nein. Hatte ich schon, verzichte.
Ich will mich wieder unauffällig zurückziehen, da stellt sich Tristan wie zufällig schräg hinter mich. Es kommt mir so vor, als ob er mich beobachtet. Ich schaudere und greife nach meinem jetzt leeren Becher Cola, der auf dem Tresen steht, damit ich ihn nicht immer in der Hand halten muss. Er ist leer. Ich drehe mich zur Bar, doch Tristan nimmt mir den Becher wortlos ab. Seine Finger sind unglaublich warm, wahrscheinlich von dem ganzen Alkohol, den er in sich hinein kippt. Aber ich kann auch Schwielen spüren, wie von harter körperlicher Arbeit. Ich beobachte ihn dabei, wie er mir eine neue Cola einschenkt und mir den halbvollen Becher in die Hand drückt.
Tristan ist schon wieder voll im Gespräch, als ob er das alles nur nebenbei gemacht hätte. Stirnrunzelnd nippe ich an der neuen Cola, genieße, wie das kühle Getränk mich minimal herunterkühlt.
Langsam bekomme ich Kopfschmerzen, ich merke es daran, wie mein Hinterkopf anfängt, sachte zu hämmern. Seufzend stelle ich den Becher wieder auf den Tresen und trete näher zu Theresa. Sie beugt sich automatisch näher zu mir, lächelt aber gleichzeitig in die Runde der anderen, als würde sie aufmerksam zuhören.
»Es wird Zeit zu gehen.«
Sie nickt, stellt ihren eigenen Becher sofort ebenfalls an die Bar und umfasst meinen Unterarm. Dann lächelt sie entschuldigend und wir verabschieden uns von den anderen. Ich führe sie durch das Gedränge in Richtung der Tür und achte darauf, dass wir nicht mit klebrigen Flüssigkeiten überschüttet werden, die achtlos weggestoßen und -gekippt werden.
Wer macht das alles nur sauber?, frage ich mich. Die Studenten sicher nicht, füge ich skeptisch hinzu.
Sobald wir vor die Tür treten, stöhne ich erleichtert auf. Die Kälte tut meinem Kopf ungeheuer gut. Ich höre Theresas leises Lachen und frage nur: »Was?«
Sie schüttelt nur den Kopf, und wir treten hinab auf den Kiesweg, der zum Durchgang in Richtung des Eingangs unseres Schlaftrakts führt. Den Weg über schweigen wir, halten Händchen, damit ich Theresa in ihren High Heels auf dem Kies stabilisieren kann und genießen einfach die willkommene Frische, die uns umgibt.
Sobald wir in unserem Zimmer angekommen sind, kickt Theresa die Schuhe von ihren Füssen und stöhnt so laut auf, dass ich die Augenbrauen hochziehe.
»Warum trägst du die, wenn sie so unbequem sind?«, will ich wissen. Sie wackelt mit den Zehen, wippt ein paar Mal vor und zurück, dann geht sie in Richtung Bad. »Was Frau tut, um schön zu sein«, höre ich sie noch trällern, während sie die Tür hinter sich schließt.
Als ob du dafür solche Schuhe bräuchtest, will ich hinterher schießen, doch ich lasse es bleiben. Ich bin zu erschöpft und meine soziale Batterie ist so leer, dass ich wahrscheinlich drei Tage lang alleine in einer Ecke liegen könnte, und sie wäre noch nicht wieder aufgeladen.
Die Tür geht schneller wieder auf, als ich angenommen habe. Theresas Stimme weht zu mir herüber. »Gwen?«
Ich schiele um die Ecke. Sie steht vor dem Spiegel am Waschbecken und bürstet vorsichtig ihre Latinalocken. »Ja?«, frage ich vorsichtig zurück.
Wer weiß, was sie jetzt wieder will.
Ihr Blick im Spiegel richtet sich auf mich und sie sieht ernst aus, als sie meint: »Du fandest ihn gut, oder? Tristan meine ich.«
Ich zucke mit den Schultern und lehne mich an den Türrahmen. Meine Brauen ziehen sich zusammen. »Es ist egal, wie ich ihn finde«, füge ich entschlossen hinzu.
Theresa seufzt, legt die Bürste weg und dreht sich mir zu. Sie sieht mir lange in die Augen und legt ihre Hände auf ihre ausladende Hüfte. »Ich wusste es. Dieser Deal ist so scheiße, Gwen. Wieso hast du dich nicht erst mit mir abgesprochen?«
Ich will sie unterbrechen, doch sie hebt drohend ihre rechte Hand und zielt mit dem Zeigefinger auf meine Brust. »Du sprichst dich immer mit mir ab. Warum also hast du einfach angenommen, ohne nochmals klar darüber nachzudenken? Du weißt, wie deine Mutter ist, und dass sie dir dein Leben zur Hölle auf Erden macht, seitdem du dich ihr verweigerst.«
Ergeben seufzend schließe ich die Augen, fasse mir mit meiner linken Hand an die Nasenwurzel und drücke zu. Sanfter Schmerz durchzuckt mich. Das ist meine Art, wie ich ihre Standpauken ertrage, ohne komplett auszurasten.
»Gwen«, spricht Theresa nun sanfter. »Du hast doch sicher geahnt, dass sie dir einen Strick daraus dreht.«
»Natürlich wusste ich das«, fahre ich sie an. Meine Augen schießen regelrecht auf, ich lasse die Hand fallen und starre meine beste Freundin an. »Jedoch ging ich nicht davon aus, dass dieser Teil des Deals mir auch nur den Hauch von Schwierigkeiten einbringen würde. Zusätzlich gilt allerdings auch, dass nur weil ich irgendeinen Typen toll finde, das nicht sofort heißt, dass ich mich mit ihm einlasse. Ganz abgesehen davon habe ich nicht vor, mich von einem offensichtlichen Frauenhelden als Sexobjekt behandeln zu lassen. Das hatte ich bei Donovan zu genüge.«
Ihre Arme fallen hilflos an den Seiten herab und Theresas Blick wird mitleidig.
Wie ich das hasse; diesen Blick. Dieses Mitleid. Ich tue ihr das ja auch nicht an, also warum macht sie es umgekehrt bei mir?!
Endgültig wütend stoße ich mich vom Türrahmen ab und stampfe zu meinem Bett, wo ich mich umziehe und darauf warte, dass Theresa im Bad fertig ist.
»Also?«
Theresa liegt in ihrem Bett, ich in meinem. Die Lichter sind gelöscht, wir sind beide bereit für den Schlaf. Aber in meinem Kopf dröhnt immer noch die Musik und das bringt mich weiterhin auf die Palme.
Beinahe hätte ich Theresas Frage überhört, doch dann stelle ich nur eine Gegenfrage: »Und was?«
Da lacht sie leise. »Magst du sie? Die Leute, die wir heute Abend kennen gelernt haben?«
Ich starre an die Decke, male mit meiner Fantasie Muster in die Tapete. »Wie soll man nach einer so kurzen Begegnung beurteilen, ob man jemanden mag, Theresa?«
Diesmal antwortet sie nicht mehr.
Kurz nachdem Gwen und Theresa gegangen sind, spricht mich eine Schwarzhaarige in superengem Top und Leggins an. Ihre Augen glitzern aufgeregt. Ich kenne diesen Blick: Sie will mich ins Bett kriegen – oder wo auch immer es ihr angenehm genug ist.
Da mein Tag bisher beschissen verlaufen ist, spreche ich mir in Gedanken gut zu: Noch ein letztes Mal, um alter Zeiten willen.
Ich beuge mich zu ihr hinab, lächle sie verführerisch an, während wir irgendeinen beschissenen Smalltalk betreiben, der mich null interessiert. Er dient nur der Gesamtperformance – ganz so, wie ich es gelernt habe. Gelegentlich streiche ich ihr mit meinem Finger über die Arme, bereite ihr Gänsehaut.
Und als ich mit dem Kopf zur Treppe nicke und fragend die Augenbraue hebe, lächelt sie begeistert und lässt sich von mir bereitwillig in eines der vielen Schlafzimmer im Verbindungshaus führen. Nicht meines – niemals. Niemand teilt mein Bett mit mir, nicht einmal Maggie hat das geschafft.
Doch irgendwie will es heute Abend bei mir nicht so recht funken. Die Tür fällt hinter der Schwarzhaarigen ins Schloss und sie lehnt sich verführerisch dagegen.
Ich will sie nicht einmal küssen, und ich bin kurz davor, die Sache abzublasen, doch da zieht sie schon ihr enges Top hoch und grabscht mit ihren eigenen kleinen Händen an ihren Brüsten herum. Ihre Nippel sind groß und hart, recken sich mir entgegen. Im Vergleich zu ihrem schokoladenbraunen Körper sind ihre Brustwarzen schwarz.
»Fass sie ruhig an«, flüstert sie mir heiser zu. Und mein Körper reagiert nun mal, wie er immer reagiert: Ich werde hart. Ich seufze und neige den Kopf, um ihre Nippel zu lecken, an ihnen zu saugen und der Schwarzhaarigen ein Stöhnen zu entlocken, das auch prompt kommt. Genau das bringt mich auf Trab.
Eilig schiebe ich meine Hand in ihren Hosenbund, zerre die Leggins bis zu den Knien hinab und lasse meinen Zeigefinger zwischen ihre rasierten Schamlippen gleiten.
Nett, schön feucht, ist alles, was ich registriere, als mein Finger ihren Eingang findet. Zielstrebig lasse ich ihn hineingleiten, die Unbekannte stöhnt lustvoll auf und ihr Körper beugt sich mir entgegen. Ich drücke sie unsanft gegen die Zimmertür zurück und lecke nun den anderen Nippel, während ich mit der freien Hand die zweite Brust massiere. Der Finger gleitet immer schneller aus ihr heraus, wieder hinein – mit einem Ruck drehe ich die Fremde herum, lege meine linke Hand an ihren Rücken und drücke sie herunter, sodass ihr Arsch prall vor meinem Schwanz steht.
Ich reiße den Reißverschluss meiner Jeans auf, klaube in meiner Hosentasche nach einem Kondom und öffne vorsichtig die Verpackung, bevor ich es auf meinen Schwanz rolle. »Bereit?«, grolle ich. Sie nickt und das ist alles, was ich brauche: Ich spreize ihre Beine noch etwas weiter, gehe ein wenig in die Knie und fingere an ihr entlang, bis ich den nassen Eingang finde. Dann stoße ich ohne Vorspiel hinein. Sie schreit auf, ob vor Schmerz oder Lust, ist mir im Moment einerlei.
Sofort hämmere ich los, zeige keine Gnade. Währenddessen fasse ich um sie herum, lege meinen Zeige- und Mittelfinger auf ihren Kitzler und umkreise ihn unnachgiebig. Sie muss hart kommen, denn sie schreit laut auf und geht beinahe in die Knie, doch ich kann sie an den Hüften festhalten, während ich es genieße, wie ihre Zuckungen meinen Schwanz umspielen. Davon lasse ich mich tragen, vier- fünfmal stoße ich so tief in sie hinein, wie ich kann, dann komme ich.
Kaum hat mein Schwanz fertig gepumpt, ziehe ich mich mit einem Ruck aus ihr zurück, ziehe das Kondom ab und ziehe den Reißverschluss meiner Hose wieder hoch. Ich nicke ihr unverbindlich zu, als sie sich endlich auf wackeligen Beinen zu mir umdreht. Dann öffne ich die Tür hinter ihr und warte darauf, dass sie abhaut. Dass sie immer noch mit dem Top über den Brüsten und den Leggins um die Knie da steht, ist mir relativ egal. Ich glaube, sie ist ein wenig beleidigt deswegen, doch sie presst die Lippen zusammen und richtet ihre Klamotten ohne ein Wort des Protests.
Wer sich mit mir einlässt, weiß genau, wer ich bin und vor allem wie ich bin – mein Ruf als Frauenheld eilt mir trotz Maggies Einschreiten immer noch voraus.
Während die Schwarzhaarige aus dem Zimmer rauscht, gehe ich ins Bad und wasche mir penibel die Hände. Gibt nichts Ekligeres als klebrige Finger.
Ich schmeiße das Kondom in den Mülleimer, lehne mich an das Waschbecken und seufze schwer.
Das war ein echt beschissenes letztes Mal. Vielleicht ist es gerade deshalb besser, nicht mehr weiter zu machen mit dem Rumgeficke, denke ich mir. Man wird nur enttäuscht, obwohl die Erwartungshaltung schon echt niedrig ist. Mittlerweile fühlt es sich nur noch nach körperlichen Notwendigkeiten an, die ich auf Gedeih und Verderb zu befriedigen versuche.
Zwei Minuten später bin ich wieder unten bei Harry und kippe weiter Wodka in mich hinein, um aufkommende Kopfschmerzen zu überdecken.
Harry hat mittlerweile ebenfalls eine Dame am Start. Sie macht ihm schöne Augen und hängt förmlich an seinen Muskelbergen, streichelt über seine Arme und wenn er seine Muskeln für sie spielen lässt, quiekt sie in einem hohen, nervigen Ton und presst ihre vollen Lippen auf seine nackte Haut. Ich weiß, dass Harry das genauso nervt wie mich, doch das gehört nun leider dazu – es ist ebenso Teil des Vorspiels wie der Smalltalk, den ich mit der Schwarzhaarigen gemacht habe. Mitleidig verziehe ich meine Mundwinkel, während Harry mir immer wieder Blicke zuwirft, die zwischen einem Hilferuf und einem »Ich halts nicht mehr aus« tangieren.
Unwillkürlich muss ich an Gwen denken. Auf sie habe ich eher abschreckend gewirkt, sinniere ich. Sie hatte schon beinahe Angst vor mir.
Nachdenklich grüble ich darüber nach, wie sie vor mir flüchten wollte. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich vielleicht zu hart vorgegangen bin, indem ich sie zurückgehalten und sie auch noch als Reh betitelt habe – ihr sozusagen offen ins Gesicht gesagt habe, dass man ihre Angst sehen kann.
Und dann diese Reaktion, als ich ihr durch die Blume gesagt habe, dass ich bei Frauen nur auf Sex aus bin. Sie hat bloß »Oh« gesagt. Irgendwie stört mich das, wenn ich jetzt so drüber nachdenke. Ich hätte gern sowas geantwortet wie: »Das ist alles?! Mehr hast du dazu nicht zu sagen?! Ich erzähle dir hier, dass ich ein absolut schwanzgesteuerter Frauenheld bin, der jegliche Form von romantischer Beziehung als Versklavung ansieht, und du sagst dazu nur: Oh?!«
Aber gleichzeitig hat sie mir damit alles gesagt, was ich wissen muss: kein Interesse. Ich sollte nicht so viele Gedanken an sie verschwenden, komme ich schließlich zu einem Entschluss. Sie liegt nicht in meinem Beuteschema. Ganz davon abgesehen, dass es seit diesem Sommer kein Beuteschema mehr gibt.
Also wende ich mich wieder Harry zu und rette ihn kurzzeitig vor seiner Eroberung. Wir diskutieren über den neuen Ford Mustang, den er im Sommer von seinen Eltern geschenkt bekommen hat. Er durfte ihn nicht mit auf den Campus nehmen – was ich total nachvollziehen kann, Harry allerdings nicht.
Sophie bleibt ungewöhnlich still, während sie unserer Diskussion lauscht. Normalerweise ist sie ein richtiger Party-Tiger, reißt Mädels auf und spielt diese bescheuerten Kuss-Spiele mit den Karten. Aber bei ihr ist das alles natürlich überhaupt nicht verwerflich.
Meine Kopfschmerzen werden übermächtig. Verwirrt versuche ich, mich daran zu erinnern wie viele Becher Alkohol ich mittlerweile intus habe, scheitere aber kläglich – wieder einmal.
Seitdem ich an der High School angefangen habe zu trinken, habe ich je länger desto mehr feststellen müssen, dass Alkohol mich nicht so abschießt wie andere Leute.
Bei Trinkspielen war es am Ende immer ich, der als Sieger dastand, und die anderen lagen verstreut in der Gegend herum, kotzten sich die Seele aus dem Leib oder schliefen bereits komatös ihren Rausch aus.
Damals hatte ich den Wodka entdeckt, und er half kurzzeitig dabei, mich genauso wegzuballern wie alle anderen. Doch schon nach kurzer Zeit wirkte er nicht mehr so stark und ich kann das Zeug bis zum heutigen Tag einfach in mich hineinkippen wie Limo.
Irgendwann sollte ich mich darum vielleicht kümmern, fange ich wieder an zu grübeln. Ich will Ma und Sylvester nicht noch mehr Sorgen bereiten, als sie schon haben. Ein trinkfester Alkoholiker zu sein, ist definitiv eine große Sorge mehr.
Ich zwinge mich dazu, mich von meinem Grübeln zu lösen und verabschiede mich von Sophie und Harry. Die Stufen ins Obergeschoss stapfe ich im Halbdunkel hinauf, ohne einmal zurückzublicken.
Das Licht in meinem Zimmer schalte ich nur ein, um zu prüfen, dass keine Liebestollen es sich hier gemütlich gemacht haben, dann schalte ich es wieder aus und schließe ab. Vorsichtshalber schiebe ich noch einen Teil der Kommode vor die Tür, damit die halbstarken unter den besoffenen Deppen keine Chance haben, mich beim Schnarchen zu stören. Das mache ich schon seit dem ersten Semester so – Lektion gelernt.
Eine plötzliche und tiefe Müdigkeit überkommt mich. Mir wird bewusst, dass ich seit fünf Uhr morgens unentwegt auf den Beinen bin. Erst die lange Fahrt, dann das Ankommen und Maggie davon abhalten, mich an allen unmöglichen Orten zu verführen. Von der Party und der Sexeinlage gerade eben ganz zu schweigen.
Ich seufze so schwer, als wäre ich ein geplagter alter Mann. Langsam gehe ich ins Bad und wasche mir das Gesicht, putze mir die Zähne und öffne meine Haare.
Endlich im Bett angekommen, beginne ich sofort wegzudriften. Kurz bevor mich der Schlaf übermannt, denke ich noch daran, dass ich vergessen habe, meine Mutter und Sylvester zu kontaktieren.
Mein erstes Semester startet am nächsten Tag so richtig durch. In jeder Vorlesung bekommen wir tonnenweise Informationen und schon gegen Mittag habe ich Kopfschmerzen von all dem Zeug, welches ich mir zu merken versuche.
Gerade suche ich den Weg in die Mensa, als mich Theresa auf dem Gang einholt und breit grinst. »Na, wie ist der Geschmack des Sieges so für dich?«
Ich lächle ein wenig gequält und muss widersprechen. »Noch ist es kein Sieg. Falls ich das Studium erfolgreich beenden kann, ist es ein Sieg.«
Ihr Lächeln verwandelt sich in ein Schnauben. »Ich find es ja immer noch unglaublich, dass das hier deine einzige Chance ist, als normaler Mensch leben zu können.«
Um jetzt nicht an die Machenschaften meiner Mutter denken zu müssen, lenke ich vom Thema ab, indem ich sie frage: »Wo ist denn jetzt die Mensa? Ich bin am Verhungern.«
Theresa versteht den Wink und steuert mich durch die Gänge der Kinghorn High University, bis wir tatsächlich vor der Mensa stehen.
Ich will gerade zur Essensausgabe gehen, als Theresa winkend jemanden auf uns aufmerksam macht. Verwundert drehe ich mich ein wenig und entdecke Sophie weiter hinten an einem runden Tisch. Sie winkt Theresa einmal zu und deutet dann auf uns und dann auf den Tisch – eine Einladung, sich zu ihr zu setzen.
Genervt verdrehe ich die Augen. Doch Theresa freut sich so sehr, dass sie an meiner Seite anfängt, mit ihrem Körper vor und zurück zu wippen.
Soziale Kontakte haben mir gerade noch gefehlt. Die Party gestern hat mir persönlich solch einen Überschuss gegeben, dass es für drei Monate mindestens ausreichen wird.
Gehässig packe ich mir gebratenes Gemüse und Spätzle mit einer Zigeunersauce auf meinen Teller, bezahle mit meiner Studentenkarte und zwinge mich anschließend, hinter Theresa auf den Tisch zuzugehen, an dem nun mittlerweile nicht nur Sophie sitzt, sondern auch Harry.
Meine Miene muss meinen Unmut widerspiegeln, denn die beiden sind leicht irritiert und werfen mir in einigen Abständen unsichere Blicke zu, nachdem wir uns ihnen gegenüber platziert haben.
Ich töte gerade jedes meiner Gemüseschnitze einzeln mit meiner Gabel, da lässt sich jemand links von mir in den freien Stuhl sinken. Ein Tablett mit einem Teller voller Kartoffeln und Gemüse, sowie einer ordentlichen Portion Apfelmus kommt auf dem Tisch zu liegen. Die Hände, die das Tablett gerade loslassen, sind groß, die Finger langgliedrig und braun gebrannt. Ich kenne diese Hände.
»Vorsicht, nicht dass du der Zucchini die Augen ausstichst, kleines Reh.«
Mir entfährt ein genervtes Stöhnen.
Nicht der schon wieder. Das ungehobelte Arschloch – wie heißt er nochmal?
Ach ja: Tristan, aka Penner.
Mit einer geschmeidigen Bewegung nimmt er mir entschlossen die Gabel aus der Hand, die ich mittlerweile, wie ich gerade erst realisiere, fest mit der Faust umklammere. Er legt sie sanft neben meinem Teller ab und ich höre ein leises Schnauben, das mich aufblicken lässt – direkt in seine verstörenden Augen. Sie funkeln genauso wie gestern Abend, und immer noch kann ich die genaue Farbe nicht bestimmen. Also lasse ich den Blick schnell wieder sinken, verkrieche mich hinter einem Vorhang aus meinen blonden Haaren und beschließe, ihn zu ignorieren.
Betont lässig greife ich wieder nach meiner Gabel und beginne schweigend, das zuvor malträtierte Gemüse zu verschlingen.
Harry und Tristan beginnen über Programmiersprachen zu sprechen, während Sophie Theresa fragt, wie das erste Semester in Marketing für sie gestartet hat. Und ich sitze in der Mitte der Gruppe, schweige und führe Krieg gegen mein Essen.