Mit Verstand altern - Marianne Koch - E-Book + Hörbuch

Mit Verstand altern Hörbuch

Marianne Koch

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Beschreibung

Fit im Kopf ein Leben lang Wie wir das Zusammenspiel der Milliarden Nervenzellen unterstützen, Gehirnzellen stärken und Alterungsprozesse ausgleichen können Jeder Herzschlag, jeder Gedanke, jedes Gefühl wird von unseren Nerven bestimmt. Ständig kommunizieren sie miteinander. Doch wie altern Nerven? Wie altert das Gehirn? Und was können wir tun, um unseren Geist und die Seele – und damit auch unseren Körper – jung und gesund zu erhalten? Marianne Koch erklärt, was gegen Alzheimer und andere Demenzen schützt, warum es für unsere kognitive Reserve so wichtig ist, lebenslang zu lernen und Erfahrungen zu sammeln, warum wir auf guten Schlaf achten sollten, wie wir Schmerzen begegnen können, was wir gegen Alterseinsamkeit und das Gefühl, überflüssig zu sein, tun können. Sie ermuntert uns dazu, den Jahren mit Mut und Zuversicht zu begegnen und streut Erfahrungen aus ihrem eigenen Erleben ein. Außerdem von Dr. med. Marianne Koch bei dtv erschienen: Alt werde ich später, Unser erstaunliches Immunsystem, Das Vorsorge-Buch, Das Herz-Buch

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Zeit:2 Std. 37 min

Sprecher:Marianne Koch; Klaus Schneider
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Jeder Herzschlag, jeder Gedanke, jedes Gefühl wird von unseren Nerven bestimmt, die ständig miteinander kommunizieren. Doch wie altern Nerven? Wie altert das Gehirn? Und was können wir tun, um unseren Geist und die Seele – und damit auch unseren Körper – jung und gesund zu erhalten? Marianne Koch erklärt, was gegen Alzheimer und andere Demenzen schützt, warum es für unser Denkvermögen so wichtig ist, lebenslang zu lernen und Erfahrungen zu sammeln, warum wir auf guten Schlaf achten sollten, wie wir Schmerzen begegnen können, was wir gegen Alterseinsamkeit und das Gefühl, überflüssig zu sein, tun können. Sie ermuntert uns dazu, den Jahren mit Mut und Zuversicht zu begegnen, und berichtet von Erfahrungen aus ihrem eigenen Erleben.

Dr. med. Marianne Koch

Mit Verstand altern

Wie es gelingt, geistig fit und lebendig zu bleiben

Für meine liebe Familie

Vorwort

Unsere Aussichten, auch beim Älterwerden geistig und körperlich fit zu bleiben, haben sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verbessert. Altersforscher betrachten diese Phase längst nicht mehr nur unter dem Aspekt der Einschränkungen und Verluste, sondern als wertvollen Teil des ganzen Lebens. Das bedeutet, dass wir auch im Alter ein interessantes und befriedigendes Leben führen können. Allerdings gibt es diese wunderbare Chance nicht ganz umsonst. Während wir inzwischen gelernt haben, unseren Körper vor einem zu frühen Abbau zu schützen – durch gute Ernährung, viel Bewegung und die richtigen Vorsorgeuntersuchungen –, kümmern wir uns oft nicht genug um die Möglichkeiten, auch unsere geistigen Fähigkeiten bis ins höhere Alter zu bewahren.

Jeder Herzschlag, jeder Atemzug, jede Bewegung, jeder Gedanke, jedes Gefühl wird von unseren Nerven bestimmt. Von Nerven, die milliardenfach im Gehirn, aber auch in jedem kleinsten Winkel unseres Körpers tätig sind und ständig miteinander kommunizieren.

Ich bin in meinem letzten Buch (›Alt werde ich später‹) bereits kurz auf unser Gehirn und seine Leistungsfähigkeit auch beim Älterwerden eingegangen. Dieses Mal soll es in aller Ausführlichkeit und unter Einbeziehung der neuesten medizinischen Forschung und aktueller wissenschaftlicher Studien um unsere Chancen gehen, auch im Alter geistig fit und aktiv zu sein.

Wie altern Nerven? Wie altert das Gehirn? Wie gehe ich mit Schmerzen, mit Ängsten, mit dem Gefühl der Einsamkeit um? Und was kann ich tun, um nicht nur meinen Körper, sondern meinen Verstand, meine Persönlichkeit – und meine Lust am Leben – zu erhalten? Darüber werden wir in diesem Buch diskutieren.

Kapitel 1 Unsere Nerven – und wie man erfolgreich älter wird

Nerven haben ein schlechtes Image. Warum das so ist, weiß niemand. »Du nervst mich«, heißt es, wenn jemand ständig auf irgendetwas besteht oder etwas haben möchte. »Nervig« ist eine Person, die uns mit ihren Ansichten quält. »Nervosität« überfällt uns in kritischen Situationen. Oft müssen die Nerven herhalten, wenn wir uns über etwas aufregen oder ärgern.

Dabei sind Nerven ganz wunderbare, wenn auch irgendwie rätselhafte Wesen. Muskelzellen ziehen sich zusammen, immer auf die gleiche Weise, wenn der Befehl zur Aktivität kommt. Hautzellen wachsen, schützen die Körperoberfläche, sterben ab und werden durch neu nachwachsende ersetzt. Aber wieso können Nervenzellen sich Melodien merken, Gesichter von Freunden, Gedichte, den Geschmack von Weihnachtsplätzchen, ganz zu schweigen von dramatischen Episoden des Lebens – wieso?

Dass das Zusammenspiel unserer Nerven im Prinzip lebenslang funktioniert, dass wir gehen, atmen, denken und die unterschiedlichsten Gefühle empfinden können, scheint an sich schon ein Wunder zu sein. Denn selbstverständlich sehen wir auch, wie es ist, wenn dieses System schwächer wird oder gar versagt. Wenn Menschen, womöglich Freunde oder Angehörige, an einer Nervenschädigung, einem Schlaganfall oder dem langsamen geistigen Erlöschen durch eine Demenz leiden. Und natürlich erleben vor allem ältere Menschen, dass das Gedächtnis manchmal langsamer arbeitet, dass plötzlich ein Name, ein Begriff »weg« ist – und erst nach einiger Zeit wieder wie selbstverständlich »zurückkommt«. Das liegt an der dann geringeren Zahl der Verbindungsmoleküle, der Neurotransmitter, die die Informationen zwischen den Zellen weiterleiten.

Inzwischen bestätigt uns die Wissenschaft, dass wir die Chance haben, zehn oder sogar fünfzehn Jahre länger zu leben als noch unsere Großeltern. Und zwar nicht als gebrechliche, pflegebedürftige Greise, sondern im Prinzip bei körperlicher und – hurra! – geistiger Leistungsfähigkeit. Amerikanische Politiker bewerben sich auch mit über achtzig Jahren um die Präsidentschaft; Schriftsteller veröffentlichen manchmal erst im höheren Alter ihre besten Bücher. Das bedeutet, dass auch wir dem höheren Alter nicht mit Angst und Verzagtheit entgegenblicken sollten, sondern mit der Zuversicht, einen neuen, interessanten Lebensabschnitt voller Überraschungen gestalten zu können. Ganz von selbst, sozusagen automatisch, ohne unsere Mithilfe, ohne eine gesunde Lebensweise wird das allerdings nicht immer gelingen. Wir sollten also unsere Chancen nutzen. Die Altersforschung hat – wie wir noch sehen werden – viele interessante neue Möglichkeiten herausgefunden, wie wir geistig fit bleiben, das Zusammenwirken der Milliarden von Nervenzellen unterstützen und dadurch auch unseren Körper jung erhalten können.

Zunächst: Wir sind nicht Sklaven unserer Gene. So erfreulich es ist, wenn die Eltern und womöglich auch die Großeltern, Onkel und Tanten, lange mit hellwachen Sinnen gelebt haben und auch uns dadurch ein Älterwerden ohne stärkeren geistigen Abbau vorhergesagt wird, sollten wir nicht pessimistisch sein, wenn dies auf unsere Familie nicht zutrifft. Wir haben in viel höherem Maße, als man früher dachte, die Möglichkeit, Alterungsprozesse auszugleichen, unsere Gehirnzellen zu stärken und sie wach und bei guter Laune zu halten. Gegenwärtig sind sogar die ersten offensichtlich wirksamen Mittel gegen eine drohende Alzheimer-Demenz entwickelt worden. Andere Arten von Demenz kann man ohnehin bereits beeinflussen. Darüber finden Sie mehr in Kapitel 6. Auch um andere wichtige Prozesse, die unsere Nerven betreffen, soll es in diesem Buch gehen. So zum Beispiel um die Bekämpfung chronischer Schmerzen, die Auswirkung von Stress und seelischen Problemen auf die geistige Gesundheit, aber auch um die erstaunlichen positiven Wirkungen von lebenslangem Lernen.

Also noch einmal für uns alle: Alt werden muss keine triste Aussicht sein, schon gar keine Horrorvorstellung. Blicken wir lieber voller Vertrauen auf einen interessanten neuen Lebensabschnitt.

Große Freiheit, große Angst

Stellen Sie sich vor, Sie sind gerade fünfundsechzig oder siebenundsechzig Jahre alt geworden und dürfen sich jetzt auf Ihren wohlverdienten Ruhestand freuen. Kein Aufstehen um 6 Uhr 30 mehr, keine übervollen S-Bahnen oder frustrierende Staus im Berufsverkehr, kein schlecht gelaunter Chef, der kaum »Guten Morgen« sagt, kein müdes Heimkommen, kein schlechtes Gewissen, weil man eben doch zu erledigt ist, um noch spazieren oder ins Fitnessstudio zu gehen. Aber vermutlich ist da auch ein gewisses Bedauern: keine lustigen Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen, kein Gefühl der eigenen Wichtigkeit mehr – denn schließlich hat man ja interessante Dinge gemacht, die allerdings jetzt andere übernehmen … So kommt es, dass sich nach den ersten Wochen der Erleichterung und des Gefühls von Freiheit ein tiefes Loch auftut: Was soll ich jetzt eigentlich tun? Gute Frage – sofern man nicht zu den Vorausdenkenden gehört, die sich schon in den letzten Jahren der Berufstätigkeit konkrete Pläne für das »Nachher« ausdachten und die sich freuen, jetzt endlich Zeit für die Verwirklichung dieser Pläne und vielleicht für tolle neue Interessen zu haben.

Das haben Sie leider versäumt? Macht nichts. Für positives Denken ist es nie zu spät. Die Wissenschaft hat nachgewiesen, dass eben dieses positive Denken ausschlaggebend für die körperliche und geistige Gesundheit der kommenden Jahre sein wird. »Wenn du von dir glaubst, nichts Positives mehr bewirken zu können, geht es bergab mit dir« (so die berühmte amerikanische Psychologin und Sozialforscherin Becca Levy).1 Das bedeutet vor allem eines: mutig sein!

Am besten fängt man damit an, zunächst die großen Fragen zu beantworten: Wer bin ich? Was interessiert mich? Was ist mir wichtig? Was waren meine Träume, als ich noch jung war und nicht festgelegt auf meinen späteren Beruf oder meine liebe Familie? Mit wem kann ich mich beraten? Mit Freunden? Mit den Kindern?

Man sollte sich aber auch ehrlich fragen: Wovor habe ich Angst? Davor, in Zukunft zu den »nutzlosen Alten« zu gehören? Vielleicht nicht mehr geachtet und ernst genommen zu werden? Oder fürchte ich mich doch mehr vor Krankheiten, vor geistigem Abbau, ja, auch vor dem Tod oder, vielleicht noch schlimmer, vor Unselbstständigkeit, Hilfsbedürftigkeit, vor dem Gefühl, anderen nur noch zur Last zu fallen …

Es kommt also darauf an – und davon hängt ein vergnügtes, erfolgreiches Altern ab –, wie wir das Älterwerden grundsätzlich bewerten. Am besten als einen spannenden Lebensabschnitt, der uns viele Möglichkeiten bietet, noch einmal Neues zu erleben. Und nicht zu resignieren, selbst wenn wir merken, dass unsere Umgebung uns dieses »erfolgreiche Altern« eigentlich nicht zutraut. Denn leider werden ältere Menschen hierzulande leicht Opfer einer Denkweise, die das Alter grundsätzlich negativ beurteilt. Die Zeiten, in denen wir von einer frechen Jugend mehr oder weniger lustig als »Gruftis« und »Kompostis« bezeichnet wurden, sind gottlob vorbei. Aber es bleibt immer noch ein gewisses negatives Image, das »einen fatalen Einfluss auf die Art und Weise hat, wie wir selbst mit dem Altern umgehen«, so die Altersforscherin Becca Levy. Sie führt dann als Gegenbeispiel fernöstliche Länder an, zum Beispiel Japan, wo alte Menschen eher verehrt, verwöhnt und ermutigt werden. Mit dem Erfolg, dass diese uns nicht nur an Lebensdauer, sondern auch an Lebensqualität übertreffen.

Ich finde es faszinierend, dass unsere persönlichen Überzeugungen, das Alter betreffend – ob bewusst oder unbewusst –, die Art, wie wir selbst altern, ganz stark beeinflussen. Mit anderen Worten: Wer im Älterwerden keine Bedrohung, sondern eine Chance sieht, wird mit größerer Wahrscheinlichkeit gute, erfüllte Jahre erleben. Wie ja überhaupt in jedem Alter eine positive Einstellung zum Leben der Gesundheit des Körpers hilft.

– Darf ich etwas fragen?

Ja, selbstverständlich.

– Wie kann es sein, dass unsere Einstellungen und Gedanken einen solchen Einfluss auf unseren Körper haben?

Das erklärt uns die Wissenschaft der Psychosomatik. Sie erforscht genau dieses Phänomen und hat herausgefunden, dass es ganz enge Beziehungen zwischen dem Geist (Psyche) und dem Körper (Soma) gibt. Wie das funktioniert und wie die Zellen unseres Gehirns dabei arbeiten, werden wir im nächsten Kapitel noch genauer erfahren.

Aber kommen wir noch einmal zurück auf die wichtigste Eigenschaft, die Sie für ein erfolgreiches Altern brauchen: mutig sein. Lassen Sie sich also nicht von skeptischen Gefühlen wie »Lohnt sich denn das alles noch?« oder »Warum kann ich nicht in Ruhe alt werden?« abhalten. Wagen Sie sich optimistisch in einen neuen Abschnitt Ihres Lebens.

Kapitel 2 Das Wunderwerk der Nervenzellen

Wenn wir das Geheimnis dieser Zellen erkunden wollen, sollten wir sie zunächst einmal näher kennenlernen: Eine Nervenzelle besteht aus einem Zellkörper, aus dem einerseits viele winzige Antennen ragen, die aussehen wie kleine Bäumchen (weshalb man sie auch Dendriten – nach dem griechischen Wort dendron, Baum – nennt). Diese Antennen nehmen ununterbrochen Kontakt zu den Zellen ihrer Umgebung auf und leiten die so empfangenen Signale weiter an den Zellkern. Auf der anderen Seite entspringt dem Zellkörper eine Art Leitung, durch die die Nervenzelle elektrische Befehle weitergeben kann. Dieses »Kabel« ist durch eine dünne Zellschicht isoliert und ganz unterschiedlich lang. Manchmal nur einen Tausendstel Millimeter, manchmal bis zu einem ganzen Meter – zum Beispiel der Nervenstrang, der das Bein hinunter bis zu den Fußmuskeln zieht. Von diesen erstaunlichen Nervenzellen befinden sich allein in unserem Kopf an die hundert Milliarden. Sie lesen richtig: hundert Milliarden! Die Zellen verständigen sich untereinander, wie schon erwähnt, durch elektrische Signale, aber auch durch eine Art Chemosprache, sodass eine Zelle mit ungefähr zehntausend anderen Kontakt hält. Diese unendlich vielen Verbindungen zwischen den Nervenzellen sind die Erklärung für unser Denken und Fühlen. Darauf kommen wir noch in aller Ausführlichkeit. Gibt es Fragen?

– Wieso haben so viele Zellen in meinem Kopf überhaupt Platz?

Weil sie trotz ihres komplizierten Aufbaus und ihrer tollen Eigenschaften winzig sind – manche nur fünf Tausendstel Millimeter.

Die Zentrale – der Zellkern – erhält Nachrichten von unendlich vielen Zweigen, die in Verbindung mit anderen Zellen stehen. Dann gibt sie ihre elektrischen Befehle durch das starke, isolierte »Kabel« – das »Axon« – weiter, zum Beispiel an einen Muskel.

Denken Sie einmal an andere Lebewesen. Auch Ameisen haben ein Gedächtnis – und zwar ein sehr gutes. Und sie können fantastisch riechen, krabbeln, kämpfen und kennen genau ihre Aufgaben im Ameisenstaat. Obwohl sie ein so kleines Köpfchen besitzen. (Wobei die moderne Biowissenschaft herausgefunden hat, dass bei manchen einfacheren Tieren Intelligenz und Verhalten nicht nur vom Gehirn, sondern auch von anderen Körperzellen ausgehen.)

Anderes Beispiel: Das Gehirn der Honigbiene gilt als eines der kleinsten im Tierreich und dennoch als eines der leistungsfähigsten. Es ist gerade einmal so groß wie ein Stecknadelkopf, besteht aber aus 960 000 Nervenzellen. Die verwendet die Biene nicht nur, um sich in der Landschaft zurechtzufinden, sondern auch, um sich mit anderen ihres Volkes zu verständigen und genaue Informationen über Nahrungsquellen weiterzugeben.

– Was ist mit Elefanten?

Ich habe einmal gelesen, dass das Elefantengehirn nur ungefähr dreimal so groß wie unseres ist, aber angeblich mehr als zweihundertfünfzig Milliarden Nervenzellen enthält, die meisten davon in dem Bereich des Gehirns