Mitarbeiterbefragung - Karsten Müller - E-Book

Mitarbeiterbefragung E-Book

Karsten Müller

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Beschreibung

Mitarbeiterbefragungen als organisationales Feedbackinstrument gehören in den meisten Unternehmen zum Standardrepertoire des Personalmanagements und der Organisationsentwicklung. Vor dem Hintergrund neuer technologischer Entwicklungen kann eine moderne und zukunftsfähige Form der Mitarbeiterbefragung die Agilität und Selbststeuerung von Organisationen fördern und wird somit zu einem wichtigen strategischen Steuerungs- und Entwicklungsinstrument. Dieses Buch befasst sich mit der wirksamen Gestaltung von Mitarbeiterbefragungen in der Praxis. Ausgehend von spezifischen Funktionen und dem betrieblichen Nutzen einer Mitarbeiterbefragung werden Gestaltungsmöglichkeiten und Herausforderungen für alle Phasen der Mitarbeiterbefragung – Vorbereitung, Durchführung und Folgeprozess – beschrieben. Wie sollte beispielsweise die Projektarchitektur einer Mitarbeiterbefragung gestaltet sein? Welche Möglichkeiten eröffnen sich durch zunehmend dynamische technologische Entwicklungen in der Umsetzung und Integration des Befragungsprozesses? Was ist bei der Zusammenstellung des Fragebogens zu beachten? Welche modernen Ansätze zur Gestaltung von Folgeprozessen und zur Sicherung der Nachhaltigkeit im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen gibt es? Wie kann die Mitarbeiterbefragung in umfassendere Feedback- und Befragungslandschaften in Organisationen eingebettet werden? Welche Herausforderungen stellen sich bei der internationalen Durchführung von Mitarbeiterbefragungen? Diese und viele andere Aspekte werden in diesem Band auf Basis des aktuellen Forschungs- und Wissenstands diskutiert und praxisnahe Gestaltungs- und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Abgerundet wird das Buch durch Fallbeispiele, die spezifische Aspekte entlang des Vorgehens veranschaulichen und konkretisieren.

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Karsten Müller

Regina Kempen

Tammo Straatmann

Mitarbeiterbefragung

Organisationales Feedback wirksam gestalten

Praxis der Personalpsychologie

Human Resource Management kompakt

Band 39

Mitarbeiterbefragung

Prof. Dr. Karsten Müller, Prof. Dr. Regina Kempen, Dr. Tammo Straatmann

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Jörg Felfe, Dr. Rüdiger Hossiep, Prof. Dr. Martin Kleinmann, Prof. Dr. Heinz Schuler

Begründer der Reihe:

Prof. Dr. Heinz Schuler, Dr. Rüdiger Hossiep, Prof. Dr. Martin Kleinmann, Prof. Dr. Werner Sarges

Prof. Dr. Karsten Müller, geb. 1972. 1994–2001 Studium der Psychologie in Mannheim und San Diego. 2006 Promotion. 2007–2010 Juniorprofessor für Wirtschaftspsychologie an der Universität Mannheim. Seit 2011 Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie mit Schwerpunkt Interkulturelle Wirtschaftspsychologie an der Universität Osnabrück.

Prof. Dr. Regina Kempen, geb. 1985. 2005–2011 Studium der Psychologie in Freiburg. 2011–2020 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie mit Schwerpunkt Interkulturelle Wirtschaftspsychologie an der Universität Osnabrück. 2016 Promotion. 2020–2021 Vertretungsprofessorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Würzburg. Seit 2021 Professorin für Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie an der Hochschule Aalen.

Dr. Tammo Straatmann, geb. 1980. 2001–2008 Studium der Psychologie in Oldenburg und Mannheim. 2008–2011 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Mannheim. Seit 2011 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie mit Schwerpunkt Interkulturelle Wirtschaftspsychologie der Universität Osnabrück. 2018 Promotion.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autor:innen bzw. den Herausgeber:innen große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autor:innen bzw. Herausgeber:innen und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Anmerkung:

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung: Mitarbeitendenbefragung (MAB)

1.1 Einordnung des Gegenstandsbereichs

1.2 Definition

1.3 Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen

1.4 Bedeutung für das Personalmanagement

1.4.1 Diagnosefunktion der MAB

1.4.2 Interventionsfunktion der MAB

1.4.3 Systemische Funktion der MAB

1.5 Betrieblicher Nutzen

1.5.1 Nutzenbetrachtung auf Basis der Funktionen einer MAB

1.5.2 Nutzenbetrachtung auf Basis empirischer Befunde zur Wirksamkeit von MABs

1.6 Übergreifende aktuelle Entwicklungen

1.6.1 Technologische Entwicklungen

1.6.2 New OD – Neue Ansätze der Organisationsentwicklung

2 Modelle

2.1 Survey-Feedback-Ansatz

2.2 Modelle organisationalen Lernens

2.3 Ausgewählte Modelle mit Fokus auf Mitarbeitende

2.4 Ausgewählte Modelle mit strategischem Fokus

2.5 Psychologische Aspekte des Antwortverhaltens

3 Analyse und Handlungsempfehlungen

3.1 Positionierung und strategische Einbettung

3.2 Grundsätzliche Gestaltungsentscheidungen

3.3 Allgemeine Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren

4 Vorgehen

4.1 Vorbereitungsphase

4.1.1 Projektarchitektur und -konzeption

4.1.2 Befragungsinstrument

4.1.3 Information, Kommunikation und Befähigung

4.1.4 Internationale Aspekte in der Vorbereitungsphase

4.1.5 Ausblick

4.2 Durchführungsphase

4.2.1 Erhebung

4.2.2 Reporting

4.2.3 Internationale Aspekte in der Durchführungsphase

4.2.4 Ausblick

4.3 Folgephase

4.3.1 Systemische Funktion

4.3.2 Interventionsfunktion

4.3.3 Sicherung der Nachhaltigkeit

4.3.4 Internationale Aspekte in der Folgephase

4.3.5 Ausblick

5 Fallbeispiele

5.1 Vorbereitung einer MAB

5.1.1 Fragebogenentwicklung und -anpassung im Mittelstand

5.1.2 Kommunikationskonzept im Mittelstand

5.2 Durchführung einer MAB

5.2.1 Benchmarking und Best-Practice-Austausch im Benchmark-Konsortium

5.2.2 Nutzung von Prediction Markets im Kontext der MAB

5.3 Folgeprozesse einer MAB

5.3.1 Vorbereitung der Führungskräfte als Schlüsselfiguren im Folgeprozess

5.3.2 Stakeholderspezifisches Reporting im Folgeprozess der MAB

6 Literaturempfehlungen

7 Literatur

8 Sachregister

Karten

Vorbereitung einer MAB: Aufgabenpakete

Gute Gestaltung von Items

Informations- und Kommunikationskonzept: Gestaltungsvorlage

Folgeprozess: Typische Workshop-Konzepte

|1|1 Einleitung: Mitarbeitendenbefragung (MAB)

1.1 Einordnung des Gegenstandsbereichs

Die Mitarbeitendenbefragung (MAB) hat sich fest im Standardrepertoire der Personalarbeit etabliert. So zeigen Studien über die Verwendungshäufigkeit eine weite und zunehmende Verbreitung sowohl im deutschsprachigen als auch im internationalen Raum. Beispielsweise fanden Frieg und Hossiep (2018), dass 88,5 % der größeren Organisationen, die sich an ihrer umfangreichen Studie zu MABs im deutschsprachigen Raum beteiligt haben, MABs mindestens einmal durchgeführt haben und dass die regelmäßige Durchführung von 81 % dieser Organisationen angegeben wurde. Dabei zeigt sich zudem eine deutliche Steigerung (2008: 80 % Durchführung; 64 % regelmäßige Nutzung) gegenüber der 10 Jahre älteren Vergleichsstudie (Hossiep & Frieg, 2008).

Die MAB wird zudem globaler verwendet. So berichteten Borg und Mastrangelo (2008) rückblickend auf die vergangenen 30 Jahre eine zunehmende Verbreitung auch in Ländern, in denen MABs zuvor noch weniger genutzt wurden. Basierend auf einer umfangreichen Studie über 14 Länder lieferte Wiley (2010) ebenfalls Schätzungen zur internationalen Verbreitung. Danach wurden MABs in Frankreich, Italien, Japan, Russland, Saudi-Arabien, Spanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten eher wenig verwendet (Verbreitung: 34 – 49 %), Brasilien und Deutschland wiesen eine mittelmäßige Verwendung auf (Verbreitung: 50 – 59 %), wobei Kanada, China, Indien, UK sowie die USA den höchsten Verwendungsanteil aufwiesen (Verbreitung: 60 – 72 %). Ähnlich wie von Kraut (2006a) beschrieben, zeigte sich auch in dieser Studie, dass MABs in größeren Organisationen stärker genutzt wurden als in kleineren (Verbreitung für Organisationen mit mehr als 10.000 Mitarbeitenden: 72 %; Verbreitung für Organisationen mit 100 bis 249 Mitarbeitenden: 50 %).

Diese zunehmende Verbreitung der MAB als organisationales Feedbackinstrument ist nicht verwunderlich. Insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen in der Arbeitswelt kommt Feedbackinstrumenten wie der MAB eine zunehmend wichtige Bedeutung zu (Jöns & Bungard, 2018; Werther, 2015). So werden Feedbackprozesse in der Organisation als wesentliche Faktoren zur Sicherung des mittel- und langfristigen Erfolgs gesehen (Sattelberger, 2007). Die Relevanz von Feedback zeigt sich dabei nicht nur auf organisationaler Ebene, sondern wird auch in Bezug auf individuelles Lernen (Gabelica et al., 2012) und die gezielte Weiterentwicklung von Teams deutlich hervorgehoben (London & Sessa, 2006). MABs als Prozessinterventionen haben entsprechend ein großes Potenzial, das Lernen und die Leistung von Führungskräften, Teams und der Organisation insgesamt zu befördern.

Die MAB ist folglich in vielfältiger Weise mit moderner Personalarbeit verbunden. So stellen die Einbindung von Mitarbeitenden, die Förderung von Wohlbefinden, |2|Arbeitszufriedenheit, Commitment und Engagement sowie die Weiterentwicklung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit wichtige Elemente der Personalpsychologie dar. Daher sind in der Praxis oft Psycholog_innen für die Konzeption und Durchführung von MABs zuständig (Derickson et al., 2019). Dabei bestehen zunehmend Forderungen nach einem evidenzbasierten Personalmanagement (Brodbeck & Woschée, 2013) und einer strategischen Unterstützung der Organisation. Der Beitrag des Personalmanagements zur organisationalen Wertschöpfung soll anhand von Kennzahlen und Analysen belegbar gemacht werden (Olbert-Bock & Lévy-Tödter, 2019). Dies spiegelt sich auch in dem Trend wider, vermehrt strategische Themen in der MAB zu berücksichtigen (Stephany et al., 2012).

Zudem steht die MAB in engem Zusammenhang mit beteiligungsorientierten Ansätzen der Organisationsdiagnose und Organisationsentwicklung (Felfe, 2019). Als typisches Survey-Feedbackinstrument dient die MAB der Erhebung von Daten in der Organisation und deren Rückspiegelung sowie der Anregung zur Selbstreflexion und der Ableitung von Maßnahmen zur Verbesserung der Situation (vgl. Nadler, 1976). Ein oft mit der MAB in Verbindung gebrachtes Ziel ist in diesem Zusammenhang die organisationskulturelle (Weiter-)Entwicklung, insbesondere der Feedback- und Lernkultur (Bungard, Niethammer et al., 2007). Durch die Rückmeldemöglichkeiten und die angestoßenen Denk- und Diskussionsprozesse im Rahmen der MABs wird sich ein Übertrag im Sinne von mehr Feedback, Abstimmung und Agilität auf den organisationalen Alltag erhofft.

Durch die technologischen Entwicklungen und die Digitalisierung der Arbeitswelt ergeben sich neue Optionen für die Ausgestaltung und Durchführung der MAB. Zugleich werden auch neue Ansprüche an die MAB deutlich, beispielsweise in Bezug auf die Aktualität und Frequenz der Daten für die strategische Steuerung oder aber in Bezug auf Survey User Experience (Nutzungserlebnis der Befragungsteilnehmenden). Zudem findet sich eine zunehmende Nutzung und ein größeres Angebot von Feedbackinstrumenten in Organisationen, in deren Kontext sich die MAB positionieren muss. In der Zukunft wird sich zeigen, ob sich die MAB entsprechend weiterentwickelt und sich auch in Zeiten von Feedback- und Befragungslandschaften (feedback and survey landscapes) und komplexen Analysestrategien (HR Analytics) ihren etablierten Platz im Personalmanagement sichern kann.

1.2 Definition

Die MAB im klassischen Sinne ist eine systematische, anlassunabhängige Befragung aller Mitarbeitenden einer Organisation mit einem standardisierten Erhebungsinstrument, welches ein breit gefächertes Themenspektrum abdeckt (vgl. Borg, 2017; Müller, Bungard et al., 2007). Als organisationalem Feedbackinstrument (Jöns & Bungard, 2018) kommt der eigentlichen Befragung und der anschließenden Folgephase eine mindestens gleichwertige Relevanz im Rahmen der klassischen MAB zu (vgl. Thompson & Surface, 2009). Zentrale Aspekte der Folgephase |3|sind dabei die Rückspiegelung der Ergebnisse an die Teilnehmenden, die Diskussion der Ergebnisse und die Ableitung von Maßnahmen sowie deren Evaluation (Borg, 2003; Bungard, Müller et al., 2007; Felfe, 2019). Somit ist eine MAB mehr als nur die Befragung der Mitarbeitenden. Dabei wird die MAB in der Regel in einem festen Turnus (aktuell meist mit 1 bis 3 Jahren Abstand) durchgeführt (vgl. Frieg & Hossiep, 2018).

Mit Blick auf die Anwendung in der Praxis lassen sich unterschiedliche Haupttypen von MABs differenzieren (vgl. Borg, 2003, 2015; Macey & Schneider, 2006). Diese Haupttypen (von Umfragen bis systemischen MABs) unterscheiden sich dabei jeweils in der Zielstellung sowie in der organisationalen Einbettung der MABs, wobei sie häufig in der Anwendung gemischt werden.

Hinsichtlich der Zielstellung bei MABs kann grundlegend unterschieden werden, ob der Fokus auf den Daten oder auf dem Dialog (Kraut, 2006b) liegt. Die MAB stellt ein wirkungsvolles Instrument dar, um beide Zielstellungen (Daten und Dialog) zu bedienen (Schiemann & Morgan, 2006), jedoch muss die MAB dafür ihrer Funktion entsprechend verstanden und bewusst eingesetzt werden.

Zusätzlich können MABs unterschiedlich stark in die Organisation eingebettet sein. In Anlehnung an Wiley (2010) sowie Kulesa und Bishop (2006) lässt sich die Stärke der organisationalen Einbettung entlang einer Dimension von einer eher schwachen Einbettung (defensiv/passiv/explorativ) bis zur starken Einbettung (offensiv/aktiv/strategisch) darstellen, wobei eine stärkere Einbettung bedeutet, dass die MAB systematischer für die Steuerung der organisationalen Leistung genutzt wird und stärker mit bestehenden Systemen und Prozessen der Organisation verknüpft ist.

1.3 Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen

Nach Pitkänen und Lukka (2011) kann Feedback in Organisationen in informelles Feedback und formelles Feedback unterteilt werden. Informelles Feedback wird durch Personen eher unregelmäßig und anlassbezogen auf vorrangig unsystematischer Basis gegeben. Die klassische MAB ist entsprechend von informellem Feedback abzugrenzen und den formellen Feedbackinstrumenten zuzuordnen.

Weitere Abgrenzungen der klassischen MAB zu anderen Befragungsformaten in Organisationen lassen sich anhand verschiedener Merkmale vornehmen. Diese Merkmale beziehen sich z. B. auf die Bezugsebene der Befragung (Organisation, Team, Individuum), die Ausrichtung bzw. Zielsetzung, die entsprechenden Inhalte oder die konkrete Ausgestaltung der Durchführung. Die wichtigsten Feedbackinstrumente, die neben der MAB in Organisationen eingesetzt werden, sind z. B. das Führungskräftefeedback, Team-Befragungen, Pulsbefragungen, Change-Befragungen oder themenzentrierte Befragungen (vgl. Müller et al., 2010). Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Abgrenzung der MAB zu wichtigen anderen organisationalen Feedbackinstrumenten.

|4|Tabelle 1: Verschiedene Feedbackinstrumente und deren Eigenschaften

Poll

Change-Befragung

Themenzentrierte Befragung

Pulsbefragung

Klassische MAB

Team-Befragung

Führungsfeedback

Ausrichtung

Erhebung relevanter Informationen

Einbindung der Mitarbeitenden

Bezugsebene

Organisationsebene

Organisations-/Teamebene

Teamebene

Individual-/Teamebene

Frequenz

eventbasiert – einmalig/kontinuierlich

einmalig/wiederholt

wiederholt

an Veränderungsprozess angepasst

eher kurzzyklisch – quartalsweise, jährlich

kurzzyklisch – monatlich/quartalsweise

1-bis 3-jähriger Turnus

1- bis 2-jähriger Turnus

Inhalt

Fokus auf Einzelthema

Fokus auf Veränderungsprozess

Fokus auf spezifisches Thema/Zielgruppe

aggregierter Überblick/Einzelthema

breites Themenspektrum organisationaler und arbeitsbezogener Faktoren

Fokus auf Teamprozesse, Teamverhalten

Fokus auf Führungsverhalten

Adressat_innen

Stichprobe/offenes Konzept

Betroffene des Veränderungsprozesses; Stichprobe/Vollerhebung

thematische Zielgruppe; Stichprobe/Vollerhebung

Stichprobe/Vollerhebung

Vollerhebung

gruppenspezifisch/Vollerhebung

gruppenspezifisch – mehrere Perspektiven/Vollerhebung

Folgeprozess

zentral

zentral/dezentral

dezentral

Kennzahlenmonitoring

Change Management

Kennzahlenmonitoring

Organisations-entwicklung

Teamentwicklung

Führungsentwicklung

|5|1.4 Bedeutung für das Personalmanagement

Die Durchführung einer MAB hat zahlreiche Funktionen innerhalb des Personalmanagements. Zum einen liefert sie diagnostische Informationen für unterschiedliche Themen mit Relevanz für das Personalmanagement, zum anderen dient die Befragung auch direkt als Ansatzpunkt für die Ableitung von Verbesserungen und Interventionen in Bezug auf diese Themen. Ferner können die Ergebnisse der MAB auch zur systemischen Steuerung von personalrelevanten, aber auch gesamtorganisationalen und strategischen Themen genutzt werden.

Entsprechend der bestehenden Literatur (Borg, 2015; Müller, Bungard et al., 2007) und der aktuellen Praxis in heutigen Organisationen lassen sich drei Hauptfunktionen der MAB unterscheiden (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Funktionen der MAB

Die Diagnosefunktion stellt eine der grundlegendsten Funktionen der MAB dar. Schließlich werden MABs eingesetzt, um ein umfassendes Meinungsbild über unterschiedliche Themen in der Organisation zu erheben. Klassischerweise ist die MAB zusätzlich immer auch mit einer Interventionsfunktion verbunden (Müller, Bungard et al., 2007). Um den Möglichkeiten und dem aktuellen Einsatz der MAB gerecht zu werden, ist zu diesen klassischen Funktionen als dritte Funktion der MAB eine systemische Funktion zu ergänzen.

Die drei Funktionen stehen in einer engen Beziehung zueinander, wobei die Diagnosefunktion die Grundlage für die Interventionsfunktion und die systemische Funktion bildet. Dabei legen die systemische Funktion und die Interventionsfunktion unterschiedliche Schwerpunkte bezüglich der Zielsetzung (Daten und Dialog) und stellen verschiedene Anforderungen an die Ausgestaltung der MAB.

|6|1.4.1 Diagnosefunktion der MAB

Die Diagnosefunktion beinhaltet im Kern die Erfassung bestimmter Inhalte aus Sicht der Mitarbeitenden. Eine MAB, die sich rein auf die Diagnosefunktion beschränkt und mit der Präsentation der Ergebnisse endet, stellt den einfachsten Fall einer MAB dar, sollte jedoch eher als Meinungsumfrage bezeichnet werden (Borg, 2015). Im Sinne der Diagnosefunktion können aus den Ergebnisdaten Stärken und Handlungsfelder ebenso wie Zusammenhänge zwischen den abgefragten Aspekten im Sinne der Organisationsdiagnose identifiziert und dokumentiert werden, z. B. in Form von Ergebnisberichten. Die MAB ist besonders für diese Diagnose geeignet, da man sich durch den anonymen Kanal der Befragung authentische Angaben verspricht (Saari & Scherbaum, 2011). Zudem werden im Rahmen der MAB konkrete Zahlen zu weichen Faktoren (z. B. Engagement, Vertrauen, Organisationskultur) generiert und damit eine objektivierte Perspektive auf diese Themen geboten.

Entsprechend der strategischen Positionierung der Befragung kann der Schwerpunkt der Diagnose und der darin adressierten inhaltlichen Themen unterschiedlich gelagert sein. So können die Inhalte der Befragung eine stärkere mitarbeitendenbezogene Orientierung (z. B. Engagement, Commitment, Wohlbefinden, Arbeitsbedingungen) haben oder stärker auf die Erfassung von organisationsbezogenen Themen (z. B. der Verbesserung der Funktionsfähigkeit von Geschäftsprozessen oder der Adressierung strategisch relevanter Themen der Organisation; siehe auch Müller, Bungard et al., 2007) abzielen.

1.4.2 Interventionsfunktion der MAB

Die Interventionsfunktion legt den Fokus auf den mit der MAB verbundenen Dialog und beschreibt, dass die MAB sowohl unmittelbar als auch mittelbar Veränderungen in der Organisation bewirken kann. Nach Borg (2015, S. 13) besteht ein Grundproblem der MAB darin, dass die MAB meist mit der „Hoffnung auf gute Ergebnisse“ durchgeführt wird. Dies lässt außer Acht, dass die MAB insbesondere dazu geeignet ist, auch kritische Aspekte und Verbesserungspotenziale ans Licht zu bringen, um damit weiterzuarbeiten und die Organisation voranzubringen. Dabei lassen sich drei Teilfunktionen (Botschaftsfunktion, Verbesserungsfunktion, Kulturfunktion) der Interventionsfunktion unterscheiden, die in Abschnitt 3.1 näher erläutert werden.

Für die Interventionsfunktion der MAB ist insbesondere der Folgeprozess der MAB von hoher Relevanz, aber gerade dieser stellt nach einer Studie von Willis Towers Watson (2017) die größte Herausforderung im Kontext der MAB dar und bildet die „Achillesferse“ des Instruments.

|7|1.4.3 Systemische Funktion der MAB

Die systemische Funktion der MAB legt den Fokus auf die weiterführende Nutzung der aus der Befragung resultierenden Ergebnisse in anderen Steuerungsinstrumenten, Prozessen und Systemen der Organisation. Die MAB ist dabei in erster Linie ein Kennzahlenlieferant und unterstützt die Steuerung der Organisation unter Berücksichtigung weicher Faktoren. Hierbei kann die MAB Orientierung im Sinne von Monitoring, Benchmarking und Prognose geben oder direkt zur Steuerung von Prozessen genutzt werden, indem z. B. die Ergebnisse der MAB in Kennzahlensysteme (z. B. Balanced Scorecard, Incentivesysteme) eingebunden sind. Ferner werden im Sinne der systemischen Funktion die Ergebnisse auch für das externe Reporting, wie z. B. in Nachhaltigkeitsberichten, Qualitätswettbewerben oder für das Personalmarketing genutzt. Die Orientierungsfunktion, Steuerungsfunktion und Reportingfunktion werden in Abschnitt 4.3.1 näher erläutert.

1.5 Betrieblicher Nutzen

1.5.1 Nutzenbetrachtung auf Basis der Funktionen einer MAB

Während Feedback in Organisationen oft in erster Linie von „oben“ kommt (Bungard, Müller et al., 2007), bietet die MAB die Möglichkeit, Feedback von den Mitarbeitenden aufzunehmen und bis zur Leitung der Organisation sichtbar zu machen. Auch kann in Organisationen eine gewisse Feedback-Isolation der Führungskräfte und insbesondere der oberen Leitungsebene vorkommen, da negative Nachrichten kaum ungefiltert nach oben weitergeleitet werden (Borg, 2015). Hier kann die MAB entgegenwirken und entsprechend der Diagnosefunktion bereits über die Erhebung von Daten zur Abbildung des aktuellen Stimmungsbilds und entsprechender Stärken und Schwächen einen relevanten Nutzen für die Organisation bringen. Zudem ergibt sich der Nutzen der MAB im Sinne der Interventionsfunktion durch die unmittelbaren und mittelbaren Verbesserungen, die durch die Arbeit mit den Ergebnissen der MAB in der Organisation erzielt werden können. Im Sinne der systemischen Funktion lassen sich auf Basis der MAB-Ergebnisse gezielt Kennzahlen für die Steuerung der Organisation und die systemische Einbettung in bestehende Systeme und Programme ableiten. Ferner können Warnsignale und Frühindikatoren für relevante Themen erkannt sowie wichtige Kennzahlen für das organisationale Reporting und Benchmarking gewonnen werden.

Neben diesen ergebnisbezogenen Kriterien gibt es eine Reihe eher prozessbezogener Kriterien der Bewertung der MAB. Diese umfassen z. B. Kosten und Dauer des Projektes, Anzahl von Fehlern oder Beschwerden während des Prozesses, Ak|8|zeptanz des Befragungsinstruments und des Gesamtprozesses der MAB bei den Mitarbeitenden und Führungskräften. Die Bewertungsgrößen zur Nutzenermittlung einer MAB sind somit sehr vielfältig und müssen sowohl vor dem Hintergrund der Positionierung der MAB (siehe Abschnitt 3.1) gesehen als auch in Bezug auf den konkreten Prozess organisationsspezifisch definiert werden.

In der Praxis stuften laut einer Studie von Frieg und Hossiep (2018) 70,3 % der befragten Organisationen den Nutzen einer MAB als hoch ein. Insbesondere das Erkennen von Stärken, Schwächen und Warnsignalen wurde durch die Befragten als äußert wichtig erachtet. Ein mittlerer Nutzen von MABs wurde im Rahmen von innerorganisationalen Programmen, Systemen und Initiativen sowie zur strategischen Steuerung gesehen. Gut zwei Drittel der befragten Organisationen gaben jedoch auch an, dass die Kosten für die MAB hoch seien. Wird die MAB nur als Meinungsumfrage oder als Alibi-Maßnahme zum „Dampf-Ablassen“ (Bungard, Müller et al., 2007, S. 70) verstanden, werden die Ergebnisse nur als Marketing-Baustein nach außen genutzt, sind die eingesetzten Ressourcen nicht ausreichend oder besteht keine Unterstützung der Leitung und keine Bereitschaft zur Umsetzung von Veränderungen, so sind die Risiken für ein Scheitern der MAB ungleich höher (Borg, 2015; Müller, Bungard et al., 2007).

1.5.2 Nutzenbetrachtung auf Basis empirischer Befunde zur Wirksamkeit von MABs

Während sich aus den Funktionen der MAB vielfältiger Nutzen für die Organisationen ziehen lässt und Zusammenhänge zwischen weichen Faktoren und organisationalen Kennzahlen in der Literatur berichtet werden (z. B. Boudreau et al., 2019; Harter et al., 2013; Wiley, 2010), liegen nur wenige aktuelle wissenschaftliche Publikationen in Fachzeitschriften zur Wirkung und Wirksamkeit von MABs vor. Tabelle 2 gibt einen Überblick über ausgewählte Studien zur Wirksamkeit von MABs und verwandten Survey-Feedback-Instrumenten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Verbesserungen durch MABs kein Automatismus sind, sondern insbesondere von der Gestaltung und Nachhaltigkeit des Folgeprozesses abhängig sind. Waren die Folgeprozesse nach dem Survey-Feedback-Prinzip mit entsprechenden Mitarbeitendenworkshops und Aktionsplänen gestaltet, zeigten sich in den Studien Verbesserungen – insbesondere in Bezug auf soziale Aspekte (Zusammenarbeit mit der Führungskraft und im Team, Organisationsklima), aber auch auf Zielvariablen wie Arbeitszufriedenheit oder Commitment der Mitarbeitenden.

|9|Tabelle 2: Ausgewählte empirische Befunde zur Wirksamkeit

Autor_innen

Ergebnisse

Porras & Berg (1978)

mittlere Wirksamkeit von Survey-Feedback

48 % der untersuchten Studien berichteten über positive Veränderungen in Bezug auf Prozessvariablen (Verhalten und Einstellung im Team, Führungsverhalten, organisationale Prozesse und individuelle Einstellungen)

53 % der untersuchten Studien berichteten über positive Veränderungen in Bezug auf Ergebnisvariablen (z. B. organisationale Leistung, Gruppenleistung, Führungsleistung, Absentismus und Fluktuation sowie individuelle Zufriedenheitsfacetten)

Neuman et al. (1989)

positiver Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Survey-Feedback und der Arbeitszufriedenheit

positiver Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Survey-Feedback und anderen arbeitsbezogenen Einstellungen

Bowers (1973)

signifikante Verbesserungen in den Bereichen Organisationsklima, Zusammenarbeit im Team und Zusammenarbeit mit der Führungskraft

Bowers & Hausser (1977)

positive Effekte auf Organisationsklima, Zusammenarbeit im Team und Zusammenarbeit mit der Führungskraft sowie die Arbeitszufriedenheit

Conlon & Short (1984)

positive Auswirkungen auf neun Arbeitsmerkmale z. B. die Führungskraft und die Aufgaben betreffend, aber auch auf Karrieremöglichkeiten und die Kommunikation von Zielen und deren Qualität

bei Ergebnisdiskussion der vorherigen MAB (6 Monate zuvor) durch die Führungskraft mit den Mitarbeitenden: Einfluss auf Einstellungen der Mitarbeitenden (vor allem lokale Themen, die im Einflussbereich der Führungskraft standen)

Liebig (2006)

positiv bewerteter MAB-Prozess im Zeitverlauf kann zu einer Verbesserung der Arbeitszufriedenheit und einzelner Themenbereiche führen: u. a. Information und Kommunikation, Führung, Arbeitsbedingungen, Zufriedenheit mit der Organisation

Björklund et al. (2007)

Befragung und Feedback alleine bewirken kaum Veränderungen

Befragung und Feedback in Kombination mit Aktionsplänen führen zu positiverer Einstellung gegenüber Führungsaspekten und zu höherem Commitment der Mitarbeitenden

Thompson & Surface (2009)

Miterleben der Ergebnisrückmeldung, Problemidentifikation sowie Gestaltung von Folgeprozessen für Einschätzung der Nützlichkeit der MAB entscheidend

Folgeprozesse wichtiger als das Feedback selbst

Hodapp (2017)

genereller Umgang mit Veränderungen hat einen positiven Einfluss auf die Arbeit mit den Ergebnissen der MAB

Selbstwirksamkeitsüberzeugung und Einstellung von Führungskräften gegenüber der MAB sind relevant für die wahrgenommene Wirksamkeit der Folgeprozesse

|10|1.6 Übergreifende aktuelle Entwicklungen

Die MAB und deren Zukunft muss immer auch vor dem Hintergrund unterschiedlicher aktueller Entwicklungen betrachtet werden. Im Folgenden soll auf zwei wesentliche Entwicklungen eingegangen werden, die deutliche Auswirkungen auf die Konzeption, den Einsatz und die Durchführung von MABs haben können. Dazu gehört neben technologischen Entwicklungen auch ein neues Denken im Bereich der Organisationsentwicklung.

1.6.1 Technologische Entwicklungen

Fortschritte im technologischen Bereich stellen einen wichtigen Treiber übergreifender Entwicklung im Bereich von Survey-Feedback-Verfahren dar. Neue Erhebungstechnologien und damit verbundene neuartige Interaktionsmöglichkeiten (Lugtig & Toepoel, 2016) können den gesamten Prozess einer MAB beeinflussen.

Zunehmende Online-Befragungen sowie die erhöhte Nutzung mobiler Endgeräte und Apps stellen wichtige Einflussfaktoren auf die Entwicklungen im Bereich der MAB dar. So bewegt sich die Nutzung des Internets sowohl im Privatbereich als auch im organisationalen Umfeld weg von Computern und Laptops hin zu Tablets und Smartphones (Lambert & Miller, 2015).

Auch im Bereich der Befragung gewinnen die Gestaltung und der Einsatz von mobilen Endgeräten seit geraumer Zeit an Bedeutung (Poggio et al., 2015). So befördern beispielsweise neue Möglichkeiten in der Interaktionsgestaltung auch gänzlich neue Gestaltungsformen von Befragungen, welche ein spielerisches Design der Teilnahme betonen (Gamification und Playful Design, z. B. Deterding et al., 2011; Keusch & Zhang, 2017). Damit wird das Ziel verfolgt, dass nicht nur die erwarteten Verbesserungen aus der MAB, sondern bereits das Ausfüllen selbst als motivierend erlebt wird (Puleston, 2011; Turner et al., 2014).

Neben der Verbreitung mobiler Endgeräte und dem Einsatz neuer Online-Technologien schreitet auch die Nutzung komplexer und miteinander vernetzter Datenbanksysteme sowie die digitale Prozessintegration der MAB voran. Die digitale Entwicklung der MAB liegt dabei zum einen in einer einheitlich vernetzten digitalen Prozessgestaltung von Konzeption über Durchführung und Reporting bis hin zur Folgephase und Evaluation, aber zum anderen auch in der systemischen Integration mit anderen organisationalen Datensystemen.

Die Idee der systemischen Integration der MAB spiegelt sich deutlich in Konzepten der HR Analytics wider. HR Analytics als Begriff oder Konzept ist dabei nicht scharf umrissen, enthält aber im Kern die Bestrebung, wichtige HR-relevante Entscheidungen auf empirischen Daten und entsprechenden Analysen zu basieren bzw. durch diese zu unterstützen (Boudreau et al., 2019; Marler & Boudreau, 2017). |11|HR Analytics (siehe Abschnitt 4.2.4) ist vor allem mit der Sammlung, Integration und dem Reporting einer größeren Menge von Daten („Big Data“) assoziiert. Zunehmend wird die Bedeutung von HR Analytics um die Betonung komplexer Auswertungsstrategien und konfiguraler Modellierungen mit prädiktivem oder längsschnittlichem Charakter zur zielgerichteten Auswertung einschließlich entsprechender Visualisierungen („Smart Data“) angereichert.

1.6.2 New OD – Neue Ansätze der Organisationsentwicklung

Eine weitere übergreifende Entwicklung, welche die MAB auch in Zukunft beeinflussen wird, ist die Art und Weise, wie über Survey-Feedback im Speziellen und Organisationsentwicklung im Allgemeinen gedacht wird. Diese Entwicklung wird mit dem Begriff der „Neuen Organisationsentwicklung“ (New Organizational Development; New OD) beschrieben (Bartunek & Woodman, 2015; Bushe & Marshak, 2009).

Im Sinne des „New OD“ stehen im Kontext der MAB nicht mehr die diagnostischen Aspekte und Ableitung von Maßnahmen im Vordergrund, vielmehr wird in den durch die MAB angestoßenen Austauschprozessen und der verbundenen Schaffung geteilter mentaler Modelle in der Organisation ein großer Mehrwert gesehen. Organisationen bewegen sich zunehmend in einem Umfeld, welches immer komplexer, dynamischer, kompetitiver und unsicherer wird (Zhang et al., 2015). Die Konsequenz für Organisationen ist ein immer schneller werdender Wechsel und die Koexistenz scheinbar widersprüchlicher und paradoxer Anforderungen (z. B. Lüscher & Lewis, 2008; Smith & Lewis, 2011). In Anbetracht von Widersprüchlichkeiten und Zielkonflikten (Effizienz vs. Transformation, Standardisierung vs. Kreativität) sowie der zunehmenden Komplexität im Arbeitsleben kommen klassische Steuerungsmechanismen – wie z. B. klar definierte Verantwortlichkeiten und Rollen, hierarchische Strukturen, Planung, Umsetzung und Kontrolle – häufig an ihre Grenzen. Die Prozesse und Strukturen in Organisationen müssen demnach mehr im Sinne komplexer dynamischer Systeme verstanden werden. Hierbei sollte vor allem der Austausch zwischen den Akteur_innen innerhalb der Organisation im Fokus stehen. Feedbackinstrumente dienen in diesem Sinne weniger zur zentralen Steuerung der Organisation oder zur Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen, sondern sollen einen selbstorganisierten, lebhaften Austausch zwischen organisationalen Ebenen und Einheiten sowie auch über organisationale Grenzen hinweg beschleunigen (Bartunek & Woodman, 2015).

Diese Perspektive hat bedeutende Implikationen für den Umgang mit sowie für die Positionierung und die Gestaltung von Feedbackinstrumenten (siehe hierzu Kapitel 3). Befragungen und deren Ergebnisse müssen nicht mehr in erste Linie nur valide und reliabel sein, sondern einen Beitrag zur Selbstorganisation des Systems leisten, indem sie „einen Anlass schaffen für die Absicht, das gesamte System im Dialog so einzubinden, dass mentale Modelle sichtbar werden, neues Wissen, |12|Strukturen und Prozesse gemeinsam geschaffen werden und verschiedene Stimmen und Perspektiven gehört werden“ (Bushe & Marshak, 2009, S. 361).

Die technologischen Entwicklungen und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten der Gestaltung, Implementierung und organisationalen Einbettung von Feedback sowie der Wandel organisationaler Steuerungsmechanismen im Sinne der „New OD“ und die zunehmende Komplexität organisationaler Anforderungen laufen in einer Entwicklung zusammen, die als „Meta-Trend“ zu bezeichnen ist. Dieser Meta-Trend im Bereich der MAB bezieht sich auf die Entwicklung organisationaler Feedback- und Befragungslandschaften (feedback and survey landscapes). Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Entwicklungen geht es hierbei weniger um eine Veränderung der Art und Weise, wie MABs und deren Prozesse gestaltet und umgesetzt werden (z. B. App-Erhebung, Playful Design), sondern um eine grundsätzliche Transformation der MAB im Kontext der systemischen Einbettung in Feedback- und Befragungslandschaften.

Die Grundidee besteht meist darin, den großen „Tanker“ MAB mit der umfassenden und ganzheitlichen Perspektive in kleinere „Speedboats“ zu zerlegen. So sollen gewisse Themen aus der MAB in eigene Feedbackinstrumente ausgelagert werden, die enger umrissen sind und eine klare Passung von Inhalten, Prozessen und Verantwortlichkeiten sicherstellen. So kann der gesamte Prozessaufwand niedriger und die Implementierung von Feedback flexibler und dynamischer werden. Ziel ist es, verschiedene Feedbackinstrumente in der Organisation zu implementieren und diese sinnvoll für eine erfolgreiche Entwicklung der Organisation zu verbinden. Gelungene Feedbacklandschaften orchestrieren verschiedene Feedbacktools und -instrumente auf eine Weise, die sich stark am tatsächlichen Nutzen und den Bedürfnissen innerhalb der Organisation orientiert.

Im Ausblick wird die MAB insbesondere in größeren Organisationen schlanker, flexibler und thematisch enger. Eingebettet in eine breitere Feedback- und Befragungslandschaft kann sie dann um zielgruppen-, anlass- oder themenbezogene Feedbackinstrumente ergänzt werden. Allerdings hat nicht jede Organisation das Interesse, den Bedarf oder auch die Ressourcen für die Einführung einer differenzierten Feedback- und Befragungslandschaft. Daher wird insbesondere für viele kleine und mittlere Organisationen die klassische MAB nach wie vor das Instrument der Wahl für organisationales Feedback sein.