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Erschaffe das Leben deiner Träume! Nach ihren ganz besonderen Reisen (siehe 'Mollys wundersame Reise' und 'Molly verzaubert ihre Welt') weiß Molly nun, wie es um ihres und um das Innenleben anderer Menschen bestellt ist. Doch sie wäre nicht Molly, würde nicht wieder eine neue Frage an ihr nagen: Ob ihr Schutzengel wohl recht hat, wenn er behauptet, dass sie sich genau das Leben erschaffen kann, das sie will? Und ist es wirklich so kinderleicht, wie er sagt? Molly hat da so ihre Zweifel, aber sie macht sich auf, es herauszufinden! Folge Molly auf ihrem neuen Abenteuer und erfahre mit ihr zusammen, wie auch du ein Leben erschaffen kannst, das dein Herz zum Singen bringt. Wie alle Molly-Bücher ist auch dieses nicht nur für Kinder geeignet, sondern ebenso für Erwachsene, die noch nicht ihren Traum leben und erfahren möchten, wie einfach Manifestation wirklich ist ...
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Copyright © 2022
Butterfly Publishing - Anna Camilla Kupka
Alle Rechte vorbehalten.
Text: Dr. Anna Camilla Kupka
Illustrationen: Carole Isler
Lektorat: Ursula Tanneberger
Molly schaut aus dem Fenster und sieht den herabfallenden Schneeflocken zu. Seit Tagen schneit es ununterbrochen und die Wiese vor ihrem Fenster sieht aus wie ein leuchtend weißes Bettlaken. Oder wie eine flauschige weiße Daunendecke. Oder vielleicht doch eher wie eine Wolkendecke?
Egal, Molly kann jedenfalls nicht genug von dem Anblick bekommen. Jetzt hört es auf zu schneien und stattdessen kommt die Sonne heraus. Sie lässt ihre Strahlen hinunterscheinen und die einzelnen Schneekristalle blitzen auf wie Juwelen. Mal funkelt es hier, mal da, die Sonnenstrahlen scheinen von Ort zu Ort zu hüpfen. Molly kribbelt es in den Beinen. Sie will raus und diese Märchenlandschaft genießen. Einen Schneemann bauen, Schneebälle werfen und ihren eigenen Atem sehen. Ja, das wird sie gleich machen!
Aber vorher will sie noch etwas wissen. Seit Tagen nagt eine Frage an ihr, und jetzt muss sie einfach die Antwort darauf bekommen. Ansonsten findet sie keine Ruhe. Und da sie von ganz alleine nicht draufzukommen scheint, braucht sie ein wenig Unterstützung. Daher ruft sie jetzt in den Raum hinein:
„Schutzengel, hast du mal kurz Zeit?“
Sofort ertönt ein leises Lachen. „Was heißt hier kurz, ich habe alle Zeit der Welt. Also, was gibt’s?“
„Wirklich, alle Zeit der Welt?“, fragt Molly erstaunt. „Aber du hast doch sicherlich sehr viel zu tun. Schließlich gibt es doch hier eine ganze Menge von uns.“
„Nein, Molly“, antwortet ihr Schutzengel fröhlich, „ich bin nur für dich da, auf dich zu achten, ist meine einzige Aufgabe.“
Molly ist so verblüfft, dass sie zunächst sogar ihre Frage vergisst. „Ist das nicht etwas übertrieben?“, will sie stattdessen wissen. „Du könntest doch wenigstens noch für ein paar andere zuständig sein. So viel Arbeit mache ich dir nun auch nicht.“
„Wozu sollten wir uns denn aufteilen?“, fragt der Schutzengel. „Es gibt doch mehr als genug von uns, da müssen wir nicht sparen. Außerdem liegst du mir wirklich sehr am Herzen, da möchte ich für niemand anderen da sein.“
„Aha“, sagt Molly und lächelt. Ihr Schutzengel liegt ihr mittlerweile auch am Herzen. Aber jetzt möchte sie doch auf ihr eigentliches Anliegen zu sprechen kommen.
„Ich habe eine Frage“, sagt sie jetzt, „aber ich weiß nicht genau, wie ich sie ausdrücken soll. Es fühlt sich alles noch ein wenig konfus an in meinem Kopf.“
„Versuch es doch einfach mal“, fordert der Schutzengel sie auf.
„Ok“, antwortet Molly und die Haut zwischen ihren Augenbrauen zieht sich vor Konzentration zusammen. Denn das, was sie wissen möchte, ist wirklich schwierig zu formulieren. Aber dann beginnt sie:
„Ich habe in letzter Zeit so viel über mich und das Leben gelernt und mir geht es jetzt wirklich gut, was sehr schön ist. Aber irgendwie – wie soll ich das sagen – weiß ich jetzt nicht, was ich mit dem Ganzen eigentlich anfangen soll. Weißt du, mein Vater arbeitet, aber ich weiß gar nicht, ob es ihm überhaupt gefällt und wieso er genau das macht, was er macht. Ich gehe zur Schule und mal macht es mir Spaß und mal nicht. Bei einigen Fächern weiß ich ehrlich gesagt gar nicht, wieso ich die Sachen überhaupt lernen muss, sie wirken so sinnlos. Dagegen liebe ich das Singen, aber ich kann ja nicht den ganzen Tag nur singen. Was soll ich also tun? Worauf soll ich mich konzentrieren? Ich versuche ja jetzt schon, die Liebe als Wegweiser zu nehmen, aber sie ist so unglaublich weitläufig, ich glaube, ich verliere mich manchmal in all dem.“
„Aha, ich glaube, ich verstehe dich, Molly“, sagt der Schutzengel jetzt und lacht sein nettes Lachen. „Du willst im Grunde wissen, was der Sinn des menschlichen Lebens ist? Wow, du stellst Fragen. Nächstes Mal suche ich mir einen Schützling aus, der weniger nachdenkt“, neckt er sie, aber Molly merkt, er meint es nicht wirklich so.
Und damit fährt der Schutzengel auch schon fort:
„Nein, jetzt mal ehrlich, Molly, das ist eine ganz schön komplexe Frage für einen Teenager, damit befassen sich noch nicht einmal viele Erwachsene. Aber ich werde versuchen, es dir zu erklären, und ich kann dir jetzt schon sagen: Der Sinn des menschlichen Lebens ist ganz wundervoll, also freu dich darauf.“
Jetzt strahlt Molly. Sie ist froh, das Thema angesprochen zu haben, und wartet darauf, des Rätsels Lösung bald auf dem Silbertablett präsentiert zu bekommen. Es ist schon sehr praktisch, so einen weisen Schutzengel an der Seite zu haben.
Aber statt ihr eine zufriedenstellende Antwort zu geben, sagt der: „Weißt du was, du wolltest doch ein bisschen rausgehen und spielen. Wieso machen wir das nicht zuerst?“
„Na gut“, sagt Molly ein bisschen enttäuscht. Aber wenn ihr Schutzengel wirklich immer bei ihr ist und er jetzt mal raus möchte, will sie ihn nicht im Stich lassen. Es ist für ihn wahrscheinlich auch langweilig, hier die ganze Zeit mit ihr rumzusitzen und ihr abwechselnd beim Singen und Schneeflockenbetrachten zuzuschauen. Und beim Grübeln. Also geht sie zur Garderobe, zieht sich ihre Winterstiefel und die dicke Jacke an, dann kommen noch Mütze und Handschuhe dazu und fertig ist sie. Sie ruft ihrer Mutter ein schnelles „Tschüss“ zu und ist auch schon aus der Tür heraus, mitten in der weißen Schneelandschaft. Es hat jetzt auch wieder angefangen, ein wenig zu schneien, und Molly guckt lachend in den Himmel. Sie macht den Mund weit auf und streckt die Zunge raus. Sie liebt es, die Schneeflocken mit der Zunge aufzufangen und sie schmelzen zu lassen. Und sie liebt es, die kühlen Flocken auf ihrem Gesicht zu spüren. Der Schutzengel hat doch recht damit gehabt, rauszugehen. Dieses ganze Nachdenken ist nichts verglichen damit, jetzt hier an der frischen Luft zu sein und den Schnee auf der Haut zu fühlen!
Voller Freude fängt Molly an, einen Schneemann zu bauen. Keinen besonders großen, eher einen Babyschneemann, aber sie findet ihn sehr putzig und tauft ihn Kasimir. Dann flitzt sie nochmal ins Haus, um sich in der Küche eine Karotte zu holen. Im Hinauslaufen hört sie, dass ihre Mutter ihr hinterherschimpft, weil Molly Schneematsch ins Haus geschleppt hat. Das ist Molly aber im Moment ziemlich wurscht. Kasimir braucht schließlich eine Nase. Molly steckt ihm also die Karotte ins Gesicht, macht ihm aus runden Steinen, die sie auf dem Weg findet, zwei Augen und einen Mund, und rennt dann nochmals ins Haus, um einen kleinen Kochtopf als Hut aus der Küche zu holen. Sie hat sich ihre Schuhe wieder nicht ausgezogen und jetzt beeilt sie sich lieber beim Herauslaufen, denn ihre Mutter kommt ihr mittlerweile scheltend hinterher. Offenbar ist sie von dem Wasser auf dem Boden nicht wirklich begeistert.
Dafür sind zwei Kinder umso mehr begeistert, die gerade mit ihren Eltern vorbeikommen und sich lautstark an Kasimir erfreuen.
Auch ihre Nachbarin ruft ihr zu: „Schöner Schneemann, Molly, ich hoffe, er bleibt noch ein wenig stehen!“
Molly winkt ihr zu und spürt, wie ihre Wangen trotz der Kälte glühen.
„Komm, lass uns spazieren gehen“, sagt sie nun in Gedanken zu ihrem Schutzengel. „Vielleicht finden wir noch ein paar andere Schneemänner auf dem Weg.“
Damit verabschiedet sie sich mit einer gespielten Verbeugung von Kasimir und hüpft munter davon.
„Warte, Molly, nicht so schnell“, ruft der Schutzengel ihr zu. „Bevor wir es vergessen: Du hast dir mit dem Schneemann gerade selbst die Antwort auf deine Frage gegeben.“
„Welche Frage?“, gibt Molly höflich zurück, obwohl sie eigentlich viel interessierter daran ist, durch den Schnee zu springen und sich an ihren frischen Fußabdrücken in der fast unberührten Landschaft zu erfreuen.
„Du hast mich doch gefragt, wozu die Menschen leben, und eben hast du dir das selbst beantwortet.“
„Ich habe doch bloß einen Schneemann gebaut“, lacht Molly. „Das wird ja wohl kaum das sein, was wir hier alle machen sollten. Dann gäbe es ganz schön viele Schneemänner auf der Welt.“
„Nein, nicht jeder muss Schneemänner bauen, das stimmt wohl“, lacht jetzt auch der Schutzengel. „Aber du hast viel mehr als das getan. Du hattest die Vorstellung von einem Schneemann, dann hat dich die Lust gepackt, ihn zu bauen und schwupps, hast du ihn auch schon erschaffen. Du hast deinen Wunsch wahr werden lassen. Und dafür sind Menschen im Grunde genommen da. Um ihre Träume zu leben. Und einen Schneemann zu bauen, ist auch die Erfüllung eines Traums. Wenn auch vielleicht eines nicht besonders großen, vor allem, da Kasimir doch etwas mickrig geraten ist. Aber jeder fängt mal klein an“, sagt der Schutzengel fröhlich.
Molly ist jetzt nicht gewillt, über Kasimirs Größe zu schwadronieren. Vielmehr will sie zum Kern der Sache kommen. „Menschen sind da, um ihre Träume zu leben?“, fragt sie mit skeptischem Blick. „Bist du dir da sicher? Das hört sich für mich irgendwie eigenartig an. Und ein bisschen sehr einfach.“
„Ja, ich bin mir da ziemlich sicher“, lacht der Schutzengel. „Vögel singen, Flüsse fließen, die Sonne scheint und Menschen manifestieren ihre Träume.“
„Mani… – was? Was ist denn das für ein Wort? Das habe ich ja noch nie gehört“, fragt Molly verwirrt. Aber gleichzeitig ist sie auch ein wenig erleichtert. Wenn etwas Kompliziertes wie dieses Mani-Wort dahintersteckt, dann kann es auch eher sein, dass der Schutzengel recht hat. Denn das Leben ist schließlich kompliziert. So einfach, wie bloß die eigenen Träume zu leben, kann es sicherlich nicht sein.
Der Schutzengel antwortet fröhlich: „Ach, entschuldige, Molly. Also, manifestieren heißt, etwas Wirklichkeit werden zu lassen. Du hast eine Vorstellung in dir drin, eine Idee, einen Traum, und dann gibst du diesem Traum Ausdruck und lässt ihn Wirklichkeit werden. Idealerweise ist es etwas, das dir und anderen Menschen Freude macht, so wie Kasimir nicht nur dir, sondern auch den vorbeigehenden Kindern und der Nachbarin Freude gemacht hat.“
„Obwohl, Mama hat er wohl nicht ganz so viel Freude gemacht“, murmelt Molly, aber sie entschließt sich, dem Schutzengel zunächst einmal zu glauben. „Aber dann ist es ja ganz einfach“, fährt sie fort. „Wir sollen also alle den ganzen Tag etwas tun.“ Nun fängt die Sache an, für sie sinnvoll zu werden. Beschäftigung scheint etwas sehr Wichtiges zu sein, das merkt sie immer wieder. Vor allem die Erwachsenen scheinen es damit sehr genau zu nehmen. „Also doch so wie Papa den ganzen Tag arbeitet“, schlussfolgert sie. „Er macht es also genau richtig.“
„Ganz so ist es auch nicht, Molly. Sondern es kommt vor allem darauf an, was die treibende Kraft hinter der Beschäftigung ist, also weshalb man tut, was man tut. Und ob es Freude macht. Aktivität nur um der Aktivität willen bringt nicht viel und kann sich sehr leer anfühlen. Oder sehr anstrengend. Das ist nicht wirklich der Sinn der Sache und führt meistens auch nicht zu dem erhofften Ergebnis, aber dazu kommen wir noch. Jetzt lass uns erst einmal weitergehen.“
„Alles klar“, sagt Molly und hüpft schon wieder davon.
Auf dem Weg singt Molly fröhlich vor sich hin, bückt sich immer wieder, um Schneebälle zu formen und sie dann so weit zu werfen wie sie kann. Dabei denkt sie nach. Sollte es wirklich so einfach sein, wie der Schutzengel sagt? So ganz kann sie es noch nicht glauben und auch nicht wirklich verstehen, aber so wie sie ihren Schutzengel mittlerweile kennt, wird er es ihr noch besser erklären.
Und da ertönt seine Stimme auch schon wieder: „Hier haben wir doch jetzt ein gutes Beispiel, Molly. Nach wem ist deine Schule benannt?“
Molly guckt verwirrt auf. Vor lauter Nachdenken hat sie gar nicht bemerkt, dass sie den Weg zur Schule eingeschlagen hat, obwohl doch heute Samstag ist. Und jetzt steht sie direkt davor. Ihre Antwort kommt prompt: „Na, sie ist nach dem benannt, der sie gebaut hat. Er war wohl sehr berühmt. Hat mehrere Häuser im Ort gebaut, unter anderem das Rathaus“, sagt Molly, stolz auf ihr Wissen.
„Richtig, er war der Architekt. So nennt sich jemand, der Gebäude entwirft.“
Das weiß Molly auch. Ihr Onkel ist Architekt, aber um ehrlich zu sein, war sie sich nie so ganz sicher, was genau er macht. Also hört sie jetzt interessiert zu. Dann kann sie nächstes Mal vielleicht ein bisschen vor ihm angeben.
„Und der Architekt, Molly, wie hat er die Schule hier oder das Rathaus gebaut? Kam er mit einem riesigen Lastwagen voller Steine angefahren, hat sie ausgekippt, alle aufeinandergestapelt, und dann entstand das Haus einfach so vor seinen Augen?“
Molly muss lachen. „Nein, natürlich nicht. Er muss doch erst einen Plan gemacht haben. Sonst wüsste er doch gar nicht, was er bauen will.“
„Aha“, sagt der Schutzengel. „Du meinst einen Plan auf Papier?