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Mit Fabio Lineham, diesem arroganten Promi-Doc, soll sie ihre kleine Patientin nach Monaco bringen? Das gibt Probleme, glaubt Physiotherapeutin Katie. Doch kaum angekommen im mondänen Fürstentum, kommt alles anders, denn Katie erkennt: Manchmal täuscht der erste Blick …
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Seitenzahl: 184
IMPRESSUM
Monaco, die Liebe und du erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2011 by Anne Fraser Originaltitel: „The Playboy of Harley Street“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBENBand 58 - 2013 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Michaela Rabe
Umschlagsmotive: Nejron Photo / Shutterstock
Veröffentlicht im ePub Format in 11/2022.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751520744
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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Staunend schaute sich Katie Simpson in dem luxuriös eingerichteten Flugzeug um. Bei ihrem Einstellungsgespräch hatte Dr. Cavendish, der Seniorpartner der Praxis, zwar davon gesprochen, dass man von ihr erwartete, jederzeit an jedem Ort der Welt einsatzbereit zu sein. Von einem Privatjet war jedoch nicht die Rede gewesen.
Ungeduldig sah sie auf die Uhr. Wo blieb Dr. Lineham nur? Vor zehn Minuten war sie mit ihrer Patientin an Bord gegangen, aber von ihm keine Spur. Die Kleine saß an einer Spielkonsole, anscheinend völlig unbeeindruckt von dem Luxus, der sie umgab.
Lucy Hargreaves war acht Jahre alt und litt an Mukoviszidose. Katie und Dr. Lineham sollten sie nach Monaco begleiten, damit sie ihrem Vater, einem britischen Rennfahrer, bei einem wichtigen Rennen zusehen konnte.
Katie drehte sich um, als jemand die Metallstufen heraufeilte.
Zum zweiten Mal an diesem Tag erlebte Katie eine Überraschung. Es war Dr. Lineham, aber nicht der erwartete ältere Arzt, sondern ein großer, schlanker Mann, mit welligem dunklem Haar, olivfarbener Haut, hohen Wangenknochen und einem vollen, sinnlichen Mund. Breite Schultern füllten den schmalen Eingang fast vollständig aus, als er kurz stehen blieb und seine Krawatte zurechtrückte. Er sah mehr aus wie ein Filmstar.
„Verdammter Londoner Verkehr“, murmelte er vor sich hin, bevor er das Flugzeug betrat. Er blieb neben Lucy stehen und fuhr ihr übers Haar. „Hi, Luce, alles okay?“
Die Kleine blickte auf und strahlte ihn an. „Hey, Dr. Fabio. Wo bleiben Sie denn? Ist es gestern Nacht spät geworden?“
Fabio legte den Zeigefinger auf den Mund und warf ihr einen verschwörerischen Blick zu. „Nicht alle meine Geheimnisse verraten, Luce. Wenn man dich fragt – ich habe die Nacht im Krankenhaus verbracht, klar?“
Sie kicherte, als er ihr zuzwinkerte.
Könnte er sich nicht ein bisschen professioneller geben? dachte Katie säuerlich, doch da wandte er sich ihr schon zu. Ein charmantes Lächeln lag in seinen grünen Augen, während er Katie von oben bis unten musterte. Sie trug ein dunkles Kostüm und schlichte schwarze Schuhe, dasselbe Outfit wie beim Vorstellungsgespräch, weil sie nicht gewusst hatte, was sie anziehen sollte.
„Und dies ist also unsere neue Physiotherapeutin, Lucy?“ Seine Stimme war so samtig wie warme Schokolade, mit dem Anflug eines Akzents, den Katie nicht einordnen konnte.
„Sie hat gesagt, ich darf sie Katie nennen. Ich find sie cool. Sie kennt die Spiele auf meiner Konsole.“
„Freut mich, Sie kennenzulernen, Dr. Lineham.“ Katie bemühte sich, keine Missbilligung zu zeigen. Hatte der Mann die Nacht durchgefeiert? Wie wollte er sich dann vernünftig um seine Patientin kümmern?
„Ganz meinerseits, Katie Simpson, aber bitte nennen Sie mich Fabio.“
Sein fester Händedruck und die Art, wie er ihren Namen aussprach, jagten ihr ungewollt einen Schauer über den Rücken.
„Du musst dich anschnallen“, erinnerte Lucy Katie, als Fabio sich ihr gegenübersetzte. „Bis wir oben sind.“
Lucy war blass und für ihr Alter zu dünn, aber in ihren indigoblauen Augen lag ein wissender Ausdruck, der zu einem älteren Mädchen gepasst hätte. Am Vortag hatte Dr. Cavendish Katie über Lucys Zustand informiert.
„Ihre zystische Fibrose ist zumeist unter Kontrolle, aber leider hatte Lucy zwei schwere Brustinfektionen, die Vernarbungen hinterlassen haben.“
„Sollte sie überhaupt reisen?“, gab Katie zu bedenken.
„Es macht sie glücklich. Außerdem sind es nur zwei Tage, und solange sie regelmäßig Krankengymnastik bekommt und Fabio auf sie aufpasst, besteht kein Grund zur Sorge. Von uns betreute Patienten sollen ihr normales Leben möglichst weiterleben. Das erfordert es manchmal, sie auf einer Reise zu begleiten. Wir bemühen uns, da flexibel zu sein.“
Katie nickte.
„Mrs Hargreaves würde Lucy niemals reisen lassen, wenn sie nicht absolutes Vertrauen in uns hätte“, fuhr Dr. Cavendish fort. „Dr. Lineham ist seit zwei Jahren ihr Arzt.“ Er lächelte. „Lucy hat ihren Vater noch nie live bei einem Rennen erlebt, immer nur im Fernsehen, und sie besteht darauf, diesmal dabei zu sein. Sie ist ein außergewöhnlich willensstarkes Kind, das werden Sie schnell merken.“
Der Jet beschleunigte, und Katie umklammerte die Sitzlehnen. Fabio hingegen saß völlig entspannt da und blätterte in einer Zeitschrift. Die langen Beine hatte er ausgestreckt, und deutlich zeichneten sich seine kräftigen Muskeln unter den Hosenbeinen ab. Er hatte das Jackett ausgezogen und seine Krawatte gelöst, was seiner lässigen Eleganz keinen Abbruch tat.
„Hab keine Angst.“ Lucy legte eine zarte Hand auf Katies Arm.
„Es geht schon.“ Katie versuchte, sich zu entspannen. „Behalt es für dich, Lucy, aber ich bin noch nie in einem Flugzeug dieser Größe geflogen. Ich habe nicht einmal das Gefühl, in einem Flugzeug zu sitzen. Wahrscheinlich muss ich mich erst daran gewöhnen.“
Lucy hatte sie vor dem Abflug durch die Maschine geführt und ihr alles gezeigt: die in Vierergruppen angeordneten zwölf Sitze, den Tisch, die Bar mit Fruchtsäften und Snacks und die Regale voller Bücher und Zeitschriften. Katie fühlte sich hier eher wie in einer Hotellobby. Die Co-Pilotin, eine schlanke, attraktive Frau, die viel zu jung aussah, um ein solches Flugzeug zu fliegen, übernahm auch die Aufgaben einer Stewardess. Sie hieß Fern.
Als sie endlich auf Reisehöhe waren und die Anschnallleuchten erloschen, legte Lucy ihre Spielkonsole beiseite und zeigte Katie, wie man aus einem der Sitze am Heck ein Bett machen konnte. „So kann ich bei der Physiotherapie liegen“, erklärte sie.
„Warst du schon mal in Monaco?“, erkundigte sich Lucy, während Katie mit ihr die Übungen durchging.
Katie lächelte. „Ich habe drei Wochen Urlaub in Spanien gemacht und komme gerade von einer Arbeitsstelle in Irland zurück, aber sonst war ich noch nicht im Ausland.“
„Monaco kenne ich auch nicht, aber in den Ferien war ich oft auf einer Jacht. Das macht so einen Spaß. Bist du mal auf einer Jacht gewesen?“
„Meine Eltern haben früher mit meinem Bruder und mir eine Flussfahrt unternommen“, erzählte Katie. „Das war herrlich.“
Bei der Erinnerung schossen ihr auf einmal Tränen in die Augen. Sie war nur froh, dass Lucy auf dem Bauch lag und sie nicht sehen konnte. Werde ich jemals an Richard denken können, ohne weinen zu müssen? Katie atmete tief durch.
„Okay, das war’s für heute“, sagte sie und half Lucy, sich aufzusetzen.
„Das ging aber schnell.“ Das Mädchen strahlte. „Du kannst das viel besser als die andere Therapeutin.“
Katie lächelte. „Vielleicht liegt es daran, dass ich viel Übung darin habe. Meine kleine Cousine hat dieselbe Krankheit wie du. Als sie noch bei mir in der Nähe wohnte, habe ich oft mit ihr die Therapie gemacht.“
„Möchtest du noch einmal spielen?“, fragte Lucy, als sie sich wieder hinsetzten. „Du kannst gern meine Konsole nehmen.“
Sie ist wirklich ein Schatz, dachte Katie. „Danke, aber ich glaube, ich lese lieber ein wenig.“
Katie versuchte, sich auf die Zeitschrift zu konzentrieren, die sie sich in der Abflughalle gekauft hatte. Aber immer wieder wanderte ihr Blick hinüber zu dem hochgewachsenen Arzt, der sich mit Lucy unterhielt. Sie kannte keinen Mann, der so gut aussah wie Dr. Fabio Lineham. Und sie hätte wetten können, dass er es genau wusste. Als er sie dabei ertappte, wie sie ihn betrachtete, senkte sie schnell wieder den Blick auf die Zeitschrift und tat, als ob der Artikel sie brennend interessiere. Bis sie die Überschrift sah: Wie Sie das Herz eines Mannes erobern – und den Platz in seinem Bett. Hastig klappte sie die Zeitschrift zu, als Fabio aufstand und sich neben sie setzte.
„Wir sollten uns besser kennenlernen, Katie. Schließlich werden wir die nächste Zeit zusammenarbeiten.“
Ein Hauch von Aftershave stieg ihr in die Nase … herb, zitronig, männlich. Der Mann duftete einfach göttlich. Ihr Herz schlug ein paar Extratakte, und Katie hatte das Gefühl, nicht mehr genug Luft zu bekommen.
„Was möchten Sie wissen?“, fragte sie nach, froh darüber, dass ihre Stimme nichts verriet.
„Alles.“ Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Zeit genug haben wir ja.“
„Eigentlich gibt es nicht viel zu erzählen“, wich sie aus, denn sie hielt Privates und Berufliches lieber getrennt. „Ich arbeite seit vier Jahren als Physiotherapeutin. Eigentlich hatte ich mich auf Sportlertherapien spezialisiert, dann aber gefiel mir das Arbeiten mit Kindern besser.“ Immer schön beim Beruf bleiben, dachte sie, dann kann dir nichts passieren.
„Ich weiß. Das alles steht in Ihrem sehr beeindruckenden Lebenslauf. Aber ich möchte gern mehr über Sie persönlich erfahren. Was machen Sie in Ihrer Freizeit?“
Sofort erwachte ihr Misstrauen. Fabio Lineham sah aus wie ein Filmstar, bestimmt nutzte er jede Gelegenheit zum Flirten, weil er sich seines Erfolgs bei Frauen sicher war.
„Sport“, antwortete sie widerstrebend. „Am liebsten Schwimmen.“
„Gehen Sie gern aus?“
„Ab und zu.“
„Kein Freund?“
Das ging ihn nichts an. „Nein“, erwiderte sie. „Und jetzt erzählen Sie mir etwas aus Ihrem Leben.“ Das klappte immer. Männer redeten am liebsten über sich.
Zu ihrer Überraschung schüttelte er den Kopf. „Nein, nein, noch bin ich dran, ich habe zuerst gefragt.“ Er lächelte charmant. „Gehen Sie oft schwimmen? Oder womit halten Sie sich sonst so fit?“
Sein anerkennender Blick trieb ihr das Blut in die Wangen. Sie war drauf und dran, ihm zu sagen, dass er sie nicht so anstarren sollte. Aber es war natürlich nicht seine Schuld, dass ihr Körper so ungewohnt heftig darauf reagierte.
„Ich schwimme fast jeden Tag, schon seit meiner Kindheit. Es entspannt enorm, an nichts anderes zu denken und sich einfach dem Rhythmus seines Körpers zu überlassen.“
Zumindest war es früher so gewesen. Doch die Erinnerungen an Richard suchten sie auch dann heim, wenn sie ihre Runden drehte. Zusammen mit Schuldgefühlen und diesem überwältigenden Schmerz. Katie schaffte es nie, sich so auszupowern, dass sie nachts durchschlief, ohne aus einem Albtraum aufzuschrecken.
Schnell konzentrierte sie sich wieder auf das Gespräch. „Was ist mit Ihnen? Ich vermutete Sie vertreiben sich gern die Zeit auf Partys?“ Die Bemerkung konnte sie sich einfach nicht verkneifen.
Fabio lehnte sich zu ihr herüber. Sein warmer Atem streifte ihren Hals. Es kostete sie all ihren Willen, nicht instinktiv zurückzuweichen, als es ihr heiß über den Rücken rieselte. „Bitte verraten Sie es nicht Lucy … sie glaubt, dass ich mich nur auf Bällen und Partys herumtreibe.“ Er senkte die Stimme. „Gestern wurde ich am späten Abend, als ich gerade an einem Geschäftsessen teilnahm, zu einer Patientin gerufen. Ich musste sie ins Krankenhaus begleiten und blieb noch bei ihr. Heute Morgen hatte ich keine Zeit mehr, nach Hause zu fahren und mich umzuziehen.“
„Oh.“ Sie hatte ihn wirklich falsch eingeschätzt.
„Um Ihre Frage jedoch zu beantworten, ich liebe Sport in jeder Form.“
„Er macht Basejumping“, verkündete Lucy ungeniert. Anscheinend hatte sie doch alles mitbekommen. „Da hat er auch meinen Dad kennengelernt. Dad liebt das, aber Mum nicht. Sie findet es zu gefährlich, ihr reicht es schon, dass er Rennen fährt.“
„Was ist denn Basejumping?“
„Sie springen von hohen Gebäuden, von Türmen, Brücken oder Klippen. Ich hab’s in einem Buch gelesen“, erklärte Lucy.
„Sie springen freiwillig von einer Klippe?“, fragte Katie ungläubig.
Fabio zuckte mit den Schultern. „Mit Fallschirm.“
„In meinen wildesten Träumen würde ich nicht daran denken, von einem Berg zu springen, wenn mein Leben von einem dünnen Stück Tuch über mir abhängt.“ Sie schauderte. „Ziemlich extreme Art, sich einen Kick zu verschaffen, oder?“
„Manche holen ihn sich aus der Flasche, ich beim Extremsport.“
Der Ton, in dem er das sagte, ließ Katie aufblicken. Sein Gesicht war auf einmal ernst, er schaute seltsam verloren vor sich hin.
Fabio schien sich innerlich einen Ruck zu geben. „Aber wir sprachen gerade von Ihnen. Wo leben Sie? Und was ist mit Ihrer Familie? Wohnt sie in der Nähe?“
Katie schluckte. „Ich lebe im nördlichen Teil von London, doch da bin ich nicht aufgewachsen. Mein Vater war Buchhalter, meine Mutter hatte als Krankenschwester in der örtlichen Klinik gearbeitet.“
„Hatte?“
Wie oft hatte sie diese Frage schon gefürchtet. „Sie starben bei einem Flugzeugabsturz, als ich dreizehn war.“
Der Schock und das Mitgefühl in seinen Augen wirkten echt. „Das tut mir leid. Es muss schrecklich gewesen sein, beide Eltern auf einmal zu verlieren.“
„Ja, das war es.“ Ihr Herz hämmerte. Sie ahnte, was als Nächstes kommen würde.
„Haben Sie noch Geschwister?“
Katie zuckte unwillkürlich zusammen. Er hatte ihr schon zu viel entlockt, und was konnte sie einem völlig fremden Mann über ihren Bruder erzählen? Vor allem, da sie sich immer noch nicht abgefunden hatte mit dem, was passiert war.
„Nein.“ Sie schämte sich für die Lüge, brachte es aber nicht über sich, die Wahrheit zu sagen. Sonst hätte sie bestimmt angefangen zu weinen.
Katie zwang sich zu einem Lächeln. „Und Sie? Woher kommen Sie? Nicht aus England, vermute ich.“
„Was meinen Sie?“ Er lächelte schief.
„Portugal?“
„Brasilien.“
„Dann sind Sie ganz schön weit weg von zu Hause.“
„Meine Mutter lebt aus beruflichen Gründen die meiste Zeit in Brasilien. Mein Vater starb, als ich Teenager war.“
„Das tut mir leid.“
„Seine Mutter ist Schauspielerin“, meldete sich Lucy wieder zu Wort. Das Kind schien Ohren wie ein Luchs zu haben.
„He, du sollst doch nicht alle meine Geheimnisse verraten“, protestierte Fabio.
Katie warf ihm einen schnellen Seitenblick zu. Sein gutes Aussehen hatte er bestimmt von seiner Mutter. Fragend sah sie ihn an.
„Möglich, dass Sie von ihr gehört haben. Camilla Salvatore.“
Camilla Salvatore – wer hatte nicht von ihr gehört? Bevor sie Schauspielerin wurde, war sie Model, die Frau des berühmten Sängers Tom Lineham, der in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts große Hits gelandet hatte, die immer noch gespielt wurden.
Tom Lineham … Fabio ist sein Sohn!
Fabio schien ihre Gedanken zu erraten. „Ja, das sind meine Eltern.“
Ihr schwirrte der Kopf. Das Paar war international bekannt gewesen. Vage erinnerte sie sich, von mysteriösen Umständen beim Tod von Tom Lineham gelesen zu haben. Aber sie konnte schlecht seinen Sohn danach fragen. Doch noch etwas verwunderte sie: „Und Sie sind Arzt geworden.“
Das trug ihr einen amüsierten Blick ein. „Was haben Sie gedacht? Dass ich auch zum Film gehe? Sänger werde? Oder Playboy, der vom Geld seiner Eltern lebt?“ Er lächelte matt. „Ich bin ein lausiger Schauspieler, und meine Stimme ist noch schlechter.“
„Dann ist also all dies …“, sie deutete mit der Hand um sich herum, „… ein alter Hut für Sie.“
„Ja. Bis ich ungefähr dreizehn war, wusste ich gar nicht, dass es Fluggesellschaften gibt.“
Armer kleiner reicher Junge.
„Hört sich dekadent an, nicht? Aber ich werde mich nicht für die Umstände entschuldigen, unter denen ich aufgewachsen bin. Geld war da, das stimmt. Aber sonst …“ Ein Schatten flog über sein Gesicht, kaum wahrnehmbar. „Eins habe ich gelernt, Katie – entschuldige dich niemals für das, was du bist. Oder warst. Schau niemals zurück. Es zählt nur das Hier und Jetzt.“
Flüchtig fragte sie sich, ob er von Richard wusste. Aber das war unmöglich. Sie hatte niemandem davon erzählt.
„Und, bevor Sie fragen, nein, keine Brüder, keine Schwestern. Nur ein Cousin, der in Kalifornien lebt.“ Vielleicht konnte er tatsächlich ihre Gedanken lesen?
„Und wie sind Sie auf Physiotherapie gekommen?“, fragte er, bevor sie ihm weitere Fragen stellen konnte.
„Meine kleine Cousine hat Mukoviszidose. Auch sie braucht regelmäßig ihre Therapie. Aber sie gehört zu den Glücklichen, die nicht unter Brustinfektionen leiden wie die meisten anderen.“ Sie sah ihn an. „Und warum haben Sie sich für die Medizin entschieden?“
„Aus den gleichen Gründen wie Sie – persönliche Erfahrungen. Ich war als Kind oft krank, zwar nichts Ernsthaftes, aber es weckte mein Interesse für die Zusammenhänge. Außerdem wollte ich mal am anderen Ende der Spritze stehen. Also beschloss ich, die Seiten zu wechseln und Arzt zu werden.“ Wieder flog ein unbestimmter Ausdruck über sein Gesicht, dann aber lächelte Fabio. „Scheint so, als würde uns mehr verbinden als nur die Arbeit.“
Katie war anderer Ansicht. Zwar hatten sie beide früh den Vater verloren, waren aber unter ganz verschiedenen Umständen aufgewachsen. Er war vermögend, gebildet und den Umgang mit den Reichen und Berühmten dieser Welt gewohnt. Menschen, von denen sie nur gelesen oder etwas im Fernsehen gesehen hatte.
„Das bezweifle ich.“ Kaum waren die Worte heraus, merkte sie, wie sie sich anhörten. „Tut mir leid, so meinte ich es nicht.“
„Schon okay.“ Aber er blickte sie verwundert an.
Katie verstand selbst nicht, warum sie so schnippisch geantwortet hatte. Errötend griff sie nach ihrer Zeitschrift, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie lieber lesen würde.
Fabio sah sie lange an, ehe er sich zurücklehnte und die Augen schloss. „Stoßen Sie mich an, wenn wir landen, ja? Die letzte Nacht war anstrengend.“
Bevor sie etwas sagen konnte, war er eingeschlafen.
Kaum war das Flugzeug gelandet, öffnete die Copilotin die Tür und klappte die Treppe aus. Als sie das Flugzeug verließen, sah Katie, wie die Blondine Fabio einen Zettel zuschob. Garantiert ihre Telefonnummer.
Lucy stieß einen Freudenschrei aus und rannte die Stufen hinunter auf eine elegante Frau und einen schlanken, athletisch gebauten Mann zu. Den strahlenden Gesichtern nach mussten es ihre Eltern sein.
Lucys Vater hob sie auf die Arme und drückte sie an sich, während ihre Mutter sie mit Küssen überschüttete.
Katie blieb unten an der Treppe stehen, sie wollte nicht stören. Das gefühlvolle Wiedersehen der Familie schnürte ihr die Kehle zusammen, und plötzlich empfand sie ein tiefes Gefühl der Sehnsucht und Einsamkeit. Aber sie wusste, sie durfte sich nicht von ihren Gefühlen überwältigen lassen. Sie hatte hier einen Job zu erledigen. Sie atmete tief durch, um sich zu fangen.
„Hallo, Fabio.“ Amelia Hargreaves kam auf sie zu. Sie schien erfreut, wenn nicht sogar erleichtert, ihn zu sehen. Er beugte sich vor, und sie küsste ihn auf beide Wangen. „Wie schön, dich wiederzusehen“, sagte sie. „Wir können dir gar nicht genug danken, dass du gekommen bist.“
In ihrem vanilleweißen Hosenanzug, in dessen Ausschnitt ein pinkfarbenes Seidentop hervorblitzte, strahlte Lucys Mutter kühle Eleganz aus. Doch auch ihr tadelloses Make-up konnte den kummervollen Ausdruck in ihren schönen Augen nicht verbergen. Sie drehte sich zu Katie um und hielt ihr eine schlanke, tadellos manikürte Hand hin. „Miss Simpson, ich kann Ihnen nicht sagen, wie froh ich bin, dass Sie ebenfalls mitkommen konnten. Lucy hat sich schon so lange sehnlich gewünscht, ihrem Daddy beim Rennen zuzusehen, aber das war leider bislang nicht möglich. Man hat mir gesagt, dass Sie Expertin für Mukoviszidose-Therapien sind.“
„Ich freue mich auch, hier zu sein, Mrs Hargreaves. Auf dem Flug habe ich mit Lucy schon einige Übungen gemacht. Stimmt’s, Lucy?“
„Bitte, nennen Sie mich doch Amelia.“ Anmutig ging sie neben ihrer Tochter in die Hocke. „Hast du im Flugzeug schön geschlafen, mein Schatz?“
„Ja. Ein wenig.“
„Hi, Fabio!“, rief Mark. „Schön, dich wiederzusehen.“
Die beiden Männer begrüßten sich herzlich.
Nachdem sich alle vorgestellt hatten, hob Mark Lucy wieder auf den Arm. „Leider muss ich gleich weg, Zuckererbse. Wir haben eine Teambesprechung, bei der ich dabei sein muss.“ Er stellte seine Tochter ab und küsste seine Frau, bevor er in einen teuren Sportwagen stieg und den Motor startete. Mit röhrendem Motor entfernte sich der Wagen schnell.
„Ich bringe Sie zur Jacht“, sagte Amelia. „Der Rennstall, für den mein Mann fährt, hat sie uns auf unbeschränkte Zeit zur Verfügung gestellt. Sie bietet Platz für alle. Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl.“
Eine glänzende schwarze Stretchlimousine stand bereit, um sie zum Anlegeplatz zu bringen. Wieder eine neue Erfahrung für Katie, die noch nie in einer solchen Luxuskarosse gefahren war. Andächtig ließ sie sich in die bequemen Lederpolster sinken.
Während Lucy sich mit ihrer Mutter unterhielt, blickte Katie durch die getönten Scheiben nach draußen. Natürlich hatte sie Bilder von Monaco im Fernsehen gesehen, dem malerischen Fürstentum, in dem sich die Schönen und Reichen des internationalen Jetsets wie zu Hause fühlten.
Katie dagegen kam sich vor wie auf einem Filmset. Schnittige Sportwagen glitten an ihnen vorbei, einige sahen aus, als kämen sie aus einem James-Bond-Streifen. Die Sonne schien, und die Männer und Frauen, die in ihren Cabrios durch die Straßen brausten, hätten einem Hochglanzmagazin entstiegen sein können. Palmen wiegten sich sanft im Wind, und im Hintergrund schimmerte unendlich blau das Mittelmeer.
Fabio ertappte sich dabei, dass er Lucys munterem Geschnatter nicht mehr lauschte, sondern stattdessen Katie beobachtete. Immer wieder leuchteten ihre Augen auf, dann wieder wirkte sie besorgt, fast ängstlich. Er kannte keine Frau, der man ihre Gefühle so deutlich ansah. Zu seinem Erstaunen faszinierte ihn diese Katie Simpson.
Was allerdings nicht hieß, dass sie sein Typ war. Zurückhaltend und ernst, im hochgeschlossenen Kostüm, mit diesem Schatten in den Augen. Er mochte weltgewandte und – ehrlich gesagt – nicht zu tiefgründige Frauen.
Katie Simpson hatte eindeutig Tiefe. Und sie redete nicht gern über sich. Ein paar Mal hatte er sogar das Gefühl gehabt, dass sie etwas verbarg. Unten auf dem Rollfeld, bei dem rührenden Wiedersehen der Familie Hargreaves, hatte sie nur mit Mühe Haltung bewahrt.
Hatte ihr jemand das Herz gebrochen? Schon möglich. Aber das war erst recht ein Grund, die Finger von ihr zu lassen. Fabio fing nie etwas mit einer Frau an, die sich gerade von einer anderen Beziehung erholte. Da drohten Komplikationen, die er nicht brauchte.
Katie hatte nicht gedacht, dass in puncto Reichtum und Luxus heute noch Überraschungen auf sie warteten. Aber diese Jacht übertraf alles, was sie an diesem Tag erlebt hatte.
Neben einigen anderen vertäut, war sie zwar nicht die größte in der Bucht, aber Katie kam sie mehr wie ein kleines Kreuzfahrtschiff vor.