Mopsnacht - Martina Richter - E-Book

Mopsnacht E-Book

Martina Richter

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Beschreibung

Holmes und Waterson müssen ihre Liebsten retten! Holmes ist hin und weg: Es gibt eine neue Mopsdame am Ort, die genauso geheimnisvoll wie ihr eigenwilliges Frauchen ist. Doch während Holmes und die anderen Dorfbewohner von den neuen Nachbarn völlig eingenommen sind, tragen sich immer mehr merkwürdige Dinge zu. Gerade noch rechtzeitig erkennt Mopsdedektiv Holmes den entscheidenden Zusammenhang. Denn Watersons Freundin Jackie und ihr ungeborenes Baby schweben plötzlich in tödlicher Gefahr. Gemeinsam mit neuen und alten Freunden begeben sich Holmes und Waterson wieder auf Spurensuche …  Sie wollen mehr vom Mops? Entdecken Sie die komplette Reihe von Holmes und Waterson! - Band 1: Mopshimmel – Der erste Fall für Mops Holmes und Kommissar Waterson - Band 2: Mopswinter – Mopsdetektiv Holmes ermittelt in einem neuen Fall - Band 3: Mopsfluch – Holmes und Waterson ermitteln international - Band 4: Mopsnacht – Holmes und Waterson müssen ihre Liebsten retten! - Band 5: Mopssturm – Holmes ermittelt in seinem persönlichsten Fall - Band 6: Mopshöhle – Mops à la Provence - Band 7: Mopsball – Der Ball ist rund, ein Spiel dauert 90 Minuten und der Mops findet immer den Mörder! - Band 8: Mopssommer – Holmes und Waterson ermitteln am Bodensee - Band 9: Mopsjagd – Die tierische Spürnase ermittelt in seinem letzten Fall! 

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Veröffentlichungsjahr: 2017

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Die AutorinGeboren wurde ich 1966 in Bielefeld, wuchs aber in Baden-Württemberg auf, wo meine Eltern eine Jugendherberge leiteten. Nach meinem Studium der Geographie in Tübingen begann ich ebenfalls in der Jugendherberge zu arbeiten. Bis heute lebe ich mit meinen beiden Töchtern und vielen Tieren in einem Bauernhaus in Sonnenbühl auf der Schwäbischen Alb. Nach dem Tod meines Sohnes im Jahre 2000 begann ich mit dem Schreiben. Mein erster Roman Die Schimmelreiterin wurde im Herbst 2015 veröffentlicht. Meine eigentliche Liebe gilt aber dem klassischen Kriminalroman. Mein Detektiv ist ein junger Mops namens Holmes.

Das Buch

Holmes ist hin und weg: Es gibt eine neue Mopsdame am Ort, die genauso geheimnisvoll wie ihr eigenwilliges Frauchen ist. Doch während Holmes und die anderen Dorfbewohner von den neuen Nachbarn völlig eingenommen sind, tragen sich immer mehr merkwürdige Dinge zu. Gerade noch rechtzeitig erkennt Mopsdedektiv Holmes den entscheidenden Zusammenhang. Denn Watersons Freundin Jackie und ihr ungeborenes Baby schweben plötzlich in tödlicher Gefahr. Gemeinsam mit neuen und alten Freunden begeben sich Holmes und Waterson wieder auf Spurensuche … 

Martina Richter

Mopsnacht

Holmes und Waterson ermitteln wieder

Midnight by Ullsteinmidnight.ullstein.de

Originalausgabe bei Midnight Midnight ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin März 2017 (1)  © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2017 Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® Autorenfoto: © privat ISBN 978-3-95819-074-0  Hinweis zu Urheberrechten Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben. In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Alte und neue Bekannte

1816

Apollonia Schuster, werdende Mutter in Nöten

Leonhard Schuster, Ehemann von Apollonia

Johannes und Gottlob Schuster, Söhne von Apollonia und Leonhard

Theresa Finsterle, Mutter von Apollonia

Anne Bäuerle, Hebamme und Hexe?

Catharina Schmieder, Schwiegertochter der Wirte des Gasthof Bären

Gegenwart

Marlene Schuster, Frauchen und Mopszüchterin, Lebensgefährtin von Miro

Miro Dobric, Herrchen und Hauptgassigeher der Möpse

Holmes, Mopsdetektiv mit einem Kommunikationsproblem

Nelly, Marquez, seine wunderbaren Eltern

Marlon, Murpsel, Maurice: Katzen von Miro und Marlene

Jackie Seger, beste Freundin von Marlene, werdende Mutter und Lebensgefährtin von

Johannes Waterson, Kommissar und bester Kumpel von Holmes

Ludwig Gerlach, Kollege von Waterson, raue Schale – weicher Kern

Violetta Distel, neue Einwohnerin von Knieslingen, Besitzerin von

Bena Hula, Mopsdame, launisch und geheimnisvoll

Cooper und Collino, zum Verkauf stehende Pferde

Beate Schmieder, Wirtin vom Bären

Edeltraut Schweigle, herzensgute Postbotin in Knieslingen

Holger Treder, stets hilfsbereiter Nachbar von Marlene und Miro und Besitzer von

Frieda, Holgers Hund, groß, schwarz und struppig

Gerhard Schulmann, Chef der Spurensicherung Polizei Reutlingen

Josef Häslach, Metzger, und Ludwig Hubertus, Maurer, Knieslinger aus Überzeugung

Patrizia Hummel, immer gut gelaunte Hebamme

Mopsnacht

1816

Gehetzt blickte Apollonia über ihre Schulter. Ihre Verfolger hatte sie vorerst im Dunkel der schmalen Gassen abgeschüttelt, aber wie lange würden sie brauchen, um sie wieder zu finden? Es kam ihr zugute, dass Knieslingen jetzt während der großen Auswanderungswelle nach Amerika viele verlassene Häuser und damit viele Verstecke zu bieten hatte. Auch war es von Vorteil, dass es bisher noch keine Straßenlaternen auf der Schwäbischen Alb gab. Sie konnte die Fackeln ihrer Feinde schon von weitem sehen. Sie war wahrhaftig nicht in der Verfassung, um noch länger zu rennen. Sie brauchte ein gutes Versteck, und zwar sehr bald. Denn die Wehen hatten eingesetzt …

-1-

»Ich hab’s geschafft! Miro! Miro, wo steckst du?«

Marlene stürmte die Treppe ihres betagten Bauernhauses hinauf. Sie machte dabei einen Höllenlärm, laut polterten ihre robusten Wanderschuhe auf den Stufen aus altem Eichenholz. Maurice, der schöne Tigerkater, zuckte genervt mit dem steil aufgerichteten Schwanz und machte, dass er aus dem Weg kam. Er war das Sensibelchen unserer Familie, wir drei Möpse dagegen waren nicht so lärmempfindlich.

Wir beobachteten interessiert das Schauspiel und blieben ihr dicht auf den Fersen, um ja nichts zu verpassen. Unser Frauchen wedelte aufgeregt mit einem Brief, den sie gerade aus dem Briefkasten geholt hatte, und wir wedelten solidarisch mit unseren Schwänzchen. Noch auf der Straße hatte sie den Umschlag ungeduldig aufgerissen. Seit Tagen hatte unser Frauchen ungeduldig auf Edeltraut, unsere Postbotin, gewartet. Nun endlich war der ersehnte Brief gekommen.

Aber halt! Zuerst möchte ich mich und meine Familie kurz vorstellen. Mein Name ist Holmes und ich bin ein beiger Mops mit einer aparten, schwarzen Maske, krummen Hinterbeinen und einem scharfen Verstand. Meine leicht deformierten Hinterbeine sind der Grund dafür, dass ich als einziger Nachkomme meiner wunderbaren Eltern Nelly und Marquez hier bleiben durfte. Unser Frauchen Marlene züchtet uns Möpse, aber sie gibt nur wirklich perfekte Tiere ab. Ich finde es wunderbar, krumme Beine zu haben, denn ich lebe in der besten Familie der Welt. Meine Karriere als Detektiv begann mit meiner Leidenschaft, glitzernde Dinge zu sammeln, und nach kurzer Zeit wurde ich von einem Schatzsuchermops zu einem Detektivmops und mache mittlerweile meinem Namen alle Ehre. Mein bester Kumpel ist Kommissar Johannes Waterson, und gemeinsam haben wir schon einige harte Nüsse geknackt. Seine Freundin Jackie ist die beste Freundin von Frauchen und erwartet bald ihr erstes Kind.

Dann gibt es noch eine flauschige, schwarze Katzendame namens Murpsel in unserem Haushalt. Sie ist ein bisschen zu klein geraten und unglaublich niedlich. Sie wäre zwar theoretisch in der Lage, Mäuse zu jagen, verbringt aber ihre Tage lieber damit, in der Sonne zu liegen oder nach Schmetterlingen zu haschen. Eine echte Lady.

Außerdem lebt hier noch der etwas schnöselige rot-weiße Kater Marlon, der immer etwas überheblich wirkt. Im Grunde ist er ein prima Kumpel und ein unfassbar guter Mäusejäger. Ausgebildet in den raffiniertesten Jagdtechniken hat ihn der bereits erwähnte Tigerkater Maurice. Der ist nach einem furchtbaren Erlebnis, bei dem er beinahe erschlagen wurde, ein bisschen schreckhaft geworden.

Und natürlich Frauchen Marlene, ihre beiden Töchter und unser Hauptgassigeher Miro, Frauchens Lebensgefährte. Und nicht zu vergessen unsere 15 Hühner und Odin, der stolze Hahn, Frauchens Liebling.

Wir alle leben in einem alten Bauernhaus in Knieslingen, einem hübschen, kleinen Dorf auf der Schwäbischen Alb. Den großen Garten hinter dem Haus können wir immer durch eine Katzenklappe erreichen, es ist ein herrliches Mopsleben.

Nachdem wir im Frühjahr das Abenteuer in Frankreich mit dem verschwundenen Stier unbeschadet überstanden hatten, war Ruhe bei uns eingekehrt. Jackie, die die meiste Zeit hochschwanger und schwerfällig bei uns im Garten im Liegestuhl unter dem alten Apfelbaum verbrachte, verbreitete eine geruhsame Atmosphäre. Der Sommer verwöhnte uns nach dem unendlich erscheinenden Winter seit Wochen mit herrlichem Sonnenschein. Im Tal unten stöhnten die Menschen unter der Hitze. Waterson war völlig verschwitzt, wenn er von seiner Dienststelle in Reutlingen zurückkam. Hier oben auf der Alb wehte immer eine leichte, frische Brise, die Nächte waren angenehm kühl. Ein beschauliches Leben, bis dieser Brief unsere Ruhe störte. Wie tief er uns erschüttern würde, konnten wir aber noch nicht ahnen.

»Ich habe das höchste Gebot abgegeben!« Frauchen tanzte freudig um den inzwischen gefundenen Miro herum. »Ich habe den Stall mit der Scheune ersteigert! Endlich ein eigener Pferdestall, sogar hier in der Straße. Ich bin so glücklich!« Unvorsichtigerweise kam ihr mein Papa Marquez zu nah und wurde von ihr stürmisch geschnappt und überschwänglich im Kreis herumgewirbelt.

»Weißt du … was … hier los … ist?«, fragte mein Papa bei jeder Umdrehung japsend.

Mir wurde schon beim Zuschauen schwindelig. Frauchen entließ Papa wieder auf den Boden, wo er sich erst einmal ausgiebig und ein bisschen indigniert schüttelte.

»Ich muss echt besser aufpassen, wenn sie in dieser Stimmung ist. Mir ist total schlecht und alles dreht sich.« Er torkelte tatsächlich ein wenig, als er sich auf den Weg zu seinem Lieblingssofa machte.

Mama und ich waren da in einer besseren Position. Wir befanden uns außer Griffweite unter dem Esstisch und konnten gefahrlos dem weiteren Geschehen folgen.

Miro nahm seine Marlene strahlend in den Arm. »Das ist ja wunderbar! Ich freu mich für dich. Dann kann es ja bald losgehen.«

»Was kann losgehen?« Jackie hatte ihren Stammplatz im Garten schnaufend verlassen und war der aufgeregten Stimme ihrer Freundin ins Haus gefolgt. Selbst wenn unser übermütiges Frauchen es versucht hätte, Jackie konnte sie nicht mehr umherwirbeln. Ihre Arme reichten nicht mehr um die Hochschwangere herum.

»Ich habe den Stall drei Häuser weiter unten, direkt neben Frau Bächles Haus, per Briefgebot bei einer stillen Auktion ersteigert. Er gehört bald mir. Der Notartermin steht schon fest. Ich kann endlich zwei Pferde anschaffen und wieder reiten. Und wenn dein Baby da ist, drücken wir es ab und zu deinem Johannes in die Hand und können zusammen ausreiten. Das wird herrlich. Ich freu mich wie verrückt. Der jetzige Eigentümer Herr Pechstein hat mir geschrieben, dass ich den Schlüssel gleich abholen kann, um schon einmal alles genau auszumessen. Es liegt auch noch ein Haufen altes Zeug im Stall, Stroh und allerlei Gerümpel, das müssen wir erst mal alles rausschaffen. Dann werde ich zwei Boxen einbauen, die Wasserleitung neu machen und zwei Selbsttränken anbringen. Eine Futterkammer und eine Sattelkammer brauche ich dann auch noch. Ach ja, den Heuboden müssen wir überprüfen, nicht dass da was morsch ist. Ich denke, so in ein, zwei Tagen bin ich fertig damit.«

Jackie und Miro wechselten einen besorgten Blick. Hatte Marlene womöglich zu viel Sonne abbekommen? Aber da machte sich schon ein breites Grinsen auf Frauchens Gesicht breit.

»Ich mach doch nur Spaß, Leute. Keine Panik. Ich darf ja erst richtig loslegen, wenn ich den Kaufvertrag unterschrieben habe. Aber ausmessen darf ich wirklich schon gleich. Wir lassen es also erst einmal langsam angehen.«

-2-

Von wegen langsam. Das beschrieb nicht im Ansatz die wilden Aktivitäten, denen Frauchen in den nächsten Tagen nachging. Der Teil, den wir drei Möpse auf dem Sofa mit Blick auf Frauchens Notebook verbrachten, war dabei eindeutig der angenehmere Part. Die grünen Fensterläden waren tagsüber geschlossen und ließen doch ausreichend Licht in den gemütlichen Raum. Die Sonne konnte sich nur in schmalen, hellen Streifen hereinschleichen, und es war herrlich kühl hier drin. Stundenlang starrte unser Frauchen auf bunte Bilder von irgendwelchen Tieren, schrieb E-Mails, telefonierte, vereinbarte Termine, und wir unterstützen sie dabei moralisch durch unsere pure Anwesenheit. Eine ideale Tätigkeit bei dieser Hitze.

Den anderen Teil, bei dem wir ins Auto verfrachtet wurden und einfach nur irgendwo hinfuhren und nicht einmal aussteigen durften, fanden wir ziemlich öde. Dabei fuhren wir eigentlich sehr gerne mit dem Auto, aber am Ziel wollten wir eben auch mal raus aus der Hundebox. Immerhin vergaß unser Frauchen nie, im Schatten zu parken und die Heckklappe zu öffnen, damit es für uns nicht zu heiß wurde. An diesem heißen Mittwoch im Juli parkte sie sogar so, dass wir verfolgen konnten, was Frauchen so machte. Schon bei unserem vorherigen Ausflug war mir aufgefallen, dass sie andere Kleidung als sonst trug. Für gewöhnlich war sie in bequemen Jogginghosen oder in Jeans gekleidet. Nun war sie mit engen Hosen mit einem Lederstück an den Innenschenkeln und frisch polierten Lederstiefeln ausstaffiert. Außerdem hatte sie immer einen merkwürdigen Plastikhut dabei, schwarz und glänzend.

»Was ist das für ein hässlicher Hut?«, wollte ich neugierig von meinem dösenden Papa wissen. Papa schläft meistens im Auto. Es entspannte ihn und die räumliche Enge der Hundebox störte ihn nicht im Geringsten. Als ich ihn ansprach, öffnete er ein Auge und antwortete knapp: »Fahrradhelm«, gähnte und schlief wieder ein.

Das brachte mich auch nicht weiter, es gab hier weit und breit kein Fahrrad. Was dann passierte, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich fand Kühe schon ziemlich gewaltig, aber gegen das, was ich hier zu sehen bekam, waren sie von angenehmerer Größe für einen Mops wie mich. Ein unfassbar großes Tier mit harten Hufen und einem gigantischen Kopf wurde zu unserem wartenden Frauchen gebracht. Mama ging es genau wie mir. Sie machte sich große Sorgen und knurrte drohend. Sie ist immer sehr mutig. Auch mir sträubten sich die Nackenhaare.

Das dunkelbraune Tier stampfte mit den Hufen und schnaubte laut. Kleine Rotztropfen flogen dabei umher, schienen aber niemanden zu stören. Die Frau, die das Tier hergebracht hatte, wischte sich lachend mit dem Ärmel übers Gesicht und auch Frauchen machte sich offensichtlich nichts daraus. Fassungslos musste ich mit ansehen, wie mein geliebtes Frauchen den Plastikhut auf den Kopf setzte und auf den Rücken des Ungetüms stieg. Die Frau ließ es einfach los. Mein Herz klopfe vor Angst hart gegen meinen Brustkorb.

War mein Frauchen etwa verrückt geworden? Das Tier schüttelte mit dem Kopf und trabte dann mit – ja, ich muss es zugeben – sehr eleganten Bewegungen auf dem Sandplatz, an dessen Rand unser Auto geparkt war, im Kreis herum. Immer wieder schlug es mit dem Kopf und schüttelte ihn, sperrte sein Maul auf und zog an den Zügeln. Nach einer Weile wurden die beiden langsamer und das Tier streckte entspannt seinen langen Hals nach unten. Direkt vor uns blieben sie stehen und Frauchen begann sich mit der Frau zu unterhalten. Sie schien nicht sehr zufrieden zu sein.

»Also ich weiß auch nicht so recht, Frau Greter, er geht die ganze Zeit gegen die Hand und ist steif in der rechten Schulter.«

Frau Greter sah ein bisschen ratlos aus und antwortete etwas. Ich hörte allerdings inzwischen nicht mehr zu. Das riesige Tier schaute uns neugierig aus großen, braunen Augen an.

»Was seid ihr für Tiere? Ihr riecht wie Hunde, aber ihr seid kleiner als die, die ich kenne.«

»Wir sind Hunde, und zwar Möpse«, antwortete ich ein wenig zittrig. Die Augen des fremden Tieres beruhigten mich ein wenig, denn sie waren sanft und freundlich.

»Aber was bist du?«, wollte ich wissen.

»Mein Name ist Cooper und ich bin ein Württemberger Pferd. Ich soll verkauft werden. Ich will aber gar nicht hier weg. Deswegen stelle ich mich ein bisschen blöder an als sonst. Aber das wird nichts nutzen, denn die Greters geben ihren Hof auf und verkaufen alles.« Das klang ein wenig traurig und mir wurde einiges klar. Der neue Stall von Frauchen sollte für Pferde sein, und das hier war eins.

»Wenn du zu uns kommst, wirst du es sehr gut haben, das kann ich dir versprechen. Unser Frauchen liebt ihre Tiere und ist sehr fürsorglich. Wenn du nett zu ihr bist, wirst du es nicht bereuen«, versuchte ich ihn zu trösten.

»Und wie ist das Futter bei euch?«, wollte Cooper wissen.

Ich kam nicht mehr dazu, ihm zu erklären, dass Hunde und Pferde wohl vermutlich nicht denselben Geschmack haben. Frauchen wollte noch eine Runde reiten, und Cooper zwinkerte mir zu.

»Ich mag dich und dein Frauchen eigentlich auch. Ich werde mich anstrengen«, rief er mir noch kurz zu, und das tat er dann auch. Er trabte und galoppierte mit wundervollen Sprüngen rechts herum und links herum. Den Kopf hielt er nun still und konzentrierte sich auf alles, was Frauchen von ihm verlangte. Die schien auf einmal sehr zufrieden zu sein. Nach einer ganzen Weile hielt sie wieder bei uns am Auto an und klopfte Cooper auf den schweißglänzenden Hals.

»Gut gemacht, mein Großer. Du bist auf jeden Fall in der engeren Wahl. Ich glaube, du bist ein richtig netter Kerl.« Dann schaute sie mich durchdringend an und ich wedelte unschuldig zurück. »Und ich glaube, ihr versteht euch auch schon. Was hast du ihm vorhin gesagt, Holmes? Er war beim zweiten Versuch wie ausgewechselt. Es scheint wohl etwas Nettes gewesen zu sein. Ich hätte euch schon bei den vorherigen Pferden direkt am Reitplatz parken sollen. Also, Holmes, was meinst du? Sollen wir es mit Cooper versuchen?«

Ich schaute kurz zu Cooper herüber, und der nickte mir leicht zu.

»Nicht erschrecken«, raunte ich ihm zu, denn ich hatte erst in diesem Frühjahr bei den Kühen in Frankreich die Erfahrung gemacht, dass große Tiere zu Schreckhaftigkeit neigen. Dann kläffte ich einmal, so laut ich konnte. Das heißt bei uns: »Ja!«

Frauchen wusste, wann sie auf mich hören sollte, und lächelte mich an. »Dann soll es wohl so sein.«

Und so kam es, dass Cooper kurze Zeit später Teil unserer Familie wurde. Frauchen wurde sich schnell mit der Noch-Besitzerin einig, und weil wir schon da waren, ließ sich Frauchen noch weitere Pferde zeigen. Sie wollte zwei haben, denn Pferde sind nicht gern allein. Cooper war mittlerweile wieder abgesattelt und stand auf einer Wiese direkt neben dem Sandplatz. Nachdem Frauchen bei Frau Greter vorsichtshalber nachgefragt hatte, ob wir hier herumlaufen durften, ließ sie uns endlich aus der Hundebox. Ich lief gleich zu meinem neuen Kumpel und gemeinsam schauten wir zu, wie Frauchen weitere Pferde proberitt. Nach einer Weile bemerkte ich, dass Cooper sehr still war und traurig aussah.

»Was ist los mit dir? Hast du doch Bedenken wegen uns?«

»Nein, ich habe zwar keine Wahl, aber ich bin sicher, dass ich bei euch ein gutes Leben haben werde. Ich bin froh, dass wir uns getroffen haben, aber …« Cooper verstummte.

»Raus mit der Sprache. Was ist los?«, fragte ich.

»Mein bester Kumpel wurde deinem Frauchen bisher noch nicht gezeigt. Ich fürchte, er soll nicht verkauft werden, sondern wird bald vom Schlachter geholt. Er humpelt seit langem, aber keiner kann ihm helfen. Der ganze Hof hier wird verkauft, alle Pferde müssen weg, aber noch nie hat ihn jemand angeschaut. Dabei ist er ein wunderbarer Kerl mit einem edlen Charakter. Ich stehe seit vielen Jahren im Stall neben ihm und er ist mein bester Freund. Er wird mir schrecklich fehlen.« Eine große Träne rollte aus seinem Augenwinkel und mir brach es fast das Herz. Ein Plan begann in meinem Kopf Gestalt anzunehmen.

»Wie heißt dein Freund und wo ist er?«

Verwundert hob Cooper den Kopf. »Was hast du vor?«

»Ich werde Frauchen davon überzeugen, ihn zu kaufen. Sie braucht ja nur ein Pferd zum Reiten, und das bist du. Ihre Freundin soll zwar auch mit ihr ausreiten, aber sie kriegt bald ihr erstes Baby. Das dauert sicher noch, bis sie Zeit für ein Pferd hat. Solange kann dein Freund auf jeden Fall seine Verletzung auskurieren, und wenn es nicht wieder wird, dann darf er einfach als Gesellschaft für dich bleiben. Frauchen bringt keine Tiere zum Schlachter. Los, sag mir, wo ich ihn finde, bevor sie sich für ein anderes Pferd entscheidet.«

»Wenn du das schaffst, werde ich dir für immer dankbar sein. Er heißt Collino und steht in der vierten Box auf der linken Seite im Hauptstall.«

»Wenn ich es schaffe, versprichst du mir, immer gut auf mein Frauchen aufzupassen, sie nie herunterzuwerfen und nie absichtlich zu verletzen? Sie nie in Gefahr zu bringen?«, fragte ich aufgeregt.

»Ich verspreche es bei meiner Ehre!«, antwortete er würdevoll.

Ich hatte eine Mission, und das beflügelte mich trotz der enormen Sommerhitze. Ich sprang mit einem großen Satz über die Einfassung des Sandplatzes und achtete nicht auf die warnenden Rufe meiner entsetzten Eltern, die bisher unter einem Baum im Schatten gedöst hatten.

»Pass auf das Tier auf! Das hat harte Hufe!«, riefen beide.

Das war mir egal. Ich sauste auf mein Frauchen zu. Die stand gerade vor einem sehr hübschen, schneeweißen Pferd und war dabei, sich in den Sattel zu schwingen. Sie hielt inne, als sie mich kommen hörte, denn ich musste ganz schön japsen. Meine kurzen Beine waren nicht für so tiefen Sand gemacht. Sie drehte sich erschrocken um.

»Holmes, um Himmels willen. Was ist denn los?« Sie ließ von dem Schimmel ab und übergab die Zügel wieder Frau Greter.

»Komm mit«, keuchte ich außer Atem. Ja, da war es wieder, mein Sprachproblem. Sie wollte mich stattdessen auf den Arm nehmen, in der Annahme, dass ich mir irgendwie wehgetan hätte.

»Nein, komm mit!« Ich schaffte es gerade so, mich ihrem Griff zu entwinden, lief ein paar Schritte Richtung Stall und drehte mich nach ihr um. Sie folgte mir tatsächlich. Dem großen Mops sei Dank gehörte sie zu den Menschen, die uns Tiere relativ gut verstehen können.

»Was hat er denn?« Frau Greter folgte uns mit dem weißen Pferd am Zügel.

»Ich glaube, er will uns etwas zeigen. Ich weiß auch nicht, was das sein könnte. Er kennt sich hier ja gar nicht aus. Aber nachschauen kostet nichts.«

Im Gänsemarsch liefen wir nun auf den großen Stall zu und zur Verwunderung der beiden Frauen blieb ich vor der vierten Box linker Pfote stehen und sprang an der Tür hoch. Neugierig kam Frauchen näher und begrüßte Coopers Freund. Ich konnte ihn von unten nicht sehen und hüpfte nun an Frauchen hoch. Die verstand mich dieses Mal prompt und nahm mich auf den Arm. Nun konnte ich endlich Collino sehen.

Cooper war schon recht groß, aber Collino legte nochmal ein ganzes Stück an Höhe drauf. Er war mausgrau und die Farbe schien zu seiner Stimmung zu passen. Er beachtete uns kaum und ließ den Kopf mit trübem Blick hängen.

»Cooper schickt mich. Zeige dich von deiner besten Seite. Mein Frauchen hat ein großes Herz für uns Tiere. Es ist ihr egal, wenn du nicht perfekt läufst. Aber du musst freundlich zu ihr sein, ihre Zuneigung gewinnen. Sie hat Cooper gekauft, und er hofft, dass sie dich auch nimmt. Dann könnt ihr zusammen bleiben.«

Collino hob den mächtigen Kopf und schaute erst mich und dann mein Frauchen an. Ein wenig Hoffnung kehrte in seinen Blick zurück.

»Echt? Mich wollte bisher keiner mehr. Aber gut, einen Versuch ist es wert.« Er brummelte freundlich und kam mit seinen großen Nüstern so nah wie möglich an das Gitter. Ein warmer Hauch streifte uns.

Frau Greter schüttelte verwirrt den Kopf. »Das hat er schon lange nicht mehr gemacht. Er ist sonst immer sehr zurückhaltend. Ich verstehe nicht, warum Ihr Mops unbedingt zu ihm wollte.«

»Was ist mit ihm? Ist er schon verkauft? Sie haben ihn mir gar nicht vorgeschlagen.«

»Er wird morgen vom Metzger abgeholt. Ich kann ihn nicht verkaufen, er lahmt seit Monaten und kein Tierarzt findet die Ursache. Er quält sich nur noch herum.«

Wieder brummelte Collino freundlich und drückte sich gegen das Gitter.

»Darf ich aufmachen?«, wollte Frauchen wissen.

Frau Greter nickte. »Natürlich. Er ist normalerweise schüchtern, obwohl das gerade nicht danach aussieht. Verstehe das, wer will.«

Sie brachte den Schimmel wieder in seine Box und kehrte nach wenigen Augenblicken zurück. Sie löste den Riegel und schob die Tür zur Seite. Frauchen setzte mich auf den Boden, betrat ohne Angst die Box und streckte ihre Hand aus. Collino näherte sich langsam, legte seinen Kopf zart auf ihre Schulter und ließ sich von ihr am Hals kraulen.

»Holmes, ich weiß ja nicht, wie du das wieder gemacht hast und warum, aber der hier geht auf keinen Fall zum Schlachter. So ein herrliches und freundliches Tier verdient noch eine Chance. Ich nehme ihn. Ich hoffe, er versteht sich mit Cooper?«

Frau Greter stand mit offenem Mund auf der Stallgasse. Nur langsam fasste sie sich wieder. »Das ist ja merkwürdig. Das ist kein Problem, ganz im Gegenteil. Die zwei Pferde sind dicke Freunde. Es ist schlimm für die beiden, wenn man sie trennt. Woher wusste Ihr Hund das? Egal. Sie werden ihn aber wahrscheinlich nicht reiten können und womöglich viel Geld in Schmerzmittel investieren müssen, damit er noch ein gutes Leben führen kann.«

»Das riskiere ich. Wir nehmen ihn. Ich brauche erst einmal nur ein Reitpferd, und wenn er sich nicht erholt, wird er einfach eine gute Zeit bei uns haben. Was soll er denn kosten?«

Frau Greter umarmte Frauchen spontan. »Ich will kein Geld für ihn, ich bin einfach nur glücklich, wenn ich dem Metzger Bescheid sagen kann, dass er nicht kommen braucht.« Tränen der Erleichterung liefen über ihr Gesicht. »Ich mache die Verträge fertig und Sie sagen Bescheid, wenn Ihr Stall einsatzbereit ist. Dann bringen wir Ihnen die beiden gerne mit unserem Transporter. Es ist ja nicht weit. Danke, kleiner Hund.«

Sie ging vor mir in die Hocke und hielt mir ihre Hand hin. Artig legte ich meine Pfote in ihre Handfläche. Ich konnte es kaum erwarten, Cooper die Botschaft zu überbringen. Und vor allem hatte ich jetzt keine Angst mehr um mein Frauchen, wenn sie auf so einem großen Tier saß. Ich war sicher, dass Cooper sein Versprechen halten und gut auf sie aufpassen würde. Er hat mich tatsächlich nie enttäuscht.

1816

Die Schmerzen waren schier unerträglich. Trotzdem gestattete sie sich keinen Muckser, kein Stöhnen. Sie hatte sich ein Stück Holz, das sie im Stroh gefunden hatte, zwischen die Zähne geklemmt und biss bei jeder Wehe mit aller Kraft darauf. Schweiß tropfte ihr in die Augen und brannte mörderisch. Es war nicht ihre erste Geburt, aber die erste, die sie allein durchstehen musste. Bei der Entbindung ihres Sohnes war Anne Bäuerle, die Gutthauer Hebamme, eine echte Stütze gewesen.

Eine neue Schmerzwelle bahnte sich an. Sie holte tief Luft und spürte, dass es nicht mehr lange dauern dürfte. Ihre Kraft neigte sich dem Ende zu. Sie versuchte an ihren Sohn Johannes und ihren Mann Leonhard zu denken, ihren Stolz und ihre Freude. Sie hoffte, sie wiederzusehen, wenn der Irrsinn hier ein Ende hatte. Die Wehe tobte durch ihren Unterleib, raubte ihr die Sinne. Etwas stimmte nicht bei dieser Geburt. Es dauerte schon Stunden, der Morgen graute und außer unsäglichen Schmerzen war noch nichts passiert. Verzweiflung machte sich in ihr breit. Sie brauchte dringend Hilfe und Wasser, damit ihre Kräfte sie nicht endgültig verließen. Aber die rachedurstigen Knieslinger hatten ihr keine Wahl gelassen. Sie hatte in deren Augen den falschen Mann gewählt, und dafür musste sie nun büßen. Die Liebe zu Leonhard aus dem katholischen Nachbardorf Gutthau, gepaart mit ihren ungewöhnlich roten Haaren, war ihr zum Verhängnis geworden. Schon als Kind wurde sie als Hexe gehänselt. Aber eigensinnig wie sie war, hatte sie trotzdem ihre Mutter vor der Geburt besuchen wollen, sie hatte sie schon so lange nicht mehr gesehen. Auf dem Heimweg war sie leichtsinnig am Wirtshaus zum Bären vorbeigegangen und erkannt worden. Der betrunkene Mob war auf sie losgegangen, hatte sie durchs Dorf gehetzt. Dabei gehörte die Zeit des Hexenwahns eigentlich schon ein paar Jahre der Vergangenheit an. Nur in einigen unverbesserlichen Knieslinger Köpfen war der Zorn auf das Andersartige geblieben, Religion oder Haarfarbe spielten da immer noch eine wichtige Rolle. Eine neue Wehe riss sie aus ihren Gedanken, und endlich spürte sie, dass die Fruchtblase platzte. Es ging voran.

-3-

Miro runzelte sorgenvoll die Stirn. Irgendwie hatte er gehofft, dass ihm noch ein wenig Zeit blieb, bis er zu Arbeitseinsätzen im neuen Stall herangezogen werden würde. Bei dieser Hitze fehlte ihm da die rechte Lust. Er sah sich schon staubverkrustet und schweißüberströmt viel zu schwere Balken schleppen. Als er Marlene aus dem Auto steigen sah, schwante ihm schon, dass ihm keine Gnadenfrist mehr vergönnt sein würde.

Die Wangen seiner Freundin glühten voller Freude, das konnte er schon vom Fenster aus sehen. Das bedeutete, sie war fündig geworden. Er seufzte noch einmal tief voller Selbstmitleid. Marlene ließ die drei Hunde aus dem Auto und wenige Momente später stand sie strahlend vor ihm.

»Cooper und Collino, was für schöne Namen, was für herrliche Pferde!« Sie fiel ihm um den Hals und alle negativen Gedanken waren verflogen. Marlene steckte ihn mit ihrer guten Laune an, da konnte er nicht mehr anders: Er musste sich einfach mitfreuen.