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Zusammen mit Zwergdackel Wilhelm kehrt Frederik Loebell nach 20 Jahren in seine Heimatstadt Potsdam zurück. Seine Karriere als Journalist hat er gerade erst mit voller Wucht gegen die Wand gefahren, nun muss er mit Mitte 50 als kleiner Lokalreporter in der Provinz bei den Stadtnachrichten neu anfangen.
Doch das ist leichter gesagt als getan: Denn wegen eines bevorstehenden Musikfestivals auf Schloss Sanssouci steht ganz Potsdam kopf. Und der Star dieses Festivals ist ausgerechnet Carlo - Loebells verhasster Schulkamerad. Auch dauert es nicht lange, da stolpert Loebell über mysteriöse Autounfälle, verwirrte Zeugen, dunkle Geheimnisse und eine schöne Tote.
Versucht ein Mörder das Musikfestival zu sabotieren? Und wie hängen all diese Ereignisse miteinander zusammen? Loebell packt das Jagdfieber - wenn ihm nur sein Zwergdackel nicht immer wieder entwischen würde ... Doch zum Glück stehen ihm mit Redaktionspraktikant Tuan und Radioreporterin Lisi zwei gewiefte Helfer zur Seite!
»Die schöne Tote von Sanssouci« ist der erste Fall für Frederik Loebell aus der humorvollen Provinz-Krimi-Reihe »Morden ohne Sorgen«.
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
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Cover
Grußwort des Verlags
Über diese Folge
Titel
Danksagung
Prolog
Sonntag, der erste Tag
Dackelflucht im ICE
Ankunft in Potsdam
Charlottenhof
Fototermin ohne Sorgen
Schlossparkhotel
Tante Katharina
Der erste Abend
Montag, der zweite Tag
Frühstück mit Gitte
Redaktionskonferenz – die erste
Helgas Geständnis
Orchesterprobe
Redaktionskonferenz – die zweite
Wildpark
Der zweite Abend
Dienstag, der dritte Tag
Der Ruinenberg
Jagdfieber
Am Wasserbassin
Gittes tiefer Fall
Mittwoch, der vierte Tag
Frühstück im Hotel
Redaktionskonferenz – die dritte
Gittes Geschichte
Die Geheime Pforte
Wendung beim Lordmarschall
Donnerstag, der fünfte Tag
Frühstück mit Carlo
Motive und ein Geistesblitz
Sammys Geständnis
Vor dem Finale
Carlo in Gefahr
Epilog
Über den Autor
Impressum
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Zusammen mit Zwergdackel Wilhelm kehrt Frederik Loebell nach 20 Jahren in seine Heimatstadt Potsdam zurück. Seine Karriere als Journalist hat er gerade erst mit voller Wucht gegen die Wand gefahren, nun muss er mit Mitte 50 als kleiner Lokalreporter in der Provinz bei den Stadtnachrichten neu anfangen.
Doch das ist leichter gesagt als getan: Denn wegen eines bevorstehenden Musikfestivals auf Schloss Sanssouci steht ganz Postdam kopf. Und der Star dieses Festivals ist ausgerechnet Carlo – Loebells verhasster Schulkamerad. Auch dauert es nicht lange, da stolpert Loebell über mysteriöse Autounfälle, verwirrte Zeugen, dunkle Geheimnisse und eine schöne Tote!
Versucht ein Mörder das Musikfestival zu sabotieren? Und wie hängen all diese Ereignisse miteinander zusammen? Loebell packt das Jagdfieber – wenn ihm nur sein Zwergdackel nicht immer wieder entwischen würde … Doch zum Glück stehen ihm mit Redaktionspraktikant Tuan und Radioreporterin Lisi zwei gewiefte Helfer zur Seite!
»Die schöne Tote von Sanssouci« ist der erste Fall für Frederik Loebell aus der humorvollen Provinz-Krimi-Reihe »Morden ohne Sorgen«.
eBooks von beTHRILLED – mörderisch gute Unterhaltung!
Die schöne Tote von Sanssouci
Ein Potsdam-Provinz-Krimi
Frederik Loebell hätte niemals das Licht der Welt erblickt, hätte es nicht im richtigen Moment die wunderbare Kirsten Harder und ihre Buch Akademie gegeben. Ich bin ihr, ihren Kolleginnen und auch Ursula Luckner für die großartige Unterstützung bis heute unendlich dankbar.
Kriminalhauptkommissarin Edda Kleist stieg aus ihrem Wagen, sie war sehr schlecht gelaunt. Die Landstraße vor ihr verlief schnurgerade durch den Potsdamer Wildpark, einem großen Waldgebiet am Schlosspark Sanssouci. Früher galoppierten hier preußische Könige auf prächtigen Pferden und schossen Wild. Jetzt knallte Kleist die Tür des alten Ford Escort mit voller Wucht zu und ließ ihre ganze Wut an dem Auto ihres Mannes aus. Sie schnauzte ihren jüngeren Kollegen an, der sie bereits erwartete. »Jan, was zum Teufel soll ich hier? Meine Nichte hat heute Geburtstag. Sie wird zwanzig, verdammt! Warum rufst du mich zu einem Verkehrsunfall?«
»Sind Sie sauer, weil Sie selbst keine zwanzig mehr sind? Oder weil ich Sie von der Party geholt habe?« Jan Winter grinste frech, an die Launen seiner Chefin hatte er sich schon lange gewöhnt.
Die Kommissarin starrte ihn mit grimmigem Blick an, dann zeigte sich in ihrem Gesicht ein feines Lächeln. »Beides.« Sie sah zu der schwarzen Limousine, die sich um einen Baum gewickelt hatte. Die Leiche des Fahrers lag zugedeckt auf der Straße, der Notarzt verließ gerade den Unfallort. Die Zeppelinstraße im Westen Potsdams lag friedlich vor ihr, Sonnenstrahlen funkelten durch die alten Bäume auf den Asphalt. Von Mord war hier nichts zu sehen. Die Kommissarin zeigte auf den Baum. »Willst du mir etwa sagen, dass das kein Verkehrsunfall ist?«
»Da steckt vielleicht mehr dahinter. Ein Motorradfahrer hat den Wagen angeblich bedrängt. Das wollen die zwei da drüben gesehen haben.« Winter zeigte auf ein älteres Paar, das am Straßenrand hockte, die Fahrräder lagen neben ihnen im Gras.
»Soso. Sagen sie das. Und das Motorrad? Auf und davon? Kennzeichen?«
»Nix, gar nix. Die Kollegen checken noch die Reifenspuren, falls es überhaupt welche gibt.«
Kleist kniete vor dem Wrack und strich mit ihren Fingern über die glänzende Metalliclackierung.
»Von den Unfallspuren mal abgesehen, glänzt der Wagen wie neu.«
Winter beugte sich zu seiner Chefin. »Vielleicht kam er gerade von der Autowäsche?«
»Heißwachs mit Unterbodenwäsche und Konservierung und so ̓nen Quatsch? Das ist mir immer zu teuer, ist doch nur ein Auto.«
Winter nickte zu dem alten Ford und grinste. »Bei der Karre würde ich das auch nicht mehr machen.«
Sie richtete sich auf. »Ist nicht meiner. Und, ist die Badrenovierung zu Hause endlich durch?«
»Leider nicht. Ich fürchte, ich bin noch mindestens eine Woche Dauergast im Hotel.«
»Zahlt ja der Vermieter, also genieß es.« Sie sah in den verformten Innenraum des Wagens. »Was ist das?«
»Sieht nach einer Werbefolie aus. Die Türen sollten wohl noch beklebt werden. Wir schauen uns das an, aber so einfach kommen wir da gar nicht rein.«
»Kollegen!« Edda Kleist rief zu den Einsatzkräften der Feuerwehr und zeigte auf das Unfallauto. »Ich rede mal mit den zwei Radlern.«
Die ältere Frau am Straßenrand sprach aufgeregt in ihr Telefon. »Nein, Kind. Wir werden gleich verhaftet! Hörst du mir nicht zu? Verhaftet! Ihr müsst uns dann abholen. Wir dürfen ja nur einmal telefonieren.« Verstohlen sah sie zur Kommissarin, die auf sie zukam. »Ich muss aufhören, sie kommen. Was? Nein, ich weiß nicht, wohin sie uns bringen.« Sie hielt das Handy mit einer Hand zu und blickte hoch: »Kommen wir ins Gefängnis? Meine Tochter möchte das wissen.«
»Warum? Haben Sie gegen das Gesetz verstoßen?« Edda Kleist sah auf ihre Armbanduhr.
Die Frau wehrte ab, der Mann neben ihr blieb stumm. »Oh, Gott. Nein. Wir doch nicht.«
»Sie haben also einen Motorradfahrer gesehen? Vor dem Unfall?« Kleist sah beide abwechselnd an.
Die Frau hob den rechten Arm, wie in der Schule. »Ein Motorradfahrer mit einem roten Helm.«
Der Mann schüttelte heftig den Kopf. »Grün. Der Helm war grün.«
»Nein, er war rot. Kindchen, ich ruf dich zurück.« Die Frau beendete das Telefongespräch und versuchte aufzustehen. »Er war rot.«
»Grün«, beharrte der Mann.
»Jan!« Edda Kleist rief den Namen ihres Kollegen so laut über die Straße, dass sich die Rettungskräfte erschrocken umdrehten. Winter, der sich über den Rücksitz der demolierten Limousine gebeugt hatte, zog den Kopf aus dem Wrack. »Ich fahre zurück zu Emmas Geburtstag. Kümmere du dich um die zwei Vögel hier.« Sie stapfte wütend zu ihrem Wagen. »Rot, grün, Mord. Dass ich nicht lache.« Mit quietschenden Reifen fuhr sie davon.
Frederik Loebell kroch schwitzend auf allen vieren durch den Zug. Es war Hochsommer, und während der Intercity Express mit 300 Stundenkilometern von München nach Berlin schoss, robbte der Mittfünfziger fluchend über den Fußboden und sah sich suchend um. Sein Dackel war weg, mal wieder.
»Ich hatte Sie doch gebeten, den Waggon zu verlassen. Haben Sie die Durchsage nicht gehört?« Ein kleiner, rundlicher Zugbegleiter baute sich vor Loebell auf. Auch er schwitzte. Sein Hemd war durchnässt und hatte bereits die Farbe gewechselt, von Weiß auf Dunkelgrau. »Die Klimaanlage ist kaputt. Ich muss diesen Waggon räumen. Jetzt.« Der Mann breitete die Arme aus und machte eine scheuchende Bewegung.
Loebell hatte für solch Belanglosigkeiten gerade keine Zeit, er suchte seinen Dackel, seinen Zwergdackel. Zum wiederholten Mal rächte es sich, dass Loebell sämtliche Termine bei der Welpenschule verpasst hatte. Sein Job ging eben immer vor, bis der Job futsch war. Loebells Schweiß tropfte auf den Teppich und hinterließ eine feine dunkle Spur. Mit letzter Kraft rief er den Namen seines Dackels durch den Waggon. »Wilhelm! Wilhelm! Verdammt noch mal!«
»Was suchen Sie denn?« Der Zugbegleiter hatte sich nicht von der Stelle bewegt.
»Meinen Ehering. Nach was sieht es denn aus?« Loebell kochte innerlich und äußerlich. Diese Zugfahrt hatte von Anfang an unter keinem guten Stern gestanden. Es war eine Fahrt in eine ungewisse Zukunft, zurück in seine alte Heimat Potsdam. Dort sollte er morgen seinen neuen Job antreten, nachdem er seinen alten frontal gegen die Wand gefahren hatte. Und jetzt war schon die Zugfahrt in den Neustart die reinste Qual.
Der Zugbegleiter fischte eine leere Tragetasche von einem Sitzplatz und hielt sie Loebell entgegen. »Hier war doch ein Hund drin. Und der ist jetzt weg? In meinem Zug?«
»Na, weit kann er ja nicht gekommen sein.« Loebell setzte die Suche unbeirrt fort.
»Hatten Sie für diesen Hund überhaupt eine Fahrkarte?« Der Mann wurde hochrot, was ihn noch stärker zum Schwitzen brachte. Er zückte einen kleinen Computer. »Aha! Hier steht es schwarz auf weiß: Wenn Ihr Hund größer ist als eine Hauskatze, dann braucht er ein eigenes Ticket.« Er begutachtete prüfend die Tasche. »Die ist ja viel größer als eine Hauskatze. Also brauchen Sie für das Tier eine Fahrkarte, ein Hundeticket.«
Loebell robbte einfach weiter. »Mein Hund ist ein Zwergdackel, Herrgott. Ein Zwergdackel. Der ist halb so groß wie die Tasche.« Er verlor langsam die Geduld, das Kriechen strengte ihn enorm an.
Der Schaffner ließ nicht locker. »Na, dann zeigen Sie mir doch Ihren Zwerg!«
»Was ist denn hier los?« Loebell schaute überrascht hoch. Hinter dem Dicken stand eine Zugbegleiterin, die ihn amüsiert musterte. »Kann ich helfen?« Loebell erkannte die Zugchef-Binde an ihrem Arm.
»Wir suchen einen Hund«, gab ihr Kollege sachlich zu Protokoll.
Loebell kniete jetzt direkt vor der Zugchefin. »Na ja, von wir kann hier keine Rede sein.«
Sie lächelte und hockte sich zu ihm. »Oh, ich helfe gerne. Wen suchen wir denn genau?«
Loebell wurde rot. Mit seinen rosa Shorts und dem weit geöffneten Hawaiihemd fühlte er sich vor dieser attraktiven Frau in Uniform quasi wie nackt. »Ich, äh …«
»Einen Dackel. So groß. Und ohne Ticket!« Der Zugbegleiter deutete mit seinen Händen die Größe des Hundes an. Der Abstand betrug über einen halben Meter.
»Gott, Sie übertreiben«, korrigierte Loebell. »Das ist ein Zwergdackel, halb so groß!«
Die Zugchefin erhob sich und strich ihre Hose glatt. »Wofür braucht ein Zwergdackel einen Fahrschein, Konrad? Wo hast du denn das her?«
Der Mann holte tief Luft. »Paragraf A7 der Personenförderungsbedingungen der Deutschen Bahn. In Absatz 4 zur Mitnahme von Handgepäck, Elektrokleinstfahrzeugen, Traglasten und Tieren ist festgelegt …«
Loebell unterbrach ihn empört. »So steht das da? In dieser Reihenfolge? Die Tiere kommen erst hinter Traglasten und Elektrokleinstfahrzeugen?«
Die Zugchefin zwinkerte Loebell zu und wandte sich mit übertriebener Empörung an ihren Mitarbeiter. »Ja, das finde ich auch unmöglich. Konrad, den Paragrafen müssen wir umformulieren. Wir starten eine Petition an den Vorstand.«
Loebell stand auf und sah sie verunsichert an. »Nehmen Sie mich auf den Arm?«
Sie seufzte. »Ach.« Er bemerkte ihren prüfenden Blick auf seine Figur und zog schnell den Bauch ein. Ein leises Gähnen drang durch den Waggon, gefolgt von einem Schmatzen. Loebell fuhr erleichtert herum und eilte den Gang hinunter zur hintersten Reihe. Sein rotbrauner Zwergdackel Wilhelm lag eingerollt auf einem der Sitze in der Sonne und genoss die Zugfahrt.
»Freundchen, wo ist deine Fahrkarte?«, zischte Loebell. Begeistert, sein Herrchen zu sehen, drehte sich der Dackel auf den Rücken, um sich die Brust kraulen zu lassen. »Schluss jetzt.« Mit einem gekonnten Griff hob Loebell seinen Hund auf den Arm.
Der dicke Zugbegleiter schaute prüfend auf die Sitze. »Und auch noch auf die guten Polster.«
»Der ist aber süß!« Die Zugchefin griff in Loebells Arm und kraulte dem kleinen Dackel die Stirn. Dann zog sie eine bunte Kinderfahrkarte aus ihrer Tasche und zückte einen Stift. »Wie heißen wir denn?«
»Das ist mein Wilhelm. Wilhelm von der Havelhöhe. Er kommt von einem Züchter.« Loebell sagte das nicht ganz ohne Stolz.
Die Zugchefin schrieb Wilhelms Namen auf die Fahrkarte. »Und Wilhelm möchten von München nach Berlin?«
»Nach Potsdam, über Berlin. Die brandenburgische Landeshauptstadt ist ja leider nicht an den Fernverkehr der Bahn angeschlossen.«
»Ein Unding, ich weiß. Ich komme aus Spandau. Das ist von Potsdam nur einen Katzensprung entfernt.« Sie sah Loebell tief in die Augen, der wurde wieder rot.
Der Zugbegleiter schüttelte den Kopf. »Katzensprung? Das sind doch schon Luftlinie weit mehr als zwanzig Kilometer.«
Die Zugchefin verzog das Gesicht. »Wie auch immer. Hier ist Wilhelms Ticket. Gute Fahrt!« Mit einem verlegenen Blick verschwand sie im nächsten Waggon.
»Die ist noch ganz frisch dabei. Nur deshalb ist die so freundlich«, stöhnte der Mann. »Und jetzt raus hier. Alle beide!«
Loebell setzte Wilhelm in seine Hundetasche, griff sein restliches Gepäck und wandte sich zum Gehen. Da klingelte sein Handy.
»Wo bist du?« Die Stimme seines alten Freundes Nelson, von Beruf rasender Polizeireporter und Agenturfotograf. Nelson war immer auf Achse und immer in Eile.
»Ich bin im Zug. Wo bist du? Du wolltest mich doch abholen.«
»Ich kann nicht.«
»Wie? Warum kannst du nicht?«
»Keine Chance, Alter. Ich bin an einer Story dran.« Windgeräusche drangen durch den Hörer.
Loebell ahnte, dass Nelson auf seinem Motorrad unterwegs war. »Was denn für eine Story?«
»Ich höre grad den Polizeifunk ab.« Nelsons Stimme war so laut, dass man ihn im ganzen Waggon hören konnte. »Die heben gleich den Puff an der Avus aus.« Dann legte Nelson einfach auf.
Enttäuscht sah Loebell auf sein Handy. Niemand würde ihn abholen, niemand würde ihn nach all den Jahren in Potsdam willkommen heißen. Er seufzte und blickte zu seinem Dackel, der in der kleinen Tasche friedlich eingeschlafen war.
Jemand tippte Loebell auf die Schulter und riss ihn aus seinen Gedanken. Der Zugbegleiter sah ihn argwöhnisch an. »Raus hier. Zack, zack!« Er zeigte zum nächsten Waggon. Mit hängendem Kopf trottete Loebell davon und machte sich auf die Suche nach einem neuen Sitzplatz.
Der Zug war völlig überfüllt. Loebell musste vier Wagen durchqueren, um einen neuen Platz zu finden. Müde und erschöpft ließ er sich endlich nieder. Es war Sonntagmorgen, bis zur Ankunft am Berliner Hauptbahnhof waren es noch fast zwei Stunden. Er sah aus dem Fenster. Eine malerische Landschaft mit grünen Hügeln, Tannenwäldern und schattigen Tälern rauschte an ihm vorbei. Loebell fielen fast die Augen zu, doch dann tauchten große Flächen mit kahlen, abgeknickten Bäumen vor ihm auf. Wie eine Mahnung, ein Gruß von seinem alten Leben, das er gerade hinter sich lassen wollte. Der erfolgreiche Job in München, in dem er so versagt hatte. Der Skandal, der ihm das berufliche Genick gebrochen hatte. Und alles nur, weil er nicht genau genug hingesehen hatte. Weil er den falschen Leuten vertraut hatte. So hoch gestiegen und so tief gefallen. Er seufzte. Sein Name war in der Branche vorerst verbrannt. Nur seinem Verleger hatte er es zu verdanken, dass er eine Chance für einen Neuanfang bekommen hatte: als Lokalreporter bei den Stadtnachrichten in Potsdam. Ausgerechnet in Potsdam.
Stumm sah Loebell den kahlen Bäumen nach. Sie glichen einem Schlachtfeld. Langsam verschwand es aus seinem Blickfeld und wurde von grünen Feldern und Wäldern verdrängt. Konnte er in seiner alten Heimat wirklich neu anfangen und seinen ruinierten Ruf wiederherstellen? In Potsdam hatte er viele Schlachten geschlagen, aber auch verbrannte Erde hinterlassen. Damals, vor zwanzig Jahren. Loebell fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht. Hatte er eine andere Wahl? Vielleicht machte er sich zu viele Gedanken. Sein Blick wanderte zu seinem Dackel, der friedlich schnarchte, ohne Sorgen. Loebell lächelte, dann fielen auch ihm die Augen zu.
Drei Stunden später stieg Loebell endlich in Potsdam aus dem Zug. Der Dackel war frisch gestärkt und putzmunter, sein Herrchen hingegen müde, verschwitzt und nur mäßig gelaunt. Der Potsdamer Hauptbahnhof war keine Schönheit, vom Glanz der einstigen Residenzstadt war hier wenig zu sehen. Statt Preußens Pomp und Gloria begrüßte ihn ein altes Einkaufszentrum mit Gleisanschluss. Hier herrschte reges Treiben, sogar am Sonntag. Loebell setzte Wilhelm auf dem Bahnsteig ab und atmete tief durch. Sie waren zu Hause. Und weit und breit kein Willkommenskomitee in Sicht. Niemand wusste von seiner Ankunft. Niemand außer Nelson und der Verlagssekretärin, die ihm das Ticket gebucht hatte. Enttäuscht stieg er die Stufen zur Bahnhofspassage hoch.
»Herr Loebell? Herr Loebell!« Frederik Loebell sah sich überrascht um. An einem Asia-Imbiss stand ein junger Mann und winkte ihm zu. Er trug ein weißes T-Shirt mit Jeans und kam rasch näher. »Herzlich willkommen in Potsdam. Ich bin Tuan von den Stadtnachrichten. Sie habe ich ja sofort erkannt!«
»Ah, echt?« Loebell musterte ihn kurz, vorschnelle Urteile waren seine Spezialität. Schlaksige Figur, schwarze Haare, übermotiviert, sicher ein Praktikant.
Tuan grinste ihn an. »Sie sehen genauso aus wie in den Berichten über diesen Münchner Medienskandal. Also ohne diese Strandklamotten. Gute Anreise gehabt?«
Und auch noch frech. Loebell stöhnte. Aber der Junge hatte recht. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er wie ein abgekämpfter Tagestourist mit Hund aussah. »Woher wusstest du denn, wann ich ankomme?« Er ging direkt zum Du über. Alles unter dreißig wurde von Loebell grundsätzlich geduzt, Praktikanten sowieso.
Tuan schien das nicht zu stören. »Meine Cousine Hien hat Ihnen das Ticket gebucht. Ich habe drüben bei meinem Onkel gewartet, dem gehört das vietnamesische Restaurant.« Er zeigte auf den Imbiss, von dem er gekommen war.
»Ah, du bist Vietnamese,« stellte Loebell zufrieden fest.
»Nein, ich bin Potsdamer, wie Sie!«
»Ah. Und du bist Praktikant?«
Tuan korrigierte umgehend. »Redaktionsassistent im zweiten Jahr.« Loebell blinzelte verwirrt, zwei Fehlurteile hintereinander, das passierte ihm selten.
»Und wer bist du?« Tuan beugte sich zu Wilhelm, der Dackel warf sich begeistert auf den Rücken.
»Das ist mein Wilhelm«, stellte Loebell vor, bemüht, in kein weiteres Fettnäpfchen zu treten.
»Ein perfekter Name für einen Potsdamer Dackel, was? Ich kann Sie mitnehmen, wenn Sie wollen.« Tuans Fröhlichkeit war ansteckend.
»Das wäre ganz wunderbar.« Auf eine weitere Runde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln konnte Loebell herzlich gerne verzichten.
»Na dann, los. Darf ich?« Tuan griff nach Wilhelms Leine, schnell verschwanden beide in der Menschenmenge. Loebell blieb verdutzt zurück. Die Kollegen in seinem alten Leben waren entweder Speichellecker oder Widerlinge – oder beides. Der hier war jung, forsch und frech. Beinahe sympathisch. Träumte er das nur, oder war das eine Falle? Loebell wusste es nicht. Zögernd folgte er dem neuen Kollegen zum Ausgang.
Vor dem Bahnhof steuerten sie einen großen dunkelgrünen Geländewagen an, das Auto schien nagelneu. Loebell machte große Augen. »Das ist deiner?«
Tuan lachte. »Nein, nein. Das ist Galligs!« Er sah Loebells fragenden Blick. »Winfried Gallig? Unser Chefredakteur? Wir stellen den nur kurz beim Autohaus ab, der geht morgen in die Inspektion. Wenn der kleine Umweg für Sie kein Problem ist?«
»Wenn es nur ein kleiner Umweg ist.« Loebell stieg ein und platzierte den Dackel zwischen seinen Beinen im Fußraum. Der Wagen war Luxus pur, schon die Innenausstattung ließ ihn neidisch werden. Helles Leder und große Massagesitze. »Da fühlt man sich ja wie ein König.«
»Oder wie eine Rundfunk-Intendantin.« Tuan lachte und startete den Wagen. Zügig kutschierte er Loebell am Potsdamer Landtag vorbei, der schon seit vielen Jahren im neu aufgebauten Stadtschloss seinen Sitz hatte. »Da haben Sie sich aber eine spannende Woche für ihren Start ausgesucht, was?« Er gab zackig Gas, Loebells rechte Hand schoss zum Haltegriff über der Tür. An der nächsten Ampel trat Tuan so hart auf die Bremse, dass Loebell tief in den Gurt gedrückt wurde.
Loebell schnappte nach Luft. »Wie? Warum? Was ist denn diese Woche?«
»Wussten Sie das nicht? Am Freitag startet das berühmte Musikfestival im Schlosspark. Das muss Ihnen doch etwas sagen?« Die Ampel wurde grün, Tuan gab Vollgas. Die Reifen drehten durch, und der Wagen geriet leicht ins Schlingern.
Loebell krallte seine Finger in den Griff, er hatte keine Ahnung, wovon der Junge sprach. »Ach, ja. Das Festival. Was passiert da doch gleich?«
»Das große Open-Air-Konzert auf den Terrassen vor Sanssouci, am Freitagabend, für Tausende Besucher. Eine Sensation, eine Premiere. Ein so großes Konzert gab es direkt vor dem Schloss noch nie.« Tuan versuchte sein Handy aus der Hosentasche zu ziehen.
»Und wenn du nicht auf die Straße achtest, findet das Festival ohne uns statt. Soll ich fahren?«
»Ich kann fahren. Der Chef vertraut nicht jedem seine Karre an.«
»Schau bitte nach vorne. Wie weit ist es denn noch?« Links waren graue Hochhäuser aufgetaucht, die direkt am Havelufer standen. Eine Potsdamer Bausünde, dann klingelte ein Telefon.
Tuan drehte sich wieder zu Loebell um. »Das muss Ihres sein.«
»Nach vorne schauen!« Loebell zeigte auf die Straße, der Junge ließ sich viel zu leicht ablenken. Er zückte sein Handy.
»Und da gehen Sie nicht dran?«
»Ist nicht wichtig, kläre ich später. Sind wir bald da?« Der Anruf machte Loebell leicht nervös. Seine Mutter. Sie durfte auf gar keinen Fall erfahren, dass er bereits in der Stadt war. Das brachte ihm nur Ärger.
»Gleich da. Wir stellen schnell den Wagen ab, ich schmeiß den Schlüssel in den Briefkasten und dann …« Tuan stockte.
»Und dann?«
Der Junge sah angestrengt auf die Straße und wurde langsamer. Von hinten hupte jemand wild, Tuan gab wieder Gas. »Also ich habe meinen Scooter dabei. Und Sie?« Er drehte erneut den Kopf, der Wagen brach kurz auf den Radweg aus, der zum Glück leer war. Von hinten wurde wieder gehupt.
»Rechts ranfahren, sofort rechts ranfahren,« schrie Loebell und griff vor Angst in den Lenker, der Dackel fing empört an zu bellen.
»Ist doch gut, alles im Griff.« Tuan drosselte die Geschwindigkeit. »Wir sind da.«
»Na, das will ich auch hoffen.« Loebell saß schweißgebadet auf dem Beifahrersitz, sein Dackel schaute ihn mit großen Augen missbilligend an.
Tuan steuerte den Geländewagen auf den Hof eines großen Autohauses und parkte neben einem gelben Abschleppwagen, auf dem ein stark demolierter Wagen festgegurtet war. Er pfiff durch die Zähne. »Na, da wird niemand mehr lebend rausgekommen sein. Das ist bestimmt die Limousine aus dem Wildpark.«
»Wildpark?« Loebell stieg aus und hob Wilhelm aus dem Auto.
»Gestern Nachmittag hat es im Wildpark geknallt. Da ist jemand auf der einsamen Landstraße gegen einen Baum gefahren. Schon merkwürdig oder?« Tuan ging um dem Abschleppwagen herum.
»He, da.« Eine tiefe Stimme schallte laut über den Hof. »Finger weg, das ist ein Beweisstück!« Ein älterer, bulliger Mann in blauem Overall stand vor der Werkstatthalle und rauchte.
Tuan hob beschwichtigend die Hände. »Wir bringen den Wagen von Herrn Gallig für die Inspektion morgen.«
Der Mann schnippte die Kippe auf den Boden und kam zu ihnen rüber. »Kannst den Schlüssel mir geben, der kommt gleich morgen früh dran.«
»Wer sind Sie denn? Sie arbeiten sonntags?« Loebell kniff misstrauisch die Augen zusammen.
»Ich habe das Wochenende Notdienst. Einer von uns hat hier immer Notdienst. Wenn’s irgendwo knallt, dann rücken wir aus. Und meistens bin ich das.« Der Mann streckte Loebell die Hand entgegen. »Abschlepp-Werner!«
»Ah, Sie sind hier der Chef?« Loebell zeigte mit einem Kopfnicken zum Gebäude.
»Ne, ich bin Werner Werner, ich hab den Abschleppdienst. Mein Bruder Dieter, der verkauft die Autos.« Werner zog eine neue Zigarette aus der Packung und steckte sie sich an. »Aber das ist nix für mich. Ich trag nicht gerne Anzüge, nen Blaumann ist mir lieber. Und ihr seid von der Zeitung?«