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Weihnachten steht vor der Tür und ganz Potsdam ist in besinnlicher Adventsstimmung. Nur Frederik Loebell sieht den Feiertagen mit Grauen entgegen: Erst soll er Kekse backen und jetzt auch noch einen Weihnachtsbaum schlagen. Als er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion endlich den richtigen Baum gefunden hat, ist die Netzmaschine blockiert - mit einer Leiche.
Kurz darauf verschwinden auch noch fünfzig Tannenbäume und die vorweihnachtliche Gerüchteküche brodelt: Die Weihnachtsbaum-Mafia treibt in Brandenburg ihr Unwesen. Oder war es ein Mord aus Rache?
Zwischen Glühwein, Gänsebraten und Zimtsternen macht Loebell sich gemeinsam mit Dackel Wilhelm auf die Suche nach dem Mörder. Sogar Kommissarin Edda Kleist schlägt sich diesmal auf seine Seite. Noch ahnen sie alle nicht, in welch tödlicher Gefahr sie schweben ...
Winterlich frostig und weihnachtlich gemütlich: »Tannenmord im Weihnachtswald« ist der dritte Fall für Frederik Loebell aus der humorvollen Provinz-Krimi-Reihe »Morden ohne Sorgen«.
DIE SERIE: Im schönen Potsdam, zwischen Schlössern und Parks, stolpert Frederik mit seinem Zwergdackel Wilhelm über die eine oder andere Leiche. Zum Glück stehen ihm mit der lebensfrohen Reporterin Lisi und dem cleveren Redaktionspraktikant Tuan bei seinen Ermittlungen stets zwei tapfere Helfer zur Seite. Cosy Crime, wie es sein muss!
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
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Seitenzahl: 247
Cover
Grußwort des Verlags
Über diese Folge
Morden ohne Sorgen – Die Serie
Titel
Prolog
Samstag, der erste Tag
In der Redaktion
Christbaumschlagen
Tribunal
Leiche im Netz
Sonntag, der zweite Tag
Der Morgen danach
Brummsmann
Caputh
Pläschkes Tischdecke
Schlawiner
Bürgermeistertanne
Montag, der dritte Tag
Redaktion, die Zweite
Treuenbrietzen
Püttlitz
Der Blaue Eber
Gut Püttlitz
Tik, Tak, tot
Dienstag, der vierte Tag
Frühstück mit Tischdecke
Titelhelden
Havel-Limousinen
O Tannenbaum
Mittwoch, der fünfte Tag – Nikolaus
Dienststelle
Kostümprobe
Matteo
Nikolaus
Auflösung unterm Weihnachtsbaum
Epilog
Über den Autor
Impressum
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Weihnachten steht vor der Tür und ganz Potsdam ist in besinnlicher Adventsstimmung. Nur Frederik Loebell sieht den Feiertagen mit Grauen entgegen: Erst soll er Plätzchen backen und jetzt auch noch einen Weihnachtsbaum schlagen. Als er in einer Nacht-und-Nebel-Aktion endlich den richtigen Baum gefunden hat, ist die Netzmaschine blockiert – mit einer Leiche.
Kurz darauf verschwinden auch noch fünfzig Tannenbäume und die vorweihnachtliche Gerüchteküche brodelt: Treibt in Brandenburg die Weihnachtsbaum-Mafia ihr Unwesen? Oder war es ein Mord aus Rache?
Zwischen Glühwein, Gänsebraten und Zimtsternen macht Loebell sich gemeinsam mit Zwergdackel Wilhelm auf die Suche nach dem Mörder. Sogar Kommissarin Edda Kleist schlägt sich diesmal auf seine Seite. Noch ahnen sie alle nicht, in welch tödlicher Gefahr sie schweben …
eBooks von beTHRILLED – mörderisch gute Unterhaltung!
Im schönen Potsdam, zwischen Schlössern und Parks, stolpert Frederik mit seinem Zwergdackel Wilhelm über die eine oder andere Leiche. Zum Glück stehen ihm mit der lebensfrohen Reporterin Lisi und dem cleveren Redaktionspraktikant Tuan bei seinen Ermittlungen stets zwei tapfere Helfer zur Seite.
ANDREAS K. BUCHHOLZ
Tannenmord im Weihnachtswald
Ein Potsdam-Provinz-Krimi
Ein kalter Wind fegte über Potsdams Luisenplatz. Schneeflocken wirbelten durch die Luft, fest entschlossen, der Stadt eine weiße Vorweihnachtszeit zu bescheren. Schon seit Tagen lag hier eine feine Schneedecke – und das schon Anfang Dezember. Dieses Weihnachten versprach besonders zu werden.
Maria Loebell knöpfte sich den Mantel fest zu und sah zu dem großen Tannenbaum hoch, der gerade vor dem Brandenburger Tor aufgestellt worden war und dessen Lichter bei der Eröffnung des Weihnachtsmarkts zum ersten Mal leuchten sollten. »Ach, Frau Pläschke«, wandte Maria sich an die Frau neben sich. »Da haben Sie aber eine schöne Tanne ausgesucht. Und so wunderbar hoch. Ist die aus Ihrer Schonung?« Der Baum maß mindestens zwanzig Meter, schätzte sie.
»Nein, nein«, lachte Gundel Pläschke, die mit ihrem Mann den Tannenhof im nahe gelegenen Forst bei Caputh führte. »So groß sind unsere Bäume nicht. Die hier kommt direkt aus meinem Garten. Hat mir die letzten Jahre die Küche verschattet. Endlich ist sie mal zu etwas nutze.«
»Und Sie bekommen die bis morgen noch hübsch beleuchtet?« Maria Loebell war skeptisch. Die Handwerker, die sich am Baum zu schaffen machten, wirkten nicht sonderlich kompetent. Zudem wankte die Tanne bedrohlich im Wind.
»Tja, da fragen Sie mich was. Ich will es schwer hoffen. Eigentlich wollte sich mein Friedrich darum kümmern. Aber bei uns in der Schonung veranstalten ja morgen die Stadtnachrichten ihre Weihnachtsfeier. Da hat er alle Hände voll zu tun.« Sie nickte zu dem roten Backsteinbau am Rande des Platzes, in dem die Redaktion der Lokalzeitung residierte.
»Ich weiß«, erwiderte Maria. »Mein Sohn ist da ja Redaktionsleiter.«
»Ah, so?« Gundel blickte spöttisch. »Ich dachte, der ist nur ein kleiner Reporter?«
»Und wer kümmert sich nun um die Lichter an Potsdams wichtigstem Weihnachtsbaum? Sie haben hoffentlich guten Ersatz gefunden?«, ignorierte Maria die Frage und wandte ihren Blick wieder zur Tanne.
»Zum Glück konnten die Werners kurzfristig einspringen. Sie wissen ja, die haben hier überall ihre Finger drin.«
Maria schaute entsetzt. »Die Werners? Vom Autohaus? Aber hoffentlich macht das der Dieter und nicht sein Bruder, der Werner.«
»Die Loebellsche! Mensch Maria!«, drang da eine tiefe Stimme mitten aus dem Nadelbaum. Kurz darauf humpelte der bullige Abschleppunternehmer Werner Werner um die Tanne herum. »Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Gut siehst du aus.«
»Der hat mir gerade noch gefehlt«, murmelte Maria und lächelte gequält. »Ich dachte, du schleppst nur Autos ab. Jetzt auch Tannen?«
Werner breitete seine Arme weit aus und zog sie an sich. »Ich kann alles und mache auch alles. Und was treibst du hier, meine Liebe?«
Sie trat einen Schritt zurück und richtete sich die Frisur. »Ich wollte die Bühne inspizieren, auf der wir mit dem Kirchenchor singen.« Sie zeigte auf ein Podium aus Metallstreben, das direkt vor der Tanne stand und auf dem ein Mann gerade versuchte, eine verknotete Lichterkette zu entwirren.
Werner wuchtete sich auf die Bühne. »Mensch, Johann. Pass mit den Lichtlein auf. Die sind antik. Keine Ahnung, ob die überhaupt noch funktionieren.« Er klopfte seinen Overall ab und zog eine Zigarettenschachtel aus der Brusttasche.
Geselle Johann stöhnte. »Mensch, Chef, haben wir keine mit LEDs?«
»Ne, viel zu kalt das Licht.« Werner zündete eine Zigarette an und lehnte sich an das Geländer. Über ihm stand ein weiterer seiner Mitarbeiter auf einer Leiter und warf lieblos eine Lichterkette in die Tanne.
»Geht das auch schöner? Und mit etwas Liebe?«, rief Maria ihm zu. »Das soll doch nach was aussehen.«
»Ach Justin, mach mal schöner. Sonst bekomme ich Ärger mit der Loebellschen«, brüllte Werner und zog zufrieden an seiner Zigarette.
»Die kann ja gerne selbst hochkommen und mit anpacken«, lautete die freche Antwort.
»Na, na«, tadelte Werner. »Wo ist denn der Sicherungskasten? Dann checken wir erst mal den Strom.«
Gundel Pläschke zeigte unter die Bühne. »Der steht da unten. Das wurde alles schon gestern Abend installiert. Von Fachleuten.«
»Ich mach schon.« Johann sprang vom Podest.
Maria bemerkte das Chaos aus Kabeln unter und auf der Bühne. »Das ist aber recht feucht hier, der ganze Schnee. Sollte man da nicht vorsichtig sein?«
Aber da war es schon zu spät. Die Lichter blitzten kurz auf, gefolgt von zwei Schreien, die über den Platz hallten. Einer kam vom dicken Werner, der sich ans Geländer krallte. Der andere von Justin, der mit einem Bein in der großen Tanne festhing.
»Strom aus!«, rief Maria und stürmte zum Sicherungskasten. Doch Johann hatte blitzschnell reagiert und war schneller. Werner schrie auf und sackte am Geländer zusammen. Maria sah hoch zur Tanne. Die große Leiter kippte nach hinten weg und der Baum knallte mitsamt Justin mitten auf den Platz.
Chefredakteur Winfried Gallig stand am Fenster seines Büros und blickte hinunter auf den Luisenplatz. Der Klang einer Motorsäge drang zu ihm hoch. Er sah interessiert dabei zu, wie die große Tanne, die am Vortag umgekippt war, zersägt wurde. »Herrje, der schöne Baum. Da geht er hin.«
Frederik Loebell trat neben seinen Chef und schüttelte den Kopf. Bei Gallig liefen die Prioritäten mal wieder quer. »Den Werner und seinen Gesellen hätte es fast umgebracht. Und Sie sorgen sich um den Baum?«
»Mein lieber Loebell. Das ist Potsdams schönster Platz. Und da braucht es einen besonders schönen Weihnachtsbaum. Hoffentlich finden sie schnell Ersatz. Wie groß mag der gewesen sein, zwanzig Meter?«
»Bestimmt«, bestätigte Hien. Die resolute Büroleiterin saß vor Galligs Schreibtisch auf einem Stuhl und balancierte ihr Notebook auf dem Schoß.
»Oberbürgermeister Hagemann hat in seinem Garten am Griebnitzsee doch auch so eine olle Tanne«, sagte Gallig mehr zu sich selbst und wandte seinen Blick vom Fenster ab. »Die hat sicher auch zwanzig Meter. Soll er die doch stiften. Zum Wohle der Stadt. Ich steck das mal seiner Gattin, der Helga. Und wenn der alte Geizkragen sich weigert, dann macht die Presse eben etwas Druck. Vierte Gewalt und so. Wird ein schönes Aufmacherfoto für die Titelseite. Alles für die Eins, immer für die Eins.« Gallig schritt zum Schreibtisch, verscheuchte seine beiden Mitarbeiter aus dem Büro und griff zum Telefon.
Loebell trat mit Hien auf den Flur. »Da ist jemand bester Laune, was? Ich dachte, der kuscht vorm OB.«
»Ein prächtiger Weihnachtsbaum ist dem Chef wichtig. Vor allem direkt vor seinem Fenster«, betonte Hien.
»Nichts geht über Traditionen. Und wie geht es dem Werner und seinem Mitarbeiter?« Loebell wusste, dass Hiens Cousine in der Notaufnahme des Krankenhauses arbeitete und sie regelmäßig mit Informationen versorgte.
»Unkraut vergeht nicht. Der Werner hatte Glück, dass gerade ein Notarztwagen an der Ampel stand, als das passierte. Und der Geselle ist weich gefallen. War ja ein prächtiger Baum. Aber da muss schon eine Horde Amateure an den Kabeln gewerkelt haben. So etwas hätte gar nicht passieren dürfen.«
Sie gingen in den Konferenzraum, der an diesem Samstagmorgen einem Warenlager glich. Ihre Kollegen Lisi und Tuan liefen wie Lemminge um den großen Tisch und befüllten große Präsenttüten mit allerlei Kleinigkeiten. Geschenke für die besten Anzeigenkunden, die beim Christbaumschlagen am Nachmittag verteilt werden sollten.
»Na endlich«, murrte Tuan. »Packt mal mit an.«
»Ich habe euch meinen Dackel zum Schreddern geliehen. Reicht das nicht?«, sagte Loebell und deutete auf seinen Zwergdackel Wilhelm, der unter dem Tisch begeistert leere Papierkartons zerlegte.
Hien verdrehte die Augen und reihte sich bei den Lemmingen ein. »Nicht wirklich. Das macht im Nachhinein nur mehr Arbeit.«
Widerwillig begann Loebell damit, in jede Tüte ein Päckchen Gummibären zu schmeißen, als plötzlich sein Handy klingelte. Seine Mutter. »Was ist denn?«, fragte er in den Hörer.
»Frederik, denkst du an unseren Baum? Ihr seid ja nachher im Weihnachtswald bei den Pläschkes, richtig?«
»Im Weihnachtswald? Wir?«
»In der Tannenbaumplantage, so nennt man das doch. Da habe ich uns schon letzten Monat einen schönen Baum ausgesucht und bezahlt.«
Loebell warf weiter mit Gummibärchen um sich. »Soso. Sonst noch etwas?«
»Mit dem Stromkasten war gestern etwas faul. Der hätte so gar nicht installiert werden dürfen. Vor allem nicht bei dem feuchten Wetter, das war lebensgefährlich. Ihr solltet euch das unbedingt einmal anschauen.«
»Bist du unter die Elektriker gegangen? Ruf doch gleich die Polizei an. Das könnte ein Mordversuch gewesen sein.« Loebell hätte gern gelacht, verkniff es sich aber. Stattdessen riss er eine Packung Gummibärchen auf, stopfte sich den Inhalt in den Mund und nuschelte: »Unsere flotte Kommissarin hat doch immer ein offenes Ohr für dich.«
»Mach dich nicht lustig über mich. Wenn hinter dem Anschlag auf den Werner diese ominöse Weihnachtsbaummafia steckt, wird dir das Lachen auch noch vergehen. Und Edda habe ich natürlich schon informiert. Aber die liegt noch vollkommen betrunken im Bett.«
Loebell horchte auf. Potsdams oberste Kriminalhauptkommissarin vollkommen betrunken, das klingt nach einer super Story, ging es ihm durch den Kopf. »Edda? Aber die trinkt doch gar keinen Alkohol.«
»Auf Weihnachtsfeiern trinken alle Alkohol«, entgegnete seine Mutter. »Und jetzt haben wir einen Weihnachtsmarkt ohne Weihnachtsbaum. Das ist eine Katastrophe. Wir brauchen unbedingt eine neue Tanne.«
»Tja, da kann ich auch nicht helfen. Wir sind hier schwer beschäftigt. Also tschüss.« Er legte auf, schob sich weiter Gummibärchen in den Mund und blickte zu Lisi, die jede der Geschenktüten mit einem Fläschchen Piccolo belud. »Ein Jammer, dass wir die alle verschenken müssen. Was wollte deine Mutter denn von dir?«
»Immer dasselbe«, seufzte Loebell. »Die wittert hinter jedem Baum einen Mordversuch. Auch hinter dem Unfall mit dem Werner. Aber wenn du mich fragst, lag das nur an der ollen Lichterkette.«
In dem Moment flog die Tür auf und ihr Kollege Kay Kickmann baute sich wichtig vor ihnen auf. »Tütenkontrolle. Der Chef hat gesagt, ich soll hier nach dem Rechten sehen. Das soll ordentlich gemacht werden. Ich mache kurz Stichproben.« Er griff sich eine Tüte und kippte den Inhalt auf dem Tisch aus. »Kugelschreiber, Eiskratzer, Mütze, ein Tütchen Weihnachtskekse von Bäcker Lindmann, Luftballons und …« Er stockte. »Hier fehlen Gummibärchen und Piccolo?«
»Soso.« Loebell griff sich demonstrativ ein neues Tütchen, riss es auf und schob sich einen roten Gummibären in den Mund.
Unter dem Tisch erklang das Rollen einer leeren Flasche. »Ups.« Lisi lächelte verlegen. »Qualitätskontrolle.«
Kickmann schnappte empört nach Luft. »Das, das ist …«
Weiter kam er nicht, Gallig erschien in der Tür und blickte angewidert auf das Chaos im Raum. »Alle mal herhören. Wir bauen vor dem Event im Weihnachtswald heute einen Fototermin ein. Tannenfällung im Garten des Oberbürgermeisters. Die Story kriegen wir exklusiv. Ich brauche Fotografen und Reporter. Wer macht das?«
»Oberbürgermeister Hagemann hat zugestimmt, dass der Baum in seinem Garten gefällt wird?«, fragte Hien skeptisch.
»Hat er nicht. Genau das ist ja die Story. Das wird eine Guerilla-Aktion. Die Helga ist auf unserer Seite.« Gallig lächelte zufrieden. Er führte seit fast einem Jahr eine Liebesbeziehung mit der Gattin des Oberbürgermeisters. Die Hagemanns lebten inoffiziell in Trennung, ebenso Gallig und seine Frau Thea. »Dann machen das Loebell und du da.« Gallig zeigte zu Tuan und grinste breit.
Kickmann lief rot an. »Und ich? Was mache ich? Der Oberbürgermeister ist mein Thema. Das ist Landespolitik.«
»Ach ja, richtig.« Gallig dachte kurz nach. »Sie fällen dann den Baum.«
»Was?«, rief Kickmann entsetzt. »Aber wenn der OB das nicht genehmigt hat, mach ich mich doch strafbar?«
»Umso besser. Dann wird die Story rund.« Gallig zeigte wieder zu Tuan. »Und du machst Con-Dings.«
Tuan zog eine Augenbraue hoch. »Content?«
»Genau, Filmchen und so. Das Material verscherbeln wir wieder national. Der Gewinn wandert in die Kaffeekasse, für die interne Weihnachtsfeier. Herrlich. Hien, rufen sie Helga an, die gibt Ihnen alle Details zur Operation Bürgermeistertanne. Und kaufen Sie Kickmann einen Fuchsschwanz zum Üben.«
Gallig verschwand aus dem Raum, Kickmann starrte ihm kreidebleich hinterher. »Wenn der OB sieht, wie ich seine Tanne fälle, redet der nie mehr mit mir. Dann bin ich für die Landespolitik verbrannt. Dann kann ich hier einpacken.«
Lisi öffnete einen Piccolo. »Dann setz dir `ne Maske auf. Das passt super zu Guerilla.«
Hien trat ans Fenster und schüttelte mit dem Kopf. »Das sind zu viele Themen für einen Tag. Um zwölf kommen die ersten Gäste zum Christbaumschlagen.«
Loebell kam eine Idee. »Dann fällen wir Hagemanns Tanne eben morgen, am ersten Advent. Passt doch eh besser. Und für die Ausgabe am Montag reicht das noch allemal. Kickmann kann in Ruhe Baumfällen üben und ich noch schnell zum Friseur.«
»Nen Zwanzig-Meter-Baum fällt man nicht mal eben mit einem Fuchsschwanz«, warf Tuan ein.
»Zwanzig Meter?«, rief Kickmann erneut entsetzt und stürmte zur Tür.
Hien wandte sich an Loebell und Tuan. »Ihr solltet etwas freundlicher mit ihm umgehen.«
»Und warum sollten wir das tun?«, fragte Tuan und grinste Loebell zu.
»Ganz einfach. Weil sonst einer von euch die Tanne fällen muss«, antwortete Hien, und Tuans Grinsen verschwand augenblicklich aus seinem Gesicht. »Ich klär das neue Timing mit dem Chef.« Auch Hien verließ den Raum.
»Und ich bin schnell beim Friseur. Heute Abend habe ich endlich ein Date mit Fleur«, frohlockte Loebell und strahlte.
»Mit deiner alten Flamme? Wow, Freddy. Was macht ihr denn Schönes?«, wollte Lisi wissen.
»Sushi.«
»Gemeinsam von kleinen Tellerchen essen? Wie süß. Dann darfst du im Weihnachtswald aber nicht zu viel Glühwein trinken. Bist du schon aufgeregt, Freddy?«
»Ich doch nicht«, log Loebell. »Kann man eigentlich im Weihnachtswald auch Kekse backen? Ab Montag habe ich nämlich Plätzchen-Dienst im Lordmarschallhaus.« Loebell war vor ein paar Monaten aus seinem alten Kinderzimmer im Haus seiner Mutter ausgezogen und in die kleine Mansarde unter dem Dach des Lordmarschallhauses eingezogen. Die herrschaftliche Villa am Schlosspark Sanssouci war eigentlich eine noble Altersresidenz, in der auch seine Lieblingstante Katharina lebte. »Ab Montag bin ich für den bunten Teller auf der Kaffeetafel zuständig, mit Selbstgebackenem. Dabei kann ich gar nicht backen.« Loebell schielte auf den Tisch, wo sich die Tüten mit den Keksen von Bäcker Lindmann stapelten.
»Das ist heftig«, raunte Lisi.
In Loebell keimte Hoffnung. »Hilfst du mir?«
»Ich kann nicht backen. Aber gut naschen.«
»Danke, das kann ich selber.«
Hien kam zurück. »Okay, die Bürgermeistertanne machen wir am ersten Advent. In einer Stunde ist Abfahrt zum Weihnachtswald. Ihr kennt eure Aufgaben? Tuan, du netzt die Bäume ein. Lisi geht an die Gulaschkanone und Loebell …«
Lisi hob eine Hand. »Freddy und ich haben die Positionen getauscht.«
»Okay. Loebell geht an die Kanone und du machst was?«
»Den Glühweinstand, was denn sonst.«
Die Tannenbaumplantage »Weihnachtswald« der Pläschkes lag südwestlich von Potsdam, unweit von Caputh, und war nur mit dem Auto zu erreichen. Hien bog von der Landstraße ab und steuerte den Wagen minutenlang über einen Waldweg, bis sich endlich eine weite Lichtung auftat, auf der Hunderte junger Tannen standen. Alles rundum glänzte herrlich weiß, der Schnee hatte die Schonung in ein wahres Winterparadies verwandelt.
Friedrich Pläschke entzündete gerade am Eingang ein Lagerfeuer, als Hien den Wagen parkte und gemeinsam mit Lisi, Tuan und Loebell ausstieg. »Etwas kurz Ihre Haare, was?«, grüßte Pläschke. »Haben Sie ein Date, Loebell? Und wo ist Ihre Mütze?«
Loebell strich sich verlegen über den Kopf, die Mütze hatte er natürlich vergessen. Hien holte eine große Bügelsäge aus dem Kofferraum hervor und reichte Tuan eine Axt.
»So etwas haben Sie zu Hause?«, fragte Loebell verdutzt.
»Wir sind bestens ausgestattet. Hätten Sie nicht gedacht, was?« Tuan schulterte die Axt.
»Äh, nein«, gab Loebell offen zu. »Wozu braucht man Beil und Säge im Haushalt? Es sei denn, man ist Forstwirt oder Serienmörder.«
»Das ist eine Axt, kein Beil«, korrigierte ihn Hien.
Loebell winkte ab und beugte sich in den Wagen. Er zupfte seinem Zwergdackel das gefütterte Wintermäntelchen zurecht und hob ihn heraus. »Keine Prügeleien mit Artgenossen, und lauf nicht zu weit weg. Um fünf gibt’s Abendbrot«, ermahnte er seinen Wilhelm und setzte ihn in den Schnee. Der Dackel war sofort beim ersten Baum. »Bei Ihnen ist alles gut eingezäunt, richtig?«, wandte Loebell sich an Pläschke. Er hatte keine Lust, seinem Dackel den ganzen Tag im Weihnachtswald hinterherzurennen.
»Kann ich nicht garantieren«, knurrte Pläschke. »Das ist ein Wildzaun, der soll die Rehe abhalten. So ein Schoßhündchen findet da sicher schnell irgendwo ein Loch.« Loebell erschrak. Sein Wilhelm markierte drei Meter weiter gerade zufrieden die nächste Tanne.
»Der hat hier eh alle Hände voll zu tun. Äh, Pfoten«, lachte Tuan. »Wie viele Bäume haben Sie hier denn?«
»Zu viele für das Tier«, brummte Pläschke. »Nehmen Sie den lieber wieder an die Leine.« Loebell wollte gerade seinen Wilhelm einfangen, als ihn eine laute Stimme zusammenfahren ließ.
»Ach, wer ist denn da?« Gundel Pläschke war aus der Blockhütte getreten und fuhr ihn verärgert an. »Der Herr Redaktionsleiter. Hätten Sie mir mal geglaubt, als ich damals um Ihre Hilfe gebeten habe, dann wäre das alles nicht passiert. Und auf unserem Weihnachtsmarkt würde jetzt noch ein schöner, großer Weihnachtsbaum stehen. Das war ein Anschlag! Damit wollte uns jemand schwer schaden.«
Loebell wich zurück. Doch noch bevor er antworten konnte, rollte ein grüner Geländewagen auf den Parkplatz. Chefredakteur Gallig schwang sich schwerfällig aus dem Fahrersitz und winkte ihn heran. »Kommen Sie her und helfen Sie beim Tragen. Die Geschenktüten sind hinten drin.«
Loebell traute seinen Augen kaum. Gallig sah aus wie der Förster vom Silberwald. Er trug braune Lederhosen, Wanderstiefel und dazu einen fast bis zum Boden reichenden dunkelgrünen Lodenmantel, nebst Hut. An dessen Krempe steckt eine lange Feder, die Loebell nicht zuordnen konnte. Vielleicht vom Pleitegeier, mutmaßte er.
Ein kleiner Junge tauchte neben ihm auf und zeigte auf seinen Dackel. »Den da will ich zu Weihnachten.«
»Ich will auch viel«, stöhnte Loebell.
Der Junge ließ nicht locker. »Aber ich will den da.«
»Ah, Loebell. Ich sehe, Sie freunden sich schon mit unseren wichtigsten Kunden an. Das ist Matteo, der Sohn von Rüdiger Schmittke. Ein sehr wichtiger Anzeigenkunde. Den stell ich Ihnen gleich mal vor.« Gallig beugte sich zu dem Jungen herunter: »Matteo, wo ist denn dein Papa?«
»Der ist bei den Tannen und streitet sich mit Mama. Und der da ist blöd.« Er zeigte auf Loebell.
»Der große Onkel hier hat ganz viele Hunde zu Hause und gibt dir sicher einen ab.« Loebell schob den Jungen zu seinem Chef und machte sich samt Dackel flink aus dem Staub.
Die nächste halbe Stunde lief Loebell mit seinem Wilhelm an der Leine ziellos umher und versuchte angestrengt, dem Chef nicht zu oft über den Weg zu laufen. Währenddessen strömten immer mehr Gäste durch das Tor auf das Gelände des Weihnachtswalds. Loebell bestaunte das bunte Treiben und wunderte sich, wie sich das für den Verlag alles rechnen konnte. Das Christbaumschlagen der Stadtnachrichten war ein beliebter Termin in Potsdams vorweihnachtlichem Kalender. Jedes Jahr mietete der Verlag für einen Nachmittag eine der Tannenbaumplantagen der Pläschkes und veranstaltete dort einen adventlichen Empfang für die besten Anzeigenkunden und Partner. Und die kamen in Scharen, meist mit der ganzen Familie. Die Kinder spielten zwischen den Tannen, die Väter betranken sich am Glühweinstand und die Ehefrauen stritten sich um den schönsten Baum. Der ging an diesem Tag nämlich aufs Haus, der Verlag zahlte.
In dem Moment kam Tuan aus der Schonung gestolpert, in einer Hand hielt er die große Säge, mit der anderen zog er eine Tanne hinter sich her. »Und was wird das? Hilfst du den Kunden?«, fragte ihn Loebell.
»Ne. Ich habe für meine Familie einen Baum gefällt«, antwortete der junge Kollege stolz. »Wussten Sie übrigens, dass Kaiser Willem im Exil in Holland jeden Tag Bäume gefällt hat? Das war sein großes Hobby.«
»Und sicher auch sein letztes«, kommentierte Loebell. Tuan hatte preußische Geschichte studiert und nervte ihn tagtäglich mit historischen Belehrungen.
»Haben Sie sich etwa keinen Weihnachtsbaum ausgesucht?«, fragte Tuan.
»Doch, doch«, log Loebell. Obwohl. Ganz gelogen war das nicht. Irgendwo musste schließlich der Baum seiner Mutter stehen. Schön blöd, dass sie den schon bezahlt hat. Hier geht ja alles aufs Haus, dachte er und grinste in sich hinein.
Gallig platzte dazwischen. »Loebell, wo stecken Sie denn die ganze Zeit!?! Ich brauch Sie jetzt im Nahkampf. Ran an die Kunden, neue Anzeigen eintreiben. Das ist wichtig, vermasseln Sie das nicht.« Er zog Loebell zu einem der Stehtische. »Das ist Rüdiger Schmittke. Sein Partner Krahwalke kommt auch gleich. Die Herren expandieren gerade, bauen neue Autohäuser und eröffnen in Potsdam ganz neu und ganz groß. Was können wir da machen, Loebell? Eine schöne Beilage? Eine Reportage womöglich? Schmeißen Sie uns mal ein paar Ideen auf den Tisch.«
Loebell krallte entsetzt seine Finger in die Tischkante. Rüdiger Schmittke vielleicht in Loebells Alter, aber höchst unsympathisch und aalglatt. »Mich würde interessieren, wie Sie so digital aufgestellt sind. Irgendwelche pfiffigen Content-Ideen?«, fragte Schmittke und sah Loebell neugierig an. Der wurde bleich.
»Ja, dafür ist mein Kollege genau der richtige Mann«, frohlockte Gallig. »Ein Glühwein? Eine Bratwurst? Ich bin gleich wieder da.« Der Chef verschwand im Schnee.
Jemand zupfte Schmittke am Mantel. Es war der Junge, vor dem Loebell vorhin schon einmal die Flucht ergriffen hatte. Wie war noch mal sein Name?,überlegte Loebell.
»Rüdiger, das ist der Mann.« Der Junge zeigte mit dem Finger auf Loebell.
Schmittke sah den Jungen genervt an. »Papa macht grad Geschäfte.«
»Aber der Mann da ist doof. Er gibt mir seinen Dackel nicht zum Spielen.«
»Geh und such mit deiner Mama endlich einen Baum aus. Papa muss arbeiten.« Schmittke blickte seinen Sohn streng an, der sich missmutig umdrehte und davon trottete. »Und? Ideen? Social Media? Tik, Tak, Tok?«, wandte sich Schmittke wieder an Loebell.
Lautes Hupen rettete Loebell aus der Situation. Eine glänzende Limousine bretterte durch die Toreinfahrt und kam knapp vor dem Glühweinstand zum Stehen. Es war ein protziges Coupé einer deutschen Nobelmarke, lackiert in einem auffälligen Blaumetallic.
Kickmann lief wild winkend auf den Wagen zu. »Zurück, zurück. Nicht hier. Parken Sie auf dem Waldweg.« Sein Job war es, die Autos einzuweisen. Dafür hatte Hien ihn genötigt, eine grellgelbe Warnweste zu tragen. Die Nötigung hatte ihren Zweck verfehlt, Kickmann fand die Weste toll und fühlte sich damit wichtig.
»Weg da, Fuzzi, ich habe ´ne VIP-Einladung«, brüllte ihn ein unfreundlicher Typ aus dem offenen Fenster an. Als er ausstieg, musterte Loebell ihn. Sein Gesicht wirkte arrogant, er war von kleiner Statur und sicher schon Ende Fünfzig. Nun öffnete sich auch die Beifahrertür und ein junger Mann, er konnte kaum zwanzig Jahre alt sein, stieg aus. Er trug lange Haare, wirkte ungepflegt und nicht weniger arrogant. Die Männer schauten sich angriffslustig um.
Loebells Blick fiel zurück auf das Coupé. An den Türen prangte ein Werbeschriftzug: „Spargel- & Tannenhof Gerri Kruste, Treuenbrietzen“. Spargel und Tannen, was für eine Mischung, dachte Loebell und schüttelte sich.
Ein lautes Poltern zog seine Aufmerksamkeit auf die kleine Blockhütte, aus der Gundel Pläschke gestiefelt kam und sich vor den Neuankömmlingen aufbaute. »Runter von meinem Grund! Ihr habt hier nichts verloren.«
Der ältere Mann wedelte mit einer Pappkarte. »Na, na, Schwesterlein. Wo bleibt denn deine Brandenburger Gastfreundschaft? Ich habe eine Einladung.«
»Du bist nur mein Stiefbruder«, zischte die Pläschke.
Hien eilte herbei, sie hatte auf ihrem Tablet die digitale Gästeliste. »Kann ich helfen? Wie ist Ihr Name, Kruse?«
»Kruste heiß ich, Gerri Kruste«, antwortete der Ältere und schob stolz die Brust raus.
Nun fegte auch Gundels Ehemann Friedrich zwischen zwei Tannen auf Kruste zu, er schäumte vor Wut. »Raus hier!«, schrie er. »Sonst stampfe ich dich in Grund und Boden und netze dich ein wie eine krüppelige Tanne! Du willst uns ruinieren, du Monster!«
»Herr Kruste, wie schön!«, tönte da die tiefe Stimme von Chefredakteur Gallig. Er drängte Pläschke zur Seite und stolzierte jovial auf Kruste zu. »Ich wusste ja gar nicht, dass Sie alle verwandt sind. Freut mich, dass Sie es geschafft haben. Und wer ist das? Der Sohnemann?«
Kruste schüttelte Gallig grinsend die Hand. »Gerne, gerne. Für eine Tanne von meinem Schwesterlein würde ich um die ganze Welt reisen. Jetzt kann Weihnachten kommen, was David?«
»Na, wer bist du denn?« Kruste Junior schritt auf Loebell zu und ging vor seinem Dackel in die Hocke. Wilhelm legte sich begeistert auf den Rücken und ließ sich den Bauch kraulen.
»Herr Kruste ist an einer Kooperation mit unserer Zeitung interessiert«, tönte Gallig. »Die Krustes wollen nächstes Jahr in Potsdam ganz groß rauskommen. Da helfen wir gerne, nicht wahr? Erst mal einen Glühwein?«
Hien machte große Augen. »Mit Tannenbäumen, hier? Aber das wäre direkte Konkurrenz für die Pläschkes?«
Gallig winkte ab. »Ach was. Konkurrenz belebt das Geschäft. Nicht wahr? Wir sprechen erst mal.« Er zog beide Krustes mit sich.
Gundel Pläschke wandte sich an Loebell. »Denken Sie an den Baum Ihrer Mutter, der steht gleich da drüben. Sie hat den schon bezahlt.«
Loebell blinzelte zu den Tannen, deren Reihen sich bereits gelichtet hatten. Pausenlos zogen Familienväter Bäume zum Einnetzen an ihm vorbei. »Und wo genau steht der?«
»Das ist die große Nordmanntanne dort drüben. Ihre Mutter hat sich den perfekten Baum ausgesucht und zu dem Reserviert-Anhänger noch ein rotes Tuch um die Spitze gebunden, damit sie den Baum leichter wiederfindet.«
»Das kann ich schnell machen, Frederik«, mischte sich Kay Kickmann ein. »Ich habe grad Leerlauf. Ich fäll dir den Baum für deine Mutter und netze ihn gleich ein. Sie haben übrigens sehr schöne rote Netze für die Bäume, Frau Pläschke.«
»Das war die Idee von meinem Friedrich. Alle Pläschke-Tannen werden rot eingenetzt. So ist leichter zu erkennen, woher sie stammen. Kommen Sie, junger Mann. Ich zeige Ihnen den Baum.«
Loebell sah den beiden ungläubig hinterher, es begann dicke Flocken zu schneien. Lisi kam hinter der Theke des Glühweinstands hervor und schmiegte sich an seine Schulter. »Wie süß. Wohl doch ein netter Kollege, der Kay. Ist das hier nicht romantisch, Freddy? Wir zwei, mitten im verschneiten Weihnachtswald. Und um uns herum nur liebe Menschen.«
Loebell blickte sich um. »Wo ist mein Hund?«
»Der hilft sicher Tuan mit den Bäumchen. Und gibt jeder Tanne seinen feuchten Segen.«
Den Rest des Nachmittags verbrachte Loebell hinter der Gulaschkanone und bewirtete nörgelnde Kinder und wankende Väter. Erst als es schon längst dunkel war und die meisten Gäste den Weihnachtswald wieder verlassen hatten, ging er zurück zum Glühweinstand, wo sich Gallig mit den anderen Mitarbeitern der Stadtnachrichten einen letzten Becher gönnte, um auf den erfolgreichen Tag anzustoßen.
Plötzlich stand wieder dieser nervige Junge neben ihnen und versuchte, Wilhelm mit einer kalten Grillwurst zu ködern.
»Mensch, Matteo. Ihr seid ja immer noch da. Wo sind denn deine Eltern?« Gallig beugte sich zu dem nervigen Jungen.
»Die verladen gerade unseren Baum«, posaunte der.
»Hattet ihr das nicht schon vor Stunden erledigt?«, fragte Gallig.
»Dachte ich auch. Aber Mama hat eine noch viel schönere Tanne gefunden. Die hat eine ganz tolle Spitze, mit einem roten Tuch dran und ist riesengroß. Die haben wir schon auf unser Autodach geschnallt.« Matteo streckte Loebell die Zunge raus und rannte davon.
Schwester Agnes saß am Empfang des Lordmarschallhauses und musterte Loebell über den Rand ihrer Brille. »Ah, der Herr hat die Haare schön. Etwas kurz, was? Haben Sie heute noch ein Date?« Auf dem Tresen vor ihr stand ein bunter Teller mit Plätzchen, sie kaute genüsslich.
»Ich dachte, die sind für Gäste?« Loebell ging es gar nicht gut, zu viel Glühwein. Er musste sich am Tresen festhalten.
»Das sind die letzten Kekse des Herrn Grafen, die müssen weg. Ab Montag sind Sie an der Reihe mit dem Gebäck. Haben Sie hoffentlich nicht vergessen.« Sie spähte ihm über die Schulter. »Und wo ist unser Baum?«
Loebells Gedanken wanderten zu den Keks-Tüten von Bäcker Lindmann, die heute übrig geblieben waren und die er sicher in einem Lagerraum der Redaktion versteckt hatte. »Frederiks Backstube liefert gleich Montag frischen Nachschub. Hausgebacken und selbstgemacht«, log er mit gutem Gewissen.