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Bei Hansel & Pretzel liegt Liebe in der Luft: Passend zum Valentinstag gibt es leckeres französisches Gebäck und Linn Sommer hat endlich ihr lang ersehntes Date mit Bas van de Groot. Alles läuft perfekt - bis der attraktive Kriminalkommissar zu einem Mordfall gerufen wird. Das Opfer entpuppt sich als Maurice Woodard, Linns Friseur. Nach außen gab er sich locker und leicht wie ein Macaron, doch unter der glatten Fassade schien er es faustdick hinter den Ohren zu haben. Offenbar hat er seinen Kunden nicht nur die Spitzen geschnitten, sondern auch so manches dunkle Geheimnis entlockt. Linn beginnt herumzuschnüffeln und die Fassade der einst schillernden Persönlichkeit bröckelt wie das Baisergebäck ...
Über die Serie:
Nach einer gescheiterten Ehe ist Linn Sommer froh, in Kanada einen Neuanfang wagen zu können. Die waschechte Norddeutsche mit einer Schwäche für Stepptanz, Fahrradfahren und attraktive Männer verschlägt es in das idyllische Städtchen Kitchener. Dort findet sie einen Job in der deutschen Bäckerei Hansel & Pretzel. Alles scheint perfekt - bis Linn hinter der Bäckerei eine Leiche findet! Sie beschließt, auf eigene Faust zu ermitteln. Und das nicht nur, weil der zuständige Inspektor unwiderstehlich charmant ist.
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Seitenzahl: 284
Cover
Grußwort des Verlags
Über diese Folge
Hansel & Pretzel - Die Serie
Die Protagonisten
Titel
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Rezepte
Tarte au Chocolat
Macarons
Vanille-Buttercreme-Füllung
Millefeuille
Brioche
Danksagung
In der nächsten Folge
Über die Autorin
Impressum
Leseprobe
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Bei Hansel & Pretzel liegt Liebe in der Luft: Passend zum Valentinstag gibt es leckeres französisches Gebäck und Linn Sommer hat endlich ihr lang ersehntes Date mit Bas van de Groot. Alles läuft perfekt – bis der attraktive Kriminalkommissar zu einem Mordfall gerufen wird. Das Opfer entpuppt sich als Maurice Woodard, Linns Friseur. Nach außen gab er sich locker und leicht wie ein Macaron, doch unter der glatten Fassade schien er es faustdick hinter den Ohren zu haben. Offenbar hat er seinen Kunden nicht nur die Spitzen geschnitten, sondern auch so manches dunkle Geheimnis entlockt. Linn beginnt herumzuschnüffeln und die Fassade der einst schillernden Persönlichkeit bröckelt wie das Baisergebäck ...
Nach einer gescheiterten Ehe ist Linn Sommer froh, in Kanada einen Neuanfang wagen zu können. Die waschechte Norddeutsche mit einer Schwäche für Stepptanz, Fahrradfahren und attraktive Männer verschlägt es in das idyllische Städtchen Kitchener. Dort findet sie einen Job in der deutschen Bäckerei Hansel & Pretzel. Alles scheint perfekt – bis Linn hinter der Bäckerei eine Leiche findet! Sie beschließt, auf eigene Faust zu ermitteln. Und das nicht nur, weil der zuständige Inspektor unwiderstehlich charmant ist.
Sieglinde (Linn) Sommer, deutsche Teeliebhaberin, die sich nach einer Trennung ein neues Leben in Kanada aufbaut und dabei begeistert in Mordfällen ermittelt
Bas van de Groot, Polizeiinspektor, der Linns Einmischung einerseits nicht leiden kann, aber andererseits sie auch für ihre Menschenkenntnis bewundert
Kamryn Bellamy, Reporterin mit einem schier unermüdlichen Schatz an eigenwilligen, schottischen Redewendungen und Linns beste Freundin
Mackenzie (Mac) Snyder, Linns Gothic-Mitbewohnerin mit einer Vorliebe für laute Musik, Computergenie, stammt aus einer mennonitischen Familie
Igor Medwedew, Linns Mitbewohner, Fitnesscoach und angehender Koch, verwöhnt die WG regelmäßig mit seinen Kochkünsten
Bryan Evans, Linns Vermieter und Makler, der immer um ein friedliches Zusammenleben in der WG bedacht ist
Kyle Anderson, Linns Mitbewohner, Locationscout beim Fernsehen, dessen reizvolle Grübchen Linn häufig verwirren
Marianne und Rainer Brunhuber, Hansel & Pretzel-Besitzer, die Linn wie eine eigene Tochter ins Herz schließen
»Spinnst du? Glaubst du, du kannst dir alles erlauben?« Der etwa 50-Jährige hatte sich hinter Maurice Woodard aufgebaut.
Dieser hängte meinen Mantel auf den Bügel und wandte sich langsam um. »Reg dich ab, John.« Sein schottischer Akzent war nicht zu überhören.
Johns Nasenflügel vibrierten. »Mit deinen Frauen«, er deutete auf mich, »bringst du alles durcheinander!«
So hatte ich mir den Friseurbesuch nicht vorgestellt. Maurice Woodard tätschelte meinen Arm.
»Geh schon mal vor, ich komme gleich.« Er zeigte auf einen Friseurstuhl direkt an der großen Fensterfront.
Ich hängte meine Handtasche an den Haken unterhalb des Spiegels und positionierte meinen Stuhl so, dass ich die zwei Männer beobachten konnte. John war knallrot im Gesicht, er hatte die Fäuste geballt. Maurice Woodard dagegen schien die Ruhe selbst zu sein. John stieß seinen Zeigefinger kraftvoll in die Brust des Friseurs.
»Ich warne dich. Lange lasse ich mir das nicht mehr von dir bieten!« Er öffnete eine Tür, die offenbar in ein kleines Büro führte, und knallte sie so schwungvoll zu, dass ein paar Shampooflaschen aus einem Regal daneben zu Boden fielen. Die Empfangsdame sprang hinter dem Tresen hervor und sammelte die Plastikflaschen hastig auf.
Maurice Woodard trat hinter mich, drehte den Stuhl zum Spiegel und legte beide Hände auf meine Schultern. »Was kann ich für dich tun?«
»Ich gehe heute Abend aus ...« Ich verstummte.
Eine Stammkundin von Hansel & Pretzel hatte mir den Friseur empfohlen, und es war mein erster Besuch bei ihm. Ich kannte den Mann nicht und wollte ihm daher nichts von meiner langersehnten Verabredung mit Bas anvertrauen. Vor allem, weil ich mir selbst nicht sicher war, wie Bas und ich zueinander standen. Waren wir nur Freunde? Oder war ich seine Freundin?
»Verstehe. Ein wenig Aufbrezeln für dein Date am Valentinstag.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich will auf keinen Fall aufgedonnert aussehen. Meine Frisur muss natürlich wirken.«
Er griff in meine blonden, glatten Haare. Schließlich tippte er mit einem Finger gegen sein Kinn. »Hm. Darf ich etwas abschneiden?«
Ich überlegte kurz. Die letzten Wochen hatte ich die Haare selten offen getragen. Es würde daher vermutlich niemandem auffallen, wenn ein Zentimeter fehlte.
»Ein bisschen ist okay. Aber nicht zu viel.«
Ein Handy klingelte. Maurice Woodard fasste in seine Hosentasche. »Entschuldige mich einen Moment.«
Um ihm ein wenig Privatsphäre zu geben, drehte ich den Stuhl zur Fensterfront und sah hinaus. Die Nachmittagssonne warf ihre letzten Strahlen durch die hohen Häuser hindurch auf die King Street. Schneeflocken glitten durch die Luft und fielen auf die schon vorhandene dicke Schneedecke. Eine idyllische Kulisse für einen romantischen Februartag – wenn man von den minus 15 Grad absah. Aber wie hatte ich meinem Mann in Edmonton immer gepredigt, wenn er sich nicht vom Sofa wegbewegen wollte? Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.
»Hör zu, C, Linn wartet auf mich und ...«
Ich wandte mich um, als ich meinen Namen hörte.
Maurice Woodard deutete an, dass das Telefonat gleich beendet sein würde.
»Ja.« Er betrachtete mich kurz im Spiegel. »Ich glaube schon.« Er presste die Lippen zu einer dünnen Linie. »Sorg dafür, dass er heute Abend da ist. ... Nein!« Seine Stimme wurde laut. »Das ist nicht okay! Kümmere dich darum. Sonst musst du die Konsequenzen tragen.« Er steckte das Handy zurück in seine Hosentasche und lächelte mich an.
»So, meine Liebe. Wo waren wir stehen geblieben?«
Zehn Minuten später balancierte ich mit einem kunstvoll verknoteten Handtuch auf dem Kopf zum Stuhl zurück. Eine ältere Frau hatte nicht nur meine Haare shampooniert, sondern auch mit einer Kopf-, Nacken- und Handmassage dafür gesorgt, dass ich mich frisch und entspannt zugleich fühlte.
Maurice Woodard breitete die Arme aus. »So, Herzchen! Jetzt wer...«
Weiter kam er nicht. Denn der Empfangsdame, die hinter ihn getreten war, flog im hohen Bogen eine Tasse aus der Hand. Maurice Woodard schrie auf, sprang zur Seite und griff sich an den linken Arm.
»Verdammt, Nicole! Kannst du nicht aufpassen?« Er deutete auf seinen cremefarbenen Pullover.
Die Rezeptionistin errötete. »Tut mir leid. Das war keine Absicht.«
Sie machte Anstalten, die Flecken wegzuwischen, doch der Friseur schob sie weg.
»Geh und mach Linn einen neuen Tee.«
Sie eilte davon, ohne aufzublicken.
Maurice Woodard zog sich den Pullover über den Kopf. »Entschuldige. Dann musst du mich jetzt im T-Shirt ertragen.«
Mit Blick auf seinen trainierten Oberkörper, der sich unter dem eng anliegenden Shirt abzeichnete, platzte ich heraus: »Es gibt schlimmere Anblicke.«
Er zwinkerte mir zu.
»Danke.« Er griff nach der Schere und fing an, die Spitzen zu schneiden.
Ich deutete auf den Schriftzug »Hairlander«, der auf den Spiegel geschrieben war. »Was bedeutet das?«
Maurice Woodard stellte sich breitbeinig hin und stemmte beide Hände in die Hüften. »Ich bin der Hairlander. Es kann nur einen geben.«
»Wie bitte?« Ich prustete los.
Er holte sein Handy wieder aus der Tasche und wischte über das Display. »Ich bin ganz groß in der Wettbewerbsszene.«
»Es gibt Wettbewerbe für Friseure?«
»Klar. Ich reise landesweit und sogar in die USA.«
Er zeigte mir ein Foto, auf dem er in Kilt, weißem Hemd und einer kurzen Spencer-Jacke zu sehen war.
»Du gehst als Highlander zu diesen Treffen?«
Er streckte die Brust heraus. »Nicht als ein Highlander. Als der Hairlander – es kann nur einen geben!«
»Als Anspielung auf deine schottische Abstammung?«
»Genau.« Er zog den Kamm durch meine Haare und schnitt weiter. »Gutes Handwerk ist nicht alles. Man muss den Leuten auch einen guten Act bieten. Darauf stehen sie.«
»War das vorhin auch nur Show, als ich reinkam?«
»Mit John?« Er rollte mit den Augen. »Mein Chef ist Choleriker. Der tickt öfter aus.«
»Interessante Art der Kundenbindung. Ich hab mich selten so unwillkommen gefühlt.«
»Nimm’s nicht persönlich.«
»Warum meinte er, ich würde alles durcheinanderbringen?«
»Da spontan für dich ein Termin frei geworden ist, hab ich vergessen, deinen Namen in den Kalender einzutragen. Aber John kann es im Grunde egal sein, wem ich die Haare schneide. Ich meine, er kriegt sein Geld ja ohnehin, weil durch die Friseurstuhlmiete un...«
»Ich dachte, du wärst im Salon angestellt.«
Er schlug sich die Hände vor die Brust. Es schien eine gängige Geste bei ihm zu sein, denn die Schere lag bei dieser Bewegung sicher in seiner Hand.
»Angestellt? Nein. Wir zahlen einen monatlichen Betrag und können dafür alle Einrichtungen des Salons nutzen.«
»Das hab ich noch nie gehört. Ist das normal hier?«
»Es gibt Friseure, deren Sozialleistungen tatsächlich vom Geschäftsinhaber übernommen werden. Von ihren Einnahmen erhält der Chef fünfundfünfzig Prozent, der Rest ist das Gehalt. Bei uns sind die Rezeptionistin und die Putzfrau die Einzigen, die eine feste Vergütung mit Sozialleistungen bekommen. Alle anderen sind auf sich selbst gestellt.«
»Das ist anders als in Deutschland.«
Der Friseur steckte am Hinterkopf ein paar Haare nach oben. Er beugte sich zu mir herunter.
»Das ist für mich auch bald vorbei«, flüsterte er. »Ich werde ein eigenes Geschäft eröffnen.« Er zwinkerte mir zu und sagte dann mit normaler Stimme: »Jetzt aber zu dir. Trinkst du gern was? Oder bist du religiös?«
»Nein und nein. Wieso?«
»Dann hast du dein Herz heute noch nicht einem Barkeeper oder Seelsorger ausgeschüttet. Also, was ist dein Geheimnis?«
»Ich bin froh, dass es endlich geklappt hat.« Bas’ stahlblaue Augen strahlten mich über den Tisch hinweg an.
Ich fingerte an meiner Speisekarte herum, während die Kellnerin mit unserer Bestellung in Richtung Küche eilte.
»Weißt du, worüber ich auch froh bin?« Er lehnte sich vor, und ich sah seine großen Pupillen.
»Dass du hier noch einen Tisch reservieren konntest?«
Er schmunzelte.
»Davon abgesehen ...« Er griff meine Hand und streichelte sie. Sofort ging mein Puls schneller, und mein Mund wurde trocken. Mit der freien Hand griff ich nach meinem Wasserglas und nahm einen Schluck, während er fortfuhr: »Ich bin froh, dass du so bist, wie du bist. So natürlich. Mir gefällt deine Direktheit. Und deine Bodenständigkeit. Du bist so unkompliziert.«
Hoffentlich würde Bas nie die Gelegenheit erhalten, mit meinen Eltern oder meinem Ex über mich zu sprechen.
Ich zwirbelte eine Haarsträhne um meinen Finger.
»Danke«, quetschte ich hervor.
»Zum Beispiel heute Abend.« Bas blickte durch das Restaurant. »Schau dir die anderen Frauen an. Voll in Schale geworfen, aufgetakelt bis zum Gehtnichtmehr. Ich könnte wetten, dass die heute alle extra bei der Maniküre und beim Friseur waren.«
Ich schluckte und bemühte mich um ein neutrales Gesicht. Bas zog mir die Strähne aus der Hand und rollte sie um seinen Finger. Das Blut rauschte mir in den Ohren. Er war mir so nah, dass ich sein Aftershave riechen konnte.
»Du dagegen siehst aus wie immer. Natürlich, nicht so aufgebrezelt. Nur deine Haare sind heute anders.«
»Wenn ich sie offen trage, nehme ich mir mehr Zeit zum Föhnen«, log ich.
Bas lächelte mich an. »Ich mag es, wenn Frauen nicht so ein Brimborium vor einem Date betreiben.«
Ich wich seinem Blick aus. Auf keinen Fall durfte Bas erfahren, was ich in den letzten zwei Tagen für einen Aufwand betrieben hatte, nur um heute Abend so »natürlich« auszusehen.
Glücklicherweise kam die Bedienung in dem Moment. Bas ließ meine Hand und die Haarsträhne nur widerwillig los, sodass die Servierkraft die Vorspeisenplatte zwischen uns auf den Tisch stellen konnte. Bas griff nach seinem Besteck.
»Wie gefällt dir dein erster Valentinstag in KW? Besser als in Edmonton?« Er nutzte die einheimische Abkürzung der Doppelstadt Kitchener-Waterloo und sah mich erwartungsvoll an. Wollte er allen Ernstes von mir hören, was Frank in Edmonton zu unseren gemeinsamen Valentinstagen veranstaltet hatte?
»In Edmonton gab es mehr Schnee. Was war hier der meiste Schnee, den du jemals hattest?«, wich ich lächelnd aus.
Und ab da kam das Gespräch nicht noch einmal auf verflossene Lieben oder mein Leben mit Frank in Edmonton. Was gut war, denn diesen speziellen Abend mit Bas wollte ich mir nicht von alten Erinnerungen an meine Ehe kaputtmachen lassen.
Die Kellnerin hatte gerade die Teller abgeräumt und versprochen, den Nachtisch zu bringen, als Bas’ Handy klingelte.
Er zog es hervor und runzelte die Stirn. »Entschuldige. Ist beruflich.«
Ich lehnte mich zurück. Es war bisher ein toller Abend gewesen. Wir hatten viel gelacht, und Bas hatte sich ins Zeug gelegt, um mit mir zu flirten. Ich kaute auf meiner Unterlippe. Sollte ich ihn später mit reinbitten? Auf einen Kaffee in die Küche? Oder vielleicht sogar aufs Zimmer?
Um mich von einem Kribbeln, was meinen Körper durchfuhr, abzulenken, ließ ich meinen Blick durch das Restaurant schweifen. Natürlich hatte der Besitzer sein Restaurant zum Valentinstag romantisch dekoriert. Auf allen Tischen standen Rosen, Darius Rucker sang leise »Only wanna be with you« im Hintergrund, und das Licht war gedimmt. Es waren nur Pärchen anwesend, und für einen Moment war mir das Ganze beinah zu kitschig.
Bas knallte mit der Faust auf den Tisch. Ich zuckte zusammen.
»Tut mir leid.« Er stopfte sein Handy weg und griff nach seiner Jacke. »Ich muss los. Ein Notfall.«
»Jetzt sofort?«
Er öffnete sein Portemonnaie.
»Verflixt! Ich hab nicht genug Bargeld dabei.« Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Kannst du das Essen bezahlen? Bis die Bedienung mit der Kreditkartenmaschine kommt ... Das dauert mir zu lange. Ich gebe dir das Geld wieder.«
»Klar kann ich zahlen, aber ...«
»Danke.« Er sprang auf, beugte sich zu mir herunter und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. Dann verließ er das Restaurant.
Ich starrte ihm mit offenem Mund hinterher. Über meinen Augen brannte die Stelle, wo er mich geküsst hatte.
»Bitte schön.« Die Kellnerin stellte einen roten Teller in die Mitte des Tisches.
Der Nachtisch sah verlockend aus, aber ich hatte keinen Appetit mehr. Außerdem war er für Bas und mich gedacht gewesen. Ich spielte mit der Kuchengabel, von denen die Servierkraft zwei mitgebracht hatte. Sollte ich den Nachtisch jetzt allein essen? Meinen Bauch würde heute ohnehin niemand mehr nackt sehen. Ich schmollte und ließ die Gabel auf den Teller fallen. Es klirrte, und ein Pärchen am Nebentisch fuhr erschrocken herum. Ich warf ihnen ein entschuldigendes Lächeln zu. Dann nahm ich das Handy aus meiner Handtasche und wählte Kamryns Nummer.
»Womit hast du das Date verbockt?«, begrüßte mich meine beste Freundin.
»Danke für dein grenzenloses Vertrauen in mich.« Ich griff mit der anderen Hand nach der Gabel und spießte eine Kirsche auf. »Bas wurde weggerufen.«
»Ich dachte, er hatte heute Abend frei?«
»Ja, dennoch bekam er einen Anruf, und jetzt ist er weg.« Ich zog die dunkelrote Frucht langsam mit den Zähnen von der Gabel. Die Süße explodierte in meinem Mund.
»Haggis auf See.«
Mittlerweile hatte ich mich an die oft eigenartigen schottischen Sprüche meiner Freundin gewöhnt, daher schwieg ich nur und genoss den Geschmack der Kirsche.
»Wo bist du jetzt?«, wollte Kamryn wissen.
»Noch im Restaurant. Das Dessert ist gerade gekommen.«
»Lass mich raten – so ein spezieller Nachtisch für zwei? Ein kleiner Kuchen in Herzform mit vielen Fondantherzen darauf? Oder Mousse au Chocolat mit Erdbeeren dekoriert?«
»Eine herzförmige Waffel mit Sahne und Kirschen.«
Kamryn zog die Luft ein. »Lecker. Darauf hätte ich jetzt auch Appetit.«
Ich legte die Gabel zur Seite. »Soll ich sie mir einpacken lassen und zu dir kommen?«
»Nur, wenn du mir bis ins Detail berichtest, was bei eurem Date passiert ist, bis Bas wegmusste.«
»Deal.«
Kyles dicke Winterjacke hing nicht im Flur, als ich in die Küche ging. Mein attraktiver Mitbewohner war gestern Nacht also erneut nicht nach Hause gekommen. Ich quetschte mich hinter Igor vorbei, der an der Arbeitsplatte stand und Gemüse klein schnitt. Mein russischer Mitbewohner, bei dessen Muskelpaketen jeder Bodyguard vor Neid erblassen würde, arbeitete frühmorgens als Personal Trainer. Anschließend machte er am Culinary College eine Ausbildung zum Koch.
Mac, die einzige Frau in der WG außer mir, saß am Esstisch und kräuselte die Nase. »Grünzeug zum Frühstück ist widerlich.«
»Würde deiner Gesichtsfarbe guttun«, brummte Igor. Er wusste genau, dass Macs blasse Hautfarbe eher von ihrem Make-up im Gothic-Style stammte, als dass sie durch Vitaminmangel hervorgerufen wurde. Seiner Meinung nach pflegten wir alle einen ungesunden Lebensstil. Und er ließ keine Gelegenheit aus, uns darauf hinzuweisen.
Er warf das Gemüse in die Küchenmaschine und drückte auf die Starttaste. Sofort begann ein ohrenbetäubender Lärm. Mac hielt sich die Ohren zu. Ihre schwarz geschminkten Lippen pressten sich zu einer dünnen Linie aufeinander. Nachdem alles im Mixer eine grünliche Farbe angenommen hatte, ließ Igor den Knopf los. Er goss den Saft in ein hohes Glas, nahm einen Schluck und sah zufrieden aus.
»Ist Bryan schon weg?«, fragte ich.
»Er hat einen Hausbesichtigungstermin in Waterloo.« Mac griff nach einem Toast.
Unser Vermieter Bryan arbeitete als Immobilienmakler. Er war derjenige in der Wohngemeinschaft, der ständig versuchte, den Hausfrieden zu wahren.
Ich setzte Teewasser auf und begann, mein Müsli zuzubereiten.
»Hat jemand was von Kyle gehört?«
Igor schüttelte den Kopf. Mac stocherte mit dem Messer im Erdnussbutterglas.
»Nö.«
Ich nahm meine Müslischale und setzte mich ihr gegenüber an den Tisch. »Ich frage mich, wie es ihm geht.«
»Beschissen.« Mac beschmierte ihr Toast dick mit Erdnussbutter.
»Ich denke, er ist glücklich, dass Norah zurück ist.« Igor trank erneut einen Schluck von seinem Gebräu.
»Froh? Hast du ihn dir in letzter Zeit mal angeschaut? Der ist total von der Rolle. Was aber ja auch kein Wunder ist, wenn seine Freundin, die eineinhalb Jahre wie vom Erdboden verschluckt war, plötzlich wiederauftaucht.« Mac legte das Messer zur Seite, schob das Glas von sich weg und biss von ihrem Toast ab.
Kyle hatte sogar seinen Job als Sozialarbeiter aufgegeben und war seitdem als Requisiten- und Locationscout fürs Fernsehen durch Kanada gereist, immer in der Hoffnung, irgendwo einen Anhaltspunkt zu finden.
Igor zog die Augenbrauen zusammen. »Sie ist gesund und lebendig. Ist das nicht die Hauptsache?«
»Sie ist abgehauen! Ohne ein Wort. Wieso nimmst du sie in Schutz?« Mac fuhr sich mit ihren schwarz lackierten Fingernägeln durch die Haare. »Ja, ist toll, dass sie lebt. Aber sie hat eine Entscheidung getroffen, als sie gegangen ist. Da muss man jetzt nicht so tun, als wenn sie gegen ihren Willen entführt wurde.«
»Du bist heute mal wieder eine Ausgeburt an Freundlichkeit.« Igor verließ mit seinem Glas die Küche und polterte die Treppe hinauf.
»Bist du nicht neugierig, was mit ihr passiert ist?«, fragte ich Mac.
»Nicht so sehr wie du. Aber ich hatte ja auch nichts mit Kyle laufen und muss mich jetzt umorientieren. Deswegen warst du doch gestern mit Bas aus, oder?«
Ich schnappte nach Luft. Ich hatte mich zwar im Laufe der Zeit daran gewöhnt, dass Mac manchmal ein Biest sein konnte und nie um eine scharfzüngige Antwort verlegen war. Dennoch überraschte mich dieser persönliche Angriff.
»Nur fürs Protokoll: Bas war im Dezember beruflich stark eingespannt, daher haben wir es nicht geschafft, uns vorher zu treffen.«
»Deshalb hast du dich in der Zwischenzeit Kyle an den Hals geworfen. Dumm nur, dass Norah plötzlich wiederaufgetaucht ist.«
»Was ist eigentlich dein Problem heute Morgen?«
»Ich hab kein Problem. Du scheinst eher eins zu haben mit deinen Männergeschichten.«
»Männergeschichten? Kannst du dich nicht einfach für mich freuen, dass es jemanden in meinem Leben gibt, der mich mag? Oder für Kyle, dass Norah zurück ist? Musst du immer alles miesmachen?« Ich stand auf, nahm meine Schale und verzog mich mit meinem Frühstück ins Wohnzimmer.
»Hattest du gestern Abend ein heißes Date? Du siehst heute anders aus.« Der breite texanische Akzent von Lily Bee Walker erstaunte mich erneut.
Sie und ihr Mann Brett wohnten gegenüber im Oakwood Hotel und kamen zum Frühstück zu Hansel & Pretzel. Das Ehepaar war seit Dezember in Kitchener-Waterloo, weil sie die umfangreiche Sammlung eines verstorbenen Kunstmäzens verkaufen sollten. Ursprünglich hätte die Auktion vor Weihnachten über die Bühne gehen sollen. Doch bei der Versteigerung kam es zu Auseinandersetzungen mit kanadischen Ureinwohnern. Wichtige Dokumente wurden dabei zerstört und mehrere Gegenstände gestohlen. Daher mussten die zwei amerikanischen Kunstexperten nach Silvester erneut eine Katalogisierung in Angriff nehmen.
Im Dezember hatten sie im Hotel gefrühstückt, aber seit Jahresanfang renovierten die Besitzer die Küche. Deshalb hatten diese mit meinen Chefs Marianne und Rainer vereinbart, dass ihre Gäste bei uns frühstücken konnten.
Ich nahm den Brotkorb vom Tablett und begann den Tisch für die zwei Texaner zu decken.
»Ich war«, ich beugte mich zu ihr hinunter, »gestern beim Friseur.« Da Lily Bee und Bas sich nicht kannten und sie sicherlich auch nie zusammentreffen würden, war ich mir sicher, dass sich nie die Gelegenheit ergeben würde, dass sie sich über meine Frisur unterhalten würden.
»Wirklich?« Lily Bee musterte meinen Kopf. »Deine Haare sehen nicht kürzer aus.«
»Er hat nur die Spitzen ein wenig geschnitten und irgendwie Volumen reingemacht.«
Die Texanerin griff sich in ihre dunkelbraunen, langen Haare.
»Ich hätte gern einen Pagenkopf oder so. Etwas, was jünger und frischer wirkt. Diese langen Zotteln erdrücken mich.«
Lily Bees gerader Schnitt mit Mittelscheitel umrahmte ihr ovales Gesicht, aber drückte die zierliche Amerikanerin auch herunter, sodass sie noch schmächtiger aussah.
»Dir würde eine kinnlange Frisur sicher gut stehen.«
Sie seufzte. »Brett mag keine kurzen Haare. Er will sie genau so.« Sie strich sich eine Strähne hinters Ohr. »Aber vielleicht kann ich zu deinem Friseur gehen, und er schneidet mir die Spitzen ein bisschen, ohne dass Brett etwas merkt?«
»Ich gebe dir gern seine Nummer. Ich war gestern das erste Mal bei ihm. Er heißt Maurice und ...«
Lily Bee quiekte. »Etwa Maurice Woodard?«
Ihr Ehemann hatte unbemerkt von uns das Café betreten und räusperte sich plötzlich neben mir. »Was ist mit Maurice?«
Ich klemmte mir das leere Tablett unter den Arm und begrüßte den kräftigen Texaner, bevor ich Lily Bee fragte: »Du kennst ihn?«
»Wir kennen ihn beide. Nicht wahr, Brett?«
Er fummelte an seiner Jacke herum. Sein Reißverschluss schien sich verhakt zu haben.
»Flüchtig.« Er sah auf ihren Teller und verzog missbilligend den Mund. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst normales Weißbrot essen? Das andere verträgst du nicht. Und beeil dich. Wir haben heute keine Zeit zum Plaudern.«
Lily Bee senkte den Kopf. Für meinen persönlichen Geschmack war Brett Walker in der Ehe viel zu dominant.
»Ich bringe euch gleich noch Zucker für den Kaffee. Dann könnt ihr loslegen.«
Lily Bee stand auf. »Ich will noch was für später kaufen. Dann kann ich den Zucker auch mit an den Tisch nehmen.«
Brett griff nach einem Brötchen, während Lily Bee mir zum Tresen folgte.
»Ich wusste nicht, dass du Probleme mit unserem Vollkornbrot hast«, bemerkte ich leise.
»Mir war die letzten Tage vormittags flau im Magen. Brett sagt, es käme von eurem Brot«, flüsterte sie. »Aber ich mag es.« Sie sah in die Kuchenauslage. »Das sieht alles so lecker aus! Habt ihr andere Sache als im Januar, oder bilde ich mir das nur ein?«
»Zum gängigen Sortiment bietet Rainer monatlich wechselnde Specials an. Jetzt im Februar haben wir französische Spezialitäten wegen Valentinstag, Liebe und so.« Ich deutete nacheinander auf die Backwaren. »Eclairs, Madeleines, Macarons, Tarte au chocolat. Und so kalt, wie es gerade draußen ist, freut sich doch jeder über was, das das Herz erwärmt, oder?«
»Heute Morgen hab ich in meiner Wetter-App gesehen, dass es null Grad sind. Null!« Lily Bee schauderte. »Selbst in Arizona, wo wir jetzt leben, fällt das Thermometer nie unter dreißig Grad im Winter.«
Zunächst wollte ich sie korrigieren, denn ich hatte zuvor im Radio gehört, dass es minus achtzehn Grad waren. Doch dann fiel mir ein, dass sie als Amerikanerin ihre Wetter-App sicherlich in Fahrenheit eingestellt hatte – im Gegensatz zu den Kanadiern, die die Celsius-Temperaturskala nutzten.
Ich breitete die Arme aus. »Willkommen in Danzig, 1708.«
Sie sah mich verständnislos an. »Daniel Fahrenheit hat den Nullpunkt seiner Skala damals auf minus 17,8 Grad Celsius gelegt. Das war die tiefste Temperatur des Winters 1708 in seiner Heimatstadt Danzig«, erklärte ich.
»Aha.« Lily Bee schien für derlei Faktenwissen kein Verständnis, geschweige denn Interesse zu haben. Sie deutete auf die Schokoladencroissants. »Kannst du mir davon bitte drei einpacken? Meinst du, dass Maurice diese Woche Zeit für mich hat?«
Ich griff nach der Gebäckzange und einer Tüte.
»Keine Ahnung.« Ich ließ die Croissants in die Tüte fallen und stellte eine Zuckerdose auf den Tresen. »Es wäre schön, wenn mein Friseurbesuch unter uns bleiben könnte. Das wäre mir unangenehm einer bestimmten Person gegenüber.«
Lily Bee tat, als wenn sie ihren Mund zuschließen würde. »Meine Lippen sind versiegelt.«
Wenige Minuten später bimmelte die Glocke über der Tür. Bas trat ein, und sofort machte mein Herz einen Extrahüpfer. Ich trat vor den Tresen, um ihn zu begrüßen. Zu meiner Überraschung umarmte er mich fest. Das Herz schlug mir bis zum Hals, und mein Mund war staubtrocken. Er ließ von mir ab.
»Es tut mir so leid wegen gestern«, begann er. »Aber ich werde es wiedergutmachen.«
Da würden mir viele Dinge einfallen, dachte ich, während ich mich zurückhalten musste, meine Hüften nicht wie Elvis Presley in seinen besten Jahren zu schwingen. Meine unanständigen Gedanken ließen das Blut in meine Wangen schießen.
Die Tür zur Backstube ging auf, und Marianne kam mit einem Blech frischer Madeleines herein. Sie blieb abrupt stehen.
»Inspektor van de Groot! Möchten Sie etwas von unseren Spezialitäten des Monats probieren, oder wollen Sie meiner Mitarbeiterin nur den Kopf verdrehen?«
Das Blut rauschte in meinen Ohren. Ich hatte nicht gedacht, dass meine Gesichtsfarbe noch dunkler werden konnte.
Bas lächelte meine Chefin an. »Das ist schwierig. Ich finde nämlich beides zum Anbeißen.«
In meinem Kopf explodierte ein Freudenfeuerwerk. Mir wurde schwindelig. Ich griff nach einer Stuhllehne. Träumte ich, oder flirtete Bas hemmungslos mit mir?
Marianne lachte. »Ihr zwei seid so goldig!« Sie stellte das Blech ab, nahm ein kleines Gebäckstück und reichte es Bas auf einem Teller. »Solange Sie im Geschäft sind, bitte nur an diesem süßen Teilchen knabbern.« Sie zwinkerte mir zu und verschwand wieder in der Backstube.
Bas drückte mich auf den Stuhl und setzte sich mir gegenüber. Er hielt meine Hand. Mein Atem war flach und schnell.
»Ich muss dir etwas mitteilen«, begann er.
Ich schwieg, denn ich war viel zu sehr damit beschäftigt, meinem Gesicht wieder eine natürliche Farbe zu verleihen.
»Es hat gestern Abend einen Mord gegeben.«
Ich hob den Kopf und sah ihn an. »In KW? Wer ist es? Was ist passiert?«
»Ach, Linn.« Bas betrachtete mich mit einem Blick, als wäre ich ein frisch gewaschener Welpe, der gerade in einer dreckigen Matschpfütze herumsprang. »Das ist genau die Reaktion, die ich befürchtet hatte.«
Ich zog meine Hand weg. »Wieso? Was meinst du?«
»Du bist so neugierig, wenn es um meine Arbeit geht. Bei Sidney Stark und Hank Myers hab ich es verstanden, weil du irgendwie involviert warst ...«
»Involviert? In beiden Fällen hab ich die Leiche gefunden. Da ist es doch normal, dass man wissen möchte, was mit dem Menschen passiert ist, oder?«
»Ich sage ja, dass ich dein Interesse nachvollziehen konnte. Daher bin ich froh, dass du mit diesem Mord nichts zu tun hast. Und damit überhaupt nicht auf eigene Faust herumschnüffeln musst.«
»Aber du musst zugeben, dass ich auf meine eigene Art wichtige Dinge herausgefunden hab. Details, die an der Polizei vorbeigegangen sind.«
»Mag sein. Aber ich will mir keine Sorgen um dich machen müssen, weil du dich auf Mörderjagd befindest.«
»Aber du kannst mir doch trotzdem jetzt sagen, was passiert ist und um wen es sich handelt.«
»Ungern. Aber du wirst es ohnehin direkt nach der Pressekonferenz von Kamryn erfahren, oder?«
»Genau. Daher kannst du es mir lieber jetzt persönlich mitteilen.« Ich lächelte ihn erwartungsvoll an.
»Gestern Abend wurde ein Mann vor seinem Haus getötet. Maurice Woodard, er ...«
»Maurice ist tot?« Lily Bee stand neben unserem Tisch. Die leere Kaffeekanne in ihrer Hand zitterte. »Das kann nicht sein!«
Ein Stuhl polterte, als Brett aufsprang und zu ihr lief. Er griff nach der Kanne, stellte sie auf den Tisch und hielt seine Frau fest im Arm.
»Was ist los?«, wollte er von Bas wissen.
»Mau... jemand wurde gestern Nacht umgebracht«, brachte ich hervor. Die Gedanken wirbelten in meinem Kopf umher. Ich hatte den Friseur gestern erst gesehen. Wie konnte es sein, dass er jetzt tot war? Gerade, als ich mein Entsetzen darüber äußern wollte, fiel mir ein, dass Bas ja nichts von meinem Friseurbesuch wusste. Ich lehnte mich zurück und legte die Hände in den Schoß.
»Bas van de Groot, Polizeiinspektor. Wer sind Sie?«, fragte Bas Brett.
Der Texaner streckte seine rechte Hand aus, mit der anderen hielt er seine Frau weiterhin im Arm. Diese war mittlerweile blass im Gesicht geworden. Sie umklammerte mit beiden Händen ihren Hals und atmete schwer.
»Brett Walker. Dies ist meine Frau Lily Bee. Wir sind für die Planung und Durchführung der Auktion von Otis Desmond zuständig.«
»Ah, die Versteigerung der Kunstgegenstände. Dann hatten Sie ja schon mit meinen Kollegen aus der Diebstahlsektion zu tun.«
Brett schnaufte. »Hören Sie bloß auf! Wenn ich gewusst hätte, was für einen Ärger die Indianer bereiten, dann hätten wir den Auftrag nie angenommen.«
»In Kanada sprechen wir von First Nations oder Ureinwohnern«, verbesserte Bas ihn. Er wandte sich an die zitternde Lily Bee. »Der Tod von Maurice Woodard scheint Sie sehr mitzunehmen.«
»Wir ... wir kennen ... kannten Maurice«, flüsterte sie.
Bas’ Augenbraue schnellte hoch. »Ach ja? Woher?«
Brett winkte ab. »Kennen ist zu viel gesagt. Wir sind ihm einmal begegnet.«
»Wo war das?«
Lily Bee atmete schwer. »Luka, er ist der Gärtner auf Desmonds Anwesen, hatte mal Probleme mit seinem Auto. Wir haben ihn abends nach Hause gefahren.«
»Und weiter?«, bohrte Bas nach.
»Der Gärtner wohnt in der Einliegerwohnung von diesem Maurice«, schaltete Brett sich ein. »Wie gesagt, wir haben ihn nur ein einziges Mal flüchtig gesehen.«
Ich stutzte. »Was hat Desmonds Gärtner denn im Winter beim Haus gemacht? Ist ja nicht gerade die Zeit zum Rasenmähen.«
Bas warf mir einen anerkennenden Blick zu.
»Können Sie diese Frage beantworten?«, wandte er sich an Brett.
Dieser rümpfte die Nase. »Ist das ein Verhör?«
»Nein. Noch nicht.«
Die beiden Männer taxierten sich gegenseitig.
»Luka kümmert sich um mehr als den Garten. Im Winter hilft er seinen Kunden beim Schneeräumen«, erklärte Lily Bee. »Er ist jeden Tag beim Anwesen, um die Einfahrt zu räumen. Sonst kämen wir manchmal gar nicht zum Haus, geschweige denn wieder weg.«
»Was genau ist passiert?«, wollte Brett wissen.
Bas’ Lippen verzogen sich zu einer dünnen Linie. »Dazu kann ich keine Auskunft geben.«
Es sah so aus, als wenn Brett Bas auf die Schulter klopfen wollte, doch im letzten Moment zog er die Hand wieder weg. »Kommen Sie. Sie wollten Linn doch gerade mehr erzählen. Denn offenbar kennt ...«
Ich sprang auf und drängte mich zwischen das Ehepaar und Bas.
»Du solltest jetzt lieber gehen.« Ich nahm die Madeleine, schlug sie in eine Serviette und drückte sie Bas in die Hand. »Hier. Kannst du auf dem Weg zum Revier essen.« Ich scheuchte ihn zur Tür.
Er musterte mich. »Was hat dich denn jetzt gebissen?«
Ich legte ihm meine Hand auf den Rücken. »Ich weiß doch, wie sehr du es hasst, wenn dir Leute Antworten aus der Nase ziehen wollen, die du noch gar nicht geben willst.«
Er schmunzelte. »Danke, dass du auf mich aufpasst.«
»Gern geschehen. Und jetzt los – du hast einen Mörder zu fangen.«
Bas verließ das Café. Ich machte auf dem Hacken kehrt und rannte beinah in Brett hinein, der hinter mir aufgetaucht war. Er schwenkte mit der Kanne.
»Können wir mehr bekommen? Lily Bee braucht jetzt einen richtig starken Kaffee.«
»Ovaltine.« Meine Freundin Kamryn stand vor dem Tresen und hielt mir ihren To-go-Becher hin. »Bitte.«
Marianne sah sie prüfend an.
»Du siehst aus, als wenn du die letzte Nacht kein Auge zugemacht hättest.« Dann erhellte sich ihr Gesicht. »Hat dein Date länger gedauert?«
»Schön wär es gewesen.« Kamryn bedachte mich mit einem Seitenblick. »Ich musste mitten in der Nacht Seelentröster spielen.«
»Mitten in der Nacht?« Ich stemmte die Hände in die Hüften. »Ich bin um halb elf nach Hause gegangen!«
»Ich rede nicht von dir. Meine Schwester hat mir nach Mitternacht am Telefon von einem Streit mit ihrem Freund die Ohren vollgejammert.«
»Muss ja ein schlimmer Streit gewesen sein, wenn sie dich mitten in der Nacht anruft«, sagte Marianne.
»Fiona ist gerade in Las Vegas. Für sie war es erst kurz nach neun. Aber es ist immer das Gleiche mit ihr – ständig ist sie eifersüchtig auf die Kolleginnen ihres Freundes ... ach, ist egal. Jedenfalls konnte ich anschließend nur schwer wieder einschlafen.«
Ich deutete auf ihren Becher. »Willst du die Ovaltine wirklich mitnehmen? Oder möchtest du lieber hier eine trinken?«
Kamryn streckte ihr Kinn nach vorn. »Hast recht. Ich hab mir eine Pause verdient.«
Während ich Kamryns Getränk zubereitete, fragte Marianne sie: »Weißt du schon Genaueres, warum Bas Linn gestern sitzen gelassen hat?«