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Gemeinsam kann man alles schaffen! Eine spannende Freundschaftsgeschichte von Martina Wildner, frech und witzig bebildert von "Lotta-Leben"-Illustratorin Daniela Kohl
Moritz interessiert sich wahnsinnig für Natur und ist begeistert, als seine Klasse einen Schulgarten anlegt. Doch als Dennis ihn in seine Clique aufnehmen will, wird Moritz’ Fürsorge für die zarten Pflänzchen auf eine harte Probe gestellt: Um sich als cool und würdig zu erweisen, soll Moritz den Schulgarten nicht gießen. Und es ist heiß, richtig heiß. Moritz will nicht als Streber dastehen. Aber die Blumen vertrocknen lassen? Das geht zu weit! Zum Glück gibt es da noch seine beste Freundin Juna, die sagt, was sie denkt, und einfach mal macht. Gemeinsam setzen die beiden alles daran, es an diesem Wochenende regnen zu lassen – auch wenn dafür ein Kellereinbruch, eine Schrebergarten-Beschattung und ein Regentanz vor dem Schulhof nötig sind!
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Seitenzahl: 138
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Gemeinsam kann man alles schaffen! Eine spannende Freundschaftsgeschichte von Martina Wildner, frech und witzig bebildert von »Lotta-Leben«-Illustratorin Daniela KohlMoritz interessiert sich wahnsinnig für Natur und ist begeistert, als seine Klasse einen Schulgarten anlegt. Doch als Dennis ihn in seine Clique aufnehmen will, wird Moritz’ Fürsorge für die zarten Pflänzchen auf eine harte Probe gestellt: Um sich als cool und würdig zu erweisen, soll Moritz den Schulgarten nicht gießen. Und es ist heiß, richtig heiß. Moritz will nicht als Streber dastehen. Aber die Blumen vertrocknen lassen? Das geht zu weit! Zum Glück gibt es da noch seine beste Freundin Juna, die sagt, was sie denkt, und einfach mal macht. Gemeinsam setzen die beiden alles daran, es an diesem Wochenende regnen zu lassen — auch wenn dafür ein Kellereinbruch, eine Schrebergarten-Beschattung und ein Regentanz vor dem Schulhof nötig sind!
Martina Wildner
Moritz, King Kong und der Regentanz
Mit Illustrationen von Daniela Kohl
Hanser
Cover
Über das Buch
Titel
Über Martina Wildner
Impressum
Die Golawski
Keks unter Baum
You failed
Such dir was aus
Kellermonstergeisterratten
Frohe Zukunft
Mutproben aller Art
Geist mit Sneakers
Du sollst nicht gießen
Karawane durch die Wüste
Buuum takatak buuum
Kreuzverhör
Rückholaktion
Feuer und Regen
Schattiges Plätzchen
Juckbohnen
Teddybär
So, Kostüme anziehen!
Was gut ist
Dank
»Moritz, kannst du das bitte mal zur Golawski hochbringen?«, fragte mich Mama. »Das wurde schon vor Tagen bei uns abgegeben. Keine Ahnung, warum sie es nicht holt.«
Ich hasste die Golawski. Wenn man Glück hatte, meckerte sie nur. Wenn man aber Pech hatte, hielt sie Vorträge über den Weltuntergang, der ihrer Meinung nach kurz bevorstand.
»Das wäre echt nett«, sagte Mama, die erschöpft von der Frühschicht im Sessel lehnte und kalten Kaffee in sich hineinschüttete.
»Na gut.« Ich erbarmte mich und machte mich auf den Weg.
Je weiter ich im Haus nach oben kam, desto wärmer wurde es. Klar, warme Luft steigt auf. Es herrschte seit Wochen diese unglaubliche Hitze und der kühlste Ort war im ganzen Gebäude das Treppenhaus.
Schließlich erreichte ich den fünften Stock. Noch nie war ich dieser Wohnung so nahe gekommen und mir schien es, als stünde ich vor dem Eingang zur Hölle, einer düsteren, staubigen Mietshaushölle. Es war stickig und roch nach Fußbodenbelag. Allein der Name, Golawski, dachte ich, klingt schon grässlich, irgendwie nach tiefem, dunklem Schlund. Doch als ich läuten wollte, bemerkte ich, dass die Tür nur angelehnt war.
Natürlich hätte ich trotzdem klingeln können. Oder klopfen. Oder warten. Nicht einfach die Tür aufdrücken, wie ich es tat. Ich dachte nämlich: Prima, offen, da stell ich das Paket schnell in den Flur und hau ab.
Ich schob die Tür weiter auf und bekam einen Schock. Der Flur war dunkelgrün tapeziert. Blätter und Schlingpflanzen wanden sich über die Tapete wie in einem Urwald und schienen an manchen Stellen schleimig zu glänzen. Unter einer UV-Lampe wucherten riesige Venusfliegenfallen und auf Halterungen, die Ästen nachempfunden waren, saßen ein ausgestopfter Papagei und ein Koboldmaki. Über einer Tür hing der Kopf eines Krokodils.
Der zweite Schock waren die Geräusche. Genau in dem Moment, als ich über die Türschwelle treten wollte, um das Paket vorsichtig abzulegen, ertönte ein wildes Getrommel, dazu merkwürdige Schreie.
Ich ließ fast das Paket fallen und wollte weglaufen, da kam der dritte Schock: Aus der rechten Tür rannte eine zottelige Gestalt mit weißer Fratze und schwarzen, lochartigen Augen. Sie brüllte kurz auf, überquerte hastig den schmalen Flur und verschwand in der linken Tür. Jetzt schrie ich auf, drehte mich um und rannte aus der Wohnung, die Treppe runter und rein zu uns. Ich warf die Tür hinter mir zu.
»Moritz?«, rief Mama.
Ich antwortete nicht, sondern rannte weiter bis in mein Zimmer, warf noch mal die Tür zu und kroch unter die Bettdecke, wo mir der Schweiß ausbrach.
Mama kam hinter mir her. »Was ist los? War sie nicht da?«
»Doch, doch«, sagte ich durch die Decke.
»Ja, aber … War irgendwas?«
Ich schlug die Decke zurück und setzte mich auf. »Nein, nichts.«
Mama schüttelte den Kopf. »Hat sie wieder rumgemeckert?«
»Ja, nein, ein bisschen, gar nicht … jedenfalls ist das Paket jetzt oben.«
Mama gab sich damit zufrieden. Schließlich hatte sie auch keine Lust auf die Golawski.
Später machte ich das Katzenklo sauber, kratzte die stinkenden Katzenstreuklumpen zusammen, füllte sie in eine Tüte und brachte alles nach unten.
Kaum hatte ich den Sack in die Tonne geworfen, stand die Golawski vor mir. Ich erschrak, weil sie so plötzlich aufgetaucht war.
»Dir ist die Hälfte daneben gefallen«, sagte sie und zeigte auf die weißen Brösel, die neben der Tonne lagen und im Beet vom Rhododendron. Außerdem führte eine Spur quer über den Hof bis zum Treppenhaus.
»D-Das war ich aber gar nicht.« Vorsichtig musterte ich die Golawski. Immerhin sprach sie nicht vom Paket.
»Warum gibst du es nicht zu?«, fragte sie und deutete auf die Brösel. »Warum kann nicht mal irgendwer was zugeben? Dann wäre es mit der Welt nicht so weit gekommen.«
Ich antwortete lieber nicht.
Vielleicht wollte die Golawski noch was sagen, vielleicht, wann genau der Tag des von ihr fast täglich prophezeiten Weltuntergangs war, aber sie starrte nur kurz auf die weiße Spur am Boden, dann winkte sie ab und ging davon.
Ich wollte auch gehen, doch da tauchte Juna auf.
»Na, Katzenklo geputzt?«, fragte sie, als sie die Brösel sah.
»Die Golawski sagt, das hier war ich. Aber das kann ich gar nicht gewesen sein, denn unsere Katzenstreu ist blau und nicht weiß. Und außerdem« — ich senkte die Stimme — »sind in der Wohnung von der Golawski Monster.«
Ich schloss den Deckel der Mülltonne.
»Mh«, machte Juna unbeeindruckt. »Das bestärkt meine These. Nämlich, dass sie eine Hexe ist.«
»Ja, eine fiese alte Hexe«, sagte ich.
»Nein, nein«, antwortete Juna, »nicht so eine Hexe. Eine echte böse Hexe.«
»So wie bei Harry Potter? So wie die Umbridge?«
»So ungefähr.«
Ich schnaufte. Juna war verrückt. Hexen gab es nicht. Nur ätzende alte Nachbarinnen. Aber es hatte keinen Sinn, das mit Juna zu besprechen. Wir würden nur streiten, denn sie war sehr überzeugt von ihren Meinungen.
Juna wohnte noch gar nicht so lange neben uns, erst seit April. Sie war mit ihrer Mutter in die Wohnung vom alten Schröder gezogen. Mama sagte, der alte Schröder sei genau in dem Raum gestorben, der jetzt Junas Zimmer sei. Sie hat auch gesagt, ich solle das Juna auf gar keinen Fall erzählen, was ich natürlich doch gemacht habe.
Die fand das — natürlich — extrem spannend und wollte gleich wissen, wo genau der alte Schröder gestorben sei und woran, und manchmal überlegte ich, ob sie so verrückte Ideen hatte, weil sie in diesem Zimmer wohnte. Und jetzt behauptete sie eben, die Golawski sei eine Hexe, eine echte, böse wohlgemerkt.
Ich bückte mich und kratzte die weißen Krümel aus dem Beet. »Ob Katzenstreu schlecht für Rhododendren ist?«
»Was?«
»So heißen die Büsche.«
»Was du alles weißt.«
»Ja, und das da ist Waldmeister, das ist eine Hortensie und das eine Astilbe. Das wächst alles gut im Schatten …«
»Wollen wir zu mir hochgehen?«, unterbrach mich Juna.
»Ja, gern«, sagte ich, denn bei mir daheim war alles öde. Mama musste sich ausruhen genau wie Ella, unsere fette alte Katze.
Junas Mama war super. Man durfte bei ihr Süßes essen und Handy spielen, so viel man wollte. Sie hieß Astrid und ich konnte sie nur in ihrer Wohnung oder in Gegenwart von Juna erkennen. Begegnete ich ihr ohne Juna auf der Straße, war ich mir nie sicher, ob sie es tatsächlich war, denn Astrid wechselte dauernd Frisur, Haarfarbe und Brille. Neulich hatte ich mal eine wildfremde Frau mit »Hallo, Astrid« begrüßt, worauf die Frau sagte: »So klein und schon so frech!« Ich verstand nicht ganz, was sie damit meinte, aber danach sagte ich zu niemandem mehr einfach so »Hallo, Astrid«.
»Wollt ihr Eis?«, fragte sie und gab uns zwei Kratzeis. »Und?«
»In unserer Wohnung sind es 27,5 Grad«, sagte ich.
»Ja, ja, schlimm. Viel zu heiß.« Astrid fächelte sich Luft zu. Ihr Haar war heute schwarz mit einem Stich ins Violette. Ihre Brille war ebenso schwarz, also schwarz umrandet, aber mit kleinen Glitzersteinchen besetzt.
»Was wollte denn die Golawski von dir?«, fragte Astrid.
»Ach, wegen der Katzenstreu«, erklärte ich. »Aber die ist nicht von uns.«
Der nächste Tag war wieder genauso heiß, und ich hockte in der ersten Pause etwas abseits im Schatten eines Spitzahorns und aß mein Pausenbrot. Dabei dachte ich an diesen Witz:
Frage: Was ist ein Keks unter einem Baum?
Antwort: Ein schattiges Plätzchen.
Ich musste lachen.
Da kam Dennis, eine Tüte Chips in der Hand und Tim, seinen treusten Anhänger, im Schlepptau. »Was gibt’s zu lachen?«
»Nichts.«
»Du hast aber gelacht.«
»Nein.«
»Lüg nicht!«
»Ich hab nicht gelacht.«
»O Mann«, sagte Dennis und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. Tim glotzte mich an.
»Er ist so hobbylos«, sagte Dennis an Tim gewandt, »dass er sich selber Witze erzählt, damit er was zu lachen hat.« Und er lachte sein fieses Lachen.
Mit Dennis war nicht zu spaßen. Er war groß und stark und hatte zwei ältere Brüder, die noch größer und noch stärker waren und an die Sartre-Oberschule gingen. Die Sartre-Oberschule sei eine absolut krasse Oberschule, hieß es, und nur die krassesten Leute würden da hingehen. Man konnte froh sein, wenn Dennis einen in Ruhe ließ. Aber er ließ mich nicht in Ruhe.
»Boah, hobbylooooos!« Tim bog sich vor Lachen.
Zum Abschied schnippte mir Dennis dann auch noch gegen die Nase, sodass mir die Tränen in die Augen stiegen.
»Haha, und jetzt heult er!«
Dann war Mathe. Irgendein fantastischer Zufall hatte vor ein paar Wochen bewirkt, dass ich in diesem Fach neben dem wunderbarsten Wesen der ganzen Schule gelandet war. Odette Schmidt. Odette hatte dunkle, krause Haare, sogar ihre Wimpern waren gekraust. Das ist wirklich wahr! Normale Wimpern krümmen sich in einer gleichmäßigen Kurve nach oben.
Odettes Wimpern taten das erst auch, aber an ihrem Ende änderten sie ihr Krümmungsverhalten, bogen sich stärker ein und bildeten fast so was wie eine Spirale. Ich konnte diese Wimpern stundenlang anschauen. Außerdem konnte sie supergut malen.
Doch heute hatte Frau Fähnlein andere Pläne, weil sie einen Test schreiben wollte und Dennis auf keinen Fall neben Tim sitzen sollte. Die beiden machten nämlich andauernd nur Blödsinn. Frau Fähnlein setzte also ausgerechnet meine angebetete Odette neben Tim und Dennis neben mich. Dann verteilte sie die Blätter.
Dennis, das merkte ich schnell, hatte null Ahnung, wie man Zentimeter in Dezimeter umrechnete. Ich glaube, er wusste nicht mal, dass es Dezimeter gab. Er stöhnte und ächzte und biss an seinem Füller herum. Keine einzige Zahl hatte er bis jetzt hingeschrieben. Ich selber war schon fast fertig, deswegen schob ich mein Blatt so hin, dass er alles abschreiben konnte, was er dann auch tat. Zufrieden gab er Frau Fähnlein sein Blatt.
»Na, Dennis, wie lief’s?«, fragte sie.
»Bestens, bestens, Frau Fähnlein.«
Zum Mittagessen gab es Ravioli. Wieder saß ich etwas abseits, doch plötzlich schlug mir jemand auf die Schulter.
»Na, Alter?« Dennis stand neben mir. Normalerweise begrüßte er mich nie. Dann ging er zu Tim, setzte sich neben ihn und stopfte eine Riesenportion Ravioli in sich rein.
Nachmittags hatten wir Schulgarten. Die Sonne stach auf uns herunter, während uns Frau Fähnlein den Unterschied zwischen Löwenzahn und Sonnenblumen erklärte. Sie hatte unsere Schule beim Schulgarten-Wettbewerb angemeldet und wollte nun einen Teil des Gartens in ein Sonnenblumenfeld verwandeln.
»Wozu müssen wir das wissen?«, fragte Anna-Lynn, die sich um ihre Fingernägel sorgte.
»Für den Wettbewerb. Der Löwenzahn muss raus, die Sonnenblumen sollen bleiben.« Frau Fähnlein deutete auf ein paar mickrige Pflänzchen in der staubigen Erde. Daneben standen kräftige grüne Gewächse mit saftigen, gezahnten Blättern.
»Ich versteh das nicht«, sagte Anna-Lynn. »Wieso ist die Pflanze, die gut wächst, schlecht und die andere, die schlecht wächst, gut?«
»Wegen des Wettbewerbs eben«, sagte Frau Fähnlein und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Wir könnten doch auch überall Löwenzahn wachsen lassen«, schlug Anna-Lynn vor. »Wäre das nicht viel einfacher?«
Ich wandte ein: »Aber Helianthus annuus, also die Sonnenblume, bindet pro Tag das in 100 Kubikmetern befindliche Kohlenstoffdioxid. Das ist gut fürs Klima.«
»Helidingsbums, Moritz, du Nerd!«, rief Anna-Lynn.
Frau Fähnlein seufzte.
»Außerdem ist es zu heiß zum Arbeiten«, sagte Dennis.
»Ja, du hast recht. Es ist zu heiß. Wisst ihr was? Holt den Schlauch und gießt einfach nur.«
Als ich von der Schule nach Hause kam, goss ich auch erst einmal. Auf unserem winzigen Balkon hatte ich ebenfalls Sonnenblumen angesät, verschiedene Sorten, die so fabelhalte Namen trugen wie Vanilla Ice, Miss Mars oder Teddybär. Vanilla Ice, die in ein paar Wochen cremeweiß blühen würde, schoss regelrecht in die Höhe; sie würde viel zu groß für unseren Balkon, mir fehlten außerdem die passenden Töpfe. Teddybär dagegen war klein und niedlich. Sie sollte laut Samenpackung eine dicht gefüllte, flauschige Blüte bekommen, daher der Name. Miss Mars war eine rote Sonnenblume.
Nach dem Gießen warf ich das Unkraut, das ich gezupft hatte, in den Biomülleimer in der Küche. Da sah ich unten im Hof die Golawski. Sie stand bei den
Papiertonnen und riss mit aller Gewalt Pappen entzwei. Es machte ein lautes, bösartiges Geräusch, das im engen Hof hallte.
Jetzt trampelte sie mit ihren schwarzen Schnürstiefeln auf den Pappen herum. Wenn sie eine Hexe wäre, dachte ich, könnte sie die Kartons ganz ohne dieses Getöse in die Tonnen zaubern. Nein, eine echte Hexe war sie niemals.
Kurz danach kam Mama nach Hause.
»Na, wie war’s in der Schule?«, fragte sie.
»Unsere Sonnenblumen sind mickrig. Sie brauchen so viel Wasser. Wir kommen mit dem Gießen nicht hinterher.«
»Wären denn deiner Meinung nach andere Pflanzen besser?«
»Weiß nicht. Sonnenblumen sind an sich schon gut, weil sie sehr unempfindlich sind. Aber vielleicht müsste man etwas anpflanzen, das Trockenheit besser aushält, so was wie Fetthenne, Königskerze, Wollziest. Das habe ich auch am Anfang des Wettbewerbs vorgeschlagen. Aber alle waren für Sonnenblumen.«
Mama tätschelte mir die Haare. »Ach, Moritz, mein Schatz.«
Ich drehte meinen Kopf ein bisschen weg, Mamas Hände waren feucht.
»Iiih, du schwitzt.«
»Entschuldige.«
»Wusstest du«, fuhr ich fort, »dass Sonnenblumen gar nicht in Europa heimisch sind?«
»Ach! Aber es gibt sie doch schon seit Jahrhunderten.«
»Helianthus annuus kommt ursprünglich aus der Gegend um Mexiko und kam etwa 1510 nach Europa. Um 1800 wurden in Russland erstmals Sonnenblumen gezüchtet, um das Öl zu gewinnen.«
Mama schüttelte den Kopf.
»Was du alles weißt!«
Das war das Schöne an Mama. Bei ihr musste ich mich nie schämen, mein unmögliches Nerdwissen zu verbreiten. Ich kippte ein Glas Leitungswasser in mich hinein. Mama auch.
»Aber dass ihr kein Hitzefrei hattet?«, sagte sie dann.
Ich winkte ab. »Der Schulleiter hat das Thermometer in den Keller gehängt.«
»Ah. Und sonst? Schule und so?«
»Na ja. Dennis ist blöd.«
»Das war er ja schon immer, oder?«
Wegen der Frühschicht hatte Mama nachmittags Zeit und wir gingen ins Freibad. Als wir abends zurückkamen, hockte Juna auf den Stufen vor unserer Etage und spielte auf ihrem Handy.
»Hast du dich ausgesperrt?«, fragte Mama sie.
»Nein, ich sitz hier bloß.«
»Ist das nicht langweilig?«
»Spannender als in der Wohnung. Hier kommt wenigstens ab und zu wer vorbei. Außerdem ist es kühler.«
»Das ist ein Argument«, sagte Mama und schloss die Tür auf.
»Mama, darf ich bis zum Essen noch ein bisschen mit Juna spielen?«
»Du meinst, mit Junas Handy … Ja, mach nur.«
Ich setzte mich zu Juna auf die Stufen. »Was spielst du?«
»Ach, dies und das.«
»Darf ich auch mal?«
»Ja, von mir aus.« Juna hielt mir ihr Handy hin. Es hatte einen Sprung im Display und sah auch sonst ziemlich ramponiert aus.
Während ich spielte, hockte Juna neben mir und wippte mit dem linken Fuß. Dann mit dem rechten. Dann gähnte sie.
»Was wohl passiert, wenn man Löcher in die Luft starrt?«, fragte sie nach einer Weile.
»Hä?« Ich flog zu Boden und zerschellte. You failed.
»Ich meine, was passiert da?«, fragte Juna.
»Vielleicht entsteht ein Vakuum«, schlug ich vor.
»Ein was?«
»Vakuum. Ein Raum ohne Luft.«
»Hm, interessant. Und was meinst du, wie groß wäre der wohl, dieser Raum? 30 Zentimeter oder bloß einen Millimeter? Und welche Form hätte das Loch, das entsteht?«
»Rund natürlich«, sagte ich.
»Warum?«