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Eine mörderische Silvesterparty...
Neujahr rückt näher, und Kat und Harry sind zu einer exklusiven Party nach Schottland unterwegs: Der amerikanische Filmmogul Jack Garner lädt auf die imposante Burg Inverdoran Castle in den Highlands ein! Doch kurz nach ihrer Ankunft isoliert ein heftiger Schneesturm die Burg von der Außenwelt. Während sich Kat und Harry mit den anderen Gästen bekannt machen, wird ihnen schnell klar, dass in der gehobenen Gesellschaft jeder seine Geheimnisse hat. Und auch ein seltsamer Unfall eines Gastes erweckt das Misstrauen der beiden Ermittler. Haben sie es hier mit einem Mordversuch zu tun? Können Lord und Lady Mortimer rechtzeitig herausfinden, was hier in den verschneiten Bergen gespielt wird, bevor noch jemand in tödliche Gefahr gerät?
Ein glamouröses Ermittlerduo, ungewöhnliche Verbrechen, schnelle Autos, schicke Kleider und rauchende Revolver - das ist Mydworth, die neue Serie von Matthew Costello und Neil Richards, den Autoren der britischen Erfolgsserie Cherringham. Sir Harry Mortimer, der ehemalige Spion im Dienste Seiner Majestät, ermittelt zusammen mit seiner umwerfenden Ehefrau Kat, die es mit jedem Bösewicht aufnehmen kann! Mydworth ist eine spannende Zeitreise ins England der 20er Jahre - für Fans von Babylon Berlin, Downton Abbey und Miss Fishers mysteriösen Mordfällen.
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Seitenzahl: 182
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Grußwort des Verlags
MYDWORTH – Ein Fall für Lord und Lady Mortimer. Die Serie
Über diese Folge
Die Hauptfiguren
Titel
1. Einen Monat zuvor
2. Alles einsteigen!
3. Wetterumschwung
4. Willkommen auf Inverdoran Castle!
5. Ein festlicher Spaß
6. Mord im Dunkeln
7. Eine Unterhaltung beim Frühstück
8. Enthüllte Geheimnisse
9. Geoffrey redet
10. Ein verschneiter Pfad
11. Der Blick vom Aussichtspunkt
12. Ein Festmahl und ein Feuerwerk
13. Ein klarer Fall von Mord
14. Zu nachtschlafender Zeit
15. Der Tatort
16. Der letzte Atemhauch der Nacht
Über die Autoren
In der nächsten Folge
Leseprobe
Impressum
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Ein glamouröses Ermittlerduo, ungewöhnliche Verbrechen, schnelle Autos, schicke Kleider und rauchende Revolver – das ist Mydworth, die neue Serie von Matthew Costello und Neil Richards, den Autoren der britischen Erfolgsserie Cherringham. Sir Harry Mortimer, der ehemalige Spion im Dienste Seiner Majestät, ermittelt zusammen mit seiner umwerfenden Ehefrau Kat, die es mit jedem Bösewicht aufnehmen kann! Mydworth ist eine spannende Zeitreise ins England der 20er Jahre – für Fans von Metropolis Berlin, Downton Abbey, und Miss Fishers mysteriösen Mordfällen.
Eine mörderische Silvesterparty...
Neujahr rückt näher und Kat und Harry sind zu einer exklusiven Party nach Schottland unterwegs: Der amerikanische Filmmogul Jack Garner lädt auf die imposante Inverdoran Castle in den Highlands ein! Aber kurz nach ihrer Ankunft gibt es einen heftigen Schneesturm, der die Burg komplett von der Außenwelt isoliert. Während sich Kat und Harry mit den anderen Gästen bekannt machen, wird ihnen schnell klar, dass in der gehobenen Gesellschaft jeder seine Geheimnisse hat. Doch ein seltsamer Unfall eines Gastes erweckt das Misstrauen der beiden Ermittler. Haben sie es hier mit einem Mordversuch zu tun? Können Lord und Lady Mortimer rechtzeitig herausfinden, was hier in den verschneiten Bergen gespielt wird, bevor noch jemand in tödliche Gefahr gerät?
Sir Harry Mortimer (32) kehrt nach langer Zeit im Ausland in seinen Heimatort Mydworth zurück. Der Sohn der wohlhabenden englischen Adelsfamilie hat als Pilot im Ersten Weltkrieg gekämpft und war danach zehn Jahre offiziell im diplomatischen Dienst tätig – in Wirklichkeit aber arbeitete Harry für den britischen Geheimdienst. Bei einem Einsatz in Kairo trifft er die wunderschöne Amerikanerin Kat Reilly, die ebenfalls verdeckt für ihre Regierung arbeitet. Die beiden verlieben sich und heiraten nach einer stürmischen Romanze. Das ungleiche Paar beschließt, zusammen nach England zu ziehen, um zur Ruhe zu kommen und sich dort ein beschauliches Leben aufzubauen. Aber es kommt anders als geplant ...
Kat Reilly (32) kommt aus einer anderen Welt als ihr adliger Ehemann. Sie stammt aus New York und ist in ärmlichen Verhältnissen in der Bronx aufgewachsen. Aber sie ist tough, intelligent und abenteuerlustig. Sie erkämpft sich ein Stipendium an der Universität, arbeitet im Ersten Weltkrieg als Krankenschwester auf den Schlachtfelder Frankreichs und wird dann vom amerikanischen Außenministerium rekrutiert. Ihr scharfer Humor und ihre modernen Ansichten bringen frischen Wind in das verschlafene Mydworth. Aber an ihre Rolle als Lady Mortimer muss sie sich erst noch gewöhnen ...
MATTHEW COSTELLONEIL RICHARDS
Mord in den Highlands
Aus dem Englischen von Sabine Schilasky
Geoffrey Sayles blickte zu seinem älteren Kollegen Peter Neville, als sich die Aufführung von The Lady from Paris dem Ende näherte.
Zwar waren Nevilles Fall eher die Opern, er war Stammgast in Covent Garden, doch er schien diese Vorstellung ebenso zu genießen wie Geoffrey. Da war ein strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht.
Und inzwischen füllte sich die gesamte Drury Lane – die berühmte und historische Theatre Royal-Bühne, als die sie allenthalben bekannt war – mit sämtlichen Mitwirkenden, während die Hauptdarsteller auf einem erhobenen Bühnenteil erschienen und hinter ihnen langsam die Silhouette der Pariser Skyline nach oben gezogen wurde.
Und was für großartige Hauptdarsteller, dachte Geoffrey.
Die Kritiken waren gut, die Vorstellungen regelmäßig ausverkauft. Die Musik war so leicht und süffig wie Champagner. Und die Solistin, diese Lucille Young?
Was für eine Stimme!
Welch ein Talent!
Sie würde ein Star werden, keine Frage. Laut dem Programm war sie für noch mehr Westend-Musicals angefragt, und da ihr neuer Film nächstes Jahr in die Kinos kommen sollte, war ihr eine große Karriere so gut wie sicher.
Das Orchester schmetterte sich durch das romantische Finale. Und die Tänzerinnen – die vorgaben, aus dem skandalösen Folies Bergère zu sein, sich hier indes sehr viel schicklicher kleideten – warfen die Beine zu dem letzten Lied über junge Liebe in der sagenumwobenen Stadt der Lichter in die Höhe.
Alles ganz famos, dachte Geoffrey. Die Besetzung genoss dieses Spektakel aus Musik, Licht und Tanz eindeutig genauso sehr wie das Publikum.
Nun schwoll die Musik an, und Lucille Young und ihr Co-Star – ein recht gut aussehender Bursche, der neben ihr jedoch fast unsichtbar war – hatten ihr letztes Solo, bei dem der Chor für einen Moment verstummte.
Ihre Stimmen stiegen in die Höhe ... Und auf dem Gipfel stimmten alle anderen zum großen Finale mit ein.
Donnernder Applaus erklang, der rote Brokatvorhang rauschte nach unten, und alle im Theater standen auf und klatschten, als wäre es viel zu schnell vorbei gewesen.
Danach wurden die Darsteller und sonstigen Beteiligten immer wieder vor den Vorhang zurückgerufen. Der Regisseur, Freddie Francis – selbst ein aufgehender Stern am Theaterhimmel –, verneigte sich höflich und bat sogar den Dirigenten aus dem Orchestergraben nach oben, um sich applaudieren zu lassen.
Und schließlich war es vorbei.
Das Publikum strömte aus dem Theater, und die Leute unterhielten sich angeregt, teilten ihre persönlichen Ansichten zu dieser großartigen Vorstellung, und überall wurde gelächelt.
Geoffrey und Neville traten hinaus auf die belebte Russell Street, in der es an diesem Dezemberabend von Theaterbesuchern nur so wimmelte.
»Und, was meinst du?«, fragte Geoffrey.
»Ich bin entzückt«, antwortete Neville. »Und gut gemacht, mein Bester. Wie ich im Büro hörte, warst du eine treibende Kraft, was unsere Investition in die Revue anging.«
»Ach, du kennst es ja«, entgegnete Geoffrey so bescheiden wie möglich. »Es war pures Glück, dass die Sache auf meinem Schreibtisch landete, weiter nichts.«
»Unsinn«, sagte Neville und klopfte ihm auf die Schulter. »Damit hast du die Chefetage eindeutig auf dich aufmerksam gemacht.«
Geoffrey fragte sich, ob er einen scharfen Unterton wahrnahm, und sah Neville an. Obgleich der andere in der Handelsbank eher für den aufregenden neuen Filmbereich zuständig war, nicht für das traditionelle Theater, wollte Geoffrey nicht, dass er ihn als Rivalen auf dem Weg zu einer Partnerschaft sah. Im Büro hieß es, dass man sich mit Neville lieber gut stellen sollte.
Und die Gratulation schien ernst gemeint zu sein.
»Ich könnte uns einen Besuch hinter der Bühne organisieren. Die Stars kennenlernen? Lucille Young? Freddie Francis?«
Doch Neville schüttelte lächelnd den Kopf. »Furchtbar nett von dir, aber nein, ich denke nicht. Ich behalte sie alle lieber so in Erinnerung, wie wir sie eben gesehen haben: sich auf den Straßen von Paris die Seele aus dem Leib singend.«
Geoffrey war ein klein wenig enttäuscht, dass sein Angebot abgelehnt wurde. Besuche hinter der Bühne waren stets so besonders und spaßig. Für ihn waren sie eines der Privilegien seiner Tätigkeit in der kleinen Nische der Theaterfinanzierung.
Plante Neville anderes für den Rest des Abends?
Offensichtlich.
»Was hältst du von einem Absacker im Savoy? Um die kühle Nachtluft zu verscheuchen?«
Geoffrey schluckte. Er war erst ein einziges Mal auf Drinks im Savoy gewesen, und es hatte ihn mehr als eine Wochenmiete gekostet! Trotzdem nickte er, als wäre er dort Stammgast. »Glänzende Idee! Ich meine, wie kann man zur Bar im Savoy Nein sagen?«
»Genau!«
Sie bogen in die Catherine Street ein, wo die Weihnachtsbeleuchtung funkelte, und bahnten sich ihren Weg durch die sich auflösende Menge zur Strand und der, Geoffreys Meinung nach, besten Bar im besten Hotel der Hauptstadt.
So lässt sich's leben, dachte Geoffrey. Doch allzu bald waren die Brandys getrunken. Er überlegte, ob vielleicht noch eine Runde in Ordnung wäre – ein bisschen was ging noch –, als er bemerkte, wie Neville auf die Uhr schaute.
»Nun ja«, sagte Neville, der sein Glas leerte. »Leider wird es etwas spät für mich. Ich trolle mich mal lieber nach Hause.«
Geoffrey hatte es genossen, an diesem Tisch zu sitzen: Die festliche Dekoration hatte Charme, um sie herum plauderten elegante Menschen, und in der Nähe spielte jemand Klavier. Es gab Geoffrey das Gefühl, dass er, der mehr als bescheidene Wurzeln in Manchester hatte, es weit gebracht hatte. Und was schadet diese Extravaganz schon, wenn sie einem Nevilles Wohlwollen sicherte?
Er teilte sich die Rechnung mit seinem Kollegen, und gemeinsam verließen sie das Savoy und gingen zur Strand. Auf der breiten Straße war es inzwischen ruhiger, da die Läden und Restaurants geschlossen hatten, und nur hin und wieder tuckerte ein Taxi vorbei.
»Willst du zur Charing Cross?«, fragte Neville, als sie ihre Mäntel zuknöpften, um sich vor der nächtlichen Kälte zu schützen.
Geoffrey war froh, dass er seinen Seidenschal hatte. »Ja, ich wohne immer noch südlich vom Fluss«, antwortete Geoffrey. Bevor er sich eine schicke Wohnung in Albany leisten konnte wie Neville, brauchte er dringend eine Beförderung. »Ich müsste gerade noch die letzte Bahn erwischen.«
»Ich begleite dich«, sagte Neville. »So bekomme ich einen klaren Kopf nach den Brandys.«
Sie überquerten die Straße, weil Neville sich Zigaretten aus dem Automaten an der Ecke ziehen wollte. Dann schlenderten sie die Strand hinunter.
Einige Minuten gingen sie und unterhielten sich über Büroangelegenheiten und ausstehende Abschlüsse. Die feierliche Stimmung des Abends wich bereits den Vorbereitungen auf einen neuen Tag in der City.
Geoffrey war sogar recht offen mit seinen Ansichten!
Sie erreichten Heathcock Court, eine kleine Seitengasse neben dem Adelphi Theatre, und Neville blieb stehen.
»Tja, mein Bester, ich denke, ich biege hier ab«, sagte er. »Es ist eine Abkürzung zu mir nach Hause.«
Geoffrey spähte in die enge Gasse mit den hohen Ziegelmauern zu beiden Seiten. Eine einsame Gaslaterne bot kaum mehr ein Flackern; der Glühdraht schien den Geist aufzugeben.
Und die Dunkelheit war unheimlich.
»Bist du sicher?«, fragte er skeptisch. »Es sieht ziemlich ...«
»Unsinn«, fiel Neville ihm lachend ins Wort und schüttelte Geoffrey die Hand. »Hier gehe ich dauernd entlang. Vielen Dank für den Abend. Ich muss mich sehr bald mal revanchieren.«
»War mir ein Vergnügen, Peter. Es hat Spaß gemacht.«
Neville lächelte, und Geoffrey blickte ihm kurz nach, als er in der finsteren Gasse verschwand.
Dann setzte er seinen Weg fort und hoffte, dass er seine Bahn nicht verpassen würde. Er war zufrieden damit, wie der Abend verlaufen war.
Doch er war erst wenige Schritte weit gekommen, als er einen erstickten Schrei hörte.
Geoffrey blieb stehen. Wahrscheinlich nichts, dachte er. Ein Geräusch in der Nacht. Jemand, der zu tief ins Glas geschaut hatte und gestolpert war.
Aber er hörte es wieder, lauter, und es kam aus der Gasse, in die Neville eben eingebogen war.
Geoffrey drehte sich um und eilte zügig zurück. Als er wieder einen Schrei vernahm, lief er los – hinein in die Seitengasse. Er konnte lediglich zwei Umrisse ausmachen. Eine Person lag am Boden, die Arme nach oben gereckt, und ein Mann war über sie gebeugt. Und etwas in der rechten Hand des Mannes fing das spärliche Licht ein.
Geoffrey Sayles hielt sich gemeinhin nicht für einen mutigen Mann.
Vielen Nächte an der Front, vor Jahren in Belgien, hatte er wach gelegen, wie gelähmt vor Angst, wenn er daran dachte, was der nächste Tag an Kampf und Blutvergießen bringen würde.
Doch er wusste, dass er hier keine Wahl hatte.
Er lief in die Dunkelheit auf die Gestalt zu und rief, so laut und energisch er konnte: »Sie da! Lassen Sie den Mann! Sofort!«
In der schmalen Gasse hallte seine Stimme zwischen den Gebäuden zu beiden Seiten. In den Wohnungen oben müsste es zu hören sein, und besaß dort jemand ein Telefon, könnte derjenige vielleicht sogar die Polizei rufen.
Nevilles Angreifer hatte das Gesicht verhüllt, obwohl er in diesem spärlichen Licht ohnehin kaum zu erkennen gewesen wäre.
Für einen Moment stellte Geoffrey sich vor, dass der Mann sich umdrehte und mit seinem Messer auf ihn losgehen würde.
Doch sein Brüllen hatte bewirkt, dass die Szene vor ihm gefror. Und Geoffrey ergänzte sicherheitshalber, damit der Schurke sich sein Tun noch einmal überlegte: »Die Polizei ist gerufen und wird jede Minute hier sein!«
Weil er nicht wusste, was er tun sollte, hob Geoffrey die angewinkelten Arme und ballte die Fäuste wie ein Boxer im Ring, der auf das Zeichen wartete.
Zu seinem Erstaunen wich der Mann tatsächlich einen Schritt zurück. Dann noch einen, ehe er sich umdrehte und die Gasse hinunterlief. Bald war er nicht mehr zu sehen.
Geoffrey blickte nach unten und sah Neville, der sich nun aufgesetzt hatte. Er stützte sich mit einem Arm ab, den Rücken an eine Mauer gelehnt.
»Ich muss sagen, Geoffrey, dein Gespür für den richtigen Zeitpunkt ist tadellos. Das war verdammt knapp, was?«
Geoffrey ging auf die sehr viel hellere Strand zurück, wohin Neville ihm folgte. Es war spät und kaum noch Betrieb auf der Straße.
»Ich werde dich nach Hause begleiten, Peter. Um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist.«
Doch Neville schüttelte den Kopf. »Ach, mir passiert nichts. Aber was wird dieser Tage nur aus London? Rowdies und Raufbolde im West End? Nur einen Katzensprung vom Savoy entfernt? Diese Stadt geht vor die Hunde.«
Geoffrey schmunzelte. Anscheinend hatte sein Kollege den Überfall bereits verwunden.
»Wenigstens hat er meine Brieftasche nicht bekommen!«
Aber Geoffrey sah, dass Neville sich die Seite rieb. »Sein Schlag hier war nicht von schlechten Eltern. Ich denke, da habe ich morgen früh einen hässlichen blauen Fleck.«
Geoffrey nickte. »Meinst du, er war auf Geld aus?«
»Oh, das nehme ich an. So ein Kerl? Der lauert in dunklen Hauseingängen in einer Gasse, um Unschuldige wie mich anzufallen und sie ihrer Habe zu erleichtern.«
»Aber, Peter, das Messer. Er hätte ...«
Doch Neville hob eine Hand. »Tja, nun ja, ich danke dir. Mir geht es gut.«
»Willst du morgen zur Polizei gehen?«
»Ganz sicher nicht. Die Tortur brauche ich nicht. All die dummen Fragen beantworten, Formulare ausfüllen ... Und wozu? Ich kann ja nicht einmal sagen, wer mich angegriffen hat.«
»Aber das Messer? Was, wenn er wirklich ...?«
»Tja, dank dir, mein Guter, hatte er dazu ja keine Gelegenheit. Jedenfalls ... Ich habe meine Lektion gelernt. In Zukunft werde ich vorsichtig sein – zumindest wenn ich spätabends in weniger frequentierten Straßen unserer Stadt unterwegs bin.«
Und nun kam Geoffrey ein Gedanke: Könnte Neville eine andere Form von Zerstreuung zum Abschluss des Abends gesucht haben?
Schließlich kannte er den Mann nicht besonders gut.
Diese Gasse führte in die Richtung von Nevilles Wohnung, allerdings könnte sie auch eine Abkürzung zu den zwielichtigen Straßen von Soho sein.
Und als sie auf der hell erleuchteten Straße standen und im Begriff waren, sich abermals voneinander zu verabschieden, trat Neville einen Schritt näher auf Geoffrey zu.
»Also, Geoffrey, keine Polizei. Es ist sinnlos, ja? Und ich wäre dankbar, wenn hiervon nichts bekannt werden würde.«
»Aber ... warum? Du hast doch nichts getan, das ...«
Peter hob rasch eine Hand. »Natürlich nicht! Ich weiß. Dennoch. Ein solcher Angriff und die Leute mit ihren Fragen? Es wäre das ideale Futter für den Bürotratsch. Ich möchte es einfach vergessen, ja? Froh sein, dass du meinen Schrei gehört hast und zu meiner Rettung gekommen bist. Einverstanden?«
Rasch nickte Geoffrey. »Selbstverständlich. Ganz wie du willst.«
Neville legte eine Hand auf seine Schulter. »Aber danke. Du warst buchstäblich mein Lebensretter.«
»Ach, ich habe nur getan, was jeder getan hätte«, entgegnete Geoffrey.
»Tja, ich werde es nicht vergessen«, sagte Neville. »Da fällt mir etwas ein. Was hast du an Silvester vor?«
»Silvester?«, fragte Geoffrey, der keine Pläne hatte. »Ähm, na ja ...«
»Lust auf einen Ausflug in die Highlands? Ich bin zur Party eines Kunden eingeladen und darf jemanden mitbringen. Wie wäre es, wenn du mich begleitest? Ich habe vor, ein kleines Geschäft abzuwickeln, und du könntest mir mit dem Papierkram helfen.«
»Ah, das ist, ähm, sehr nett von dir«, antwortete Geoffrey, der sich bemühte, seine Freude nicht allzu sehr durchblicken zu lassen.
»Hervorragend!«, sagte Neville. »Meine Sekretärin bucht dir die Reise.«
Und mit diesen Worten wandte er sich ab und marschierte in Richtung Piccadilly.
»Nochmals gute Nacht, Geoffrey, mein Kampfgefährte!«
Und Geoffrey rief nach diesem recht ungewöhnlichen Abend zurück: »Gute Nacht, Peter!«
Dann drehte er sich um und eilte zum Bahnhof Charing Cross, während ihm beunruhigende Gedanken durch den Kopf gingen.
Warum will Neville den Vorfall so dringend geheim halten?
War sein Angreifer wirklich nur auf sein Geld aus? Oder ... ging es doch um etwas anderes?
Doch er dachte wieder an die Silvesterreise in die Highlands, und all die besorgniserregenden Fragen verpufften in der Londoner Nacht.
Kat hakte sich bei Harry ein, als sie dem Gepäckträger folgten, dessen Karren mit ihrem Gepäck hochbeladen war. Sie waren von ihrer kleinen Wohnung in Bloomsbury zum Bahnhof King's Cross geeilt, wo hektische Betriebsamkeit herrschte.
Solche Menschenmassen hatte Kat noch nie gesehen. Nur noch ein Tag bis Silvester, und anscheinend hatte halb London beschlossen, die wunderbare Stadt rechtzeitig zur Feier zu verlassen.
Oder sie wollen die Feierlichkeiten vielleicht ganz meiden.
»Es erinnert mich an Thanksgiving, Harry. An den Betrieb in der Grand Central und der Penn Station ...«
»Oh, ich entsinne mich, dass wir an denen in New York vorbeigekommen sind, nicht wahr? Riesig! Wie die Pyramiden. Wenn wir das nächste Mal dort sind ...«
Doch weiter kam er nicht, denn der Gepäckträger fragte: »Wollen Sie zum Hauptzug, Sir?«
Kat verstand die Frage nicht, aber Harry antwortete: »Ja, möchten wir.«
Der Gepäckträger nickte. »Bis nach Fort William, Sir?«
»Nein, wir steigen in Tyndrum aus.«
»Macht keinen Unterschied, Sir. Immer noch der Hauptzug. Ich gebe acht, dass ihr Gepäck an der richtigen Stelle steht ... und sicher mitkommt.«
Der Gepäckträger bahnte ihnen forsch den Weg, und sie folgten ihm durch eine Schranke – zusammen mit anderen betuchten Fahrgästen, die über den Bahnsteig zu ihren Abteilen gingen. Der Gepäckträger lud ihre Koffer ab und steckte das Trinkgeld ein, das Harry ihm gab, während er schon davoneilte.
Kat blieb dicht bei Harry, als sie an einem Waggon nach dem anderen vorbeischritten. Der eisige Winterwind pfiff durch den Bahnhof, und Rauch und Dampf stiegen aus der großen Lok vorn zu der Dachkuppel aus Stahl und Glas hoch über ihnen auf.
»Bin ich froh, dass du die Sprache beherrschst, Harry.«
»Oh ja. Und dabei ist es das erste Mal, dass ich diesen besonderen Zug nehme – den mächtigen Highlandman.«
Bald waren sie bei ihrem Schlafwagen in der ersten Klasse angekommen, wo ein Zugbegleiter in Uniform und Mütze lächelnd alle Passagiere zu ihren exklusiven, hochpreisigen Abteilen führte.
»Ich denke«, sagte Harry, »es wird dir gefallen.«
»Alles zu Ihrer Zufriedenheit, Sir Harry, Lady Mortimer?«, fragte der Zugbegleiter.
Ja, Kat fand es sehr hübsch: ein Bett mit blütenweißen Laken und karierten Decken, ein bequemer Sessel, ein kleiner Schreibtisch und sogar eine Toilette. Alles recht gut ausgestattet, allerdings ...
»Harry, das Bett ...«
»Ah, Ma'am, ich kann Sie beruhigen. Sie haben selbstverständlich zwei Kabinen nebeneinander. Die Verbindungstür kann geöffnet oder geschlossen sein, ganz wie Sie belieben. Oh, und darf ich Ihnen vielleicht einen Tisch im Speisewagen reservieren? Es kann dort recht voll werden.«
Kat besichtigte noch die andere Kabine und fand, so heimelig dieser Nachtzug in die schottischen Highlands auch anmutete, würde es mit getrennten Betten nicht ganz so gemütlich werden.
Nun ja, dachte sie, an Kreativität mangelt es uns ja nicht.
Harry hob ihre Reisekoffer in ein Netz über ihnen, drehte sich zu Kat um und hielt diesen Moment auf die Art fest, wie er es manchmal tat. Eine Art, die sie stets genoss. Er sah sie an, als hätte er mit ihr als Ehefrau das große Los gezogen.
»So gern ich auch noch bliebe, Lady Mortimer, glaube ich, dass sie mit dem Servieren des Dinners bei Abfahrt beginnen, und ich könnte einen Gin Tonic vertragen.«
»Oh, ich auch«, sagte Kat.
In diesem Augenblick hörte sie den Pfiff, gefolgt vom lauten Zuschlagen der Türen, und dann setzte sich der Zug mit einem Ruck und einer gewaltigen Dampfwolke aus der Lok in Bewegung.
Kat lief zum Fenster auf dem Gang, Harry direkt an ihrer Seite, und sah, wie der Bahnsteig vorüberglitt.
»Es geht los«, sagte Harry.
»Highlands, wir kommen!«, stimmte Kat ein.
»Eine echte Hogmanay-Feier.«
»Hog...?«
»Oh, entschuldige. Es ist das schottische Wort für Silvester.«
»Ah, verstehe. Es wird gewiss lustig.«
Nachdem sie sich geküsst hatten, kehrten sie in ihre Kabinen zurück, um sich zum Dinner umzuziehen.
Nur Minuten später, als der großartige Zug die Vororte Londons hinter sich gelassen hatte und gen Norden in die Nacht rauschte, machten sich Kat und Harry auf zum Speisewagen.
Kat trug einen modischen Rock und eine weiße Bluse mit einer passenden Jacke in ihrer Lieblingsfarbe – Königsblau – sowie eine edle, aber unauffällige Perlenkette, die Harry ihr zu Weihnachten geschenkt hatte.
Es sollte für den eleganten Speisewagen genügen, hoffte sie.
Zwar war sie schon oft auf dem Kontinent erster Klasse gereist, doch sie war gespannt, wie es in einem britischen Speisewagen zugehen würde – und ein Cocktail konnte auch nicht schaden.