4,99 €
Der junge Ewan Mackay segelt in einer stürmischen Nacht zu einem geheimnisvollen Wrack aufs Meer hinaus - und kehrt nicht wieder zurück. Die Polizei geht von einem tragischen Unfall aus. Doch Ewans Vater ist nicht überzeugt und bittet Harry und Kat, Nachforschungen anzustellen. Schon bald stoßen sie auf dunkle Geheimnisse um diese Nacht - und auf Menschen, die dem jungen Mann Böses wünschten. Und je näher die beiden Hobbydetektive des Rätsels Lösung kommen, desto größer wird die Gefahr, in die sie sich begeben ...
Ein glamouröses Ermittlerduo, ungewöhnliche Verbrechen, schnelle Autos, schicke Kleider und rauchende Revolver - das ist Mydworth, die neue Serie von Matthew Costello und Neil Richards, den Autoren der britischen Erfolgsserie Cherringham. Sir Harry Mortimer, der ehemalige Spion im Dienste Seiner Majestät, ermittelt zusammen mit seiner umwerfenden Ehefrau Kat, die es mit jedem Bösewicht aufnehmen kann! Mydworth ist eine spannende Zeitreise ins England der 20er Jahre - für Fans von Babylon Berlin, Downton Abbey und Miss Fishers mysteriösen Mordfällen.
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 162
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Grußwort des Verlags
MYDWORTH – Ein Fall für Lord und Lady Mortimer. Die Serie
Über diese Folge
Die Hauptfiguren
Titel
1. Die letzte Runde
2. An der Pier
3. Die Gartenparty
4. Ein überraschendes Ereignis
5. Littlehampton
6. Enthüllungen
7. Ein denkwürdiger Abend am Meer
8. Der Littlehampton Sailing Club
9. Crown and Anchor
10. Die Auseinandersetzung auf Ropers Farm
11. Heim nach Mydworth
12. Überraschungsbesuch
13. Das Wrack
14. Jaggers Geheimnis
15. Mitternacht
16. Der letzte Akt in Stoke Manor
17. Die Boreas
Über die Autoren
In der nächsten Folge
Impressum
Liebe Leserin, lieber Leser,
vielen Dank, dass du dich für ein Buch von beTHRILLED entschieden hast. Damit du mit jedem unserer Krimis und Thriller spannende Lesestunden genießen kannst, haben wir die Bücher in unserem Programm sorgfältig ausgewählt und lektoriert.
Wir freuen uns, wenn du Teil der beTHRILLED-Community werden und dich mit uns und anderen Krimi-Fans austauschen möchtest. Du findest uns unter be-thrilled.de oder auf Instagram und Facebook.
Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich auf be-thrilled.de/newsletter für unseren kostenlosen Newsletter an.
Spannende Lesestunden und viel Spaß beim Miträtseln!
Dein beTHRILLED-Team
Melde dich hier für unseren Newsletter an:
Ein glamouröses Ermittlerduo, ungewöhnliche Verbrechen, schnelle Autos, schicke Kleider und rauchende Revolver – das ist Mydworth, die neue Serie von Matthew Costello und Neil Richards, den Autoren der britischen Erfolgsserie Cherringham. Sir Harry Mortimer, der ehemalige Spion im Dienste Seiner Majestät, ermittelt zusammen mit seiner umwerfenden Ehefrau Kat, die es mit jedem Bösewicht aufnehmen kann! Mydworth ist eine spannende Zeitreise ins England der 20er Jahre – für Fans von Metropolis Berlin, Downton Abbey, und Miss Fishers mysteriösen Mordfällen.
Der junge Ewan Mackay segelt in einer stürmischen Nacht zu einem geheimnisvollen Wrack aufs Meer hinaus – und kehrt nicht wieder zurück. Die Polizei geht von einem tragischen Unfall aus. Doch Ewans Vater ist nicht überzeugt und bittet Harry und Kat, Nachforschungen anzustellen. Schon bald stoßen sie auf dunkle Geheimnisse um diese Nacht – und auf Menschen, die dem jungen Mann Böses wünschten. Und je näher die beiden Hobbydetektive des Rätsels Lösung kommen, desto größer wird die Gefahr, in die sie sich begeben ...
Sir Harry Mortimer (32) kehrt nach langer Zeit im Ausland in seinen Heimatort Mydworth zurück. Der Sohn der wohlhabenden englischen Adelsfamilie hat als Pilot im Ersten Weltkrieg gekämpft und war danach zehn Jahre offiziell im diplomatischen Dienst tätig – in Wirklichkeit aber arbeitete Harry für den britischen Geheimdienst. Bei einem Einsatz in Kairo trifft er die wunderschöne Amerikanerin Kat Reilly, die ebenfalls verdeckt für ihre Regierung arbeitet. Die beiden verlieben sich und heiraten nach einer stürmischen Romanze. Das ungleiche Paar beschließt, zusammen nach England zu ziehen, um zur Ruhe zu kommen und sich dort ein beschauliches Leben aufzubauen. Aber es kommt anders als geplant ...
Kat Reilly (32) kommt aus einer anderen Welt als ihr adliger Ehemann. Sie stammt aus New York und ist in ärmlichen Verhältnissen in der Bronx aufgewachsen. Aber sie ist tough, intelligent und abenteuerlustig. Sie erkämpft sich ein Stipendium an der Universität, arbeitet im Ersten Weltkrieg als Krankenschwester auf den Schlachtfelder Frankreichs und wird dann vom amerikanischen Außenministerium rekrutiert. Ihr scharfer Humor und ihre modernen Ansichten bringen frischen Wind in das verschlafene Mydworth. Aber an ihre Rolle als Lady Mortimer muss sie sich erst noch gewöhnen ...
MATTHEW COSTELLONEIL RICHARDS
Verschollen auf See
Aus dem Englischen von Sabine Schilasky
Ewan Mackay saß allein an einem Ecktisch im Crown and Anchor und blickte sich in dem Pub um. Es war Freitagabend und der Laden gut besucht, viele der Jungs hier hatten heute ihren Lohn bekommen. Sie tranken und lachten, als müssten sie sich nie wieder einem harten Tag auf der Farm oder einem kalten Morgen auf See stellen.
Die Wahl zwischen Pest und Cholera, dachte er. Diese Jobs waren Sackgassen – nichts als harte Arbeit und Schweiß –, die nirgendwohin führten. Wohingegen er auf einem, wie er oft dachte, wahrhaft vielversprechenden Weg war. Ihm blühte eine strahlende Zukunft. Aber er hatte anderes zu bedenken. Heute ging es um die Gegenwart, nicht um die Zukunft.
Er nahm einen Schluck von seinem Bier und schaute sich wieder um.
Ja – da ist sie.
Sie drängte sich mit einem Tablett unter dem Arm durch die Menge am hinteren Ende der Bar. Eine junge Frau mit traurigen Augen. Sie war der Grund, weshalb Ewan diesen eher schäbigen Pub aufgesucht hatte, anstatt einen der anderen in Littlehampton zu wählen.
Sally Mason.
Einige Abende zuvor hatte er nach ihrem Namen gefragt. Und nun schenkte sie ihm einen Blick, während sie von Tisch zu Tisch ging, leere Gläser einsammelte und sie auf ihrem Tablett stapelte. Ein sanftes, süßes Lächeln. Diese wunderschönen Augen – waren sie dunkelgrün? –, mit denen sie sich in dem vollen Lokal umschaute.
Sie war vorsichtig, wo sie hinsah, denn ihr Ehemann, der Wirt Clyde Mason, stand nur Meter entfernt an den Zapfhähnen.
Ewan vermutete, dass dieser Hüne von einem Mann – bedrohlich, stark, mit kräftigen Armen – nicht ahnte, wie einsam seine Frau wirkte, als sie in dem vollen Pub stand, und er beobachtete, wie Sallys Ehemann die Theke verließ, seiner Frau zu dem Tisch folgte und seine Faust auf die Platte schmettern ließ, sodass Sally zusammenfuhr. Dann packte er sie am Oberarm und riss sie herum.
Anscheinend wagte niemand außer Ewan, die Szene zu beobachten.
Mit einem Nicken seines massigen Kopfes rammte Clyde ihr einen Lappen in die Hand und befahl ihr unausgesprochen, diese »verdammten« Tische abzuwischen, sobald die Gläser abgeräumt waren.
Ewan wusste, dass Sally hier gefangen war: abwaschen, wischen, wienern. Die Gläser, die Tische, die Böden. Ein endloser Kreislauf.
Was für ein Leben!
Heute Abend empfand Ewan diese Einsamkeit, die Hoffnungslosigkeit und den verlorenen Blick ihrer Augen sogar noch stärker als je zuvor.
Und nun auch noch mitzuerleben, wie der Wirt die junge Frau behandelte?
Das ist zu viel.
Sally brachte die Gläser zur Bar und kehrte mit einem Lappen zu den Tischen zurück, wobei sie die unflätigen Bemerkungen einiger Trinker ignorierte ...
All das veranlasste Ewan, heute Abend etwas zu tun, was er noch nie getan hatte.
Im Schankraum wimmelte es noch von Arbeitern, die ihre Pints kippten, also könnte unbemerkt bleiben, was er vorhatte.
Er stand auf und ging hinüber zu Sally, die einen der Tische abwischte.
Sie riss die Augen weit auf, als er sich ihr näherte, und lehnte sich an einen Stützbalken.
»Na, ich muss sagen ... Sally, nicht wahr? Sie sehen heute Abend genervter aus, als ich Sie jemals zuvor erlebt habe.«
Sally zuckte mit den Schultern. »Ist bloß ein Freitagabend. Wie immer. All die Jungs, die sich betrinken.«
»Ja, das sehe ich«, sagte Ewan lächelnd. »Allerdings denke ich, wenn gleich die letzten Bestellungen aufgerufen werden, könnte es schwierig werden, Sie zum Gehen zu bewegen.« Ewan ließ Sally nicht aus den Augen. Diese Unterhaltung könnte riskant werden. »Ich habe das mit Ihrem Ehemann eben gesehen. Was er getan hat. Sie wissen schon. So sollte es nicht sein.«
Sally schien verwirrt. »Was meinen Sie? Wie sollte es nicht sein?«
»Dass er Sie behandelt, als wären Sie sein Eigentum. Dass er Sie so packt ...«
»Pst! Still. Was reden Sie denn?«
Ewan stockte. »Sie haben dieses Leben nicht verdient. Mit ihm. Das hat niemand.« Dann wagte er zu raten. »Ich wette, Sie würden gern gehen. Habe ich recht? Vielleicht sogar jetzt gleich? Einfach abhauen ... irgendwohin?«
Sie überlegte einen Moment, bevor sie nickte. Ewan hatte richtig geraten. Dann jedoch holte sie die Wirklichkeit ein. »Ich muss arbeiten. Mir bleibt keine andere Wahl. Es muss heute Abend geputzt werden. Das kann nicht bis morgen warten.«
»Tja, ich will ehrlich sein. Ich habe Sie beobachtet ... und ihn. Und sollten Sie einmal jemanden brauchen – mit dem Sie reden können –, ich höre gern zu, denn man sollte Ihnen zuhören.« Er meinte es ernst. Die Situation machte ihn wütend. In der heutigen Zeit hatten tyrannische Ehemänner keinen Platz mehr. »Sie verdienen Besseres als dies hier, Sally.«
Die junge Frau zögerte, dann schüttelte sie den Kopf, als wäre die bloße Vorstellung abwegig, dass es ein besseres Leben für sie geben könnte.
Plötzlich sah Ewan, wie Sallys Blick nach rechts und nach oben abschweifte.
Wie es das Glück oder das Schicksal wollte, ahnte Ewan bereits, wer eben hinter ihm aufgetaucht war. Er drehte sich langsam um.
»Was zum Teufel soll das hier werden?«
Es war ein starker Akzent, eine Mischung aus dem Arbeiterdialekt von Sussex und dem typischen Nuscheln der hiesigen Küstenbewohner. Der Mann hatte seine kräftigen Arme, die sonst den Zapfhahn bedienten, vor der Brust verschränkt.
Und die sehen wahrlich stark aus.
»Ich unterhalte mich nur, sonst nichts. Sie sind vorhin ein bisschen grob zu ihr gewesen, was, alter Knabe? Ein großer Kerl wie Sie! Das ist nicht richtig.« Ewan haderte mit seinen nächsten Worten, doch dann dachte er: Was solls? »Sally hier hat etwas Besseres verdient, als ihr Leben in einem verqualmten Pub zu verbringen und sich von Ihnen herumscheuchen zu lassen.«
Ewan schaute zu Sally, in deren Gesicht sich nun blankes Entsetzen spiegelte. Das brachte ihn auf den Gedanken, dass er sich vielleicht mehr Sorgen machen sollte, als er es gegenwärtig tat.
Und als er wieder zu Clyde blickte, um das Gespräch fortzusetzen, sah er eine dicke Faust auf sich zufliegen. Ihm blieb keine Zeit, sich wegzuducken, auszuweichen, zu parieren oder irgendetwas von dem zu tun, was er in den Boxstunden an der Universität gelernt hatte.
Nein. Die Faust landete direkt und sehr hart links auf Ewans Mund, sodass er nach hinten fiel und von einigen Männern aufgefangen wurde, die näher gekommen waren, um sich das Spektakel anzusehen.
Eine Kneipenschlägerei!
Ewan spürte Nässe. Seine Lippe war aufgeplatzt und blutete. Und sein Kopf fühlte sich auch nicht gut an. Er rappelte sich so schnell wieder auf, wie er konnte.
Aus dem Augenwinkel sah er, dass Sally ihren Ehemann wütend anfunkelte. Vielleicht war es nicht der erste Zusammenstoß dieser Art, den sie bezeugte. Dann huschte sie zur Seitentür des Pubs, vorbei an der Lounge-Bar, die von den Damen genutzt wurde, wenn sie auch gern ein Bier wollten.
Nun war er also allein mit diesem Bären von Mann, Clyde Mason, der ihn ertappt hatte, wie er – das ließ sich nicht leugnen – mit seiner Ehefrau gesprochen hatte. Und ihr geraten hatte, sich zu überlegen, ob sie vielleicht von hier fortging.
Der Mann hat ein vernünftiges Argument!
Andererseits sollten jeder Großmut und jedes Verständnis nun lieber einer primitiveren Regung weichen: Selbstverteidigung.
Ewan hob die Fäuste und hieb einige Male auf Clyde ein, ohne Zeit zu vergeuden. Die ersten Faustschläge trafen nicht, bis auf einen festen, der auf Clydes steinharter linker Schulter landete.
Er reichte nicht aus, um den Mann zu Boden zu bringen, aber der Wirt torkelte ein wenig rückwärts, und jetzt ging es richtig los. Clyde schwang die Arme, und Ewan erkannte: Sollte ihn ein Schlag in der Nähe seines Kopfes treffen, wäre das ganz gewiss nicht gut.
Sie prügelten sich weiter, und die Männer um sie herum riefen durcheinander, bis ... jemand sich zwischen sie stellte. Es handelte sich um einen drahtigen, schmalen Mann.
»Clyde, der Gendarm ist auf dem Weg. Ich würde jetzt Schluss machen. Na komm schon!« Dann wandte sich der Drahtige, den Ewan nicht kannte, ihm zu. »Und Sie verschwinden lieber schleunigst von hier.«
Was alles in allem nach einer guten Idee klang.
Ewan konnte indes nicht widerstehen, noch ein letztes Wort an Clyde zu richten, während er schon die Arme herunternahm. »Später, ja? Das hier ist noch nicht vorbei.«
Nun hatte Ewan das Gefühl, seine Ehre gerettet zu haben, und bahnte sich einen Weg durch die Menge zur Tür.
Sally konnte er nicht sehen und folgerte, dass sie nach draußen gelaufen sein musste. Wahrscheinlich hatte sie genug davon, dass ihr Mann jedes Mal eine Prügelei anfing, wenn ein anderer sie auch nur ansah.
Allzu weit wird sie nicht sein. Vielleicht kann ich sie einholen. Noch ein wenig reden ...
Über die Zukunft, all die Möglichkeiten, die vor ihnen lagen, die sich verändernde Welt! Und darüber, dass man heutzutage nicht immer bleiben musste, wo man war.
Sally hatte sich nicht zu weit vom Pub entfernt, sondern den Weg durch die schmutzigen kleinen Gassen von Littlehampton in Richtung Küste eingeschlagen.
Ein ungemütlicher Wind war aufgekommen. Ewan war sich sicher, dass es ein Unwetter geben würde. Er hatte den Großteil seiner Jugend auf Booten verbracht und konnte nicht umhin, jedes Mal, wenn er vor die Tür trat, das Wetter zu lesen.
Dieser kalte Abend mit Windböen hatte zur Folge, dass die Straßen leer waren, weshalb es nicht lange dauerte, bis er Sally einholte.
Als sie Schritte hinter sich hörte, schaute sie sich um, wer ihr folgte. Zunächst schien sie nervös, doch dann, als sie ihn erkannte, wurde sie langsamer. »W-was machen Sie denn hier?«, fragte sie.
Und da sie weiterging, schritt Ewan neben ihr her. »Ich wollte mich nur vergewissern, dass mit Ihnen alles in Ordnung ist. Anscheinend habe ich Ihren Ehemann ein bisschen verärgert.«
»Mir geht es gut ... doch wie es aussieht, hat er Ihnen einen üblen Schlag verpasst, direkt auf den Mund.«
Ewan wischte sich über die Lippe, an der die Blutung bereits nachließ. Es war nichts, was er nicht bereits Dutzende Male auf dem Rugby-Feld eingesteckt hatte. »Ach das? Es braucht mehr, um mich von etwas abzuhalten.«
»Sie abhalten? Wovon?«
Sanft berührte er ihren Ellbogen, damit sie stehen blieb. »Wo wollen Sie hin? Nach Hause?«
»Sie haben eine komische Vorstellung von meinem Leben. Mein Zuhause sind die drei Zimmer über dem Pub, und eines von ihnen ist ein Lagerraum.«
»Und was tun Sie dann? Einfach nur laufen?«
»Spazieren gehen. Nachdenken.«
»Wie wäre es, wenn ich mit Ihnen komme? Ein kleiner Spaziergang entlang der Promenade, direkt am Meer, wo die Boote liegen? Ich wette, das ist heute Abend famos. Bei diesem Wind? Die Wellen dürften gegen die Kaimauer krachen, dass es einem den Atem raubt.«
»Ich möchte aber nicht, dass mir der Atem geraubt wird.«
Ewan lachte. »Na schön. Und was halten Sie davon, wenn Sie reden und ich zuhöre?«
Sally sah ihn direkt an, wie Ewan auffiel. Und ihm entging nicht, dass sie nicht gleich Nein gesagt hatte.
»Sie sind ja verrückt! Ich bin eine verheiratete Frau und gehe allein spazieren. Wenigstens konnte ich den verqualmten Pub hinter mir lassen!«
»Hören Sie, Sally, Ihr Ehemann wird noch eine ganze Weile zu tun haben, nicht wahr? Sehen Sie es einmal so: Sie dürfen für einige Minuten allem entkommen und einen netten, ruhigen Spaziergang im Dunkeln unternehmen. Was haben Sie zu verlieren?« Und da sah er es – ein Zögern in ihren Augen. Tatsächlich, dachte Ewan, ihr Alltag muss eine Mühsal sein, und vielleicht war »entkommen« genau der richtige Ausdruck gewesen. Sachte stupste er sie an und lächelte. »Warum nicht, Sally?«
Und endlich lächelte sie auch, was wundervoll aussah, wie Ewan fand.
»Also schön. Nur ein kurzer Spaziergang. Die Luft wird mir guttun. Aber schnell, ja?«
»Unbedingt!«
Dann hakte er ihre Hand in seine Ellbogenbeuge und wählte einen Weg durch die dunklen Straßen, in denen der Wind pfiff und die Bewohner wahrscheinlich längst in ihren Betten lagen.
Ewan führte Sally hinunter zur Promenade.
Was ist falsch daran, ihr ein anderes Leben vorzuschlagen?
»Wunderschön, nicht wahr?«, fragte er, als sie beide an der Brüstung des alten Musikpavillons lehnten. Unter ihnen lagen ein paar kleine Boote und Jollen, die zum Schutz vor den krachenden Wellen auf den Strand gebracht worden waren.
Da der Mond verdeckt war, war es sehr dunkel, und nur hier und da blinkten Sterne in den Lücken zwischen sich jagenden Wolken.
»Ja«, sagte Sally laut genug, dass er sie über das Wellenschlagen, den heulenden Wind und die bimmelnden Boote hinweg hören konnte. »Aber das Meer macht mir immer Angst, wenn es so ist wie jetzt.«
»Ich bezweifle, dass irgendwer heute Nacht da draußen ist.« Er schaute sie an. »Wie es aussieht, haben wir das alles für uns.« Er wartete, bis sie den Blick vom Meer abwandte. Die See warf einen Gischtschwall auf, dessen Schaumflocken im spärlichen Licht glommen.
Dann sah Sally zu ihm. »Mit Ihnen zu reden ... ist anders. Sie hören mir zu, verstehen Sie?«
»Das hoffe ich doch. Und ich möchte keine Schwierigkeiten machen, aber ich habe Sie gesehen ... die letzten Abende.«
Und da schenkte sie ihm ein kleines Lächeln. »Ich weiß! Und ich sah nicht allzu glücklich aus.«
»Ganz und gar nicht.«
Sie rührte sich nicht, sah ihn mit ihren waldgrünen Augen an, die jetzt sehr dunkel wirkten.
Doch er sorgte sich aufrichtig um sie, weshalb er ihren Blick hielt und sonst nichts. Ewan musste es nicht einmal aussprechen: Ich bin nicht wie die anderen.
Sally schien es zu verstehen. Dann sagte sie, eventuell mit einem Anflug von Enttäuschung: »I-ich gehe lieber wieder. Es wird spät.«
Er nickte, als würde er zustimmen, und drehte sich zurück zum Meer. »Ja, ich kann Sie zum Pub begleiten. Ich bin froh, dass wir hergekommen sind, und ...« Doch dann sah er etwas. »Was zum Teuf...?«
»Was ist? Was haben Sie?«
Er hob einen Arm und zeigte hin. »Sehen Sie das? Da draußen. Eine Meile oder so auf See. Ein Boot ohne Positionslichter.«
Ewan fahndete weiter nach den Umrissen, die in der unruhigen See kaum auszumachen waren.
»Ich sehe nichts ... Oh doch! Da!«
Wieder zeigte Ewan hin. »Die Stelle kenne ich gut. Dort liegt das Wrack der Occitania. Es ist mit einer Boje markiert. Keiner hat da draußen etwas verloren. Und es ist teuflisch gefährlich, dem Ding zu nahe zu kommen.« Er sah die junge Frau an. »Und ich weiß, dass den Leuten in dieser Gegend die Stelle ... na ja, fast heilig ist. All die verlorenen Seelen so nahe am Ufer.«
»Es ist kalt«, sagte Sally. »Ich sollte gehen.«
Sie hatte recht.
Der Wind hatte noch weiter aufgefrischt, doch er konnte sich gerade nicht so recht auf das Wetter konzentrieren, denn Ewan irritierte, was er sah: ein Boot, mitten in der Nacht – an einer Stelle, an der kein Boot sein sollte. Es war mysteriös. »Vielleicht sind sie in Not«, sagte er. Er wandte sich Sally zu und ergriff aufgeregt ihre Arme. »Meine Jolle liegt da unten am Strand. Ich könnte raussegeln und nachsehen, ob mit der Besatzung alles in Ordnung ist ... und die Leute fragen, was ihnen einfällt.«
Sally trat energisch zurück und schüttelte den Kopf. »Nein. Da raussegeln? Jetzt? Sie sind von Sinnen! In diesem Sturm? Und ich habe sogar gehört, dass es bei dem Wrack spukt!«
Ewan lachte. »Umso besser! Wir wollen ja nicht, dass irgendein Eindringling diejenigen stört, die in dem gesunkenen Schiff herumgeistern, oder?«
Sally trat noch einen Schritt zurück. »Sie sollten lieber nicht da raus. Es ist zu gefährlich. Ich muss gehen. Sofort!«
Ewan blickte wieder hinaus. Ja, er war immer noch da: der Umriss eines Bootes, nur Meter von der Boje entfernt. »Ich komme klar, ja, und Sie gehen lieber nach Hause. Wo Sie in Sicherheit sind. Ich erzähle Ihnen dann alles ... wenn wir uns das nächste Mal sehen.«
»Wann?«
»Es kann ein nächstes Mal geben, Sally. Nein. Es wird ein nächstes Mal geben. Kommen Sie allein heil nach Hause?«
Sie nickte.