Nach dem Seitensprung - Janis Abrahms Spring - E-Book

Nach dem Seitensprung E-Book

Janis Abrahms Spring

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Beschreibung

Untreue des Partners ist für viele der schwerste Vertrauensbruch in einer Beziehung. In den meisten Fällen löst der Seitensprung eine Krise aus, die die Beziehung gefährdet und schlimmstenfalls zur Trennung führt. Dieser Ratgeber hilft dabei, den Treuebruch emotional zu bewältigen, die Gründe zu verstehen und sich über die eigenen Vorstellungen von Liebe und Partnerschaft bewusst zu werden. Außerdem werden Wege aufgezeigt, wie die Beziehung nach sorgfältiger Verarbeitung und offener Thematisierung des Seitensprungs vertrauensvoll wieder aufgebaut werden kann. Die erfahrene Psychologin und Paartherapeutin Dr. Janis Abrahams Spring richtet sich mit ihrem Buch nicht nur an Menschen, die betrogen wurden, sondern auch an diejenigen, die selbst fremdgegangen sind, aber in ihre bestehende Partnerschaft zurückkehren möchten. Sie thematisiert grundlegende dysfunktionale Denk- und Verhaltensmuster in Beziehungen und legt offen, was eine funktionierende und bewusste Partnerschaft ausmacht.

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NACH DEM SEITENSPRUNG

Wie Sie den Schmerz bewältigen, Selbstvertrauen zurückgewinnen und die richtigen Entscheidungen treffen

JANIS A. SPRING

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1., Auflage 2016

© 2016 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH, Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© der Originalausgabe 1996, 2012 by Janis Abrahms Spring

Das Buch entstand in Zusammenarbeit mit Michael Spring.

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1996 bei HarperCollins Publishers unter dem Titel After the Affair. Healing the Pain and Rebuilding Trust When a Partner Has Been Unfaithful. Die englische Taschenbuchausgabe erschien 2012 unter dem gleichen Titel bei William Morrow, einem Imprint von HarperCollins Publishers.

Übersetzung: Christa Trautner-Suder, München

Redaktion: Petra Holzmann, München

Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer, München

Umschlagabbildung: Shutterstock/DanyL

Satz: Daniela Haberlandt, Erding

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-86882-685-2

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86415-952-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86415-953-4

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.muenchner-verlagsgruppe.de.

Für meine besten Kameraden,

Aaron, Max und Michael

INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG

Kann ein Paar eine Untreue überleben?

ERSTES STADIUM

Auf den Seitensprung reagieren: »Sind meine Gefühle normal?«

KAPITEL 1

Die Reaktion des verletzten Partners:

Begraben unter einer Lawine von Verlusten

KAPITEL 2

Die Reaktion des untreuen Partners:

Verloren in einem Labyrinth von Auswahlmöglichkeiten

ZWEITES STADIUM

Eine Überprüfung Ihrer Optionen: »Soll ich bleiben oder gehen?«

KAPITEL 3

Ihre Gedanken über die Liebe sondieren

KAPITEL 4

Stellen Sie sich Ihren Zweifeln und Ängsten

DRITTES STADIUM

Von dem Seitensprung wieder erholen: »Wie bauen wir unser Leben gemeinsam neu auf?«

KAPITEL 5

Aus dem Seitensprung lernen

KAPITEL 6

Das Vertrauen wiederherstellen

KAPITEL 7

Wie Sie über das Geschehene sprechen können

KAPITEL 8

Wieder Sex haben

KAPITEL 9

Vergeben lernen

KAPITEL 10

Sex, Geheimnisse und Affären im Cyberspace:

Mit der »neuen« Untreue leben

EPILOG

Das Geheimnis enthüllen: Die Wahrheit und ihre Folgen

Dank

Literatur

Über die Autoren

Anmerkungen

EINLEITUNG

Kann ein Paar eine Untreue überleben?

Als klinische Psychologin, die seit fünfunddreißig Jahren verzweifelte Paare behandelt und berät, antworte ich mit Ja – vorausgesetzt, beide Partner sind willens, einen ehrlichen Blick auf sich selbst und ihren Partner zu werfen und sich die Fähigkeiten anzueignen, die sie brauchen, um diese zerrüttende Krise durchzustehen.

Vielleicht hilft es diesen Paaren zu wissen, dass sie nicht allein sind. Die Statistiken unterscheiden sich stark, aber einer der neuesten und angesehensten Studien zufolge sind 37 Prozent der verheirateten Männer und 20 Prozent der verheirateten Frauen schon einmal untreu gewesen.1 Niemand kennt die genauen Zahlen, ich bin sicher, dass jemand, der seine Partnerin/seinen Partner anlügt, auch einen Wissenschaftler belügt. Aber selbst bei vorsichtigster Schätzung können wir mit einiger Sicherheit sagen, dass in den Vereinigten Staaten jedes 2,7. Paar – über 21 Millionen – von Untreue betroffen ist.2

Wann ist es ein Seitensprung?

Gehört zu einem Seitensprung unbedingt Sex dazu? Was ist mit einem Kuss? Was mit einem gemeinsamen Mittagessen?3

Ich versuche gar nicht, diese Fragen zu beantworten, weil letztlich nur das zählt, was für Sie Bedeutung hat. Ein Vertrauensbruch hängt in erster Linie davon ab, worüber Sie übereingekommen sind – oder dachten, übereingekommen zu sein. Nahezu jeder von Ihnen würde sich von einem Partner betrogen fühlen, der mit einer dritten Person Sex hatte, ob bei einem One-Night-Stand oder im Rahmen einer längeren emotionalen Affäre. Viele von Ihnen würden sich aber auch durch andere intime Verhaltensweisen betrogen oder zumindest hintergangen fühlen – beispielsweise durch eine Umarmung oder das Erhalten von einem Dutzend weißer Rosen. Vor fünf Jahren zog eine meiner Patientinnen namens Sharon ihre Bluse aus und zeigte dem Mann ihrer besten Freundin ihre Brüste. Sie gingen nie weiter, aber seither haben die beiden Paare mit dieser Grenzübertretung zu kämpfen.

Meinem Buch habe ich auch ein Kapitel über die »neue« Untreue eingefügt: die elektronische oder E-Affäre. Kapitel 10 wird Ihnen zu bestimmen helfen, was einen Seitensprung im Cyberspace ausmacht, und Ihnen die Hilfsmittel an die Hand geben, Ihre Differenzen zu überwinden.

Drei Urteile, die ich nicht fälle

1.Ich urteile nicht pauschal, ob Seitensprünge für sich genommen gut oder schlecht sind. Was den einen weiterentwickelt, kann den anderen zugrunde richten und die Beziehung zerstören. Ich habe jedoch festgestellt, dass eine anhaltende Affäre, die nicht das Einverständnis beider Partner hat, eine Störung in der Beziehung aufrechterhält und es beinahe unmöglich macht, eine enge Bindung aufzubauen. Wenn Sie ein untreuer Partner sind und die Beziehung ernsthaft retten möchten, müssen Sie nach meiner Überzeugung Ihre Geliebte/Ihren Liebhaber aufgeben.

2.Ich trenne Sie beide nicht in Opfer und Täter, Betrogene(n) und Betrügende(n). Jeder von Ihnen muss seinen Teil der Verantwortung dafür akzeptieren, dass etwas schiefgelaufen ist. Anstatt Schuld zuzuweisen, ermutige ich jeden von Ihnen, sich den eigenen Eigenschaften und Verhaltensweisen zu stellen, die zu der Affäre geführt haben, und sich so zu verändern, dass Vertrauen und Innigkeit wieder aufgebaut werden können. Das bedeutet nicht, dass ich Sie beide in gleicher Weise für die Affäre verantwortlich halte – niemand kann einen anderen Menschen zum Fremdgehen bringen. Aber ich bitte Sie beide, sich für die Kluft mitverantwortlich zu fühlen, die Sie haben entstehen lassen und die es einem anderen Menschen ermöglicht hat, sich zwischen Sie beide zu stellen.

3.Ich empfehle weder, dass Sie um jeden Preis zusammenbleiben sollten, noch, dass Sie sich trennen sollten, nur weil Sie unzufrieden sind. Stattdessen lade ich jeden von Ihnen dazu ein, gemeinsam mit mir Ihre ganz persönlichen Gründe dafür zu erkunden, einen Lover zu behalten oder aufzugeben, sich für einen Neuanfang zu entscheiden oder diesen abzulehnen. Sie sollten Ihre Entscheidung bewusst und gut überlegt treffen, nicht nur auf der Grundlage von Gefühlen, denn Ihre Gefühle könnten trügen.

Ein Wort zur Wahl der Begriffe

Ich beziehe mich in diesem Text auf den verletzten Partner und den untreuen Partner. Der verletzte Partner ist die Person in der ursprünglichen Beziehung, deren als selbstverständlich vorausgesetzte Annahme der Monogamie verletzt wurde. Der untreue Partner ist die Person, die eine Affäre hatte. Es war schwierig, für beide Seiten eine gute Bezeichnung zu finden. Auch der untreue Partner kann sich zeitweise verletzt fühlen. Im Allgemeinen empfindet jedoch die Person, deren Partner fremdgeht, eine stärkere Zerstörung. Ich klassifiziere die Partner nicht als betrogene oder betrügende Person, weil diese Worte eine gewisse moralische Rechtschaffenheit oder Verurteilung vermitteln und die Last der Verantwortung einer Person allein aufbürden, was praktisch jedoch nie zutreffend ist. Die Person, mit der Sie oder Ihr Partner die Affäre hatten, bezeichne ich als Geliebte/Liebhaber oder als Seitensprung-Partner. In der Regel verwende ich den Begriff Geliebte/ Liebhaber, wenn ich von/mit dem untreuen Partner spreche und die Affäre noch besteht. Ich spreche von dem Seitensprung-Partner, wenn ich von/mit einem der beiden Partner spreche und die romantische Assoziation des Begriffs Geliebte/ Liebhaber vermeiden und die Gefühle des verletzten Partners schützen möchte.

Die Zitate und Fallstudien, auf die ich mich im Buch beziehe, stammen aus den vielen Jahren meiner Praxis, ich habe jedoch alle Identitäten verschleiert, sodass ich keine vertraulichen Mitteilungen verletze.

Für wen ist dieses Buch gedacht?

Ich habe Nach dem Seitensprung für all die Paare geschrieben, die die Möglichkeiten ausloten möchte, ihre Beziehung wiederherzustellen, nachdem einer von beiden oder beide untreu waren. Dazu gehören verheiratete oder zusammenlebende Paare, ob heterosexuell oder homosexuell. Ich versuche, mich ausgewogen an verletzte und untreue Partner zu wenden.

Mein Buch richtet sich aber auch an:

• Menschen, deren Beziehung als Folge einer Untreue beendet wurde, die Probleme haben, diese Erfahrung abzuschließen, und die verstehen möchten, warum ihre Beziehung nicht überlebt hat und inwieweit sie selbst einen angemessenen Teil an Verantwortung dafür akzeptieren sollten, dass etwas schiefgelaufen ist;

• Menschen, die eine Untreue besser verstehen möchten, die sie in ihrer Kindheit oder Jugend in ihren eigenen Familien erlebt haben, um ähnliche Verhaltensmuster in ihren eigenen Beziehungen zu vermeiden;

• Berufskollegen und spirituelle Führungspersönlichkeiten, die Einzelpersonen und Paare behandeln, die von Untreue betroffen sind;4 • Partner, die über einen Seitensprung nachdenken und ihre Gefühle besser verstehen wollen, bevor sie einen unumkehrbaren Schritt gehen;

• Partner, die über die Vor- und Nachteile nachdenken, eine beendete Affäre zu beichten;

• Partner, die nicht die Absicht haben, eine beendete Affäre zu beichten, die jedoch ihre Beziehung neu aufbauen und etwas über sich selbst lernen möchten;

• Partner, die den Verdacht eines Seitensprungs ihres Partners haben, diesen jedoch nie mit dieser Vermutung konfrontiert haben;

• Paare, die mit Geheimnissen, Lügen und Vertrauensproblemen kämpfen, die mit Untreue nichts zu tun haben;

• Paare, die lernen möchten, mit der unvermeidlichen Entzauberung im Lauf des Ehelebens umzugehen, bevor sie überlegen, fremdzugehen.

Die drei Stadien der Heilung

Das Buch geleitet Sie durch drei erkennbare Stadien – man könnte sie auch als Minenfelder bezeichnen: Ihre Reaktion auf einen Seitensprung, die Auseinandersetzung mit einem Seitensprung und die Erholung von einem Seitensprung.

Das erste Stadium: Die Gefühle wieder normalisieren

Ist ein Seitensprung gebeichtet, werden wahrscheinlich beide Partner von einem emotionalen Wirbelsturm ergriffen. Den verletzten Partner überwältigt ein tiefes Verlustgefühl, der untreue Partner hat mit widersprüchlichen Entscheidungen und Emotionen zu kämpfen. Indem ich Ihre Gefühle in Worte fasse, kann ich Sie hoffentlich dahingehend beruhigen, dass Sie weder verrückt noch labil sind, dass andere denselben Schmerz und dieselbe Verwirrung erlebt haben, dass Sie damit nicht allein sind.5

Das zweite Stadium: Entscheiden, ob Sie es noch einmal miteinander probieren wollen oder sich besser trennen

Bevor sich Ihre Emotionen wieder beruhigen können, müssen Sie sich der Entscheidung stellen, ob Sie lieber zusammenbleiben oder sich trennen wollen. Durch das Erkunden Ihrer Optionen werden Sie in der Lage sein, eine durchdachte Entscheidung zu treffen, basierend auf Ihren jeweiligen Umständen und Bedürfnissen. »Was kann ich von der Liebe erwarten?«, »Soll ich meinen Gefühlen vertrauen?«, »Wie kann ich wissen, ob mein Partner der richtige für mich ist?« – dies sind die Fragen, bei deren Beantwortung ich Ihnen helfen möchte.

Das dritte Stadium: Die Beziehung neu aufbauen

Wenn Sie sich für einen Neuanfang entscheiden, werden Sie wahrscheinlich Monate, vielleicht sogar Jahre damit zubringen, Vertrauen und Innigkeit wiederherzustellen. Indem ich mit Ihnen einige Strategien bespreche, kann ich Ihnen hoffentlich Hilfsmittel an die Hand geben, um:

• die Bedeutung des Seitensprungs zu entziffern und einen angemessenen Teil an Mitverantwortung zu akzeptieren;

• sich von Ihrer Geliebten/Ihrem Liebhaber zu verabschieden;

• Vertrauen zurückzugewinnen (wenn Sie der untreue Partner sind) oder zu kommunizieren, was Sie brauchen, um wieder vertrauen zu können (wenn Sie der verletzte Partner sind);

• sich so zu äußern, dass Ihr Partner Sie hören und Ihren Schmerz verstehen kann, und so zuzuhören, dass es Ihren Partner ermutigt, Ihnen gegenüber offen zu sein;

• zu erkennen, wie Sie möglicherweise durch Erfahrungen in der Kindheit geschädigt wurden und wie Sie diese Erfahrungen davon abhalten können, Ihre heutige Beziehung zu kontaminieren;

• Ihre Differenzen und Unzufriedenheiten so in den Griff zu bekommen, dass Sie auch dann miteinander verbunden bleiben können, wenn Sie sich nicht besonders geliebt fühlen oder lieben;

• wieder miteinander Sex zu haben;

• Ihrem Partner und sich selbst zu vergeben.

Im gesamten Buch gehe ich davon aus, dass die Affäre dem anderen Partner bekannt ist, was in einigen Fällen jedoch nicht zutreffen wird. Im Epilog helfe ich dem untreuen Partner, das Pro und Kontra abzuwägen, dem anderen von seinem Seitensprung zu erzählen. Egal wie Sie sich entscheiden, Sie und Ihr Partner können immer noch daran arbeiten, Ihr gemeinsames Leben neu aufzubauen.

Todesurteil oder Weckruf?

Einige von Ihnen werden das Risiko nicht eingehen wollen, neu zu beginnen und sich weiteren Verletzungen oder Enttäuschungen auszusetzen. Einer kaputten Beziehung den Rücken zu kehren, kann die einfachste oder sinnvollste Lösung sein, die von der Tyrannei des Hoffens befreit. Sie kann aber auch der Weg sein, der Sie daran hindert, erwachsen zu werden, sich einigen bitteren Wahrheiten über das Leben, die Liebe und sich selbst zu stellen und die große Last der Mitverantwortung für das Funktionieren Ihrer Beziehung zu übernehmen.

Dieses Buch wendet sich an diejenigen, die durch einen Seitensprung tief verwundet, aber auch so hin- und hergerissen oder so mutig sind, sich einzugestehen, dass sie noch immer zusammenbleiben möchten, die sich den Fragen stellen wollen, wie sehr jeder von beiden zu der Untreue beigetragen hat, und die daran arbeiten wollen, Vertrauen und Innigkeit neu aufzubauen. Falls Sie sich dafür entscheiden, einen Neuanfang zu wagen, werden Sie den Seitensprung bald nicht mehr nur als bedauerliches Trauma, sondern auch als Alarm, als Weckruf sehen. Irgendwann werden Sie entdecken, dass Sie einen Paukenschlag wie einen Seitensprung gebraucht haben, um Ihre bisherige Konstruktion wegzufegen und einer gesünderen, bewussteren und reiferen Version Platz zu machen. Angeschlagen, wie Sie beide sind, werden Sie nicht viele Gelegenheiten haben, die Stärke Ihrer Beziehung zu testen. Ich ermutige Sie, in den Prozess einzusteigen, die Verletzung zu hinterfragen und zu sehen, was Sie gemeinsam daraus machen können. Im Wesentlichen lade ich Sie beide ein, in den Ring zu treten, die Boxhandschuhe auszuziehen und sich die Hände zu reichen.

ERSTES STADIUM

Auf den Seitensprung reagieren: »Sind meine Gefühle normal?«

KAPITEL 1

Die Reaktion des verletzten Partners: Begraben unter einer Lawine von Verlusten

»Mit fünfzehn wurde ich vergewaltigt. Das war nichts verglichen mit deinem Seitensprung. Der Vergewaltiger war ein Fremder, aber dich habe ich für meinen besten Freund gehalten.«

»Als ich dein Geheimnis entdeckte, habe ich aufgehört, besondere Gefühle für dich zu haben. Auf einer tieferen Ebene habe ich jedoch das Vertrauen in die Welt und in mich selbst verloren.«

Diese Kommentare lassen nur erahnen, wie stark und umfassend die Verluste sind, die Sie wahrscheinlich empfinden werden, wenn Sie erfahren, dass Ihr Partner untreu gewesen ist. Es gibt keine Möglichkeit, wie Sie sich auf diese vernichtende Enthüllung vorbereiten könnten. Ihre Sicht auf Ihr Leben und die Welt, in der Sie leben, kann weggefegt werden. Alles, was Sie in der Vergangenheit an Selbstbewusstsein und Sicherheit empfunden haben, kann nun naiv oder falsch wirken. »Wo bin ich nur gewesen?«, fragen Sie sich vielleicht. »Lebe ich wirklich auf diesem Planeten?«

Ihre Seele und Ihr Körper stehen wahrscheinlich unter Schock. Ihr Grundempfinden für Ordnung und Gerechtigkeit in der Welt ist dahin. Auch Ihr Gefühl, das Leben unter Kontrolle zu haben, Ihre Selbstachtung, Ihre Vorstellung von sich selbst, alles ist weg. Sie werden sich vielleicht von allen verlassen fühlen – von der Familie, den Freunden, von Gott. Sich selbst fremd, werden Sie von einem Extrem ins andere geraten, in einem Moment entschlossen und vertrauensvoll, im nächsten gedemütigt und bedürftig. Sie werden von so intensiven Gefühlen gebeutelt sein, dass Sie sich vielleicht zu fragen beginnen: »Werde ich etwa verrückt?«

Ich möchte Ihnen versichern, dass Sie nicht verrückt werden – was Sie empfinden, ist die normale und angemessene Reaktion auf eine akut traumatisierende Erfahrung. Sie werden nicht nur durch den Verlust einer intakten Beziehung aus der Bahn geworfen, sondern auch durch den Verlust einer Illusion – der Illusion, für Ihren Partner etwas ganz Besonderes zu sein und die Innigkeit, die Sie mit diesem Menschen zu teilen glaubten, würde für immer und ewig halten. Angesichts so niederschmetternder Neuigkeiten wäre es seltsam, wenn Sie sich nicht verloren fühlen würden.

Marsha, eine vierzigjährige Sozialarbeiterin und Mutter, brauchte länger als zehn Jahre, um wieder auf die Füße zu kommen:

Nach dreizehnjähriger Ehe verkündete mir Larry, er werde mich austauschen gegen unsere Babysitterin, die vierzehn Jahre jünger war als er. Meine erste Reaktion war: »Das kann uns gar nicht passieren, wir sind doch das perfekte Paar. Die Babysitterin ist für mich wie eine Tochter, wie kann sie mein Vertrauen so missbrauchen?« Als Larry mit ihr zusammenzog, lag ich einen Monat lang nur noch im Bett. Über Nacht war ich von einer leistungsfähigen, selbstständigen Person voller Lebensfreude zu einem absoluten Zombie geworden – gelähmt durch eine Depression, die ich bisher nur aus der Theorie gekannt hatte. Eines Nachts lag ich im Bett und verglich die Stille im Haus mit dem Grauen und der Verwirrung in meinem Kopf, als ich die Garagentür hörte. »Er kommt zurück«, dachte ich. »Er will unser Problem lösen.« Ich rannte im Schlafanzug die Treppe hinunter – warf rasch noch einen Blick in den Spiegel, um mein Aussehen zu prüfen –, nur um festzustellen, dass sich das Garagentor überhaupt nicht bewegt hatte. Ich hatte mir das nur eingebildet. Plötzlich kam mir der Gedanke: »Ich habe nicht nur meinen Ehemann, sondern auch meinen Verstand verloren.« Mein Selbstvertrauen schwand immer mehr dahin. Ich sah mich als Mogelpackung, als leere Hülle, zu leer, um in meinem Beruf zu arbeiten, ein Kind aufzuziehen oder einen vernünftigen Partner zu verdienen. Das Leben gehörte den anderen, nicht mir. Drei Jahre später kämpfte ich noch immer mit meinen Depressionen – da waren mein Mann und ich bereits lange wieder zusammen –, als ich in einem Seminar über posttraumatische Belastungsstörungen erfuhr, dass ein Mensch unter extremer emotionaler Belastung dazu neigt, sich vom Leben zurückzuziehen und die Verbindung zu sich selbst zu verlieren, ja sogar Wahnvorstellungen zu erleben.1 In meinem Kopf machte es klick: Das also war es. Meine Depression hatte einen Namen. Ich drehte nicht durch, was ich erlebte, war normal. Wenn ich das doch nur früher gewusst hätte, dann hätte ich mich weniger allein gefühlt und wäre vielleicht auch früher für die Möglichkeit einer weiteren gemeinsamen Zukunft offen gewesen. Hätte mir nur jemand geholfen zu verstehen, was da ablief, so wäre dies ein höchster Gnadenakt gewesen.

Damit beginnt dieses Kapitel, es bereitet Sie auf die Verluste vor, die praktisch alle verletzten Partner bei einer Untreue des Partners notgedrungen erleiden. Sobald Ihnen klar wird, wie weit verbreitet Ihre Reaktionen sind, werden Sie sich durch den Verrat wahrscheinlich weniger demontiert fühlen, weniger gebeutelt von Ihren heftigen Emotionen. Wenn Sie Ihre Reaktion vorhersehen und sie benennen können, werden Sie sie möglicherweise besser aushalten können. Der Heilungsprozess beginnt, wenn Sie über Ihre Gefühle Zeugnis ablegen können und Ihr Schmerz einen Sinn bekommt. Entscheidend ist, nicht zu vergessen: Die größte Bedrohung für eine Erholung ist der Verlust der Hoffnung.

Die physiologischen Auswirkungen des Seitensprungs

Wahrscheinlich erleben Sie in dieser Phase Veränderungen in Ihrem Nervensystem und bei Ihren kognitiven Funktionen. Da Ihr Nervensystem von Adrenalin und weiteren mit Stress in Beziehung stehenden Hormonen überschwemmt wird, erleben Sie einen Zustand erhöhter Erregung. Ständig halten Sie nach Anzeichen dafür Ausschau, dass Ihr Partner Sie wieder betrügt. Da Sie unter chronischer Angst und Unruhe leiden, dauert es länger, bis Sie einschlafen, Sie wachen nachts häufig auf und sind geräuschempfindlicher. Durch den Schlafmangel und das viele Grübeln fühlen Sie sich erschöpft.

Sie werden durch Erinnerungen, Empfindungen und Bilder im Kopf durcheinandergebracht. Die Qualität Ihrer Träume wird heftiger und beängstigender. Wenn Sie wach sind, kommt es vor, dass Sie sich plötzlich verirren oder in anderer Weise desorientiert fühlen.

Typisch ist, was Gloria passierte, einer dreißigjährigen Journalistin: »Einen Tag nachdem mein Mann zugegeben hatte, dass er eine Affäre hatte, verirrte ich mich auf dem Weg zur Arbeit«, erzählte sie mir. »Ich hatte schreckliche Angst, verrückt zu werden. Schließlich fuhr ich diese Strecke seit fünf Jahren täglich.«

Pam, eine siebenunddreißigjährige Immobilienmaklerin, erzählt etwas Ähnliches: »Als Jeff zugab, dass er sich in eine andere Frau verliebt hatte, ließ ich ihn seine Sachen packen und ausziehen. Am folgenden Wochenende besuchte ich Freunde auf Block Island, um nicht mit meiner Einsamkeit konfrontiert zu sein. Unterwegs hielt ich bei einem Golfturnier und ging auf dem Gelände spazieren. So weit, so gut. Als ich jedoch zu meinem Auto zurückgehen wollte, konnte ich mich nicht erinnern, wo ich es geparkt hatte. Nachdem ich eine Stunde gesucht hatte, fand ich es schließlich, aber ich war so erschüttert, dass ich auf dem gesamten Heimweg weinte. Ich sagte den Besuch ab und blieb stattdessen die ganze Zeit zu Hause im Bett. Was mich so stark beunruhigte, war weniger meine Orientierungslosigkeit als die Bedeutung, die ich ihr gab, nämlich den Verstand zu verlieren.«

Durch die Veränderungen in Ihrem Nervensystem können Ihre intensiven Emotionen Sie mit einem Gefühl von Entsetzen und Hilflosigkeit überwältigen. »Das gesamte System abgestimmter, koordinierter und zielgerichteter Aktivitäten ist beeinträchtigt«,2 erklärt Abram Kardiner in einer Beschreibung der neurophysiologischen Effekte eines Traumas.

Eine weitere, völlig andere physiologische Veränderung erfolgt durch die Freisetzung endogener, dem Morphium ähnlicher Opioide ins Nervensystem. Dadurch wird Ihre Schmerzwahrnehmung gedämpft und Sie werden vor extremem emotionalem Stress geschützt. Anders gesagt: »Ihr Körper fährt zurück«, geht sozusagen in den Winterschlaf und reduziert seine Aktivität. Ihr Gefühls- und Empfindungsspektrum reduziert sich und Sie verlieren das Interesse an Beziehungen und Aktivitäten, an denen Sie wenige Wochen zuvor noch Freude hatten und die Ihnen wichtig waren. Während Sie damit kämpfen, sich zusammenzureißen, stellen Sie fest, dass Sie nur noch mit Mühe funktionieren. Ihre Gedanken schweifen ab. Sie haben Konzentrationsschwierigkeiten. In der Arbeit schieben Sie die Papiere auf dem Schreibtisch hin und her, zu Hause starren Sie Löcher in die Luft. Da Sie das Vertrauen in Ihre Fähigkeit verloren haben, ziehen Sie sich in Ihr Schneckenhaus, in die Isolation zurück. Sie fühlen sich merkwürdig betäubt und allein.

»Es ist, als ginge man mit dem Bewusstsein durchs Leben, dass ein Teil von einem gestorben ist«, erklärte Stephanie, eine zweiundvierzigjährige Pädagogin. »Früher einmal hatte ich das Gefühl gehabt, John und ich wären wie durch einen roten Faden miteinander verbunden. Ich musste nur zu ihm hinüberschauen und spürte die Energie, die uns zueinander zog. Heute kann ich bestenfalls sagen, dass ich zurechtkomme. Wir sind noch zusammen, aber im Inneren bin ich tot.«

In seinem Roman Die Geometrie der unwägbaren Beziehungen beschreibt Dan Franck die Gefühle des verletzten Partners, als die Realität des Seitensprungs seiner Frau in sein Bewusstsein eindringt: »Der bisherige Schrecken, in dem er gelebt hat, weicht nun den sanften und dumpfen Gestaden der Traurigkeit. Schrecken ist lebhaft, Traurigkeit stagniert. Wie das Wasser in einer Blumenvase.«3

Die psychologischen Auswirkungen des Seitensprungs

Es gibt neun verschiedene Arten von Verlust, die Sie als verletzter Partner wahrscheinlich empfinden werden. Alle sind Variationen eines einzigen grundlegenden Verlusts, der über den Verlust Ihres Partners hinausgeht: des Verlusts Ihrer selbst. Es wird schwer für Sie sein, diesen Verlust in jeder dieser Formen zu erkennen, da keiner davon greifbar ist. Aber obgleich Sie für andere wirken mögen wie immer, spüren Sie, dass Ihr Herz blutet. Sie merken plötzlich, was Sie alles verloren haben:

1. Ihre Identität

2. Das Gefühl, etwas Besonderes zu sein

3. Ihre Selbstachtung, weil Sie sich erniedrigen und Ihre Grundwerte aufgeben, um Ihren Partner zurückzugewinnen

4. Ihre Selbstachtung, weil Sie nicht zugeben können, dass Sie schlecht behandelt wurden

5. Die Kontrolle über Ihre Gedanken und Ihr Handeln

6. Das grundsätzliche Gefühl von Ordnung und Gerechtigkeit in der Welt

7. Die religiöse Gläubigkeit

8. Die Verbindung zu anderen

9. Den Lebenssinn – bis hin zum Lebenswillen

Identitätsverlust: »Ich bin nicht mehr der Mensch, der ich war.«

Die Entdeckung des Seitensprungs Ihres Partners zwingt Sie, sich auf grundlegendste Weise neu zu definieren. »Wenn du, mein Lebenspartner, nicht die Person bist, für die ich dich gehalten habe, und wenn unsere Ehe eine Lüge war, wer bin ich dann?«, fragen Sie sich. Plötzlich sehen Sie sich zerbrochen, entstellt, anders, als Sie sich bisher gekannt haben.

In der Vergangenheit haben Sie sich vielleicht als kompetent, selbstständig, lustig, wagemutig, freundlich, warmherzig, stabil, liebevoll, großzügig und attraktiv beschrieben. Weiter nichts. Nun erleben Sie sich selbst auf hunderterlei negative Weisen – als eifersüchtig, wütend, rachsüchtig, unkontrolliert, kleinlich, klein gemacht, verbittert, ängstlich, einsam, körperlich krank, entehrt, hässlich, misstrauisch, gesellschaftlich blamiert. Blind gemacht durch den Betrug Ihres Partners, verlieren Sie den Blick für Ihr vertrautes Selbst und zweifeln daran, gut und begehrenswert zu sein, aber auch an Ihrer grundsätzlichen Fähigkeit, mit der Welt umzugehen.

»›Lebhaft, sportlich, mutig‹ – so wurde ich im College-Jahrbuch charakterisiert«, erinnerte sich Jane, eine einunddreißigjährige Buchhalterin, die seit fünf Jahren verheiratet war. »Jetzt, nach Johns Seitensprung, habe ich nicht einmal mehr die Energie oder Lust, das Haus zu verlassen. Ich fühle mich zu verletzlich.«

Auch Roberta, die seit vierzehn Jahren verheiratet war, rang mit dem plötzlichen Verlust ihrer Identität. »Ich hatte mich selbst gemocht. Ich hatte mich als nette Person empfunden, als einen liebevollen, liebenswerten Menschen. Damit ist Schluss. Jetzt werde ich den Gedanken nicht mehr los, dass Don mich betrogen hat, weil ich zu lieb, zu gewöhnlich bin. Vielleicht bin ich deswegen jetzt allein. Vielleicht möchte niemand, dessen Bekanntschaft sich lohnen würde, eine Beziehung mit mir haben.«

Wenn Sie eine Depression haben wie Roberta, werden Sie Ihre Fehler gerne aufbauschen und einen übergroßen Teil eigener Verantwortung für das ehebrecherische Verhalten Ihres Partners akzeptieren. Alles, was Sie bisher an sich kritisiert haben, definiert Sie nun vorrangig. Sie vermuten, dass Sie allein schuld daran sind, dass diese schlimme Sache passiert ist. »Ich muss mich nur verändern, dann kann ich meinen Partner zurückgewinnen«, denken Sie und betrügen sich selbst, indem Sie glauben, das Schicksal Ihrer Beziehung läge in Ihrer Hand. Später sollten Sie in der Lage sein, sich selbst objektiver zu sehen und die Schuld gleichwertiger zu verteilen. In diesem Moment allerdings haben Sie wahrscheinlich nicht genügend Abstand oder Überblick, um jedem gegenüber fair zu sein, am wenigsten sich selbst gegenüber.

Der Verlust Ihres grundlegenden Selbstgefühls ist eine Verletzung, die viel tiefer reicht als die Untreue selbst. Denn was könnte erschreckender sein als die Erfahrung, in einer Haut zu stecken, die sich fremd anfühlt, abgeschnitten von diesem Kern des »Selbst«, das Ihnen immer zuverlässig gesagt hatte, wer Sie sind?

Der Verlust des Gefühls, etwas Besonderes zu sein: »Ich dachte, ich würde dir etwas bedeuten. Jetzt merke ich, dass ich austauschbar bin.«

Mit Ihrem Selbstgefühl wurde auch Ihre Überzeugung hinweggefegt, dass Sie und Ihr Partner füreinander bestimmt sind, dass niemand den anderen glücklicher machen könnte, dass Sie zusammen eine wesentliche und unhintergehbare Verbindung darstellen, unteilbar und untrennbar. Der Seitensprung markiert das Ende zweier treuherzig-naiver Illusionen: dass Ihre Ehe eine Ausnahme ist, und dass Sie einmalig oder besonders wertvoll sind.

Als Miriam ins Teenageralter kam, wurde sie von ihrem Stiefvater missbraucht und von ihrer Mutter im Stich gelassen, die sich weigerte, ihre Anschuldigung zu glauben. Miriam bekam von sich das Bild einer beschädigten Ware und stellte fest, dass sie sich zu Männern hingezogen fühlte, die sie ebenso schäbig behandelten wie ihre Eltern. Nachdem sie die Sekretärinnenschule erfolgreich abgeschlossen hatte, bekam sie eine Stelle als Empfangsdame in einer Anwaltskanzlei. Dort lernte sie Ed kennen. Anfangs misstraute sie seinem Interesse an ihr – warum sollte sich jemand von ihr um ihrer selbst willen angezogen fühlen, fragte sie sich. Allmählich jedoch vertraute sie auf seine Großzügigkeit und seinen Schutz. Nachdem sie drei Monate mit ihm zusammengelebt hatte, nahm sie seinen Heiratsantrag an. Sie war nicht leidenschaftlich in ihn verliebt, aber er war der erste Mann, der ihr das Gefühl gab, respektabel, wertgeschätzt und anständig zu sein. Als sie ein Jahr später entdeckte, dass er mit seiner Sekretärin schlief, verlor sie ihr neu gefundenes Selbstwertgefühl. »Du warst für mich die wichtigste Person auf der Welt«, sagte sie ihm, »mein bester Freund, die erste Person, der ich völlig vertraut habe. Mit dir fühlte ich mich vollkommen sicher, dir konnte ich alles sagen. Noch wichtiger war jedoch, dass du es mir ermöglicht hast, an mich zu glauben – daran, dass ich okay bin, dass das, was mir als Kind passiert ist, nicht mein Fehler war und nicht geschehen ist, weil ich schlecht war. Zum ersten Mal im Leben fühlte ich mich als etwas Besonderes und geliebt, so wie ich bin. Nun merke ich, dass ich ein Wegwerfartikel bin, Müll.«

Wenn Sie, so wie Miriam, vorsätzlich von jemandem ausrangiert werden, der Ihnen früher einmal das Gefühl gegeben hat, unersetzlich zu sein, werden Sie sich vielleicht nicht nur als Partner abwerten, sondern auch als Mutter oder Vater. Durch die Zerstörung Ihrer Kernfamilie demoralisiert, werden Sie auch die Bedeutung abschreiben, die Sie für Ihre Kinder haben, und werden glauben, Sie hätten niemandem viel zu geben, nicht einmal denen, die Sie am meisten lieben und brauchen.

»Ich habe ernsthaft darüber nachgedacht, mich aus dem Staub zu machen und alle und alles hinter mir zu lassen«, gestand Nancy, die Mutter eines neun Monate alten Mädchens. »Ich hatte das Gefühl, mit Jims Freundin nicht konkurrieren zu können – sie wirkte so jung und lebendig im Vergleich zu mir. Warum sollte mein Kind bei mir, der Verliererin, bleiben wollen? Was könnte ich ihr überhaupt bieten? Ich verlor mein Gefühl dafür, ein sorgender, bedeutsamer, wertvoller Mensch zu sein. Gott sei Dank erkannte ich irgendwann, dass meine Depression mir diese Gedanken eingab, und ich blieb. Vielleicht war ich für Jim nichts Besonderes mehr, aber für meine Tochter blieb ich die einzige Mutter.«

Wenn Sie, so wie Nancy, das Gefühl dafür verlieren, etwas Besonderes zu sein und sich nur noch als Schatten Ihrer selbst sehen, ist es wichtig, dass Sie erkennen, dass Ihre Selbstwahrnehmung, gefiltert durch die Untreue Ihres Partners, nicht vertrauenswürdig ist. Ihre Fähigkeit, sich selbst klar zu sehen, ist zu dieser Zeit auf einem Tiefpunkt.

Der Verlust Ihrer Selbstachtung, weil Sie sich erniedrigen und Ihre Grundwerte aufgeben, um Ihren Partner zurückzugewinnen: »Ich werde alles tun, um diese Beziehung zu erhalten.«

Nichts mag Ihnen unverzeihlicher erscheinen als die Art, wie Sie in die Knie gehen, um Ihren Partner zurückzugewinnen, wenn ein Seitensprung aufgedeckt wurde. Sie merken, dass Ihre Verzweiflungstaten Ihre Kernwerte und Prinzipien verletzen. Nicht nur Ihr Partner hat Sie verlassen, Sie haben sich selbst aufgegeben.

Janes Geschichte ist ein Beispiel für die extremen Verhaltensweisen, zu denen Sie möglicherweise greifen, um Ihren Partner zurück zu zwingen – Verzweiflungstaten, die Sie später mit Scham und Wut erfüllen werden.

»Ein Jahr bevor ich vom Seitensprung meines Mannes erfuhr, bekam ich Brustkrebs«, erzählte sie mir. »Die radikale Brustamputation und das Silikonim-plantat schienen wieder Ordnung in mein Leben zu bringen. Als Dave mir jedoch erzählte, dass er ein Verhältnis mit einer anderen Frau angefangen hatte, bekam ich so starke Depressionen, dass ich nicht mehr essen konnte und schnell fünf Kilo abnahm – wodurch meine gesunde Brust im Vergleich zu der künstlich aufgepolsterten flach wirkte. Da beschloss ich, mir auch dort ein Implantat einsetzen zu lassen. Ich kann gar nicht glauben, dass ich so dumm gewesen bin zu denken, das wäre wichtig. Der plastische Chirurg, den ich konsultierte, fragte mich nie nach meiner Motivation und informierte mich auch nicht über die Risiken. Ein Facharzt für Mammografie warnte mich aber davor, an dem gesunden Brustgewebe eine Manipulation vornehmen zu lassen. Er sagte, dadurch könnte eine künftige Untersuchung schwieriger werden, aber ich beschloss, nicht auf ihn zu hören, und ließ die Operation vornehmen. Mein Aussehen schien mir das Wichtigste zu sein, meine Fähigkeit, körperlich mit der Geliebten meines Mannes konkurrieren zu können. Was letztlich natürlich passierte, war, dass ich wieder zunahm und meine gesunde Brust nun voller ist als die entfernte mit Silikonaufbau.«

Janes Mann kam zu ihr zurück, aber sie hörte nicht auf, sich zu geißeln. »Noch immer frage ich mich: ›Wo war ich? Wo war mein Verstand? Wie konnte ich die Verbindung zu mir selbst verlieren? Wie konnten meine Prioritäten so den Bach hinuntergehen?‹ Immer wieder betrachte ich mich selbst im Spiegel und versuche zusammenzufügen, was passiert ist.«

Ruth, eine siebenundvierzigjährige Buchhalterin, ist ein anderes Beispiel dafür, wie verletzte Partner ihre Würde und ihre Selbstachtung opfern, um ihre Beziehung am Leben zu erhalten. »Ich schaffte es einfach nicht, nicht mit Jerrys junger Geliebter zu konkurrieren und mich dabei natürlich unterlegen zu fühlen«, erzählte sie mir, »daher verbrachte ich – ich sollte sagen, vergeudete ich – viele Stunden und viel Geld in der Dessous-Abteilung, um knapp sitzende Reizwäsche anzuprobieren und zu kaufen, während ich eigentlich meine Mutter hätte besuchen sollen, die sich im Krankenhaus von der operativen Entfernung eines bösartigen Tumors erholte. Es ist so deprimierend. Es macht mich krank, das zu erzählen. Ich fühle mich gedemütigt durch das, was ich getan habe – wer ich geworden bin.«

Jed, ein dreiunddreißigjähriger Lektor in einem großen Verlag in New York, kämpfte mit denselben Problemen:

Meine Frau Julie versprach mir sicher hundert Mal, sie werde mit ihrem Freund Schluss machen, und jedes Mal glaubte ich ihr. Einmal bat sie mich um die Erlaubnis, ein Wochenende mit ihm wegzufahren, damit sie ihre Liebe testen könnten, und ich war verrückt genug, dem zuzustimmen. Natürlich traf sie sich weiterhin mit ihm. Dann bat sie mich, ein paar Tage in unser Strandhäuschen zu ziehen, damit sie in unserer New Yorker Wohnung ein paar letzte Tage verbringen könnten. Können Sie sich vorstellen, dass ich tatsächlich gegangen bin? Ich fühlte mich wie jemand, der ins Exil gezwungen wird, wie der Komplize eines Verbrechens.

Ich vermute, dass ich damals das Gefühl hatte, keine andere Wahl zu haben. Ich verdiente schlecht und konnte es mir nicht leisten, einfach auszuziehen. Dadurch, dass ich einer Sache zustimmte, der ich eindeutig nie hätte zustimmen dürfen, veränderte ich mich innerlich. Ich fühlte mich von Julie missbraucht, schlimmer noch, von mir selbst missbraucht. Wir sind inzwischen wieder zusammen, aber ich kämpfe noch immer damit, meine Selbstachtung zurückzugewinnen. Ich muss sagen, dass ich ihr kein Ultimatum gestellt habe. Ich habe mich kaum gewehrt. Ich wurde benommen wie ein Tier in Gefangenschaft. Ich stellte mir vor, sie würde zu mir zurückkommen, wie sie es immer getan hatte, und so war es auch. Aber ich fragte mich nie: »Was bedeutet das für mich? Welchen Preis zahle ich dafür?«

Für jeden, der so fühlt wie Jed, Jane oder Ruth, ist es wichtig zu verstehen, dass sich nicht die eigenen Grundwerte verändert haben, sondern dass der emotionale Wirbel vorübergehend die Fähigkeit erschüttert hat, gut überlegte Entscheidungen zu treffen, um das eigene beste Ich zu verteidigen. Mit der Zeit werden Sie ein klareres und mitfühlenderes Bild davon entwickeln, was Sie durchmachen und warum Sie sich so verhalten. Wenn Sie das Gefühl haben, sich selbst verloren zu haben, kann ich Ihnen versichern, dass Sie damit nicht allein sind und dass Ihre Reaktion der Schwere der Verletzung genau angemessen ist. Der emotionale Schock bringt praktisch jeden Menschen dazu, sich auf eine Weise zu verhalten, die Selbsthass und Bedauern erzeugt. Wenn Sie akzeptieren können, wie tief die Untreue Sie physiologisch und psychisch verändert hat, können Sie vielleicht lernen, sich selbst nicht so hart zu verurteilen.

Der Verlust der Selbstachtung, weil Sie nicht zugeben können, dass Sie schlecht behandelt wurden: »Warum habe ich keine Grenze gesetzt?«

Ihre Selbstachtung kann bröckeln, wenn Sie an die Tage zurückdenken, bevor das Geheimnis gelüftet wurde, und wenn Ihnen klar wird, wie Sie den Verdacht verdrängt oder für sich behalten haben. »Wie konnte ich das Leugnen meines Partners so duckmäuserisch hinnehmen?«, fragen Sie sich. »Wie konnte ich so dumm und feige sein, meinen Partner nicht mit der Wahrheit zu konfrontieren?«

Natürlich ist nicht jeder Verdacht berechtigt. Manche Menschen sind obsessiv misstrauisch und bilden sich etwas ein, was gar nicht ist. Häufig jedoch sind die Hinweise unmissverständlich.

Nach dem Seitensprung seiner Frau schreckte Tom ungläubig vor der Tatsache zurück, monatelang intuitiv gewusst zu haben, was da ablief, diese Tatsache jedoch verdrängt zu haben: »Meine Frau verkauft Computer-Software und arbeitet sehr viel. Als sie einmal aus London zurückflog, wollte ich sie überraschen und am Flughafen abholen. Ich sah sie und ihren Chef zusammen durch den Zollbereich kommen, und an der Art, wie er sie um die Taille fasste, erkannte ich sofort, dass sie ein Verhältnis hatten. Aber was tat ich? Ich verschwand und erzählte ihr nie, dass ich am Flughafen gewesen war, sondern schickte ihr Blumen mit einer Karte, auf der stand: ›Ich habe Angst, dich zu verlieren.‹ Als sie das las, machte sie sich über meine Unsicherheit lustig. Und wissen Sie was? Ich brauchte es so sehr, das zu hören, dass ich es glaubte. Ich begann an dem, was ich gesehen hatte, zu zweifeln. Aber in meinem Inneren wusste ich Bescheid.«

Betty, eine seit elf Jahren verheiratete Psychologin, war ebenso verwirrt über das Zauberkunststück, das sie in ihrem Kopf vollführte, um verstörende Informationen zu verdrängen: »Als ich von einer Tagung über Verhaltenstherapie zurückkam, die auswärts stattgefunden hatte, fragte ich meinen Mann Jim, wie er den Samstagabend verbracht hatte. Er erzählte mir, er sei erschöpft gewesen und gleich nach dem Abendessen ins Bett gegangen. Aus irgendeinem Grund fragte ich auch die Babysitterin, was sie am Abend gemacht hatte. Sie erzählte mir, sie sei lange aufgeblieben und habe mit Jim über seine berufliche Laufbahn gesprochen – am Küchentisch. Ich wusste, dass sich die beiden Geschichten widersprachen, konnte aber mit der Bedeutung dieser Tatsache nicht umgehen. Es überstieg meine Möglichkeiten, dies zur Sprache zu bringen. Ich sagte nichts. Die Wahrheit war jedoch beschämend offensichtlich.«

Dave, seit vier Jahren verheiratet, erzählte mir, wie er mit einem ähnlichen Betrug umging: »Eines Tages fand ich im Auto meiner Frau ein ungeöffnetes Kondom. Es war eine andere Marke als die, die wir normalerweise verwendeten, daher fragte ich sie, was es damit auf sich hätte. Sie lieferte schnell eine Ausrede – es wäre ein Muster, das in der Post gewesen sei –, eine Story, die der größte Idiot nicht geschluckt hätte. Wenn ich heute zurückblicke, frage ich mich, warum ich sie nicht mit der Wahrheit konfrontiert habe, warum ich keine Grenze zog.«

Dave, Betty, Tom – sie alle haben ihre Stimmen mundtot gemacht und aufgehört, dem zu trauen, wovon sie irgendwie wussten, dass es die Wahrheit war. Um ihre Illusionen zu erhalten, leugneten sie die Legitimität ihres Verdachts. Ihr Versagen, das Geschehen zu verarbeiten oder dagegen zu protestieren, schadete ihrem größten Trumpf – ihrem authentischen Selbst. »Der Verlust des Selbst fällt mit dem Verlust der Stimme in der Beziehung zusammen«, führt Dana Crowley Jack in Silencing the Self aus. »Die Stimme ist ein Indikator für das Selbst.«4

Sobald ein Seitensprung aufgedeckt ist, können Sie damit rechnen, in das andere Extrem zu fallen: in eine übergroße Wachsamkeit. Ihre Verdächtigungen werden wahrscheinlich so instinktiv und unerbittlich, dass Sie, egal was Ihr Partner sagt oder tut, die Wahrheit nicht mehr von der Einbildung unterscheiden können. Sie werden nicht nur Ihrem Partner nicht mehr trauen, sondern auch Ihren eigenen Wahrnehmungen. »Was verbirgt mein Partner vor mir?«, fragen Sie sich, »und was verberge ich vor mir selbst?«

In gewisser Weise ist die Wandlung vom Blindsein zur übermäßigen Beobachtung eine Anpassung, Ihr Verstand behält die Verletzung in Erinnerung und will Sie damit vor künftigem Schaden bewahren. Sollten Sie und Ihr Partner sich trennen, wird Ihr Misstrauen Sie wahrscheinlich in neuen Beziehungen begleiten. Sollten Sie zusammenbleiben, wird es sich abschwächen, wenn sich Ihr Partner als zuverlässig erweist, wahrscheinlich jedoch nie wieder ganz verschwinden.

Der Verlust der Kontrolle über Ihre Gedanken und Ihr Handeln: »Wie kann ich meinen Kopf ausschalten? Wie kann ich mich selbst stoppen?«

Bei dem Versuch, das Geschehene zu entwirren, können Ihre Gedanken und Ihr Handeln außer Kontrolle geraten. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Sie zwanghafter werden, dass Sie auf den Lügen Ihres Partners, den Einzelheiten des Seitensprungs und den Ereignissen, die zum Seitensprung geführt haben, herumreiten. Auch bei der Arbeit und im Spiel können Sie zwanghafter werden, Sie werden alles forcieren und frenetischer sein, um Ihre Angst zu zerstreuen. Keine dieser Reaktionen wird Ihnen jedoch die Erleichterung verschaffen, nach der Sie suchen. Lassen Sie uns einige davon ansehen und besprechen, warum das so ist.

Zwanghafte Gedanken: »Wie kann ich meinen Kopf ausschalten?«

Der Kopf hat »seinen eigenen Kopf« und lässt sich in Zeiten wie diesen nicht kontrollieren. Ihre Zwangsvorstellungen übernehmen das Kommando, und Sie ertappen sich dabei, wie Sie Löcher in die Luft starren, während Bilder von Ihrem Partner und dem Seitensprung-Partner Ihr Unterbewusstsein bombardieren, Ihren Schlaf unterbrechen und Ihre Konzentration stören.

Ab dem Tag, als beispielsweise Lynn von Marks Seitensprung erfuhr, war sie völlig darauf fixiert. »Meine Gedanken drehen sich im Kreis – wie eine kaputte Schallplatte«, erzählte sie mir. »Ich führe endlose eingebildete Gespräche mit ihm: ›Ich war immer für dich da, Mark‹, sage ich ihm, ›ich war immer da.‹ Nachts um drei Uhr wache ich auf, träume von ihm und der anderen Frau, sehe die beiden zusammen im Bett, überlege, wie sie ihn berührt hat, wie er sie erregt hat. Ich spiele es immer wieder im Kopf durch und versuche, mehr Sinn darin zu erkennen. Aber das Einzige, was ich damit erreiche, ist, dass ich mich selbst krank mache.«

Ein anderer verletzter Partner, Steve, verbrachte jeden freien Moment damit, die Hinweise über den Betrug seiner Frau zusammenzufügen. Allein oder wenn er mit ihr zusammen war, spielte er ständig dasselbe Band im Kopf ab: »Als du an unserem Jahrestag letzten Mai gesagt hast, du wärst auf einer Geschäftsreise, warst du tatsächlich also mit ihm zusammen?«, »Als ich zu dir hereinkam und du telefoniert hast, hast du also mit ihm gesprochen – in unserem Schlafzimmer?«

»So sehr ich es hasse, betrogen zu werden«, sagte mir Steve, »was mich wirklich krank macht, ist, wie sehr meine Gedanken verseucht sind. Vorher habe ich nie so gedacht.«

Wundern Sie sich nicht, wenn Sie sich dabei ertappen, Szenen heftiger Rache gegenüber Ihrem Partner oder dem Seitensprung-Partner im Geiste heraufzubeschwören. Die Bösartigkeit dieser Bilder mag Sie alarmieren – sie sind so untypisch im Vergleich zu Ihrer normalen Denkweise –, aber unter diesen Umständen sind sie nicht ungewöhnlich.

»Ich hatte mich immer als ziemlich entspannt empfunden«, erzählte mir ein verletzter Partner. »Und jetzt werde ich von Hass zerfressen. Ich höre, wie ich meiner Frau und ihrem Freund Beleidigungen hinwerfe, und wünsche mir, dass sie auch leiden. Als ich ihn gestern die Straße überqueren sah, überlegte ich, ihn zu überfahren. Letztlich bin natürlich ich es, der leidet. Den beiden kann es völlig egal sein, wie verrückt ich werde.«

Wenn Ihre wiederkäuenden Grübeleien Ihre Funktionsfähigkeit ernsthaft beeinträchtigen, können Sie in Kapitel 7 weiterlesen, dort finden Sie Anregungen, wie Sie diese Gedanken abstellen können. Sie können auch einen Arzt aufsuchen und sich etwas zur Beruhigung und für einen besseren Schlaf verschreiben lassen. Gleichzeitig sollten Sie versuchen, das, was in Ihnen vorgeht, als angemessene Reaktion auf den Schock der Enthüllung zu akzeptieren. Das Beste, wozu Sie in dieser Phase vielleicht in der Lage sind, ist, einen Schritt zurückzutreten und Ihre Zwangsvorstellungen mit Mitgefühl zu beobachten. Diese Vorstellungen führen zu keinem produktiven Ergebnis, sie sind aber eine Möglichkeit für Ihren Verstand, wieder Ordnung und Gerechtigkeit in Ihre Welt zu bringen und Ihnen das Gefühl von Kontrolle zu vermitteln.

Zwanghaftes Verhalten: »Wie kann ich mich selbst stoppen?”

Ihr Misstrauen wird Sie dazu bringen, sich zwanghaft, reflexhaft zu verhalten – ohne Verstand oder Hemmung.

»Es sind jetzt sechs Monate, seit ich herausgefunden habe, was zwischen ihm und seiner Assistentin läuft«, erzählte mir Marge, »aber ich kann einfach nicht damit aufhören, seine Jackentaschen, Schreibtischschubladen oder was auch immer zu durchsuchen. Wenn er schläft, scrolle ich seine SMS durch. Ich gehe bei Restaurants und Hotels vorbei, wo er mit seiner Freundin hinzugehen pflegte. Ich habe gelernt, seine Aufenthaltsorte auf seinem iPhone zu verfolgen. Ich rufe ihn im Büro an, um zu sehen, ob er dort ist, und wenn er nicht am Platz ist, benütze ich sein Passwort, um seinen Anrufbeantworter abzuhören. Gelegentlich engagiere ich einen Privatdetektiv, um zu erfahren, ob er wirklich dort ist, wo er gesagt hat, dass er hingeht. Ich zähle sogar seine Viagra-Tabletten ab, um zu sehen, ob er mit jemand anderem zusammen gewesen ist. Ich beobachte, kontrolliere, stelle Fallen. Und ich vergeude damit unglaublich viel Zeit und auch Geld. Ich weiß, dass ich außer Kontrolle bin, aber wie es scheint, kann ich nicht anders. Wer hat mich zu einem Detektiv gemacht?«

Genau wie Marge sind auch Sie sicherlich entschlossen, sich nie mehr zum Narren halten zu lassen. Wenn Ihr Partner Treue verspricht, kann ein gewisses Maß an Kontrolle etwas konkrete Sicherheit liefern. Ihre ständige Wachsamkeit wird Sie jedoch wahrscheinlich körperlich und mental erschöpfen und Ihre Selbstachtung weiter untergraben. Sie wird auch sicherlich nicht das Vertrauen oder die Nähe zurückbringen, die Sie wiederherstellen möchten.

Das Kontrollieren Ihres Partners ist nur eine Form exzessiven Verhaltens. Rauchen, Trinken, Shoppen, das Umdekorieren der Wohnung – dies alles sind Versuche, Ihre Angst zu reduzieren, Ihren Schmerz zu betäuben und sich selbst zu belohnen an den wenigen Tagen, die Sie für sich zur Verfügung haben.

Vielleicht stellen Sie auch fest, dass Sie – manchmal sogar in unverantwortlicher oder unangemessener Weise – mehr Interesse an Sex entwickeln. Eine Patientin namens Gail ist typisch dafür: »In der Nacht, in der ich Toms Seitensprung entdeckte, ging ich in eine Bar, betrank mich und hatte ungeschützten Sex mit einem Fremden. Ich wusste nicht einmal seinen Namen. Am nächsten Tag war ich auf einer Hochzeit und flirtete mit dem Mann meiner Zimmergenossin von der Uni. Ich war so verrückt, dass ich sogar versuchte, einen Typen aufzureißen, der neben mir in der U-Bahn saß. Es ist beschämend, wie ich mich zur Schau gestellt und mich herabgesetzt habe. Nicht, dass mein Verhalten ungerechtfertigt oder unmoralisch war, es war dumm und selbstzerstörerisch. So, als hätte ich, weil ich verletzt worden war, die ganze Welt wissen lassen wollen, dass alles gleichgültig ist. So, als müsste ich, weil ich mich wie ein Niemand fühlte, alle anderen ebenfalls so behandeln. Ich war so verbittert, dass ich alles Gute oder Anständige wegfegen wollte – mich eingeschlossen.«

Eine andere übliche Form zwanghaften Verhaltens ist übermäßiger Sport oder Diäthalten – Aktivitäten, von denen Sie vielleicht hoffen, sie würden Ihnen mehr Kontrolle über Ihr Leben geben, Sie für Ihren Partner attraktiver machen und Ihre Selbstachtung wiederherstellen. Auch wenn diese Aktivitäten durchaus einige kurzfristige Vorteile haben können – Sie verbessern Ihre Gesundheit, werden körperlich fitter und lösen aufgestaute Spannungen –, sollte Ihnen klar sein, dass Sie in Ihrem überkritischen und deprimierten Zustand nicht in der Lage sind, Ihre körperliche Attraktivität zu bewerten, und Gefahr laufen, sich einer Diät zu unterwerfen, die bestrafend, einschränkend und extrem ist. Nur zu, Sie können natürlich Gewichte stemmen oder sich von Salat ernähren, wenn Sie sich dabei besser fühlen, aber erkennen Sie bitte, dass kein Fitnesstraining und keine mediterrane Diät die Probleme an der Wurzel packen werden, nämlich Ihre Angst, verlassen zu werden, und Ihr zerrüttetes Selbstgefühl.

Ein weiteres zwanghaftes Verhalten besteht darin, an Menschen heranzutreten, die Einfluss auf Ihren Partner haben, und diese dazu anzuhalten, Ihnen dabei zu helfen, Ihren Partner zurückzugewinnen. Wenn überhaupt, hält dies Ihre Hoffnungen aufrecht und gibt Ihnen, genau wie exzessiver Sport, die Illusion, Macht oder zumindest Mitsprache beim Schicksal Ihrer Beziehung zu haben. Es ist schwer, passiv zu bleiben und zuzusehen, wie das Leben auseinanderfällt.

»Ich war verzweifelt darum bemüht, Glenn zurückzugewinnen, daher verbrachte ich Stunden damit, Beziehungen mit all den Menschen zu pflegen, auf die er möglichweise hören würde«, erinnerte sich Abbey. »Ich nahm zu seinen Eltern und zu mehreren seiner besten Freunde Kontakt auf und flehte sie an, mit ihm zu sprechen. Ich rief seine Brüder und deren Frauen an – sogar den Pfarrer. Ich drohte damit, mit den Kindern wegzuziehen, falls die Ehe zerbrechen würde – nicht, dass ich das tatsächlich gemacht hätte, aber ich wollte seine Eltern damit überzeugen, die es nicht ertragen hätten, ihre Enkel zu verlieren. Sie sollten Druck auf ihn ausüben, bei mir zu bleiben. Ich tappte im Dunkeln, aber ich weigerte mich, einfach zu warten und dafür zu beten, dass er zurückkäme.«

Einige von Ihnen werden sich vermutlich zwanghaft zwischen den Extremen bewegen: im einen Moment fest entschlossen, die Beziehung zu retten, im nächsten Augenblick eher geneigt, sie zu beenden. »Meine Stimmung ändert sich ständig«, erklärte eine verletzte Partnerin namens Tina. »Einmal wache ich auf und möchte mit meinem Mann nichts mehr zu tun haben und möglichst weit weg von ihm sein. Eine Stunde später liebe ich ihn über alles und möchte jede Minute mit ihm verbringen. Ständig frage ich mich: ›Ist er es wirklich wert, um ihn zu kämpfen?‹ Beantworte ich die Frage mit Ja, verhalte ich mich so lieb wie möglich, sorge dafür, toll auszusehen, und koche ihm sein Lieblingsessen. Ich werde es ihm nicht leicht machen, mich zu verlassen. Aber dann frage ich mich wieder: ›Will ich diesen Mann tatsächlich halten? Er ist widerlich‹, und ich lasse mir einen Termin beim Anwalt geben und wappne mich, für meine Rechte zu kämpfen. Es ist nicht so, dass ich keine Entscheidungen treffen könnte, ich treffe im Gegenteil ständig andere.«

Um sich zu zerstreuen und die Einsamkeit zu vertreiben, planen Sie zu viel mit zu vielen Leuten, die Ihnen nichts bedeuten. Wie andere Formen zwanghaften Verhaltens dienen diese Zerstreuungen als vorübergehendes Gegenmittel zu Gefühlen von Angst oder Leere. Wenn Sie jedoch wieder auf die Beine kommen möchten, müssen Sie Tempo herausnehmen, sich Ihrem Schmerz stellen, herausfinden, warum es zu dem Seitensprung kam, und entscheiden, wie Sie damit umgehen wollen.

Das Gefühl, die Kontrolle über Körper und Geist verloren zu haben, die Tatsache, dass der Kopf so wenig Einfluss darauf hat, wie Sie Ihr Leben leben, ist beängstigend. Seien Sie jedoch versichert, dass Ihr Verhalten nicht sonderbar ist, auch wenn Sie sich selbst in dieser Phase als sonderbar empfinden.

Der Verlust des grundsätzlichen Gefühls von Ordnung und Gerechtigkeit in der Welt: »Die Welt ist sinnlos geworden.«

Vermutlich dachten Sie, Sie hätten verstanden, wie die Welt funktioniert, und dass Sie durch dieses Verständnis eine gewisse Kontrolle über Ihr Leben ausüben könnten. »Was man sät, wird man ernten«, »Wie man sich bettet, so liegt man« – Solche und ähnliche Redewendungen, nach denen Sie früher gelebt haben, können unanfechtbar gewirkt haben. Wenn Sie jedoch vom Seitensprung Ihres Partners erfahren, wird Ihr Glaube an die Ordnung und Gerechtigkeit der Welt hinweggefegt und mit ihm auch Ihre Annahme, dass Sie gut sind und dass die Welt grundsätzlich sicher und sinnvoll geordnet ist.

Wenn Sie eine persönliche Verletzung dieses Ausmaßes erleiden, werden Sie gezwungen, sich Ihren grundsätzlichen Gedanken darüber zu stellen, was unter jedem Lebensaspekt fair und gerecht ist, auch in der Liebe und in der Ehe. Sie haben diese Annahmen vielleicht nie formuliert, aber sobald ihnen zuwidergehandelt wird, trifft es Sie schwer, wie sehr Sie davon abhängig sind. Ihr Glaube daran, dass Y folgen würde, wenn Sie X tun – das heißt, dass Sie voraussehen können, was nötig ist, um geliebt zu werden, und sich entsprechend verhalten können –, sorgte dafür, dass Sie sich erfolgreich und sicher fühlten, und gab Ihrer Welt eine Struktur, auf die Sie zählen konnten. Nun stellen Sie fest, wie wenig Kontrolle Sie über Ihr eigenes Glück haben und wie wenig Sie sich darauf verlassen können, von allen fair behandelt zu werden, sogar von Menschen, die Sie lieben.

Als Sam erfuhr, dass seine Frau Jane mit einem dreiundzwanzigjährigen Zimmermann schlief, geriet seine Welt komplett aus den Fugen: »Ich hatte mich für einen grundsätzlich anständigen Ehemann gehalten, der die Liebe seiner Frau verdient«, erzählte er mir. »Ich war ihr völlig ergeben und versuchte, immer für sie da zu sein – half ihr im Haus, unterstützte sie beim Lernen für ihr Aufbaustudium. Ich versuchte, immer ausgeglichen und rücksichtsvoll zu sein, selbst wenn sie es nicht war. Meine Mutter pflegte zu sagen: ›Behandle deine Frau wie eine Königin, dann wird sie dich zu ihrem König machen.‹ Was für ein schlechter Witz. Vielleicht versagte ich auf irgendeinem wichtigen Gebiet, aber sie ließ mich das nie wissen und gab mir keine Chance, etwas zu ändern. Jetzt fühle ich mich getäuscht und betrogen. Ich sehe, dass man keinen Preis gewinnt, wenn man anständig ist, sondern dafür tatsächlich sogar einen Schlag ins Gesicht bekommen kann. Ich hasse sie für das, was sie mir angetan hat. Ich bin zynisch und egoistisch geworden und bezweifle, dass ich die Menschen oder die Liebe jemals wieder für gut werde halten können.«

Bevor die Anarchie Ihres Alltags durch den Seitensprung eintrat, haben Sie wahrscheinlich genau wie Sam gewisse allgemeine Annahmen unterstützt, wie eine Beziehung funktioniert, die da wären:

• »Ich habe ein Wort dabei mitzureden, wie meine Ehe läuft.«

• »Wenn ich grundsätzlich gut und liebevoll bin, werde ich im Gegenzug geliebt.«

• »Wenn ich ein anständiger Partner bin, kann meiner Ehe nichts passieren.«

• »Ich weiß, was ich tun muss, um meinen Partner glücklich zu machen.«

• »Ich kann meiner besten Freundin/meinem besten Freund vertrauen.«

Diese früher so selbstverständlichen Gedanken mögen Ihnen jetzt schrecklich naiv erscheinen. Anstatt sie jedoch aufzugeben, beginnen Sie möglicherweise, Ihre Güte, Ihre Anständigkeit und Ihr Urteilsvermögen infrage zu stellen. Um allem einen Sinn zu geben, fangen Sie an zu glauben, dass Sie bekommen haben, was Sie verdienen.

Deprimiert und verwirrt, wie Sie sind, können Sie entweder annehmen, dass die Welt nicht nach den Prinzipien funktioniert, die Sie bisher für sicher gehalten hatten (ein Zustand, der zu äußerem Chaos führt), oder dass Sie ihr nicht gerecht werden (ein Gedanke, der zu innerem Chaos führt). Vielleicht noch nicht gleich, aber später einmal werden Sie erkennen, dass beide Sichtweisen übertrieben und zu verallgemeinernd sind. Sie müssen wirklich weder sich noch die Welt quälen. Das Leben ist nicht so regellos und Sie sind nicht so schlecht, wie Sie in dieser Phase meinen.

Der Verlust der religiösen Gläubigkeit:

»Warum hat Gott mich verlassen?«

Einige von Ihnen, die versuchen, eine Erklärung für ihr Leid zu finden, werden sich vielleicht von Gott bestraft oder verlassen fühlen. Wie Rabbi Harold Kushner in Wenn guten Menschen Böses widerfährt ausführt, ist eine der häufigsten Fragen von Menschen, die von einem Unglück getroffen werden: »Wenn es Gott gäbe, wenn er ein Mindestmaß an Fairness hätte oder liebend und vergebend wäre, wie könnte er mir das antun?«5

Wie auch immer Sie es sehen – ob ein grausamer Gott Sie betrogen, ein gleichgültiger Gott Sie verlassen hat oder ein gerechter Gott Sie für unwürdig befand und Ihnen gab, was Sie verdienen –, wahrscheinlich werden Sie des Trostes beraubt, den Sie bisher in der Religion oder einem religiösen Ritual gefunden haben, und werden sich einsamer und bedürftiger fühlen als zuvor.

Ihr Glaube wird möglicherweise noch weiter ausgehöhlt durch das, was Sie als Gefühllosigkeit oder Distanziertheit Ihrer religiösen Mentoren ansehen, und durch den Verlust der spirituellen Familie, von der Sie sowohl eine soziale Identität als auch emotionale Unterstützung bezogen haben. In einer Zeit, in der Sie von den Gemeindesprechern Hilfe für Ihre psychische Wiederherstellung, eine Stärkung traditioneller familiärer Werte oder einfach Trost erhoffen, fühlen Sie sich möglicherweise entsetzlich im Stich gelassen.

Einige Mitglieder der Geistlichkeit werden die alten religiösen Plattitüden über Sie ergießen und Ihnen beispielsweise erzählen, dass Ihnen vergeben wird, wenn Sie vergeben. Andere, die sich Sorgen um Beiträge und Kirchenbesucher machen, werden keine Stellung beziehen wollen. Viele werden natürlich auch einfühlsam und unterstützend sein, aber da Sie sich so erbärmlich fühlen, wird momentan wahrscheinlich niemand Sie trösten können.

Wieder ein Beispiel: Obgleich Rachels Mann einen Seitensprung gemacht hatte, war sie es, die von ihrem Rabbi gemieden wurde:

Mein religiöser Glaube hat mir immer sehr viel bedeutet. Ich war Präsidentin des örtlichen jüdischen Familiendienstes, als mein Mann, der große und sehr angesehene jüdische Führer der Gemeinde mit einem nicht jüdischen Mädchen daherkam. Ich weiß nicht, ob ich mich versteckte oder ob die Menschen vor mir zurückschreckten, aber ich fühlte mich von jedem in der Gemeinde zurückgewiesen, sogar vom Rabbi. Als ich einmal sah, wie er meinem Mann seinen Arm um die Schultern legte, dachte ich :»Das ist der Mann, der mich zur Bar Mitzwa eingesegnet hat, der mich verheiratet und meine beiden Kinder beschnitten hat. Eines Tages wird er meine Eltern bestatten.« Irgendwie dachte ich, wenn überhaupt jemand, dann würde er sich für mich einsetzen, aber jedes Mal, wenn ich nach dem Gottesdienst seinem Blick begegnete, wandte er ihn ab. Als er weiterhin nichts sagte – keinen Rat, kein Wort des Mitgefühls –, beschloss ich: »Das war es. Ich will keine Jüdin mehr sein.« Um meinen Schmerz loszuwerden, kehrte ich mich von meiner Religion ab.

Ich musste mich davon trennen, musste eine andere Identität finden, auch wenn es eine Anti-Identität war. Mein Mann kehrte letztlich zu mir zurück, aber es dauerte acht Jahre, bis ich mich bei der Beobachtung jüdischer Rituale wieder wohlfühlen konnte. Eines Tages ging ich zu dem Rabbi und konfrontierte ihn mit meiner Wut. Er schien all die Jahre keine Vorstellung davon gehabt zu haben, wie verletzt und einsam ich gewesen war. Nun, da er es wusste, sagte er mir, er fühle sich verletzt, dass ich nicht früher zu ihm gekommen sei, um mir seine Weisungen anzuhören.

Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber ich vermute, dass er zu ängstlich, zu politisch war, um sich da hineinziehen zu lassen. Mein Mann war schließlich einflussreich. Für mich war dies ein Mann mehr, der weder den Mut noch die Menschlichkeit besaß, seine Eigeninteressen hinter sich zu lassen, und der von mir erwartete, ihm das Gefühl von Wichtigkeit zu geben. ›Fick dich ins Knie‹, war mein Gefühl dabei. In diesen Monaten entledigte ich mich einer Menge Müll und fand allmählich andere Wege, um meine spirituellen Bedürfnisse wahrzunehmen.

So wie bei Rachel kann es auch Ihnen passieren, dass sich Ihr Glaube in eine Farce und Ihr Gott in eine unbeteiligte und machtlose Symbolfigur verwandeln, wenn Sie von Ihren religiösen Führungspersönlichkeiten im Stich gelassen werden. Ob ein Angehöriger der Kirche Sie desillusioniert oder Gott selbst, Sie werden sich wahrscheinlich von einer Ihrer vertrautesten und umfassendsten Quellen der Bestätigung und spirituellen Nahrung im Stich gelassen fühlen. Versuchen Sie, nicht zu vergessen, dass solche Gefühle in diesem Stadium normal sind und nicht notwendigerweise einen dauerhaften Verlust des Glaubens vorhersagen.

Der Verlust der Verbindung zu anderen: »Wem kann ich noch vertrauen? Wer ist für mich da?«

Ihr Gefühl von Scham und Minderwertigkeit kann möglicherweise dazu führen, dass Sie denken, alle würden über Sie reden und würden Sie meiden wie die Pest – warum sonst würden sie nicht mehr anrufen oder Sie einladen?

Während ein Teil von Ihnen die Hände ausstrecken und der Welt erzählen möchte, dass Sie verletzt wurden, möchte ein anderer Teil den Mund halten und allein bleiben. In einem Moment sehnen Sie sich nach der Bestätigung, dass Sie ein liebenswerter Mensch sind, und möchten sich an jeden hängen, der Ihrer Geschichte zuhören und anerkennen möchte, dass Sie verletzt wurden. Im nächsten Moment ziehen Sie sich in die Isolation zurück, getrieben von Stolz, der Angst vor Lächerlichkeit und dem abwegigen Gefühl, die Person schützen zu müssen, die Sie betrogen hat.

Mary, Tochter eines etablierten Investment-Bankers, wurde so erzogen, dass man Familiengeheimnisse für sich behält und Probleme selbst löst. Als sie herausfand, dass ihr Mann eine Affäre hatte, hätte sie ihre Familie und ihre Freunde gebraucht, verschloss sich jedoch stattdessen. »Nach dem, was mir der Bastard angetan hat, ist es unglaublich, dass ich es als meine heilige Aufgabe betrachtet habe, seinen Namen zu schützen«, erzählte sie mir rückblickend. Als er jedoch weiterhin fremdging, gestattete sie es sich, die Unterstützung von Verbündeten zu suchen. »Soll er sich doch selbst um sein Ansehen sorgen«, sagte sie.

Wenn Ihre Eltern noch leben, zerbrechen Sie sich wahrscheinlich den Kopf darüber, ob Sie es ihnen erzählen sollen. Ihre Entscheidung wird immer erhebliche Risiken bergen, und Sie werden sich fragen: »Werden künftige Familientreffen unerträglich, wenn sie es wissen? Wird es für meinen Partner schwieriger, wenn ich meine Eltern gegen ihn aufbringe? Will ich wirklich, dass meine Eltern von meinen Beziehungsproblemen wissen? Will ich von ihnen abhängig sein – will ich wieder von ihnen gehätschelt werden? Kann ich mit ihrem Mitleid, ihrer Missbilligung, ihrer Verurteilung umgehen? Will ich mit ihnen die schmutzigen, demütigenden Details des Seitensprungs teilen? Wenn ich wieder in die Kindesrolle geschlüpft bin, wie komme ich da wieder heraus?«

Wenn Sie Mutter oder Vater sind, quälen Sie sich vielleicht mit der Frage, ob Sie es Ihren Kindern erzählen sollen. »Ist es klug, sie mit der hässlichen Wahrheit zu belasten?«, fragen Sie sich eventuell. »Sind sie noch zu jung, um es zu verstehen?« Sie sehnen sich nach ihrem Mitgefühl, haben aber die Sorge, sie gegen ihren anderen Elternteil aufzubringen. Ein Teil von Ihnen sagt: »Ja, ich möchte ihre Beziehung zu der Person vergiften, die mich zerstört hat. Ich würde mich gerne rächen. Ich will, dass die Kinder mich mehr lieben.« Aber ein anderer Teil – der Teil, der weiß, dass jeder Elternteil ein unersetzliches Vorbild ist und dass Kinder von beiden Eltern lernen, was es bedeutet, erwachsen zu sein – schreckt bei dem Gedanken zurück, die Kinder dazu zu zwingen, ihre Loyalität aufzuteilen. »Will ich wirklich, dass sie mit einem unvollständigen oder verzerrten Selbstgefühl aufwachsen?«, werden Sie sich fragen. »Was wird die Wahrheit mit ihrer Selbsteinschätzung anstellen? Wird es dadurch wahrscheinlicher, dass sie selbst einmal Seitensprünge machen, wenn sie groß sind? Werden sie Angst davor haben, selbst enge Beziehungen einzugehen? Werden sie sich für das, was geschehen ist, die Schuld geben? Vielleicht müssen sie nie etwas davon erfahren, wenn es mir gelingt, die Ehe schnell wieder zu kitten.«