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Der Autor will mit seinem multimedialen Naturerlebnisbuch zum Kampf gegen das Artensterben beitragen. Es ist eine Hommage an die Naturmäzene und ihr beispielhaftes Engagement. Dazu gehören spektakuläre Retter-Projekte: Die Rettung der letzten Waldrappe und die Wiederansiedlung dieser in freier Wildbahn in Europa ausgestorbenen skurrilen Vögel, ihre Nachzucht in Zoos und Prägung auf Ziehmütter. Die Ziehmütter begleiten ihre Schützlinge als Copilotinnen beim Erlernen einer Zugroute in den Süden Europas in einem voran fliegenden Leichtflugzeug. Auch der gefährdete Feldhamster erhält durch Nachzucht- und Auswilderungsprogramme Überlebenschancen. Diese verdankt er Zoos, dem NABU und der Deutschen Wildtier Stiftung. Das Schaffen neuer Nistmöglichkeiten durch Stiftungen wie die Sielmann Stiftung, durch den LBV-Bayern und durch Sponsoreninitiativen soll die Wiederansiedlung des Wiedehopfs erleichtern. Manche Projekte wie "Rettet den Spatz" der Deutschen Wildtier Stiftung und der Stiftung Naturschutz Berlin kombinieren Artenschutz und Naturbildung. Sie lernen die berühmtesten Spatzen von Berlin kennen. Dies sind Tschippie Superspatz und Piaf. Der Erhalt seltener Pflanzen und Tiere, Naturbildung und Naturerlebnisse sind ein Schwerpunkt der Artenschutz- und Bildungsaktivitäten der Loki Schmidt Stiftung. Die jährliche Kür einer Blume des Jahres ist dafür ein Beispiel. Um die Wiedergeburt der Natur in den renaturierten Bergbaufolgelandschaften bemühen sich mit großem Erfolg die Rainer von Boeckh- und die Heinz Sielmann Stiftung. Aus Mondlandschaften sind neue Naturparadiese entstanden. Aber auch in alten Naturparadiesen wie auf der Insel Föhr gibt es einen Kampf gegen das Artensterben. Er wird von den Vogelschützern des Vereins Elmeere geführt. Der Besuch der familienfreundlichen Ferieninsel im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und des Andelhofes des Vereins Elmeere machen diese Naturerlebnisreise unvergesslich. Das Insektensterben zu stoppen, ist ein Ziel der Initiative "Deutschland summt". Die Bestäuberkrise wird ohne effektiven Insektenschutz nicht enden und das Klima nicht ohne Renaturierung der Moore gerettet werden können. Mehr Renaturierung und mehr Recycling sind, solange die Müllflut nicht abebbt, Hebel zu mehr Naturschutz. Das Buch berichtet von dem Mainzer Unternehmen Werner & Mertz, das zum Pionier einer echten Kreislaufwirtschaft geworden ist. Es korrigiert die Wahrnehmung der verkannten und schutzbedürftigen Geier. Dieses Buch ist ein Naturerlebnis-Buch. Es berichtet von der Renaturierung von Landschaften, den Mooren und den Bergbaufolgeregionen, dem Bemühen, wieder gut zu machen, was Menschen zerstört haben, der Wiederansiedlung bereits ausgestorbener oder vom Aussterben bedrohter Tiere. Es regt an zu Naturreisen. Das Buch integriert 78 Videos, darunter 6 Musikvideos, per QR-Code und Weblinks. Dieses E-Book hat keinen Kopierschutz. Der Autor vertraut auf die Fairness seiner Leser. Bitte nutzen und verbreiten Sie keine Raubkopien. Wenn Sie das E-Book voll nutzen, die Hintergrundinformationen lesen und die Videos anschauen möchten, müssen Sie auf ihrem Smartphone, Tablet oder PC eine E-Bookreader-Leseapp installieren. Sie gibt es für Android und iOS-Betriebssysteme. Die Leseapps können Sie meistens kostenlos aus dem Netz herunterladen wie die Apps von Tolino, Reasily oder für Amazon-Bücher Kindle. Ein Kinoerlebnis genießen können Sie, wenn Sie für Windows-PC Leseapps wie Icecream im Vollmodus nutzen. Sie müssen auf Touchscreens, die mit dem Internet verbunden sind, die Weblinks nur antippen oder auf ihrem PC anklicken. Das kostengünstige, umweltfreundliche E-Book macht das Sehen der integrierten Videos besonders leicht. Das Buch ist auch in Druckversionen erschienen: ISBN 978-3-384-01935-6 Softcover schwarzweiß € 18,50 ISBN 978-3-384 -02772-9 Softcover mit 58 Farbseiten € 24,95 ISBN 978-3-384-02771-9 Hardcover mit 58 Farbseiten € 29,95
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Seitenzahl: 153
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Rainer Nahrendorf
Naturmäzene
Stifter, Spender, Sponsoren für den Schutz der Natur
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar
Dieses Buch ist multimedial. Es führt mit Weblinks und QR-Codes weiter zu Hintergrundinformationen und Videos. Diese sollten Sie nur nutzen, wenn Sie auf ihrem Smartphone, Laptop oder PC eine Sicherheitssoftware installiert haben, die Sie zuverlässig vor Bedrohungen aus dem Netz schützt. Berücksichtigen Sie bitte auch, dass sich Weblinks immer ändern können.
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© 2023 Rainer Nahrendorf
ISBN Softcover: 978-3-384-01567-9
ISBN E-Book: 978-3-384-12855-3
Gestaltung: Dr. Bernd Floßmann www.ihrtraumvombuch.de
Fotos wenn nicht anders ausgezeichnet: Christiane und Rainer Nahrendorf
Cover: Waldrappteam Conservation & Research
Rückcover: Porträt eines Altvogels Waldrappteam Conservation & Research
Mein Dank an die Naturmäzene
Dieses Buch will anstiften zum Schutz der Natur. Es ist eine Hommage an die Naturmäzene und ihr beispielhaftes Engagement im Kampf gegen das Artensterben.
Mein herzlicher Dank gilt allen Stiftungen, Stiftern, Spendern, Sponsoren und Vereinen, die mir ermöglicht haben, dieses Buch zu schreiben.
Kein Nachzucht- und Wiederansiedlungsprojekt in Europa ist so spektakulär und so gut für die Medien inszeniert wie das für den „Greisen Eremiten“ (Geronticus eremita). So heißt der rund 1,2 kg schwere Ibisvogel mit dem an einen Greis erinnernden Glatzkopf. Der nackte Kopf mit dem Federschopf macht den Waldrapp unverwechselbar. Der lange Schnabel eignet sich gut, um Würmer und Larven aus dem Boden zu stochern.
Aber ein Eremit ist der skurrile Vogel nicht. Er ist ein geselliger Koloniebrüter mit einer starken Bindung zu seinen Artgenossen. Er hat eine uralte Geschichte. Die ältesten bekannten Waldrapp Abbildungen stammen aus Ägypten und sind rund 5000 Jahre alt. Er ist auf zahlreichen Hieroglyphentexten in Pyramiden, auf Opferkammern, Sargschreinen sowie auf Schmuckstücken zu sehen.
Im Rahmen des altägyptischen Tierkultes (3500/3000 v. Chr. bis 400 n. Chr.) kam ihm ein mythisch-ritueller Rang zu. Auch in Mitteleuropa war er bis in das 17. Jahrhundert weit verbreitet. Aber dann sorgten Störungen seiner Brutkolonien, die Plünderungen seiner Nester und Jäger, die dem als Delikatesse begehrten Vogel nachstellten, für sein Aussterben in Europa. Was Menschen vor Jahrhunderten anrichteten, versuchen sie heute wiedergutzumachen.
Waldrappe werden im Rahmen eines europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) in zahlreichen europäischen Zoos gezüchtet.
Die Nachzucht dieser Zookolonien ermöglicht Forschungs- und Artenschutzprojekte. Vor mehr als 20 Jahren wurde das Unternehmen „Waldrappteam Conservation and Research“ gegründet, das die Wiederansiedlung und Erhaltung dieser Zugvogelart zum Ziel hat. Die LIFE-Projekte (L’Instrument Financier pour l’ Environnement) zur Wiederansiedlung des Waldrapps sind zu einem Vorbild für die Programme zur Nachzucht und Erhaltung von Arten geworden. Der Name erklärt sich durch die Geschichte des Unternehmens. Im Jahr 2001 begann ein Team von Forschern unter Leitung von Dr. Johannes Fritz, mit Waldrappen zu fliegen – daher der Name Waldrappteam. Inspiriert durch die Geschichte von Bill Lishman und dem daraus entstandenen Hollywood-Kinofilm „Fly away home“ erprobte das Team, ob von Menschen aufgezogene junge Waldrappe lernen können, ihren Zieheltern in Ultraleicht-Fluggeräten zu folgen, um sie so später in ihr Überwinterungsgebiet führen zu können. Aber die Waldrappe sind in die Turbulenzen des Klimawandels geraten. Vermutet wird, dass bei der Migration aus den Brutkolonien im Spätherbst die thermischen Aufwinde fehlten und die Alpen dann für die Waldrappe zu einer Barriere wurden, die sie aus eigener Kraft nicht überwinden konnten. Im Jahr 2022 sind viele bei einem Sturm in Norditalien gestorben.
Von 2014 bis 2019 wurde das erste Projekt zur Wiederansiedlung des Waldrapps in den Alpen durch den LIFE Fonds gefördert. Bis 2019 wurde in den Alpen eine migrierende Population von Waldrappen etabliert: 142 Tiere lebten Ende 2019 in drei Brutkolonien nördlich der Alpen mit einem gemeinsamen Überwinterungsgebiet in der Toskana. Damit war aber das Projektziel, der Aufbau einer sich selbst erhaltenden Population, noch nicht erreicht. Deshalb wurde ein Nachfolgeprojekt beschlossen mit einem Förderzeitraum bis 2028, das „LIFENorthern Bald Ibis“ heißt.
Das Unternehmen „Waldrappteam Conservation and Research“ unter der Leitung von Dr. Johannes Fritz erhielt den Auftrag, das Projekt zu managen und insgesamt fünf von Menschen geführte Migrationen zur Auswilderung weiterer Jungvögel durchzuführen. Für den Förderzeitraum von 2022 bis 2028 kommen 60 Prozent des insgesamt 6,48 Mill. Euro betragenden Budgets aus dem EU-Haushalt, die restlichen 40 Prozent werden durch Partner und Kofinanzierer aufgebracht. Die Liste der „Naturmäzene“, der Kofinanzierer und Partner, ist so lang wie bei kaum einem anderen Artenschutzprojekt.
Das Projekt wird von zehn Partnern aus vier Ländern unter der Leitung des Tiergartens Schönbrunn umgesetzt. Träger des zweiten LIFE Projektes ist der Tiergarten Schönbrunn. Der Projektträger im ersten Turnus war der Förderverein „Waldrappteam“.
Erstmals brüteten Vögel 2022 aus der Wildkolonie im österreichischen Rosegg. Bis dahin lebte im Tierpark Rosseg seit mehr als 20 Jahren eine Kolonie von Waldrappen. Sie brüteten auch. Damit umfasst die Population bereits vier aktive Brutkolonien:
•Burghausen (Bayern, Deutschland),
•Kuchl (Salzburg, Österreich),
•Überlingen (Baden-Württemberg, Deutschland),
•Rosegg (Kärnten, Österreich).
Die Stadt Burghausen engagiert sich seit dem Jahr 2004 für den Waldrapp. Auf der Burgmauer am Pulverturm brüten die freilebenden Waldrappe in Brutnischen. Von April bis August halten sich die Tiere in Burghausen auf, wo sie ihre Brut aufziehen. Anfang August verlassen die Waldrappe ihr Brutgebiet. Oft bleiben sie noch mehrere Wochen im nördlichen Alpenvorland, um sich dort von den reichhaltigen Mähwiesen zu ernähren. Sporadisch kehren die Vögel in dieser Zeit immer wieder nach Burghausen zurück. Im September migrieren sie in den Süden.
Neue Maßnahmen sind in Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz geplant. Im Rahmen des LIFE20 Projekts sollen zu den drei bereits etablierten Kolonien in Österreich und Deutschland drei neue Brutkolonien in Goldau (Schweiz), Bussolengo (Italien) und Rosegg (Österreich) für die Wiederansiedlung des Waldrapps hinzukommen.
Zudem soll eine Satellitenkolonie im näheren Umfeld und mit Vögeln der Brutstandorte Kuchl und Burghausen aufgebaut werden. Als gemeinsames Überwinterungsgebiet aller bestehenden und geplanten Kolonien soll weiterhin die WWF Oasi Laguna di Orbetello in der Toskana dienen, um einen genetischen Austausch in der Gesamtpopulation zu gewährleisten. Bis zum Projektende 2028 sollen wieder mehr als 360 Waldrappe zwischen dem nördlichen Alpenvorland und der Toskana migrieren.
Dies entspricht der errechneten Mindestanzahl von 356 Individuen, die für das fortwährende Bestehen der Auswilderungspopulation nötig ist. Es gibt nur ein Problem: Heute zeigt die Mehrzahl der Waldrappe, die ausgewildert werden sollen, nicht mehr das für sie einst typische Zugverhalten. Die wenigen verbliebenen Populationen haben in Folge menschlicher Einflüsse ihre Zugtradition verloren. Der Waldrapp ist ein Zugvogel. Er lernt seine Flugroute in das Überwinterungsgebiet innerhalb seines ersten Lebensjahres von seinen Artgenossen. Aber diese Routenscouts fehlen bei nachgezüchteten Jungvögeln.
Mit den letzten in der freien Wildbahn lebendenden Waldrappen ist in Europa diese Flugtradition verloren gegangen. Heute benötigen sie Zieheltern, die ihnen voranfliegen: die von Menschen geführte Migration.
Wenn Sie jetzt die in diesen Bericht integrierten Videos anschauen, lernen Sie den Initiator, Piloten und Leiter des Waldrapp-Projektes Dr. Johannes Fritz und die Ziehmütter Helena Wehner, Lisa Kern, Anne-Gabriela Schmalstieg und Corinna Elsterer sowie das gesamte Waldrappteam kennen.
Sie können die Waldrappe auf ihrem abenteuerlichen Flug in den Süden begleiten, spannende Naturfilme anschauen, die Sie staunen lassen, begeistern werden und auf ein glückliches Ende hoffen lassen.
Der Prägung und dem Heranwachsen folgt ein Flugtraining. Die Waldrappe müssen sich zunächst an das voran fliegende Leichtflugzeug gewöhnen. Wenn ihnen dann die Ziehmütter als Copilotinnen die Zugroute über die Alpen in das Überwinterungsgebiet rund um das Schutzgebiet WWF Oasi Laguna di Orbetello in der Toskana weisen, werden Sie deren Mut und Einsatz bewundern.
Die Flugstrecke ist 700 bis 800 Kilometer lang. Die Waldrappe brauchen bei gutem Wetter rund zwei Wochen, um sie zurückzulegen. In dieser Zeit fliegen die Vögel nicht nur, sondern sie haben Flugpausen, die sie in einer Voliere verbringen. Ihre Ziehmütter versorgen sie in dieser Zeit mit Nahrung. „Es lauern viele Gefahren auf sie, und wir bangen um jeden einzelnen Waldrapp. Für die noch fragile Population kommt es schließlich auf jeden Vogel an“, sagt die Biologin Lisbet Siebert-Lang vom Tiergarten Schönbrunn. Sie ist seit 2022 die Projektassistentin des LIFE-Projektes.
Alle Waldrappe tragen einen leichten solarbetriebenen GPS-Sender auf dem Rücken, mit dem ihre Position in Intervallen per SMS gesendet wird. Entwickelt wurden sie von Ornitela. Sie sind 20 Gramm leicht. Diese bestimmen regelmäßig die Position und übertragen die Daten einmal täglich auf die Internetplattform Movebank und auf die kostenlose vom Max-Planck Institut für Ornithologie in Radolfzell entwickelte APP„Animal Tracker“. Dort können Forscher, aber auch alle anderen Interessierten die Flugbewegungen der betreffenden Waldrappe mitverfolgen. Die Sender sind ein wichtiges Instrument zum Schutz der Waldrappe.
Die Deutsche Wildtier Stiftung hat die Waldrappschützer mit dem Kauf einiger dieser ultraleichten Sender unterstützt. Sie werden mit Teflonband-Schlaufen wie ein Rucksack an den Hinterbeinen der Vögel befestigt. Überreicht hat sie der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Wildtier Stiftung, Professor Dr. Klaus Hackländer in Wien. „Die Sender leisten einen wichtigen Beitrag zur Identifizierung und Überführung illegaler Jäger, die leider noch immer einen großen Teil der Verluste an Waldrappen in Italien verursachen“, sagt der Wildtierbiologe.
Insgesamt wurden während des ersten LIFE-Projektes 305 Vögel besendert.
Wilderei ist - global gesehen - eine der wichtigsten Ursachen für den Verlust an Artenvielfalt. Bird Life international schätzt, dass allein im Mittelmeerraum jährlich 36 Millionen Zugvögel illegal getötet werden. Italien ist dabei ein trauriger Hotspot mit 2 bis 6 Millionen Abschüssen pro Jahr. Diesen Daten entsprechen die Erfahrungen mit der Waldrapp-Population.
Im Zuge des ersten LIFE-Projektes bis 2019 konnte in Zusammenarbeit mit italienischen Partnern und der Polizei sowie Jagdverbänden eine Kampagne gegen illegale Abschüsse durchgesetzt werden. Dadurch ging der Anteil abgeschossener Waldrappe an den gesamten Verlusten auf 31 Prozent zurück. Dies ist aber immer noch ein Verlust, der das Waldrapp-Team sehr schmerzt und es darin bestärkt, gegen den Vogelmord anzukämpfen. Auch Stromschläge auf ungesicherten Mittelstrommasten bleiben weiterhin eine große unterschätzte Gefahr.
Wie der Abschlussbericht des ersten LIFE-Projektes zeigt, konnte seit 2014 schon viel erreicht werden: Die Waldrapp-Population ist von 23 auf 140 Vögel zum Projektende 2019 gestiegen. Die Reproduktionsrate hat sich auf 2,85 Jungvögel pro Nest erhöht. Der Status auf der Roten Liste ist durch das Projekt, durch eine Kolonie in der Türkei und durch das Anwachsen der Kolonie in Marokko von „vom Aussterben bedroht“ auf „stark gefährdet“ gesunken.
Wie hoch der Aufwand für die von Menschen geführten Migrationen ist, zeigen diese Angaben in den Jahresberichten: Die Flugformation, bestehend aus den beiden Fluggeräten und den Vögeln, wird von einem Bodenteam begleitet. Dieses besteht in der Regel aus 8-10 Personen mit unterschiedlichen Aufgaben. Zumindest ein Fahrzeug begleitet die Formation und hält über Funk Kontakt. Das restliche Team baut nach dem Start das jeweilige Camp ab, einschließlich einer 9 x 12 Meter großen Voliere, und fährt dann zum Ort, an dem die Flugformation inzwischen gelandet ist. In der Regel ist das ein kleiner Flugplatz. Dort werden das Camp und die Voliere wieder aufgebaut.
Auf einen Flugtag folgt ein Pausentag. Wetterbedingt kann sich der Zwischenaufenthalt auch verlängern. Die Vögel bleiben in der Zeit in der Voliere und werden von den Zieheltern intensiv betreut. Für die Flugstrecke von rund 800 Kilometern in das Wintergebiet in der Toskana werden etwa 5 bis 7 Flugetappen benötigt.
Wie abenteuerlich der Vogelzug der Waldrappe verlaufen kann, hat Dr. Fritz in seinem Jahresbericht 2021 geschildert: „Am 19. August startete die 14. von Menschen geführte Migration. Das Team bestand aus 13 Personen und 28 Jungvögeln, ausgestattet mit zwei Fluggeräten, vier Fahrzeugen und drei Anhängern. Begleitet wurden wir zudem von einem internationalen Medienteam. Die Flugroute führte von Seekirchen am Wallersee über 750 km bis in die südliche Toskana. Regenfronten, Gewitter und schwierige Windbedingungen beeinflussten den Verlauf der menschengeführten Migration.
Der erfahrene Pilot Walter Holzmüller verstand es jedoch, für die Migrationsflüge die richtigen Tage auszuwählen. So war es auch bei der dritten Flugetappe am 26. August von Brixen nach Thiene am Rande der Poebene. Die 136 km lange Route führte die Formation von zwei Fluggeräten und 28 Waldrappen vorbei an der berühmten Dolomitengruppe Rosengarten und anderen spektakulären Gebirgsgruppen.
Dabei flog die Gruppe in einer Höhe von etwa 2.500 Metern und hatte die Wolken meist unter sich. Dass die Waldrappe den Fluggeräten auch im schwierigen Gelände der Alpen ohne Zögern zuverlässig folgten, war für das Team auch nach jahrelanger Erfahrung doch überraschend. Nach nur fünf Flugetappen über einen Zeitraum von 14 Tagen, landete das Waldrappteam am 1. September mit allen 28 Vögeln am Rande des WWF Schutzgebietes Oasi Laguna di Orbetello in der südlichen Toskana. Dort verblieben die Jungvögel zunächst zur Gewöhnung in einer Voliere. Im November 2021 fand dann die Auswilderung statt“.
Im Jahr 2022 begann nach einem erfolgreichen Training am 16. August die 15. von Menschen geführte Migration. Sie umfasste 29 Jungvögel, 14 Personen, zwei Fluggeräte, vier Fahrzeuge und drei Anhänger. Die erste Flugetappe führte nach Gerlos in Tirol. Dort wurde das Team durch schlechtes Wetter und ungünstige Windverhältnisse sieben Tage lang am Weiterflug gehindert. Am 24. August konnte es die Migration fortsetzen und erreichte am 2. September das Wintergebiet. Bei Ankunft bestand die Gruppe aus 26 Tieren. Drei Vögel waren während der Migration verloren gegangen.
Die für eine Auswilderung notwendige Entwöhnung der Waldrappe von ihren Zieheltern fällt den Ziehmüttern und den Waldrappen gleichermaßen schwer. Aber sie muss sein. Denn das Ziel ist, dass die Waldrappe im Alter von zwei bis drei Jahren selbstständig in die Brutgebiete ziehen und dort brüten, um später ihre eigenen Jungen in den Süden zu führen und eine Zugtradition zu etablieren.
Die Lotsenflüge sind voller Risiken und Gefahren. Das schnell wechselnde Wetter erzwingt Flugpausen. Der Kontakt zwischen den Lotsen darf nicht verloren gehen.
Im Jahr 2022 sind 105 Vögel umgekommen, zwei weitere Vögel mussten aufgrund von Verletzungen an Haltungen abgegeben werden. Haupttodesursache waren Verletzungen (38 %), insbesondere verschiedene Traumata bei Jungvögeln. Der Stromtod an ungesicherten Mittelspannungsmasten (32 %) verursacht wie bei anderen Zugvögeln auch bei den Waldrappen konstant einen hohen Anteil an Verlusten. Der Anteil an illegalen Abschüssen (12 % der Verluste in Italien) war 2022 vergleichsweise gering gegenüber 19 Prozent im Vorjahr. Fritz führte dies auch darauf zurück, dass der Großteil der Vögel aus den Kolonien des nördlichen Alpenvorlandes erst spät im Jahr durch Italien migrierte.
Die Herbstmigration 2022 verlief bei den Vögeln der südlich des Alpenhauptkammes gelegenen Brutkolonie Rosegg regulär. Aber nur fünf Vögel aus den drei Brutkolonien am Alpennordrand überflogen eigenständig die Alpen. 28 Jungvögel und 27 erwachsene Tiere mussten am Alpennordrand gefangen und an den Alpensüdrand transferiert werden, um große Verluste durch den nahenden Winter zu vermeiden.
Dies war für das Waldrappteam alarmierend, aber nicht ganz überraschend. Fritz ordnet dies einem Trend zu, den das Waldrappteam seit 10 Jahren wahrnimmt: Das Timing der Herbstmigration variiert zunehmend und die Abflüge erfolgen immer später. Anfangs begannen die Anflüge gegen die Alpen im frühen Oktober. Im Jahr 2021 querte ein Großteil von ihnen die Alpen aber erst am 26. Oktober. Im Jahr 2022 begannen sie mit den Anflügen nicht vor dem 31. Oktober.
Dabei mangelt es den Waldrappen nicht an Zugmotivation. Seit Ende Oktober waren sie in großen Gruppen wiederholt bis weit in die Alpen geflogen. Die Überlinger Vögel hatten bei einem dieser Anflüge die Schweiz sogar schon beinahe durchquert. Letztlich sind aber fast alle Vögel immer wieder an den Alpennordrand zurückgekehrt.
Die migrierende Waldrapp-Population ist im Jahr 2022 insgesamt von 199 Tieren nur auf 201 Tiere angewachsen. Damit hat das Populationswachstum stagniert. Dies hat insbesondere mit hohen Verlusten in den beiden Kolonien Kuchl und Burghausen während eines Sturms im November 2022 zu tun. Hoffnung macht die hohe Reproduktion der Vögel.
2023 sollte die Migration von Baden-Württemberg im nördlichen Alpenvorland in ein neues Überwinterungsgebiet in Andalusien führen. Dafür war eine Migration über mehr als 2.000 Kilometer erforderlich, annähernd dreimal so weit wie die bisherige Strecke in die Toskana. Der Start sollte nicht erst Mitte August sein, wie es bei den anderen von Menschen geführten Migrationen die Regel war. Er sollte wegen der langen Flugstrecke eine Woche früher, in der Zeit vom siebten bis zehnten August erfolgen. Wie es ausging, war dem Autor dieses Buches noch nicht bekannt. Aber wenn Sie den Newsletter abonnieren und den Jahresbericht 2023 lesen, werden Sie es erfahren. Der Grund für den Wechsel des Zielgebietes lag im Klimawandel. Dadurch setzt der Herbstzug jetzt spät im Jahr ein. Die Folge: die Kolonien nördlich der Alpen hatten aufgrund fehlender Thermik zunehmend Probleme, die Alpen zu überfliegen. Die wesentlich längere Flugroute nach Andalusien könnte eine neue Flugtradition ohne die Überquerung der Alpenbarriere begründen.
Dort lebt eine wiederangesiedelte, sesshafte Waldrapp-Population eines Partnerprojektes (Proyecto eremita), der sie sich anschließen können. Johannes Fritz sieht darin die verlockende Perspektive einer gesamteuropäischen Population. Sie hat spannende Implikationen für beide Projekte und könnte die ökologische Flexibilität beider Populationen signifikant erhöhen, schrieb er im Jahresbericht 2022 des Waldrappteams.
Der Jahresbericht 2022 und die Studie von Drenske et. al. verdeutlichen, dass es bis zum Ziel einer sich in Zentraleuropa selbst erhaltenden Population noch ein weiter Weg ist. Der das LIFE 20-Projekt leitende Tiergarten Schönbrunn hält es für unerlässlich, dass auch weiterhin Jungvögel aus Zoos ausgewildert werden müssen, um das Überleben der skurrilen Ibis-Art mit dem schwarzen Federschopf in Mitteleuropa zu sichern.
Die „Waldrapp-Initiative-Waidhofen-an-der-Thaya“ sieht in den Erhaltungs- und Zuchtprogrammen der zoologischen Gärten eine Rückversicherung für die Erhaltung der Art und für Wiederansiedlungsprojekte. Eines dieser Programme wird seit Jahren vom Innsbrucker Alpenzoo geleitet und koordiniert. In diesen Programmen lebten 2023 etwa 1700 Waldrappe aus marokkanischer Herkunft.
Verfolgen kann man das Waldrapp-Projekt durch den Bezug des Newsletters (https://www.waldrapp.eu/news/). Wer wie der österreichische Gesundheitsminister Johannes Rauch eine Tierpatenschaft für den Waldrapp übernehmen will, kann dies beim Tierpark Schönbrunn oder unter [email protected] tun.
Webseiten:
https://www.waldrapp.eu/projektinfo/
http://www.waldrapp.eu/
http://www.waldrapp.at/
https://www.waldrappteam.at/publications/
https://www.deutschewildtierstiftung.de/wildtiere/waldrapp
https://www.zoovienna.at/de/news/waldrapp-senderuebergabe/
http://alt.waldrapp.eu/index.php/de/projekt/projektbericht
http://alt.waldrapp.eu/index.php/de/
https://www.visit-burghausen.com/freizeit-erlebnis/natur/zugvogel-waldrappisi
Videos
Falls die QR-Codes nicht mehr funktionieren, können Sie die Videos auch über über die Suchmasken von Google oder YouTube finden.
Zugang zu Videos von Servus TV und anderen über Medien/Videos
http://alt.waldrapp.eu/index.php/de/medien/videos
Waldrapp Federführung Schönbrunn
https://youtu.be/D1jokNOVZvA
2:15
WDR-Mediathek : Fast ausgestorbene Arten-kann Auswilderung sie retten?
https://youtu.be/TwHt3PmyUmA
43:26